Tierisch gute Geschichten - Susanne Eisele - E-Book

Tierisch gute Geschichten E-Book

Susanne Eisele

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Kurzgeschichten mit tierischen Protagonisten. Mal humorvoll, mal nachdenklich, aber immer liebenswert. Auch Tiere wie Igel, Ameise und Enten, über die man sonst weniger liest, haben hier ihren Auftritt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 177

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Tierisch

Gute

Geschichten

Die Drei

(Sylvia Morlok, Ute Ummer und Susanne Eisele)

Tierisch

gute

Geschichten

© 2025 Susanne Eisele, Sylvia Morlok, Ute Ummer

Lektorat von: Susanne Eisele, Sylvia Morlok, Manfred Polz, Ute Ummer

Coverdesign von: Susanne Eisele, Manfred Polz Herausgegeben von: Susanne Eisele

Covergrafik von: Manfred Polz, unter Verwendung von Bildern von Pixabay

ISBN

Paperback 978-3-384-61336-3

e-Book 978-3-384-61337-0

Druck und Distribution im Auftrag der Autoren:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte sind die Autoren verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autoren, postalisch zu erreichen unter: Susanne Eisele, Urnagold 32, 72297 Seewald, Germany und per E-Mail unter [email protected].

Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

Was ist schon eine Ameise?

Sylvia Morlok

Hinkebein will wieder heim

Ute Ummer

Ein heißer Sommer!

Sylvia Morlok

Ein kalter Winter!

Sylvia Morlok

Von der Raupe zur Puppe

Sylvia Morlok

Gedümpel im Tümpel

Ute Ummer

Grünlinge

Susanne Eisele

Herbert, der Igel

Sylvia Morlok

Wie man ein Krokodil los wird

Ute Ummer

Dich krieg‘ ich!

Sylvia Morlok

Wenn eine Kröte auf Reisen geht …, dann wird sie interessant

Ute Ummer

Die Katze auf dem Baum

Susanne Eisele

Mit dem Hintern auf dem Sofa

Sylvia Morlok

Ente zu Weihnachten ist ... gestrichen

Ute Ummer

Die letzte Nacht

Sylvia Morlok

Der Rabe Raxa

Susanne Eisele

Eilfried und die Eitelkeit

Ute Ummer

Die Fabel vom Drachenschatz

Susanne Eisele

Der lachende Dritte

Ute Ummer

Mondtänzer

Sylvia Morlok

Neulich auf dem Ententeich

Ute Ummer

Es lebe der König!

Sylvia Morlok

Schiffskatze Sissi

Susanne Eisele

Was ist schon eine Ameise? Sylvia Morlok

»Da sind schon wieder welche!« Meine Freundin Erika ließ die Einkaufstüten im Flur stehen und stürzte sich mordlüstern auf die wimmelnden Ameisen am Boden. Ich drängte hinter ihr zur Eingangstüre hinein und schloss mich ihrem Vernichtungskreuzzug an. Wir vergaßen sogar die Eingangstür zu schließen, so emsig trampelten wir die winzigen kleinen Insekten nieder. Jetzt merkten auch die Ameisen, dass wir es auf sie abgesehen hatten und versuchten, in alle vier Himmelsrichtungen davon zu krabbeln, aber wir spürten ihnen nach wie Bluthunde und trampelten, was das Zeug hielt.

»So!«, sagte Erika ziemlich außer Puste, aber so zufrieden wie der Henker von Mary Stuart nach der Enthauptung, »So! Das haben sie davon. Merken die eigentlich nicht, dass es hier von Tag zu Tag gefährlicher wird? Blöde Viecher!«

Sie schnappte sich die Tüten, die unseren Lebensmittelvorrat für die nächsten Tage enthielten und verschwand ein Liedchen summend in der Küche.

Das Ferien-Appartement gehörte ihr und wir hatten uns für diesen »Mädchenurlaub« eine ganze Woche von unseren Familien frei genommen.

