Bundle: Bastard Millionaire - sanft berührt | Bastard Millionaire - hoffnungslos verfallen | Bastard Millionaire - sinnlich verführt - Michelle Summers - E-Book

Bundle: Bastard Millionaire - sanft berührt | Bastard Millionaire - hoffnungslos verfallen | Bastard Millionaire - sinnlich verführt E-Book

Michelle Summers

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Beschreibung

Unverschämt attraktive CEOs und prickelnde Begegnungen an den schönsten Orten der Welt. Drei Bände der »Bastard Millionaires« in einem! Bastard Millionaire – sanft berührt Als die schöne Lee von ihrem Ex-Verlobten und Hotelier Jack darum gebeten wird, für genau sieben Tage mit ihm zusammen ein glückliches Paar zu mimen, sagt sie spontan zu. Denn nur so kann Jack ein unglaublich wichtiges Geschäft mit dem schwerreichen Bennett Wilsaw abschließen, der hohe moralische Ansprüche an seine Geschäftspartner stellt. Doch als sich Lee und Bennett in dessen Villa in Genua begegnen, wirft der CEO alle Regeln über Bord – nie zuvor hat ihn eine Frau mehr fasziniert als Lee ... ∞ Bastard Millionaire – hoffnungslos verfallen Megan kann es nicht fassen, ausgerechnet ihr heißer One Night Stand Luca entpuppt sich als ihr neuer Boss. Dabei hat sie sich doch geschworen, nie wieder eine Affäre mit einem Vorgesetzten einzugehen! Wie soll das erst werden, wenn sie ihn auf eine Geschäftsreise nach Kambodscha begleiten muss ... Heiße Tage, noch heißere Nächte? Megan kann es sich nicht erlauben, ihren Job wegen ein paar sinnlicher Blicke aufs Spiel zu setzen. Außerdem kennt sie Männer wie Luca Wilsaw. Der schwerreiche Bastard spielt doch nur mit den Frauen, oder? ∞ Bastard Millionaire – sinnlich verführt Frisch vom College soll Physiotherapeutin Zoey eine Kollegin vertreten und deren Patienten übernehmen. Dazu gehört auch der schwerreiche CEO und Hotelmagnat Gabriel Wilsaw, der sich von den Folgen eines Unfalls erholt. Es bleibt nicht allein bei therapeutischen Massagen, denn schneller als es Zoey lieb ist, fühlt sie sich zu dem charismatischen Millionär hingezogen. Doch wie steht Gabriel zu ihr – und welche Rolle spielt seine Ex-Freundin Amanda noch in seinem Leben? 

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© Piper Verlag GmbH, München 2023

Dieses ebook enthält die Romane »Bastard Millionaire - sanft berührt«, »Bastard Millionaire - hoffnungslos verfallen« und »Bastard Millionaire - sinnlich verführt« von Michelle Summers

Redaktion: Theresa Schmidt-Dendorfer

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Originalcovergestaltung: FAVORITBUERO, München

Covermotive: Bilder unter Lizenzierung von Shutterstock.com genutzt

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Wir behalten uns eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.

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Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Bastard Millionaire - sinnlich verführt

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

Bastard Millionaire - hoffnungslos verfallen

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

Bastard Millionaire - sanft berührt

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

1. Kapitel

Lee

Worauf hatte ich mich nur eingelassen?

Ich warf einen verärgerten Blick zu Ella, die zwei Tische weiter vergnügt vor sich hin lächelte und immer wieder ihr »Nummernschild«, das ihr seitlich über die Brust geklebt worden war, glatt strich. Von diesem kleinen Tick abgesehen war sie die Ruhe in Person. Souverän wie immer. Ganz im Gegensatz zu mir.

Um ehrlich zu sein, bereute ich, dass ich überhaupt mit ihr nach Notting Hill gefahren war.

»Du wirst sehen, es wird dir guttun, endlich mal wieder rauszukommen. Andere Mütter haben auch schöne Söhne, oder?«, hatte sie gesagt. Und weiter: »Ein Jahr, Lee, ein Jahr bist du schon Single und hast dich keinen Zentimeter aus deinem Schneckenhaus gewagt. So kann’s nicht weitergehen.« Doch, meinetwegen ganz sicher. »Du musst ja nicht gleich heiraten.« Oh, vielen Dank, wie gnädig. »Du wirst mir noch dankbar sein, versprochen!« Ich war alles andere als dankbar!

»Außerdem wollte ich heute Abend weiter an dem Kleid für Lady Campbell arbeiten!«

»Irgendwann ist auch mal Feierabend, Lee!« Und dann hatte meine große Schwester mich vor sich her bugsiert und in ihr Auto verfrachtet. Manchmal hatte ich den Eindruck, Ella glaubte, für das Glück der ganzen Welt verantwortlich zu sein.

In ihren Augen war es ein unhaltbarer Zustand, dass wir beide Single waren! Eigentlich verstand ich nicht, warum die Männer Ella nicht die Tür einrannten. Sie sah blendend aus! Mit ihren knapp Einsachtzig wirkte sie jedoch womöglich ein wenig einschüchternd … Und so hatte sie auf dem üblichen Weg – anstarren und anquatschen – die Herren mit ihrer Zielstrebigkeit verschreckt, also hatte sie entschieden, etwas Neues auszuprobieren: Speeddating! Da waren sich wenigstens alle einig, was sie wollten.

Ernsthaft – ich hätte sofort das Weite suchen und mich nicht breitschlagen lassen sollen.

Nun saßen wir also hier, im Restaurant der bekannten Hotelkette Ariana, einer der nobelsten Adressen in ganz London, zwischen goldenen Kerzenständern und marmorierten Säulen. An den Wänden hingen wertvolle Gemälde von anno dazumal und von der Decke baumelten gleich mehrere Swarovski-Kronleuchter. Und wenn ich mich hier so umsah: Ein vornehmes Ambiente zog vornehmes Publikum an. Trug die eine Frau wirklich ein Abendkleid, echt jetzt? Ich fühlte mich absolut deplatziert.

Ich war nicht vornehm, sondern ein normales Mädchen aus einem von Londons kargen Randbezirken – und stolz darauf! Okay, vielleicht nicht ganz »normal«, aber definitiv nicht vornehm.

Und nicht nur das Ambiente, auch der Grund unseres Besuchs hier passte mir nicht: Denn eigentlich war ich zufrieden mit meinem Leben, wie es war. Ich hatte nach meiner Trennung von Jack keine Ambitionen meinen Beziehungsstatus zu verändern. Ich fühlte mich wohl. Zum ersten Mal so richtig frei. Irgendwie war ich seit der Schulzeit immer nur von einer Beziehung in die nächste gerutscht. Dieses eine Jahr nur mit mir selbst hatte mir gutgetan. Ich hatte das Gefühl, mich richtig kennengelernt, neue Vorlieben und Interessen entdeckt zu haben. Ich kochte gern Griechisch, entwarf eigene Mode, was ich mir früher nicht zugetraut hatte, denn das war immer das Revier meiner großen Schwester gewesen. Ich fühlte mich angekommen in meinem neuen Job. Vor Jahren noch hätte meine Schwester sich nie mit mir geschäftlich verbunden. Und jetzt arbeitete ich zuverlässig für sie. An meiner Entwicklung war also nichts Negatives.

Aber Ella sah das anders: ein Leben ohne Liebe, ohne Sex! Wie konnte ich das nur geschlagene zwölf Monate aushalten?

Hatte ich gar nicht. Gegen den einen oder anderen ONS war ich nicht immun gewesen. Ich war schließlich keine Nonne. Aber das musste meine große Schwester ja nicht wissen. Sie war in dieser Hinsicht ein wenig bieder.

Trotzdem hatte ich letztlich nachgegeben und war mit Ella hierhergekommen, aber nur, um meiner gluckenhaften Schwester zu beweisen, dass ich a) keine Spaßbremse war und es b) aktuell keinen Mann auf diesem Planeten gab, der mich nach nur fünf Minuten so beeindrucken konnte, dass ich ihn unbedingt wiedersehen wollte!

Gerade betraten die Herren den Raum und schauten sich um. Ich blickte neugierig zu ihnen. Die meisten wirkten auf mich eher langweilig. Und überraschend ähnlich, als wäre hier eine kleine Armee aus »Angriff der Klonkrieger« aufgefahren. Na schön, ein paar ansehnlichere Exemplare befanden sich auch unter ihnen. Hochgewachsen, in feinen Anzügen. Aber was sagte das schon aus? Mich reizte nicht allein eine prachtvolle Fassade, auch die Inneneinrichtung musste stimmen.

An den kleinen Tischchen saßen die Damen mit erwartungsvollen Blicken, alle in ihren schicken, engen Glitzerkleidchen, nur ich hatte eine legere Jeans an und ein Top mit Spaghettiträgern. Ich hatte weder Zeit gehabt, mich zurechtzumachen, da Ella spontan entschieden hatte, mich mitzunehmen. Noch hatte ich auf dieses Speed Date große Lust. Und schon gar nicht musste ich mich in Schale werfen, um ich selbst zu sein. Oder anderen zu gefallen.

