Die Glasbläserin | Erotischer Roman - Katy Kerry - E-Book

Die Glasbläserin | Erotischer Roman E-Book

Katy Kerry

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Beschreibung

Dieses E-Book entspricht 180 Taschenbuchseiten ... Als Amélies Vater verunglückt, beauftragt der Erzbischof sie, die bunte Glasrosette der Kathedrale von Lyon fertigzustellen. Gegen alle Regeln der Glasbläserzunft nimmt sie den Auftrag an. Als Mann verkleidet und unter dem Schutz des Erzbischofs vollendet sie nicht nur ein Meisterwerk, sondern führt den Gottesmann auch in ihre Liebeskunst ein, denn Amélie beherrscht nicht nur die Kunst der Glasbläserei. Der Erzbischof ist hingerissen von der schönen, begabten und heißen Frau. Wird er standhaft bleiben oder sich der Sünde hingeben? Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.

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Seitenzahl: 259

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Impressum:

Die Glasbläserin | Erotischer Roman

von Katy Kerry

 

Katy Kerry ist das Pseudonym einer erfolgreichen Erotikautorin. Seit gut zwei Jahren begeistern ihre erotischen SM- und Fetisch-Romane, aus dem Leben ihrer dominanten Ader gegriffen, unzählige Leser. Geschickt webt sie eigene Erfahrungen und Fantasien in spannende und sinnliche Geschichten voller prickelnder Erotik und Leidenschaft ein. Katy ist verheiratet, hat zwei Kinder im Teenageralter und steht obendrein als Sozialarbeiterin voll im Beruf. Als ganz private Domina sammelt sie immer wieder interessante Erfahrungen, die sie dann in ihre Romane einfließen lässt. Sie liebt es, ihre Fantasie zu beflügeln, und ist ständig auf der Suche nach etwas Neuem.In Katys Büchern stecken packende, geheimnisvolle und niveauvolle erotische Geschichten, manchmal sogar ein Thriller. Einmal eingetaucht, kann man sie kaum mehr aus der Hand legen.

 

Lektorat: A. K. Frank

 

 

Originalausgabe

© 2023 by blue panther books, Hamburg

 

All rights reserved

 

Cover: © staras @ 123RF.com © siempreverde22 @ 123RF.com

Umschlaggestaltung: MT Design

 

ISBN 9783966412339

www.blue-panther-books.de

Der Wille zur Entgleisung

In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst. Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen.Augustinus Aurelius

Spätherbst, Lyon, anno 1682 – eine Epoche zwischen Lust und Last

Das Volk in Frankreich lebt in Armut, Elend, Hunger und mit den damit einhergehenden Krankheiten. Eine Epoche, in der nicht nur Missernten und Hungersnöte herrschen, sondern die auch für verbitterte und finster gestimmte Herzen steht, in denen es kaum Raum für Nächstenliebe oder Barmherzigkeit gibt.

Im ganzen Land kommt es zu Massenprozessen und grausamen Hinrichtungen. Die Berichterstattungen dazu verbreiten sich wie ein Lauffeuer und zeugen von Chaos, der Gewalt und der großen Angst vor dem Teufel, der die Menschen zu grausamen Taten treibt um sie durch Unwahrheiten hinter vorgehaltener Hand zu denunzieren. Schon eine einfache Antipathie oder eine geringfügige Nachbarschaftsstreitigkeit reicht für solch eine Verleumdung aus, was für manch eine angebliche Hexe schnell auf dem Scheiterhaufen endet.

Noch ist sie nicht vorbei, die Zeit, wo Frauen für Unwetter, sinkende Schiffe, Hunger, Mord und Totschlag verantwortlich gemacht werden und sogar als Huren des Teufels bezeichnet werden.

Der Sonnenkönig schert sich merklich wenig um sein Volk, schart die Kleriker und Adeligen unter dem Vorwand feuchtfröhlicher Champagnerabende im Schloss Versailles um sich, feiert, tanzt und frönt einem neuen Lebensstil, derweil sein Volk verhungert.

Wie durch ein Wunder bleibt das gläubige Lyon unter dem mächtigen Einfluss des Erzbischofs und Gouverneurs Claude Vimy im späten 17. Jahrhundert davon weitgehend verschont.

Während der Sonnenkönig in seinen seidenen Schuhen über Marmorböden tanzte, versanken die Straßen Lyons bis vor Kurzem bei Regen in wahren Schlammströmen. Dies führte so weit, dass Vimy die Wege auf Kosten der Kirche trockenlegen ließ. Lyon soll erblühen und nicht im stinkenden Morast versickern. Die Stadt ist auf dem besten Weg, ein aufstrebendes Handelszentrum zu werden.

Den Fluch der Hexenverfolgung und das Chaos, die den Fortschritt nur bremsen würden, weiß der Kleriker mit Verstand zu verhindern. Etwas, wogegen er mit all seinem Einfluss ankämpft. Vom Verhör im Beichtstuhl, Androhung von Höllenqualen bei verweigerter Buße oder gar körperlicher Schändung hält der Erzbischof nichts. Der Wohlstand Lyons darf nicht im wahrsten Sinne des Wortes am seidenen Faden hängen.

