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Ein Buch, das seine Leserinnen und Leser in die Welt der unterschiedlichsten Märchen entführt. Bezaubernde Märchenfiguren purzeln hier von Wolken, laufen auf Hühnerbeinen oder gehen schlichtweg dem Beruf des Scherenschleifers nach. Dass es nicht nur von Vorteil ist, wenn man die Zeit anhalten kann, erfährt man ebenso wie die Tatsache, dass man andere nicht nach ihrem Aussehen beurteilen sollte. Viele Geschichten erinnern an die traditionellen Märchen der Vergangenheit, noch mehr jedoch laden in eine völlig neue und bunte Umgebung ein, die bisher im Verborgenen geschlummert hat. Auf faszinierende Weise wird in diesem Märchenbuch Altes mit Neuem gemischt und die daraus resultierende Rezeptur verspricht vergnügliche Lesestunden. Ebenso schillernd ist die Auswahl der Illustrationen, die sich den Geschichten anpassen und sie ergänzen.
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2019
Butterstulle und Pflaumenmus
Ein Buch, das seine Leserinnen und Leser in die Welt der unterschiedlichsten Märchen entführt. Bezaubernde Märchenfiguren purzeln hier von Wolken, laufen auf Hühnerbeinen oder gehen schlichtweg dem Beruf des Scherenschleifers nach. Dass es nicht nur von Vorteil ist, wenn man die Zeit anhalten kann, erfährt man ebenso wie die Tatsache, dass man andere nicht nach ihrem Aussehen beurteilen sollte. Viele Geschichten erinnern an die traditionellen Märchen der Vergangenheit, noch mehr jedoch laden in eine völlig neue und bunte Umgebung ein, die bisher im Verborgenen geschlummert hat. Auf faszinierende Weise wird in diesem Märchenbuch Altes mit Neuem gemischt und die daraus resultierende Rezeptur verspricht vergnügliche Lesestunden. Ebenso schillernd ist die Auswahl der Illustrationen, die sich den Geschichten anpassen und sie ergänzen.
Renate Anna Becker und Renate Zawrel
Wir sind Paulinchen und würden uns über einen Besuch freuen
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Es war einmal in einem Dorf …
In diesem Dorf lebte der kleine Basti. Er war ein munteres Kerlchen mit fuchsroten Haaren und so vielen Sommersprossen im Gesicht wie Sterne am Himmel sind. Seine kleine Stupsnase reckte sich neugierig in die Höhe. Aber die Augen erst! Oh! Sie wurden beschattet von langen Wimpern und waren so blau wie ein tiefer, dunkler Bergsee. Basti spielte den Dorfbewohnern öfter einen Streich, aber niemand konnte ihm lange böse sein.
An einem Sonntagmorgen, als alle Leute des Dorfes ihre Festtagskleidung angelegt hatten und in die Kirche gehen wollten, packte es den Basti wieder einmal. Kurz bevor die Glocken zum Gottesdienst läuteten, schlich er sich in die Kirche und streute Niespulver zwischen die Seiten vieler Gesangbücher. Dann stellte er sich brav neben die Kirchentür und machte jedes Mal eine artige Verbeugung, wenn ein Dörfler die Kirche betrat. Sobald der Kantor die Orgel zu spielen begann, nahmen die Leute die Gesangbücher zur Hand und schlugen eine bestimmte Seite auf – sie sangen jeden Sonntag das gleiche Eingangslied. Es dauerte nicht lange, da nieste erst einer, dann niesten zwei und immer mehr. Hilflos stand der Pfarrer am Altar. Schließlich segnete er die Leute und rief:
„Das wird heute nix mehr mit der Messe. Geht alle heim und betet ein Vaterunser, wenn ihr euch beruhigt habt.“
Niesend und sich schnäuzend verließen die Dörfler die Kirche. An der Tür stand wiederum Basti und machte einen Diener nach dem anderen.
Der Pfarrer aber hatte so eine Ahnung, wer hinter diesem Niespulver Streich steckte. Er schritt als Letzter durchs Kirchenportal, packte Basti unversehens am Kragen und schüttelte ihn wie einen nassen Hund … Nein! So fest nicht! Der Junge sollte ja durch das Schütteln keinen Schaden nehmen, sondern nur einen Schrecken bekommen. Oh ja! Basti quiekte entsetzt wie ein Schweinchen und strampelte ebenso heftig.