Der Veranstalter erklärte die Regeln über sein Headset-Mikro. Fünf Minuten hatte man Zeit, sich kennenzulernen. Dann wurde der Gesprächspartner gewechselt. Schließlich trug man auf einer Karte die Nummer ein, die zu dem Mann gehörte, den man wiedersehen wollte. Für die Herren galt dieselbe Abfolge. Die gesammelten Lieblingsnummern trug man dann auf der Webseite des Veranstalters ein, dessen klangvoller Name Lovegood lautete. Fand der jeweilige Herr die Dame ebenso sympathisch, gab es eine Übereinstimmung und Lovegood würde eine Mail schicken.

Was danach geschah, blieb dem jeweiligen Paar überlassen! Faire Regeln für ein faires Spiel. Dazu gab es Wasser und Wein auf Kosten des Hauses.

Der Wein war das eigentliche Highlight für mich. Im Luxushotel Ariana wurden selbstredend keine Billigmarken, sondern nur Erlesenes serviert. Nicht, dass ich etwas von edlen Tropfen verstand, ich kannte mich viel besser in den Gefilden historischer Mode aus. Aber ohne Alkohol würde ich diesen Abend sicher nicht überstehen.

Diese Welt war mir genauso fremd wie das ganze Ambiente. Jack hingegen hätte wohl sehr genau gewusst, was man hier ausschenkte, weil er sich in der Welt der Reichen und Schönen ohnehin bewegte, als wäre er einer von ihnen. Noch so etwas, was ich seit einem Jahr nicht vermisste.

Er hatte mich damals durch alle möglichen und unmöglichen VIP-Läden geschleift, wo ich mich nie zu Hause gefühlt hatte, sondern mehr wie ein Fremdkörper.

Ich nahm einen kräftigen Schluck aus meinem edlen Weinglas, um meine trockene Kehle zu befeuchten. Entweder war ich aufgeregter als gedacht oder die Luft war einfach nur stickig. Zum Glück war mein Tisch gleich neben der Bar, so würde ich mir Nachschub holen können, wenn das Dating doch zu langweilig wurde.

»N’Abend«, sagte plötzlich jemand und setzte sich vor mich hin. Die Spiele hatten begonnen!

»N’Abend«, erwiderte ich und musterte mein Gegenüber eingängig, dem genau wie mir die Nummer 14 auf der Brust klebte, allerdings in blauer Schrift statt roter. Der Kerl sah nicht mal schlecht aus, das musste ich zugeben. Dunkelblondes Haar, braunes Jackett, Mitte dreißig, die Hand ständig in der Tolle, damit die Frisur richtig saß.

»Ich heiße Jeremy.« Er reichte mir die andere Hand, während er seine Frisur richtete.

»Lee.«

Kräftiger Händedruck. Gar nicht übel. Ich mochte große starke Männerhände, die richtig zupacken konnten. Vielleicht war es ja doch keine sooo schlechte Idee gewesen, mit Ella herzukommen.

»Lee? Wie Bruce Lee?« Er lachte plötzlich laut los, richtig hysterisch und so abrupt, dass ich unwillkürlich zusammen zuckte. Dabei klopfte er sich auf die Schenkel, dass es knallte. Die Illusion, einen doch recht interessanten Kerl erwischt zu haben, zerplatzte wie eine Seifenblase.

»Lee wie Leigh-Ann«, klärte ich ihn auf.

Aber er lachte immer weiter und immer schriller. Das Gekicher wurde nur von kurzen japsenden Atemstößen unterbrochen, die er wie ein Fisch an Land ausstieß. So etwas hatte ich noch nie erlebt.

Ein paar Leute guckten schon zu uns. Auch der Kerl im Anzug an der Bar linste rüber.

Wow! Also wirklich, wow! Für einen Moment vergaß ich mein hysterisches Gegenüber. Fand parallel noch ein James-Bond-Look-a-like-Wettbewerb statt? Oder wurde hier zufällig der nächste Blockbuster der Reihe gedreht? Der Typ sah einfach derart perfekt aus, als wäre er gerade einem Filmplakat entstiegen. Ich meine, solche Kerle sah man an jeder Ecke – auf Werbepostern oder in Katalogen. Aber wann lief einem solch ein makelloses Exemplar im Real Life über den Weg?

Normalerweise war das wirklich nicht meine Art, einen Unbekannten länger als die üblichen drei Sekunden anzusehen, aber so wie ihn stellte ich mir den perfekten Spion Ihrer Majestät vor. Schwarzes Haar, kurz, aber nicht zu kurz, schneidiges Jackett. Ein Lächeln lag in seinen Augen, während er das Brimborium um uns herum beobachtete. Eine Spur überheblich. Langweilte es ihn genauso so sehr wie mich?

Ich wünschte, ich hätte nicht an diesem mickrigen Tisch, sondern mit 007 an der Bar gesessen, denn um es ganz ehrlich zu sagen, er war der einzige Kerl, der irgendwie interessant wirkte. Kein »Klonkrieger«. Wenn er nicht James Bond war, dann sicher irgendwas zwischen Anakin Skywalker und Darth Vader.

Nicht nur wegen seines Aussehens, das wäre mir zu banal. Zugegeben, Männer mit einem leichten Dreitagebart, der kaum mehr als ein Schatten war, hatten etwas Mysteriöses an sich. Die leicht verwuschelten Haare, die nicht perfekt in Reih und Glied lagen, wie es bei meinem Date der Fall war, zeigten, dass ihm Aussehen nicht wichtig war. Obwohl er natürlich umwerfend aussah, ohne Frage! Er war einer jener Männer, die Aufmerksamkeit aufsogen wie ein schwarzes Loch. Ella nannte es: unbestechliches Charisma. Man hatte es oder man hatte es nicht.

Aber ich war nicht die Einzige, die Mr. Bond entdeckt hatte. Ein Vamp stand nur wenige Meter von ihm entfernt am Tresen und warf immer wieder ihre blonde Mähne über die Schulter, streckte die Hüfte zur Seite raus und poste ohne Pause. Wie einfallslos war das denn bitte? Klar, bei Männern mit einfachem Gemüt funktionierte das vielleicht.

Aber doch nicht bei James! Hoffte ich. Bitte, sei kein Idiot. Die Masche von Miss Platinblond ist doch mehr als lahm und völlig durchschaubar.

Jetzt verzog sie auch noch die Lippen zum Duckface. Aber Mr. Bond beachtete die Dame und ihre armseligen Versuche nicht, was mich erleichterte, ich hatte doch gewusst, der Junge war nicht auf den Kopf gefallen. Dann schaute er jedoch zu mir. Ja, wirklich. Der Mann mit den perfekten Proportionen, den gemeißelten Wangenknochen und den sexy schlanken Händen, die mir erst jetzt richtig auffielen, weil er gerade sein Glas auf dem Tresen abstellte, musterte mich ausdruckslos mit seinen stahlblauen Augen.

Ich hielt in dem Moment, in dem sich unsere Blicke trafen, den Atem an, denn ich fühlte mich ertappt, weil ich ihn immer noch wie eines der sieben Weltwunder anglotzte. Ich versuchte zu lächeln. Aber es misslang, als ich sein herablassendes Grinsen bemerkte, das ganz offensichtlich mir und meiner Situation galt.

Jeremy kaute mir nämlich immer noch ein Ohr ab. Machte sich das Bond-Double über mich lustig? Unwillkürlich grummelte es in meinem Bauch.

»Ich lache sehr gern«, sagte mein Date und riss mich aus meinen Gedanken. Jeremy war zwar noch immer nicht ganz bei Atem, es hinderte ihn aber nicht daran, mich zuzutexten. »Lachen hält einen jung und frisch! Ist außerdem gesund und …«

»Was Sie nicht sagen.« Verärgert wandte ich mich wieder ihm zu und beschloss, den arroganten Anzug-Schnösel zu ignorieren. Ich mochte es nicht, wenn sich jemand auf meine Kosten amüsierte. Klar, wer tat das schon? Außer vielleicht Masochisten … Ärgerlich, dass mir das selbstherrliche Gegrinse von Mr. Bond einen Stich in die Brust versetzt hatte. Ich kannte ihn schließlich gar nicht, er konnte mir egal sein. Völlig egal! Es wäre einfach nur nett gewesen, eine verbündete Seele in diesem Raum zu wissen, die diese ganze Aktion hier genauso albern wie ich fand. Schade, dass der Möchtegern-Bond mich offensichtlich als Teil dieses Affentheaters wahrnahm.

»Alle meinen immer zu mir, Jeremy, du solltest Comedian werden. Warten Sie mal, Lee, da fällt mir gerade ein Witz ein …«

»Ach, bitte nicht …« Ich würde Ella umbringen! Wenn wir hier fertig wären, lägen meine Hände schneller an ihrem Hals als sie bis drei zählen könnte. Ich mochte dafür einen kleinen Tritthocker brauchen, um an ihre Kehle zu gelangen, aber der würde sich schon finden.

Und als ich einen Blick zu ihr rüber warf, merkte ich, dass sie ihren Spaß hatte. Ganz im Gegensatz zu mir.

Wir waren wirklich wie Feuer und Wasser. Sie groß, ich klein. Sie erfolgreich im Geschäft mit ihrer eigenen Boutique, ich ihre Angestellte (aber immerhin). Mein Verdacht, dass ich in Wirklichkeit nur adoptiert war, erhärtete sich.

»Der ist wirklich gut, hören Sie mal, Lee: Glaubst du auch an Liebe auf den ersten Blick? Oder soll ich noch ein zweites Mal vorbeikommen?« Erneut prustete Jeremy los, als gäbe es für ihn kein Halten mehr.