Zu dieser Zeit arbeiten Tausende Menschen in den Seidenmanufakturen, die ganz Frankreich, einschließlich des französischen Hofes mit den kostbaren Stoffen beliefern. Fortan klingeln die Kassen der Stadt, etwas, das den Gouverneur und Grafen Vimy und letztendlich auch den König in Hochstimmung versetzt.

Als der Platz im Viertel der Seidenweber knapp wird, lässt er Traboules bauen, jene engen, überdachten Passagen und Treppen, die von Straße zu Straße führen und den Arbeitern erlauben, ihre wertvollen Stoffe geschützt vor Wind und Wetter zu transportieren.

Der Gottesmann, dessen Sitz die Kathedrale von Lyon an der Saône ist, hält zu dieser Zeit alle Fäden der Kommerzialisierung der Seidenstadt in der Hand. Doch nicht nur die. Seine Geschäftsverbindungen reichen bis nach Biot, wo gerade das Handwerk der Töpferei und der Glasbläserei erblüht, welche obendrein infolge seiner Gunstbezeugung enorme Früchte tragen.

Es ist kaum zu glauben, aber der Kleriker ist nicht nur für den Fortschritt des zu begrüßenden Merkantilismus verantwortlich, sondern auch für den Ausbau der Handelsbeziehungen.

Lyon erlebt also dank des Fleißes der Seidenfabrikanten und der Spitzfindigkeit, sowie des Verstandes des weltlich aufgeschlossenen Erzbischofs einen neuen Aufschwung, steigt zur zweitgrößten Stadt des Königreichs auf und wird bedeutendster Handelsplatz mit einem selbstbewussten und in Wohlstand lebenden Bürgertum.

Eine erfolgreiche Stadt benötigt aber eine prunkvolle Kathedrale, die sie ohne jeden Zweifel auch hat.

Dazu gehört ebenso eine astronomische Uhr: Sie stammt nämlich aus dem 14. Jahrhundert und wurde seitdem mehrmals überarbeitet. Nicht nur, dass sie das aktuelle Datum zeigt, nein, auch die Positionen des Mondes, der Sonne, der Erde und die Uhrzeit des Sternenaufgangs über Lyon kündigt sie an. Bemerkenswert ist ihre Exaktheit. Noch bemerkenswerter ist diese Uhr, wenn man bedenkt, dass sie zu einer Zeit konstruiert wurde, als die Menschen noch fest daran glaubten, dass die Sonne sich um die Erde drehe.

Weil sich der weltlich angehauchte Erzbischof selbst mit der Wissenschaft befasst, ist es nur legitim, dass solch eine wertvolle Uhr in seiner Kathedrale jede Stunde seines wertvollen Lebens anschlägt.

Mehrmals täglich spielt ein Glockenspiel und Figuren stellen die biblische Szene dar, in der die Jungfrau Maria vom Erzengel Gabriel die Botschaft des Herrn empfängt. Welch ein wunderschönes Zeitzeugnis, denkt er, als er so vor ihr steht und sie betrachtet.

Wenn da nicht noch die unvollendete Glasrosette des Querschiffes wäre, grübelt er seufzend. Sie wurde bisher noch nicht fertiggestellt, da der Glasmacher beim Sturz vom Gerüst vor mehr als zwei Jahren ums Leben kam. Allerdings war er der Einzige seines Handwerks, dem es gelungen wäre, dem Glasfenster seine Ursprünglichkeit, jedoch durch eine andere und weitaus avantgardistischere Machart zurückzugeben.

Für die Wiederherstellung des in blau-violetten Tönen gehaltenen Glases, wohingegen in den nach Süden zeigenden Fenstern kühlere Töne dominieren, um die stärkere Sonneneinstrahlung auszugleichen, bedarf es eines wahren Künstlers oder einer Künstlerin. Dabei denkt er an jemand Bestimmtes. Bedauerlicherweise weiß er auch, dass es einer Frau verboten ist, dieses Handwerk auszuführen.

Nach reiflicher Überlegung, schließlich gibt es trotzdem keinen Besseren, entschließt er sich kurzerhand, die Tochter des verstorbenen Glasbläsers holen zu lassen.

Seine unsägliche Abwägung lässt ihn zu dem Entschluss kommen, dass er sie und niemanden sonst mit der Fertigstellung des bedeutsamen Glasfensters beauftragen will, weil er weiß, dass sie das Handwerk beherrscht, da sie dem Vater schon seinerzeit bei der Arbeit der Fensterrose in der Kathedrale zur Hand ging.

Mit einer Nachricht, in der er seine Bitte, sie möge sich möglichst bald in Lyon einfinden, formuliert, schickt er einen Gesandten los.

Obwohl sie mit Sicherheit weiß, dass sie sich mit der zu erledigenden Mission den Zorn der Glasbläserzunft einhandeln wird, weil der Berufsstand es einer Frau verbietet, Glas zu blasen und in weiterer Folge zu verarbeiten, bringt sie es offenbar nicht übers Herz, die Bitte des Gottesmannes trotz allen Regeln der Gilde auszuschlagen.

Viele Tage später, wobei er ihre Ankunft schon ersehnte, trifft sie zu abendlicher Stunde mit einer Karosse, einem bequemen Wagen, welcher in starken Lederriemen hängt und von zwei Rossen gezogen wird, in Lyon ein. Zumindest scheint sie es in Betracht zu ziehen, die Glasrosette fertigzustellen. Möglicherweise ist es ihr auch eine Herzensangelegenheit, das begonnene Werk ihres Vaters zu vollenden.

