Brennende Lust - Koste mich | Erotischer Roman - Katy Kerry - E-Book

Brennende Lust - Koste mich | Erotischer Roman E-Book

Katy Kerry

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Beschreibung

Dieses E-Book entspricht 184 Taschenbuchseiten ... Sergej ist in Russland ein gefeierter Pianist, an Frauen mangelt es nicht. Zeigt er sich jedoch von seiner verletzlichen Seite, stößt er auf Ablehnung, denn seine Affinität zu Pelzen ist mehr als nur eine Leidenschaft. Trotzdem gibt er die Suche nach seiner Traumfrau nicht auf. Über eine Annonce lernt er die attraktive Britin Catherine kennen. Schon bei ihrem ersten Treffen fühlt er sich unwiderstehlich von ihr angezogen. Mit Catherine taucht er ein in eine Welt voller sexueller Fantasien. Haben die beiden trotz ihrer Unterschiedlichkeit die Chance auf eine erfüllte Liebe? Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.

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Seitenzahl: 260

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Impressum:

Brennende Lust - Koste mich | Erotischer Roman

von Katy Kerry

 

Katy Kerry ist das Pseudonym einer erfolgreichen Erotikautorin. Seit gut zwei Jahren begeistern ihre erotischen SM- und Fetisch-Romane, aus dem Leben ihrer dominanten Ader gegriffen, unzählige Leser. Geschickt webt sie eigene Erfahrungen und Fantasien in spannende und sinnliche Geschichten voller prickelnder Erotik und Leidenschaft ein. Katy ist verheiratet, hat zwei Kinder im Teenageralter und steht obendrein als Sozialarbeiterin voll im Beruf. Als ganz private Domina sammelt sie immer wieder interessante Erfahrungen, die sie dann in ihre Romane einfließen lässt. Sie liebt es, ihre Fantasie zu beflügeln, und ist ständig auf der Suche nach etwas Neuem.In Katys Büchern stecken packende, geheimnisvolle und niveauvolle erotische Geschichten, manchmal sogar ein Thriller. Einmal eingetaucht, kann man sie kaum mehr aus der Hand legen.

 

Lektorat: A. K. Frank

 

 

Originalausgabe

© 2022 by blue panther books, Hamburg

 

All rights reserved

 

Cover: © pawelsierakowski @ 123RF.com © sanneberg @ 123RF.com

Umschlaggestaltung: MT Design

 

ISBN 9783750702905

www.blue-panther-books.de

Rache ist süß

Wenn du das Glück auf deiner Seite hast,genieße das stille Vergnügen.Katy Kerry

»Lächeln, Catherine«, fordert er süffisant grinsend in die Kameras, ohne dass jemand bemerken kann, dass er etwas zu seiner Frau sagt. »Schon vergessen, Liebling?«, raunt er ihr zu, erinnert sie zynisch an die gemeinsame Vereinbarung und schielt einen kurzen Moment zu ihr hinüber, während er seine Krawatte im letzten Augenblick zurechtrückt.

Catherine zieht ihre Mundwinkel gekünstelt, aber dennoch natürlich wirkend nach oben, bevor der Auslöser beide in den Kasten bringt. Beim letzten Foto schlingt er sogar seinen Arm um ihre Hüften. Wie eklig. Er zieht sie gar sacht an seinen nicht besonders athletischen und nach Parfüm duftenden Körper. Wohlbemerkt Chanel pour Homme. Ein Parfüm, das sie ihm zu irgendeinem Anlass, sie weiß gar nicht mehr zu welchem, geschenkt hat. All diese offenkundigen Gesten der Zuneigung spult er nur deswegen ab, um sein Image vor den Reportern zu wahren. Selbstverständlich hat sie seine Forderung nicht vergessen. Jene, sie dann großzügig abzufinden, wenn sie während der Scheidung kein Aufsehen macht, ihm das Rampenlicht überlässt, wenngleich sie ihn lieber im Regen stehenlassen würde. Natürlich möchte er, wie sollte es auch anders sein, erhobenen Hauptes das Außenamt in St. Petersburg verlassen, in der Hoffnung, dort einen ordentlichen Eindruck gemacht zu haben, um Russland für immer den Rücken zuzukehren, weil er bereits eine andere Stellung als Botschafter bekommen hat. Ein Wunsch, den sie ihm zugestehen wird, obwohl sie ihn am liebsten in aller Öffentlichkeit in der Luft zerreißen würde nach dem, was er sich in den vergangenen Jahren geleistet hat.

