Blumen für meine Mami - Marietta Brem - E-Book

Blumen für meine Mami E-Book

Marietta Brem

5,0

Beschreibung

In diesen warmherzigen Romanen der beliebten, erfolgreichen Sophienlust-Serie wird die von allen bewunderte Denise Schoenecker als Leiterin des Kinderheims noch weiter in den Mittelpunkt gerückt. Neben den alltäglichen Sorgen nimmt sie sich etwa des Schicksals eines blinden Pianisten an, dem geholfen werden muss. Sie hilft in unermüdlichem Einsatz Scheidungskindern, die sich nach Liebe sehnen und selbst fatale Fehler begangen haben. Dann wieder benötigen junge Mütter, die den Kontakt zu ihren Kindern verloren haben, dringend Unterstützung. Denise ist überall im Einsatz, wobei die Fälle langsam die Kräfte dieser großartigen Frau übersteigen. Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Doch auf Denise ist Verlass. Der Sophienlust Bestseller darf als ein Höhepunkt dieser Erfolgsserie angesehen werden. Denise von Schoenecker ist eine Heldinnenfigur, die in diesen schönen Romanen so richtig zum Leben erwacht. Das Auto hielt vor dem Kaufhaus in Maibach. Am Steuer saß Alexander von Schoenecker und grinste über das ganze Gesicht. »Was meinst du, Denise, ob ich mir vorsichtshalber lieber eine Zeitung kaufe, damit ich etwas zu tun habe?« Nur zu gern ging seine hübsche Frau, Denise von Schoenecker, auf seinen Scherz ein. »Meinst du, eine wird dir genügen? Du weißt, wie lange ich immer zum Einkaufen brauche.« Sie gab ihm einen Kuß, stieg aus und verschwand wenig später hinter der Glastür. Noch eine ganze Weile schaute Alexander von Schoenecker ihr nach, obwohl Denise nicht mehr zu sehen war. Wieder einmal mußte er sich eingestehen, welches Glück er gehabt hatte, daß ihm das Schicksal diese wunderbare Frau beschert hatte. Nach dem Tod seiner ersten Frau, als er mit seinen beiden Kindern Sascha und Andrea ganz allein dagestanden hatte, hatte er gedacht, daß er nie wieder glücklich werden könnte. Dann war ihm Denise begegnet, und sein Leben hatte zusammen mit ihr, die ebenfalls Witwe war, und ihrem Sohn Dominik noch einmal neu begonnen. Dann war zu ihren drei Kindern noch ein viertes hinzugekommen, nämlich Henrik, der inzwischen ein richtiger Lausbub war. »Ja, Alexander von Schoenecker war wirklich zufrieden mit seinem Leben, zumal er Denise von Herzen liebte und sich auch ihrer Liebe sicher war. Da kam Denise schon wieder, beladen mit Paketen, Päckchen und Plastiktüten. »Ich muß mich wundern, mein Schatz! Das ist ausnahmsweise einmal schnell gegangen«, sagte Alexander schmunzelnd. »Du kannst das Wundern bleiben lassen, mein Lieber«, ahmte sie seinen Tonfall nach. »Ich bin nämlich noch nicht fertig.«

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Sophienlust (ab 300) – 393–

Blumen für meine Mami

... denn jetzt wird endlich alles gut

Marietta Brem

Das Auto hielt vor dem Kaufhaus in Maibach. Am Steuer saß Alexander von Schoenecker und grinste über das ganze Gesicht. »Was meinst du, Denise, ob ich mir vorsichtshalber lieber eine Zeitung kaufe, damit ich etwas zu tun habe?« Nur zu gern ging seine hübsche Frau, Denise von Schoenecker, auf seinen Scherz ein.

»Meinst du, eine wird dir genügen? Du weißt, wie lange ich immer zum Einkaufen brauche.«

Sie gab ihm einen Kuß, stieg aus und verschwand wenig später hinter der Glastür.

