Bürgermeister Wittenborg - Arnulf Meyer-Piening - E-Book

Bürgermeister Wittenborg E-Book

Arnulf Meyer-Piening

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Beschreibung

Bürgermeister Johann Wittenborg führt im Jahr 1361 eine Kriegsflotte der Hanse gegen den dänischen König Waldemar IV. Die Ausrüstung der Schiffe wurde mithilfe seines Onkels Gropius durch eine Anleihe bei der Kirchenkasse finanziert. Gropius will jedoch nicht, dass sein Engagement publik wird, denn er steht vor der Wahl zum Weihbischof. Die Schlacht geht verloren, weil Wittenborg vergeblich auf das Eintreffen der verbündeten Flotten von Norwegern und Schweden wartet. Er wird gefangen genommen und in Ketten ins Gefängnis nach Lübeck gebracht. Er hat viele Feinde unter den Ratsherren, die ihm durch Kredite verpflichtet sind, sodass ihm nur noch die Hoffnung auf seinen Onkel bleibt … Dieser historische Roman aus der Hochzeit der Hanse basiert auf einer wahren Begebenheit.

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Arnulf Meyer-Piening

Bürgermeister Wittenborg Heerführer der Hanse

Roman

Imprint

Bürgermeister Wittenborg – Heerführer der Hanse Arnulf Meyer-Piening Copyright: © 2019 Arnulf Meyer-Piening Satz & Umschlag: Erik Kinting / www.buchlektorat.net Titelbild: jeneva86 (depositphotos.com)

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung, die über den Rahmen des Zitatrechtes bei korrekter vollständiger Quellenangabe hinausgeht, ist honorarpflichtig und bedarf der schriftlichen Genehmigung des Autors.

Vorwort

Deutsche Hansekaufleute hatten im 13. und 14. Jahrhundert enge Handelsbeziehungen im gesamten Ostseeraum unter anderen mit Dänemark, Schweden, Norwegen und Russland gepflegt und in vielen Hafenstädten bedeutende Niederlassungen gegründet. Die Ostsee war sozusagen ihr Heimatrevier, das jedoch in vielfältiger Weise von Seeräubern und angrenzenden Mächten bedroht wurde. (Vgl. Wikipedia, Hansetag, Juli 2019)

Zunehmende wirtschaftliche Bedeutung erhielten in den folgenden Jahrzenten die Nordsee mit den Häfen London, Antwerpen und Brügge sowie die Handelswege von Nowgorod über Brügge und Augsburg nach Venedig. Von dort kamen Seidenwaren und Gewürze, im Gegenzug wurden hochwertige Pelze und Bernstein geliefert.

Die Hanse war ein loser Verbund von Kaufleuten mit dem Ziel der Förderung und Erleichterung von profitablen Handelsgeschäften. Sie verfügte weder über Landbesitz noch über festgelegte Befehlsstrukturen sowie ein stehendes Heer. Die Macht der Hanse beruhte im Wesentlichen auf den Grundsätzen von Treu und Glauben, denen sich die Kaufleute verpflichtet fühlten. Bündnisse und Verträge wurden geschlossen, zeitweise sogar mit Königen und anderen bedeutenden Potentaten außerhalb der Gemeinschaft. Gemeinsame Aktionen wurden auf sogenannten Hansetagen, die je nach Bedarf in irgendeiner möglichst zentral gelegenen Hansestadt einberufen wurden, beschlossen. Verstießen Kaufleute gegen die festgelegten ethischen Grundsätze, so verloren sie ihren Kredit und waren für alle Zeiten wirtschaftlich erledigt.

Insgesamt ging es um die Vorherrschaft auf der Ostsee. Jahrelang war der Handelsverkehr über die Ostsee im Großen und Ganzen friedlich verlaufen. Die Kaufleute betrieben ihr Geschäft und respektierten sich gegenseitig. Bis eines Tages im Juli 1361 der König Waldemar IV., Atterdag, von Dänemark die Macht über die Ostsee ergreifen wollte. Er griff die Insel Gotland an, wo die Hansekaufleute in der Stadt Visby eine bedeutende Niederlassung gegründet hatten. Die Schlacht von Visby fand am 27. Juli 1361 statt. Bei der Erstürmung der Stadt wurden 1800 Bürger, die sich den Angreifern zur Wehr gesetzt hatten, getötet. Die Warenlager wurden geplündert und nahezu die ganze Stadt zerstört. Aufgrund dieser Ereignisse beschloss die Hanse, einen Krieg gegen Dänemark vorzubereiten.

