Chance and Heart - Kade Boehme - E-Book

Chance and Heart E-Book

Kade Boehme

4,0

Beschreibung

Chance Beckets Leben ist komplett geplant: Eines Tages wird er die Ranch besitzen, auf der er aufgewachsen ist, eine Familie haben und der Sohn sein, zu dem er erzogen wurde, wie alle guten Jungs in Smalltown, USA. Doch als seine Highschool Liebe eine Beziehungspause einfordert, landet er – zu seiner eigenen Überraschung – ausgerechnet im Bett seines alten Freundes Bradley, der seit Jahren offen schwul lebt. Verwirrt von seiner Sexualität muss Chance sich entscheiden, was wichtiger ist – die Loyalität zu seiner Familie oder die Aussicht, mit dem Menschen glücklich zu werden, den er immer gewollt hat.

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Kade Boehme

Chance & Heart

Aus dem Englischen von Xenia Melzer

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2017

http://www.deadsoft.de

© the author

Titel der Originalausgabe: Chance of the Heart

Übersetzung: Xenia Melzer

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

© JEANNE – fotolia.com

© Jason Stitt – fotolia.com

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-167-3

ISBN 978-3-96089-168-0 (epub)

Inhalt:

Chance Beckets Leben ist komplett geplant: Eines Tages wird er die Ranch besitzen, auf der er aufgewachsen ist, eine Familie haben und der Sohn sein, zu dem er erzogen wurde – wie alle guten Jungs in Smalltown, USA.

Doch als seine Highschool Liebe eine Beziehungspause einfordert, landet er – zu seiner eigenen Überraschung – ausgerechnet im Bett seines alten Freundes Bradley, der seit Jahren offen schwul lebt.

Verwirrt von seiner Sexualität muss Chance sich entscheiden, was wichtiger ist – die Loyalität zu seiner Familie oder die Aussicht, mit dem Menschen glücklich zu werden, den er immer gewollt hat.

Kapitel 1

Die dämlichste Idee aller Zeiten. Chance Beckets schlechte Laune hatte sich endlich gebessert. Er hatte Caitlins dumme Idee vergessen. Zumindest bis David, verdammt sei er, sie wieder zum Thema gemacht hatte. Er konnte nicht glauben, dass Caitlin gegenüber Davids Frau, Jeri, nicht den Mund gehalten hatte. Er fand, dass das nicht fair war, weil sie alle von der Zeit an, als sie einem Grashüpfer gerade Mal bis zum Knie gereicht hatten, beste Freunde waren. Er konnte das nicht gebrauchen. Nicht jetzt. Er hatte es geschafft, in den sechs Wochen, seit Caitlin zurück ans College gegangen war, nicht darüber zu sprechen. Und wegen der Fohlensaison hatte er ohnehin keine Zeit gehabt, irgendetwas zu tun. Er hatte einfach zu viel Arbeit, um überhaupt darüber nachzudenken.

„Das ist nur ein kleines Schlagloch auf der Straße, Mann. Sie hat gesagt, es wäre nur solange sie in diesem letzten Semester beschäftigt ist. Warum bist du deswegen so wütend?“ David ließ nicht locker. Mit einem schweren Seufzen legte Chance den Hammer beiseite, den er benutzt hatte, um eine verrottete Planke am Zaun zu ersetzen. Er wusste, dass er David Singleton nicht ignorieren konnte. Man war nicht so lange befreundet wie sie beide, ohne zu wissen, wann der andere einen nerven würde, bis man alles erzählte.

„Es ist noch nicht einmal eine Pause. Ich glaube, ihr habt das alle missverstanden.“

Davids Kopf ruckte herum. „Ihr habt euch doch sicher nicht getrennt, oder?“

Chance erhob sich aus seiner kauernden Position und spürte, wie seine Knie knackten, als wäre er viel älter als seine dreiundzwanzig Jahre. Er hasste es, über Dinge zu reden, brauchte niemanden, der seine Gedanken oder Gefühle zerpflückte. Er war ein guter Junge mit einem einfachen Leben. Er arbeitete hart, respektierte seine Mama und seinen Daddy, ging am Sonntag in die Kirche, war Caitlin treu gewesen und hatte Geld gespart, um seine zukünftige Familie versorgen zu können. Er machte ohne zu murren das, was von ihm erwartet wurde, denn was gab es sonst noch, außer der Hoffnung auf ein gutes Leben, ein kleines Fleckchen Erde, das er sein Eigen nennen konnte, und seiner Familie zu helfen, die Ranch am Laufen zu halten, wie sie es seit zwei Generationen tat?

