Boston College - Nothing but Now - Cindi Madsen - E-Book

Boston College - Nothing but Now E-Book

Cindi Madsen

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Beschreibung

Ehemaliges Eishockeyfangirl mit Matheschwäche + mathebegabter Eishockeyspitzenspieler = unvergleichliche Anziehungskraft


Nachdem ihr das Herz gebrochen wurde, hat Lindsay Rivera die Nase gestrichen voll von Eishockspielern. Von jetzt an zählt nur noch ihr Job bei der Collegezeitung ... gäbe es da nicht diesen Mathekurs, den sie unbedingt bestehen muss. Die einzige Lösung? Nachhilfeunterricht mit Eishockeyspitzenspieler Ryder "Ox" Maddox. Doch je mehr Zeit Lindsay mit Ryder verbringt, desto mehr gerät ihr Entschluss ins Wanken ...


"Eine fantastische Weiterführung einer Wahnsinns-Serie über die Hockeyspieler am Boston College und die Frauen, die ihnen das Herz stehlen." GOODREADS


Der finale Band 4 der BOSTON-COLLEGE-Reihe von Bestseller-Autorin Cindi Madsen


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Seitenzahl: 459

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Widmung

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Epilog

Danksagung

Die Autorin

Die Romane von Cindi Madsen bei LYX

Leseprobe

Impressum

CINDI MADSEN

Boston College

NOTHING BUT NOW

Roman

Ins Deutsche übertragen von Hans Link

Zu diesem Buch

Nachdem ihr das Herz gebrochen wurde, hat Lindsay Rivera die Nase gestrichen voll von Eishockspielern. Von jetzt an zählt nur noch ihr Job bei der Collegezeitung … gäbe es da nicht diesen Mathekurs, den sie unbedingt bestehen muss. Die einzige Lösung? Nachhilfeunterricht mit Eishockeyspitzenspieler Ryder »Ox« Maddox. Doch je mehr Zeit Lindsay mit Ryder verbringt, desto mehr gerät ihr Entschluss ins Wanken …

Für jeden, der schon einmal das Gefühl hatte, es nicht zu verdienen, geliebt zu werden.

Du verdienst es.

1

Lindsay

Das Folgende ist ein wahrer Bericht darüber, was passiert, wenn ein ehemaliges Puck Bunny auf einen entschlossenen, sexy Eishockeyspieler trifft und vom Weg abkommt. Ich meine, so weit vom Weg abkommt, dass es vergisst, wo der Weg ist, größtenteils weil es von den Muskeln und dem Charme besagten Eishockeyspielers geblendet ist. Unsere Geschichte beginnt in einer Bibliothek, und die Tatsache, dass ich schlecht in Mathe war – und anscheinend auch schlecht darin, mich zu verstecken –, führte mich auf einen Weg, auf dem es kein Zurück gab …

So weit war es also gekommen. Ich versteckte mich in der Bibliothek, meine Oberschenkel brannten, weil ich mich hinter einen hohen Schreibtisch duckte, und ich hoffte verzweifelt, dass er nicht in meine Richtung schaute und mich entdeckte.

Ich berechnete den Abstand zwischen mir und dem Bücherregal, hinter dem ich eine bessere Deckung hätte, und die Wahrscheinlichkeit, nicht entdeckt zu werden, während ich darauf zurannte – eine einigermaßen komische Wendung der Dinge, wenn man bedachte, dass mich meine schlechten Leistungen in Mathe allein in diese Situation gebracht hatten. Während all dessen kam eine Blondine auf Ryder »Ox« Maddox zugeschlendert. Sie ließ ein kokettes Lächeln aufblitzen und legte ihm eine Hand auf den Arm, als könne sie einfach nicht anders.

Konnte sie wahrscheinlich auch nicht. Ich hatte eine Weile gebraucht, um mir das abzugewöhnen, wenn es um Männer von der eishockeyspielenden Zunft ging.

GESTÄNDNIS #1: Ich war einmal ein Puck Bunny.

PUCK BUNNY.

Substantiv (Betonung auf der ersten Silbe)

Ein weiblicher Eishockeyfan, dessen Interesse an dem Sport primär motiviert wird von der sexuellen Anziehung, die die Spieler ausüben, und weniger durch die Spiele selbst.

Ja. Der Ausdruck konnte ein wenig schroff rüberkommen, vor allem, wenn andere Frauen ihn mir zuzischten, die in meinen Anstrengungen definitiv nichts Positives für die sexuelle Revolution sehen konnten.

Damals war der Begriff von mir abgeprallt. Ich beanspruchte den Titel sogar stolz, genau wie die Vorteile, die er mit sich brachte. Die Eishockeyspieler kannten mich mit Namen, ich wurde zu ihren Partys eingeladen, und es machte Spaß, währenddessen schamlos mit ihnen zu flirten.

Bis ich die Kardinalregel brach und mich in einen von ihnen verliebte. Es wäre nicht so dramatisch gewesen, wäre ich nicht töricht genug gewesen zu glauben, dass der Starflügelstürmer, Spielertyp und Bad Boy der Mannschaft, Hudson Decker, sich auch in mich verliebt hätte. Die Bruchlandung, die darauf folgte, trieb mich dazu, mein Leben zu beleuchten, und mir gefiel nicht, was ich sah. Mir gefiel nicht, zu was für einer Person ich geworden war – nämlich im Wesentlichen ein Abbild meiner Mom, etwas, das zu vermeiden ich geschworen hatte. Ich dachte, ich sei klüger, sei diejenige, die alles im Griff hätte. In Wirklichkeit war ich dumm gewesen, mit einer Prise Naivität.

Meine Mid-College-Life-Crisis machte mir bewusst, dass es an der Zeit für einige drastische Veränderungen war. Ich setzte mich auf kalten Entzug, hörte mit allem auf, was mit Eishockey zu tun hatte, und gelobte, mich nie wieder in einen dieser Männer zu verlieben, die so rau, muskulös und sexy waren …

Ich schüttelte den Kopf und unterbrach den Gedankengang, der den Fortschritt behindern würde, den ich im Laufe des vergangenen Jahres erzielt hatte, und rief mir meinen Schwur noch einmal in Erinnerung. Ich werde mich nie wieder in einen Eishockeyspieler verlieben.

Das Führen eines geistigen Tagebuchs über meine Gefühle und Fehler der Vergangenheit half mir, mich unter Kontrolle zu halten. In letzter Zeit hatte ich mir häufiger als sonst die harten Lektionen ins Gedächtnis rufen müssen, die ich gelernt hatte, denn aus irgendeinem Grund hatte Ryder Maddox ein Auge auf mich geworfen, und der Mann war zielstrebig mit einer Prise Hartnäckigkeit.

Er war der Inbegriff des starken, wortkargen Typs, und doch besaß er die Fähigkeit, mich zu überraschen und mich total aus der Bahn zu werfen.

Vor zwei Wochen hatte er mich zu einer Party eingeladen, und ich war so töricht gewesen, sie zu besuchen, ein Augenblick der Schwäche. Ich hatte mir gesagt, ich täte es, weil ich wegen meines Jobs als Chefredakteurin der Collegezeitung den Kontakt zur Studentenschaft wahren musste, aber das war nur eine kaum verschleierte Ausrede gewesen.

Ehrlich gesagt hatte ich erwartet, er würde gekränkt sein, als ich erwiderte: »Ich halte mich von diesen Partys fern, weil alle Eishockeyspieler dreiste Dummköpfe sind, denen schon genug Leute auf die Schulter klopfen.« Dass Ryder mit mir streiten oder mich beleidigen und dann davongehen und nie wieder mit mir reden würde.

Vielleicht war ich wegen meiner alten Verbitterung und Verletztheit ein klein wenig zickiger gewesen als notwendig, denn ich hatte einen Streit gewollt, damit ich beweisen konnte, dass ich recht hatte. Ich hatte ein Problem damit, recht behalten zu müssen.

Stattdessen hatte Ryder gelassen erwidert, er wisse eine Menge über Reporter, die alles tun würden, um weiterzukommen, aber er halte sich mit Vorurteilen zurück, bis er wirklich auf jemanden treffe, der ihn vom Schlimmsten überzeuge.

Als müsste ich ihm irgendetwas beweisen!

Aber es war mir unter die Haut gegangen.

Vor allem da er hinzugefügt hatte: »Übrigens, mir hat dein Artikel Mehr als mein Hauptfach wirklich gut gefallen«, ohne auch nur einen Anflug von Unaufrichtigkeit.

