Bitte recht festlich - Karina Lübke - E-Book

Bitte recht festlich E-Book

Karina Lübke

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  • Herausgeber: Lappan
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2021
Beschreibung

Oh Gott, es geht schon wieder los. Wann eigentlich genau? Wenn zum ersten Mal "Last Christmas" im Autoradio läuft? Die ersten Spekulatius in den Supermärkten die Geschmacksgrenzen der Traditionalisten testen? Sich die ersten - und wahrscheinlich auch letzten - Schneeflocken des Jahres unter den Novemberregen mischen? Die ersten Kekse im Ofen anbrennen? Man kurz überlegt, DIESES Jahr aber WIRKLICH einen fertigen Adventskalender zu kaufen, statt zu basteln? Oder wenn die Ersten panisch, hämisch oder vorfroh den Satz rufen: "Bis Weihnachten sind es übrigens nur noch 64 Tage"? Ab Herbst tickt die Jahresuhr, und viele ticken beim Christmas-Countdown täglich mehr aus. Die Weihnachtszeit ist und bleibt für viele die schönste Zeit des Jahres, sie haben dann aber leider so selten Zeit es zu fühlen, weil sie permanent damit beschäftigt sind, es für alle anderen zur schönsten Zeit des Jahres zu machen. Vor allem Mütter, die sich - wie immer so unterbezahlt wie unbezahlbar - für den Lohn leuchtender Kinderaugen abschuften. Die zwischen Weihnachtswundern und Weihnachtswahnsinn vorbereiten und organisieren und backen und kochen und basteln und aufräumen und putzen und schmücken und singen und Blockflöten ertragen und... ja, das macht auch Freude, aber einen selber irgendwann zum Vollzeitwichtel. Nein, das Leben ist kein Wunschzettel! Aber in diesem Buch steht alles, was man über Advent und Weihnachten wissen muss, um das Fest der Liebe(n) nicht (nur) zu hassen.

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LAPPAN

CRY ME A BACH!

Die Weihnachtszeit ist tatsächlich die schönste des Jahres. Macht aber auch viel Arbeit, vor allem Frauen und Müttern.

Doch bei aller Mühe und der verständlichen Sehnsucht nach perfekten Feiertagen – Schnee und Frieden sind um diese Zeit selten. Das Beste sind die nicht planbaren Glücksmomente zwischendurch: Küsse, auch ohne Mistelzweig, glänzende Kinderaugen, die nicht vom Fieber kommen, eine gebratene Ente und kein moralisch überlegener Veganer an der Tafelrunde, der den ganzen Rotkohl wegisst.

Ja, wir packen das schon – immer schön ein und aus. Genau wie Atmen.

Das Leben ist kein Wunschzettel. Oder doch?

Von Back-Legasthenie und Geschenkpapier-Fetisch über selbst gemachte Christkinder bis zum „Bunten Teller“ als Sozialexperiment: In diesem Buch steht alles, was man über Advent und Weihnachten wissen muss, um das Fest der Liebe(n) nicht nur zu hassen.

INHALT

ZUM AUFWÄRMEN

KEINE HALBEN SACHEN: ST. MARTIN

DER ADVENTSKALENDER ODER: DIE ERSTE BESCHERUNG

WEIHNACHTSHASSER

BACKFEST

WEIHNACHTS-EDITIONEN

FRISS, DU VOGEL!

WEIHNACHTSTHEATER FÜR KINDER

WARUM WEIHNACHTEN MIT KINDERN VIEL SCHÖNER IST

GESCHENKPAPIER

DIE WEIHNACHTSPRINZENROLLE

NIKOLAUS ODER: DIE ZWEITE BESCHERUNG

DAS KARTENHAUS

DER ADVENTSKRANZ

DIE KRIPPE

ALARMSTUFE ROT

SCHNEE ODER KEIN SCHNEE – DAS IST HIER DIE FRAGE

DIE BETRIEBSWEIHNACHTSFEIER

GESCHENKEFINDER

WEIHNACHTSKINDER

WEIHNACHTSSTIMMUNGSKANONE

MAN KRIEGT NICHTS GESCHENKT

WEIHNACHTSFILME AB!