„Nein. Wir haben nichts dergleichen gemacht.“

David sah verwirrt aus. Wenn er doch nur die geringste Ahnung hätte. Chance war wahrscheinlich verwirrter als je zuvor in seinem Leben. Es hatte nie einen Grund gegeben, irgendetwas auf diese Weise zu hinterfragen. Er hatte einen vorgefügten Pfad, ein Ziel, seit er ein kleiner Junge gewesen war und dank eines einzigen verdammten Gesprächs war er zutiefst erschüttert und konnte beim besten Willen nicht verstehen warum.

„Warum hat sie dann Jeri gesagt, dass es ihr recht ist, wenn du dich mit anderen triffst? Sie sagte, wir sollten dich nicht überwachen.“

„Keiner von euch hätte mich je überwachen sollen.“

„Das habe ich nicht! Ich kann nichts dafür, dass diese Weiber so zusammenhalten. Jeris beste Freundin ist auf dem College, natürlich ist es Teil ihres Schwestern-Codes, es weiterzugeben, wenn sie mitbekommt, wie du versuchst, der Trostpreis eines Buckle-Bunny zu werden“, versuchte David zu erklären.

„Was zur Hölle ist ein Schwestern-Code? Und außerdem ist es nicht so, dass ich nie ausgehe. Ich habe sie nur nie betrogen.“ Chance fing an, sein Werkzeug einzusammeln und auf seinen ATV zu laden.

David hob die Hände. „Wir wissen das. Aber sie hat gesagt, dass Jeri speziell jetzt kein Auge auf dich haben muss, solltest du … du weißt schon … dein Ding machen.“

Chance nahm seinen Stetson von der Stelle, wo er ihn an den Lenker gehängt hatte, und setzte ihn sich auf. Das war besser. Zumindest musste er jetzt nicht mehr die Augen zusammenkneifen, um seinen Freund sehen zu können. „Ich verstehen nicht, warum sie euch alle eingeweiht hat, aber sie dachte, weil wir uns wahrscheinlich verloben werden, wenn sie endgültig zurückkommt, und sie nicht nach Hause kommt, weil es ihr letztes Semester ist, gibt sie mir eine Art Freibrief, falls ich mich noch einmal austoben möchte oder so ein Unsinn.“

David lachte und tätschelte Chances Schulter. „Bist du darum so sauer? Verdammt, Mann! Du bist von uns allen der letzte Single.“ Was der Wahrheit entsprach. Sie alle hatten sich entweder in der High-School oder gleich danach zusammengetan. David und Jeri erwarteten bereits ihr zweites Kind. Chance war insgeheim immer froh darüber gewesen, dass Caitlin nach dem Abschluss aufs College gegangen war.

Ja, sie hatten immer gewusst, dass sie heiraten und wahrscheinlich in einem Haus auf dem Land seines Vaters leben würden – davon gab es jedenfalls genug. Aber er war froh gewesen, diese Zeit für sich zu haben. Seit seinem sechzehnten und ihrem fünfzehnten Lebensjahr waren sie zusammen. Sie waren füreinander die Ersten in allem gewesen. Aber eine Ehe… nicht nur seinen Raum, sondern auch sein ganzes Leben mit ihr zu teilen … das war mit achtzehn ein beängstigender Gedanke gewesen, als er gerade erst seinen eigenen Bereich in dem Apartment bezogen hatte, das er über der großen Dreifachgarage seiner Eltern gebaut hatte.

Jetzt war es wohl an der Zeit. Was ihn ruhelos werden ließ. So war es überhaupt zu diesem Gespräch gekommen.

„Du bist ruhelos. Ich hatte Zeit, mir darüber klarzuwerden, was ich will. Du solltest jetzt dasselbe tun. Ich habe lachhaft viele Kurse in diesem Semester und während des Spring Break werde ich nach Mexiko gehen, deswegen… nimm dir diese Zeit für dich selbst.“ Chance hatte als Antwort nur gegrunzt, was Caitlins Gesicht aufleuchten ließ, als sie süßlich lächelte.