Bezeichnenderweise ging es in diesem Artikel darum, dass Menschen so viel mehr darstellten als ihr Hauptfach, sodass wir keine vorschnellen Urteile fällen oder zu dem Schluss kommen sollten, unsere Hauptfächer bedeuteten, dass es für uns nur einen einzigen Karriereweg gab, und es schien beinahe so, als wolle er andeuten, dass ich nicht offen sei.

Wahrscheinlich weil ich es nicht war, was dazu führte, dass ich beschloss, ihm zu zeigen, dass ich es sein konnte. Indem ich zu dieser Party ging und bewies, dass ich recht hatte.

Nur dass er, als ich im Forum ankam, meine Schulter drückte, mir sagte, er freue sich, dass ich gekommen sei, und dann hinzufügte: »Keine Sorge. Ich erwarte nicht, dass du mir für unseren Sieg auf die Schulter klopfst.« Ein kaum vorhandenes, angedeutetes Lächeln umspielte seine Lippen, und dumme Schmetterlinge flatterten in meinem Bauch. »Nur damit das klar ist.«

Ist das Sarkasmus, was ich da wahrnehme? Mit einer Prise Flirten?

Wieder überraschte er mich, indem er das Gegenteil von dem tat, was ich erwartet hatte. Witziges Geplänkel war meine Katzenminze, daher passierte mir ein kleiner Ausrutscher, und ich erwiderte seinen Flirt versehentlich. »Oh, ich nehme alles zu Protokoll.«

»Ich erwarte nichts Geringeres.« Er beugte sich vor und umfasste meinen Ellbogen. »Sieh zu, dass du dieses Zitat festhältst, wenn ich dir jetzt sage, wie heiß du heute Abend aussiehst. Du kannst einfach ›einer der Dummköpfe‹ einfügen, wenn du keine Quellen preisgeben willst«, sagte er, und ich lachte.

Lachte! Es war laut und total unschmeichelhaft, und ich musste mich schnell wieder zügeln.

Dann hatte er mich zu dem Tisch geführt, wo einige Leute Flip Cup spielten. Er hatte versucht, mich dazu zu bringen mitzumachen, aber ich hatte ihm gesagt, ich wolle nur zusehen. Während des Spiels grinste er mich an, und als sich auf meinen Lippen automatisch ebenfalls ein Lächeln formte, wusste ich, dass ich mich vom Acker machen musste, bevor ich die Beherrschung verlor.

Stellt euch einfach vor, er sei dein Promischwarm, sei es Theo James, Jesse Williams oder einer der glühendheißen Hemsworth-Brüder. Jetzt stellt euch vor, dass ihr ihn im realen Leben kennenlernt und dass er tatsächlich auf euch abfährt. So einem irrsinnigen, verführerischen Grad der Anziehung hatte ich zu widerstehen, und wenn ich ihm für längere Zeit ausgesetzt gewesen wäre, hätte mich das direkt ins Verderben geführt.

Das war der Grund, aus dem ich mich nach diesem Abend an die Methode hielt, ihm ganz und gar aus dem Weg zu gehen, damit ich es mir nicht zur Gewohnheit machen musste, mich blöd zu fühlen, während ich einem Schauplatz entfloh. Natürlich fühlte ich mich deswegen nicht weniger blöd, ein einseitiges Versteckspiel in der verdammten Bibliothek zu spielen.

Ich konnte es mir nicht verkneifen, zumindest einen schnellen Blick auf den Mann zu werfen, der mich zu so extremen Ausweichmanövern getrieben hatte. Diese irre starke Anziehung erwachte flammend zum Leben, meine vernachlässigten Hormone schrien nach Aufmerksamkeit, und bei dem Gedanken, einfach davonzugehen, durchzuckte mich ein winziger Stich des Verlusts, der nicht hätte da sein sollen.

Ihn und mich verband nichts. Ich würde dafür sorgen, dass es so blieb.

Was immer Ryder Maddox glaubt, für ein Interesse an mir zu haben, wird verblassen, und er wird weiterziehen.

Wenn Blondie ein Hinweis ist, ist er vielleicht sogar schon weitergezogen.

Andererseits schien er nicht viel mit ihr zu sprechen, sondern stand nur total stoisch da, wie es seine Gewohnheit war, mit einem gelegentlichen Nicken hier und da. Ich erinnerte mich daran, wie sein scharfer Blick am Abend der Party meine Bewegungen verfolgt hatte, während in seinen Augen ein fast raubtierhafter Glanz gestanden hatte, und das allein …

Mein Herz schlug schneller.

Als ich meinem Herzen das letzte Mal gefolgt war, war es gebrochen worden, daher würde ich mich von jetzt an auf mein Gehirn verlassen, und es sagte mir, dass es eine gute Methode wäre, am Ende wieder verletzt zu werden, wenn ich Ryder an mich heranließ.

Ganz zu schweigen davon, dass ich keine Zeit hatte, über Eishockeyspieler nachzudenken, geschweige denn überhaupt über irgendwelche Männer. Ich war mitten in einer Mathekrise, und wenn ich keinen Weg fand, sie zu lösen, würden meine Pläne für einen sofortigen Beginn meiner Karriere in diesem Sommer ruiniert sein. All meine harte Arbeit und die Kontakte, die ich genutzt hatte, um ein Praktikum zu ergattern … alles wäre für die Katz gewesen, und ich würde total und vollkommen im Eimer sein.

Also unterdrückte ich die egoistische Stimme meines früheren Ichs in meinem Kopf, die mir zuflüsterte, dass ich, wenn ich hinüberging und das Gespräch zwischen Blondie und Ryder unterbrach, ihn dazu bringen könnte zu vergessen, dass sie sich überhaupt im selben Raum befand. Ich hielt an meinem Ziel fest, ein anderer, besserer Mensch zu sein als früher, und nutzte die Ablenkung, um meine inzwischen von Krämpfen geplagten Beine in Bewegung zu setzen und zum nächsten Bücherregal zu flitzen, wo ich mich wie eine Art Superspionin flach gegen das Ende presste.

Ein junger Mann hielt in seinen Studien inne, um mir einen Blick zuzuwerfen, der mir die Botschaft übermittelte, dass er an meiner geistigen Stabilität zweifelte. Ja, willkommen im Club. Anscheinend schied eine Karriere im Spionagewesen aus, daher sollte ich lieber bei meinem ursprünglichen Plan bleiben. Meinen Abschluss machen, das Sommerpraktikum bei einer Zeitung in New York City absolvieren und einen dauerhaften Job finden, um meinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Ich wollte auf keinen Fall so werden wie meine Mutter, die sich auf Männer verließ, die sie unterstützten, und die dann zusammenbrach, wenn sie keinen hatte, der das tat.

Das Einzige, was mir im Weg stand, drehte sich um Zahlen, Formelzeichen und die Variablen X und Y, die Algebra zu einem heillosen Durcheinander machten. Ich bevorzugte meine X und Y zwischen mehreren anderen Buchstaben verstreut. Worte waren einfach – sie waren meine sichere Bank, vor allem wenn ich in der Lage war, sie zu tippen, umzuordnen und bis zur Vollkommenheit zu korrigieren. Die Arbeit als Chefredakteurin der Heights beanspruchte einen großen Teil meiner Nachmittage und Abende, aber da es ein guter Schritt in Richtung einer Karriere im Zeitungswesen war, machte mir das nichts aus. Doch es ließ mir nicht viel zusätzliche Zeit zum Lernen. Normalerweise war das kein Problem, aber jetzt war ich gefährlich nah daran, in meinem Mathekurs durchzufallen.

Meine Gedanken flogen zurück zu diesem schrecklichen Moment am Vormittag, als mein Professor die Bombe hatte platzen lassen: Wenn ich nicht alle meine Hausaufgaben abgab und so ziemlich sämtliche nächsten Tests mit Auszeichnung bestand und in der nächsten Klausur für die Abschlussprüfung mindestens eine Zwei schaffte, war es unmöglich, dass ich den Kurs bestand.

Nachdem ich den zweiten Test in Folge zurückbekommen hatte, in dem ich ganze null Aufgaben richtig gerechnet hatte, hatte ich überlegt, was ich tun konnte, um meine Zensuren zu verbessern, aber ich hatte gehofft, dass weitere Nachsicht und eine bestimmte Anzahl von schnellen Gebeten das wie durch Zauberei bewirken würden. Doch, Überraschung, der Professor glaubte als Bote der Mathematik nicht an Nachsicht.

Verdammt seien all diese Zahlen und verdammt, wer immer auch noch Teile aus dem Alphabet hinzugefügt hat. Wie konnte man Buchstaben als Variable missbrauchen? Das sollte gesetzlich verboten sein.