Ich hatte nie zuvor einen Mann so hysterisch lachen hören. Am liebsten wäre ich im Boden versunken, besser noch: Ich hätte ihn versenkt. Vielleicht in einer frischen Betongrube hinter dem Hotel. Da half auch sein gutes Aussehen nicht weiter.

Ich rollte mit den Augen und überlegte ernsthaft, aufzustehen und mir noch einen Drink von der Bar zu holen, der Wein hier wurde definitiv nicht schnell genug nachgeschenkt. Aber an die Bar konnte ich nicht, denn dort saß der schadenfrohe Anzugfetischist und grinste immer noch – oder schon wieder – und, mir blieb fast das Herz stehen, prostete mir mit seinem Cognac kurz zu. Ja, wie witzig! Vollidiot!

Was mich jedoch noch mehr ärgerte, war, dass ich den Blick nicht von ihm lassen konnte. Er sah heiß aus, leider. Und sicher wusste er das auch. Nur ein Typ, der jede haben konnte, die er wollte, traute es sich, einfach so den blonden Vamp, der inzwischen aufgegeben und das Weite gesucht hatte, zu ignorieren.

»Sie lachen ja gar nicht, Leigh-Ann«, stellte Jeremy enttäuscht fest.

»Ich … dachte, das wäre auch mehr … ein Anmachspruch, oder?«, wand ich mich raus.

Da war die Zeit zum Glück um!

»Die Herren rücken nun bitte zum nächsten Tisch auf«, schallte es über die Boxen.

»War sehr nett mit Ihnen, Lee«, sagte Jeremy noch, dann erhob er sich und machte Platz für das nächste Date.

Ein schlaksiger Junge im karierten Hemd setzte sich vor mich hin. »Ernest.«

»Leigh-Ann«, erwiderte ich, weil ich kein zweites Mal riskieren wollte, Witze über meinen Spitznamen zu hören.

»Ich … mache das zum ersten Mal«, erklärte Ernest verschüchtert. Er weckte sofort meinen Beschützerinstinkt, zumal er nervös seine Hände knetete und es gar nicht wagte, mir in die Augen zu sehen.

»Sie sehen sehr hübsch aus, Lee, wenn ich das so sagen darf.«

Himmel, der war ja wirklich knuffig. Nicht männlich, nicht mein Typ. Und wenn es – warum auch immer – jemals dazu kommen sollte, dass wir Sex hätten, hätte ich wohl Angst, irgendetwas an ihm kaputt zu machen. Ganz klar: Er stand unter Welpenschutz.

»Danke, Ernest, Sie sind sehr liebenswert. Und Sie machen das auch ziemlich gut mit dem Daten«, versuchte ich, ihn ein wenig aufzubauen.

Jetzt hob er den Kopf und lächelte. »Wirklich?«

»Aber ja doch.« Viel besser als der gute Jeremy, der am Nebentisch wieder seine Comedian-Nummer durchzog und loslachte, das konnte ich mit Sicherheit sagen.

»Dann würden Sie also mal mit mir ausgehen, Lee?«

Äh … »Lernen Sie doch erst mal die anderen Damen kennen«, schlug ich unverfänglich vor. Denn falsche Hoffnungen wollte ich auch nicht wecken.

»Nicht nötig, ich habe mich schon entschieden. Ich will mit Ihnen ausgehen«, beharrte Ernest.

»Das ist wirklich reizend, aber …«

»Nur mit Ihnen!«

Ich hörte ein Lachen von der Bar. Genervt warf ich dem Anzug-Schnösel einen verärgerten Blick zu. Hatte der Kerl keine Hobbys oder warum beobachtete er mich die ganze Zeit? Warum stand er hier überhaupt rum? Er gehörte doch nicht zu den Dates? Oder hatte er den Müll hier mitorganisiert? Dann war sein Verhalten noch ätzender! Sein selbstgefälliges Grinsen brachte mich in Rage. Aber ich würde mich nicht provozieren lassen. Nicht von einem verdammten James-Bond-Double. Egal, wie heiß es aussah.

»Lee?« Etwas zupfte an meinem Handgelenk. Es war Ernest, der wohl mitbekommen hatte, was zwischen mir und dem Schönling mit dem Cognac in der Hand vor sich ging.

»Kennen Sie den? Hat er Sie angemacht? Soll ich Sie verteidigen?« Er ballte schon die Hände zu Fäusten.

So wie ich den Anzug-Schnösel einschätzte, ging er mindestens drei Mal die Woche ins Fitness-Center, eine Einrichtung, die Ernest augenscheinlich noch nie von innen gesehen hatte. Ich seufzte. »Nein, nein, Ernest, alles ist gut. Kommen Sie bitte nicht auf Ideen.« Ich wollte nicht, dass man Kleinholz aus Ernest machte.

Aber ganz so schüchtern war der junge Mann ja offenbar doch nicht, wenn er mich sogar mit fliegenden Fäusten verteidigen wollte. Irgendwie konnte ich den Knaben noch nicht so recht einschätzen. Ich schaute zu den anderen Tischen und seufzte, weil die paar guten Typen noch etliche Tische von mir entfernt waren. Dieser Abend würde verdammt lang werden. Und alles andere als unterhaltsam, wie es aussah. Womit bewiesen wäre, dass Speeddating reine Zeitverschwendung war.

Ein Bimmeln und die nächsten fünf Minuten waren um. Die Herren wurden abermals aufgefordert ihre Plätze zu verlassen.

»Ich trage Sie auf meiner Karte ein«, versprach Ernest.

»Nur zu.« Ich würde das nicht tun.

»Sie sind hinterhältig«, hörte ich den Schlipsmann von der Bar philosophieren. Er hatte einen ausgeprägten amerikanischen Akzent. Das war’s wohl mit dem Spion Ihrer Majestät. Für die Rolle kamen nur waschechte Briten in Frage!

»Ich? Wieso hinterhältig?«

»Sie hätten dem Kleinen gleich die Wahrheit sagen sollen.«

Was ging das bitteschön ihn an? Und warum belauschte er meine Unterhaltungen? Das ging nun wirklich zu weit.

»Und was ist die Wahrheit?«, fragte ich und forderte ihn heraus.

»Dass er Sie nie wiedersehen wird.«

»Woher wollen Sie das wissen?«

»Sie suchen hier etwas anderes«, ergänzte er und hatte wohl nicht unrecht.

»Verraten Sie mir auch, was?«, hakte ich nach.

Er beugte sich in meine Richtung vor und schaute mir direkt in die Augen.

Mir wurde mit einem Mal sehr schnell sehr heiß. Und es prickelte heftig in meinen Wangen. Nicht nur dort, um ehrlich zu sein. So stark hatte ich schon lange nicht mehr auf einen Mann reagiert, insbesondere auf keinen, den ich nicht näher kannte. Das musste Ellas unbestechliches Charisma sein.

»Jemanden, der Ihnen gewachsen ist. Der weiß, was Sie wollen.«

Das klang … einfach nur unverschämt! Jetzt musste er nur noch behaupten, dass er genau wüsste, was ich will, und das Klischee wäre perfekt. Ich versuchte zu lachen, was misslang, da mein Hals schmerzte. Stattdessen spürte ich, dass sich die Hitze weiterhin in meinem Körper ausbreitete wie ein rauschendes Gift. Und das wollte ich nicht! Verräterische Hormone! Ich atmete tief durch und wartete auf sein unvermeidliches: »Ich weiß, was du willst, Baby.«

In dem Moment drehte er sich von mir weg, schnipste mit dem Finger und der Barmann reichte ihm eine Flasche Wein. Ich nutzte die Gelegenheit, um mit dem Kopf zu schütteln. Gott, natürlich interessierte er sich nicht für mich. Ich war ich und er war Bond. Da waren Welten zwischen uns.

Dann wendete er sich doch wieder mir zu und erhob sich. Er kam direkt auf mich zu und ich hasste mich für einen Moment selbst, dass ich auf sein gottverdammtes Charisma so ansprang. Na, besser sein Charisma als ihn …

Dann stand er direkt vor mir – hob die Flasche Wein und goss mir nach. »Das ist es doch, was Sie wollten, oder?«

Seine Mundwinkel zuckten.

Ich war sprachlos. Er wusste wirklich, was ich brauchte. Ich lachte nun doch. War er witzig oder machte er sich nur über mich lustig? So oder so konnte ich ihm nicht erlauben, dass er hier die Oberhand hatte.

»Warum nehmen Sie denn nicht Teil an diesem grandiosen Event, es scheint Sie ja sehr zu belustigen, was hier passiert.« Neugierig funkelte ich ihn an.

»Das tut es allerdings«, erwiderte er und stellte die Flasche auf den Tresen zurück. Er lehnte sich mit dem Rücken an die Bar und verschränkte lässig die Arme vor der Brust. Das alles hier schien für ihn kaum mehr als eine Spielwiese. Für mich galt das ja eigentlich auch. Ohne Ella säße ich nicht mal hier. Und trotzdem behandelte er mich genauso arrogant wie den Rest, ärgerte ich mich.

»Die nächste Runde beginnt«, meinte er und nickte in meine Richtung. Ich drehte mich um und erstarrte, als ein grobschlächtiger Kerl mit fiesem Gangsterblick auf meinen Tisch zukam. Auf seinem Weg rempelte er zwei Stühle und einen Kellner an, der fast das Gleichgewicht verlor. Echt jetzt? Das war der nächste Kandidat?