Zu diesem Zweck fand am 7. September 1361 ein Handelstag in Greifswald statt, bei dem die Hansestadt Lübeck von den Ratsherren Johann Wittenborg und Johann Pleskow vertreten wurden. Neben den Vertretern anderer Hansestädte nahmen Gesandte des Deutschen Ordens und die Könige von Schweden und Norwegen teil. Der Hansetag beschloss die Unterbrechung der Handelsverbindungen zu Dänemark sowie die Vorbereitung und Finanzierung eines Krieges gegen Dänemark. Die mit der Besetzung von Teilen Schwedens, Schonen und Gotland verbundene Vorherrschaft auf der Ostsee durch die Dänen sollte gebrochen werden. Zwischen den Königen Hakon von Norwegen und Magnus von Schweden sowie dem Herzog von Schleswig und den Grafen von Holstein wurden Verträge gegen Dänemark geschlossen. Die Könige sollten 2000 Bewaffnete mit den erforderlichen Schiffen bereitstellen. Deren Aufrüstung verteilte sich auf folgende Städte: Lübeck 600 Mann, 2 Koggen, 6 Sniggen (große und kleine Kriegsschiffe), 2 Wurfmaschinen, Hamburg 200 Mann und 2 Koggen, die Städtegemeinschaften Rostock und Wismar, Stralsund und Greifswald, sowie Kolberg, Stettin und Anklam jeweils 600 Mann, 6 Sniggen und 2 Wurfmaschinen, Bremen 100 Mann und eine Kogge, Kiel 30 Mann, 1 Schiff und 10 Schuten.

Ein weiterer Hansetag fand einen Monat später am 8. Oktober 1361 in Stralsund statt. Der Angriff der Hanse gegen Dänemark wurde auf April 1362 festgelegt. Mit 52 Schiffen, darunter 27 Koggen, lief die Flotte unter der Führung von Bürgermeister Johann Wittenborg von Lübeck aus. Als Anführer der Flotte wird auch (mit unklaren Führungsaufgaben) Graf Heinrich von Holstein genannt. Anfang Mai 1362 erreichte die Flotte Kopenhagen und begann mit der Belagerung. Die Stadt wie auch das Schloss wurden eingenommen und geplündert. König Waldemar IV. floh in die Festung Helsingborg. Die hansische Flotte folgte ihm und landete in Schonen, um dort auf die nordischen Verbündeten zu warten. Da die Zeit verrann und die Unterstützung ausblieb, entschloss sich Wittenborg mit etwa 1500 Besatzungen die Festung Helsingborg zu belagern. Die mit einer schwachen Besatzung zurückgelassenen Schiffe wurden am 18. Juli 1362 von Waldemar IV. angegriffen und 12 große Koggen erbeutet. Die Besatzungen der Schiffe wurden gefangengenommen und in Helsingborg eingekerkert.

Etwa ein halbes Jahr später wurde ein Stillhalteabkommen in Rostock geschlossen. Als Vertreter von Lübeck waren Bertram Vorrade und Johann Pleskow benannt. Waldemar IV. hatte bevollmächtigte Vertreter gesandt. Ebenso waren Vertreter der Könige von Norwegen und Schweden beteiligt. Das Abkommen sollte bis zu 6. Januar 1364 Gültigkeit behalten.

Die Verhandlungen über einen endgültigen Friedensvertrag sowie die Freilassung der Gefangenen zogen sich noch bis zum Januar 1363 hin. Auf dem Hansetag in Stralsund wurde versucht, Johann Wittenborg als Anführer der Flotte die alleinige Schuld für das Misslingen der militärischen Aktion zu geben und ihn öffentlich vor Gericht zu stellen. Zwischenzeitlich saß er im Gefängnis in Lübeck, wohin er mit einem Sonderkurier gebracht worden war.

Wittenborg im Gefängnis

Direktor Hinrich Hirsekorn erwartete den Delinquenten vor dem alten Marstall der Hansestadt Lübeck. Er war nervös, denn er hatte noch nie einen Bürgermeister hinter Schloss und Riegel bringen müssen. Der hohe Herr musste wohl ein besonders schweres Verbrechen begangen haben, aber der Direktor wusste nicht welches. Das brauchte er ja auch nicht zu wissen, ihm genügte die schriftliche Anweisung des Rats, die er sorgfältig in seinem Schreibtisch bewahrte.