Als er die Karosse vorfahren hört, denn die Achsen quietschen wegen der langen Reise entsetzlich, kann er es kaum erwarten, nach draußen zu kommen. Neugierigen Blickes empfängt er sie.

Die Karosse, die er ihr geschickt hat, ist ein vornehmer Wagen, dessen Inneres mit Samt ausgeschlagen ist. Jede Türe ist mit geschliffenen venezianischen Spiegelgläsern versehen. Erheblich kleiner als die hinteren erscheinen die vorderen Speichenräder, wobei die in der Mitte angebrachte Deichsel die Bespannung zweier Rösser gestattet.

Der Wagen bleibt stehen. Unruhig ziehen die Pferde an den Zügeln, schnauben, während sie von einem Huf auf den anderen treten. Der Kutscher beruhigt das Gespann.

Fieberhaft öffnet der Erzbischof die Tür des Wagens, worin er die Glasbläsertochter vermutet, die auch sogleich mit einem freundlichen Lächeln in Erscheinung tritt.

»Eure Exzellenz«, begrüßt sie ihn demütig, jedoch mit himmlischer Stimme, wie er schon lange keine mehr dieser Art gehört hat. Fast wie das Zwitschern eines Vögelchens klingt das zarte Stimmchen. So fein und unsagbar fraulich.

Aus dem einstigen Mädchen ist eine überaus hübsche Frau geworden, wie er feststellt, als er in ihr liebreizendes Gesicht sieht. Er kann sich noch genau ihres Namens entsinnen: Amélie, was so viel wie die Tüchtige bedeutet.

»Ich heiße dich herzlich willkommen in Lyon, mein Kind. Ich hoffe, du hattest eine gefahrlose Fahrt«, sagt er sehr förmlich, seine Worte kommen aber von Herzen.

»Ich danke Eurer Exzellenz für die höfliche Nachfrage. Es war so weit alles in Ordnung«, berichtet sie, obwohl er annimmt, dass die Reise auf den unbefestigten Wegen gleichermaßen übel gewesen sein muss, denn bei schlechtem Wetter verwandeln sich diese zumeist in Schlammgräben. Etwas, das man an den mit Sand verklebten Speichen deutlich sehen kann.

Außerdem ist ein Reisender, noch dazu eine Frau, die so viele Tage unterwegs ist, oft einer Reihe von Gefahren ausgesetzt: wie beispielsweise Überfälle durch Räuber, plötzlich auftretenden Krankheiten, ungünstigen Wetterverhältnissen oder eben auch Verkehrswegen in bedeutend bescheidenem Zustand.

Als der Erzbischof seinen Gesandten losschickte, gab er ihm auch Edelmetallmünzen für die Glasbläsertochter mit, denn schließlich musste sie unterwegs Rast machen und etwas essen. Auch die Pferde mussten zwischenzeitlich ruhen, getränkt und gefüttert werden.

Erneut betrachtet er sie, kaum, dass er seinen Blick von ihr abwenden kann. Ihm gefällt, was er sieht, zumal die Züge noch immer dieselben sind wie früher, auch wenn sie nun erwachsen ist.

Kurz darauf steckt sie auch schon ihren neugierigen Kopf hervor, gleitet aus der Karosse wie ein Engel mit ihrem blond gelockten Haar, das sich unterhalb einer aus weißem Leinen genähten Haube versteckt, von dem er aber trotzdem genug erhaschen kann.

Im Mondschein kann er sie nun besser betrachten. Sie muss wohl ihr bestes Kleid angezogen haben.

Das tiefausgeschnittene spitzenbesetzte Mieder, an der weiße kurze Puffärmel angenäht sind, lässt ihr üppiges Dekolleté in voller Pracht erblühen. Darunter bemerkt er keine Spur von Leibwäsche. Aufwendige Kokarden, rosettenförmige Abzeichen, werden durch Goldfäden an den Schultern miteinander verbunden.

Eine weitere steckt seitwärts in ihrem goldschimmernden Haar, dessen Lockenpracht zu beiden Seiten des Kopfes zu einem Hurluberlu auftoupiert ist.

Über dem Kleid trägt sie ein Manteau, ein mantelartiges offenes Überkleid, das über dem Ausschnitt von einer Brosche gehalten wird.

Als sie ihren Rock anhebt, um auszusteigen, überrascht sie ihn mit dem Anblick ihrer weißen seidenen Zwickelstrümpfe mit Strumpfbändern, die ihre Unterschenkel bekleiden und an beiden Seiten des Beines einen Tuff bilden. Ihre wunderschön geformten Beine kann er darin nur erahnen. Die zarten Füßchen ebenso, denn jene stecken in gelbledernen Halbschuhen mit Schleifen, jedoch ohne Absatz. Es ist ein Beweis dafür, dass sie eben keine Adelige ist.

Nichtsdestotrotz würde man die Absätze ihrer Schuhe sowieso unter dem bodenlangen Kleid nicht sehen können, denkt er und verwirft den Standesgedanken gleich wieder. Ohne jeden Zweifel ist sie eine Schönheit, wie sie die Welt noch nie gesehen hat.

In dem Moment, wo sie aus der Karosse aussteigt, kommen ihre langen behandschuhten Arme zum Vorschein, die er überaus anziehend findet.

