Blue Secrets – Das Flüstern der Wellen - Anna Banks - E-Book
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Blue Secrets – Das Flüstern der Wellen E-Book

Anna Banks

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Beschreibung

Eine Liebe für die Ewigkeit

Emmas Leben droht sich buchstäblich in den Wellen des Meeres zu verlieren. Denn ihre Mutter entpuppt sich als verloren geglaubte Königstochter der Syrena, was zugleich bedeutet, dass Emma ein Halbblut ist! Nach den Gesetzen der Ozeane ist sie damit dem Tode geweiht. Während die Rückkehr ihrer Mutter die Zwietracht zwischen den Meeresvölkern wieder aufflammen lässt, versucht Emmas große Liebe, Prinz Galen, sie um jeden Preis zu schützen und ihr Geheimnis zu hüten. Doch Emma weiß, dass sie das Volk der Syrena retten kann – nur dazu muss sie ihr wahres Wesen enthüllen ...

Anna Banks’ »Blue Secrets«-Trilogie ist fantastische Romantasy und erzählt von einer verbotenen Liebe, die alle Grenzen überwindet. Aufregend und zutiefst romantisch geschrieben, entführt »Blue Secrets« seine Leser*innen in eine betörend schöne Welt.

Alle Bände der »Blue Secrets«-Trilogie:
Der Kuss des Meeres (Band 1)
Das Flüstern der Wellen (Band 2)
Der Ruf des Ozeans (Band 3)

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Seitenzahl: 366

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DIE AUTORIN

© Eveline C Photography

Anna Banks ist in einer Kleinstadt namens Niceville aufgewachsen und lebt heute mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Crestview in Florida.

Von Anna Banks ist außerdem bei cbt erschienen:

Blue Secrets – Der Kuss des Meeres

cbtist der Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House

1. Auflage

Deutsche Erstausgabe Mai 2014

Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform

© 2013 by Anna Banks

Published by arrangement with Feiwel & Friends.

All rights reserved.

Die amerikanische Originalausgabe erschien

unter dem Titel »Of Triton« bei Feiwel & Friends,

an imprint of Macmillan, New York

© 2014 cbt Verlag, München

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Übersetzung: Michaela Link

Lektorat: Julia Przeplaska

Dieses Werk wurde im Auftrag von

St. Martin’s Press LLC durch die Literarische Agentur

Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen, vermittelt.

Umschlagbild: Photo copyright © 2013 by Mallory Morrison;

Jacket design by Rich Deas & Anna Booth

Umschlaggestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen

kg ∙ Herstellung: kw

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN: 978-3-641-12876-0

www.cbt-jugendbuch.de

Für Tami

1

Meine Augen wollen sich nicht öffnen. Als wäre da Blei auf meinen Wimpern anstatt Mascara, drücken sie meine Lider so schwer nach unten, dass ich nicht dagegen ankomme. So schwer, dass es sich anfühlt, als hätte ich irgendein Medikament bekommen.

Ich bin verwirrt. Einerseits fühle ich mich so wach, als würde ich vom Meeresgrund an die Oberfläche schwimmen, andererseits ist es, als würde ich bereits an der Oberfläche treiben– auf und ab im beruhigenden Rhythmus der Wellen.

Benommen teste ich meine anderen Sinne.

Hören. Das gedämpfte Geräusch von Reifen auf einer schlechten Straße. Die Wiederholung eines kitschigen Refrains, der aus einem Achtziger-Jahre-Radiosender dudelt. Das Sirren einer Klimaanlage, um die sich schon längst mal jemand hätte kümmern müssen.

Riechen. Der feine Duft von Moms Parfum. Das Kiefer-Duftbäumchen, das schon ewig vom Rückspiegel baumelt. Die behandelte Lederausstattung von Moms Auto.

Fühlen. Der Sicherheitsgurt schneidet mir so stark in den Hals, dass ich sicher später noch was davon haben werde. Der Schweiß unter meinen Schenkeln lässt meine Beine am Leder festkleben.

Road Trip.

Früher habe ich das an meinen Eltern geliebt. Ich kam von der Schule nach Hause und der Wagen war bereits gepackt. Ohne ein bestimmtes Ziel fuhren wir los, ich und Mom und Dad und manchmal noch meine beste Freundin Chloe. Wir sind einfach gefahren, haben uns die Gegend angeguckt und angehalten, wenn wir mehr sehen wollten. Museen und Nationalparks und kuriose Souvenirläden, die Gipsfußabdrücke von Bigfoot verkauften oder ähnliches Zeug. Wir fielen Dads Fotoapparat– seinem großen Hobby– zum Opfer und posierten um der Erinnerung willen touristenmäßig vor der Kamera. Bis heute sind praktisch alle Wände in unserem Haus mit Bildern von diesen Road Trips tapeziert– wie wir einander Hasenohren machen oder schielen oder wie frisch aus der Irrenanstalt die Zunge rausstrecken.