Ich erreichte die letzte Reihe der Bücherregale, überzeugte mich davon, dass die Luft rein war, eilte auf das Mathenachhilfezentrum zu und betrat es. Ehrlich, ich hatte versucht, genau das zu vermeiden, denn zum einen reagiere ich nicht gut auf Anweisungen. Ich habe gern selbst das Sagen und erteile die Befehle. Verklag mich doch.

Gründe Nummer zwei und drei standen vorn im Raum. Brittany und Jeremy waren die beiden einzigen verfügbaren Tutoren, wenn ich nicht im Unterricht war, in der Redaktion oder beschäftigt mit dem Versuch, die vier oder fünf Stunden Schlaf zu ergattern, die ich jede Nacht bekam. Das eine Mal, als ich Jeremy um Hilfe gebeten hatte, war ich mir ziemlich sicher gewesen, dass er Klingonisch oder Elbisch gesprochen hatte, und Brittany hasste mich gegen unendlich strebend – seht ihr, ich kenne die auf das Leben anwendbaren Matheausdrücke.

Wie dem auch sei, sie war einmal hinter demselben Eishockeyspieler her gewesen wie ich. Da ich mich damals zu sehr auf die Aufmerksamkeit von Männern gestützt hatte, um mich anerkannt zu fühlen, war ich bereit gewesen zu tun, was immer nötig war, um bei Hudson Decker zu landen. Sie nicht, daher hatte ich gewonnen.

Aber dann war mir das Herz gebrochen worden, und jetzt versagte ich in meinem angeblich elementaren Mathekurs, daher war ich mir ziemlich sicher, dass langfristig sie gewonnen hatte. Wirklich, sie hätte sich bei mir bedanken sollen.

Sie warf mir einen eisigen Blick zu und umklammerte den Bleistift in ihrer Hand, zweifellos mit der Absicht zu verstümmeln. Tja, ich werde wohl nicht mit angehaltenem Atem auf dieses Dankeschön warten.

Jeremy schaute in ihre Richtung, dann ging er hinüber, strich ihr sanft das Haar aus dem Gesicht und ließ die Finger in ihrem Nacken verweilen, während er mit leiser, besänftigender Stimme mit ihr redete. Die intime Geste überzeugte mich davon, dass sie beschlossen hatte, auf Nummer sicher zu gehen und sich an nerdigere und eher dürre Jungs zu halten.

Schön für sie, und überhaupt, auf solche Typen war ich jetzt auch aus – jedenfalls in der Theorie, da ich seit einer ganzen Weile mit niemandem mehr angebandelt hatte. Aber ich schweife vom Thema ab …

Ich konnte nur ahnen, wie sie reagieren würde, wenn ich ihren neuen Tutor mit besonderen Vorzügen bitten würde, den Rest des Semesters mit mir zu arbeiten, damit ich nicht in meinem Mathekurs durchfiel. Nicht dass ich tatsächlich verstanden hätte, was immer er mir beim letzten Mal beizubringen versucht hatte.

Das war offensichtlich ein Fehler.

Ich werde … Tutorials auf YouTube finden. Oder einen privaten Nachhilfelehrer engagieren. Mit all dem Geld, das ich nicht habe. Ja, das ist ein genialer Plan.

Ich stöhnte innerlich, denn ich wusste, dass ich meinen Stolz herunterschlucken und um Hilfe betteln musste. Nachdem ich meine Wasserflasche wieder aufgefüllt hatte. Mit Wodka.

Ich wirbelte herum und sah, dass Ryder auf das Nachhilfezentrum zukam. Nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, war er mit den Gedanken anderswo, aber bevor ich mich erneut verstecken konnte, landete der Blick seiner arktisch blauen Augen auf mir, und er erkannte mich sofort. Ich erstarrte. Da mein Körper beschlossen hatte, in Reglosigkeit zu verfallen, stählte ich meine innere Entschlossenheit, damit sie nicht ebenfalls an einer Fehlfunktion litt. Unter keinen Umständen durfte ich mir gestatten, ein Gespräch mit Ryder »Ox« Maddox zu führen, Nummer drei, Verteidiger und heißer, als es legal sein sollte.

Okay, also, die Eishockeyaufstellungen waren nicht wie auf magische Weise aus meinem Gehirn verschwunden, und wenn ich die Sportkolumne redigierte, sah ich sie regelmäßig. Einige Dinge ließen sich einfach nicht ändern.

Er blieb kurz vor der Türschwelle stehen. »Hey, Lindsay.«

GESTÄNDNIS #2: Ryder Maddox’ tiefe, sexy Stimme lässt mich am ganzen Leib ein warmes Kribbeln spüren, und ich bin machtlos dagegen.

Ich neigte den Kopf zu einer seltsamen Geste, die ein Nicken sein sollte. »Ox.«

Er verzog die Lippen. Genau. Er hatte mich gebeten, ihn Ryder zu nennen. Doch wenn ich ihn mit Ox ansprach, hielt ihn das mehr auf Abstand, und als ehemaliges Puck Bunny mit einer anhaltenden Schwäche für durchtrainierte Männer, die andere Kerle regelmäßig gegen die Bande schmetterten, brauchte ich so viel Abstand, wie ich nur bekommen konnte, um einen Rückfall zu vermeiden.

Er legte eine Hand auf den Türrahmen direkt über meinen Kopf, und jeder, der nicht stark genug war, um zu widerstehen, konnte seinen kräftigen Körper bewundern – zum Beispiel ich. »Weißt du, statt dich vor mir zu verstecken, hättest du einfach erwähnen können, dass du ins Nachhilfezentrum wolltest.«

Ich schrumpfte innerlich zusammen, und Hitze stieg mir ins Gesicht. »Ich soll mich versteckt haben? Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.« Meine verdammte Stimme quietschte, verflixt und zugenäht. Ich war früher so redegewandt. Ich konnte mich mit einem Flirt in die meisten Situationen hinein- oder hinausbugsieren. Ein Beweis dafür, dass etwas, das man nicht benutzte, einrostete. Ich sollte lieber nicht darüber nachdenken, was das für gewisse Körperteile bedeutete.

Der Blick, den er mir zuwarf, machte klar, dass er mir das nicht abkaufte. Sein dunkelbraunes Haar war eher adrett und brav geschnitten aber es war verwuschelt, was einen Eindruck von All-American-Boy-mit-Geheimnissen-hinter-der-muskulösen-Fassade hinterließ. »Bist du hier, weil du Hilfe in Mathe brauchst?«

»Ich …« Da ich mich heute Abend vor dem Leben im Allgemeinen versteckte – zunächst vor Ryder, dann vor Mathe –, wusste ich nicht genau, wie ich darauf antworten sollte, daher wich ich aus. »Bist du deshalb hier?«

»Nein. Ich komme her, um ab und zu auszuhelfen, wenn ich kann.«

»Moment mal. Du unterwirfst dich freiwillig einer Folter mathematischer Natur?«

Der Mann lächelte, und es ließ mein verräterisches Herz flattern. »Wo du Rot siehst, finde ich, dass anspruchsvolle Gleichungen Spaß machen, und ich genieße es, anderen zu helfen, sie zu verstehen. Aber so gern ich dich denken lassen würde, ich sein einfach ein großmütiger Mensch, wenn ich an einigen Tagen aushelfe – meine Professoren lassen deswegen Gnade vor Recht ergehen, wenn ich wegen eines Spiels Unterrichtsstunden versäume.«

Großmütig? Das meint er doch nicht ernst. Sicher, unsere wenigen Gespräche hatten größtenteils bei lauten Partys stattgefunden, wo reden nicht wirklich möglich war, aber ich hatte ihn noch nie so sprechen hören. Automatisch wurde ich misstrauisch. Wer hatte ihm erzählt, dass ich ein Wortnerd war? Whitney? Hätte sie mich verraten? Oder war ich so durchschaubar? So oder so, es würde mehr als ein paar schicke Worte brauchen, um mich zu gewinnen. Ich wusste es besser. Jedenfalls jetzt.

»Wie dem auch sei, ich sollte in die Gänge kommen.« Ich schob mich an ihm vorbei und beschloss, es morgen noch einmal hier zu versuchen, aber er hielt sanft meinen Arm fest.

»Wolltest du nicht Hilfe? Ich habe etwas Zeit.«

Ich betrachtete noch einmal das dynamische Mathelehrerduo und dachte, dass ich lieber mein Glück mit ihnen versuchen sollte, denn ich fühlte mich zumindest zu keinem von ihnen hingezogen. Die simpelste Berührung von Ryder genügte, und ich dachte daran, auf welche Weise er sich die Schwielen an seinen Fingerspitzen zugezogen hatte, was wiederum dazu führte, dass ich ihn mir mit seinem Hockeyschläger in der Hand auf dem Eis vorstellte, und dann folgte definitiv Herzklopfen. Dieser Junge war gefährlich mit einem großen G. Nur dass ich das auf dem Papier korrigieren würde, denn es würde seltsam aussehen.