Mit Adleraugen sah ich mir die hellen Fliesen an, auf denen unzählige schwarze Krümel verstreut lagen. Wo kamen die Biester nur immer wieder her? Schon zweimal hatten wir alles zertreten und zertrampelt, was da herumkroch.

Doch jedes Mal, wenn wir die Wohnungstür öffneten, bot sich der gleiche Anblick: Hunderte winziger Ameisen sausten über den Boden und be-nahmen sich ganz so, als wäre dies ihr Appartement.

Für heute hatten wir ganze Arbeit geleistet. Es rührte sich nichts mehr. Ich graste jede Fuge, jeden Winkel mit Blicken ab, ob sich nicht eines der kleinen Biester dort versteckt hatte.

– Halt! Was war das? Da rührte sich doch tatsächlich so ein Winzling aus der Deckung eines Stuhlbeines und kam langsam und zögernd dahergeschlichen.

Na, dir geb’ ich, dachte ich bei mir. Aber die Ameise huschte so vorsichtig und nach allen Seiten spähend umher, dass ich wirklich das Gefühl bekam, sie hätte etwas vor. Ich ging also in die Knie, ganz langsam und beobachtete mit Spannung, was weiter geschehen würde.

Man weiß ja, dass alle Ameisen eines Baus Kinder einer einzigen, emsig legenden Königin sind. Überhaupt soll der Ameisenstaat eine ähnliche Struktur wie ein Bienenstock haben. Alle zu verschiedenen Pflichten verdonnert, schuften sie ein kurzes Leben lang für die Gemeinschaft und das Wohlergehen aller.

Dieser kleine Soldat hier, der so vorsichtig umherschlich, blieb bei einem der zertretenen schwarzen Krümelchen stehen. Seine Fühler vibrierten. Was würde er jetzt beginnen? Er umklammerte mit den Vorderbeinchen das schwarze Krümelchen und lud es sich auf. Er schwankte unter der Last. Langsam machte er sich auf den Weg zurück. Ich richtete mich auf und wollte dem Geschehen mit meiner Strandsandale Größe 36 ein schnelles Ende bereiten. Da blieb die Ameise stehen, wedelte wild mit den Fühlern und erhob den Vorderleib, als wollte sie mir entgegentreten. Den schwarzen Krümel ließ sie trotzdem nicht los. Langsam senkte sich meine Schuhsohle auf die Ameise herab. Doch sie floh nicht!

Wie ein Blitzschlag traf mich die Erkenntnis: Dieser kleine Soldat hier schleppte mutig die Überreste eines anderen Soldaten vom Kampfplatz weg. Trotz der tödlichen Gefahr, zertreten zu werden.

Herrje …! Das war nicht nur sein Kumpel, den er da trug – das war sein Bruder! Er war zurückgekehrt, um seinen Bruder … mir wurde ganz schwindlig bei dem Gedanken. Eilig zog ich den Fuß weg. Kein Gedanke mehr an Zertreten. Ich kniete mich zu dem winzigen Wesen. Es erinnerte mich an den kleinen, zierlichen Fridolin, einen guten Freund aus Kindergartentagen, der zwei widerborstige Haarwirbel an der Stirn hatte, die kleinen Insektenfühlern ziemlich ähnlich sahen.

Noch immer stand die kleine Ameise da und zitterte vor Angst, war aber entschlossen, nicht zu fliehen.

»Ich kann dich nicht zerquetschen, Fridolin! Ich dachte, ihr habt keinen Verstand … aber, das was du da tust … das ist sehr mutig von dir. Du musst keine Angst haben. Ich tu dir nichts.«

Da kniete ich auf dem Fliesenboden und war irgendwie von den Socken.

Ich überlegte. Was sollte ich als nächstes be-ginnen? Frido traute sich nicht abzuhauen und wartete erst mal ab. Er winkte mir mit den Vorderbeinen zu.