Ganz abgesehen von den ordinären Flittchen, die er in letzter Zeit reihenweise ankarrte, wobei sie sich anfangs sehr wunderte, was jene außer seinem Geld an ihm finden könnten. Denn einen hochzukriegen schien er ja nicht mehr in der Lage zu sein. Dies hat er während seiner Ehe oft genug bewiesen. Aber wer weiß, vielleicht waren es nur billige Ausreden für seine Unlust, die er ihr gegenüber in den letzten Jahren hegte. Als Entschuldigung servierte er ihr immer den allzu großen Stress in der Botschaft, den sie ihm in dieser Form nie abnahm. Sein gekünsteltes Auftreten neben ihr, sei es nun auf Banketten oder auf anderen Gesellschaften, fiel selbst ihrer Freundin Olga, die Henry auf den Tod nicht ausstehen kann, deutlich auf. Auch ihr Mann, der übrigens im Kabinett des Präsidenten arbeitet, empfindet ihn als höchst unangenehmen Zeitgenossen. Etwas, das die internationalen Beziehungen zwischen England und Russland bislang nicht wirklich förderte und die russische Regierung scheint deshalb über seinen Abgang ganz froh zu sein. Oftmals hat sich Catherine gefragt, wenn sie mit Olga über ihr Eheleben sprach, ob es wirklich Henry war, der sich einst für sie scheinbar die Beine ausgerissen hat, wenn er doch jetzt nicht mal mehr vom Sofa hochkommt, um ihr ein Glas Rotwein einzuschenken – geschweige denn irgendetwas hochkriegt. Irgendwann hegte auch sie für ihn kein Interesse mehr und kam zu dem Entschluss, sich von ihm trennen zu wollen. Eine Absicht, die er wohl nie verstehen wird, denn für seine Verhältnisse reichte sie aus heiterem Himmel die Scheidung ein.

Tja, kein Wunder, er interessierte sich für Catherines Pläne kaum bis gar nicht. Tagsüber steckte er seine ganze Arbeit in der Botschaft und danach schlug er sich die Nächte mit einem seiner Flittchen um die Ohren. Die Forderung der Scheidung kam ihm da völlig unverhofft und natürlich auch ungelegen. Er fühlte sich sogar von ihr vor den Kopf gestoßen, ja quasi überrollt. Gedacht hätte er sich solch eine hitzköpfige Aktion, wie er sie nannte, von ihr niemals. Sätze, wie: »Was hast du dir dabei eigentlich gedacht?« und: »Wie stehe ich denn jetzt im Außenamt da?«, schließlich ist er der britische Botschafter hier in St. Petersburg, oder: »Das wirst du noch bitter bereuen«, warf er ihr an den Kopf, weil er nicht glauben konnte, dass sie tatsächlich auf die finanziellen Vorzüge ihrer Ehe verzichten wollte.

Will ich ja auch gar nicht. Zumindest dem Schein nach nicht und auf den Kopf gefallen bin ich auch nicht. Das Haus in St. Petersburg, das wusste sie, würde ihr sowieso zufallen, weil er in ein paar Tagen Russland für immer verlassen wird. Die Villa zu verkaufen, wäre ihm ein Dorn im Auge gewesen. Zu viel Aufsehen, würde er es nennen. Viel lieber verschwindet er sang- und klanglos, auch, wenn er dafür ein Vermögen zurücklassen muss. So nach dem Motto: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Außerdem war er mit seinem Geld immer sehr großzügig, auch wenn es nur dazu diente, sein Gewissen zu beruhigen, während er sie damit in letzter Zeit immer öfter nur so überhäufte. Denn dann wusste sie, hatte er schon wieder eine gevögelt. Gut so, dachte sie zum Schluss. Wer weiß, wofür ich es einmal brauchen werde. Simsalabim, und jetzt ist der Moment gekommen, an dem ihr klar ist, wofür sie es nötig hat. Nämlich dafür, sich ein eigenes Leben aufzubauen. Ohne ihn.

Nach England, das steht fest, wird sie nie wieder zurückkehren. Sie bleibt in Russland, hier in St. Petersburg. Mit diesem Gedanken lächelt sie selbstbestimmt in die Kameras, wirft einen verstohlenen Blick zu ihrem Noch-Ehemann, denn die Scheidungspapiere werden erst unterzeichnet, wenn Henry weiß, wann er die britische Botschaft für immer verlassen wird. Wenn sie daran denkt, wird ihr Lächeln noch breiter und ihre Zähne blitzen, wie die von einer jungen Stute. Hinter ihnen der Katharinenpalast von St. Petersburg. Wie passend. Dieser setzt das Paar imposant in Szene, weil die beiden direkt vor der Alexander-Säule stehen, wobei die Kameras eine perfekte Silhouette der ehemaligen Zarenresidenz einfangen. Oh ja, schon Katharina die Große wusste, was sie wollte.

Catherine wird sich ein wenig von der ehemaligen Zarin für ihre Zukunft abschauen müssen. Ihre Gutmütigkeit und die Naivität hat sie bereits abgelegt. Selbstbewusstsein und ein wenig Ellenbogentechnik sind nun gefragt. Tugenden, die ihr nicht unbedingt in die Wiege gelegt wurden, denn sie verbrachte nur wenige Jahre ihrer Kindheit bei ihrer souveränen Großmutter in Lyzard. Jene zählten wohl zu ihren glücklichsten. Leider verstarb ihre Großmutter noch vor Catherines Schuleintritt, woraufhin sie wieder zurück zu ihren Eltern, insbesondere zu ihrer unnahbaren und gehemmten Mutter musste. Ihre Granny, wie sie ihre Großmutter liebevoll nannte, war eine herzensgute, vor allem selbstsichere Frau, außerdem Deutsche. Von ihrer Herzensgüte hätte sich ihre irische Mutter etwas abschneiden können, denn jene kann ihr heute gestohlen bleiben, so auch England, vor allem Somerset, wo sie nach dem Tod ihrer Großmutter die gesamte Kindheit und Jugend verbracht hatte. Später entschloss sie sich, nach London zu gehen, wo sie Russisch und Kunstgeschichte studierte. Wissen und Intelligenz kann dir niemand abspenstig machen. Was du daraus machst, liegt nur in deinen Händen. Das waren die Worte ihres liebevollen Vaters, an die sie sich heute noch gut erinnern kann. Ihn hat sie wirklich geliebt.