Sobald sie Boden unter ihren Füßen verspürt, fällt sie sofort vor ihm auf die Knie, erweist dem Geistlichen ihre Ehre und küsst den mit einem Rubinstein verzierten goldenen Ring, der am Zeigefinger seiner segnenden Hand als Zeichen seiner Heiligkeit, seiner Braut der Kirche, aber auch der Macht steckt.

»Ist schon gut, mein Kind«, sagt er in leisem Tonfall. »Du darfst aufstehen«, erklingt seine bewusst sanfte tiefe Stimme abermals, ohne jedoch respektlos zu wirken, wobei er einen Blick in ihre tiefblauen Augen wagt, weil sie ihren erlaubterweise hebt.

Was für eine bildhübsche Frau, geht es ihm durch den Kopf, während er sie betrachtet und ihre frauliche Gestalt ihm entgegen wächst.

Nun stehen sie sich gegenüber. Aug in Aug und gleichzeitig so nah, dass er den Duft ihres zierlichen Körpers vernehmen kann. Tief, aber kaum erkennbar atmet er ihr Odeur ein, das ihn verzaubert. Dabei stiehlt sich ein bewunderndes Lächeln auf sein Gesicht, das ihr eindeutig zu verstehen gibt, dass ihm gefällt, was er sieht.

Der beinahe aristokratisch auffallend weiße Teint, den sie bestimmt vor der Sonne schützt, die schmale Gesichtsform, die roten erotischen Lippen, sowie ihr augenscheinlicher winziger Leberfleck oberhalb davon sind eine Augenweide. Ihre Augen sprühen vor Feuer unheimlicher Lust und leidenschaftlichem Ehrgeiz.

Jeder Inquisitor würde sagen, ihre Mundwinkel verziehen sich zu einem boshaften Lächeln, das indessen von geistiger Überlegenheit und Arglist Zeugnis ablegt. In den Augen des Erzbischofs ist sie aber ein Abkömmling eines Engels mit Zügen unsagbarer Sinnlichkeit. Eine Frau, die ihrem unschuldigen Vergnügen nachhängt, nämlich dem des Glasblasens, und die dennoch seine Sinne schwinden lässt, wenn er sie noch länger betrachtet.

Allein der Neid findet in allem ein Haar, denkt der Gottesmann, weil er schon kommen sieht, was eintreffen könnte, wenn erst die Leute in Lyon herausfinden, wer die Glasrosette seiner Kathedrale renoviert. Nun ja, sie werden sich eben an seine Eigensinnigkeit gewöhnen müssen. Er selbst möchte nicht in einem Zeitalter der Vorurteile leben, das ein Nährboden für Urteile ist. Es ist ein dunkler Schatten des Menschseins, den es gilt, auszurotten.

Nur, allein Wohlstand lässt die Leute hoffen und auf andere Gedanken bringen. Eine Tatsache, zu der er sich bekennt.

Bis dahin sei aber Stillschweigen mein Freund, lächelt er im Gedanken daran in sich hinein. Möglicherweise zieht er auch einen weiteren persönlichen Nutzen daraus. Wer weiß.

Die Kirche wird es nicht sein, die ihm die Lust raubt, ihn traumatisiert, weil er seine Triebe unterdrücken muss. Nur eine einzige junge Konkubine, eine sogenannte Beischläferin, eine Buhle, ja ein Liebchen ist genau das, was er vermisst.

Denn eigentlich gilt doch derjenige, der sich nur mit einem dieser Lustweiber zufriedengibt, sogar ehrbar. Glücklicherweise ist er nicht Paulus, der randvoll mit sexuellen Komplexen beladene Apostel, der geblendet vom Pferd stürzte, weil Jesus meinte, er müsse ihn auf diese Art und Weise bekehren. Letztendlich trug er ihm auf, fortan die Menschen zu taufen, anstatt sie zu verfolgen.

All die erfolglosen Versuche am Zölibat festzuhalten, die grausamen Missbräuche der armen Kreaturen, die sich nach körperlicher Liebe sehnen, die unzähligen Liebestragödien, die häufig in Tod und Verderben enden, der aussichtslose Kampf gegen die Mutter Natur … Wofür? Nur weil ein unbeweibter Klerus die kommerziellen Geschäfte des Herrn sichert?

Klar ist ein Diener des Herrn, der kein Weib sein Eigen nennen kann, günstiger in der Erhaltung, als einer, dessen Weib unzählige Kinder auf die Welt bringt, deren Mäuler man dann auch noch stopfen muss. Obendrein ist er stets verfügbar.

Nicht zu vergessen, dass die Kirche von Beginn an von Männern regiert wird, die von ewiger Keuschheit getragen, immer mürrischer und sadistischer gegen Frauen auftritt. Doch welche Doppelmoral sich dahinter eigentlich verbirgt, fragt sich niemand.

Umsonst hat man den an Heuchelei kaum zu übertreffenden Hurenzins nicht die Krone aufgesetzt, als man ihn einführte, wenn er nichts einbringen würde. Jeder Priester, ob er nun keusch lebt oder nicht, muss ihn an den Erzbischof abführen.