Die schwarze Kutsche mit den kräftigen Rappen, wie sie üblicherweise bei offiziellen Zeremonien und Fahrten für hohe Staatsgäste genutzt wurde, hielt vor dem Eingang.

In Ketten gefesselt stieg Bürgermeister Johann Wittenborg etwas steif aus dem Wagen und wurde von Wachmännern ins Haus geführt. Er schien seine Umgebung nicht wahrzunehmen, wirkte benommen, starrte wie abwesend vor sich hin und folgte den Männern scheinbar willenlos. Stand er unter Drogen? In ihm war kein Anzeichen von Leben zu erkennen. Niemand ahnte, was in ihm vorging: Es war ein Gemisch aus Trotz, Resignation und Auflehnung: Gefühle, die sich gegenseitig blockierten und ihn zum willenlosen Gefolgsmann der Mächtigen werden ließen. Dieser Eindruck stand in deutlichem Gegensatz zu seiner natürlichen Erscheinung, die einen Mann von großer Tatkraft und Willensstärke kennzeichnete. Aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt schien er ein gebrochener Mann zu sein. Während seine blauen Augen sonst strahlten, waren sie nun müde, ausdruckslos und abgestumpft. Sein gewelltes Haar war ungekämmt, sein Bart zerzaust, als hätte er seit langer Zeit weder Messer noch Seife gesehen. Kurz, ein jämmerlicher Eindruck. Kaum einer hätte den ehemaligen Bürgermeister und Feldherr in ihm erkannt.

Der Direktor wies ihm eine Zelle im Erdgeschoss zu. Der Raum war erst kürzlich auf Anweisung des Rats zu einem Gefängnis hergerichtet worden. Das heißt, er war frisch geweißt, im Übrigen kahl und spärlich beleuchtet. Nur ein einfaches hölzernes Bett, ein kleiner Tisch mit einem Stuhl standen an der Wand, an der sich im oberen Bereich ein vergittertes Fenster zeigte.

Hirsekorn begann zaghaft ein Gespräch, seine Verunsicherung war ihm deutlich anzumerken:

„Herr Bürgermeister, in diesem Raum werden Sie nun für einige Zeit wohnen. Ich weiß nicht für wie lange, aber ich hoffe, ihr Aufenthalt wird nur von kurzer Dauer sein.“

„Das hoffe ich auch. Haben Sie einen schriftlichen Haftbefehl?“

„Ja, den habe ich im Büro. Wenn Sie ihn sehen wollen, werde ich ihn holen lassen.“

„Nein, nicht nötig, ich schätze Sie als treuen und verlässlichen Mann und vertraue ihnen.“

„Ich tue mein Bestes. Im Übrigen darf ich Sie auf unsere Hausordnung hinweisen.“

„Danke, die ist mir bekannt. Sie wird sich wohl in den letzten Monaten seit meiner Abreise nicht geändert haben.“

„Nicht sehr, aber auf ein paar Änderungen möchte ich Sie hinweisen: Der Rat hat angeordnet, dass Sie die Zelle nur zu kurzen Gängen im Hof und in Begleitung unserer Wachleute verlassen dürfen.“

„Haben die nichts Besseres zu tun. Ich werde schon nicht über die Mauer klettern, zumal in schweren Ketten gefesselt.“

„Im Übrigen: Jeglicher Besuch muss zuvor vom Rat genehmigt werden. Das betrifft auch Ihre Familienmitglieder.“

„Reine Schikane.“

„Bettwäsche, Waschzeug und Handtücher finden Sie im Schrank. Waschgelegenheit und Abort befinden sich hinter dieser Tür“, und wies jeweils mit der Hand in die angegebene Richtung.

„Ich werde es mir später ansehen“, sagte Johann zunehmend genervt.

„Wenn Sie gestatten, möchte ich mich jetzt zurückziehen. Sofern Sie etwas brauchen, dann rufen Sie nach dem Wachhabenden. Er befindet sich am Ende des Ganges.“ Hirsekorn sagte es zögernd mit einem Gemisch aus Unterwürfigkeit und aufgesetztem Befehlston, mit dem er seine Untergebenen beeindrucken wollte.