„Was hast du dir nur dabei gedacht, du Lausbub“, schimpfte der Pfarrer mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Er dachte daran, wie er – selbst noch ein Bub – Tinte ins Weihwasser geschüttet hatte und alle Leute mit einem blauen Kreuz auf der Stirn nach Hause gegangen waren.
Basti versprach Besserung und der Pfarrer fragte ihn: „Magst du eine Butterstulle mit Pflaumenmus?“
Zu Butterstulle mit Pflaumenmus konnte kein Bub NEIN sagen und schon gar nicht der Basti. Er bekam von der Hauswirtschafterin des Pfarrers eine so gewaltige Stulle, dass ein Bauarbeiter davon hätte satt werden können. Die Frau schaute ihm lächelnd beim Futtern zu.
Als er aufgegessen hatte, sagte der Pfarrer: „Basti, nun hast du dich gestärkt und kannst den Unsinn, den du angerichtet hast, wieder gutmachen. Du wirst jetzt alle Gesangbücher vom Niespulver befreien.“
„Ist gut“, sagte Basti kleinlaut und machte sich in der Kirche an die Arbeit. Doch wenn der Pfarrer gedacht hatte, nun werde das große Basti-Niesen beginnen, so wurde er enttäuscht. Der Junge war nicht dumm. Er hatte von seinem Vater, dem Arzt des Dorfes, vorsorglich einen Atemschutz mitgenommen. Den band er sich vor die Nase und brachte jedes Gesangbuch einzeln nach draußen, um es da zu reinigen.
Im Dorf hatte sich schnell herumgesprochen, was geschehen war und welche Strafe den Übeltäter ereilt hatte. Deshalb standen die Leute vor der Kirche und jedes Mal, wenn Basti mit einem Gesangbuch herauskam und die Seiten ausschüttelte, gab es neues Gelächter. Dann gingen die Leute in den Dorfkrug, tranken und aßen …
Und nun ratet einmal, was es zu essen gab? Richtig! Butterstullen mit Pflaumenmus.
Basti aber trabte am späten Nachmittag heim, legte sich aufs Bett und griff nach seinem Lieblingsmärchenbuch. Ihr wollt wissen, welche Märchen darin geschrieben stehen? Hier sind sie!
Blanche
In einem weiten, grünen Tal, umschlossen von hohen Bergen, stand ein kleines Haus mit rotem Dach und schneeweißen Wänden. Die Fensterläden waren grün gestrichen, mit ausgeschnittenen kleinen Herzen in der Mitte. Ein brauner Zaun umsäumte es und hielt die wilden Tiere fern. Zu dem Haus gehörte auch ein kleiner Garten, in dem so allerlei Gemüse wuchs. Ein Apfelbaum stand am Rand des Gartens, mit goldenen Früchten daran. Auf der anderen Seite stand ein Birnbaum, der silberne Früchte trug.
In dem Haus wohnte Blanche, eine wunderschöne Fee. Sie herrschte über das Land ringsum und achtete darauf, dass niemandem, der in dem Land wohnte, ein Unglück geschah. Blanche hatte goldene und silberne Haare, ein schönes ovales Gesicht mit zart-rosa Wangen und einem kleinen, kirschroten Mund. Sie besaß silber-goldene, durchscheinende Flügel, die es ihr erlaubten, sich hoch in den blauen Himmel zu schwingen. Aber das Schönste an der Fee Blanche waren ihre Augen. Sie strahlten in einem hellen Blau und leuchteten wie die Sterne am dunklen Nachthimmel In dem Haus war alles hell und freundlich eingerichtet. Auf den Tapeten waren die schönsten Bilder aufgemalt. Da gab es weiße Wolken, grüne fruchtbare Landschaften, Kinder, die mit dem Sommerwind spielten, und viele verschiedene Tiere tanzten einen Reigen der Freundschaft. Das Königreich von Blanche unterlag den Jahreszeiten, genau wie bei uns hier. Nur etwas war anders: Im Frühling schwirrten tausend kleine Feen durch die Luft und kitzelten die Bäume so lange, bis sie aufwachten und ihre Blätter entfalteten. Die Feen berührten mit ihren Zauberstäben die Erde, damit das Eis schmolz und frisches grünes Gras wachsen konnte. Krokusse streckten neugierig ihre ersten Blätter aus dem Boden und Schneeglöckchen läuteten
den Frühling herbei.