Noch eine ganze Weile schaute Alexander von Schoenecker ihr nach, obwohl Denise nicht mehr zu sehen war. Wieder einmal mußte er sich eingestehen, welches Glück er gehabt hatte, daß ihm das Schicksal diese wunderbare Frau beschert hatte.

Nach dem Tod seiner ersten Frau, als er mit seinen beiden Kindern Sascha und Andrea ganz allein dagestanden hatte, hatte er gedacht, daß er nie wieder glücklich werden könnte.

Dann war ihm Denise begegnet, und sein Leben hatte zusammen mit ihr, die ebenfalls Witwe war, und ihrem Sohn Dominik noch einmal neu begonnen.

Dann war zu ihren drei Kindern noch ein viertes hinzugekommen, nämlich Henrik, der inzwischen ein richtiger Lausbub war.

»Ja, Alexander von Schoenecker war wirklich zufrieden mit seinem Leben, zumal er Denise von Herzen liebte und sich auch ihrer Liebe sicher war.

Da kam Denise schon wieder, beladen mit Paketen, Päckchen und Plastiktüten.

»Ich muß mich wundern, mein Schatz! Das ist ausnahmsweise einmal schnell gegangen«, sagte Alexander schmunzelnd.

»Du kannst das Wundern bleiben lassen, mein Lieber«, ahmte sie seinen Tonfall nach. »Ich bin nämlich noch nicht fertig.«

Sie legte die Einkäufe auf den Rücksitz.

»Aber den Rest habe ich sicher auch schnell erledigt.«

Bewundernd folgte sein Blick ihrer schlanken Gestalt.

Ein Geschenk mußte sie noch besorgen, ihr jüngster Sohn Henrik war für den nächsten Nachmittag zu einer Geburtstagsfeier eingeladen.

Nachdenklich blieb sie an einem Schaufenster stehen. Sollte sie in das Kaufhaus gehen oder lieber in den Spielwarenladen auf der anderen Straßenseite?

Sie entschied sich für das Fachgeschäft, weil dort die Auswahl größer war.

»Mami, das Schaukelpferd will ich haben!«

Das kleine blonde Mädchen zog energisch am Rock einer jungen Frau, die aber anscheinend nicht stehenbleiben wollte.

»Wir haben keine Zeit, Birgit! Bitte komm jetzt endlich.«

Lächelnd beobachtete Denise von Schoenecker das Mädchen, das ihr irgendwie bekannt vorkam. Das glatte goldblonde Haar, das bis zu den schmalen Schultern herabreichte und die samtbraunen Augen waren ihr noch in Erinnerung. »Guten Tag, Frau von Schoenecker«, sagte in diesem Augenblick die junge Frau.

Denise schaute in das schmale, blasse Gesicht der Jüngeren, in dem die blauen Augen unnatürlich, beinahe wie im Fieber glänzten.

»Guten Tag, Frau Keßler«, sagte Denise erfreut.

»Und du bist die Birgit, wenn ich mich recht erinnere. Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen.«

Artig grüßte das kleine Mädchen.

»Gehst du mit deiner Mami einkaufen?«

Birgit schüttelte den Kopf, daß ihre Haare nur so flogen.

»Nein, die Mami ist krank und muß ins Krankenhaus«, berichtete sie eifrig und kam sich ungeheuer wichtig dabei vor.

»Hören Sie nicht auf das Kind«, sagte Karin Keßler hastig. »So schlimm ist es nun auch wieder nicht. Es handelt sich nur um eine Untersuchung, das ist alles.«

Erst jetzt betrachtete Denise eingehend ihre Gesprächspartnerin, deren verhärmtes Aussehen ihr schon zu Anfang ihres Gesprächs aufgefallen war.

Die junge Frau mit den kurzen mittelbraunen Haaren schien sehr mit ihren Problemen beschäftigt zu sein.

»So, wir müssen jetzt aber gehen«, entschied sie plötzlich und griff nach Birgits Hand. »Ich versäume sonst noch meinen Termin.«

»Ich will aber nicht mit ins Krankenhaus, Mami, ich habe es dir schon heute morgen gesagt«, wehrte sich das kleine Mädchen und schaute Denise hilfesuchend an.