Konzentrier dich, Lindsay, konzentrier dich. Ich leckte mir die Lippen und mühte mich, Worte zu formen.

»Ich spüre, dass du versuchst, eine Ausrede zu finden, also lass mich dir die Mühe ersparen. Du und ich, wir gehen jetzt zu diesem Tisch dort drüben« – Ryder deutete mit dem Kinn auf den hinteren Teil des Raums –, »und ich helfe dir bei deinem Matheproblem.«

Ich stieß einen flachen Atemzug aus, außerstande, die Wärme seiner Hand zu ignorieren, die tiefer in meine Haut eindrang, wobei ich mein Bestes tat, mir nicht anmerken zu lassen, welche Wirkung er auf mich hatte. »Was bringt dich auf die Idee, dass ausgerechnet du von den vielen Leuten, die kläglich versucht haben, mir Mathe beizubringen, Erfolg haben wirst?«

»Weil ich, wenn ich mir etwas vornehme, tue, was immer nötig ist, um es zu erreichen.«

Kein einziger Wimpernschlag, sein Blick so fest, dass ich gegen den Drang ankämpfte, mich zu winden.

»Ich sag dir was. Wenn ich dir nicht helfen kann, zumindest eins der Probleme zu verstehen, mit denen du zu kämpfen hast, lass ich dich in Ruhe.«

Ein seltsamer Zusammenprall von Erleichterung und Enttäuschung durchzuckte mich. Wenn er mich in Ruhe ließ, würde das mir dabei helfen, mich nicht in ihn zu verlieben, aber der Gedanke fühlte sich an wie ein kleiner Tod.

»Aber … wenn du deine Aufgabe am Ende unserer Stunde doch verstehst, bekomme ich deine Telefonnummer.«

Mein Puls hämmerte immer schneller und schneller. Das war eine ganz schlechte, verführerische, furchtbare Idee. Gleichzeitig war ich mit meinem Latein am Ende. Ich war kurz davor, in einem Kurs durchzufallen, den ich für meinen Abschluss brauchte, und ich konnte es mir nicht leisten, mein Abschlussjahr zu wiederholen. Eigentlich konnte ich mir das derzeitige Jahr schon nicht leisten, aber Dank einiger Darlehen kam ich irgendwie zurecht.

Was hatte ich zu verlieren? Abgesehen von einer Stunde, in der ich gegen die unerwünschte Anziehung kämpfte, die Ryder auf mich ausübte? Aber bisher war ich auf diesem Gebiet einigermaßen zurechtgekommen. Und ich konnte ja seine Telefonanrufe ignorieren, wenn es tatsächlich dazu kam. »Eine Stunde«, stimmte ich zu.

Er schaute sich um, dann beugte er sich vor, als hätten wir eine Art Geheimabkommen geschlossen. »Eine Stunde«, wiederholte er, und etwas an der Art, wie er das sagte, klang viel zu köstlich, als dass es sich im Entferntesten um etwas hätte handeln können, das mit Mathe zu tun hatte.

2

Ryder

Was zum Teufel dachte ich mir dabei? Ich war nicht gut darin, Konversation zu machen, erst recht nicht mit dieser schönen Frau, die jedes Mal, wenn ich mich mit ihr zu verabreden versucht hatte, ziemlich wenig Interesse an mir gezeigt hatte. Aber ab und zu ertappte ich sie dabei, dass sie mich musterte – wie vor einer Minute, als ich an der Tür gelehnt hatte –, was mich dazu verleitete, mich an diesem Hoffnungsschimmer festzuhalten.

Ich folgte ihr, als sie sich zwischen freien Tischen und herumstehenden Stühlen hindurchschlängelte, während ich ständig irgendwo mit den Knien anstieß.

Als ein Kerl, der regelmäßig gestandene Männer in die Bande krachen ließ, war ich vertraut mit Leuten, die schwer einzuschätzen waren, aber bei Lindsay war das noch mal was ganz anderes. Nachdem ich wochenlang versucht hatte, mehr über sie in Erfahrung zu bringen, hatte ich mir gesagt, dass ich endlich weiterziehen müsse, aber irgendwie konnte ich mich nicht richtig dazu überwinden. Sobald ich mir etwas vorgenommen hatte, gab ich niemals auf, ganz gleich, wie schlecht meine Chancen waren. Aber wenn ich heute Abend keinen Erfolg hatte, war es wohl an der Zeit, auf Dane zu hören, meinen Mitbewohner und Mannschaftskameraden, und meine Schwärmerei für Lindsay Rivera aufzugeben, die anscheinend alle Eishockeyspieler hasste. Ende der Geschichte.

Mein Magen krampfte sich zusammen, und statt darüber nachzugrübeln, beschloss ich, eine Weile in die Offensive zu wechseln und dafür zu sorgen, dass jede Sekunde, die wir jetzt hatten, zählte. Ich nutzte den Vorwand aus, sie zu berühren, und legte ihr eine Hand auf den Rücken, als ich ihr einen Stuhl vom Tisch zog.

Ich bemerkte, das Brittany sie finster musterte, aber ich hatte keine Zeit zu überlegen, was es damit auf sich hatte. Mir blieben sechzig Minuten, um Lindsay Mathe beizubringen, und irgendwann würden wir ein ordentliches Gespräch führen, das in ihr den Wunsch wecken würde, ein weiteres folgen zu lassen.

Ich konnte nicht genau erklären, was Lindsay an sich hatte – ihre gebräunte Haut, ihre tiefbraunen Augen, die eine Nuance dunkler waren als ihr langes seidig aussehendes Haar, und die üppigen Lippen, die anzustarren ich nicht aufhören konnte, gehörten definitiv dazu. Wenn man mal das beiseite ließ, war da noch etwas anderes außer ihrer Schönheit, das mich zu ihr hinzog.

Das erste Mal hatte ich sie gesehen, als wir in die Redaktion der Heights eingedrungen waren, um Whitney zu »kidnappen«, damit Hudson sein Mädchen zurückgewinnen konnte. Lindsay hatte den Eindruck erweckt, als sei sie bereit, über den Schreibtisch zu springen und es mit uns allen aufzunehmen, um ihre Kollegin zu beschützen, und ich hätte ihr am liebsten zugerufen, nur zu, tu es, nur damit ich diese grimmige, leidenschaftliche Frau in Aktion sehen konnte.

Danach hatte ich mir ihre Artikel herausgesucht und einige davon gelesen, was meine Faszination nur angefacht hatte. Es gefiel mir, wie sie Dinge ausdrückte. Während des größten Teils meines Lebens hatte ich mein Bestes gegeben, meinen Weg zu machen, der ohnehin schon ziemlich steinig gewesen war, deshalb gefiel es mir, dass ihr offensichtlich viele Themen am Herzen lagen und sie keine Angst hatte, Menschen das wissen zu lassen.

Ich hatte mir ein Bein ausgerissen, um mit ihr zu reden, aber sie war nicht wirklich darauf eingegangen. Immerhin war sie zu der Fete im Forum gekommen, zu der ich sie eingeladen hatte, und es war eine Verbindung zwischen uns gewesen, wie ich sie noch nie zuvor gespürt hatte.

Wir hatten uns mitten in einer Runde Flip Cup angelächelt, und ich hatte gedacht, dass ich die Mauer der Ablehnung, die sie um sich hochgezogen hatte, endlich durchbrochen hätte. Dann war sie davongelaufen.

Danach zu urteilen, wie sie sich vor mir versteckt und dann versucht hatte, die Flucht zu ergreifen, tat sie das oft. Sie war eine komplizierte Frau, und ich löste gern Gleichungen, die unlösbar schienen. Die Vernunft sagte mir, dass ich es einfach aufgeben sollte, weil die Play-offs anstanden, und das Letzte, wofür ich Zeit hatte, war eine Ablenkung. Selbst wenn sie supersexy war.

Als sie sich hinabbeugte, um den Reißverschluss ihrer Tasche aufzuziehen, rutschte ihre Bluse hinten einige Zentimeter hoch und entblößte einen Streifen Haut, der ein Tattoo zeigte, und ich war definitiv abgelenkt. Zum Teufel mit der Vernunft. Ich wollte wissen, welche Tätowierungen sie am Leib trug. Ob sie noch irgendwelche anderen hatte. Wie weich ihre Haut war …

Ich konnte im Geiste die Stimme meines Dads hören, der mir sagte, dass ich einem »Rock« nicht erlauben dürfe, meiner Zukunft in die Quere zu kommen, als wäre all meine harte Arbeit für die Katz, weil ich mir gestattete, zwei Sekunden lang an etwas anderes als Eishockey zu denken.