»Viel … Erfolg«, hörte ich den Ami-Bond noch süffisant sagen. Gefolgt von einem kehligen Lachen, das ärgerlicherweise irgendwie sexy klang. Warum mussten ausgerechnet die arrogantesten Kerle diese fiese Sexiness ausstrahlen? Unbestechliches Charisma … alles klar …

Es sind nur fünf Minuten, Lee, redete ich mir gut zu. Fünf Minuten, die ich wohl locker überstehen würde. Und wer wusste schon, vielleicht war dieser Klotz trotz seines Killer-Blicks und den wurstigen Mörderhänden sogar ganz nett? Don’t judge a book by its cover. Killer-Klotz zog den Stuhl wuchtig zurück, während ich in meinem immer mehr zusammensank. Mann, Lee, du bist doch sonst nicht so! Gib ihm doch ne Chance.

Doch noch bevor der Gangsterboss das Gespräch eröffnen konnte, stand plötzlich der sexy Anzug-Schnösel erneut vor meinem Tisch, beugte sich zum Muskelberg vor und erklärte ihm irgendetwas, das ich nicht verstand, weil er zu leise sprach. Nur ein paar Bruchfetzen bekam ich mit. Wagen … Parkplatz … nachsehen.

Ohne weiteres Wort erhob sich mein Date und verließ fluchtartig das Restaurant. Nicht jedoch, ohne vorher mindestens einen weiteren Kellner fast über den Haufen zu rennen. Ich atmete auf.

»Ich weiß nicht, was Sie ihm gesagt haben, aber Sie haben mich gerettet«, sagte ich dankbar.

Mein Retter nahm an meinem Tisch Platz. Was mich augenblicklich ziemlich nervös machte.

Ich musterte unauffällig seinen markanten Kiefer, der scharf geschwungen war. Und dann waren da noch diese Lippen. So ziemlich das Einzige in seinem Gesicht, das ein wenig softer wirkte. Und unglaublich sinnlich.

»Ich habe Sie nicht gerettet«, erklärte Mr. Armani-Anzug trocken.

»Wie …«

»Ich habe Giovanni gerettet«, fuhr er ungerührt fort. »Sie wollte ich meinem Geschäftspartner nicht zumuten.«

»Geschäftspartner?« Mich jemandem zumuten? In meinen Ohren rauschte es.

»Der Gute hofft doch nur, hier eine nette Frau kennenzulernen und den Abend nach unserem Termin entspannt ausklingen zu lassen.«

»Sie wollten ihm nicht zumuten, sich mit mir zu unterhalten?« Was für eine Ungeheuerlichkeit! Nein, was für ein Ungeheuer saß da vor mir? Dieser Vollidiot kannte mich doch überhaupt nicht.

»Ja, schließlich will er eine nette Frau. Deswegen habe ich ihm erzählt, dass sich jemand an seinem Wagen zu schaffen macht.« Der Anzug-Schnösel grinste selbstgefällig.

Ich war sprachlos. »Sie denken, ICH sei eine Zumutung?«

»Allerdings. Wie Sie Ihre Dates behandeln. Sie sind sehr überheblich und von sich eingenommen. Und Giovanni ist ein überaus sensibler Mann, den ich schon viele Jahre kenne und schätze«, betonte er.

Ich war mir nicht sicher, ob er sich erneut über mich lustig machte, doch er sagte das alles im Brustton tiefster Überzeugung. »Sie wollen mir weismachen, Ihr Geschäftspartner nimmt hier am Speeddating teil?«

»Manche Menschen setzen halt ihre Hoffnungen in so was. Warum sind Sie denn heute Abend hier, Lee?«, hakte er nach. Die Art, wie er meinen Namen aussprach … Es klang so aufmerksam, aber so leise wie ein Hauch. So als dürfte nur ich hören, was er mir zu sagen hätte. Vielleicht wollte ich das aber auch nur so empfinden und er wollte einfach nicht, dass jemand mitbekam, dass er sich mit mir unterhielt. Himmel, was hatte ich mir hier nur für einen Idioten angelacht? Warum ließ er mich und meine Dates nicht einfach in Ruhe? Und gleichzeitig wusste ich genau, dass ich das nicht wollte.

Er musste ihn vorhin mitbekommen haben, als ich mich mit diesem völlig unlustigen Jeremy unterhalten hatte. Ich stutzte. Völlig unlustig – klang wirklich überheblich. Gab ich meinen Dates etwa tatsächlich das Gefühl, dass sie in meinen Augen nichts zu bieten hatten? War ich … unausstehlich?

»Lee.« Erneut nannte er mich beim Namen in dieser sanften Weise.

Was passierte hier mit mir? Warum bildete sich eine Gänsehaut auf meinen Oberarmen? Gut, ich war, wie Ella es nannte, chronisch untervögelt. Von den paar ONS abgesehen, die ich nicht gesucht, aber gefunden hatte. Und seien wir ehrlich, die Qualität der meisten ONS ließ deutlich zu wünschen übrig. Auch wenn es mal dazu kam, hieß das noch lange nicht, dass ich kam. Und davor war ich schließlich lange in einer Beziehung gewesen, wo der Sex zwar gut gewesen, aber zum Schluss immer weniger geworden war.

Wahrscheinlich war ich deswegen etwas auf meine archaischen Triebe reduziert und das erklärte wohl, warum ich vor allem auf die äußerlichen Attribute des James-Bond-Doubles achtete. Dieser Übergang seines kräftigen Halses in die breiten Schultern und den Winkel, den sie formten … Bildete ich es mir nur ein, oder konnte ich durch seinen Anzug hindurch tatsächlich erkennen, wie er gebaut war? Wie ein verdammter Olympiaschwimmer auf dem Weg zum Siegertreppchen.

»Es geht Sie zwar eigentlich nichts an, aber ich bin mit meiner Schwester hier. Ich wollte ihr nur einen Gefallen tun, verstehen Sie? Und ja, Sie haben recht, ich halte nichts von dieser Art des Datings.«

»Warum nicht?«

»Weil es unmöglich ist, jemanden in nur fünf Minuten so gut kennenzulernen, dass man mehr über ihn erfahren, ihn vielleicht sogar wiedersehen möchte«, erklärte ich selbstbewusst.

»Das kommt nur daher, weil Sie niemandem eine Chance geben«, antwortete er selbstzufrieden.

»Wieso glauben Sie, über mich Bescheid zu wissen?« Wir waren uns nie zuvor begegnet. Er kannte mich nicht. Glaubte er allen Ernstes, er hätte mich durchschaut?!

»Ich bin sogar überzeugt, dass wenige Sekunden ausreichen, um zu entscheiden, ob jemand anziehend ist oder nicht.« Jetzt sah er mich wieder auf diese seltsame Weise an, die mich nervös machte.

Ich wusste, er spielte mit mir. Und ich genoss es – irgendwie. Auch wenn es mich fertigmachte. Unter dem Tisch krallten sich meine Finger in den Jeansstoff meiner Hose, weil ich das Gefühl hatte, mich irgendwo festhalten zu müssen. Ich hasste es, dass dieser Kerl mich die ganze Zeit verunsicherte, während ein Teil von mir sich gleichzeitig zu ihm hingezogen fühlte.

Unwillkürlich fixierte ich seine Lippen und ertappte mich bei der Frage, wie sie wohl schmeckten. Nein, eigentlich hatte ich sogar eine sehr genaue Vorstellung davon. Denn ich roch ja auch sein Aftershave, das intensiv und angenehm frisch war. Sandelholz und Minze.

»Sie, Lee, sind überaus uninteressant.«

Ich hielt den Atem an. Was? Hatte er gerade wirklich gesagt, was ich glaubte gehört zu haben? Wie konnte er …

»Ein Tipp unter Insidern, damit dieser Abend kein komplettes Desaster für Sie wird: Seien Sie spontaner, gehen Sie mehr aus sich raus. Dann werden sich Ihre Dates besser mit Ihnen amüsieren. Versprochen.« Er zwinkerte mir gönnerhaft zu und erhob sich. Genau rechtzeitig zum Bimmelton.

Ich konnte nicht fassen, was soeben passiert war! Es fühlte sich an, als hätte er mir einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf gekippt!

Ich und verklemmt, uninteressant, nicht spontan? Wäre das der Fall, wäre ich doch gar nicht hier! Was hatte dieser Kerl nur für ein Bild von mir! Hatte er sich mit Ella abgesprochen? Ich behauptete ja mit keiner Silbe, einfach zu sein! Ich hatte meine kleinen Macken, wie jeder. Aber das ging nun wirklich zu weit! Ich wusste sehr wohl, wie man sich amüsierte. Und auch Jeremy und Ernest hatten meine Gesellschaft genossen. Das musste selbst Mr. Bond zugeben. Ich fragte mich erneut, was er eigentlich hier machte? War er ein Hotelgast? Ein Geschäftsmann offenbar, gehörte er womöglich zum Veranstalter? Überall sprossen ja diese Start-up-Unternehmen wie Pilze aus dem Boden. War ja auch egal.

Ich war jedenfalls vieles, aber keine solche Schreckschraube, wie der Anzug-Schnösel glaubte! Beseelt davon, es ihm und vor allem mir selbst zu beweisen, setzte ich mein freundlichstes Lächeln auf, als der nächste Teilnehmer anrückte.