Während ihres Masterstudiums nahm das Schicksal seinen Lauf. Sie lernte Henry kennen, der damals schon für das britische Außenamt tätig war. Als ihr Vater wenige Monate später starb, heiratete sie Henry Hals über Kopf. Sie wollte raus aus diesem konservativen Nest und emigrierte mit ihm nach Russland. Als sie gemeinsam russischen Boden betraten, war Henry zunächst mal von der Sprache schockiert. Jedoch war ihm Catherine meilenweit voraus, schließlich beherrscht sie beide Sprachen: Russisch und Deutsch. Ein Umstand, der ihr heute noch viele Vorteile bringt. Von ihren Sprachkenntnissen konnte ihr Mann Henry immer wieder profitieren. Catherine fühlte sich schon nach nur wenigen Wochen in Russland wie zu Hause, schloss Freundschaften, lernte unter anderem auch Olga, die Frau eines Politikers, kennen, mit der sie sich auf Anhieb verstand.

Henry ist hier nie richtig heimisch geworden, für ihn war Russland einfach nur ein Land, in dem er arbeitete. Doch dieses Land und auch seine Leute muss man verstehen, um es lieben zu können. Hier herrschen andere Regeln. Ein kostbares Gut russischer Kultur ist der Zusammenhalt innerhalb der Familie. Da auch Catherine diese Meinung vertritt, eroberte sie die Herzen der Russen im Sturm.

Die schmucke Villa in St. Petersburg – denn auf Luxus wollte Henry natürlich nicht verzichten, auch wenn es anfangs so aussah, als würde er hier nur einige Jahre verbringen – ließ sie zu einem Schmuckkästchen umbauen. Das Haus liegt am linken Ufer der Newa gleich gegenüber der Peter-und-Paul-Festung. Hier brachte sie sogar ihre beiden Söhne zur Welt. Catherine entpuppte sich nicht nur als vorbildliche Mutter, sondern war ein Hans Dampf in allen Gassen. Zwischen Windelwechseln und der Herstellung von Babynahrung absolvierte sie ihr Masterstudium, das sie in London zum Zwecke der Emigration abbrechen musste.

Catherine erinnert sich heute noch daran, wie sie so voller Tatendrang war. Mit viel Liebe und sehr geschmackvoll richtete sie ihr Heim für die ganze Familie ein. Antiquitäten vom Feinsten und imposante Kachelöfen aus der Zarenzeit schmückten jeden Raum und erfüllten die Atmosphäre mit künstlerischem Ambiente. Sie wollte Henry und den Kindern ein gemütliches Zuhause schaffen, was ihr auch tadellos gelang.

Im Laufe ihrer Ehe schaffte Catherine wertvolle Gemälde an, welche sie in üppige und goldene Rahmen hat fassen lassen und die jetzt an den Wänden der Zimmer ihres urbanen Hauses thronen. Ob es sich nun um ein Bildnis, das Peter den Großen darstellt, oder um ein Porträt von der bezaubernden Natalja Puschkina handelt, sie alle zeigen die Handschrift von Catherines Begeisterung, die der russischen Kunst huldigt und sie lobpreist.

Auch dem Garten hauchte sie russisches Leben ein und konnte ihre neugewonnenen Freunde damit verzaubern. Jener besticht mit Statuen antiker Götter, deren Schönheit mit unvergleichbaren menschlichen Tugenden und Lasten faszinieren. Linden, Ulmen, Zedern, Kastanien und Platanen spenden hier und da Schatten. Gleichmäßig beschnittene Büsche umrunden künstlich angelegte, aber dennoch natürlich wirkende Teiche. Rosen und Torbögen sowie Kletterpflanzen, wohin das Auge reicht. Sogar ein Gewächshaus befindet sich an einem sonnigen Platz, aus dem Catherine ihre Küchenkräuter und allerhand Gemüse bezieht, die sie dann zu herrlichen Gerichten verkocht. Hier trifft eindeutig Natur auf Kultur. Allgegenwärtig auch das Gezwitscher der vielen Vögel, die sich gern in diesen Garten zurückziehen.

Catherine ließ sich im Laufe der Zeit sehr viel von ihren russischen Freundinnen und deren Lebensstil beflügeln, so war es ihr auch eine Herzensangelegenheit ihr Heim mit viel Inspiration zu einer Wohlfühloase der Entspannung zu gestalten. Wenn es um russische Kunst oder Kultur ging, stellte sie ihren Mann Henry einfach immer wieder unbewusst in den Schatten. Er hatte nicht den blassesten Schimmer davon, interessierte sich auch nicht dafür. Ohne ihr Wissen wäre er nur allzu oft in ein Fettnäpfchen getreten. Solche, aus denen er nicht so leicht wieder hätte herausfinden können. Nicht, dass die Leute in Russland viel andersartiger wären, als die in der ganzen Welt. Aber gewisse Gegensätze in der Mentalität und ihren Angewohnheiten gibt es sehr wohl.