Der Wagen holpert und meine Gedanken überschlagen sich. Erinnerungen wirbeln verschwommen durcheinander, wie von einem mentalen Tornado aufgewühlt. Ein paar Bilder verharren für einen Moment, werden klarer und vergrößern sich zu Stillleben eines normalen Tages. Mom, die den Abwasch macht. Chloe, die mich anlächelt. Dad, der am Küchentisch sitzt. Galen, der durch die Hintertür verschwindet.

Moment mal. Galen…

Die Bilder reihen sich nacheinander auf, ordnen und beschleunigen sich, und aus den Stillleben wird ein Film, der mein Leben zeigt. Ein Film, der wiedergibt, wie es dazu gekommen ist, dass ich jetzt angeschnallt, benommen und verwirrt in Moms Auto sitze. Und da begreife ich, dass ich nicht auf einem Road Trip der Familie McIntosh bin. Dass es völlig ausgeschlossen ist.

Vor zweieinhalb Jahren ist mein Dad an Krebs gestorben.

Vor drei Monaten hat ein Hai an der Küste von Destin Chloe getötet. Was wiederum bedeutet, dass es drei Monate her ist, dass ich Galen an jenem Strand kennengelernt habe.

Und ich bin mir nicht sicher, wie lange es her ist, dass Galen und sein bester Freund Toraf mein Haus verlassen haben, um Grom zu holen. Grom, den König von Triton, Galens älteren Bruder. Grom, der sich mit meiner Mutter verbinden sollte. Grom, ein Syrena, ein Fischmann. Der Fischmann, der sich mit meiner Mutter verbinden sollte. Meiner Mutter, die eigentlich Nalia ist, die längst verloren und tot geglaubte Prinzessin von Poseidon, die all die Jahre über an Land gelebt hat, weil…

Da wir gerade von Ihrer geschätzten Majestät Mom sprechen… Sie muss verdammt noch mal den Verstand verloren haben.

Und ich bin gekidnappt worden.

2

Galen mustert Grom verstohlen, als sie sich der Küste von Jersey nähern. Er sucht nach irgendeiner Gefühlsregung in Groms Gesicht, einem Schimmer von Glück vielleicht oder von Dankbarkeit oder Erregung. Irgendeinem beruhigenden Hinweis darauf, dass es die richtige Entscheidung war, seinen Bruder hierherzubringen. Irgendeinem ermutigenden Zeichen, dass er den Faden, an dem Groms Leben hängt, nicht vollkommen ausgefranst hat, als er seinem Bruder erzählt hat, wo er war. Und mit wem. Und warum.

Aber wie gewöhnlich benimmt sich Grom wie eine verbissene Auster, nach außen fest verschlossen und versiegelt, um das zu beschützen, was innen ist. Und wie gewöhnlich hat Galen keine Ahnung, wie er die Schale knacken kann. Selbst jetzt, als sie das seichte Wasser erreichen, driftet Grom so emotionslos wie ein Stück Treibholz auf seiner unausweichlichen Reise in Richtung Ufer.

Galen holt die Badehose hervor, die er unter einen vertrauten Stein gestopft hat– eines der vielen Verstecke, die er in der Nähe von Emmas Haus hat–, und reicht sie Grom. Während sein Bruder den mit Hawaii-Mustern bedruckten Stoff anstarrt, schnappen er und Toraf sich ihre eigenen Shorts und schlüpfen hinein. Bevor Galen sich in seine menschliche Gestalt verwandelt, dehnt er erst einmal ausgiebig seine Flosse und massiert sie der Länge nach mit den Fäusten. Seit sie das Hoheitsgebiet von Triton verlassen haben, hat seine Flosse unaufhörlich geschmerzt vor lauter Anspannung vor diesem Ereignis, der Wiedervereinigung von Grom und Nalia.

Und den Antworten, auf die sie alle warten.