»Pass mal auf!«, sagte ich kurzentschlossen, »so kann es doch nicht weitergehen. Ihr brecht hier ein, auf der Suche nach Fressbarem und wir tappen euch platt, weil ihr uns auf die Nerven geht. Das ist doch blöd.«

Frido stand ganz still und schien zu lauschen.

»Ich mach dir einen Vorschlag: Geh zu deiner Königin und sag ihr, dass dort draußen, auf dem Balkon, in einer Ecke, jeden Tag einige Körnchen Zucker liegen werden. Dafür bleibt ihr aus unserem Appartement raus. Verstanden? Einen Soldaten, der seinen toten Bruder nach Hause trägt … ich kann euch nicht einfach zertreten. Ich bin doch kein Monster! Es muss einen anderen Weg geben.«

Fridolin hatte aufmerksam zugehört. Was er verstanden hatte, wusste ich nicht. Aber er verneigte sich. Ja, wirklich, so sah es aus. Er rückte seine schwere Last zurecht und machte sich auf den Weg. Irgendwo in einer Fuge, verschwand er plötzlich.

Fridolin hastete durch steile Gänge und tiefe Abgründe hinab, immer tiefer nach unten. Bis er in seinem Bau war. Dort übergab er die Überreste seines Bruders anderen hilfreichen Ameisen. Dann stürzte er eilig und mit letzter Kraft zum Gemach der Königin.

Zuerst wollten ihn die Wachen nicht vorlassen, zu ungewöhnlich war seine Botschaft. Ein Offizier erklärte sich bereit, die Königin zu holen, denn es schien Außerordentliches im Anzug zu sein. Frido wurde ganz ehrfürchtig zumute, als man ihn ins Gemach der Königin führte.

»Eure Majestät-Mutter, ich bringe eine Botschaft von den Boden-Tramplern. Ich bin ihnen wie durch ein Wunder entkommen, aber es war so sonderbar, dass ich es Euch, Majestät-Mutter, unbedingt mitteilen sollte. Es muss eine Bewandtnis damit haben, die sich nur Euch offenbart.«

»Erzähle, kleiner Sohn!« Die erlauchte Königin beugte sich ernst zu Frido und er erzählte vom Anfang bis zum Ende.

»… und zum Schluss erhob sich ein ungeheurer Sturm und es brauste und grollte. Es war so laut, dass ich gar nichts mehr hören konnte. Dann merkte ich, dass es die Stimme des Tramplers war. Er sprach mit mir. Aber obwohl ich vor Angst zitterte, richtete ich mich auf und forderte ihn heraus. Er sollte nicht denken, dass unser Volk keinen Mut hat.«

»Das hast du gut gemacht, kleiner Sohn!«, lobte die Königin.

»Aber etwas war ungewöhnlich, Majestät-Mutter.« Frido sprach jetzt ganz leise, so dass ihn nur die Königin und nicht die neugierig lauschenden Wächter hören konnten. »Etwas war ungewöhnlich. Die entsetzliche Stimme des Tramp-lers … am liebsten hätte ich mich zu Boden geworfen und die Fühler eingerollt. Aber er tat nichts Bedrohliches. Da wurde ich ruhig und meine Angst verschwand. Als ich meiner Wege ging, verfolgte er mich nicht. Dabei ging ich langsam, denn ich trug schwer. Er hätte mich zerquetschen können, wie die anderen auch. Aber etwas ist anders gewesen, heute. Anders als an all den vergangenen Tagen.«

Und Fridolin, so zerzaust wie er war, verneigte sich tief vor seiner Königin.

Die sah stolz auf den kleinen Soldaten. »Dein Mut war beispielhaft. Alle sollen von deiner bedeutenden Tat erfahren. Du geh nun und ruhe dich aus. Vielleicht wird wirklich einmal der Tag kommen, an dem abends alle wieder heimkehren, die am Morgen auf Nahrungssuche auszogen. Wir wollen morgen ganz besonders achtsam sein!«

So ähnlich muss es sich im Bau abgespielt haben.