»Guten Abend«, sagte ein Mann, der schon ein wenig älter war. Graue Strähnen zierten sein volles Haar. Genau mein Typ.

Ich lächelte zum Anzug-Schnösel rüber, der sich wieder an die Bar gesetzt hatte. Dem würde ich jetzt zeigen, dass man mit mir Spaß haben konnte!

»Guten Abend, ich bin Lee«, sagte ich so freundlich wie nur möglich und klimperte mit den Wimpern.

»Hugh«, stellte er sich vor.

»Hallo Hugh.« Ich gab meiner Stimme einen etwas tieferen, leicht verruchten Klang.

Ich würde jeden einzelnen Teilnehmer dieser Veranstaltung von mir überzeugen. Und das sollte Mr. Anzug-Schnösel live und in Farbe mitbekommen. Ich straffte die Schultern und wollte ihm einen herausfordernden Blick zu werfen, aber als ich in seine Richtung blickte, stand nur noch ein leeres Cognac-Glas auf dem Tresen.

So ein Mistkerl!

»Was machen Sie beruflich?«, wollte Hugh wissen.

Ich brauchte einen Moment, um mich wieder ganz auf ihn einzulassen. »Ich arbeite in der Boutique meiner Schwester als Näherin. Emerald & Silk heißt der Laden«, erklärte ich und lutschte an meiner Unterlippe. Der Anzug-Schnösel würde doch zurückkommen, oder? Wahrscheinlich fand er mich wirklich ätzend. Nur warum machte mir das überhaupt etwas aus? Konnte mir doch egal sein, was ein völlig Fremder über mich dachte.

»Interessant. Ich hatte gedacht, dass Sie Model sind.«

Ich hob überrascht eine Braue. »Bin ich«, gab ich zu. »Oder viel mehr, war ich. Fotomodel. Für den Laufsteg zu klein.«

Ich seufzte mit Blick auf Ella, die die perfekte Laufsteggröße hatte. Was hatte ich die Shootings geliebt. Naja, ich war natürlich weder reich noch bekannt geworden, aber es war ein tolles Gefühl gewesen, sich selbst in einem Modekatalog wiederzufinden. Aber irgendwann waren die Aufträge ausgeblieben und in der Datenbank der Agentur war ich nach hinten gerutscht. Und zwar genau in dem Moment, in dem sich Ella nicht mehr um alles gekümmert hatte. Durch sie war ich überhaupt zu dem Job gekommen. Mein wenig durchschnittliches Äußeres, mit den roten Haaren und der hellen Haut, hatte sein Übrigens getan – aber ohne Ella hätte ich in meinem Leben gar nichts erreicht.

»Es interessiert Sie also alles, was mit Mode zu tun hat?«

»Gut zusammengefasst.« Ich hatte eigentlich nie so recht gewusst, was ich mit meinem Leben anfangen wollte. Meine Wünsche hatten sich immer wieder geändert, nur die Mode war eine Konstante geblieben.

»Und was verkaufen Sie in Ihrer Boutique?«

»Kleider.« Was auch sonst? »Ich liebe Kleider«, gab ich zu. Gab es etwas Schöneres als den seidig weichen Stoff auf der Haut und den frischen Sommerwind, der einem um die Beine wehte?

»Da haben wir etwas gemeinsam«, sagte Hugh. »Ich mag Kleider auch. An Frauen.« Er zwinkerte mir zu. »Aber ich nehme an, Sie fertigen auch Anzüge an?« Er lächelte.

Da hatte ich wohl einen potenziellen Kunden vor mir. Ich durfte ihm leider keine unserer Visitenkarten geben, das verstieß gegen die Spielregeln. Sollte ich ihn womöglich doch auf meiner Karte eintragen? Ein Lachen bildete sich um seine Augen, was sehr charmant aussah, besonders bei einem älteren Mann. Die Clooney-Jahre. Lieber Clooney als Bond. Ja gut, ich würde mir seine Nummer merken. Und es blieb tatsächlich nicht die einzige. Dem Möchtegern-Bond würde ich es zeigen. Oder ging es mir mehr darum, mir etwas zu beweisen?

Es war mir egal, ob die Herren nett oder dämlich waren, aber ich war charmant und flirtete – natürlich auf eine vornehme Art und Weise. Wir waren ja im Ariana. Ich war mir aber noch im Unklaren, ob ich mich wirklich bei Lovegood anmeldete, um meine Favoriten auf deren Webseite einzugeben. Wollte ich einen von denen wirklich wiedersehen und mich länger mit ihm unterhalten als fünf Minuten? Mit Hugh. Vielleicht. Wenn er sich einen Anzug kaufen wollte.

Über die Lautsprecherbox wurde das weitere Vorgehen erklärt, Werbung für die nächste Veranstaltung gemacht und anschließend verabschiedete sich der Veranstalter und ein Großteil der Teilnehmer strömte nach draußen. Die Luft wurde schlagartig besser in dem feinen Restaurant. Und mir ging es schlagartig besser.

Jetzt hatte ich diesen furchtbaren Abend endlich hinter mir.

Ella schob sich an einigen Damen vorbei und kam an meinen Tisch. Ihre Wangen waren rosig, und ein Grinsen prangte in ihrem Gesicht, das jedes Honigkuchenpferd vor Neid hätte erblassen lassen.

»Das hat Spaß gemacht«, sagte sie und knibbelte ihr Klebeschildchen ab.

Ich riss meins einfach runter. »War okay.« Abgesehen von den ganzen Beleidigungen von Anzug-Bond. Immerhin war das Speeddating selbst zwar noch nicht wirklich mein Ding, aber letztlich auch nicht die volle Katastrophe, die ich erwartet hatte.

»Hab ich dir doch gleich gesagt.«

»Jaja.«

»Und, hast du jemand Interessantes kennengelernt?« Sie stupste mich an die Schulter.

»Einige«, log ich, um Ella glücklich zu machen. Da mir das so selten gelang, musste ich jede Gelegenheit nutzen.

»Ich auch.« Jetzt wurde das Strahlen in ihrem Gesicht größer. Offenbar hatte sie tatsächlich mindestens einen der Kandidaten ins Herz geschlossen. Hinter sie trat ein junger Mann mit südländischem Flair, mit dem ich mich auch ganz gut unterhalten hatte. Er legte eine Hand auf ihre Schulter. Das war aber nicht der vorgesehene Lovegood-Ablauf, meine Freunde. Ich war versucht, tadelnd mit dem Finger zu wedeln, aber musste auch zugeben, zu Ella passte der Sunnyboy perfekt. Sie nahm auch nie ein Blatt vor den Mund.

»Das ist Diego.« Wusste ich doch schon. »Wir wollen jetzt noch auf das Dach rauf. Diego sagt, dort gibt es eine Cocktailbar. Und man hat einen tollen Ausblick über ganz London. Kommst du mit?«

Meine große Schwester setzte ihren Hundeblick auf, dem niemand ohne Weiteres widerstehen konnte. Selbst ich nicht, obgleich ich diese Masche schon hundert Mal durchhatte.

Aber würde ich die traute Zweisamkeit nicht stören? Außerdem war ich müde und meine Füße taten mir weh. Ich hatte zwar kein Glitzerkleidchen angezogen, steckte aber in übertrieb hohen Pumps, die Ella mir geliehen hatte, weil Turnschuhe ihrer Meinung nach gar nicht gingen.

»Ich würde mich sehr freuen, Lee, wenn Sie mitkommen würden«, meinte nun auch Diego. Noch einer, der sich meinen Namen gemerkt hatte. Alle Achtung. Bei immerhin siebzehn Damen war das durchaus eine Leistung.

›Seien Sie mal ein bisschen spontaner, gehen Sie mehr aus sich raus‹, hallten die Worte des Anzug-Schnösels in meinen Ohren nach. Und ich spürte erneut ein Grummeln im Bauch.

Ich war spontan, verdammt! Das musste ich auch niemandem beweisen, ich wusste ja, wie ich war, kannte mich seit immerhin fünfundzwanzig Jahren! Spontan war mein zweiter Vorname.

»Ich komme gern mit«, entschied ich also.

Wir verließen das Restaurant und betraten die Lobby. Vor dem Lift trafen wir auf Hugh. Er war allein, erkannte mich aber sofort. Perfekt! Heute Abend wollte ich mal so richtig aus mir rausgehen und allen zeigen, wie verklemmt ich war!

»Jetzt sagen Sie nicht, Sie sind auch auf dem Weg zur Cocktailbar«, sprach ich Hugh überaus freundlich an.

»Allerdings. Sie auch?«

Ich nickte.

»Das nenne ich mal einen zauberhaften Zufall. Gehen wir doch zusammen«, schlug er vor. Genau darauf hatte ich spekuliert. Ein Abend zu viert, zwei Schwestern und ihre überaus männlichen Begleiter. Das war die Zehn auf der Spontanitätsskala.

*

2. Kapitel

Lee

Ariana war eine Hotelkette mit eigenem Franchiseunternehmen, die weltweit agierte. Sie wurde in einem Atemzug mit Hilton und Adlon genannt und toppte alle Bewertungsskalen auf den gängigen Reiseportalen. Sowohl kleinere Boutiquehotels als auch Grandhotels trugen diesen eingängigen Namen über ihrer Eingangspforte.