Wenn der Sommer an der Reihe war, dann putzten die kleinen Feen die Sonnenscheibe auf Hochglanz, damit ihre Strahlen die Luft erwärmen konnten und die Sommerblumen aus ihrem Schlaf in der Erde erwachten.
Im Herbst malten die kleinen Feen das Obst an. Die Äpfel bekamen rote Bäckchen, die Pflaumen erstrahlten in einem satten Blau, die Kirschen waren so rot wie der Mund der Fee Blanche. Im Winter aber, da schiefen die kleinen Feen und auch Blanche legte sich zur Ruhe, um erst im Frühling wieder
Aufzuwachen. Bis dahin regierten Eis und Frost das Land und die Nordwinde verbreiteten kalte Luft. Die Bäche und Seen froren zu und die Wasserfälle glichen großen Vorhängen aus Eis, die von den Bergen herunterhingen. Hinter einem dieser Eisvorhänge verbarg sich der Zugang zum Feental. In einem dieser harten Winter geschah es, dass ein junger Mann durch das Gebirge reiste. Er war nur in Gesellschaft zweier Maultiere, die warme Kleidung, Waffen und Wegzehrung transportierten.
Der junge Mann war der Sohn des Herrschers der sieben Weltmeere. Er war ausgezogen, um Abenteuer zu erleben, und nun hatte er sich im Gebirge verirrt. Vor ihm erhob sich eine Wand aus Eis, die es ihm nicht erlaubte, weiterzugehen. Schon viele Tage und Nächte hatte er zwischen den Felsen verbracht. Seine Kräfte waren dahingeschmolzen und seine Vorräte so gut wie aufgebraucht. Nur ein paar Linsen und Erbsen waren ihm geblieben.
Seine Gesichtszüge wirkten eingefallen und die Augen fielen ihm immer häufiger müde zu. Das schwarze Haar hing ihm strähnig in die hohe Stirn, sein Mund sah unter der Nase wie ein blasser Strich aus. Er trug den stolzen Namen Ozeanus nach den Meeren, über die sein Vater herrschte. Jetzt aber war ihm gar nicht stolz zumute!
Er sattelte die Maultiere ab und gab ihnen das letzte Futter, das noch übrig war. Dann jagte er sie auf dem Weg zurück, den sie gekommen waren. Er selbst aß die wenigen Linsen und Bohnen, die er sich mit dem letzten Feuerholz gekocht hatte, und wickelte sich danach in seinen Mantel. Mit einem Seufzer legte er sich unter einem verschneiten Busch nieder, betete und war sich sicher, dass er hier sterben werde. Aus diesem Schlaf würde er nicht wieder erwachen, wenn nicht ein Wunder geschah.
Langsam erlosch das Feuer... Eisiger Wind wehte den Schnee in das enge Tal und bedeckte den Körper des jungen Mannes mit einer weißen Decke.
Der Nordwind war ein rauer Geselle mit langem weißen Bart, in dem die Eiszapfen aneinander schlugen und leise Klingeltöne erzeugten, wenn er sich bewegte. Er war groß wie ein Turm und seine Augen waren schwarz wie die Kohlen tief aus dem Berg. Er schaute auch in dieser Nacht wie stets in das enge Tal und sah einen Stiefel aus dem Schnee herausragen. Neugierig wehte er näher und erkannte, dass der Stiefel zu einem jungen Mann gehörte, den der Schnee völlig zugedeckt hatte. So wild wie sich der Nordwind auch gab, böse war er nicht. Er hatte Mitleid mit Ozeanus, fegte den Schnee beiseite und hob ihn hoch, als sei er eine Feder.
Dann rief er seinen Bruder, den Südwind, und sagte: „Ist es nicht Zeit, dass du aufstehst, du Faulpelz? Ich habe schon viel zu lange regiert. Nun bist du dran. Mach im Tal der Fee Blanche, dass es Frühling wird. Ich lege das Menschenkind vor das Haus der Fee. Sie wird wissen, was zu tun ist.“
Der Südwind gähnte, reckte und streckte sich, plusterte sich auf und schaute aus gelben guten Augen auf den jungen Mann, der leblos zwischen Zeigefinger und Daumen des Nordwindes hing. „Ist gut!“, sagte er. „Ich mach mich ans Werk.“
Der Nordwind legte Ozeanus vor das Haus der guten Fee, der Südwind holte tief Luft und erwärmte mit seinem Atem die Erde im Tal. Die kleinen Feen erwachten und begannen die Bäume zu kitzeln und mit ihren Zauberstäben die Erde zu berühren.