Doch sie gewöhnte sich sehr rasch an all diese neuen Umgangsformen. Beispielsweise die Höflichkeitsformen in der Anrede und der Begrüßung, die ein wenig mit den europäischen Regeln einhergehen, mit Verlaub einer Ausnahme: Frauen wird in Russland üblicherweise nicht die Hand gereicht. Etwas, worauf sich Catherine schon damals gern einließ, denn ihrer Meinung nach braucht es keine männliche Hand in ihrer eigenen, wenn sie Eindruck machen möchte. Ein höflicher einladender Blick, ein Kopfnicken reicht völlig aus.

Es ist dieser gewisse Stolz, der in russischen Seelen schlummert, der ihr besonders gut gefällt und mit dem sie immer noch konform geht. Außerdem ist es lebensnotwendig, jemanden zu kennen, der Verbindungen hat. Geschäftliche Beziehungen leben davon. Auch Henry musste erst lernen, dass die Bereitwilligkeit, jemandem einen Gefallen zu gewähren oder um einen zu bitten, weitaus höher ist als in Westeuropa. Eine geschäftliche Beziehung lebt vom Erfolg seiner persönlichen Kontakte. Ausgeprägter als in Westeuropa ist die Akzeptanz von Macht. Hierzulande wird eine Amtsperson, wie Henry eine ist, respektiert, ganz gleich wie rüde oder schikanös sein Umgangston ist. Für alle in der Botschaft war er der Natschalnik, der Chef, der selbst unwichtige Entscheidungen traf, und zwar ausnahmslos. Eine Unart, die er oftmals nach Hause trug und mit der Catherine nie wirklich leben konnte. Immer mehr wurde ihr bewusst, dass sie bei ihrer Partnerwahl wohl einen wichtigen Aspekt übersah: dass er grundsätzlich ein Arschloch ist.

Seine Liaisons, die er heimlich pflegte, wurden immer augenscheinlicher. Anfangs passte er auf, leerte seine Anzugtaschen von zugesteckten Liebesbriefen oder entfernte Frauenhaare von seinem Hemd. Später war es ihm egal, ob sie etwas davon bemerkte. Er ist wohl der Überzeugung, dass es ihm zusteht, sich ein Betthäschen neben ihr zu halten. Wahrscheinlich glaubt er, dass sie einfach wegsieht, wenn er sich seinem sexuellen Vergnügen hingibt. Eine Zeit lang traf das auch sicher zu. Oftmals starrte sie nachts mehrere Stunden Löcher in die Decke, malte sich die düstersten Zukunftsvisionen aus und überlegte sich, ob sie sich morgens statt einem starken Tee einen Wodka hinter die Binde gießen soll. Doch zumeist kommt sowieso alles anders, als man denkt, und irgendwann platzte ihr dann unverhofft der Kragen. Je mehr er sich von ihr entfernte, desto selbstbewusster und kämpferischer wurde sie.

Catherine weiß heute jedenfalls genau, was sie will. Für ihr Empfinden hat sie einen Mann verdient, der sie auf Händen trägt und sie nicht nach Strich und Faden betrügt, wie es ihm beliebt. Als Botschaftsgattin lernte sie, im Laufe der Zeit eine aparte Persönlichkeit zu sein. Trotz ihrer achtundvierzig Jahre sieht sie immer noch perfekt aus. Doch vor allem hat sie eines aufzuweisen: Intelligenz. Etwas, womit so manch liederliches Weibsstück hier in Russland nicht gerade punkten kann und wovon Henry glaubte, sie würde sie auch niemals dafür einsetzen, um sich von ihm zu trennen.

Des Weiteren konnte sie seinem Hang zur übertriebenen Emotionalität, der Dramatisierung, wenn sie sich mal nicht so benahm, wie er sich das vorstellte, nie etwas abgewinnen. Eigenschaften, die er sich von russischen Landsleuten schnell abschaute, weil er sich davon Vorteile erhoffte. Die Schwarzmalerei, was ihre Trennung von ihm betrifft, interessiert sie jedenfalls nur peripher. Erstens ist es ihr egal, was russische Freunde ab nun von ihm denken und zweitens ist sie grundsätzlich ein sehr positiver Mensch, auch wenn man sich darüber nur wundern kann, wenn man weiß, unter welchen Umständen sie in England aufgewachsen ist.

Catherine lebt nach dem Grundsatz: die Hoffnung stirbt zuletzt. Wobei sie zugeben muss, dass bis jetzt immer ein Licht am Ende des Tunnels auf sie wartete. Für diese Lebensweise wird sie von ihren russischen Freundinnen sehr bewundert. Für die Tugenden Pünktlichkeit, sowie für ihr generelles Zeitverständnis und das Verständnis der Begriffe bald, gleich oder sofort, die in Russland oft Zeiten bis hin zu Monaten bedeuten können, erntet Catherine wertschätzende Blicke. Auch ihre Warmherzigkeit und ihre Gastfreundschaft gegenüber Henrys russischen Kollegen, auch wenn sie ohne Vorankündigung spät abends einfach bei ihnen anläuteten, in der Hand selbstverständlich einen Blumenstrauß – etwas, das in Russland durchaus üblich ist – blieb bis zum heutigen Tage in positiver Erinnerung.