Ich legte also jeden Morgen einige Zuckerkristalle auf das äußerste Eckchen des Balkons. Und … Sie können es mir nun glauben oder nicht … während der ganzen Zeit bekamen wir in der Wohnung nicht eine Ameise mehr zu Gesicht.

Erika grinste und meinte, unser Gequetsche hätte eben doch zum gewünschten Erfolg geführt.

Ich klärte sie über den wahren Sachverhalt auf und dachte, sie würde mich für verrückt erklären und auslachen. Weit gefehlt!

Sie hält sich bis heute an die Abmachung mit den Ameisen. Und die Ameisen? Sie haben die Wohnung nie wieder betreten.

Hinkebein will wieder heim Ute Ummer

Darf ich mich zunächst einmal vorstellen? Mein Name ist Gismo von Irgendwo. Ich bin ein waschechter Chihuahua und wohne zusammen mit meinen Menschen im schönen Schwarzwald.

Sollten Sie nun ein süffisantes Lächeln aufgesetzt haben, wegen meines Namens, oder der Schnuffi-Sippe aus der ich stamme – das schreckt mich nicht im Geringsten. Als erhabener Hund, dessen Größe sich nicht durch Körpermaße und Bell-Kraft zeigt, sondern durch Gewitztheit und hohe Anpassungsfähigkeit, reagiere ich auf sämtliche Sprüche aus Menschenmündern unempfindlich.

Die meiste Zeit höre ich sowieso nicht zu. Mal ganz ehrlich – die allerschlauesten sind diese Zweibeiner ja nicht gerade. Und da sind wir Hunde uns übrigens quer durch alle Fellfarben, Größen und Bellsprachen vollkommen einig. Aber halt – über das andere Ende der Leine wollte ich eigentlich gar nicht sprechen. Es scheint jedoch unvermeidlich, da meine Menschen eben auch zu dieser, na sagen wir mal evolutionstechnisch im Zwischenstadium hängen gebliebenen Spezies gehören. Sie könnten so viel von uns Hunden lernen; natürlich vor allem von mir!

Es ist harte Arbeit – täglich aufs Neue muss ich mit viel Geduld und einer ordentlichen Portion Sturheit mein Herrchen und Frauchen trainieren. Zum Glück habe ich von letzterer genug, um in Insider-Kreisen auch der Dackel der Chihuahuas genannt zu werden.

Es hat endlose Diskussionen und Anläufe gebraucht, bis meine Zweibeiner endlich die Tatsache akzeptieren konnten, dass zu einem entspannten Fernsehabend auf der Couch nicht nur wir drei gehören, sondern auch mein Mini-Kauknochen. Zugegeben, das köstliche »Nageteil« ist meist schon etwas klebrig und angesabbert. Und ja, es kam auch einige wenige Male vor, dass das Ding am Hintern meiner Sofa-Genossen pappte und so durch die Wohnung getragen wurde. Aber ist es denn gerecht, dass ich deshalb auf meinen Entspannungs-Knochen verzichten soll, während die beiden ungeniert die Chips, die nicht in ihrem Rachen landen, überall verteilen? Fragt da einer oder eine nach, wie ich auf diesem piksenden Zeug liege? Natürlich nicht. Es hat dann doch nur sechs Wochen gedauert, bis mein ausdauerndes Jammern und Bellen den gewünschten Effekt hatten.

Warum nicht gleich so.

Menschenerziehung ist wirklich sehr anstrengend.

Aber ich will mich nicht beklagen. Herrchen und Frauchen lesen mir eigentlich jeden Wunsch von den Knopfaugen ab. Mit meinem unverwechselbaren Charme habe ich sie um die kleine Kralle gewickelt. Futter nach Wunsch, Leckerli hier und Belohnung (wofür auch immer) da – das ist ein Hundeleben ganz nach meinem Geschmack.