»Du weißt, daß Frau Ulmer nicht da ist, und sonst weiß ich niemanden, der auf dich aufpassen könnte.«

»Wenn es deine Mami erlaubt, könntest du ja solange mit mir kommen. Die Kinder von Sophienlust würden sich bestimmt freuen, wenn sie eine Weile mit dir spielen könnten.«

»Sophienlust ist doch das Kinderheim, das etwas außerhalb von Wildmoos liegt.«

»Ja, ganz richtig«, bestätigte Denise erfreut. »Es gehört meinem Sohn Dominik, der von allen nur Nick gerufen wird. Er ist sechzehn Jahre alt, und ich verwalte das Heim, bis er die schöne Aufgabe, heimatlosen Kindern ein Zuhause zu bieten, selbst übernehmen kann.«

»Und Sie würden wirklich meine Birgit für ein paar Stunden beaufsichtigen? Es wäre eine große Erleichterung für mich.«

»Natürlich, Frau Keßler«, antwortete Denise und lächelte. »Wir werden uns sicher gut verstehen.«

»Mein Mann kann die Kleine heute abend abholen, wenn er nach Hause kommt. Es ist ja von uns aus nicht allzuweit bis zu dem Kinderheim. Ich bin Ihnen wirklich dankbar, daß Sie Birgit mitnehmen.«

Karin Keßler beugte sich zu ihrem Töchterchen hinunter und streichelte dem Mädchen kurz über die Wange.

»Du gehst doch gern mit Frau von Schoenecker, Herzchen?«

»Das weiß ich noch nicht, Mami«, antwortete Birgit kleinlaut.

Zwar war das Kind noch nicht ganz überzeugt, aber als Denise ihm freundlich lächelnd die Hand reichte, lächelte Birgit schon zutraulicher.

»Komm, wir gehen noch schnell in den Laden hier hinein, und dann fahren wir nach Sophienlust zurück.«

Nun war das Mädchen überzeugt, daß Denise ihr nichts Böses tun wollte. Munter plappernd hüpfte sie neben ihr her, nachdem sie sich von ihrer Mutter verabschiedet hatte.

Karin Keßler atmete erleichtert auf. Es war ein schwerer Weg, den sie vor sich hatte. Sie ahnte, welche Diagnose sie erwartete. Aber sie mußte Gewißheit haben.

Weder Denise noch Birgit ahnten etwas von den düsteren Gedanken, die Karin Keßler bewegten.

»Das ist aber ein schöner Bär«, stellte Birgit bewundernd fest und streichelte hingebungsvoll den haarigen Gesellen mit dem braunen Plüschfell. »Darf ich ihn mit nach Hause nehmen?«

»Ja, Birgit, ich schenke ihn dir, wenn du ihn dir so sehr wünschst.«

Denise wählte für Henriks Geburtstagsgeschenk eine schöne Spielesammlung, die dem Freund ihres Jüngsten bestimmt Spaß machen würde.

»Gibst du mir den Bär, Frau…«

Verlegen brach Birgit ab. Sie hatte den Namen vergessen, den ihre Mutter vorhin genannt hatte.

»Sag Tante Isi zu mir, wie alle Kinder von Sophienlust«, bat Denise und gab dem Mädchen rasch einen Kuß auf die blasse Wange. »Und hier hast du deinen Bär, mein Schatz.« Denise lächelte, als Birgit das Spielzeug selig an sich preßte.

Als Alexander von Schoenecker sah, daß seine Frau nicht allein zurückkehrte, seufzte er auf.

»Oh, Denise«, murmelte er tiefsinnig. »Es hätte mich gewundert, wenn du allein gekommen wärst. Hat wieder einmal ein Kind deine Hilfe gebraucht?«

Seine Frau ahnte nichts von dem Monolog ihres Mannes. Sie lächelte, als sie die hintere Wagentür öffnete und Birgit auf den Rücksitz setzte.