Meistens verschwand der väterliche Teil seiner Persönlichkeit hinter dem ehemaligen NHL-Star, der für das Spiel gelebt und geatmet hatte und der nichts Geringeres als Perfektion akzeptierte. Es war ein Segen, dass er nicht mehr mein Trainer war, aber das hinderte ihn nicht daran, mich anzurufen, um mir zu sagen, was ich verbessern könne. Und manchmal spukten seine Worte in meinem Kopf herum, meistens dann, wenn ich es am wenigsten wollte.

Mein Kopf ist immer noch bei dem Spiel. Frozen Four oder Brüste. Die Mannschaft hatte letztes Jahr das nationale College-Turnier gewonnen, aber als Erstsemester hatte ich den größten Teil der Saison auf der Bank gesessen und gerade mal neunzig Sekunden im Finale gespielt.

Lindsay öffnete ihr Buch, und ich rutschte näher heran – ich musste schließlich ihre Aufgaben sehen. Die Tatsache, dass die Nähe zu ihr es mir leicht machte, ihr Parfum einzuatmen und ihr Profil zu studieren, war nur ein Bonus.

Sie drehte sich zu mir. »Nur damit das klar ist, ich komme in meinen anderen Kursen sehr gut zurecht.«

»Das glaube ich dir«, antwortete ich. Dann fügte ich hinzu: »Nur damit das klar ist«, so wie ich es auf dieser Fete mit ihr getan hatte. Ein winziges Lächeln umspielte ihre Lippen, und das betrachtete ich als einen Sieg.

Im Laufe der Jahre hatte ich die kleinsten Siege genutzt – zum Beispiel neunzig Sekunden lang an einem Meisterschaftsspiel teilzunehmen – und mir den Arsch aufgerissen, um mehr daraus zu machen. So hatte ich mich von einem mageren Jungen, der der Länge nach hingeschlagen war, wann immer ihm auf dem Eis jemand zu nahe gekommen war, in einen kräftigen Kerl verwandelt, der über das Eis gleiten und sein Gewicht nutzen konnte, um andere Männer dazu zu zwingen, sich zu bewegen – oder sich nicht zu bewegen –, ganz wie er das wollte. Das war der Grund, warum ich der jüngste feste Spieler in der Mannschaft war, und ich hatte vor, während meiner Collegezeit so viele Rekorde wie nur möglich zu brechen.

Sobald ich Profi werden würde, hatte ich außerdem vor, mehr NHL-Rekorde zu brechen als mein Dad. Wenn er mir nichts mehr voraushatte, würde er vielleicht endlich begreifen, wie weit ich es gebracht hatte und dass ich zumindest einen Teil davon mir selbst verdankte.

Lindsay umriss ihre Aufgabe, und ich versuchte, mich auf die Worte zu konzentrieren statt darauf, wie ihre Lippen sie formten. Als ich mir Letzteres abgewöhnt hatte, widmeten wir uns ihrer ersten Aufgabe, aber irgendwann mittendrin stieß sie ein Knurren aus und warf den Bleistift von sich. »Mathe vermittelt mir das Gefühl, dumm zu sein, und ich hasse es, mich dumm zu fühlen.«

»Es ist keineswegs ein Zeichen von Dummheit, wenn man etwas nicht versteht. Im Wesentlichen seid ihr zwei, du und Mathe, einfach nicht … simpático.«

Sie sah mich mit einer hochgezogenen Braue an. »Versuchst du Spanisch zu sprechen, damit ich mich besser fühle, nur weil ich eine Latina bin?«

»Sprichst du Spanisch?«

»Ja«, bestätigte sie, und für so ein kleines Wort gelang es ihr, eine ganze Menge hineinzustecken nach dem Motto: Geh und mach dein Ding und erzähl deinen Mist.

»Dann definitiv nicht. Mein Spanisch besteht aus muy poquito und so etwas wie mal. Aber ich brauche zwei Scheine, deshalb arbeite ich mich da durch.«

»Nun, ich wollte nur darauf hinweisen, dass im Spanischen simpático nicht bedeutet, dass man gut miteinander auskommt. Es bedeutet nett. Also in diesem Fall würde ich das eher so sehen, dass Mathe mir gegenüber nicht sehr simpático ist. Aber wenn du dich auf die Definition aus dem Merriam-Webster beziehst, hast du es richtig gemacht.«

Ich wischte mir demonstrativ mit dem Handrücken über die Stirn. »Puh. Das war knapp. Redigierst du jeden, wenn er mit dir redet? Oder bin ich etwas Besonderes?«

Sie funkelte mich an. Sieht so aus, als würde sie es ziemlich genießen, mich aufzuziehen. Da mir dieses Gespräch keine Pluspunkte eintrug, hob ich ihren Bleistift auf und ging mit ihr die Aufgabe durch.

Ihr Knie drückte gegen meinen Oberschenkel, und ihr Arm streifte meinen, als ich einige weitere Zahlen hinkritzelte. Ich schluckte, und mein donnernder Puls machte es mir schwer, mich auf die Rechenaufgabe zu konzentrieren. Ich erklärte den letzten Schritt und unterstrich dann die Lösung. »Ergibt das einen Sinn?«

»So wie Gefasel einen Sinn ergibt«, sagte sie, aber dann nahm sie mir den Bleistift aus der Hand und machte sich über die nächste Aufgabe her. Ich wollte sie gerade darauf hinweisen, dass sie einen Schritt übersprungen hatte, aber da hatte sie es schon selbst gemerkt.

»Na, siehst du immer noch rot?«, fragte ich und stieß sie mit dem Ellbogen an. »Macht Spaß, oder?«

Sie legte die Stirn in Falten, dann trat ein Ausdruck in ihre Züge, als würde ihr langsam dämmern, dass das eine Anspielung auf unser Gespräch vorhin war. Ein widerwilliges Lächeln umspielte ihre Lippen. »Ich würde es auf die gleiche Weise ausdrücken wie zuvor. Mathe ist ätzend – das werde ich nie zurücknehmen.«

»Mathe ist gekränkt. Sie sagt, sie gebe sich wirklich große Mühe, aber es sei nicht leicht, zu dir durchzudringen.«

Lindsay beugte sich dichter zu mir, so nah, dass ich den dunkleren braunen Rand um ihre hellbraunen Augen sehen konnte. »Will Mathe, dass ich einfach bin? Denn das bin ich nicht.«

Endlich kommen wir weiter.

»Das macht Mathe nichts aus – sie fällt kein Urteil, weder so noch so, nur um das klarzustellen –, aber sie hat die Message bereits erhalten, als du nicht Flip Cup spielen wolltest.« Es war so leicht, mit ihr zu flirten, und meine Worte kamen heraus, bevor ich auch nur daran dachte, sie zurückzuhalten. Was gut war, denn nachdem ich mich im vergangenen Jahr auf Eishockey, Eishockey und noch mal Eishockey konzentriert hatte, um meine Position in der Mannschaft zu zementieren, war ich ein wenig eingerostet. Ehrlich, ich hatte nie echte Dates gehabt. Ich hielt mich an die spielfreie Zeit und an oberflächliche Affären, denn mein Leben erlaubte mir nicht viel mehr.

Ihr klappte die Kinnlade herunter. »Ich habe langsam den Verdacht, dass es bei diesem Gespräch überhaupt nicht um Mathe geht!« Sie musste lachen und schüttelte den Kopf, und ich wünschte mir nichts mehr, als sie erneut zum Lachen zu bringen.

»Ich, ähm, sollte lieber mit der nächsten Aufgabe anfangen«, sagte sie und löste sich aus unserer intimen kleinen Blase, um die nächste Gleichung aufzuschreiben.

In diesem Moment war Mathe wirklich ätzend. Ich stand in ihrer Schuld, weil sie mir überhaupt möglich gemacht hatte, so nah an Lindsay heranzukommen, aber es wäre toll, wenn sie ungefähr jetzt aufhören würde, mir im Wege zu stehen.

Wenn ich nur nicht all meine Bemühungen in Sachen Konversation auf einen zugegebenermaßen superschrulligen Versuch vergeudet hätte. Normalerweise hörte ich die enttäuschte Stimme meines Dads im Kopf, wenn ich bei etwas versagte, aber stattdessen hörte ich Danes Stimme. Bro, du musst wirklich an deiner Anmache arbeiten. Außerdem habe ich dir doch gesagt, dass Lindsay Rivera nie auf dich abfahren wird.