Wer es mit einer Nonne treibt, muss kräftig zahlen und wer einen Bastard zeugt, ganz gleich, ob dieser überlebt oder nicht, noch mehr. Wohin das Bußgeld und die Kollekte wandern, ist doch nüchtern betrachtet ein klarer Fall: in die Lust des Dieners des Herrn.

Ob Frauen- oder Männerkloster, sie sind die Lasterhöhlen. Bischöfe halten sich ganze Harems, Kritiker leben gefährlich.

Für den nach biblischem Ermessen lebenden Klerus ist das Weib die Pforte des Teufels, nur zu leicht wird sie das Opfer dieses Satans und nicht, wie man allerorts glauben will, das des Dieners seines Herrn. Denn Weiber sind in den Augen der Kleriker fleischlich gesinnt und weitaus dümmer als jedes männliche Exemplar. Für einen Gottesmann bedeutet sie ausschließlich Verführung, Sünde und Gefahr.

Kommen sich Männer vom Weibsgesinde übertrumpft vor, so schreiten sie zur Tat. Vergewaltigen das Weib, das nun zum Opfer wird, auch wenn es in ihren Augen gerechtfertigt ist. Reißen ihr die Kleider vom Leib, rasieren sie am ganzen Körper, um angebliche Hexenmale erkennen zu können. Quälen sie mit Nadelstichen, weil sie die Schmerzunempfindlichkeit als Zeichen des diabolischen Bundes beweisen wollen, sodass sie gar nicht anders kann, als unter dieser qualvollen Folter, den Geschlechtsverkehr mit dem nach Aas stinkenden, ziegenfüßigen und mit zwei Schwänzen ausgestatteten Monster zu gestehen, den sie mit Sicherheit davor nur auf Zeichnungen gesehen hat, und dessen Penis sich angeblich kalt wie Eis und hart wie Stein angefühlt haben muss.

Die Kirche trägt viel dazu bei, dass dieses krankhafte Verhalten an den vielen Weibern begangen wird. Ungestraft und ohne Ethos vergeht man sich an diesen unschuldigen Opfern, vergewaltigt und verbrennt sie hinterher. Man redet sich ein, dass all das nur zur Wiederherstellung der gesellschaftlichen Ordnung geschieht.

Einzig und allein Maria ist ein sündloses Weib, die unbefleckte Jungfrau und Mutter Jesu. Jedes andere Weib hat nach Auffassung der Kirche keinen Wert. Weder dürfen sie in der Kirche singen, dafür hat man Kastraten, noch das geweihte Brot mit bloßen Händen empfangen.

Auch während der Menstruation und nach der Geburt eines Kindes ist es dem Weib nicht gestattet, die Kirche zu betreten und diese durch ihre Umstände zu entweihen. Aber ihr Ehemann darf sie züchtigen, sie peitschen und bis aufs Blut traktieren, bis es aus allen ihren Wunden fließt und sie wie tot zusammenbricht. Dafür aber muss sie ihn herzlich lieben.

Welch haarsträubende Theorie!

Er, Claude, will es doch sein, der sich nach Belieben von ihr züchtigen, sich geißeln lassen, sich ihrer Übermacht, ihrer Vorherrschaft unterwerfen und ihr Knecht sein möchte. Von ihr, der jungen Glasbläserin, die bestimmt nicht nur das Handwerk der Glasbläserei beherrscht, sondern seinen Schwanz bis zum Exzess seines Höhepunktes aufblasen kann.

Auch wenn der Papst sogar den Zungenkuss verbietet, er will auf jenen zu keiner Zeit der Welt verzichten.

Der einzig legitime Koitus soll die Missionarsstellung sein? Für Claude undenkbar.

Überall will er in sie dringen, von hinten und von vorn, von unten und von oben, ohne jede Ausnahme, ohne sich ein Verbot aufbürden zu lassen. Genauso wie er sich das Onanieren, das als Freveltat gilt und mit Peitschenhieben bestraft wird, nicht verbieten lässt, und wenn ihm, aller Androhungen hernach auf den Händen Haare wuchern würden, er würde es nie unterlassen wollen. Bis heute ist diese Androhung übrigens ausgeblieben.

Die Konkubine in spe Amélie, die er allein schon ihrer Schönheit wegen nahezu vergöttert, soll ihn mit einer Nagelgeißel kasteien, soll ihm die Bürde eines Schenkelriemens mit Vorhängeschloss verordnen, die bei einer spontanen Erektion einen Klingelalarm auslöste. All dieses voyeuristische Verhalten zeugt doch dafür, dass er sich nicht an die eisernen Regeln der Kirche halten will, dass er der Knecht einer Frau sein will, ganz egal, ob der Herr dies als schändlich bezeichnen würde oder nicht.

Sein Körper ist eine Dunggrube, ein Gefäß der Fäulnis, der ordentlich gequält werden muss. Eine Qual, die er auf jede erdenkliche Weise sucht, um am Ende eine schmerzliche Süße empfinden zu können. Der Schmerz hingegen soll einer intensiven Gotteserfahrung, ja einem Seelenheil gleichkommen.

Bei der Vorstellung, jene ertragen zu müssen, wächst in ihm ein sehnlicher und auch sinnlicher Wunsch, belohnt zu werden. Eine Anerkennung, eine Art Wiedergutmachung, wodurch Schmerz einen Sinn bekommt, und zwar einen Spirituellen.