REIN DER BAUM

ÜBERDOSIS GEFÜHLE

THE REAL THING

DER WEIHNACHTSGOTTESDIENST

DER HEILIGE NACHMITTAG

LIEDERLICHE WEIHNACHTEN

FEST DER LIEBE

DIE ECHTE BESCHERUNG

WARUM WEIHNACHTEN OHNE KINDER VIEL SCHÖNER IST

DER BUNTE TELLER

RAUNÄCHTE

(R)AUS DER BAUM

LETZTE NADELSTICHE

NACHGLÜHEN

ZUM AUFWÄRMEN

Oh Gott, es geht schon wieder los. Wann eigentlich genau? Wenn zum ersten Mal Last Christmas im Autoradio läuft? Die ersten Spekulatius in den Supermärkten die Geschmacksgrenzen der Traditionalisten testen? Sich die ersten – und wahrscheinlich auch letzten – Schneeflocken des Jahres unter den Novemberregen mischen? Wenn Kinder mit leuchtenden Laternen durch die Dunkelheit rabimmeln, rabammeln, rabummeln? Die ersten Kekse im Ofen anbrennen? Erste Lichterkettenknäule aus dem Schrank geholt und entwirrt werden? Wenn man kurz überlegt, DIESES Jahr vielleicht WIRKLICH mal einen fertigen Adventskalender zu kaufen, statt zu basteln? Wenn das erste von vielen Malen Drei Haselnüsse für Aschenbrödel wieder im Fernsehen kommt? Oder wenn die Ersten panisch, hämisch oder einfach vorfreudig den Satz rufen: „Wahnsinn, bis Weihnachten sind es ja übrigens nur noch 64 Tage“?

In dem Moment nimmt man sich jedenfalls ganz fest vor, dieses Jahr diese magischen Wochen intensiv zu genießen, statt sie nur durchzustylen. Doch bereits im Spätherbst tickt die Jahresuhr immer lauter und viele ticken beim Christmas-Countdown täglich mehr aus. Es sind vor allem die Mütter, die sich wie immer so unterbezahlt wie unbezahlbar für den Lohn leuchtender Kinderaugen abschuften. Die zwischen Weihnachtswundern und Weihnachtswahnsinn vorbereiten und organisieren und dekorieren; die backen und kochen, basteln und aufräumen, putzen und schmücken, mitsingen und Blockflötentöne ertragen und … ja klar, das macht auch Freude, aber einen selbst irgendwann zum Vollzeitwichtel. Man bräuchte dafür fünf Wochen bezahlten Weihnachts-Sonderurlaub. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum die Amerikaner das Ganze „Holidays“ nennen.

Ja, die Weihnachtszeit ist zwar tatsächlich die schönste Zeit des Jahres – Frauen haben nur leider zu selten Gelegenheit, das zu fühlen. Schließlich sind hauptsächlich sie damit beschäftigt, es für alle anderen zur schönsten Zeit des Jahres zu machen. Ab sofort gibt es so viele erste Male, die möglichst einmalig werden sollen! Alljährlich fasst man schon Anfang Oktober für die Planung mehr gute Vorsätze als am Silvesterabend: Vor allem soll es bloß nicht wieder derart anstrengend werden, dass man sich hinterher fühlen wird wie von einem Rudel klingelnder Pferdeschlitten im vollen Galopp überfahren. Sämtliche Weihnachtsgeschenke wird man dieses Jahr sofort kaufen, am besten abends ganz entspannt im Internet. Oder alternativ frühzeitig die Parole „Wir schenken uns dieses Jahr aber WIRKLICH nichts“ ausgeben; um sich erfahrungsgemäß dann doch am letzten Samstag vor Weihnachten durch die Läden zu drängen, um nur schnell „noch ein paar Kleinigkeiten“ zu besorgen. Außerdem Schleifenband, Tesafilm und Geschenkpapier, welche – eines der großen Weihnachtswunder – immer fehlen.

Ja, man packt das schon – immer schön ein und aus. Genau wie Atmen.