Schließlich nimmt Grom Menschengestalt an und schlüpft in die Badehose, als wären die Beinlöcher mit Haizähnen gesäumt. Am liebsten würde Galen ihm sagen, dass es der leichte Teil ist, sich Shorts anzuziehen. Stattdessen sagt er: »Zum Haus ist es nur ein kurzes Stück den Strand hinauf.«

Grom nickt schmallippig und pflückt sich ein Stück Seegras von der Nase, als sein Kopf aus dem Wasser auftaucht. Toraf ist bereits am Ufer und schüttelt sich wie ein Eisbär das überschüssige Wasser ab. Galen wäre nicht überrascht, wenn Toraf losrennen würde, um als Erster das Haus zu erreichen. Sie haben Rayna dort zurückgelassen, darauf hatte Galen bestanden. Da sie beide zu diesem Zeitpunkt als Verstoßene beider Königreiche galten, war anzunehmen, dass Grom eher Toraf Glauben schenken würde als seinen eigenen Geschwistern. Glücklicherweise war Yudor ihnen zuvorgekommen und hatte den König von Triton schon längst davon in Kenntnis gesetzt, dass er selbst Nalias Puls gespürt hatte. Yudor ist der Ausbilder aller Fährtensucher und Torafs Mentor. Mit Yudor streitet niemand.

Trotzdem wäre es erheblich einfacher gewesen, wenn Nalia Galen und Toraf zum Hoheitsgebiet von Triton begleitet hätte. Grom davon zu überzeugen, dass sie noch lebte, war beinahe ebenso schwierig, wie ihn dazu zu überreden, mit an Land zu kommen. Aber genau wie Grom hatte sich Nalia verschlossen wie eine Auster gezeigt und war nicht bereit gewesen, auch nur die geringste Erklärung abzugeben, was vor all den Jahren geschehen war. Die einzigen Worte, die sie schließlich aus ihr herauspressten, waren: »Na, dann bringt Grom eben zu mir.«

Statt sie kurzerhand tretend und schreiend ins Wasser zu zerren– und Emmas Vertrauen in ihn zu zerstören–, traf Galen die spontane Entscheidung, Mutter und Tochter in Raynas Obhut zu lassen. In dieser Hinsicht ist auf Rayna Verlass– wenn sie sich um jemanden kümmert, dann richtig. Und zwar auf ihre ganz persönliche Art und Weise.

Aber jetzt dürfen sie keine Zeit mehr verlieren, denn wegen Yudors Vorsprung ist vielleicht schon ein Suchtrupp unterwegs, und selbst wenn nicht, würde es nicht mehr lange dauern, bis einer kommt. Und er kann– und will– nicht riskieren, dass Emma gefunden wird. Das schöne, eigensinnige Halbblut Emma.

Doch er geht davon aus, dass Nalia es riskieren würde, und das beunruhigt ihn ein wenig.

Während die drei auf dem Weg zu Emmas Veranda Spuren im Sand hinterlassen, bemerkt Galen daneben noch eine andere frische Fußspur, die vom Strand wegführt– wahrscheinlich stammt sie von Emma. Galen weiß, dass dieser Moment sich für immer in sein Gedächtnis einbrennen wird. Der Moment, in dem sein Bruder, der König von Triton, in menschliche Kleider schlüpft, um zu einem von Menschen errichteten Haus zu marschieren, und in das helle Tageslicht blinzelt, weil seine Augen nicht an die Sonne gewöhnt sind.

Was wird er zu Nalia sagen? Was wird er tun?

Die Stufen knarren unter ihren nackten Füßen. Toraf schiebt die Glastür auf und führt Galen und Grom hinein. Und in diesem Moment rutscht Galen das Herz in die Hose.

Wer auch immer Rayna an den Barhocker gefesselt hat– denselben Barhocker, auf dem Nalia bei ihrer letzten Begegnung gesessen hatte–, hat dafür gesorgt, dass es ein schmerzhafter Sturz werden würde, wenn sie sich zu heftig bewegt. Die Hände sind mit einem Stromkabel auf ihren Rücken gefesselt, die Knöchel jeweils mit einem Gürtel an den Hocker gebunden. Ein breites Stück silbernen Klebebands macht sie mundtot und sorgt dafür, dass ihre Augen vor Zorn beinahe bersten.

Toraf rennt zu seiner Gefährtin. »Meine arme Prinzessin, wer hat dir das angetan?«, fragt er und zieht sanft an einer Ecke des Klebebandes. Mit einer schnellen Bewegung wendet sie das Gesicht von ihm ab und gibt einen gedämpften Laut der Entrüstung von sich.