Ich kannte Ariana vor allem, weil Jack Immobilienmakler war. Er verkaufte Luxushäuser an die Reichen und Schönen dieser Welt, nicht nur im UK, sondern in ganz Europa. Einmal hatte er fast eine eigene Fernsehsendung bekommen, in der er Häuser und Wohnungen hätte verkaufen sollen. Daraus war aber nichts geworden, weil der Sender das Projekt in letzter Sekunde abgesagt hatte. Jack war außerdem Hotelier, nannte zwei Häuser in Irland sein Eigen und arbeitete schon seit einer halben Ewigkeit daran, die Mindeststandards von Ariana zu erfüllen, um dem Franchise beizutreten.

Er liebte seit jeher alles, was den Beinamen Luxus trug. Kein Wunder also, dass er sich in das goldglänzende Maskottchen von Ariana, das die Form einer Pirouetten drehenden Frau aufwies, verliebt hatte.

Ariana war Luxus pur. Das sah man in erster Linie an den Preisen in der Cocktailkarte. Ein Glas Wasser kostete hier sieben Pfund. Ein Hotelzimmer in diesem Haus konnte ich mir nicht leisten, soviel stand fest. Ich musste mich schon bei der Getränkebestellung zurücknehmen.

Wir saßen am Rand des gläsernen Dachs, wo die Terrasse anschloss und sich über das nächtliche London erstreckte. Ein einziges Lichtspektakel, wenn man auf die viel befahrenen Straßen blickte. Diego hatte nicht zu viel versprochen.

Der Ausblick war atemberaubend. Die Musik ganz nach meinem Geschmack, nicht zu laut, nicht zu basslastig. Während Diego und Ella ihre Handynummer austauschten und dabei kicherten wie zwei verliebte Teenager, die etwas Verbotenes taten, versuchten Hugh und ich uns im Small Talk.

Ich musste zugeben, ich fand ihn charmant. Er strahlte etwas Gelassenes und Erfahrenes aus. Ich konnte mir vorstellen, wie er als junger Mann ausgesehen hatte und schließlich wie guter Wein gereift war. George Clooney ließ grüßen.

»Sie haben mir noch nicht verraten, was Sie beruflich machen, Hugh?«, fragte ich und stützte mein Kinn in eine Hand.

»Ich bin Investmentbanker.«

Und schon hatte der gute Mann einen dicken Minuspunkt kassiert. Investmentbankern vertraute ich nicht mal halb so weit, wie ich den Tisch, an dem wir saßen, werfen konnte. Ich war nämlich zu der Überzeugung gelangt, dass nur ein bestimmter Schlag Mensch überhaupt Investmentbanker wurde. Ein verschlagener Typ, der vor allem an seine eigenen Interessen dachte. Alles Jack-Klone, ohne Zweifel. Investment war Jacks zweiter Vorname. Er investierte nämlich alles in seine geliebten irischen Bauklötze, pardon, Hotels. Es gab kein Essen, kein Dinner, keinen Brunch, kein gemütliches Get-together ohne irgendwelche anwesenden Investmentbanker. Das Top-Thema: die besten Immobilien-Investments.

»Falls Sie jemals eine eigene Boutique eröffnen möchten, wenden Sie sich an mich. Ich berate Sie gern in finanziellen Angelegenheiten.«

Auf Zahlenjonglieren hatte ich gerade nicht so viel Lust. »Ich bin recht glücklich in meinem aktuellen Job bei Emerald & Silk.«

»Ein interessanter Name. Ungewöhnlich.« Danke, danke, danke für den Themenwechsel!

»Der Name steht symbolisch für meine Schwester und mich«, erklärte ich bereitwillig. »Emerald für meine grünen Augen. Und Silk für das seidig weiche Haar meiner Schwester. Wir waren sechs und elf, als wir uns diesen Namen überlegten.« Ich lachte leise. Sah uns noch mal auf der Couch im Wohnzimmer herumspringen. Mit Bürsten als Mikrofone in der Hand. Damals hatten wir eine Band gründen wollen. Aber eine eigene Boutique war doch auch recht beachtlich.

»Mmh, ja … ja«, machte Hugh aber nur.

Ich langweilte ihn. War ich am Ende wirklich so ein lahmes Date wie der Anzug-Schnösel vorhin behauptet hatte?

»Tut mir leid, das interessiert Sie natürlich nicht«, sagte ich rasch und beendete die Anekdote.

»Oh, tut mir leid, Lee. Das ist wirklich nicht wahr. Ich höre Ihnen gern zu. Erzählen Sie mir mehr«, schlug er vor.

»Was möchten Sie denn noch wissen?«

»Alles, was es über Sie zu wissen gibt.« Sagte man das nicht immer, wenn man eigentlich nichts wissen will?

Ich fing also an, die Laufbahn einer Versagerin zu beschreiben, die geradeso noch die Kurve bekommen hatte. Studium abgebrochen, Job als Sekretärin geschmissen, noch ein Studium abgebrochen, nebenbei als Fotomodel gearbeitet, Lehre zur Schneiderin gemacht und sogar beendet. Ich hatte mich auf historische Muster und Schnitte spezialisiert. Ich liebte den alten Flair, das Verspielte und die vielen Schnörkel. Dabei merkte ich, dass Hugh wieder abdriftete.

Eine Kellnerin brachte unsere Cocktails. Als sie meinen Moscow Mule vor mich hinstellte, nahm ich gleich einen Schluck.

»Prost«, sagte Hugh und hob sein Glas.

»Das ist kein Moscow Mule, sondern ein Virgin Mule«, stellte ich irritiert fest, nachdem ich einen zweiten Schluck getrunken hatte. War denen der Alkohol ausgegangen? Oder hielt man mich für unter achtzehn?

»Lass mich mal kosten«, meinte Hugh und fing an, mich zu duzen.

Ich hielt ihm den Strohhalm hin und er sog genüsslich an diesem.

»Stimmt. Der ist wirklich jungfräulicher als die Jungfrau Maria«, meinte er und lachte.

»Ich werde ihn umtauschen«, entschied ich und stöckelte zur Bar rüber. Denn mein Instinkt verriet mir untrüglich, dass ich mehr Alkohol brauchen würde.

»Hallo! Ich hatte einen Moscow Mule bestellt! Keinen Virgin!«, rief ich dem viel beschäftigten Barmann zu, der ein schrilles Hawaiihemd trug. Die Leute drängten sich an die Theke. Es schien mit jedem Augenblick voller und enger zu werden. Jemand drängte mich zur Seite. »He!«, protestierte ich, aber es ging ins Leere.

Zumindest schaute der Barkeeper jetzt zu mir rüber. »Bitte?«, fragte er.

»Das ist der falsche Cocktail.«

»Ah, sorry. Was wolltest du?«

»Einen Moscow Mule!«

Er nahm mir das Glas ab und verschwand aus meinem Sichtfeld. Weil es mir einfach zu voll war, stellte ich mich an die Seite, irgendwo zwischen die Bar und die Wand der gläsernen Pyramide.

»So sieht es aus, wenn du dich amüsierst?«

Ich erschrak, als ich den Anzug-Schnösel direkt neben mir erblickte. Ich war so auf den Barkeeper fixiert gewesen, dass ich ihn gar nicht bemerkt hatte.

Lässig lehnte er am Tresen und sein Smartphone in der Hand. Dabei versuchte er, ganz wichtig zu wirken. Oder war er »wichtig«?

»War wohl doch keine so üble Veranstaltung?«

Mein Verdacht erhärtete sich, dass er selbst für Lovegood arbeitete. Vielleicht hatte er vorhin so was wie Marktforschung betrieben? Also geschaut, wie die Teilnehmer reagierten, wie das Event ankam, um es fürs nächste Mal zu optimieren. Aber warum war er früher abgehauen? Weil alles lief? Vielleicht hatte seine Ansage an mich dann auch den Sinn gehabt, keine weiteren Kunden zu verschrecken?

Egal, das war die Chance, einiges gerade zu rücken.

»Allerdings, ich habe eine ganz tolle Verabredung. Ein unglaublich interessanter Mann«, erklärte ich und winkte Hugh zu, wurde aber geflissentlich von ihm ignoriert. Ich erhaschte auch einen Blick auf Ella und Diego, die nun rumknutschten, als wären sie die einzigen Gäste hier. Oh Gott, es sah aus, als wollte er ihren Mund auffressen! Ich schaute verlegen zum Anzug-Schnösel zurück.

Der Anzug-Schnösel hob nicht mal den Kopf, um meine Eroberung des Abends zu mustern. Vielleicht war das aber auch ganz gut …

»Schön, Lee. Freut mich für Sie.«

»Und Sie sind ganz allein hier«, stellte ich schadenfroh fest. Wie überraschend. Vielleicht war er ja derjenige, der nicht wusste, wie man Spaß hatte? Nur so ein Gedanke.

»Sie sind doch bei mir.« Er schaute mich wieder so durchdringend an, dass ein kleiner Schauer meinen Rücken runterjagte.

»Nur bis ich meinen Moscow Mule habe«, ätzte ich.

Er schickte irgendetwas auf seinem Smartphone ab und ließ es in seiner Hosentasche verschwinden.

Bestimmt hatte er Zugriff auf die Nummernverteilung bei Lovegood. Wie viele Männer wohl angegeben hatten, dass sie mich wiedersehen wollten? Da war ich jetzt aber wirklich neugierig.