Beachtsamer Adventstipp: Man muss nicht sämtlichen Ansprüchen genügen, vor allem den eigenen nicht. Und stressen Sie sich bloß nicht zusätzlich damit, sich keinen Stress zu machen: Der gehört zur Vorweihnachtszeit wie Glühwein zum Weihnachtsmarkt. Etwas Stress verleiht Flügel! Erstens ist er ein Supertreibstoff und zweitens wäre ohne Stress die Entspannung danach, an den Rekonvaleszenztagen „zwischen den Jahren“, nur halb so tief. Nicht nur Sie und ich, ALLE haben Jahresendstress, sogar die sich perfekt inszenierenden Instagrammerinnen mit den Hashtags #tradition #blessed #family.

Übrigens verbummelt man sowieso viel zu viel Zeit und Hirnzellen im Internet. Nur so kann man auf die irre Idee kommen, anstatt Kekse zu backen, dieses Jahr einfach mal vegane Energiebälle aus Datteln und Kokosöl zu rollen. Oder auf Lebkuchen mit Schaschlikspießen filigrane Rentiere aus heller und dunkler Schokoladenkuvertüre in einen weißen Zuckergusswald zu malen. Sah auf YouTube doch gar nicht so schwer aus! In der eigenen Version dann aber wie gefrorene Hundekacke im Schnee. Warum also nicht lieber gleich wieder mit den Kindern ein paar Bleche unkomplizierter Mürbeteigplätzchen backen, halbherzig Rolf Zuckowski hassen, „roher Teig macht Bauchschmerzen!“ rufen (was irgendwie noch nie eingetreten ist und deshalb von Jahr zu Jahr weniger ernst genommen wird) und hinterher Küche und Nerven renovieren?

Aber all diese (Über)Anstrengungen haben ja auch ein übergroßes Ziel: „Ein Gefühl wie Weihnachten“, das wünscht man sich und seinen Lieben mehr als alles andere. Nicht nur den Kleinen, sondern Kindern jedes Alters, zu denen diese Zeit einfach jeden von uns wieder macht: Freude und Dankbarkeit fühlen für unbezahlbare Geschenke, wie Leib und Seele nährende Essen mit guten Freunden und für die reich geschmückten Feste. Beglückende Überraschungen. Ewig neues Entzücken über den ganzen herrlichen emotionalen, sinnlichen und dekorativen Überschwang. Und im Kontrast zum Ausgehen zwischendurch immer wieder besinnliche Momente, um in sich zu gehen. In eiskalten Nächten vor die Tür treten, wo man die Stille hören kann und zum schwarzen Winterhimmel aufblicken, wo selten derart sichtbar Galaxien aus unzähligen funkelnden Sternen wie himmlische Lichterketten in der Unendlichkeit hängen. Tief die klare, kalte Luft einatmen und dann dankbar zurückkehren in ein gemütliches Zuhause, wo es nach Nordmanntanne, Kerzen, Lebkuchen und Eukalyptuszweigen duftet. Vielleicht knistert und wärmt da sogar ein echtes Kaminfeuer und ein Sofa mit einem Stapel Bücher, einer Kanne Tee oder einer Flasche Wein dazu erwarten einen. Mit Glück sogar ein geliebter Mensch oder ein Haustier.

Die wahren Weihnachtswunder kann man nicht herstellen, sie höchstens zu sich einladen: Momente tiefen Friedens, voller Liebe und Lebensfreude. Der saisonale Glaube, dass diese Welt doch wunderschön ist und Menschen im Prinzip gut sind. Man entzieht sich seinem alltäglichen Zynismus und darf einfach emotional sein, ja, auch mal sentimental in Erinnerungen schwelgen. All die alten Geschichten wiederholen – von den schönsten und schrecklichsten Geschenken, von zum Dinner noch gefrorenen oder verbrannten Enten und wie der Christbaumständer kaputtging, nachdem alle Geschäfte endlich geschlossen hatten. Sich dann traditionell darüber streiten, ob früher wirklich viel öfter Schnee am Heiligen Abend lag. Sich an der Überraschung der anderen freuen, deren geheime Wünsche man erraten und unerwartet erfüllt hat. Die persönliche Weihnachtsgeschichte um ein neues Kapitel weitererzählen …

Doch bei aller Liebe und verständlicher Sehnsucht nach perfekten Weihnachtstagen, die alles gut machen sollen, was der Rest des Jahres zwischenmenschlich verbockt hat: Schnee und Frieden sind um diese Zeit selten und das Beste sind die nicht planbaren Momente zwischendurch. Küsse, auch ohne Mistelzweig. Glänzende Kinderaugen, die nicht vom Fieber des letzten Schulvirus kommen. Eine gebratene Ente und keinen moralisch überlegenen Veganer in der Tafelrunde, der allen anderen den ganzen Rotkohl wegisst.