„Engstirniger Mann. Du bekommst sogar einen von diesen Freibriefen. Meine Freunde haben es getan, bevor sie geheiratet haben. Wir stellen keine Fragen. Wenn niemand etwas macht, spielt es keine Rolle. Wenn du es aber tust, geht es mich nichts an. Ich war auf dem College und hatte Spaß und du warst zuhause. Du gehst nicht aus, du arbeitest nur. Sei ein wenig verrückt.“

„Du hast also mit anderen geschlafen?“, hatte er wie betäubt gefragt.

„Nein!“ Sie hörte auf, ihren gelockten schwarzen Pferdeschwanz zu drehen, und schlug ihm auf den Arm. „Das würde ich nie tun.“

„Du sagst, dass du mit anderen schlafen willst.“ Ehe sie das verneinen konnte, fuhr er fort. „Oder du denkst, dass ich etwas verpasst habe, weil ich nicht mit anderen geschlafen habe.“

Sie legte eine Hand auf sein Knie. „Das sage ich nicht. Ich sage nur, dass du dir sicher sein sollst. Wir haben noch gute sechs Monate, bis das wirkliche Leben uns tatsächlich einholt. Das hier wäre das erste Mal, dass wir so etwas wie eine Pause haben. Mach was draus.“

Und hatte sich das nicht wie ein Tritt in die Eier angefühlt? Sobald sie gegangen war, waren ihm all diese Gedanken gekommen. Gedanken, die er weggepackt hatte wie den Weihnachtsbaum vom letzten Jahr, den er jetzt nicht hervorzuholen brauchte, weil er über den Sommer und die Fohlensaison nachdenken musste. Aber wie es schien, fand Weihnachten in diesem Jahr früher statt und der Gedanke an diesen Weihnachtsbaum ließ seinen Magen vor Nervosität zusammenkrampfen.

„Alles in Ordnung?“, fragte David.

„Oh ja“, murmelte er. Er hob die letzten Reste des Holzes von der Reparatur auf und band alles mit Spanngurten am ATV fest.

„Ich weiß nicht, worüber du so wütend bist. Sie hat Recht. Sogar ich hatte ein paar Mädchen, bevor Jeri und ich zusammengekommen sind. Du warst immer nur mit ihr zusammen. Vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, wenn du ein wenig Auslauf bekommst. Erzähl meiner Frau aber bloß nicht, dass ich das gesagt habe.“

Ein paar Mädchen vor Jeri? Das war eine Untertreibung. David hatte wahrscheinlich mit der Hälfte der Cheerleader aus der Schulmannschaft geschlafen. Chance verstand diese Faszination nicht. Ja, Sex war gut. Es war Sex. Aber all die Kondome und die Sorge, jemanden zu schwängern. Ich den acht Jahren, die er und Caitlin schon zusammen waren, konnte er an seinen Fingern und Zehen abzählen, wie oft sie es durchgezogen hatten. Jetzt versuchte er, sich davor zu drücken, mit jemand anderem zu schlafen, und konnte sich nicht entscheiden, ob das so war, weil er dachte er sollte nicht, oder weil er es nicht wirklich wollte.

Und darum hasste er es, wenn die Dinge unklar waren.

David legte Chance eine Hand auf die Schulter, als er den Wagen startete und hielt ihn so auf. „Ich will nicht mehr darüber reden, David.“ Er schnappte nicht. Chance schnappte nie, aber er benutzte seine Chefstimme.

David schnaubte. Natürlich war David die einzige Person auf der ganzen verdammten Red River Ranch, bei der die Stimme nicht funktionierte. „Ich meine ja nur, es ist Freitag. Das ist in diesem Monat unser letztes, langes, freies Wochenende. Vielleicht fährst du nach Abernathy. Geh auf den Strip, trink ein paar Bier, schau was passiert. Sieh es als dein letztes Hurra. Was kann es schon schaden?“

„Was mache ich unter all diesen College-Kindern?“

„Dich betrinken? Wir sind ja nicht so viel älter. Zieh etwas anderes als Flanell und Stiefel an. Rede über Gedichte, weil du ja sensibel und so einen Scheiß bist.“ Jetzt benahm David sich einfach nur wie ein Arschloch.

„Ich bin nicht sensibel“, erwiderte Chance, seine Gereiztheit klang selbst in seinen eigenen Ohren kindisch.