»Ich weiß längst, für wen Sie arbeiten«, meinte ich, um meine Theorie zu testen.

»Ach ja?« Jetzt schaute er mich wirklich überrascht an.

»Für Lovegood.« Ich lächelte siegessicher. Aber dann sah ich, dass sich auf seinem Gesicht ebenfalls ein Grinsen bildete, als würde ich in einen Spiegel gucken. Aber es wurde überheblich, amüsiert. Volltreffer, dachte ich. Der will mich doch nur veräppeln.

»Sehen Sie doch mal in Ihrer App nach, wie ich ankam. Ich wette, Sie werden überrascht sein, wie viele der Kerle sich ein zweites Date mit mir vorstellen können.« Von wegen, uninteressant, lahm und unspontan!

»Ich weiß wirklich nicht, was Sie meinen, Lee.«

Jaja, natürlich nicht.

Seine Stimme vibrierte, während er das sagte. Sie klang so tief und samtig, dass ich ihm am liebsten die ganze Zeit zugehört hätte.

Wie schaffte er das nur, dass ich mich immer wieder von so etwas ablenken ließ? Ich hatte keine Lust, mir anmerken zu lassen, dass er eine wie auch immer geartete Wirkung auf mich hatte. Eher im Gegenteil – ich hatte das dringende Bedürfnis ihn spüren zu lassen, wie unangenehm ich seine Gegenwart fand.

Moscow Mule, wo blieb denn mein Moscow Mule? »Wen muss man hier flachlegen, um etwas zu trinken zu bekommen?«, murmelte ich.

»Den Chef.« Lovegood-Bond grinste.

»Und wo finde ich den?«, sagte ich genervt. Ich antwortete überhaupt nur, um ihm nicht das letzte Wort zu lassen. Ich trommelte mit den Fingerspitzen auf dem Tresen und versuchte auf telepathischem Weg, Kontakt mit dem Barmann aufzunehmen, der einen Drink nach dem anderen mixte, aber nicht meinen.

»Macht Sie etwas nervös?«, fragte der Schnösel.

Ja, du. Aber das konnte ich ihm schlecht sagen.

Endlich platzierte der Barkeeper einen kupferfarbenen Becher vor mir.

Ich atmete auf, griff nach dem Cocktail und nahm genüsslich einen kleinen Schluck. Hielten wir trotz allem mal fest: Die unspontane Langweilerin hatte ein Date klargemacht, während der schöne James-Bond-Verschnitt ohne Begleitung war. Karma is a bitch. Und manchmal konnte ich auch eine sein.

»Ich hoffe, Sie langweilen sich nicht. Noch einen schönen Abend«, sagte ich.

Er lachte leise, schüttelte den Kopf und ich tänzelte zu unserem Tisch zurück. Es verschaffte mir eine gehörige Portion an Genugtuung, wie sich der Abend entwickelte. Auch wenn Hugh zugegebenermaßen nicht gerade ein Traum-Date war, aber ich beschloss, dass es nach außen definitiv anders wirken musste.

»Diesmal ist es der richtige Cocktail. Mal probieren?«

Hugh nahm gleich einen Schluck. »Oh ja, der haut ja sogar ein wenig rein.« Es schien ihn zu amüsieren. »Wo waren wir stehengeblieben, Lee?«

Ich schaute rüber zur Bar und bemerkte zu meiner Zufriedenheit, dass der Anzug-Schnösel uns beobachtete. Also schlug ich ein Bein über das andere und wippte leicht mit dem Fuß. »Ich weiß es nicht, sag du es mir, Hugh.«

»Ach ja, mir fiel noch etwas zu unserem Investment-Programm für Start-Ups ein!«

»Äh … was?« Ich verhörte mich gerade, oder? Oh ja … Karma. Nun denn, Herausforderung angenommen. Ich musste bei meinem absoluten Hassthema Interesse heucheln.

»Junge Unternehmer und Unternehmerinnen, die eine Existenz gründen möchten, profitieren von dem Sparkredit, den wir derzeit anbieten. Zehn Jahre und …«

»Lee, kann ich dich mal kurz sprechen«, unterbrach uns Ella und zog mich ein Stück weit von unserem Tisch weg näher zur Terrasse.

»Diego und ich würden jetzt gern gehen«, erklärte sie mit rotem Gesicht.

»Na dann, nur zu.« Ich schmunzelte. War ja auch wirklich ein süßer Kerl.

»Macht dir nichts aus?«

Ach, ich würde den Abend schon rumkriegen. Genau genommen fing ich an, mich ein wenig zu amüsieren. Dank des Anzug-Schnösels. Und Ellas Glück war mir außerdem wichtig. Wenn sie der Meinung war, Diego wäre der Richtige, why not? »Überhaupt nicht. Ich bin groß und kann auf mich selbst aufpassen, Schwesterherz.«

Ella lachte. »Weiß ich doch.«

Ich war mir nicht sicher, ob sie es wirklich wusste. Ich war immerhin das Familien-Nesthäkchen. Und traditionellerweise wurde dem Familien-Nesthäkchen nicht viel zugetraut. Schließlich war und blieb es ein Leben lang das Küken.

Ellas Brauen zogen sich zusammen und über ihrer Nasenwurzel bildete sich eine winzige Furche. Ich wusste, was es bedeutete, wenn diese sichtbar wurde: Irgendetwas würde mir gleich ganz und gar nicht schmecken.

»Da muss ich dir noch was sagen«, flüsterte sie auch schon und wirkte überaus angespannt.

»Was ist denn?«

»Also Hugh, der …«

»Was ist mit Hugh?«, fragte ich ungeduldig. Außer dass er, zugegeben, eine Schlaftablette war. Vielleicht bekam ich ihn ja noch irgendwie wach.

Ella druckste herum und spielte plötzlich an ihrem Ringfinger, was mir gehörig auf die Nerven ging. Komm zum Punkt, Ella. Aber dann nickte sie runter zu ihrer Hand und machte die Geste deutlicher, bis ich verstand, was sie sagen wollte. Es sah aus, als wollte sie einen imaginären Ring abziehen.

Das genügte, um mir zu verklickern, was das Problem war. »Das ist nicht dein Ernst, Ella!«, zischte ich.

»Doch. Ich hab’s vorhin genau gesehen. Der Typ geht offenbar gern ins Solarium, aber da hat er ihn noch drangehabt. Man sieht deutlich die hellen Hautflächen.«

Ich konnte es nicht fassen, aber bevor ich ihn verdammte, musste ich es selbst sehen. Noch dazu musste das ja nichts bedeuten, oder?

»Tut mir leid, Lee.«

»Ach, Unsinn. Ich komme schon klar. Ich werde ihn vielleicht direkt drauf ansprechen.« Falls ich mutig war. Andererseits war die Chemie zwischen uns eh nicht überzeugend. Ich mochte es nur einfach nicht, wenn mich jemand verarschen wollte. Davon hatte ich nach der Sache mit Jack genug. Gebranntes Kind scheut das Feuer. Und er taugte damit auch nicht mehr wirklich als Material, Anzug-Schnösel eifersüchtig zu machen. Einen verheirateten Mann, der nur auf ein Abenteuer aus war, zu bezirzen, war irgendwie kein Kunststück.

Ich seufzte. Das artete richtiggehend in Arbeit aus …

»Okay, wie du meinst. Diego und ich … ziehen dann los, ja?«

»Viel Spaß.«

Sie kehrte zu Diego zurück, flüsterte ihm etwas ins Ohr und anschließend verließen sie unseren Tisch. Ella nickte mir noch mal zu, dann führte Diego sie aus der Bar.

Ich atmete tief durch, setzte mich zu Hugh zurück und fixierte seinen Ringfinger, als er gerade nach seinem Glas griff. Tatsächlich.

Ella hatte völlig recht. Da war bis vor Kurzem noch ein Ring gewesen. Jetzt zeichnete sich ein hellerer Umriss auf der gebräunten Haut ab. Und was für eine Art Ring das war, der da bis vor kurzem noch gesteckt hatte, konnte ich mir schon denken. Einer, den man verstecken musste, wenn man zu einem Speeddating ging oder mit einer jungen Frau in eine Bar. Wie ich unehrliche Kerle verabscheute. Da musste ich automatisch an Jack denken, dem Lügenbaron unter allen unehrlichen Seelen.

»Und was machen wir zwei Hübschen noch heute Abend?«, fragte Hugh.

Vielleicht noch ein paar Investmentpläne ausarbeiten? Alles andere interessierte ihn ja nicht sonderlich. Von einem ONS vielleicht einmal abgesehen.

»Ich bin müde«, sagte ich und meinte es ernst.

Ich war zu müde für Spielchen.

»Was? Aber … ich dachte …«

Die Lust auf ein Abenteuer war mir jedenfalls vergangen! Ich wusste einfach zu gut, wie sich die Ehefrau respektive Verlobte fühlte, daher hatte ich absolut keine Lust, heute in die Rolle der »Anderen« zu schlüpfen. Noch dazu, und das mochte wohl altmodisch klingen, war mir die Ehe heilig. Man entschied sich ganz bewusst für jemanden, ohne Wenn und Aber. Und dieser eine war es dann auch, mit dem man sein Leben verbrachte.