»Darf ich dir Birgit Keßler vorstellen? Ihre Mami hat sie uns bis zum Abend anvertraut. Nicht wahr, Alexander, du erinnerst dich doch noch an Birgit?«

Natürlich erinnerte sich Alexander nicht mehr an das kleine Mädchen, das er zum letzten Mal gesehen hatte, als es im Kinderwagen lag. Aber das konnte er ja nicht zugeben.

»Donnerwetter«, sagte er anerkennend. »Du bist ja eine richtige junge Dame geworden, Birgit!«

Sein Blick glitt forschend über das zarte Mädchengesicht.

Die braunen Augen in dem blassen, schmalen Gesichtchen wirkten übernatürlich groß und irgendwie traurig, obwohl sich die Lippen zu einem schüchternen Lächeln verzogen.

»Fahren wir jetzt nach Sophienlust?« fragte das Kind leise, und Denise, die auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte, nickte.

»Ich bin sicher, daß es dir bei uns gefallen wird. Das Haus, in dem die Kinder leben, steht in einem großen Park mit vielen alten Bäumen. Wir haben auch eine Spielwiese mit Sandkästen, Schaukeln und sogar einer Rutsche.«

Birgit machte große Augen. »Und das dürfen die Kinder alles benutzen?« fragte sie staunend.

»Natürlich, es ist ja alles zum Spielen da«, erklärte Denise und freute sich, daß sich das Kind so gut ablenken ließ.

»Da wird es mir bestimmt gefallen, Tante Isi«, stimmte Birgit zu und drückte ihren Teddy fest an sich.

»Sei mir bitte nicht böse, Schatz, wenn ich heute nicht mit euch nach Sophienlust komme, aber ich erwarte noch einen dringenden Anruf, den ich nicht versäumen möchte«, meldete sich nun Alexander von Schoenecker zu Wort, hielt den Wagen vor Gut Schoeneich an und gab seiner Frau einen zärtlichen Kuß.

»Geh nur, mein Lieber«, sagte Denise geheimnisvoll und wartete bis ihr Mann ausgestiegen war. »Bis zum Mittagessen werde ich wohl auch zurück sein.«

Schoeneich, der Stammsitz der Familie von Schoenecker, war Alexanders ganzer Stolz.

»Wohnst du hier?« fragte Birgit neugierig.

»Ja, hier wohne ich mit meinem Mann und meinen Kindern«, antwortete Denise und strich sich eine Locke ihres schwarzen Haares aus der Stirn.

»Warum wohnst du nicht in Sophienlust bei den anderen Kindern?«

»Dort habe ich mein Zimmer, in dem ich arbeite und auch manchmal schlafe. Jetzt kannst du gleich die Wegweiser sehen, die unsere Kinder so lieben.«

Denise fuhr sehr langsam, damit sich Birgit alles ansehen konnte.

»Da ist ja ein Hund, und ein Mädchen führt ihn an der Leine«, rief sie aufgeregt. »Und da ist ein Pferd, oder so etwas Ähnliches.«

»Du hast schon recht, Birgit, es ist ein Pferd«, stimmte Denise zu.

Langsam fuhr sie die Auffahrt hinauf.

Vor der Freitreppe des ehemaligen Herrenhauses ließ Denise den Wagen stehen und stieg aus.

»So, Birgit, jetzt kannst du sie alle kennenlernen, die Kinder von Sophienlust.«

Ängstlich klammerte sich das Mädchen an den Plüschbären, als wollte es bei ihm Schutz suchen.

Denise nahm Birgit bei der Hand, und zusammen gingen sie die Treppe hinauf.

»Oh, hier ist es aber schön«, staunte das Mädchen.

»Wen haben wir denn da?« Magda, die Köchin von Sophienlust, kam aus dem Speisesaal, wo sie gerade die Tische gedeckt hatte.

»Das ist Birgit«, stellte Frau von Schoenecker das Kind vor. »Sie bleibt nur bis heute abend bei uns, bis ihr Vati sie wieder abholt. Und das ist Magda, unsere Köchin«, sagte sie zu Birgit gewandt.