Eine Qual, die nach Ansicht des Klerus die Rolle der Triebtötung übernehmen soll, doch genau das Gegenteil durchflutet den Erzbischof, wenn er an die Geißelung denkt: Das Empfinden von Schmerz aktiviert bei ihm unbändige Lust. So sehr, dass ihn der Gedanke allein daran schon erregt, er am liebsten hier und jetzt Hand anlegen will.

Oh ja, wenn er dem Irrsinn verfallen soll, dann will er den Verstand an die junge Glasbläsertochter verlieren, die seinen verdrängten Sexualtrieb gewiss als Ursache für sein Handeln wittert. Das sogenannte Ende der Versuchung ist dann die Eintrittskarte ins Himmelreich.

***

Während er seinen geheimen Gedanken nachhängt, betrachtet ihn Amélie, die Tochter des Glasbläsers mit großem Interesse.

Der Erzbischof, der auch das Amt des Grafen von Lyon innehat, ist bereits ein in die Jahre gekommener Mann, jedoch trotz alledem hat er sich ein jugendliches Aussehen bewahrt, wie sie feststellt. Eine durchaus aparte Persönlichkeit mit italienischem Einschlag, denn so viel sie von ihrem Vater, Gott hab ihn selig, gehört hat, wurde er in Rom in die Familie eines Marquis hineingeboren.

Als jüngster Sohn war der berufliche Werdegang von Anfang an klar: Er solle eine kirchliche Laufbahn einschlagen. Eine Entscheidung, die für die wenigsten die Beste ist, da dies kein freiwilliger Entschluss ist, da sie zur Berufung gezwungen werden.

Ob sein Gesichtsausdruck von Barmherzigkeit geprägt ist? Sie ist sich nicht sicher. Die Lachfältchen rund um seine Augen jedenfalls sprechen für seinen Witz und den Charme, den er ihr gegenüber in vollem Umfang versprüht.

Das dunkelbraune schulterlange gewellte Haar passt mustergültig zu seinem markanten, italienischen Aussehen.

Sein Haupt wird von einem schwarzen Scheitelkäppchen, das ausschließlich vor Gott abgenommen werden darf, bedeckt. Für sein fortgeschrittenes Alter lässt seine Stirn kaum Falten erkennen.

Fast ein wenig verrucht wirkt sein interessantes Gesicht durch den gezwirbelten Oberlippenbart und dem kleinen senkrechten Bartstreifen unter dem Kinn.

Seine anmutig wirkende Figur wird von einer knöchellangen bis nach unten durchgeknöpften und von engen Ärmeln versehenen olivgrünen Soutane umhüllt. Farblich dazu passend trägt er ein Zingulum, das wie ein Gürtel um seine Taille liegt und die darunter liegende Albe schürzt.

Da das Gewand bis zur Hüfte tailliert geschnitten ist, kann sie seine noch immer sehr drahtige Figur erahnen, trotzdem er darüber noch einen Umhang trägt. Worauf sie allerdings größtes Augenmerk legt, ist das weiße Kollar, ein ringförmiger, sehr breiter Kragen, der die Halskrause ersetzt und zu einem versteckten kragenlosen Hemd getragen wird, das seinen für sie gerade noch erkennbaren, sehr anziehenden Nacken schmückt.

Am Ende davon thront das an einer Kordel hängende unübersehbare Brustkreuz, das auf den Brauch, Reliquien von Märtyrern, um den Hals zu tragen, zurückgeht. Irrtümlicherweise wird das Kollar oft als Symbol zölibatären Lebens bezeichnet, richtigerweise ist es ein Zeichen der Zugehörigkeit zum Klerus.

Mit einem Wort: ein sehr interessanter Mann, auch wenn er ein Erzbischof ist, aber dafür ein Mann mit Werten, Einfluss und enormem Rang.

Bestimmt zittert alles unter seiner Autorität, sein Auftreten stellt selbst den König in den Schatten, den sie nur ein einziges Mal gesehen hat, als er von Truppen begleitet durch Paris ritt, wobei er ihr auf seinem Pferd sitzend schon ziemlich arrogant vorkam. Der Erzbischof jedoch scheint viel mehr Witz und Verstand zu haben, davon ist sie überzeugt, denn seine Klugheit lässt sich schon aus seinem Gesicht ablesen. Schon ihr Vater sagte, dass er Verhandlungen bevorzugt, als Zwänge auszusprechen. Auch zieht er immer wieder seinen Bruder, den Generalvikar zurate, wie ihr ihr Vater erzählte, was natürlich für ihn spricht.

Ebenso hält er es für unrichtig, gegen die reformierte Religion anzukämpfen, die in Lyon nicht einmal sehr verbreitet, aber für die Handelsbeziehungen der Stadt von enormer Wichtigkeit ist.

So viel sie weiß, ist er stets sowohl Ludwig XIV. und auch dem Papst – wie auch immer er diesen Spagat schafft – treu ergeben. Seine Privilegien ermöglichen es ihm, offensichtlich in Opulenz zu leben. Amélies Vater hat ihr einmal verraten, dass er auch nicht zögert, für seinen üppigen Lebensstil vom König mal zusätzliche Summen zu fordern, wenn er es für notwendig hält.