Aus seiner beinahe aussichtslosen Verliebtheit in die kleine Schwester unseres Mannschaftskameraden war eine Beziehung geworden, deshalb war die Sache vielleicht nicht so hoffnungslos, wie es schien.

Wir widmeten uns dem Rest der Aufgaben und gingen einige der Formeln durch, über die sie gestolpert war, und meine Entschlossenheit, das toughe Äußere dieser Frau zu durchbrechen, das Rätsel um sie zu lösen, wurde nur noch stärker.

Am Ende der Stunde hielt ich den Atem an und überlegte, ob sie mir sagen würde, dass meine Zeit abgelaufen sei und ich gescheitert war – obwohl ich sah, dass sie mehr verstand als zu Anfang, als wir uns an den Tisch gesetzt hatten.

Sie biss sich auf die Unterlippe, und ich war noch nie so eifersüchtig auf die Zähne eines anderen Menschen gewesen. »Okay, also, irgendwie verstehe ich diese spezielle Formel jetzt besser.«

»Aber du hast Mathe immer noch nichts Nettes zu sagen?«

»Wenn sie mit angehaltenem Atem auf eine Entschuldigung wartet, schön, denn dann wird sie bald tot sein, und ich werde mir nie wieder eine andere Formel ansehen.«

Ich legte mir eine Hand aufs Herz. »Hart.«

»Was den Vermittler betrifft …« Sie schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr und sah mich nicht direkt an, sondern schaute eher ungefähr in meine Richtung. »Danke, Ryder. Du bist ein überraschend guter Lehrer.«

»Gern geschehen«, antwortete ich und sonnte mich in der jähen Freude, die es mir bereitete, meinen Namen von ihren Lippen zu hören, während ich das »überraschend« einfach ignorierte. Ich hatte nichts gegen Unverblümtheit und Ehrlichkeit. Das war mir lieber, als Verstecken zu spielen, obwohl Lindsay mir immer noch ein Rätsel war. In den Momenten, wenn sie lachte und diese schlagfertigen Antworten abfeuerte, war ich mir sicher, dass sie den gleichen Funken verspürte wie ich, aber bevor sie sich gestattete, ihn zur Gänze zu genießen, zog sie sich schnell zurück. Fast so, als spiele sie immer in der Verteidigung, und als ein Mann, der darauf spezialisiert war, war es einfach töricht von mir zu denken, ich könne zu ihr durchdringen, wenn ich den richtigen Spielzug fand.

»Also, wenn eine Frau einen Nachhilfelehrer brauchen würde, wie müsste sie es anstellen, dass er sie trotz eines vermutlich mit Eishockey gefüllten Kalenders unterrichtet?«

Das Tor stand weit offen, und ich hatte vor, mich mit der ganzen Anmut eines brünstigen Bullen hindurchzustürzen. »Hypothetisch gesprochen würde ich, wenn es sich bei besagter Frau um dich handelte, einen Weg finden, dich in meinem Zeitplan unterzubringen, ganz gleich, wie voll er ist. Es wäre wahrscheinlich außerdem einfacher, wenn wir unsere Telefonnummern austauschen würden, aber ich werde dich nicht darauf festnageln, mir deine zu geben. Obwohl meine Fähigkeiten als Nachhilfelehrer offensichtlich erwiesen sind.«

Während sie gegen das Lächeln kämpfte, das sich ganz klar Bahn brechen wollte, tippte sie mit dem Ende ihres Bleistifts auf den Schreibtisch, und das Geräusch lenkte Brittanys Aufmerksamkeit auf uns. Sie runzelte die Stirn, Lindsay schien es jedoch nicht zu bemerken.

»Deal.« Sie gab mir ihr Handy, dessen Kontaktverzeichnis geöffnet war. »Außerdem wäre es praktisch, eine Möglichkeit zu haben, mich mit meinem Mathenachhilfelehrer in Verbindung zu setzen.«

Es entging mir nicht, wie sie dieses Wort betonte, aber ich ließ mich davon nicht beirren. Ich tippte meine Nummer ein und schickte mir dann selbst eine Nachricht, damit ich ihre hatte.

Und mit ein klein wenig zusätzlicher Beharrlichkeit hat dieser Verteidiger gerade einen Treffer erzielt …

3

Lindsay

Ich hatte immer behauptet, dass ich, wie gut der Lehrer auch war, Mathe nie verstehen würde und dass es dazu weiter nichts zu sagen gab. Bis zu meiner ungeplanten Nachhilfestunde mit Ryder war das zutreffend gewesen. Es war nicht so, als würde ich plötzlich wie durch ein Wunder alles verstehen, was Algebra anging – schön wär’s –, aber Ryders Nachhilfestunde war auch nicht wie jede andere, die ich bislang erlebt hatte.

Zum einen war ich mir niemals jedes Zentimeters meines Nachhilfelehrers so bewusst gewesen, angefangen von den irrwitzig blauen Augen bis hin zu dem Oberschenkel, der sich jedes Mal gegen meinen gepresst hatte, wenn Ryder sich hinübergebeugt hatte, um mir eine Formel zu erklären, bis hin zu den Zehen, mit denen er rhythmisch auf den Boden geklopft hatte, während er darauf wartete, dass ich die Aufgabe löste. Irgendwie war es nicht nervig, sondern beruhigend gewesen, als sei er vollkommen glücklich damit, mir zu helfen, wann immer ich Hilfe brauchte.

Und zum Zweiten hatte er mir, obwohl ich tatsächlich Hilfe brauchte, doch nicht das Gefühl gegeben, dumm zu sein.

Trotzdem sollte ich ihm nicht wirklich eine Nachricht schicken und ihn um die nächste Stunde bitten, selbst wenn ich sämtliche Hausaufgaben richtig gelöst hatte, was noch nie zuvor passiert war. Ich hatte meine Lektion bereits gelernt, was Männer betraf, zu denen ich mich so wahnsinnig hingezogen fühlte, dass mein gesunder Menschenverstand sich in den Urlaub verabschiedete. Es tat weh, sich zu verbrennen, und nein danke, das wollte ich garantiert nicht wieder erleben.

Ich kontrollierte meine Interaktionen mit Männern. Ich verließ mich in keiner Weise auf sie, und das machte mich stärker und konzentrierter. Alles, was ich brauchte, war die Möglichkeit, mein letztes Semester zu schaffen.

Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf den Computerbildschirm vor mir und betrachtete das Layout der nächsten Ausgabe der Heights. Whitneys Artikel fiel mir ins Auge, und ich klickte darauf. Im Laufe der letzten Monate war sie zu einer großartigen Sportreporterin geworden, und während ich ihren Text las, konnte ich mir das Spiel lebhaft vorstellen. Konnte das Eis riechen, die kühle Luft in der Arena auf meiner Haut spüren, das Zischen der Schlittschuhe hören und dieses laute Knallen, wenn die Spieler um den Puck kämpften und die Schläger gegeneinanderkrachten.

Das Bild in meinen Gedanken verwandelte sich, sodass ich die Männer sehen konnte, die die Schläger in Händen hielten, in voller Ausrüstung, die sie so viel größer aussehen ließ. Aber selbst wenn sie diese Polster abnahmen, bestanden sie aus spielenden Muskeln und Narben von früheren Partien. Es würde ungehemmtes Testosteron in der Luft knistern, das nur darauf wartete, sich auf andere Weise Bahn zu brechen.

Mir brach der Schweiß aus, und ich minimierte schnell das Bildschirmfenster und griff nach meiner Wasserflasche. Das Wasser war nicht annähernd kalt genug, um meine außer Kontrolle geratenen Hormone zu beruhigen.

GESTÄNDNIS #3: Ich fühle mich immer noch irre hingezogen zu Eishockeyspielern, und manchmal, in meinen schwächeren Momenten, google ich Bilder berühmter Spieler, um mir einen Rausch zu verschaffen.

Ich sagte mir, dass ich mit dem Feuer spielte, argumentierte aber auch vor mir selbst, dass ich, wenn ich mich an NHL-Spieler hielt, nicht in alte Gewohnheiten zurückfallen würde. Schließlich würde ich wohl kaum einen von denen über den Campus schlendern sehen.

Im Gegensatz zu den Jungs aus der Eishockeymannschaft des Boston Colleges. Das waren die Typen, denen man im Unterricht über den Weg lief, oder über die man, nun ja, stolperte, nachdem man sich vor ihnen versteckt hatte, weil man auf gar keinen Fall die nächsten paar Tage damit verbringen wollte, viel zu viel an sie zu denken.