Nur bei einer Sache, da komme ich noch nicht so recht weiter. Als ausgewiesener Wärmeliebhaber und Schlechtwetter-Hasser, ist es für mich ein Ding der Unmöglichkeit, bei Wind und Wetter Gassi gehen zu müssen – um zu müssen. Doch genau das verlangen meine undankbaren Menschen. Im Schwarzwald! Wissen Sie, was das heißt?

Kälte, Regen, Sprühregen, Nebel, Graupel und das schlimmste – Schnee. Meine empfindlichen Pfötchen werden konfrontiert mit unmöglich kalten und nassen Bodenverhältnissen. Ekelhafter Sturm kommt auch noch häufig dazu und fegt mir ums Schnäuzchen – pfui, sag ich da – pfui!

Dabei haben meine Menschen einen recht netten Garten, der von einer mit Platten belegten Terrasse direkt in eine Grünfläche übergeht. Da könnte ich ohne Probleme mein großes Geschäftchen verrichten. Aber nein, ich werde in irgendwelche Hunde-Mäntel gesteckt, in denen ich wie eine Presswurst aussehe und dann zum Gassigehen gezwungen. Es leuchtet mir überhaupt nicht ein, warum die beiden meine Hinterlassenschaften bereitwillig von irgendeiner weit entfernten Wiese klauben, dies aber im heimischen Garten nicht tun wollen. Zumal sie doch ab und an nicht drum rumkommen, da die Katzen, die zu meinem großen Ärger frech durch unser Territorium tigern, ihre Haufen hinsetzen wo es ihnen gerade passt.

Leider hilft es auch nichts, dass ich mitleidig aus meinem Körbchen gucke und sehr, sehr tief seufze – was übersetzt so viel heißt wie: »Echt jetzt Frauchen, bei dem Sauwetter treibst du mich raus und setzt uns den Elementen aus?«

Sie ist gnadenlos. »Jetzt komm schon, du kleiner Faulpelz, ein wenig Bewegung schadet dir nicht.« Und schwupp, schon hat sie mich geschnappt und legt mir mein Geschirr oder besagten Presswurst-Mantel an. So peinlich!

Vor ein paar Wochen wurde mir das Ganze zu bunt. Schneegestöber und eisglatte Wege. Nach fünfzig Metern und zwei Pippi Stopps, blieb ich einfach stehen. Keinen Schritt wollte ich mehr gehen, bei solchen Wetterverhältnissen.

»Nein, mein süßer Gismo, ein Stückchen musst du schon noch.«

Ich schleppte mich langsam weiter. Dann hatte ich die Eingebung.

Als meine Menschin wieder nach hinten sah, stand ich mit eingezogenem Schwanz da und hob mein linkes Hinterbein hoch. Sofort war sie da und schaute besorgt zu mir nach unten.

»Was hast du denn? Bist du auf einen spitzen Stein getreten?« Sie besah sich die Pfote – da war nichts. Als sie mich wieder absetzte, hinkte ich aber so stark, dass sie jeden weiteren Versuch mich zum Laufen anzuhalten unterließ. Wir machten kehrt. Soweit, so gut. Ich humpelte auf drei Beinen neben ihr und ließ den Kopf hängen.

»Ach du Armer, du hast Schmerzen, warte, ich trage dich.«

Ah – na endlich, jetzt war ich genau dort, wo ich hinwollte. Auf ihrem Arm. Eingekuschelt im warmen Schal, setzte ich meinen goldigsten Hundeblick auf.