Auch die Fee Blanche erwachte aus ihrem tiefen Schlaf. Sie trat vor die Haustür und erblickte den reglos im Gras liegenden jungen Mann. Schnell rief sie die kleinen Elfen herbei, die ihr halfen, den Fremden ins Haus zu bringen. Dort legten sie ihn auf eine weiche Wolke und deckten ihn mit warmen Daunen zu.
Blanche kochte einen süßen Hagebuttentee und als Ozeanus wieder zu sich kam, gab sie ihm diesen zu trinken. Langsam kehrten seine Lebensgeister wieder zurück. Staunend blickte er sich um und fragte: „Wo bin ich hier? Und wer bist du? Bin ich tot und im Himmel? Bist du ein Engel?“
Blanche legte ihren Zeigefinger auf seine Lippen und gebot ihm, still zu sein. „Wenn es an der Zeit ist, werde ich dir alle Fragen beantworten. Nun schlafe, damit du wieder zu Kräften kommst“, raunte sie.
Ozeanus schloss die Augen und war gleich darauf eingeschlafen. Blanche aber rief eine Taube herbei und gab ihr einen Brief an den Herrn der Ozeane mit. „Flieg, kleine Taube, und bring dem Herrn der Meere die Botschaft, dass sein Sohn lebt und es ihm gut geht.“
Sie entließ den geflügelten Boten und dieser flog erst eine Runde über dem Tal und entfernte sich dann in Richtung Osten.
Die kleine Taube musste in allen vier Richtungen nach dem Herrscher der Ozeane suchen. Aber sie wusste, die vier Winde würden ihr helfen und sie dorthin führen, wo sie ihre Botschaft abliefern sollte.
Die Taube flog bei Wind und Wetter immer weiter. Als sie das Meer des Ostens erreicht hatte, rief sie den Herrn der Meere, bekam jedoch keine Antwort. Sie fragte den Südwind, ob er den Herrn der Meere gesehen habe, aber der schüttelte seinen Feuerkopf und sagte: „Ich glaube, er ist im Meer des Westens oder Nordens, im Süden habe ich ihn lange nicht gesehen.“
Also flog die Taube weiter zum Meer des Westens, aber auch da war der Herr der Ozeane nicht. Nun musste sie zum Meer des Nordens fliegen. Dort war es kalt und ungemütlich. Auf halbem Wege legte sie an einem großen See eine Pause ein.
Sie fror jämmerlich. Erschöpft hockte sie auf dem Ast eines Baumes und zitterte zum Gotterbarmen, trotz der aufgeplusterten Federn. Gerade war sie doch ein wenig eingenickt, da rief eine Stimme aus dem See: „Was tust du hier, kleine Taube? Es ist hier viel zu kalt für dich. Wenn du einschläfst, wirst du erfrieren und nicht wieder aufwachen. Schnell, fliege weg!“
Die Taube antwortete mit matter Stimme: „Ich muss den Herrn der Meere, Seen und Ozeane finden, den Herrn über jedes Wasser. Weißt du, wo er ist? Ich habe eine Botschaft für ihn von der Fee Blanche.“
Da teilte sich das Wasser und aus den Fluten stieg ein Wassergeist heraus. Seine Haare waren aus braunem und grünem Seetang. An den Ohren hingen ihm schimmernde Perlmutt-Ohrringe. Von Kopf bis Fuß war er meergrün und seine Augen strahlten dunkelblau wie die tiefen Stellen im Meer. Sein Gewand bestand aus roten Korallen.
„Gib mir die Botschaft, kleine Taube, und fliege schnell dahin, wo es wärmer ist. Ich werde den Herrn der Meere schon finden und ihm die Botschaft überbringen. Kannst du denn noch zurückfliegen oder bist du schon zu schwach? Warte! Ich rufe den Adler. Der lebt in den Bergen und kann sehr hoch und sehr lange fliegen.“
Der Wassergeist rief den Adler und der kam auch gleich angeflogen.
„Du hast mich gerufen, Nöck? Was willst du von mir?“
„Bitte, Herr der Lüfte, bring die Taube in wärmere Gefilde. Sie ist zu schwach, um selbständig zu fliegen. Sie hatte für den Herrn der Meere eine Botschaft, die ich jetzt an ihrer Stelle überbringen werde.“
Der Adler ruckte überlegend mit dem Kopf hin und her.