David nickte zustimmend. „Was immer du sagst, Boss.“

Chance würde dieses Gespräch mit seinem Freund über etwas, das wie die schlimmste Idee in der Geschichte schlimmer Ideen klang, nicht fortsetzen. Abernathy war eine mittelgroße Universitätsstadt ungefähr eineinhalb Stunden von ihrer eigenen kleinen Stadt mit 1200 Einwohnern entfernt. Es war ein guter Vorschlag, anonymer als die hiesigen Bars. Wenn Chance sich für so etwas interessiert hätte. Was er nicht tat.

David öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Chance ließ den ATV an, brachte ihn so zum Schweigen und fuhr zurück zu den Scheunen. Er hatte keine Zeit mehr für diesen Mist und die Pferde würden sich nicht selbst tränken.

Bradley Heart schaute sein Handy mit gerunzelter Stirn an, als es ihm den dritten verpassten Anruf seines Exfreundes innerhalb von zwei Stunden anzeigte. Carson wusste, dass er arbeitete. Was stimmte nur nicht mit ihm? Sie hatten seit drei Wochen kein Wort miteinander gewechselt, seit Carson seine Sachen aus Bradleys Heim geholt hatte. Ausgerechnet heute war nicht der Tag, um mit seinen üblichen Stimmungsschwankungen anzufangen.

Bradley legte sein Handy auf den Schreibtisch, wahrscheinlich mit mehr Wucht als nötig, was die Blicke einiger Angestellter in dem offenen Büro auf ihn lenkte. Was hätte er in diesem Moment nicht alles für ein Zellenbüro gegeben!

Er klickte in seinem Buchhaltungsprogramm herum, um zu einem ihrer größeren Kunden zu kommen, und versuchte, sich wieder zu konzentrieren.

„Heart“, sagte seine direkte Vorgesetzte, Tanya Bigbee, während sie sich vor seinen Schreibtisch stellte. „Können wir mit Ihnen in Mr. Moores Büro sprechen?“

Scheiße! Er hatte gesehen, wie zwei Leute vor ihm in die Höhle des Chefs gegangen waren, darum war er sich sicher, keine guten Nachrichten zu bekommen. Es hatte Gerüchte über Kürzungen nach den Feiertagen gegeben, aber zwei Wochen nach Weihnachten? Wirklich?

Er nickte, bevor er aufstand, seine Anzugjacke nahm, sie anzog und zuknöpfte und ihr den Flur entlang folgte. Er hatte sich hiervor gefürchtet, aber gehofft, er wäre einer der Wenigen, die verschont würden. Seine letzten Beurteilungen waren hervorragend gewesen, er hatte sich um einige ihrer größten Kunden gekümmert, obwohl er einer der jüngsten Buchhalter war. Das musste doch sicher etwas zählen.

Doch als er fünfzehn Minuten später Mr. Moores Büro verließ, war er zwischen Schock und Resignation gefangen. Drei Wochen und seine gesamte Abteilung wäre „nicht länger notwendig für die zukünftigen Geschäfte der Firma“. Sie hatten etwas über Outsourcing gesagt und ihm ein gutes Zeugnis in Aussicht gestellt, aber er hatte nur ungefähr jedes dritte Wort verstanden, nachdem die Axt auf seine Karriere niedergegangen war. Ja, er war jung. Fünfzwanzig war nicht einmal ansatzweise zu alt, um noch einmal von vorne anzufangen. Verdammt, das hier war vor drei Jahren sein erster Job gewesen, nachdem er das College beendet hatte.

Das war nur ein geringer Trost. Er ignorierte die entschuldigenden Blicke der anderen Angestellten, die vor ihm ins Büro gegangen waren, nicht in der Stimmung, sich gegenseitig zu bemitleiden.

Er ließ sich auf seinen Bürostuhl fallen und starrte auf den Bildschirm. Ihm war gesagt worden, dass er sich um den Kunden, an dem er gerade arbeitete, keine Sorgen machen musste. Es handelte sich um einen der größeren Kunden, der weitergereicht werden würde. „Machen Sie die Michaels, ChumDum und Liezel Konten in ihren letzten Wochen hier fertig. Wir danken Ihnen für Ihre harte Arbeit.“

Wenn das kein Tritt in die Eier gewesen war. Verdammt, er wollte nicht auf das lächerliche Angebot seiner Schwester eingehen müssen, das sie ihm gemacht hatte, als er die ersten Gerüchte über die Kürzungen erwähnt hatte. Er konnte sich nicht einmal vorstellen, zur Ranch seines Vaters zurückzukehren, geschweige denn zur Kirche seines Vaters in Hope Springs. Ha! Wohl eher Hopeless Springs. Er war seit mindestens sechs Jahren nicht mehr dort gewesen und er glaubte nicht daran, dass das seinem Vater irgendwie mehr leidtat als ihm.