»Aber Moment – du musst ja auch noch dein großes Geschäftchen machen.« Sprach’s und setzte mich wieder in die schneematschige Wiese. Diese dumme Zweibeinerin. Also schön, Haufen machen, aber dann nix wie heim. Ich zog tüchtig (also im Rahmen meiner Möglichkeiten) an der Leine, um ihr klar zu machen, wie dringend ich wieder ins Trockene wollte. Leider hatte ich dabei völlig vergessen, dass ich eigentlich gar nicht laufen konnte.

»Nanu – du hinkst nicht mehr, das scheint wohl eine Wunderheilung zu sein, was?« Dieser Unterton in ihrer Stimme verhieß nichts Gutes.

Und tatsächlich, sie drehte einfach wieder um, ging in die andere Richtung. »Wuff – Frauchen! Das ist falsch. Hier geht es nicht nach Hause – Wuff!« Leider verstand sie, wie so oft, nicht wirklich, was ich ihr da verzweifelt versuchte mitzuteilen. Wir Hunde verstehen doch auch alles von dem Gebrabbel der Menschen. Gut, wir machen natürlich trotzdem, was wir wollen – vor allem ich … Dann musste ich eben wieder den Leidenden geben. Das Bein hochziehen und keinen Schritt mehr weitergehen. Das hatte vor fünf Minuten ja auch noch gewirkt. Leider schien das nun jedoch nicht der Fall zu sein, denn sie schaute nicht besorgt aus, sondern fing an schallend zu lachen. Also wirklich, was für eine Unverschämtheit! Nachdem sie wieder Luft bekam, beugte sie zu mir und meinte honigsüß:

»Ach mein allerliebster Hund – hast du wieder Schmerzen in der Pfote? Ich würde dir vermutlich auch nochmals auf den Leim gehen, wenn du nicht dummerweise die falsche Pfote heben würdest. Es war die linke – nun ist es die rechte. Also sozusagen ein Wanderschmerz. Pass auf, wir machen das jetzt so: Ich trage dich noch ein Stück den Weg entlang, und zurück kannst du dann selbst laufen. Denn der Rückweg scheint dir überhaupt keine Probleme zu bereiten.« Und dann klemmte sie mich einfach unter ihren Arm.

So hängend konnte ich nichts Anderes tun, als zu warten, bis wir ihrer Meinung nach weit genug gelaufen waren – also sie – ich hing ja da. Mit angelegten Ohren und stinksauer latschte ich dann den ganzen Weg zurück. Das war einer der wenigen Augenblicke in meinem Hundeleben, in dem ich mir wünschte, ich sei ein Bernhardiner. Die klemmt man sich nicht so einfach unter den Arm und nötigt ihnen so einen unzumutbaren Pfoten-Marsch zu. Ich hätte mein Frauchen mit schierer Muskelkraft und Leinenzug von meinem Wunsch überzeugt. Natürlich war es ein dummes Missgeschick von mir, dass ich mit der falschen Pfote gehinkt hatte. Wer konnte denn ahnen, dass Frauchen das so genau nahm. Sonst sind die Zweibeiner nie wirklich aufmerksam. Verflixt! Das durfte mir nicht noch einmal passieren.

Aber da ich kein gemütlicher Bernhardiner, sondern ein blitzgescheiter Chihuahua bin, fällt mir sicher in Bälde eine neue Finte ein, mit der ich das lästige Gassigehen abkürzen kann. Menschen sind ja so leicht – wie sagte es mein Frauchen – auf den Leim zu kleben?

Der Frosch Susanne Eisele

»Du brauchst dich gar nicht so anschleichen, ich habe dich schon längst bemerkt.« Gelangweilt sah der Frosch zu dem Storch, der sich langsam näherte.

Irritiert blieb der Vogel stehen. »Und warum hüpfst du dann nicht davon wie alle anderen auch? Willst du sterben?«, erkundigte er sich.

