Braut wider Willen - Britta von Meierhofen - E-Book

Braut wider Willen E-Book

Britta von Meierhofen

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Fürstenkrone Classic In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkrone" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt. Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. Fürst Nikolaus von Toska stand am Fenster seines Arbeitszimmers und sah versonnen auf das idyllische Städtchen hinunter, das sich an den Fuß des Berges schmiegte, auf dem sich die Burg Toska erhob. Früher war es nur ein kleines Dorf gewesen, doch im Laufe der Zeit hatten sich dort immer mehr Menschen angesiedelt. Zur Zeit der Raubritter und Eroberungskriege suchte das Volk Zuflucht in der wehrhaften Festung, die mit dem stattlichen Burgfried, den soliden Mauern und den Wehrgängen nur schwer einzunehmen war. Heute bot die Burg zwar gegen die moderne Kriegsführung keinen Schutz mehr. Aber trotzdem lebten die Menschen gern im Schatten des noch immer imposanten Gemäuers, das tapfer dem Zahn der Zeit trotzte. Das Volk liebte seinen Fürsten, der nicht nur eine vergangene Epoche repräsentierte, sondern für sie sorgte, wie es einst die Vorfahren getan hatten. So hatte Fürst Nikolaus unter anderem eine Klinik errichten lassen, die über alle modernen Gerätschaften verfügte, und eine Stiftung ins Leben gerufen, die auch Kindern weniger betuchter Eltern eine gute Bildung ermöglichte. Er fühlte sich für jeden einzelnen seiner Untertanen verantwortlich. Der Fürst seufzte. Leider trat sein einziger Sohn so gar nicht in seine Fußstapfen. Prinz Janko war ein Mann mit vielen Gesichtern. Er war hochintelligent, von großem Ernst und hatte das schwierige Studium der Wirtschaftswissenschaft mit Bravour gemeistert, war in Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft bewandert, was ihn als würdigen Nachfolger auf den Fürstentitel auszeichnete. Aber in seinen Adern floss auch das heiße Blut der Magyaren, denen sie entstammten. So nahm der Prinz lieber an Reitturnieren teil oder übte sich im Fechten, statt hinterm Schreibtisch zu sitzen und die Nase in die Bücher zu stecken. Hingegen war er auch ein charmanter Unterhalter, glänzte in Gesellschaften mit seinem scharfsinnigen Witz oder lehrte seinen Gegner auf dem Golfplatz das Fürchten, wenn er mit ruhiger Hand die schwierigsten Bälle einlochte. Trotz seiner einunddreißig Jahre war Prinz Janko noch Junggeselle und dachte auch nicht daran, diesen Status zu ändern. Er stürzte sich lieber in amouröse Abenteuer, statt sich nach der Dame seines Herzens umzusehen, wollte das Leben genießen, bevor er sich den Zwängen und Verpflichtungen seines Standes unterordnete. Den fünfundsiebzigjährigen Vater wähnte er rüstig genug, um das Fürstenhaus noch eine Weile zu repräsentieren und die Familiengeschäfte zu führen. Fürst Nikolaus wusste, dass nicht zuletzt ihrer beider Eigensinn am Verhalten des Sohnes schuld war. Er konnte sich mit den Neuerungen nicht anfreunden, die der Sohn durchführen wollte, sobald dieser das Zepter auf Burg Toska schwang, und Janko wollte nicht die altbackenen Ideen des Vaters übernehmen.

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Fürstenkrone Classic – 20 –

Braut wider Willen

Ein Traumpaar rauft sich zusammen ...

Britta von Meierhofen

Fürst Nikolaus von Toska stand am Fenster seines Arbeitszimmers und sah versonnen auf das idyllische Städtchen hinunter, das sich an den Fuß des Berges schmiegte, auf dem sich die Burg Toska erhob. Früher war es nur ein kleines Dorf gewesen, doch im Laufe der Zeit hatten sich dort immer mehr Menschen angesiedelt. Zur Zeit der Raubritter und Eroberungskriege suchte das Volk Zuflucht in der wehrhaften Festung, die mit dem stattlichen Burgfried, den soliden Mauern und den Wehrgängen nur schwer einzunehmen war. Heute bot die Burg zwar gegen die moderne Kriegsführung keinen Schutz mehr. Aber trotzdem lebten die Menschen gern im Schatten des noch immer imposanten Gemäuers, das tapfer dem Zahn der Zeit trotzte.