Nach meinen Erfahrungen gelten für eine seelisch befriedigende Advents- und Weihnachtszeit die gleichen Grundregeln wie für guten Sex: Je mehr man dabei auf Außenwirkung und Performance bedacht ist, desto weniger fühlt man selbst. Man sollte sich Zeit lassen, um in Stimmung zu kommen; erzwingen lässt sich da gar nichts. Viel weiches Kerzenlicht und etwas Alkohol helfen dabei. Und im Nachhinein wird auch klar, warum der Weihnachtsmann ein Kerl ist: Egal, wie sehr man sich bemüht und beeilt – er kommt sowieso meistens schneller als gedacht.

Nein, das Leben ist kein Wunschzettel! Oder doch?

In diesem Buch steht jedenfalls alles, was man über Advent und Weihnachten lesen will, um das Fest der Liebe(n) nicht (nur) zu hassen.

DAS LEBEN IST KEIN WUNSCHZETTEL

KEINE HALBEN SACHEN: ST. MARTIN

Für sehr Gläubige fängt die Adventszeit an Allerheiligen an, für mich am 11. November zu Sankt Martin. Die bunten Laternenumzüge durch die Dunkelheit sind optisch ein schöner Startschuss, da steckt komprimiert auch schon alles drin, was die gesamte Weihnachtszeit charakterisiert: Offenes Feuer, spontane Improvisation, lautes Singen trotz zunehmender Textunsicherheit, heulende Kinder.

Da Hamburg völlig zu Recht nicht gerade als katholische Hochburg bekannt ist, verlaufen Martinsumzüge hier tendenziell tierfrei und auch sonst politisch korrekt, aber eben auch recht unspektakulär. Meine Kinder allerdings gingen in einem recht elitären Viertel auf eine recht elitäre katholische Grundschule – aus praktischen Gründen, weil diese klein und familiär war, einen sehr guten Ruf hatte und quasi nur ein paar Haustüren weiter die Straße hoch lag. Eines denkwürdigen Jahres sollte der Sankt-Martins-Schulumzug für alle mal etwas ganz Besonderes sein, mit einem richtigen Martin in römischer Uniform inklusive Brustpanzer, der auf einem echten Pferd vorausreiten sollte.

Nicht wenige der Eltern besaßen eigene Reitpferde und so wurde zur Vorfreude aller ein prachtvoller Schimmel in seinem gepolsterten Anhänger aus dem Stall am Rande der Stadt mitten ins Geschehen chauffiert. Die lautstarke Begeisterung der Kinder bei seinem Anblick stieß leider nicht auf Gegenliebe: Das hier war kein nervenstarkes Brauereipferd! Überall anfassen und streicheln lassen wollte es sich von den vielen fremden kleinen Händen erst recht nicht. Das edle Tier echauffierte sich bei dem ungewohnten Gedränge und Lärm zunehmend und spätestens ab dem Moment, als sich der Zug endlich grob formiert hatte, die in respektvollem Abstand hinter dem Pferd marschierende Kapelle den alten „Rabimmel-Rabammel-Rabumm-Kracher anstimmte und die Kinder gesanglich einfielen, war es mit der Heiligkeit vorbei. Der Schimmel verfiel am kurzen Zügel erst in schnellen Trab, dann in einen nervösen, abgehackten Galopp und wenig später rannte ihm der ganze Zug um den Park herum hinterher. Ab Runde drei überholte der Schimmel von hinten die menschlichen Nachzügler, was das Chaos noch vergrößerte. Fünf Runden hielten alle das mehr oder minder durch; ich nur zweieinhalb, weil ich immer wieder stehenbleiben musste, um mich im Gebüsch vor Lachen zu krümmen. Unvergesslich! Die Kinder fanden das nicht lustig.