»Ich? Nein, ich will nicht sterben.« Die Amphibie blies ihren Luftsack ein wenig auf, bevor sie ihn mit einem lauten »Quaaack« wieder entleerte. »So wie du mich ansiehst bist du aber wohl lebensmüde.«

Mit schiefgelegtem Kopf betrachtete der Storch den Leckerbissen. »Wie kommst du auf die Idee. Hast du Frosch-Karate gelernt? Glaub mir, das wird dir auch nichts nützen.«

Der kleine grüne Kerl verdrehte die Augen. »Ich verstehe, du bist ungebildet.«

Empört plusterte sich der Vogel auf. »Nach dieser Beleidigung ist es mir eine umso größere Freude dich einfach aufzufressen. Ich bin schließlich weitgereist.« Er machte mit gesenktem Schnabel einen Schritt auf seine Mahlzeit zu.

»Stopp, wenn dir dein Leben lieb ist«, rief der Frosch in einem solchen Befehlston, dass der Storch tatsächlich innehielt.

Auge in Auge maßen sich die zwei Kontrahenten einige Zeit. Schließlich seufzte der Frosch laut auf, hielt aber weiterhin Blickkontakt. »Also gut, dann sage ich es dir halt«, er machte eine kurze Kunstpause. »Ich bin hochgradig giftig. Wenn du mich frisst, stirbst du.«

Für einen Moment verharrte der Storch mit gesenktem Schnabel, dann warf er den Kopf zurück und lachte lauthals. Nachdem er sich wieder beruhigt hatte, sah er die Amphibie mit einem belustigten Funkeln in den Augen an. »Du und giftig? Von so etwas habe ich ja noch nie gehört. Und glaub mir, meine Verwandten und ich haben schon viele Kröten hier in der Gegend gefressen. Da war noch nie eine dabei, die giftig gewesen wäre.«

»Jaaaa, Kröten«, wandte der Frosch ganz ruhig ein. »Aber ich bin ein Frosch. Nun, kein normaler Frosch. Meine Großmutter mütterlicherseits war ein Pfeilgiftfrosch. Weißt du, was das ist?«

Verdutzt sah der Vogel den Leckerbissen an, überlegte. »Mmmmh, davon habe ich schon gehört. Aber die sind klein und bunt. Du bist für einen Frosch normalgroß und grün. Also bist du auch nicht giftig.«

»Stimmt schon. Äußerlich komme ich nach meinem Großvater, aber glaube mir, meine Großmutter hat mir genügend Giftdrüsen vererbt, dass du stirbst, wenn du mich verspeist.«

Der Storch hob den Fuß, um näherzukommen, zögerte, dann setzte er ihn wieder da ab, wo er vorher gestanden hatte. »Ich weiß nicht, ob ich dir glauben soll.«

»Tja, deine Entscheidung.« Der Frosch blies erneut seine Luftsäcke auf und ließ sie dann mit einem lauten »Quaaaack« wieder zusammensacken. »Du kannst mich verspeisen, dann sterben wir beide, oder du triffst die richtige Entscheidung und wir leben beide.« Erwartungsvoll sah er den Vogel aus seinen gelben Augen an.

In diesem Moment hüpfte eine vorlaute Kröte neben den Storch. »Glaub ihm nicht, der ist durchaus genießbar. Nimm ihn und lass uns in Ruhe!«

Der Vogelkopf ruckte vor und nur einen Lidschlag später lugten nur noch zwei Hinterfüße aus dem Storchenschnabel. Genüsslich verspeiste er seine Mahlzeit.

»Für den Moment bin ich satt. Aber sei dir nicht zu sicher. Beim nächsten Mal lasse ich es vielleicht doch darauf ankommen«, wandte er sich an den Frosch, bevor er davonstakste.

Kaum war der Vogel außer Sichtweite, schloss der Frosch für einen Moment die Augen. Gerade nochmal gutgegangen. Der Kröte weinte er keine Träne hinterher, die hatte ihm immer die schönsten Fliegen weggeschnappt.

»Das war toll, Papa«, hörte er da die Stimme seines Juniors.