Das Volk liebte seinen Fürsten, der nicht nur eine vergangene Epoche repräsentierte, sondern für sie sorgte, wie es einst die Vorfahren getan hatten. So hatte Fürst Nikolaus unter anderem eine Klinik errichten lassen, die über alle modernen Gerätschaften verfügte, und eine Stiftung ins Leben gerufen, die auch Kindern weniger betuchter Eltern eine gute Bildung ermöglichte. Er fühlte sich für jeden einzelnen seiner Untertanen verantwortlich.

Der Fürst seufzte. Leider trat sein einziger Sohn so gar nicht in seine Fußstapfen. Prinz Janko war ein Mann mit vielen Gesichtern. Er war hochintelligent, von großem Ernst und hatte das schwierige Studium der Wirtschaftswissenschaft mit Bravour gemeistert, war in Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft bewandert, was ihn als würdigen Nachfolger auf den Fürstentitel auszeichnete. Aber in seinen Adern floss auch das heiße Blut der Magyaren, denen sie entstammten. So nahm der Prinz lieber an Reitturnieren teil oder übte sich im Fechten, statt hinterm Schreibtisch zu sitzen und die Nase in die Bücher zu stecken. Hingegen war er auch ein charmanter Unterhalter, glänzte in Gesellschaften mit seinem scharfsinnigen Witz oder lehrte seinen Gegner auf dem Golfplatz das Fürchten, wenn er mit ruhiger Hand die schwierigsten Bälle einlochte.

Trotz seiner einunddreißig Jahre war Prinz Janko noch Junggeselle und dachte auch nicht daran, diesen Status zu ändern. Er stürzte sich lieber in amouröse Abenteuer, statt sich nach der Dame seines Herzens umzusehen, wollte das Leben genießen, bevor er sich den Zwängen und Verpflichtungen seines Standes unterordnete. Den fünfundsiebzigjährigen Vater wähnte er rüstig genug, um das Fürstenhaus noch eine Weile zu repräsentieren und die Familiengeschäfte zu führen.

Fürst Nikolaus wusste, dass nicht zuletzt ihrer beider Eigensinn am Verhalten des Sohnes schuld war. Er konnte sich mit den Neuerungen nicht anfreunden, die der Sohn durchführen wollte, sobald dieser das Zepter auf Burg Toska schwang, und Janko wollte nicht die altbackenen Ideen des Vaters übernehmen. Trotzdem wurde es höchste Zeit, dass sich der Prinz auf seine Pflichten besann.

Der Fürst stöhnte leise. Er sehnte sich nach Ruhe, nach fröhlichem Kinderlachen in dem ehrwürdigen alten Gemäuer, in dem eine lähmende Stille herrschte, seit seine geliebte Frau Maria und die gerade mal fünfundzwanzig Jahre alte Tochter Marietta von ihm gegangen waren. Ein Autounfall hatte beide vor knapp sechs Jahren aus dem Leben gerissen.

Verstohlen strich Fürst Nikolaus über seine feuchten Augen. Noch heute konnte er den Verlust nicht verwinden. Er hatte mit der vierzehn Jahre jüngeren Maria eine wundervolle Ehe geführt, und sein Nesthäkchen war sein ein und alles gewesen.

Energisch befreite sich Fürst aus den quälenden Gedanken. Eigentlich durfte er sich nicht über den Sohn beschweren. Er, Fürst Nikolaus, war in jungen Jahren nicht viel anders gewesen. Auch er hatte zum Leidwesen seines Vaters lange Zeit nichts von Pflicht und Ehe wissen wollen. Doch dann hatte ihn die Liebe zu Maria wie ein Blitz getroffen, und aus dem Lebemann war ein solider Ehemann geworden.

Der Fürst schlug mit der Faust in die flache Hand. Auch er würde Prinz Janko auf den rechten Weg bringen, wie es damals sein Vater bei ihm getan hatte, als er ihn mit der bezaubernden österreichischen Komtess Maria von Buch zusammenbrachte! Und er wusste auch schon, wie …

Es klopfte an der schweren Eichentür. Der Fürst wandte sich um und bat herein. Butler Istvan, ein großgewachsener Mann mittleren Alters, trat ein und meldete den Besuch von Dr. Theophil Hausmann, dem deutschstämmigen Leibarzt des Fürsten.

