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So pompös sein Name ist, so erbärmlich ist Caballero Kater del Aguas Leben. Erst das Eingreifen des Tierschutzes beschert ihm und seiner Tochter Mieze ein neues, besseres Zuhause bei Rosie. Die ist begeisterter Krimifan und schaut jeden Abend zusammen mit ihren Katzen Fernsehkrimis. So lange jedenfalls, bis sie selbst in ihrem eigenen Zuhause bedroht wird. Und der einzige Ritter, der in der Nähe weilt und sie retten könnte, läuft auf vier pelzigen Pfoten.
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Veröffentlichungsjahr: 2020
Die fast wahre Geschichte von
Für alle Katzenfreunde und solche,
die es werden möchten
©Susanne Eisele 2020
Machandel Verlag Haselünne
Charlotte Erpenbeck
Cover kasyanovart /shutterstock.com
Katzen: shutterstock.com
1. Auflage 2020
ISBN 978-3-95959-280-2
„So ein Mist“, schimpfte Kater leise vor sich hin. „Mein ganzes Fell ist verschmutzt. Wenn es wenigstens nicht so verfilzt wäre, dann könnte ich es ja vielleicht mit der Zunge säubern – aber so? Keine Chance. Und Hunger habe ich auch. Was macht eigentlich der, der für mich und die Kleine sorgen sollte? Liegt mal wieder wie tot im Bett. Schläft seinen Rausch aus, anstatt sich um uns zu kümmern. Oh, wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich einfach ein Stück aus ihm herausbeißen. Andererseits – wer weiß, mit welchen Krankheiten ich dann zu kämpfen hätte. So wirklich gesund sieht der ja nicht aus.“
Sein Stammplatz ein alter, verschmutzter Hocker, bot Kater freien Blick auf den dicken, geräuschvoll schlafenden Mann in der unordentlichen, zugemüllten Wohnung, die eigentlich nur aus dem einen Zimmer bestand, von einem winzigen Badezimmer mal abgesehen. Die dunkelblaue Trainingshose mit den weißen Längsstreifen, die nicht mehr ohne Hosenträger auskam, sowie das hineingestopfte Unterhemd der Marke Feinripp hatten ihre Passform schon vor sehr langer Zeit verloren. Sie wiesen zahlreiche Flecken und Schlieren in unterschiedlichsten Farben und Formen auf, was von einem äußerst zurückhaltenden Umgang mit Wasser, Wasch- und sonstigen Reinigungsmitteln zeugte. Widerlich.
Wie oft hatte Kater schon das dringende Verlangen verspürt, zu fliehen. Das Problem war jedoch, dass er gar nicht wusste, wie er hier ‘rauskommen sollte, er hatte diese Räume noch nie verlassen. Manchmal, wenn er auf dem Fensterbrett saß und verträumt hinausschaute, versuchte er, sich auszumalen, wie das Leben da draußen wohl sein mochte. Meist jedoch vermied er es, sich all zu viele Gedanken darüber machen, damit ihn die Sehnsucht nicht verzehrte.
Bis vor ein paar Wochen lebte seine Gefährtin, die Mutter seiner Tochter, noch bei ihnen. Doch diese war von einem Tag auf den anderen verschwunden. Kater wusste nicht, was mit ihr geschehen war. Das war jetzt auch nicht so wichtig. Auf jeden Fall konnte er nicht einfach so abhauen und seine kleine Tochter im Stich lassen, wenn schon deren Mutter nicht bei ihr war. So unangenehm der Dreck und das verklebte Fell auch waren, es war immer noch besser als das Risiko und die Ungewissheit einer Flucht. Hier bekamen sie wenigstens immer wieder mal etwas zu essen. Mitunter gab es zwar futterspezifische Versorgungsengpässe, aber vollständig verhungern ließ ihr sogenannter Ernährer sie ja dann doch nicht.
Besorgt schaute Kater zu seiner Tochter, die apathisch auf dem Boden saß. „Viel zu dünn“, dachte er kopfschüttelnd. Sehen zu müssen, dass auch ihr Fell völlig verschmutzt und verknotet war, tat ihm beinahe körperlich weh. Fellpflege mittels Katzenzunge war auch bei ihr nicht mehr durchführbar, von dem abstoßenden Aroma ganz zu schweigen.