Sein Handy klingelte wieder. Verdammter Carson. Schon wieder. Er nahm ab. „Was?“

„Du bist ja guter Stimmung, Liebster“, bemerkte Carson trocken.

„Ich bin auf der Arbeit.“ Kurz und auf den Punkt. Er sah den strengen Blick, den Tanya ihm von ihrem Schreibtisch am anderen Ende des Zimmers aus zuwarf. Aber was konnte sie schon machen? Ihn aufschreiben? Feuern? Nicht, dass er die kein-Handy-Politik je umgangen wäre. Zur Hölle damit!

„Ich habe versucht, ein Apartment in Centre Point zu mieten.“ Wie er sich die schöneren Apartments am anderen Ende der Stadt leisten konnte, wusste Bradley nicht.

„Und …“

„Sie haben dieselbe Vermieterfirma wie The Arms.“

„Und …“

„Ich kann deine Miete nicht mehr bezahlen.“

Bradley schnappte nach Luft. „Mann, du hast mit mir Schluss gemacht. Du hast gesagt, ich könnte diese letzten zwei Monate haben. Kannst du nicht noch ein wenig länger bei deinem neuen Typen wohnen? Jetzt ist nicht unbedingt ein guter Zeitpunkt.“

„Schau Brad, ich weiß, dass es scheiße ist. Aber wir versuchen, eine Wohnung zu finden, und wir wollen diese eine. Es ist gemein –“

„Was du nicht sagst!“

„Aber … wir können nicht warten. Sein Mietvertrag endet diesen Monat. Sie haben gesagt, du kannst diesen Monat einfach abschreiben und die Kaution benutzen …“

„Jetzt willst du auch noch meine Hälfte der Kaution?“ Bradley lachte, in dem Wissen, dass er gleich hysterisch werden würde.

„Bradley …“

„Nein. Weißt du was? Scheiß drauf. Nimm das verdammte Ding. Komm und sag mir, wo ich unterschreiben muss. Ein kleiner Preis, wenn ich dann endlich mit dir fertig bin. Endlich!“ Er meinte es nicht so. Ja, es wäre nett, den fremdgehenden Bastard endlich loszuwerden, aber er könnte seine Hälfte der eintausendvierhundert Dollar Kaution wirklich brauchen, jetzt da er arbeitslos war. Und er hatte keine Ahnung, wo er wohnen würde. Es sah aus als ob – Nein! Nein, du wirst nicht zurückgehen!

„Die Verwalterin hat gesagt, sie würde dir die nötigen Unterlagen zufaxen.“ Nachdem er die Faxnummer bekommen und Carson ein Scher dich zum Teufel mitgegeben hatte, legte er auf. Was für ein Tag.

Er schrieb seiner besten Freundin Emma eine SMS und bat sie darum, mit ihm auszugehen. Er musste diesen Tag eindeutig vergessen, wenn auch nur für ein paar Stunden. Er wartete auf ihre Zusage und legte dann sein Handy weg, nachdem Tanya sich zum dritten Mal geräuspert hatte.

Das Beste daran, in einer Universitätsstadt zu leben, war die hohe Anzahl an Bars mit jeder Menge billigem Alkohol. Das würde er heute Nacht eindeutig ausnutzen. Und vielleicht würde er sich einen heißen Studentenarsch gönnen. Es war schon zu lange her, dass er so etwas gehabt hatte.

Kapitel 2

Darum, genau darum, hasste Chance es, wenn die Dinge unklar waren. Weil er dann immer ein bisschen den Verstand verlor. Dann dachte er an Dinge, an die er nicht denken sollte, und ging zu Orten, an denen er nicht sein sollte.