Persönliche Kontakte, die Catherine hier in Russland noch brauchen wird, wenn sie hier allein überleben will. Weil sie aber eine umtriebige und aktive Frau ist, die seit eh und je bewies, dass sie notfalls auch allein zurechtkommt, wird sie ihr Leben auch ohne Henry meistern und so blickt sie in eine verheißungsvolle Zukunft, weil sie weiß, dass Henry sie in ihrer Entwicklung als emanzipierte Frau nicht mehr bremsen wird.

Mit diesem Gedanken lächelt sie noch ein letztes Mal in die Livekameras. Bald werden sich ihre Wege trennen. Für immer. Denn eins ist klar: In Zukunft will sie etwas erleben. Wenn möglich, einem Orkan von einem Mann begegnen, der sexuell über sie hinwegfegt und ihr obendrein die Welt zu Füßen legt. Bestenfalls, wie Olga schon oft vorgeschlagen hat, einen russischen Mann.

Natürlich wird jener auch nicht einfach so aus dem Hut gezaubert bei ihr anklopfen, das ist ihr schon bewusst, und ein Leben als geschiedene Frau, die keinen eigenen Verdienst hat, zu führen, wird auch nicht immer leicht werden. Aber zumindest kann sie mit einer Apanage von Henry rechnen und damit wird sie schon zurechtkommen. Catherine ist der Ansicht, wer aufhört zu träumen und sich nach etwas Neuem zu sehnen, stirbt jeden Tag ein bisschen, deshalb muss man seine Augen schließen und seinen Verstand öffnen. Jede nur so kleine Illusion ist ein neuer Antrieb, der im Innersten entspringt und einem Flügel wachsen lässt. Es widerfährt demjenigen Glück und Gutes, der dazu in der Lage ist, an sich selbst zu glauben, auch wenn es für andere wiederum ein gefürchtetes Schicksal bedeutet. Dann, wenn man es am wenigsten erwartet, tut sich das gesamte Universum zusammen und beschert demjenigen das, was er sich verdient hat. So nach dem Motto: Unverhofft kommt oft.

Die Pläne von Henry, sich unspektakulär scheiden zu lassen, ohne in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit zu erregen, wurden durch ein angebahntes Mordkomplott des Geheimdienstes durchkreuzt, bevor Henry sie in die Realität umsetzen konnte.

Wenige Wochen nach ihrer Trennung von Henry klopfte die Polizei bei Catherine an und überbrachte ihr die Nachricht von seinem plötzlichen Tod. Anfangs war sie geschockt. Solch eine schreckliche Fügung hätte sie sich für ihn nicht gewünscht. Immerhin war er der Vater ihrer beiden inzwischen erwachsenen Söhne. Doch in Russland sind Todesfälle unter mysteriösen Umständen keine Seltenheit, überhaupt dann nicht, wenn man sich eines unangenehmen Zeitgenossen entledigen möchte.

»Wir bedauern das unerwartete Ableben Ihres Gattens zutiefst. Unsere Gedanken sind bei Ihnen und Ihren beiden Söhnen.« Mit diesen Worten überreichte man ihr einen Brief aus dem Kreml. Möglicherweise war Henry in einen politischen Skandal verwickelt. Es kann aber auch sein, dass er es einfach für russische Verhältnisse zu bunt trieb. Russland verfolgt eben eine andere Art der Ideologie. Die Ehefrau und die Familie sind in Russland ein kostbares Gut. Eines, das Henry in den Augen der Russen möglicherweise mit Füßen getreten hat.

Brennende Sehnsucht

Ein Flirt lebt von der erotischen undsinnlichen Ausstrahlung einer Frau.Katy Kerry

Einige Monate später.

Obwohl Catherine von Henry nicht gerade auf Händen getragen wurde, brauchte sie eine Zeit lang, um seinen plötzlichen Tod zu verkraften. Olga war ihr hierbei eine große Unterstützung. Nicht, dass Olga der Tod Henrys leidtat – nein – vielmehr hatte sie Mitleid mit ihrer Freundin, die es galt, wiederaufzubauen und vor allem an den richtigen Mann zu bringen. Ein unermüdliches Bestreben, wobei sich Catherine manchmal schon wunderte, mit welchem Enthusiasmus sie dies vorantrieb. Dank ihr ist sie ihrem Schicksal, nämlich in Zukunft ein erfülltes Leben führen zu können, einen großen Schritt nähergekommen und sieht die ganze Sache mit einem gewissen Weitblick.