»Geh nach Hause, Hugh, und beglücke deine Frau.«

»Ich … verstehe nicht, was du meinst.«

Schon klar, jetzt gab er den Ahnungslosen. »Deinen Ring sieht man noch.«

Er schaute erstaunt auf seine Hände. Dann lachte er leise. Tja, das war schon ärgerlich, wenn man unbedingt immer sonnengebräunt aussehen wollte.

»Hör mal, Lee, das ist anders, als du denkst. Ich bin zwar noch verheiratet, aber wir haben keinen Sex mehr. Wie leben getrennt, jeder führt sein Leben, verstehst du?«

Klar, verstand ich. Ich hatte aber dennoch keine Lust, mich jetzt noch auf irgendetwas einzulassen. Es war von Anfang an ein Fehler gewesen, zu diesem Speeddating zu gehen. Punkt.

»Schönen Abend noch«, sagte ich, erhob mich und schlenderte durch die Bar.

Die seichten Bässe im Hintergrund schwollen an, als wollten sie mich verabschieden. Ich hatte hier doch eh nichts verloren, in diesem Schickimicki-Umfeld, durch das mich schon Jack immer geschleift hatte. Leigh-Ann Fox war ein normales Mädchen aus normalen Verhältnissen und stolz darauf. Diese Scheinwelt konnte mir gestohlen bleiben. Während meiner Zeit als Fotomodel hatte ich die Welt der Reichen und Schönen kennengelernt. Und zuerst war sie aufregend und faszinierend gewesen. Bis ich hinter die Kulissen geblickt und zum ersten Mal verstanden hatte, was wirklich damit gemeint gewesen war, wenn man sagte: mehr Schein als Sein. An die Abgründe, die sich vor mir aufgetan hatten, wollte ich jetzt gar nicht denken. Harte Drogen, wilde Affären, Rosenkriege, das ganze Paket. Und Unehrlichkeit. Nur Unehrlichkeit. Das hatte auch Jacks Verhalten mir bestätigt.

Hugh machte keine Anstalten mich aufzuhalten. Und das war gut so. Ich hätte ihm eh keine Chance mehr eingeräumt.

Ich war inzwischen zum Fahrstuhl gelangt, der sich gerade öffnete, ließ die Leute aussteigen und trat ein.

In dem Moment folgte mir jemand. Ich dachte zuerst, es wäre Hugh, der mich doch nicht gehen lassen wollte. Stattdessen schaute ich in die markanten Züge des Anzug-Schnösels. Sofort war es wieder da, dieses unerträgliche Prickeln in den Wangen. Und nicht nur dort.

»Sind Sie gerade hinter mir hergerannt?«, fragte ich misstrauisch und ärgerte mich zugleich, dass mein Herz schon wieder schneller klopfte, nur weil mir sein sinnliches Aftershave in die Nase stieg. Sandelholz und Minze. Auf die Mischung musste man erst mal kommen.

»Lee, leidest du unter Verfolgungswahn? Es gibt nur diesen Weg nach unten.« Er lachte spöttisch und drückte auf den Knopf fürs Parterre.

Die Lifttür rollte zu. Wir waren die einzigen Fahrgäste!

Das war sicher keine gute Idee. Er war der Letzte, mit dem ich jetzt allein sein wollte. Sicher würde er mich gleich wieder belächeln oder einen blöden Spruch machen. Das hatte ich nun davon – ich hatte das Schicksal zu einem Spielchen herausgefordert und war ziemlich dicht daran zu verlieren. Ich wusste nur noch nicht, was.

»War wohl doch kein so gutes Date?«

Schon ging es los.

»Ich bin müde und will nur ins Bett, aber eigentlich geht dich das gar nichts an.«

Ich schielte zu ihm rüber. Diese Kieferlinie war verdammt scharf. Und für seine Wangenknochen brauchte er sicher einen Waffenschein. War mir früher nie aufgefallen, wie sexy Männer in Anzügen aussehen konnten? Ich hatte viele Männer in Anzügen gesehen. Also ging es eher darum, wie sexy er in einem Anzug aussah. Diese Kombi hätte verboten gehört. Vielleicht sollte ich ihm vorschlagen, seinen Anzug auszuziehen? Ich schluckte.

»Und wer ist der Auserwählte?«

Ich verdrehte die Augen. Er wusste doch genau, dass ich ohne jemanden gegangen war. »Meine Dates und ich scheinen dich ja mächtig zu interessieren.«

»Rein geschäftlich«, kommentierte er gönnerhaft und ich sah, wie sich seine Mundwinkel nach oben bogen.

Ich konnte ja eh nichts mehr retten, also bitte: »Wenn du es genau wissen willst, mein Date war eine volle Pleite. Und du hast das sicher die ganze Zeit gewusst. Vermutlich bin ich selbst daran schuld, weil ich zu überheblich bin und zu hohe Ansprüche habe, richtig? Sofern es ein hoher Anspruch ist, wenn man erwartet, dass das Date ungebunden ist. Vielleicht solltet ihr eure Anmeldungen genauer überprüfen. Keine besonders tolle Männerauswahl. Rückmeldung einer Klientin.«

Er wiegte den Kopf hin und her. »Nein, das sehe ich genauso.«

Wir waren mal einer Meinung? Wahnsinn. Ich lehnte mich an die Wand und verschränkte dabei die Arme vor der Brust.

»Aber was habe ich mit der Männerauswahl zu tun?«, bemerkte er spitz.

»Woher soll ich denn wissen, wie ihr diese Dates organisiert und was dein Job dabei ist?«

Er runzelte die Stirn und musterte mich eindringlich. Schnell wandte ich den Blick ab. Dann lachte er wieder. »Du denkst wirklich, dass ich die Speeddatings organisiere?«

»Nicht?«

»Nein.«

Jetzt blickte ich ihm in die Augen. »Wer bist du? Was machst du hier und … und … wie heißt du überhaupt?«

»Ben«, sagte er schlicht.

»Hallo Ben. Ich bin Lee.«

»Ich weiß.«

Ich reichte ihm trotzdem förmlich die Hand. Das gehörte sich so. Außerdem wollte ich rausfinden, wie stark sein Händedruck war. Ein Händedruck sagte viel über die Persönlichkeit aus. Über Entschlossenheit zum Beispiel. Und wie fest jemand zupacken konnte, wenn es sein musste.

Uh – sehr kräftig! Er trainierte ganz sicher. Bevor ich nachhaken konnte, ging plötzlich ein Ruck durch den Lift, der mich in seine Arme warf. Ich landete weich und spürte doch die harten Muskeln unter dem Hemd, an dem ich mich abstützte. Ben war trotz der Erschütterung einfach stehengeblieben, wie ein Fels in der Brandung, den nichts erschüttern konnte. Im Gegensatz zu mir, die sofort ihr Gleichgewicht verloren hatte.

Jetzt roch ich das Sandelholz noch intensiver. Es wirkte herb und sinnlich zugleich. Für einen winzigen Moment vergaß ich bei diesem antörnenden Geruch, dass ich ihm immer noch in den Armen lag.

»Oh … tut … mir leid«, murmelte ich, als mir dieser Umstand bewusst wurde. Ich war so dicht an seinem Gesicht, dass sein Atem warm über meine Stirn strich.

Jetzt wurde mir heiß und schwindelig, meine Beine hätten wohl nachgegeben, wenn Ben mich nicht noch immer festhalten würde. Das war verdammt nah! Unpassend nah.

Unsere Blicke trafen sich. Ich spürte, mir würde die Stimme wegbleiben. Egal, was ich auch sagen würde. Warum … ließ er mich eigentlich nicht los?

Aber dann fiel mir etwas anderes auf. Etwas, das meine Aufmerksamkeit völlig auf sich lenkte. Der Fahrstuhl bewegte sich nämlich nicht mehr. Wir fuhren weder hoch noch runter.

»Oh Gott!«, stieß ich aus – auch das noch. Das war ein Witz, oder? Bond und ich steckten jetzt nicht wirklich in diesem verdammten Ding fest, oder?

»Nein, Ben genügt völlig«, sagte er trocken.

Ich hasste zu enge Räume! Die Folge eines echt üblen Kinderstreichs, bei dem mich ein paar Klassenkameraden in meinen Spind gesperrt hatten und ich erst Stunden später gefunden worden war. Doch vor Ben wollte ich nicht schwächeln!

»Lee? Alles in Ordnung?«, fragte er, weil er dennoch gemerkt hatte, dass etwas nicht mit mir stimmte, und kam auf mich zu.

Bleib wo du bist, wollte ich rufen.

Seine Gegenwart brachte mich noch mehr aus dem Konzept als die Tatsache, dass wir hier festsaßen! Nur er und ich!

»Keine Angst, Lee. Die haben unten an der Rezeption längst das Signal erhalten, dass wir feststecken. In ein paar Minuten sind wir raus«, versprach er im erklärenden Ton als Herr der Lage.

Aber darum ging’s doch gar nicht! Ich musste mich ablenken. Ja, von ihm! Diesem Duft, diesem Blick, der Tatsache, dass wir hier wie auf einer einsamen Insel saßen. Und ob die Techniker so schnell waren, uns zu befreien war fraglich.

Plötzlich umfasste mich Ben nachdrücklich und zog mich eng an sich.

»Alles wird gut, du hast mein Wort«, flüsterte er in mein Ohr. Sein Atem kitzelte, weil seine Lippen fast meine Haut berührten.