Oh ja, er hatte Davids Ratschlag befolgt. Er war nach Abernathy gefahren. Er hatte sich sogar ein Poloshirt zu seiner Jeans angezogen, anstelle seines üblichen Flanells. Er hatte schon immer gefunden, dass Babyblau die Farbe seiner Augen betonte. Die Art, wie die kurzen Ärmel sich über seinem Bizeps spannten und wie eng es um seinen Brustkorb lag, betonte die wenigen seiner Vorzüge, von denen er selbst überzeugt war. Nicht, dass er viel über sein Aussehen nachdachte. Warum sollte er? Er hatte niemanden, den er beeindrucken musste. Warum war es also wichtig gewesen, dass er heute Abend dieses Shirt angezogen hatte?

In Bezug auf die Stiefel hatte er aber nicht auf David gehört. Er war der Meinung, dass seine neuesten Schlangenlederstiefel gut aussahen. Und er hatte ganz bestimmt nicht gedacht, dass, als David vorgeschlagen hatte, er solle in eine der Bars auf dem Strip in Abernathy gehen – offensichtlich eine Straße voller Bars, die das Leben für die betrunkenen Studenten beim Bar-Hopping leichter machte – er ausgerechnet in diese Bar gehen würde.

Er wusste nicht, warum er in der Bar None gelandet war. Es gab auf dem Strip Spelunken und Pubs, zwei Orte, die aussahen wie Löcher in der Wand, und eine Juke-Bar. Stattdessen war er nach zwei Drinks im Steakhaus, wo er mit einem alten Freund zu Abend gegessen hatte, in einer Schwulenbar abgestiegen. Sicher, Bar None war für ihr gemischtes Publikum bekannt. Die Hetero-Mädchen dachten, sie wären hier sicher vor Flirtversuchen, und auch die Hetero-Jungs wussten das genauso gut wie Chance, der nicht einmal ein Stammkunde war.

Aber er hatte nicht ein einziges Mädchen angesehen, seit er wie eine Motte vom Licht von der Bar mit ihren Regenbogen-Flaggen und Neonlichtern angezogen worden war. Er war ganz sicher kein Fan der ganzen Diva-Lieder, die gespielt wurden, beginnend bei Taylor Swift und endend irgendwo bei Disco-Beats aus den Siebzigern.

Er hatte keine Ahnung, warum er hier war. Ich hasse, wenn die Dinge unklar sind.

Er trank sein drittes Bier. Ganz egal, warum er oder warum er nicht hier sein sollte, er saß schon seit dreißig Minuten auf einem Barhocker und dachte, dass ihre Biere für einen Dollar gar nicht so schlecht schmeckten. Und die Mädchen waren hübsch. Zumindest konnte er sicher sein, dass er in dieser Bar niemanden traf, den er kannte.

Um ehrlich zu sein, hatte er sich nicht zum ersten Mal von dieser Bar angezogen gefühlt. Nach seinem einundzwanzigsten Geburtstag war er ein oder zwei Mal mit Freunden ausgegangen, nur, um in Bar None zu stranden, nachdem sie ihn alle für die Nacht allein gelassen hatten. Damals hatte er das Gleiche getan wie jetzt, er saß am Rand, beobachtete all die sorglosen Menschen, die ihr Wochenende genossen, nicht sicher, wonach er suchte, welche Antworten er brauchte. Er hatte Sex mit einer Frau, genoss es, auch wenn es nicht oft passierte. Er war nicht schwul. Vielleicht beneidete er einfach die Weltoffenheit der Menschen, die er in dieser besonderen Bar zu sehen bekam. Hier gab es kein Macho-Gehabe wie in den Lokalen, die er besuchte, wenn er mit den anderen Arbeitern von Red Creek ausging.

Vielleicht war er einfach nur im Arsch. Er stöhnte und schlug sich mit dem langen Hals seiner Bierflasche an die Stirn.

„Alles in Ordnung, Cowboy?“, fragte der Barkeeper. Er war unglaublich freundlich gewesen, seit Chance die Bar betreten hatte. Er wusste nicht, warum. Es war nicht so, dass er besonders schön anzuschauen war, und er konnte nicht sicher sagen, ob der Typ ihn anmachte. Er hatte es auch bei Caitlin nicht gewusst, bis sie ihn rundheraus gefragt hatte, ob er mit ihr zu seinem Junior Prom gehen würde.

„Oh ja, mir geht es gut“, antwortete er, obwohl er über der Musik wahrscheinlich kaum zu verstehen war. Der Bartender nahm ihm die leere Flasche ab und bot ihm eine neue an. Er nahm sie, ohne dem Blick des Mannes zu begegnen. Er sollte wirklich von hier verschwinden und die Nacht abschreiben. In einer Nacht wie dieser musste man sich aktiv bemühen, um etwas zu finden, das man genießen wollte. Und die Art Gesellschaft, die man ihn ermuntert hatte zu haben, würde er an diesem Ort nicht finden.