»Ich lasse bitten«, erwiderte Fürst Nikolaus und setzte sich in einen der schweren Klubsessel, die als Sitzgruppe dienten. »Sorgen Sie bitte dafür, dass man uns Kaffee serviert, Istvan.«

Der Butler, der schon seit seinem achtzehnten Lebensjahr im Dienst des Fürsten stand, nickte höflich, trat zur Seite und ließ den Arzt ein. Dann schloss er die Tür und winkte einen Diener zu sich, der abwartend ein paar Meter weiter im Foyer verharrte. Er erteilte dem Mann den Auftrag, Kaffee zu servieren, und bezog selbst Posten vor der Tür, für den Fall, dass der Fürst noch weitere Wünsche hatte.

*

Dr. Hausmann war ein behäbig wirkender Mann Anfang sechzig, mit klugen kleinen Augen, die hinter einer überdimensionalen Hornbrille verborgen waren, und leicht schütterem Haar. Er deutete eine Verbeugung an und nahm auf Einladung des Fürsten Platz. Umständlich öffnete er seinen schon etwas abgegriffenen Aktenkoffer. Der Fürst entlohnte ihn angemessen, er hätte sich durchaus einen neuen leisten können. Aber das erschien ihm nicht wichtig. Er war Arzt mit Leib und Seele und steckte sein Honorar lieber in die Forschung, statt sich mit Glanz und Glitter zu umgeben.

»Ich kann Ihnen die glückliche Mitteilung machen, dass die Laborauswertung Ihrer Untersuchung nur gute Ergebnisse erbrachte, Durchlaucht«, berichtete er eifrig, während er die Unterlagen aus der Tasche nahm. »Sie erfreuen sich bester Gesundheit, was in Ihrem Alter nicht selbstverständlich ist. – Pardon.«

Er senkte verlegen den Kopf. Wenn er den Fürsten auch seit Jahren ärztlich betreute und ihr Umgangston im Verhältnis zu der sonst steifen Etikette des Fürs­tenhauses, sehr locker war, war es ein Fauxpas auf das Alter von Fürst Nikolaus anzuspielen, noch dazu, weil man diesem die Jahre nicht ansah. Das markante Gesicht war sonnengebräunt und wies kaum Falten auf. Ebenso war sein Gang ungebeugt, was ihn noch größer und stattlicher erscheinen ließ.

»So«, antwortete der Fürst trocken. Er stand auf, ging zu dem Arzt und legte ihm schwer die Hände auf die Schulter. »Mein lieber Theophil, jetzt hören Sie mir mal gut zu.« Seine tiefe sonore Stimme beeindruckte ebenso wie seine Gestalt.

Dr. Hausmann hob verwundert den Kopf. Er hub zu einer Frage an, doch der Fürst wischte unwillig mit der Hand durch die Luft. Er ließ von dem Arzt ab, verschränkte die Hände auf dem Rücken und wanderte durchs Zimmer. Es dauerte eine Weile, bis er sein Schweigen brach. Dr. Hausmann konnte seine Ungeduld kaum zügeln.

»Offiziell erfreue ich mich keineswegs bester Gesundheit«, begann der Fürst endlich. Er setzte sich wieder seinem Besuch gegenüber. »Ich stehe sozusagen mit einem Bein im Grab.« Ein amüsiertes Lächeln kräuselte seine Lippen, als er das fassungslose Gesicht des Arztes sah.

Dr. Hausmann nahm die Brille ab und putzte sie übertrieben sorgfältig. »Wie soll ich das verstehen, Durchlaucht?«, fragte er heiser.

Das Schmunzeln des Fürsten verstärkte sich. Er beugte sich etwas vor und meinte verschwörerisch: »Natürlich können Sie meinen Worten noch nicht folgen, mein lieber Theophil. Ich will nichts weiter als Ihre Hilfe bei einem Komplott.«

»Komplott …?«, wiederholte Dr. Hausmann noch verwirrter.

Der Fürst wollte antworten, wurde aber vom Diener unterbrochen, der den Kaffee brachte. Der stilvoll in Livree gekleidete Mann stellte das Silbertablett mit dem Geschirr auf einer Anrichte ab, nahm die Kanne zur Hand und schenkte mit unbewegter Miene die Tassen ein. Der Fürst wünschte sein Getränk schwarz, während Dr. Hausmann Milch und Zucker bevorzugte.