Das reicht. Ganz gleich, wie gut Ryder Maddox darin ist, mir bei Mathe zu helfen, ich muss einen anderen Weg finden, meinen Kurs zu bestehen.

Was ist der nächstbeste Weg? Es kann mir egal sein, welcher, ich will ja nicht meine Seele da reingeben.

Da ich an der nächsten Ausgabe der Heights nichts mehr machen konnte, bis der Artikel, den ich am frühen Nachmittag redigiert hatte, zurückkam, holte ich mein Mathebuch hervor und schlug die nächste Aufgabe auf. Die Bibliothek war keine sichere Zone mehr, was bedeutete, dass ich das Risiko einging, meinen Hintern mit meinem Stuhl verschmelzen zu lassen und eine weitere Stunde in der Redaktion zu verbringen, um mit den Hausaufgaben, die in zwei Tagen fällig waren, wenigstens schon mal angefangen zu haben.

Obwohl es mir Spaß machte, die Zeitung zu redigieren, war mein Traumjob das Redigieren von Romanen, und ich brummte vor mich hin, dass ich, wie man es auch drehte und wendete – schließlich lief es bei mir darauf hinaus, im Großen und Ganzen fürs Lesen bezahlt zu werden –, nicht erkennen konnte, wie Mathe mir helfen würde oder wann ich es jemals brauchen würde.

Es sei denn, der einzige Job, den ich kriegen kann, ist die Überarbeitung von Mathelehrbüchern. Mir schauderte bei dem Gedanken. Vielleicht hatte ich doch gewisse Grenzen, was die Frage betraf, was ich redigieren wollte oder nicht, ganz gleich für welches Honorar. Die meisten der Stellen in meinem begehrten Arbeitsgebiet bekam man über Praktika, die nicht gut bezahlt wurden, und das Praktikum, das ich für den Sommer ergattert hatte, war da keine Ausnahme. Meine Mutter konnte ich nicht um finanzielle Hilfe bitten – ihre wechselnden Freunde schätzten es nicht, daran erinnert zu werden, dass sie eine Tochter im Collegealter hatte, und oft kam es mir so vor, als würde ihr das ebenfalls nicht gefallen.

Studentendarlehen ermöglichten es mir, das College zu besuchen, aber bei dem Gedanken an die Summe, die ich insgesamt aufgenommen hatte, wäre ich am liebsten in Tränen ausgebrochen. Also würde ich jeden Job annehmen müssen, den ich kriegen konnte, um meine Schulden abzuzahlen und meinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Was mich zu dem widerlichen Schein führte, den ich machen musste. Wenn doch nur dreieinhalb Jahre Englisch mir die Fähigkeit vermitteln könnten, mit einem Mathekurs zurechtzukommen. Eine Fähigkeit, die Ryder im Schlaf aufrufen konnte.

Es wird nicht an Ryder gedacht. Nach zwanzig frustrierenden Minuten, in denen ich Gleichungen hingekritzelt hatte, ohne dass ein heißer Eishockeyspieler neben mir saß, um mir zu helfen, wenn ich mich verfranste, schaute ich auf Wills Schreibtisch. Er war unser IT-Spezialist und ein totales Genie, wenn es um Computerkram ging. Bedauerlicherweise war er nicht da. Ich wusste, dass er sich eine gewaltige Menge Kurse aufgebürdet hatte, ganz zu schweigen von all den Dingen für die Zeitung, wie Programmieren und Onlineauftritt. Als ich ihn gefragt hatte, wie gut er in Mathe sei, hatte er gesagt: »Ich kann nur das, was ich für den Computer brauche. Im Programmieren bin ich zu Hause.«

Was immer das bedeutete. War nicht der Nutzen eines Computers der, dass man nichts selbst ausrechnen musste? Und wir spazierten alle mit Minicomputern in der Tasche umher.

Oh, vielleicht kann Siri helfen.

Ich fragte sie nach der Gleichung vor mir, aber sie entschied sich dafür, die Variablen zu ignorieren, und gab mir eine offensichtlich falsche Antwort. Das hätte ich auch selbst hinbekommen.

»Du bist miserabel in Mathe, Siri«, sagte ich, wobei ich nicht den Button anklickte, um wirklich mit ihr zu sprechen. Denn wer war ich, jemanden aufgrund seiner Mathefähigkeiten zu verurteilen? Ich strich mit dem Daumen über das glatte Glas meines Handydisplays. Nachdem ich ein oder zwei Sekunden lang mit mir gerungen hatte, rief ich Ryders Kontakt auf.

Ich: Hast du noch Nachhilfetermine frei?

Ich starrte sekundenlang auf das Display, und als keine Antwort kam, checkte ich meine E-Mails. Der Artikel, auf den ich gewartet hatte, befand sich ganz oben in meinem Postfach. Ich las ihn noch einmal, stellte fest, dass meine Änderungen eingegeben worden waren, korrigierte ein paar falsche Satzzeichen und gab ihn dann zusammen mit den übrigen Artikeln in den Satz.

Mein Telefon gab einen Nachrichtenton von sich, und ich griff danach, in der Erwartung, dass es Ryder sein würde.

Stattdessen strahlte mich das lächelnde Gesicht meiner Mutter an. Ich öffnete die Nachricht, um sie ganz zu sehen. Ein Mann, der mindestens zehn Jahre jünger war als sie, küsste sie auf die Wange, und sie hielt eine Kette hoch, an der ein Edelsteinanhänger baumelte.

Sieht so aus, als hätte der Lover ihr eine neue Kette geschenkt.

In meiner Kindheit und Jugend hatte ich gedacht, meine Mom sei so viel cooler als die Mütter meiner Freunde. Was ich damals nicht begriffen hatte, war, dass es nicht wirklich cool war, sich darauf zu verlassen, dass Männer für unseren Lebensunterhalt aufkamen, und dass das niemals eine stabile Umgebung schaffen konnte. Ehrlich, irgendwie hatte es mich verkorkst, und ich hatte viel zu lange gebraucht, um zu erkennen, wie ungesund es gewesen war.

Das war der Grund, warum ich geschworen hatte, dass ich in all meinen Beziehungen zu Männern das Sagen haben würde. Ich würde Spaß haben und mich machtvoll fühlen in dem Wissen, dass ich niemals zulassen würde, dass ich mich vor lauter Liebe zum Narren machte. Unabhängige Frau und all das. Aber dann hatte ich mich versehentlich verliebt, und das hatte meine Theorie bestätigt, dass Bindungen gleichbedeutend mit Schwäche waren. Ich hatte selbst erfahren, dass es die Frau, die ich war, schwächte, wenn ich in meiner Wachsamkeit nachließ, und als alles zum Teufel gegangen war, war ich so schwach gewesen, dass ich länger deswegen geweint hatte, als ich zugeben mochte, weil meine Selbstachtung total im Keller gewesen war. Puh.

Das hatte zu einer Phase geführt, in der ich einen kritischen Blick auf mich selbst geworfen und begriffen hatte, dass ich Männern erlaubt hatte, mich zu benutzen. Und die Tatsache, dass ich sie meinerseits benutzt hatte, machte es für mich nicht besser.

Als ich letztes Jahr Weihnachten nach Hause gefahren war und meine Mutter mit ihrem gegenwärtigen Freund beobachtet hatte, hatte das meine Theorie nur bestätigt, dass Liebe einen Menschen schwach machte. Sie hatte den Mann angeschnurrt, während sie die Krallen in sein Fleisch geschlagen und ihn praktisch angefleht hatte, sie zurückzunehmen, und sei es auch nur, bis sie einander überdrüssig waren, bis der Reiz des Neuen der Langeweile wich und einer von ihnen beschloss weiterzuziehen.

Ich hatte versucht, mit ihr darüber zu reden, und die nettesten Worte gewählt, die mir eingefallen waren, um zu erklären, dass sie älter wurde und dass es vielleicht an der Zeit sei, eine feste Stelle zu finden, damit sie für sich selbst sorgen konnte, ganz gleich, was ihrem Lover einfiel, aber sie hatte mir geantwortet, ich solle keine Spielverderberin sein, und dann hatte sie gefragt, was er für mich kaufen sollte, denn sie hatte an dem Tag seine goldene Kreditkarte gehabt.

Mit dieser ekligen Erinnerung, die mich niederdrückte, schickte ich Ryder eine weitere Nachricht, verzweifelt darauf bedacht, alles ungeschehen zu machen, bevor ich einen üblen Pfad hinunterglitt.

Ich: Vergiss es. Ich habe einen anderen Nachhilfelehrer gefunden. Aber danke für das Angebot. Bis später.

Ich hatte das bis später hinzugefügt, weil ich ein schlechtes Gewissen wegen der Lüge hatte, selbst wenn es langfristig für uns beide besser so war.