Ein Windstoß fegte herein, als die Eingangstür geöffnet wurde und verdammt, wenn Chances Magen sich nicht verknotete, als er sah, wer eintrat. Er versuchte, sich selbst zu überzeugen, dass er von dem sexy, feenhaften Mädchen mit ihrem engen, schwarzen Rock und dem tiefausgeschnittenen Top zum Leben erweckt worden war. Sein Gehirn konnte nicht wirklich verarbeiten, dass es vielleicht in Wirklichkeit der große, blonde Mann hinter ihr sein könnte, der verdammt gut aussah in einem Anzug, der wahrscheinlich mehr kostete, als der Gehaltsscheck, den Chance an diesem Nachmittag in der Bank eingelöst hatte, wert gewesen war.

Groß, mit breiten Schultern, Schultern, die man für gewöhnlich von Arbeit bekam, wie er sie auf der Ranch machte. Der Mann bewegte sich mit ruhiger Selbstsicherheit, auch wenn sein Gesichtsausdruck ein wenig verkniffen wirkte, aber das konnte auch am Licht liegen. Er konnte die Züge des Mannes nicht klar erkennen. Seine Freundin aber lachte, schlängelte sich zur anderen Seite der Bar und begegnete kurz Chances Blick, bevor er ihn schnell abwandte.

Was zur Hölle geht hier vor? Aber irgendetwas an dem Mann kam ihm bekannt vor. Darum hatte er wohl Chances Aufmerksamkeit erregt. Waren sie sich schon einmal begegnet?

„Alles klar, Süßer?“ Ein weiterer Barkeeper erschien vor Chance. Diesen Typ würde man wohl als hübschen Jungen bezeichnen, mit langen Gliedmaßen, einem dünnen Körper und hohen Wagenknochen. Ein freches Glitzern leuchtete in seinen schwarzumrandeten Augen. Chance konnte nicht mehr als ein Wort sagen, bevor der Mann sich über die Bar lehnte und mit einem Finger Chances Unterarm entlangfuhr.

Chance erstarrte. Der Typ hätte nicht forscher sein können, wenn er ihn auf der Stelle geküsst hätte. „Du bist neu. Ich kenne alle Stammgäste. Bist du mit jemandem hier, Süßer?“ Schnurrte der Kerl? Verdammt!

„Er ist mit mir hier, Terry“, ertönte der sexy Bariton eines Mannes, der sich auf den Barhocker neben Chance setzte. Chances Augen mussten sich geweitet haben, denn der Mann, der zu seiner Rettung gekommen war, lächelte breit und zwinkerte ihm zu.

Heilige Scheiße. Es war der Typ, den er gerade angestarrt hatte, derjenige, der ihn jetzt aus dem Konzept brachte, einfach nur, weil er einen Meter von ihm entfernt saß. Der Mann sah wie eine Western-Version von James Dean aus, mit goldener Haut und blonden Haaren, die elegant frisiert waren. Wie ein Cowboy, den man in einen teuren Anzug gesteckt hatte, ein Rebell, den man gezähmt und dem man einen Grund gegeben hatte.

„Natürlich ist er das, Bradley“, schmollte der Barkeeper. Chance zuckte entschuldigend mit den Schultern, immer noch nicht sicher, warum er mitspielte.

Moment.

„Bradley?“, fragte er und ruckte mit dem Kopf in Richtung seines Ritters in schimmernder Armani-Rüstung. „Bradley Heart?“

Der Mann fuhr ein wenig zurück, blinzelte überrascht und dann breitete sich dieses sündige Lächeln des Wiedererkennens auf seinem Gesicht aus. Chance versuchte, sich nicht in die Hose zu machen. „Chance Becket!“ Bradley schlug Chance schwer auf den Rücken. „Terry, mein Junge, bring meinem Freund hier noch etwas von dem, was er trinkt.“ Er wandte den Blick nicht von Chance ab. Tatsächlich schien er ihn beinahe mit Blicken zu verschlingen, als er ihn musterte.