Der Diener servierte und stellte noch eine Schale mit Gebäck auf den Tisch. Dann machte er einen Bückling und zog sich zurück.

Fürst Nikolaus wartete ab, bis sie wieder allein waren, dann fuhr er fort: »Ich finde, es ist an der Zeit, dass mein lieber Sohn den Müßiggang beendet und sich auf seine Pflichten besinnt. Wenn ich im Augenblick auch noch rüstig bin und das Fürstenhaus durchaus noch führen kann, kann es morgen schon ganz anders aussehen. Doch Janko tut nichts dergleichen, um sich auf meine Nachfolge vorzubereiten. Lieber jagt er auf seinem Pferd über die Puszta oder macht dieser Theaterprinzessin den Hof, statt Einblicke in die Geschäfte unseres Hauses zu nehmen.«

»Prinz Janko war während des Studiums Jahrgangsbester«, erinnerte der Arzt vorsichtig und rührte nachdrücklich in seiner Tasse. Er vermied es, auf die Tänzerin zu sprechen zu kommen, mit der Prinz Janko seit einiger Zeit liiert war, wusste, wie allergisch der Fürst auf diese Frau reagierte.

Der Fürst winkte schroff ab. »Auch der hellste Kopf dürfte ohne eine gewisse Vorbereitung mit den umfangreichen Verpflichtungen unseres Hauses überfordert sein. Wenn ich heute mein Haupt zur Ruhe bette, muss Janko nahtlos die Führung übernehmen, sonst bricht bald ein Chaos aus. Es wird auch höchste Zeit, dass er heiratet. Ein Fürst braucht eine Frau an seiner Seite, die ihn mit ihrer Wärme und Sanftmut leitet und ihm in Stunden des Zweifelns mit ihrem Rat zur Seite steht.« Wieder dachte er an seine Gemahlin, die all diese Eigenschaften in sich vereint hatte. Er hätte keine bessere Frau finden können.

»Von einer sanftmütigen Person ist Tatjana Komerovka aber weit entfernt«, platzte Dr. Hausmann nun doch heraus. »Sie ist ein wahres Temperamentbündel, würde mehr Porzellan zerschlagen, als das Schloss zu bieten hat.«

Er schlug sich mit der Hand vor den Mund. Wie konnte er so vermessen sein, in der russischen Primaballerina die mögliche Fürstin von Toska zu sehen. Selbst der Prinz würde es nicht wagen, die zwar sehr hübsche, aber auch exzentrische Frau der Familie als seine künftige Gemahlin zu präsentieren. Es war dem Fürsten schon ein Dorn im Auge, dass die Boulevardpresse keine Gelegenheit ausließ, über die wenig standesgemäße Verbindung seines Sohnes mit der Tänzerin zu berichten.

»Ich spreche nicht von dieser Theaterprinzessin«, fertigte Fürst Nikolaus sein Gegenüber ab. »Diese Frau mag repräsentieren und sich auf dem glatten Parkett der Gesellschaft bewegen können. Aber sie hat nicht das Zeug zu einer Fürstin, wie es meine Frau gewesen war.«

»Niemand wird jemals Fürstin Maria, Gott hab sie selig, das Wasser reichen können, mein Fürst«, pflichtete Dr. Hausmann hastig bei, um seinen Fauxpas wieder wettzumachen.

Der Fürst lächelte fein. Er setzte sich zurück und legte die Fingerspitzen aneinander. »Wie Sie wissen, mein lieber Theophil, stammte meine Gattin aus einem verarmten Adelshaus. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, musste sie als Zofe bei einer Gräfin arbeiten, die eine sehr schwierige, exaltierte Person war. Das hat Maria geprägt, sie zu einem feinfühligen, verständnisvollen Menschen gemacht, der immer ein offenes Ohr für die Nöte anderer hatte. Sie besaß die Nonchalance einer Fürstin, aber auch das Herz eines Samariters. Mit ihrer Natürlichkeit und ihrem Charme konnte sie den größten Widersacher bezwingen.«