Magda, die ältere, etwas beleibte Köchin, nahm sich gleich des Mädchens an.

»Komm, Birgit! Frau von Schoenecker hat Besuch. Jetzt werde ich dich ein bißchen verwöhnen!«

Das Mädchen ging willig mit der mütterlichen Frau, während Denise schnell in ihr Zimmer hinauflief.

*

Es war ein sonniger Vormittag, als sich Barbara Hofmann und ihre Freundin Monika im Park trafen.

»Ich habe nicht viel Zeit, Barbara«, berichtete Monika außer Atem. »Aber da du es so eilig hast, bin ich schnell in der Frühstückspause verschwunden. Hoffentlich mache ich keinen Fehler«, sagte sie nervös.

»Ich verspreche dir, daß du keinen Ärger bekommen wirst, Moni. Niemandem werde ich sagen, wo ich die Adresse her habe. Hast du sie dabei?« Ihre schönen, blauen Augen flackerten unruhig.

»Natürlich habe ich sie! Ich habe es dir doch versprochen. Aber…«

Freundschaftlich hakte Monika die Freundin unter und zog sie ein Stück den Weg entlang.

»Hast du dir auch gut überlegt, was du vorhast? Meinst du, daß du das Recht hast, in diese Familie einzudringen?«

Barbara schwieg eine Weile, die beiden Freundinnen setzten sich auf eine Bank. Immer wieder schaute Monika auf ihre Armbanduhr, sie sollte schon längst wieder an ihrem Schreibtisch im Jugendamt sitzen.

»Wer sagt denn eigentlich, daß ich in die Familie eindringen will?« begehrte Barbara auf und fuhr sich mit ihren feingliedrigen Fingern durch das halblange blonde Haar.

Die Angestellte merkte, daß die Freundin ziemlich nervös war, aber sie konnte und wollte ihr diese Unterhaltung nicht ersparen. Schließlich tat sie etwas Verbotenes, indem sie Barbara die Adresse der Leute mitgeteilt hatte, die sie schon lange suchte. Noch war Monika nicht davon überzeugt, ob es richtig war, was sie tat.

»Nur einmal will ich Birgit sehen nach all den Jahren«, unterbrach die blonde Barbara Monikas kummervolle Gedanken. »Du hat ja keine Ahnung, wie das ist, wenn man sein Kind hergeben muß.«

Die Freundin nickte. Da hatte Barbara wohl recht. Aber trotzdem…

»Du tust deinem Kind sicher keinen Gefallen, wenn du jetzt plötzlich als leibliche Mutter auftauchst.«

»Moni, versuch mich doch zu verstehen«, bat Barbara mit leiser Stimme. »Ich möchte mein Kind nur sehen und dann wieder verschwinden. Ich verspreche dir, daß ich keine Dummheiten machen werde.«

Bittend schaute Barbara die Freundin an, und diese mußte erkennen, daß es keinen Zweck hatte, weiter in die junge Frau zu dringen.

Rasch griff Monika, die mit ihren dreißig Jahren noch immer ledig war, nach ihrer Handtasche und holte den Umschlag heraus. Ihre Lippen waren fest zusammengepreßt, und ihre braunen Augen wirkten eine Spur dunkler als sonst.

»Hier hast du die Adresse! Hoffentlich ist es kein Fehler.«

Hastig riß ihr Barbara den Umschlag aus der Hand und ließ ihn in der Tasche ihres Frühjahrskostüms verschwinden.

»Das werde ich dir nie vergessen, Moni«, sagte sie gepreßt, und die Freundin merkte, daß ein Schluchzen in ihrer Kehle steckte, das ihr das Sprechen schwermachte.

»Alles Gute, Barbara, und bitte überleg dir, was du tust!« Monikas dunkle Locken flogen, als sie davonlief.

Mit zitternden Fingern schloß Barbara die Tür zu ihrer kleinen Wohnung auf.

Sie stellte die Handtasche auf die Garderobe in der Diele und schlenderte dann in Gedanken versunken ins Wohnzimmer, das ihr gleichzeitig als Schlafraum diente.