Sein Blick schnellte zur Wohnungstür, er spitzte die Ohren, bewegte sie fast wie Radarschirme – nur viel schneller – hin und her, weil ungewohnte Geräusche sowie Stimmen aus dieser Richtung zu hören waren. Was hatte das jetzt zu bedeuten? Etwa tatsächlich Besuch? Das kam ja nun wirklich so gut wie gar nie vor. Wer sollte schon freiwillig diese Bude betreten wollen! Da! Die Türklingel! Es will also wahrhaftig jemand zu uns? „He, Ernährer, wach auf!“
Kater hüpfte auf dessen Bauch. Nachdem dies ohne Reaktion blieb, grub er seine Krallen ein wenig in die weiche Masse. Der Mann fuhr hoch „Aua! Ha – was…?“ In diesem Moment klingelte es nochmals. Er schielte zu Tür, dann erhob er sich träge, Kater sprang auf den Boden. Sein Versorger schlurfte unmotiviert zur Tür, um nachzusehen, wer es wagte, seinen Schönheitsschlaf zu stören. „Wer will denn jetzt schon wieder etwas von mir? Hat man denn hier nie seine Ruhe?“, maulte er undeutlich. Kater setzte sich aufrecht hin, um das Geschehen mit größtem Interesse zu beobachten, ohne dabei in irgend einer Weise beunruhigt zu sein, was ihn selbst ein wenig erstaunte. Aber sein „innerer Katzenalarm“ registrierte weder Gefahr noch Bedrohung. Die Tür wurde geöffnet. Aha - zwei Menschenfrauen betraten die Wohnung. Nett anzusehen, die beiden.
Als sie zu sprechen begannen, empfand er den Klang ihrer Stimmen als so wohltuend, dass er beinahe eine Gänsehaut bekommen hätte. Dabei übermittelte ihm der Tonfall ihrer Worte eine nie zuvor erlebte Freundlichkeit. Nicht, dass der Versorger ausgesprochen unfreundlich oder gar böse zu den Katzen gewesen wäre - er ließ es nur einfach an der nötigen Aufmerksamkeit mangeln.
Trotzdem – oder gerade deswegen – war Kater irritiert, dass so liebe Menschen den Weg zu ihnen gefunden hatten. Wie passte das denn jetzt zu seinem Versorger? Genau genommen: gar nicht. „Aber erst mal hören, worum es überhaupt geht.
Hm … Tierarzt … Veterinäramt … verwahrlost … Tierschutzanzeige … Fellpflege …“ Katers Blick wechselte zwischen den freundlichen Damen und dem ungepflegten Mann hin und her, um einigermaßen mitzubekommen, wovon sie eigentlich redeten. Doch das war sehr anstrengend. So viele Worte auf einmal musste er normalerweise nicht verarbeiten. Üblicherweise beschränkte sich der Wortschatz seines Versorgers auf „feines Fresschen“ (was mitunter schon gewaltig übertrieben war), „komm“ oder ähnliche kurze Sätze. Moment - was hatte er da eben gehört? Abgeben? Wer sollte hier etwas abgeben? Für wen? Irgendwie schien sich das Gespräch zwar um ihn und seine Tochter zu drehen, aber so ganz verstand er trotzdem nicht, was das alles bedeutete. Vielleicht hätte er doch mal wagen sollen, nach draußen zu gehen, um mit der menschlichen Sprache besser vertraut zu werden.
Katers Überlegungen wurden jäh unterbrochen.
„Och, die freundlichen Damen verabschieden sich ja schon. Schade, war endlich mal eine angenehme Abwechslung. Hat aber auch irgendwie müde gemacht, dieses angestrengt Zuhören. Am besten jetzt erst mal eine Runde Schlafen.“
Einige Zeit später wurde Kater durch ein entfernt vertrautes Geräusch geweckt. „Wie, etwa schon wieder Besuch? Es war doch erst vor ein paar Stunden jemand da gewesen.“ Normalerweise hatten sie nie Gäste, jetzt dafür gleich zweimal am selben Tag? Was war denn heute nur los? Als es erneut klingelte, öffnete sein Versorger sofort die Tür. Hatte er diesen Besuch etwa erwartet? Neugierig hob Kater den Kopf, um zu sehen, wer diesmal eintreten würde. Na, so was, die netten Damen waren ja wieder da. Wofür sie wohl diese großen Plastikkörbe dabeihatten? Die Frauen stellten die Körbe auf dem Boden ab, während sie sich mit dem Versorger unterhielten, was Kater im Moment aber nicht ansatzweise interessierte. Die Plastikkörbe waren viel interessanter. Von der Neugierde getrieben stand er nun doch auf. Vorsichtig schlich er um diese Behältnisse herum, um sie von allen Seiten genau zu inspizieren. War da vielleicht Essen drin? Würde auch für ihn und seine Tochter etwas Gutes abfallen?