„In Ordnung.“ Johann wollte allein sein. Er hatte weder Lust noch Kraft zu einer weiteren Auseinandersetzung mit diesem einfältigen Mann.

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, verließen Hirsekorn und die zwei Wachmänner den Raum und verschlossen die Tür mit besonderer Sorgfalt, wie es schien.

Wittenborg richtete sich so gut es ging in seiner kärglichen Umgebung ein. Er wusste nicht, warum er im Gefängnis sitzen musste. Natürlich wusste er, dass er durch den verlorenen Krieg seiner Stadt und ihren Bürgern – vor allen den Ratsherren und machen Kaufleuten aus anderen Hansestädten – großen Schaden zugefügt hatte, für den er als Heerführer verantwortlich war. Aber das war wirklich kein Grund für eine Verhaftung mit Einweisung in ein Staatsgefängnis, räsonierte er, denn Fluchtgefahr bestand nicht. Wohin sollte er fliehen, zumal er verheiratet war und sechs unmündige Kinder hatte. Er und seine Familie waren seit Generationen fest in der Hansestadt verwurzelt. Außerdem würde niemand einen erfolglosen Feldherrn bei sich aufnehmen. Wohin er sich auch immer flüchtete, wäre er heimatlos und geächtet. Voller Verzweiflung und antriebslos ließ er sich auf dem einzigen Stuhl sinken. Wenn er doch wenigstens einen Blick aus dem Fenster tun könnte. Das aber war in seiner augenblicklichen Verfassung – zumal in schweren Ketten – nicht möglich. Das Fenster war zu weit oben, fast unter der Decke des hohen Raumes angebracht.

Er rief nach dem Wachhabenden: „Ich verlange ein ordentliches Zimmer. In diesem jämmerlichen Stall kann ich keine zwei Stunden bleiben“, sagte Johann und bemühte sich um einen normalen Befehlston, der ihm jetzt durchaus angemessen zu sein schien.

„Ich werde es dem Direktor ausrichten“, sagte der Wachmann, schlug die Hacken zusammen, salutierte und verließ den Raum. Nichts, außer einigen entfernten Stimmen, waren zu hören. Beklemmende Stille.

Kurze Zeit später betrat der Direktor den Raum:

„Herr Bürgermeister, verzeihen Sie, dass ich Ihnen kein besseres Zimmer anbieten kann. Es ist das Beste, das ich habe. Alle anderen haben keine Fenster, sind dunkel und feucht. Die möchte ich Ihnen ersparen. Aber seien Sie versichert, unter anderen Umständen würde ich Sie gerne als mein Gast in der Burg unterbringen, aber dazu bin ich nicht berechtigt. Ich führe nur meine Befehle aus.“

„Hirsekorn, machen Sie sich darüber keine Gedanken. Ich kenne und achte unsere Gesetze, die jeder aufrechte Diener unserer Stadt ohne Widerspruch zu befolgen hat.“

„Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis. Sie waren mir immer gewogen und haben als Bürgermeister viel zum Ausbau und zur Verbesserung der Sicherheit unseres ehemaligen Marstalls beigetragen.“

„Die Erhaltung des historischen Gebäudes war mir ein besonderes Anliegen. Außerdem ist es für jedes Staatswesen unerlässlich, sichere Gefängnisse für Verbrecher und Missetäter zu haben.“

„Aber zu dieser Art von Individuen zählen Sie ja – wenigstens in meinen Augen – nicht. Sie waren immer ein Vorbild für alle rechtschaffenden Bürger unserer Stadt.“

„Ich war immer um das Gemeinwohl bemüht. Meine persönlichen Interessen habe ich stets in den Hintergrund gestellt. Ich achte die Gesetze, deshalb könnten Sie mir ruhig die Ketten abnehmen, denn ich werde dieses Gefängnis nicht ohne Richterspruch verlassen. Das verspreche ich Ihnen hoch und heilig.“

„Herr Bürgermeister, auf Ihr heiliges Versprechen nehme ich mir die Freiheit, Ihnen die Ketten abnehmen zu lassen. Dem Rat ging es wohl nur um eine Machtdemonstration und die öffentliche Zurschaustellung Ihrer Person.“

„Das ist ihm in der Tat gelungen. Ich bin auf immer und ewig als Verbrecher gebrandmarkt. Ein sichtbares Signal weit über die Grenzen unserer Stadt hinaus. Bestimmte Kräfte im Rat wollen mich zerstören. Das hat nichts mit dem verlorenen Krieg gegen Dänemark zu tun.“