Er hielt inne, kämpfte den Kloß in seinem Hals nieder. Dann nahm er einen kräftigen Schluck aus seiner Tasse und führte weiter aus: »Die junge Frau, die ich für meinen Sohn im Auge habe, ist Maria in vielem ähnlich. Sie ist von erfrischender Natürlichkeit und hat das Herz auf dem rechten Fleck. Auf dem Rücken eines Pferdes bewegt sie sich mit derselben Grazie wie auf dem gesellschaftlichen Parkett und was sie noch mehr hervorhebt: Sie steht meinem eigensinnigen Sohn an Scharfzüngigkeit nicht nach, würde sich nicht von ihm unterjochen lassen. Kurz, sie ist die ideale Partnerin für Prinz Janko.«

»Eine solche Frau müsste wohl erst erfunden werden«, zweifelte der Arzt. Er nippte an seinem Kaffee. »Darf ich fragen, um welche junge Dame es sich handelt?« fragte er über den Rand der Tasse hinweg.

»Ich spreche von Baroness Lena von Kreuzberg«, erwiderte der Fürst. Ein belustigtes Schmunzeln huschte um seine Lippen, als sich der Leibarzt prompt verschluckte.

»Lena von Kreuzberg?«, japste Theophil Hausmann verblüfft, als er wieder zu Atem kam. »Die Tochter Ihres Widersachers Markus von Kreuzberg?« Ungläubig runzelte er die Stirn.

»Nur weil der Baron bei mir in seiner Ehrenschuld steht, ist er nicht mein Feind«, berichtigte der Fürst, ein wenig brüskiert über die heftige Reaktion des Arztes. »Ich schätze Markus von Kreuzberg als loyalen Freund und Ehrenmann. Nur die Umstände hatten ihn seinerzeit aus der Bahn geworfen und für die Spielsucht anfällig gemacht, die ihn fast an den Rand des Ruins trieb. Er konnte den frühen Tod seiner Frau nicht verwinden.«

Er machte eine Pause, rieb versonnen sein Kinn, bevor er weiter ausführte: »Glücklicherweise ist es mir gelungen, dem Baron wieder auf die Beine zu helfen, indem ich all seine Schuldscheine aufkaufte, sie aber nie einforderte. Heute steht Gut Kreuzberg wirtschaftlich wieder auf soliden Füßen. Die Rassepferde aus dem Gestüt des Barons sind in aller Welt begehrt, und auch sonst ist aus Markus von Kreuzberg ein hervorragender Geschäftsmann geworden, mit vielen guten Iden. Seine Tochter, das einstige ›Enfant terrible‹, hat sich dank diverser Privatlehrer und Gouvernanten zu einer wohlerzogenen, klugen jungen Dame gewandelt, wie ich bei meinem letzten Besuch vor drei Jahren auf Gut Kreuzberg feststellen konnte. Sie verfügt inzwischen über die vielen positiven Eigenschaften, die ich gerade aufzählte.«

Er konnte dem Arzt gegenüber frei sprechen. Dieser war die Verschwiegenheit in Person.

Dr. Hausmann war ein wenig überrascht, von dem freundschaftlichen Verhältnis des Fürsten zu dem Baron zu erfahren. Es war kein Geheimnis, dass Markus von Kreuzberg in der Schuld des Fürsten Nikolaus stand. Deshalb hatte der Arzt angenommen, der damalige Besuch des Fürsten galt der Geldeinforderung. Zweifelnd zog er eine Augenbraue hoch. »Trotzdem ist es mir ein Rätsel, wie Sie Prinz Janko dazu bringen wollen, die Baronesse zu freien, wo sein Herz doch für Tatjana Komerovka schlägt, Durchlaucht.«

Der Fürst schüttelte entschieden den Kopf. »Ich bin mir sicher, dass die Gefühle meines Sohnes für diese Tänzerin nicht sehr tiefgründig sind. Er schmückt sich gern mit der schönen Frau, die sich ihrerseits in seinem Namen sonnt. Wie mir von meinen Informanten zugetragen wurde, ist Tatjana Komerovka ebenso wenig an einer Ehe interessiert wie Prinz Janko. Sie geht in ihrem Beruf auf, würde ihn niemals für einen Mann hergeben. Eine Primaballerina als Fürstin aber wäre undenkbar. Deshalb mache ich mir wenig Sorgen, dass ich ein junges Glück zerstöre, wenn ich Prinz Janko mit der Baroness von Kreuzberg zusammenbringe.«