„Du hast seltsame Ideen, Nöck“, schnarrte er. „Normalerweise gönne ich mir eine Taube als leckere Zwischenmahlzeit. Wer sagt dir, das ich sie nicht verspeisen werde?“
Der Wassermann hob mahnend die Hand. „Dies ist eine Taube der Fee Blanche. Du willst sie doch nicht verärgern?“
„Oh nein!“, wehrte der Adler erschrocken ab. „Wenn sie Blanches Taube ist, werde ich das Vögelchen bis zu ihrem Haus tragen, wenn es sein muss.“
Vorsichtig nahm der große Vogel die kleine Taube in seine mit scharfen Krallen versehenen Fänge und flog mit ihr davon.
Er hielt, was er versprochen hatte: Er setzte die Taube im Tal der Fee ab.
„Hast du den Beherrscher aller Meere gefunden?“, fragte Blanche die kleine Botin. Da berichtete diese, wie es ihr ergangen war und dass ein Wassermann die Nachricht weitergetragen hatte. Im Haus der Fee erholte sich Ozeanus schnell. Blanche berichtete ihm, dass sie eine Taube zu seinem Vater geschickt habe mit der Botschaft, dass er am Leben sei und es ihm gut gehe. Der Frühling war nun endgültig in das Tal der Fee eingezogen. Ozeanus schaute sich in der lieblichen Gegend um und freute sich über die Blumen. Er spielte Fangen mit den Elfen, vermochte sie aber nie zu erwischen, denn die kleinen Wesen waren einfach zu schnell für ihn.
Eines Tages schoben sich dunkle Wolken über die hohen Berge und verfinsterten das sonst so sonnige Tal. Aus einer dieser Wolken, einer besonders bedrohlichen, brach ein abscheuliches Un-
geheuer hervor. Seine Haut war schwarz wie Pech, seine Zähne waren lang und spitz wie Dolche. Die rote Zunge hing ihm aus dem Maul und Geifer tropfte auf die Erde hinunter. Wohin er fiel, verätzte er die Blumen und das Gras. Das Ungeheuer warf Blitze auf die Erde. Wenn sie die Bäume trafen, spalteten sie diese in zwei Hälften. Manche brannten auch lichterloh.
Blanche rief die kleinen Elfen zu Hilfe, aber die hatten sich versteckt und zitterten vor Angst. Allein vermochte sie das Ungeheuer jedoch nicht zu bekämpfen. Da rief Ozeanus: „Wenn ich ein Pferd, eine Rüstung und ein Schwert hätte, würde ich das Ungeheuer ganz allein töten.“
Blanche schaute ihn an und lächelte erleichtert. „Wenn es weiter nichts ist“, sagte sie, hob ihren Zauberstab und aus einer Amsel wurde ein geflügeltes weißes Pferd; aus der Pflanze Eisenhut eine glänzende Rüstung und aus der Schwertlilie ein scharfes Schwert.
Ozeanus schwang sich auf das Ross und es trug ihn hinauf bis zu den düsteren, drohenden Wolken.
Das Wolkenungeheuer sah ihn heranbrausen und warf Blitze nach dem tapferen Ritter der Meere. Einer davon verletzte ihn am Arm. Aber Ozeanus achtete nicht darauf, stürmte noch näher heran und stieß dem Ungeheuer sein Schwert erst zwischen die Augen und darauf mitten in dessen finsteres Herz. Das Ungeheuer heulte auf und schleuderte mit letzter Kraft einen gewaltigen Blitz auf die Erde. Dann löste es sich in Nichts auf, die Sonne brach aus den Wolken hervor und erreichte die Erde wieder.
Der Schaden, den das Ungeheuer angerichtet hatte, war bald behoben, dank der Zauberkraft der Fee Blanche und dem Fleiß der kleinen Elfen.
Ozeanus aber verabschiedete sich von Blanche und sagte: „Eines Tages komme ich zurück, denn ich habe dich sehr liebgewonnen. Wenn du mich ebenfalls gern hast, feiern wir ein Hochzeitsfest. Jetzt aber muss ich zu meinem Vater.“
Er schwang sich auf das geflügelte Pferd, hob zum Abschied grüßend sein Schwert und die Fee winkte ihm nach, bis er nicht mehr zu sehen war.
Es dauerte bis in den Sommer hinein, ehe Ozeanus wieder im Tal erschien. Er brachte seinen Vater mit und nun wurde eine Hochzeit gefeiert, wie die Welt sie noch nie gesehen hatte.