Und was den seltsamen Stich in meiner Brust betraf? Ich wusste nicht, was der Grund dafür war, aber ich wusste, dass er mit der Zeit vergessen sein würde.

4

Lindsay

Ungefähr dreißig Minuten größtenteils fruchtlosen Lernens später beschloss ich, für den Abend Schluss zu machen. Mein Telefon vibrierte in meiner Tasche, und ich holte es heraus.

Ryder: Netter Versuch. Wo in der Bibliothek versteckst du dich? Ich komme und helfe dir bei deinen Matheaufgaben.

Eine seltsame Mischung aus Gekränktheit und Glück durchströmte mich. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass er mir schrieb, obwohl er mich dabei erwischt hatte, dass ich mich vor ihm versteckte. Ernsthaft, was war los mit ihm? Es musste Dutzende von Frauen geben, die auf ihn zustürmten statt vor ihm davonzulaufen.

Ignorier es einfach und geh nach Hause. So gehst du auf Nummer sicher.

Außerdem wäre das sehr abweisend, und nach seiner Hilfe neulich abends, ganz zu schweigen von diesen Scherzen darüber, wie sehr ich Mathe beleidigen würde, und dieser ärgerlich entzückenden Bemerkung über seine erwiesenen Fähigkeiten als Nachhilfelehrer – wer sonst würde so was sagen –, konnte ich das nicht.

Ich: Ich verstecke mich NICHT in der Bibliothek und habe das auch nie getan, deshalb habe ich keine Ahnung, wovon du sprichst.

Wenn Zweifel bestehen, leugnen, leugnen, leugnen. Dass ich mich versteckt hatte, dass ich mich zu ihm hingezogen fühlte, die Tatsache, dass ich in diesem Moment lächelte – alles schön ignorieren.

Ryder: Also versteckst du dich in der Redaktion. Ich bin gerade mit dem Training fertig. Bin in fünf Minuten da.

»Nein«, sagte ich in den leeren Raum hinein und überlegte tatsächlich, mich hinter der staubigen Zimmerpflanze in der Ecke zu verstecken. Wenn das gegangen wäre, ohne zu niesen und mich wie eine Comicfigur selbst zu verraten, hätte ich es vielleicht getan.

Da ich zu dem Schluss kam, dass es zu spät war, ihm die Sache mittels einer Textnachricht auszureden, beugte ich mich vor und schüttelte im Spiegel des Computermonitors mein Haar aus. Meine Augen waren höchstwahrscheinlich gerötet, weil ich stundenlang auf den Bildschirm gestarrt hatte, aber mein improvisierter Spiegel dämpfte den Eindruck, weshalb ich mir einbilden konnte, es sei nicht allzu schlimm. Ich kramte in meiner Tasche, fand Lipgloss und Pfefferminzbonbons gegen Mundgeruch und tat mein Bestes, mich aufzufrischen. Nicht weil ich den Mann beeindrucken musste, sondern weil ich mich ihm gegenüber nicht noch mehr blamieren wollte, als ich es eh schon getan hatte.

Ich kann genauso gut »Wahnvorstellungen« meiner Liste herausragender Eigenschaften hinzufügen. Ich werde es in meinen Lebenslauf schreiben. Jede Personalabteilung wird mich garantiert ablehnen, wenn sie das sieht.

Nachdem ich mir zurechtgelegt hatte, wie ich mich verhalten wollte, tigerte ich durch den Raum, griff nach dem Riemen meines Rucksacks und versuchte, die nervösen Schmetterlinge zu beruhigen, die wild in meinem Bauch herumflatterten.

Das ist doch lächerlich. Er ist bloß ein Mann.

Schwere Schritte waren auf der Treppe zu hören, dann wurde die Tür aufgedrückt. Der gesamte Sauerstoff entschwand aus dem Raum, als Ryder in Sicht kam. War er noch größer und muskulöser geworden, seit ich ihn vor zwei Tagen gesehen hatte? Er füllte praktisch den ganzen Türrahmen aus, und sein Kopf streifte beinahe die Oberkante, während seine massigen Schultern ihr Bestes taten, jeden freien Zentimeter des Raums auszufüllen.

»Hey«, begrüßte er mich, und das Kribbeln beim Klang seiner tiefen Stimme, das ich mir bereits eingestanden hatte, explodierte und prickelte auf meiner Haut.

»Ich wollte dir noch eine Nachricht schicken, aber da du schon unterwegs warst …« Ich hob meinen Rucksack hoch. »Eigentlich wollte ich gerade nach Hause gehen. Ich habe noch nichts gegessen und …«

»Ich auch nicht, und ich kenne zufällig eine Imbissstube ganz in der Nähe. Mein Mitbewohner und seine Freundin sind ständig dort. Kennst du Dane und Megan?«

»Megan Davenport?« Schwester von Beck Davenport, Nummer sieben, Mittelstürmer und gegenwärtiger Freund von Whitneys Mitbewohnerin Lyla.

»Ja, die meine ich.«

»Ich bin ihr einmal kurz begegnet«, sagte ich. »Geh du nur zu deinen Freunden.«

Ryder verschränkte die Arme vor der Brust, und Gott steh mir bei, das ließ diese sexy Wölbung an seinen Unterarmen nur noch deutlicher hervortreten. »Diesmal werde ich nicht zulassen, dass du wegläufst. Verstehst du, mir ist aufgefallen, dass du das tust, und ich weiß, dass du Mathenachhilfe brauchst, sonst hättest du mir gar nicht erst geschrieben. Also frage ich nicht wirklich.«

Entrüstung stieg in mir auf und half, etwas von der Lust zu ersticken, die mich erfüllte, deshalb klammerte ich mich mit aller Kraft daran. »Du greifst also um meinetwillen zu Einschüchterungstaktiken? Willst du das wirklich?«

Ryder kam einige Schritte näher, und mir stockte der Atem. »Willst du damit sagen, dass du Angst vor mir hast?«

Ja. Aber nicht so, wie er vermutete. Er hatte etwas an sich, das mir das Gefühl großer Sicherheit schenkte. Wahrscheinlich waren es all die Muskeln – ernsthaft, das Fitnessstudio musste sein zweites Zuhause sein. »Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du irgendwie nervig bist?«

»Spricht die Frau, die eine Abneigung gegen Mathe, Eishockey und, wie ich langsam vermute, auch gegen Spaß hat.«

Ich schnappte nach Luft, und ein träges Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.

»Ich habe nichts gegen eine Herausforderung. Wie ich bereits gesagt habe, sobald ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe …« Er musterte mich von Kopf bis Fuß, und Hitze züngelte an meiner Haut und zeichnete den gleichen Weg nach wie seine Augen. »Ich denke, der erste Tagesordnungspunkt wird darin bestehen, an dieser Abneigung gegen Mathe zu arbeiten. Dann werden wir zu deiner Abneigung gegen Eishockeyspieler übergehen.« Er strich sich übers Kinn. »Ich schlage vor, wir beginnen mit der Arbeit an eben dem Verteidiger, der dir bei Mathe helfen will, und das wird ganz bestimmt auf natürliche Weise die Abneigung zerstreuen, die du gegen Spaß hast.«

Ich hob das Kinn. »Ich habe keine Abneigung gegen Spaß.« Ich sollte wahrscheinlich gekränkter über seine Anschuldigung sein, selbst wenn ich irgendwie vergessen hatte, wie es war auszugehen, nicht auf der Hut zu sein und einfach die Stunden zu genießen, wie sie kamen. Aber er hatte es leichthin gesagt, eher neckend, ein wenig auch herausfordernd, und obwohl er so beschäftigt war, bot er mir an, mir in seiner Freizeit Nachhilfe zu geben.

Nachhilfe, die ich dringend brauchte.

Ich wollte ihm nichts schuldig sein. Es mussten trotzdem Grenzen gewahrt bleiben, Grenzen durften nicht überschritten werden. »Was berechnest du für private Nachhilfe? Wenn wir nicht zum Nachhilfezentrum gehen – und ehrlich, das wäre mir lieber –, sollte ich dich auch bezahlen. Ich möchte dich nicht ausnutzen.«

Ein schelmischer Ausdruck mischte sich in sein Grinsen. »Tu dir keinen Zwang an. Du kannst mich jederzeit ausnutzen.«

Ich schüttelte den Kopf. »In diese Falle bin ich schon getappt.«

»Ja, bist du. Also, ich habe Hunger, du hast Hunger, und wenn du dich dann besser fühlst, werden wir so tun, als sei die Imbissstube das Nachhilfezentrum und dass wir auf Kosten des Colleges da sind.«