Mit dem Gedanken, dass sie diejenige ist, die entscheidet, welchen Weg des Lebens sie weitergehen wird, sitzt sie in ihrem Morgenmantel aus reiner Seide beim Frühstück in ihrem parkähnlichen Garten. Unterhalb einer Laube lässt sich auch ein kühler russischer Sommertag angenehm beginnen. Die weiß lackierte Gartenbank sowie ihr schmucker, dazu passender Tisch im gleichen Design glänzen im Sonnenlicht, während Catherine es sich darin gemütlich macht, die Nachrichten in der Prawda liest und zwischenzeitlich an ihrer Kaffeetasse nippt.

Catherine ist eine Schönheit. Ihr schimmerndes, rötliches, leicht gekräuseltes, schulterlanges Haar glänzt in der morgendlichen Sonne. Ihre grünen Augen treffen jeden Mann wie Blitze, so bezaubernd durchdringlich wirken sie. Dazu die graziöse feine Gestalt, die reinweiße Haut, die ihre blauen Adern zum Vorschein bringt, die trotz ihres Seidennegligés noch gut sichtbar sind. Sozusagen eine süße Qual. Eine Frau, die ihrem Liebhaber durch ihre Schönheit magische Schlingen um den Hals legt.

Genüsslich schmiegt sie ihre roten Lippen an die Kaffeetasse und nimmt einen Schluck. Unter durchaus interessanten Beiträgen russischer Unternehmen und ihrer Funktionäre, einem unbeeindruckten Moskau betreffend der EU-Sanktionen und der Inhaftierung eines russischen Oppositionellen geht sie die Todesanzeigen durch. Das gehört zum russischen Alltag. Mann oder Frau muss immer informiert sein. Neugierig studiert sie jede einzelne davon, erinnert sich an so manch einen Namen, schüttelt betroffen den Kopf und seufzt. Zwischendurch verschlingt sie ein Kaviarbrötchen nach dem anderen und überblättert diesen unangenehmen Teil, geht weiter zu den interessanteren Kontaktanzeigen, die sie immer wieder zwecks Belustigung ihres Seelenlebens benötigt. Dort angekommen liest sie:

»Ich frühstücke mit Lachsbrötchen, flirte mit dem Radio und spreche mit meiner Katze. Bevor ich bald ein Verhältnis mit der Couch eingehe, melde dich bitte bei mir. Vorausgesetzt du hast etwas zum Anfassen. 90 60 90, vollbusige Schönheit sucht dich.«

Oder eine weitere völlig unsinnig formulierte Kontaktanzeige:

»Wo ist der großzügige, vermögende Beamte, der mich, blond, schlank und sehr attraktiv, 29, in den Sexhimmel schickt? Habe Herz, Hirn und Verstand. Dauerhafte Beziehung, Heirat nicht ausgeschlossen, gesucht!«

Beim Anblick dieser Anzeige muss Catherine herzhaft lachen. Herz vielleicht, Hirn fraglich und Verstand, mit Sicherheit ausgenommen.

Jemand, der sie in den Sexhimmel schickt,wovon sie vielleicht in Russland nie wieder zurückkehren mag, denkt Catherine schmunzelnd und nimmt den letzten Schluck aus ihrer Kaffeetasse. Bevor sie ins Haus geht, gönnt sie sich noch die Anzeigen der männlichen, bindungswütigen Bewerber, bis ihr eine ganz bestimmte Annonce in die Augen sticht. Von welchem Wahnsinn ist dieser gute Mann geritten?

»In Demut bezeugender Künstler sucht attraktive, sehr gepflegte, mittelgroße Mittvierzigerin für gemeinsame kulturelle Abende. Sie sollten den Genuss kultureller Ergüsse im Blut haben, sich für klassische Musik begeistern, keine Scheu vor Kameras haben und sich gern in der Öffentlichkeit zeigen wollen. Wichtig: keine Abneigung gegen echte Pelze. Sex nicht ausgeschlossen, aber keine Bedingung. Escortservice wird übergebührend bezahlt.«

Darunter eine Chiffre Nummer.

In Demut bezeugender Künstler. Auch solche Menschen suchen also Beziehungen. Keine Abneigung gegen Pelze. In Russland trägt fast jede Frau im Winter einen Pelz und zumeist auch mehr davon. Handschuhe, Kappe, Schal, Stiefel. Betrachtet er denn Frauen in Pelzen so gern? Catherine schüttelt den Kopf. Dann muss sie nochmals lachen. Nämlich über die kulturellen Ergüsse im Blut. Wie die wohl aussehen möchten, gluckst sie vor sich hin und stellt sich diesen Unbekannten nackt, wie Gott ihn schuf, mit erigiertem Penis vor. Kulturelle Ergüsse! Was für ein genialer Ausdruck in Verbindung mit einer Kontaktanzeige. Noch dazu mit dieser. Da steckt wohl allerhand Potenz(ial) zwischen den Zeilen, wenn sie das mal richtig versteht.

Small Talk und Beziehungsgespräche, vielleicht eine bunte Mischung aus satirischem Sex inmitten von öffentlichen Kameras. Tja, warum nicht?Übergebührende Bezahlung inklusive? Ja doch – her mit dem masochistisch, gut betuchten Künstler! Bestimmt einer, der die Meinung einer attraktiven verwitweten Frau schätzt. Sie springt von Enthusiasmus getrieben hoch und eilt ins Haus. Unter ihrem Arm die Prawda mit der vielversprechenden Kontaktanzeige. Ein kleiner Zuverdienst kann nie schaden.