»Aber auch das kann schiefgehen, Durchlaucht«, warnte Dr. Hausmann, noch immer skeptisch. »Man kann Liebe nicht erzwingen.«

»Papperlapapp.« Der Fürst wedelte unwirsch mit der Hand. »Das habe ich auch nicht vor. Ich stelle nur die Weichen und warte ab, wie das Schicksal entscheidet.« Der eben noch unwillige Ausdruck seines Gesichts verschwamm zu einem listigen Lächeln. »Und beim Weichenstellen werden Sie mir helfen, mein lieber Theophil.«

*

Der kleine Salon neben dem Arbeitszimmer des Fürsten, diente auch als Empfangsraum. Dorthin hatte sich Prinz Janko mit dem Leibarzt seines Vaters begeben, nachdem ihn dieser um ein Gespräch unter vier Augen gebeten hatte. Benommen schüttelte der Prinz den Kopf, konnte nicht recht glauben, was ihm Dr. Hausmann gerade eröffnet hatte.

»Und ich dachte immer, Vater wäre so unverwüstlich wie eine Jahrhunderte alte Eiche«, stöhnte er und fuhr sich mit der Hand durch das lackschwarze Haar, das sein scharf geschnittenes Gesicht noch markanter erscheinen ließ. Auch sonst war er dem Fürsten sehr ähnlich, war groß und von drahtiger Gestalt. Er zog die buschigen Augenbrauen zusammen. »Sind Herzrhythmusstörungen gefährlich?«

Dr. Hausmann senkte den Kopf. Es fiel ihm schwer, den Prinzen zu täuschen. Er war zwar auch der Meinung, dass dieser endlich Verantwortung für Stand und Namen übernehmen und nicht länger in den Tag leben sollte. Trotzdem widerstrebte es ihm, bei dem Komplott mitzumachen. Er wusste, warum Fürst Nikolaus sich seiner ärztlichen Kompetenz bediente, um den Sohn über seinen angeblich schlechten Gesundheitszustand aufzuklären. Dem Fürsten selbst hätte Prinz Janko angesichts dessen blühender Erscheinung wohl kaum Glauben geschenkt.

»Es sind noch weitere Untersuchungen nötig, bevor man eine genaue Prognose stellen kann«, wich der Arzt aus und knetete nervös seine Hände. »Das letzte EKG fiel jedoch nicht gut aus, was schon ein Grund zur Besorgnis ist.« Genau das Gegenteil war der Fall. Er machte eine kurze Pause, suchte nach unverfänglichen Worten, damit man ihn später nicht der Lüge bezichtigen konnte. »Fürst Nikolaus muss sich dringend schonen«, fuhr er nach einer Weile fort. »Er muss sein Arbeitspensum erheblich einschränken, viel ruhen, viel spazieren gehen.« Das war nicht übertrieben, ein Mann um die siebzig sollte kürzer treten.

Als Prinz Jakob nicht antwortete, nur mit besorgtem Gesichtsausdruck aus dem Fenster starrte, führte er weiter aus: »Jede Art von Aufregung muss von dem Fürsten ferngehalten werden, besonders die vielen negativen Schlagzeilen über Sie und die Tänzerin.« Er biss sich erschrocken auf die Unterlippe. Nun war er doch zu weit gegangen.

Der Prinz wandte sich langsam um, seine dunklen Augen verengten sich. »Ich denke, dass Sie sich hierüber keine Meinung zu bilden haben, Dr. Hausmann«, sagte er scharf. »Das ist meine Privatangelegenheit.«

»Selbstverständlich, Durchlaucht«, pflichtete der Arzt zerknirscht bei. »Es ist nur … Der Blutdruck des Fürsten schnellt jedes Mal in bedenkliche Höhe, wenn man ihm den neuesten Klatsch zuträgt.« Das entsprach der Wahrheit.

»Ist mein Vater in seinen Ge­mächern?«, überging Prinz Janko den unterschwelligen Tadel des Arztes.

Dr. Hausmann nickte. »Ja, er hatte sich nach dem Gespräch mit mir dorthin zurückgezogen, möchte Sie aber trotzdem sehen. – Wenn Sie erlauben, würde ich mich jetzt gern verabschieden.« Er packte seine Aktentasche und deutete eine Verbeugung an.