Während sie so in ihre Gedanken vertieft ist, bezahlt der von ihr angehimmelte Erzbischof den Kutscher für seine Dienste. Der zuvorkommende Gottesmann ist der Glasbläsertochter behilflich, indem er ihre Habseligkeiten, mit denen sie gekommen ist, die zum besseren Transport in einen Mantelsack eingeschlagen sind, aus dem mit Leder bezogenen hölzernen Kutschenkoffer holt und sie auf den steinernen Boden vor seinem Château abstellt.

Bald darauf ist der Kutscher fort und mit ihm auch die Zeit, die die junge Frau hauptsächlich lesend zubrachte, um die Reiselangeweile zu überdauern. Zurück bleiben zwei Menschen, die sich im Laufe der Zeit noch kennenlernen werden.

Die Freude auf den bevorstehenden Tag, welche Überraschungen er auch immer bringen mag, baumelt wie ein Leckerbissen vor ihrer Nase herum.

Auch er scheint über ihr Eintreffen sehr erbaut zu sein, denn er zeigt sich ihr gegenüber sehr offen, führt sie durch sein Château, wo er bereits die Grande Mademoiselle, die Cousine Ludwigs XIV. und auch den König selbst empfangen hat.

Im Übrigen erfährt sie, dass er für sie im nordöstlich gelegenen, eigens dafür vorgesehenen Eckpavillon, ein Schlafgemach einrichten ließ, das sie für die Zeit ihres Verbleibs bewohnen soll. Weil vermutlich der Schein gewahrt werden muss, ist sein Wohnbereich von dem ihren sichtlich und strikt abgetrennt. Etwas, dass sie wiederum nicht sehr zufriedenstellt, und sie seufzt bei seinen Ausführungen. Ein Seufzen, das er sofort bemerkt, jedoch verbal nicht darauf eingeht. Aber seine Blicke sprechen Bände.

Verweigern würde sie sich ihm jedenfalls nicht, da ist er sich sicher. Einem Gottesmann verweigert sich eine Frau grundsätzlich nicht, das käme einem Todesurteil gleich. Blutjunge, noch jungfräuliche Weiber werden bei Gottesmännern prinzipiell sehr geschätzt, weil sie sich nicht mit Geschlechtskrankheiten anstecken konnten. Ein Tuch des Schweigens wird über diese Art der Lust gelegt. So nach dem Motto: Niemand sieht etwas, niemand spricht darüber.

Ihre Gedanken daran verstummen im Nu. Verstohlen sieht sie den Erzbischof von der Seite her an, der ihren Blick sofort erwidert.

»Deine Bleibe ist ein geschichtsträchtiges Gemäuer«, sagt er mit einer tiefen Stimme, die wie Balsam auf ihre Seele wirkt. »Schon vor zweihundert Jahren existierte der Pavillon bereits. Auch der Turm darüber«, meint er, wobei er sie mit einem zweideutigen Lächeln belehnt.

Was meint er bloß damit? Amélie liebt Legenden, überhaupt dann, wenn sie mit verbotener Sexualität in Verbindung stehen, was hier zweifelsohne der Fall zu sein scheint.

Nichtsdestominder ist sie sehr neugierig, welche Geschichten es darüber zu erzählen gibt, und hört ihm ganz genau zu.

»Das Château erstreckt sich über drei Ebenen und einen Dachbodenbereich.« Beim letzten Wort schwenkt sein Blick wieder in ihre Richtung. Fast ein wenig frivol wirkt er, als er dieses Wort ausgesprochen hat. Trotzdem fährt er fort. »Die Westfassade verfügt über fünf Buchten, wobei die mittlere von einem Giebel überragt wird, der das Wappen meiner religiösen Funktion trägt.« Darauf scheint er richtig stolz zu sein.

»Das kleine Schlösschen ist sicherheitshalber von einem tiefen Wassergraben umgeben, den man über eine Zugbrücke überqueren kann, die zum Eingang des Gebäudes führt und notfalls hochgezogen werden kann. Grundsätzlich weiß man ja nie«, meint er und macht eine Anspielung auf etwaige Eindringlinge, die es in der Vergangenheit gewiss gab.

»Drei weitere Steinbrücken überspannen, wie du sehen kannst, den Wassergraben, sie führen aber nur in den Garten«, dringt seine sanfte Stimme weiterhin an ihr empfindliches Ohr.

Amélie ist verzaubert von dieser Pracht, aber auch von seinem Esprit, den er versprüht.

Der parkähnliche Garten mit seinen perfekt abgestimmten Farbkombinationen, den lauschigen Lauben mit überschwänglich blühenden Rosen, den Natursteinwegen, in deren Ritzen sich Glockenblumen ausbreiten und den alten knorrigen Bäumen, verströmt nicht nur einen intensiven Duft, sondern lässt in ihr Frühlingsgefühle aufkommen, sodass ihr von diesen Regungen beinahe schwindelig wird. Oder ist es doch die Nähe des Erzbischofs, die solche Empfindungen in mir auslöst?

Als sie so dahinschlendern, entdeckt sie ein steinernes Becken mit wuchtigen im Halbkreis errichteten Säulen. Zu einem höhlenförmigen Pavillon erbaut mit vielen Zeitzeugen in Form von Statuen und einer Brüstung beherbergt es eine Art Quellenheiligtum, ein sogenanntes Nymphäum.