Diesem Künstler muss ich jetzt schreiben, beschließt sie und geht in ihre Bibliothek, wo sie sofort den Computer hochfährt. Aufgeregt setzt sie sich davor, noch immer im Morgenmantel, den sie nun abstreift, weil ihr vor Aufregung die Hitze ins Gesicht steigt. Es ist wie ein ganz normaler Job. Na ja, normal vielleicht nicht. Aber ein Job. Sex nicht ausgeschlossen, aber keine Bedingung, schrieb er. Also könnte sie sich noch immer zieren, mit ihm Sex zu haben, wenn sie das nicht will.

Ein wenig Aufwand, um den Auserwählten für sich zu gewinnen, ist schon nötig. Also schön bei der Wahrheit bleiben. Lügen bilden keinen guten Start. Nicht mit dem Alter mogeln, das kommt sonst irgendwann heraus. Eine Mittvierzigerin ist sie zwar nicht, aber drei Jahre können ja jetzt nicht so viel ausmachen. Ein Foto von ihr wird ihn schon überzeugen. Vielleicht sollte ich kreativ sein? Er ist Künstler, möglicherweise ein Musiker. Musiker sind zumeist sensible Menschen. Eine Kostprobe eines romantischen Gedichts eventuell? So merkt er gleich, dass sie seine Anzeige aufmerksam gelesen hat. Natürlich muss sie auch erwähnen, dass sie gern Pelze trägt, und zwar in jeder Art und Weise. Vielleicht erregt ihn das Tragen eines Pelzes. Wer weiß. Es ist auch wichtig, dass sie ihre Souveränität vor Kameras bezeugt. Sie könnte ja erwähnen, dass ihr dies nicht fremd ist. So zeigt sie auf, wo ihre Gemeinsamkeiten liegen.

Wie sie nun dasitzt und darauf wartet, dass der Computer bedient werden kann, bemerkt sie, dass ihr Puls höherschlägt. Sie spürt, wie ihr Herzschlag schneller wird. Warum bin ich bloß so aufgeregt?Wieso hege ich so plötzliches Interesse für diesen unbekannten Mann? Vielleicht deswegen, weil sie noch nie auf eine Kontaktanzeige geantwortet hat?

Inzwischen ist das Gerät hochgefahren. Sie muss lachen, denn seines wird ebenfalls hochfahren wie eine Rakete, wenn er erst ihre Antwort liest. Jedenfalls ist sie zu jeder Schandtat bereit. Ihre Hände zittern, als sie die Chiffre Nummer in der richtigen Rubrik eingibt. So etwas Verrücktes. Sie lächelt in sich hinein. Aber es macht Spaß. Es bringt auch ihre Hormone noch durcheinander und ihren Körper in Wallung. Doch was ist, wenn der Auserwählte tatsächlich antwortet? Hat sie dann auch den Mut, ihn zu treffen? Möglicherweise schreibt er ihr, dass er sie bald kennenlernen möchte. Es könnte aber auch sein, dass er ihr gar nicht antwortet, weil er ihre Zeilen nicht ansprechend genug findet. Schließlich werden sich auf diese Annonce zig Frauen melden. Schon allein wegen des überbezahlten Jobs. Gibt es denn einen Geheimtipp für die beste Antwort auf eine Kontaktanzeige? Klar, die beste Antwort ist natürlich die, die erfolgreich ist und worauf er sich letztendlich meldet. Also beginnt sie unter der Einhaltung russischer Umgangsformen zu schreiben:

»Mein geheimnisumwitterter Dichter!

Mit Ihren auserwählten Worten haben Sie mein Interesse geweckt, die heitere Sinnlichkeit und blühende Leidenschaft in mir zum Erwachen gebracht. Ja, ich hege großes Interesse an Kunst, Kultur und auch an klassischer Musik. Scheu vor Kameras und der Öffentlichkeit ist mir fremd, damit bin ich vertraut. Auch Pelzen bin ich ganz und gar nicht abgeneigt. Ich mag das sinnliche, weiche und warme Gefühl auf meiner Haut. Ein Pelz erfüllt unglaublich viele Fantasien. Haben Sie auch schon einmal davon geträumt, vor einem lodernden Feuer im Kamin auf einem flauschigen Lammfell zu sitzen, und zwar eng umschlungen? Wenn ja, dann freue ich mich über eine Rückmeldung.

Katharina schickt ihrem pelzbegeisterten Künstler edle Grüße!«

Mit diesem Schlusssatz möchte sie Eindruck schinden, ihn für sich gewinnen und beendet somit ihren Brief an den von Demut bezeugenden Künstler, drückt auf Senden und schickt ihn, in der Hoffnung, bald eine Antwort von ihm zu bekommen, ab. Wider Erwarten kommt seine Antwort schneller als gedacht. Sie nimmt eine genauso lange Zeit in Anspruch, wie Catherine sie für ihre morgendliche Toilette benötigt. Ein Blick auf den Bildschirm verrät ihr, dass eine Nachricht eingetroffen ist. Voller Vorfreude klickt sie auf ihr Postfach. Sie liest und bemerkt, wie sie die ganze Zeit über lächelt, weil sie ihr Gegenüber äußerst sympathisch findet.