„Aber was wollen die denn?“

„Sie wollen Helden, keine Verlierer. Es geht ihnen nur um Geld und Macht. Sie wollten den Krieg, aber sie wollten sich nicht die Finger schmutzig machen. Sie haben mich vor ihren Karren gespannt.“

„Aber Sie machten damals durchaus einen heldenhaften Eindruck als Führer einer kampfbereiten Flotte.“

„So habe ich mich wirklich nicht gefühlt. Ich hatte keine andere Wahl. Als Bürgermeister war ich gezwungen, die Entscheidungen des Rats in die Tat umzusetzen.“

„So sind unsere Gesetze.“

„Ich habe den Krieg nicht gewollt. Er ist mir aufgezwungen worden. Ich bin in erster Linie Kaufmann und kein Heerführer. Ich suche den friedlichen Wettstreit der Kaufleute. Aber die widrigen Verhältnisse, und die ständigen Angriffe der Dänen gegen unsere Handelsschiffe und Niederlassungen zwangen uns zum Handeln. Wir wären durch die feindseligen Angriffe erdrückt worden. Besonders seit dem hinterhältigen Überfall des Dänenkönigs auf Visby blieb uns keine andere Wahl als den Krieg zu beginnen, damit unsere Schiffe auch weiterhin friedlich über die Ostsee fahren können.“

„Das war uns alle, die wir auf Gedeih und Verderben mit unserer Stadt verbunden sind, schon seit langem klar. Es war wirklich an der Zeit, den Dänenkönig in seine Schranken zu weisen. Aber es fehlte an einem geeigneten Führer, der zum Kampf entschlossen war. Wir haben lange Zeit auf jemanden wie Sie gewartet. Endlich waren Sie zur Stelle, und haben unsere Flotte gegen den Feind geführt. Nur schade, dass der Kampf nicht siegreich ausgegangen ist.“

„Wie wahr! Aber es hat nicht viel gefehlt, denn wir hatten das Schloss in Kopenhagen schon eingenommen, aber der König hatte sich auf seine Burg in Helsingborg geflüchtet. Dorthin folgten wir ihm, konnten ihn aber wegen der hohen Mauern nicht verhaften. Wenn uns das gelungen wäre, wäre er jetzt an meiner Stelle.“

„Den Schurken hätte ich lieber statt Ihnen in meiner Gewalt gehabt. Ich hätte ihn in ein dunkles Verließ im Keller gesteckt. Der wäre hier nie lebend herausgekommen.“

„Es ist nun anders gekommen. Dabei hatten wir alle Trümpfe in der Hand, aber die schwedischen und norwegischen Flottenverbände hatten uns im Stich gelassen.“

„Wenn es denn so war wie Sie sagen, dann allerdings wurden Sie zu Unrecht gefangengesetzt. Ich hoffe, dass Ihnen bald Gerechtigkeit zuteilwird.“

„Das ist mein sehnlichster Wunsch.“

„Aber jetzt zu dem Nächstgelegenen: Möchten Sie etwas zu Essen haben oder sich lieber erst ausruhen? Das Bett ist allerdings nicht so komfortabel, wie Sie es in Ihrem Hause gewohnt sind, und auch ein warmes Bad können wir Ihnen hier nicht bieten.“

„Ich kenne dies alte Gemäuer und seine spartanische Ausstattung. Ursprünglich für Pferde erbaut und nun von einem anständigen Menschen bewohnt! Ich bin kein Verbrecher, habe kein Unrecht getan. Ich möchte nur ordentlich behandelt werden, und etwas zum Essen hätte ich gern.“

„Nicht viel kann ich Ihnen bieten, ich kann Ihnen nur Graupensuppe und trockenes Brot bieten.“

„Das ist alles? Von Wasser und trockenem Brot kann kein Mensch leben.“

„Es ist mir ausdrücklich untersagt, Ihnen mehr zu geben als allen anderen Gefangenen.“

„Dann möchte ich meine Frau sprechen. Sie soll mir etwas Kräftigendes mitbringen“

„Ich werde sie sofort benachrichtigen lassen. Gegen ihren Besuch wird niemand etwas einzuwenden haben.“

„Ich hoffe nicht.“

„So grausam kann keiner sein.“

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren verließ der Direktor den kargen Raum.