Entschlossen stürzt Galen auf sie zu und reißt das Klebeband mit einem Ruck von Raynas Mund. Sie heult laut auf und funkelt ihn mit einem tödlichen Blick an. »Das hast du absichtlich getan!«

Galen knüllt das Band zu einem klebrigen Ball zusammen und lässt ihn auf den Boden fallen. »Was ist passiert?«

Rayna strafft die Schultern. »Diesmal werde ich Nalia endgültig töten.«

»Okay. Aber was ist passiert?«

»Sie hat mich vergiftet. Oder irgendetwas in der Art.«

»Bei Tritons Dreizack, Rayna, erzähl mir einfach, was pass…«

»Nalia hat immer wieder gesagt, dass sie zur Toilette muss. Und ich habe ihr erlaubt, das Badezimmer hier unten zu benutzen. Ich dachte, es wäre okay, weil sie sich scheinbar beruhigt hatte, nachdem ihr weg wart. Also habe ich sie losgebunden. Wie auch immer, sie hat sich Zeit gelassen da drin.« Rayna zeigt auf das Badezimmer direkt unter der Treppe. »Irgendwann habe ich nach ihr gesehen. Ich habe geklopft und geklopft, aber sie hat nicht geantwortet. Dann habe ich die Tür geöffnet– ich hätte gleich wissen müssen, dass etwas nicht stimmt, wenn die Tür nicht abgeschlossen ist–, und das Badezimmer war dunkel. Da packt sie mich von hinten und drückt mir etwas aufs Gesicht. Das Letzte, woran ich mich erinnere, ist Emma, die in der Tür steht und Nalia anschreit. Und dann wache ich auf diesem Stuhl hier auf, gefesselt wie ein gewöhnlicher Mensch.«

Als Toraf sie endlich losgebunden hat, untersucht sie die roten Striemen, die sich um ihre Handgelenke gebildet haben. Sie reibt darüber und zuckt zusammen. »Ich werde ihr etwas Schlimmes antun. Bei solchen Sachen kann ich sehr kreativ sein, wie ihr wisst.« Plötzlich krümmt sich Rayna zusammen. »Uh-oh. Ich glaube… ich glaube, ich muss mich…«

Man muss ihr zugutehalten, dass sie wenigstens versucht, sich von Toraf abzuwenden, der jetzt auf den Fersen hockt, um ihre Füße loszubinden. Aber man könnte meinen, er wäre von Anfang an das Ziel gewesen, gerade so als fühle sich Raynas Erbrochenes irgendwie zu ihm hingezogen. »Oh!«, sagte sie, während ihr ein Rest vom Kinn tropft. »Das tut mir leid.« Dann stößt sie ein Knurren aus und bleckt die Zähne wie ein Piranha. »Ich hasse sie.«

Toraf wischt sich die nassen Brocken von der Schulter und hebt Rayna sanft hoch. »Komm, Prinzessin«, murmelt er. »Sehen wir zu, dass wir dich wieder sauber kriegen.« Während er sie in seinen Armen wiegt, wendet er sich mit fragendem Blick zu Galen um.

»Das ist nicht dein Ernst, oder?«, fragt Galen ungläubig. »Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Hast du nicht gehört, was sie gerade gesagt hat? Emma und Nalia sind weg.«

Toraf runzelt finster die Stirn. »Ich weiß.« Dann sieht er Grom an. »Nur damit Ihr Bescheid wisst, Hoheit. Ich bin sauer auf Prinzessin Nalia, weil sie Rayna gefesselt hat.«

Galen fährt sich mit der Hand durchs Haar. Er weiß, wie das jetzt weitergeht. Toraf wird zu nichts zu gebrauchen sein, bis Rayna hinreichend beruhigt und wieder glücklich ist. Der Versuch, seinen besten Freund von etwas anderem zu überzeugen, wäre reine Zeitverschwendung. Zeit, die sie nicht haben. Unglaublich.»Im zweiten Stock ist eine Dusche«, sagt Galen und deutet mit dem Kopf zur Treppe. »In Emmas Zimmer.«

Galen und Grom sehen Toraf nach, während er mit ihrer Schwester die Treppe hinauf verschwindet. »Keine Sorge, Prinzessin«, hören sie ihn gurren. »Emma hat all diese köstlich duftenden Seifen, erinnerst du dich? Und diese schönen Kleider, die du so gerne trägst…«

Grom legt den Kopf schräg und schaut Galen an.

Galen weiß, dass die ganze Sache alles andere als gut aussieht. Da bringt er seinen Bruder an Land, um ihn mit seiner verloren geglaubten Liebe wieder zu vereinen, und die verloren geglaubte Liebe hat seine Schwester gefesselt und sich aus dem Staub gemacht.

Ganz davon zu schweigen, wie die Sache sonst noch aussieht: nämlich illegal. Rayna trägt menschliche Kleider, duscht mit menschlicher Seife und erbricht menschliche Speisen. Allesamt Beweise dafür, dass Rayna mit der menschlichen Lebensart viel vertrauter ist, als sie es sein sollte.