Prinz Janko läutete dem Butler und ließ den Arzt hinausbegleiten. Dann verließ auch er den Salon, durchquerte das prunkvolle Foyer, das mit seiner umfangreichen Ahnengalerie jeden Besucher in den Bann zog, und sprang elas­tisch die geschwungene Freitreppe zum Obergeschoss hinauf.

Die Burg war quadratisch angeordnet und sehr geräumig. Sie verfügte über drei mehrstöckige Palastflügel, einen großen Innenhof mit einem umlaufenden Laubengang und einer Kapelle, die sich gleich rechts neben dem Torhaus befand.

Links des Eingangs waren in dem Gemäuer die Stallungen fürs Vieh untergebracht. Neben ein paar Kühen und Schweinen, sowie Federvieh für den Hausgebrauch, standen dort auch zwei Lipizzanerstuten und drei Araberhengs­te, der Stolz des Fürsten. Ein Gestüt im eigentlichen Sinne gab es nicht. Fürst Nikolaus verdiente sein Geld mit seinen Ländereien und der Viehwirtschaft. Zu Burg Toska gehörte ein Gut, das über riesige Rinderherden verfügte, denen die fast baumlose Steppenlandschaft der Tiefebene als ideales Weideland diente. Ebenso war der Fürst an vielen großen Firmen und industriellen Anlagen seines Landes beteiligt. Er war ein Finanzgenie, dem es gelungen war, das nicht unbeträchtliche Vermögen der Ahnen noch zu vermehren.

Inmitten des Hofes thronte der alles überragende Burgfried. Dieser wurde nicht bewohnt und diente als Zeitzeuge. In ihm wurden alte Waffen und Chroniken aufbewahrt, die besichtigt werden konnten. Sonst waren die Innenräume der Burg von einer Besichtigung ausgeschlossen. So volksnah Fürst Nikolaus sonst war, legte er doch großen Wert auf seine Privatsphäre.

Der Hauptflügel rechts des Eingangs war ausschließlich der fürstlichen Familie vorbehalten. Von dem halbrunden Foyer aus hatte man Zugang zum Arbeitszimmer des Fürsten, dem sich die Bibliothek anschloss, sowie dem Kleinen Salon und dem Speisesaal. Die Küche befand sich im Souterrain und war durch einen Essensaufzug mit dem Speisezimmer verbunden. Über die Freitreppe gelangte man ins Obergeschoss, wo sich die Privatgemächer des Fürsten befanden.

Das Personal hatte seine Unterkünfte im linken Seitenflügel, dem auch die Wirtschaftsräume angegliedert waren. Im Mittelflügel befand sich im Erdgeschoss der große Festsaal, der jedoch seit dem Tod der Fürstin und ihrer Tochter kaum noch genutzt wurde. Darüber gab es mehrere Suiten, in denen hochgestellte Gäste untergebracht wurden. Weniger honorige Besucher mussten sich mit den etwas einfacheren Zimmern neben dem Festsaal begnügen. Prinz Janko bewohnte ebenfalls eine der Suiten, wenn er sich nicht gerade in seiner Stadtwohnung in Budapest aufhielt, wo Tatjana am dortigen Theater unter Vertrag stand.

Diese war jedoch viel in aller Welt unterwegs, weshalb sich der Prinz auch häufig zu Hause befand. Er liebte das Landleben, jagte lieber auf dem Rücken seines Rappen über die Puszta, statt sich auf einem Golfplatz zu tummeln. Er beherrschte diesen Sport zwar ebenfalls so perfekt wie alles, was er tat, übte ihn jedoch in erster Linie Tatjanas wegen aus. Die Tänzerin bevorzugte zur Entspannung den Golfplatz, der mit seinem etwas mondänen Flair ihrem Naturell weit näher kam als die raue Atmosphäre einer Pferderennbahn.

Manchmal fragte sich Prinz Janko schon, was ihn eigentlich an dieser Frau faszinierte, die so gar nichts mit seinem Charakter gemein hatte. Aber dann sagte er sich, dass es wahrscheinlich die Gegensätze waren, die sich anzogen, und Tatjanas Bereitschaft für ihn da zu sein, ohne Forderungen zu stellen, wenn er eine Schulter zum Anlehnen brauchte. So kapriziös sie auch sein mochte, so war sie auch eine sehr warmherzige, verständnisvolle Frau.