Langsam kommen sie dem geweihten Brunnenhaus näher. Der Erzbischof taucht seine Hände in das kühle Nass. Beim Anblick derer wird ihr heiß, ihre Magengegend beginnt zu kribbeln. Diese starken Finger, sinniert sie. Bestimmt können sie weitaus kräftiger und viel besser in mich stoßen, als ich es beim Onanieren zu tun vermag. Bei dem Gedanken wird ihr leicht schwindelig, beinahe benommen kommt sie sich schon vor.

In dem Moment, wo er ihr Haupt mit seinen beiden vom heiligen Wasser geweihten Händen berührt, mit leisen Worten seinen Segen zum Ausdruck bringt, könnte sie von der Berührung und seiner erotisch klingenden Stimme ohnmächtig werden.

»In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti«, sagt er, worauf sie atemlos ein »Amen« zustande bringt. Anschließend erbittet er weiteren Segen Gottes für sie, murmelt jenen mit halbgeschlossenen Augen.

»Wir tragen das Kreuz Christi wie eine Krone. Deshalb zeichnen wir es voller Eifer, zum Sinnbild unserer Erlösung, der Güte unseres Herrn, sowie unserer gemeinsamen Befreiung auf die Stirn und aufs Herz. Es soll unseren Zorn dämpfen und unsere Leidenschaft besänftigen«, flüstert er, wobei sich seine Hände auf ihrem Haupt so weich anfühlen, während er sich dieser beflügelnden Worte bedient, dass Amélie erbebt, ja sich sogar erlaubt, kurz hochzusehen, um in seine von Sehnsucht erfüllten Augen zu blicken.

Das Bildnis ihrer jugendlichen Schönheit dürfte auch ihn zum Erzittern bringen, denn er atmet fortan deutlich hörbar, spricht dennoch unbeirrt weiter, während er sich in ihrem Antlitz vertieft.

»Worte der Zuversicht mögen zum Zwecke der Liebe und zur Befreiung deiner Seele über deine Lippen kommen. Tu dies mit ganzem Herzen und innigen Glaubens«, erwidert er ihren nach Lust lechzenden Blick. Verlangend, fast schon ein wenig besessen kommt er ihr vor, so als würde er in die verwundbarste Stelle hinabblicken wollen, um das zu sehen, was tief in ihr brodelt: Leidenschaft.

Wie wunderbar es doch wäre, würde er jetzt vor feuriger Liebe zu ihr entflammen.

Ohne jeden Zweifel schmachtet auch er danach, sie mit seinen Augen zu verzehren. Doch nicht nur das. Der Drang, die Stellen ihrer Üppigkeit mit seinen Lippen minutiös zu berühren, wird immer stärker, je länger sie hier so eng beieinanderstehen.

Allein dieser Gedanke lässt ihren Unterleib erneut in Flammen stehen. In seinem Blick gefangen, wünscht sie sich, seine Lippen berührten die ihren. Doch anstatt das leuchtende Zeugnis seiner Zuneigung zu empfangen, geleitet er sie über die hölzerne Zugbrücke auf direktem Weg in den Pavillon, wo sich auch ihre Schlafkammer befindet.

Das zauberhafte Lustschlösschen, dessen Fenster sich von freizügigen Statuen der Antike umzingelt zeigt, steht einer leidenschaftlichen Affäre ganz gewiss wohlwollend gegenüber, da es ein Liebesnest der besonderen Art darstellt. Auch die von einer steinernen Brüstung umgebene Galerie im obersten Stockwerk würde für Abkühlung sorgen, wenn sich die erhitzten Leiber infolge eines ausgiebigen Koitus nach Erfrischung sehnen sollten. Dort könnten die Erholungsuchenden ein Gläschen Wein genießen und noch ein wenig miteinander kokettieren.

Wie sie so in ihre Gedanken vertieft ist, öffnet der Erzbischof die Pforten zu ihrer zukünftigen Bleibe, wobei ihre beiden Taschen, in denen sich fast ihr gesamtes Hab und Gut, natürlich auch das Werkzeug ihres Vaters, befindet, bereits in der Vorhalle, vermutlich von einem Diener, abgestellt wurden.

Der Anblick, der sich ihr in diesem Moment bietet, ist einfach atemberaubend schön. Eine Marmortreppe führt auf das Plateau eines Halbstockes, wovon man über eine weitere Treppe in den ersten Stock gelangt. Sehr einladend sehen die steinernen Obstkörbe aus, die links und rechts auf einem Podest thronen.

Üppig große Gemälde, wohin das Auge reicht – sei es nun die von Engeln oder den Vorfahren der einstigen Bewohner dieses Schlösschens – zieren die weiß getünchten Wände. Überall sind ausreichend viele Kerzenhalter angebracht, die die Vorhalle genügend ausleuchten.

Amélie blickt nach oben. Durch die prächtige gläserne Kuppel würde tagsüber genügend Sonnenlicht eindringen, sodass sich der Raum auf natürlichem Wege erhellen kann. Ein Meisterwerk, wie sie feststellt.

Bei dem Gedanken daran lächelt sie in sich hinein, weil sie weiß, dass der Ruhm ihrem Vater zugeschrieben werden darf, da dieser der Kuppel die Krone aufgesetzt hat, indem er aus vielen kleinen einzelnen bunten Flachglasstücken ein überdimensionales Gemälde gefertigt hat, das die Geburt Christi zeigt.