Aber Galen kann sich jetzt keine Sorgen darüber machen, wie irgendetwas aussieht. Emma ist verschwunden. Es fühlt sich an, als würde sich jeder Nerv in seinem Körper um sein Herz flechten und es zusammendrücken, bis es unablässig schmerzt. Er marschiert in die Küche und reißt die Tür zur Garage auf. Nalias Wagen ist fort. Er schnappt sich den Hörer des Haustelefons an der Wand und wählt Emmas Handynummer. Es vibriert auf der Küchentheke– direkt neben dem Handy ihrer Mutter. Angst ballt sich in seinem Magen zu einem Knoten zusammen, als er die Nummer von Rachel wählt, seiner menschlichen Assistentin. Die treu ergebene Rachel mit den genialen Einfällen. Nach dem Piepton sagt er: »Emma und ihre Mutter sind weg und du musst sie finden.« Er legt auf, lehnt sich gegen den Kühlschrank und wartet ungefähr so geduldig wie ein Tsunami. Als das Telefon klingelt, schnappt er so hastig danach, dass er es beinahe fallen lässt. »Hallo?«

»Hey, mein Äffchen. Wenn du sagst, Emma und ihre Mutter seien ›weg‹, meinst du…«

»Ich meine, dass wir Rayna gefesselt in ihrem Haus gefunden haben und der Wagen ihrer Mutter weg ist.«

Rachel seufzt. »Du hättest mir erlauben sollen, ein GPS-System anzubringen, als ich es wollte.«

»Das spielt jetzt keine Rolle mehr. Kannst du sie finden?«

»Ich bin in zehn Minuten da. Mach keine Dummheiten.«

»Wie zum Beispiel…?«, fragt er, aber da hat sie bereits aufgelegt.

Er dreht sich zu Grom um, der einen Bilderrahmen in der Hand hält. Mit dem Finger zeichnet er die Umrisse von Nalias Gesicht nach. »Wie ist das möglich?«, fragt er leise.

»Das nennt sich Fotografie«, antwortet Galen. »Menschen können jeden Augenblick mit einem Ding festhalten, das sie…«

Grom schüttelt den Kopf. »Nein. Das meine ich nicht.«

»Oh. Was meinst du dann?«

Grom hält das Bild hoch. Ein Schwarz-Weiß-Porträt von Nalia, wahrscheinlich von einem professionellen Fotografen. »Das ist Nalia.« Er fährt sich mit der Hand durchs Haar, eine Angewohnheit, die er und Galen von ihrem Vater geerbt haben. »Wie ist es möglich, dass sie noch lebt und ich jetzt erst davon erfahre?«

Galen stößt den Atem aus. Darauf weiß er keine Antwort. Und selbst wenn er eine hätte, wäre es nicht seine Aufgabe, sie seinem Bruder zu geben. Es ist Nalias Aufgabe. Nalias Verantwortung. Na, dann viel Glück dabei, etwas aus ihr herauszubekommen.»Es tut mir leid, Grom. Aber sie wollte mir nichts erzählen.«

3

Je länger ich sie anstarre, desto mehr wirkt die Rauputzdecke über mir wie ein exquisites Mosaik. Die gelben Flecken, die wohl von dem lecken Dach herrühren, verleihen den ungleichmäßigen weißen Hügelchen das gewisse Etwas. Der Widerschein der Lichter eines Autos, das vor dem Motelzimmer parkt, betont dieses Design wirklich brillant mit einem abstrakten Muster. Ich versuche, einen Namen für dieses provokante Kunstwerk zu finden, und entscheide mich für »Hüttenkäse, glorifiziert«.

Und in diesem Moment wird mir klar, dass ich mich damit nur selbst von der Kehrtwende ablenke, die mein Leben gerade gemacht hat. Ich frage mich, ob Galen schon zurück ist. Ich frage mich, was er denkt. Ich frage mich, ob es Rayna gut geht, ob sie ebenso mörderische Kopfschmerzen hat wie ich und ob Chloroform auf eine reinblütige Syrena genauso wirkt wie auf einen Menschen. Ich wette, dass sie jetzt wirklich versuchen wird, meine Mom mit ihrer Harpune zu erledigen, was mich einmal mehr an die letzten vierundzwanzig Stunden des Wahnsinns erinnert.

Ich sehe die Szenen der vergangenen Nacht erneut vor mir, eine Sammlung von Schnappschüssen, die mein Gedächtnis zwischen meinen Herzschlägen aufgenommen hat:

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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