»Liebste Katharina!

Ich habe mich unendlich darüber gefreut, von Ihnen zu lesen. Auch Ihre Worte haben in mir die Neugierde geweckt, Sie näher kennenlernen zu wollen. Oh ja, ich teile ihre Träume und Fantasien. Auch mein größter Wunsch ist es, auf einem flauschigen Lammfell oder noch besser auf einem Wolfsfell zu sitzen, ein knisterndes Feuer im Kamin. Sie vor mir, als meine Göttin, die mir die Leidenschaft entlockt, während uns Klavierklänge begleiten. Nennen Sie mich einen Tor, aber ich liebe Pelze über alles. Sie ziehen mich an. Werden auch Sie davon angezogen? Ich wäre entzückt, könnten wir uns darüber näher austauschen. Vielleicht bei einem klassischen Konzert und anschließendem Abendessen? Selbstverständlich werde ich Sie für Ihren Zeitaufwand entschädigen, und zwar in jeder Hinsicht. Was sagen Sie zu meinem Angebot?

Ihr ergebener Sergej«

Catherine fühlt sich von seinem Charisma förmlich angezogen. Sergej strahlt etwas ganz Besonderes aus. Er hat die Gabe, klar zu denken und sich auch deutlich zu äußern. Er ist überaus freundlich im Umgang mit ihr, stellt aber auch hohe Ansprüche, von denen sie allerdings glaubt, sie erfüllen zu können. Dieser Mensch ruht in sich und verfügt über einen tiefen Glauben an sich selbst. Allein seine Präsenz hier in ihrer Mailbox ist bereits beeindruckend. Schon an seinem Inserat erkannte sie, dass er nicht wie andere gewöhnliche Menschen ist.

Er wirkt authentisch und offen, geht mit einer Begeisterung und Leidenschaft an die Sache heran und so schreiben die beiden hin und her. Schon bald beschließen sie, die Telefonnummern auszutauschen und auf WhatsApp zu wechseln, um sich gegenseitig Fotos schicken zu können. Sergej entpuppt sich als äußerst attraktiver Mann. Irgendwie kommt er ihr bekannt vor. Aber sie kann ihn nicht einordnen. Ob ich ihn vielleicht bei einem Bankett schon mal gesehen habe? Kaum vorstellbar, dass er sich über eine Kontaktanzeige eine Begleitung suchen muss. Ihr Blick fällt sofort auf seine Augen. Groß und dunkelbraun strahlen sie ihr entgegen. Auf dem Foto macht er einen sonnigen Eindruck. Ein paar Lachfältchen rund um die Augenpartie verraten seinen Schalk. Sein rötlich schimmerndes Haar, das ziemlich dicht ist, trägt er zu einem Bürstenhaarschnitt. Die markanten Augenbrauen passen wunderbar zu diesen mysteriösen Augen. Eine eklatante Kummerfalte zwischen ihnen weist darauf hin, dass er ein sehr nachdenklicher Mensch ist. Der Dreitagebart steht ihm ausgezeichnet und bei den Lippen handelt es sich um einen ausgesprochenen Kussmund. Kurz: ein sympathisch wirkender Mittvierziger, mit dem sie sich ein paar entspannte Stunden im Konzertsaal durchaus vorstellen kann. Vielleicht sogar etwas mehr.

Auch seine Reaktion bezüglich ihres Fotos löst bei Catherine ein Dauerlächeln aus. Fast schon poetisch drückt er sich aus: Sehr hübsch, ist das erste Echo, das sie erreicht, obwohl sie ihm nur ein Selfie geschickt hat, das sie rasch in der Bibliothek aufgenommen hat. Ihr Gesicht wirke auf ihn so zart, lieblich und reizend. Ihre Augen verzaubern ihn, vermitteln ihm dennoch den Eindruck einer starken Persönlichkeit. Er vergleicht sie mit der Ouvertüre 1812 von Tschaikowsky, sinnlich und trotzdem heroisch.

Catherine ist erstaunt. Noch nie hat ein Mann ihre Augen mit der Ouvertüre von Tschaikowsky verglichen. Eindeutig Musiker. Pianist vielleicht, weil ihm Tschaikowsky so leicht über die Lippen kommt? Umso mehr rückt er in ihr Interessenfeld.

Schon bald wird einiges klarer. Den ganzen Vormittag lang unterhalten sie sich über ihre Vorlieben, seinen Beruf als Pianist und ihre gemeinsamen Interessen. Der Gesprächsstoff geht ihnen dabei nicht aus und am Ende willigt sie in ein baldiges Treffen ein. Sergej schlägt die Parkanlage des Schlosses von Pawlowsk als Treffpunkt vor. Sie liegt nur ungefähr dreißig Kilometer von den Toren St. Petersburgs entfernt.

Einerseits ist Catherine aufgeregt, weil sie schon seit mehr als fünfundzwanzig Jahren kein Date mehr hatte. Andererseits blüht sie auf, weil sie erkennt, dass auch sie mit ihren achtundvierzig Jahren für die Männerwelt noch interessant ist.

***