„Und ich bin Emma Drake“, ließ die Blondine in dem engen Rock von Bradleys anderer Seite vernehmen. Chance versuchte, den Blick lange genug von Bradley abzuwenden, um Emma die Hand zu schütteln. Sie murmelte ein Aber natürlich, das ihn sofort in die Defensive gedrängt hätte, wenn sein Körper nicht angefangen hätte zu zittern, als Bradley seine Schulter in einer mehr als nur freundlichen Geste drückte, bevor er die Hand zurückzog.

„Chance Becket“, sagte er und wandte seine Aufmerksamkeit in die Richtung, wo Terry, der Barkeeper, ein Bier vor ihm abstellte. „Ähm, lange nicht gesehen, Bradley.“ Und warum musste er Bradley begegnen? Er hatte es einst geliebt, Bradley bei lokalen Turnieren zu beobachten. Bevor er aufs College gegangen war und niemand mehr etwas von ihm gehört hatte, war Bradley ein erfolgreicher Barrel Racer gewesen. Chance war besessen gewesen, hatte jahrelang die Fortschritte des älteren Jungen verfolgt, hatte eine Million Mal versucht, mit ihm in der Kirche zu reden.

Er hatte diese ersten, unangemessenen Gedanken wegen Bradley gehabt. Bradley, dem goldenen Gott auf seinem mächtigen Quarter Horse, mit nacktem Oberkörper, wenn er mit Chances älterem Bruder Keith in den Sommerferien trainierte. Er hatte gedacht, diese Gefühle wären erloschen, als er mit Caitlin zusammengekommen war, auch wenn er wusste, dass seine Gedanken hin und wieder zu Bradley schweiften. Dann war er verschwunden, bald nachdem Chance und Caitlin angefangen hatten, miteinander zu gehen, und das Leben hatte sich auf jenen Pfad begeben, den, da wo er herkam, jedes Kind ging und er hatte …

Sich verloren gefühlt. Und unter Bradleys Blick fühlte er sich jetzt, als würde jemand ihn finden und das war verrückt und ergab keinen Sinn. Er war nicht schwul!

„Schön, Jungs, ich kann sehen, dass ich hier nicht gebraucht werde. Ich bin dann mal weg“, sagte Emma. Als Bradley sich zu seiner Freundin umdrehte, schien er überrascht zu sein.

„Wirklich? Es ist noch früh“, meinte er.

„Na ja, fünftes Rad am Wagen zu spielen, scheint spaßig zu sein, aber wir sind schon ewig unterwegs und ich bin müde und darum gehe ich heim. Außerdem hast du dir den bestaussehenden Typen geschnappt.“ Sie nickte in Chances Richtung. Dann küsste sie Bradley auf die Wange und ging.

Moment. Dachte sie, sie wären …

„Ähm, was ist gerade passiert?“, fragte er lahm. Bradley kicherte und drehte sich dann auf seinem Barhocker, bis sein Bein an das von Chance rieb. Sein Gehirn sagte ihm, dass er sein Bein wegziehen sollte, aber aus irgendeinem Grund … jener Teil von ihm, der immer alleine mit Bradley Heart hatte reiten wollen, nicht wissend, was das bedeutete bis … na ja … jetzt, ließ das nicht zu.

„Sie war ein guter Wing Man“, grinste Bradley verschmitzt. „Verdammt, Chance Becket! Das ist die beste Neuigkeit des Tages.“

Welche Neuigkeiten? Er musterte Bradleys Gesicht. Er war eindeutig älter, hatte den wenigen Babyspeck, den er als Jugendlicher im Gesicht gehabt hatte, verloren, auch wenn es nie viel gewesen war. Er schien auch größer zu sein. Aber etwas, das Chance eindeutig nicht entging, war, dass Bradley traurig aussah. Seine braunen Augen flirteten, schienen aber ein wenig stumpfer als das Leuchten, das sie gehabt hatten, als sie noch Kinder gewesen waren. Chance stellte sich vor, dass das jedem passierte, wenn man älter wurde, aber es schien grausam zu sein, wenn jemand, der so hell geleuchtet hatte wie Bradley, sein Strahlen verlor.

Schön. Jetzt ist der Zeitpunkt, wo du seine Hand schüttelst, sagst, dass du dich gefreut hast, ihn zu sehen, und machst, dass du rauskommst. Das hier fühlte sich wie eine weitere seiner schlechten, „unklaren“ Entscheidungen an und auch wenn sein Leben davon abhinge, hätte er es nicht verstanden.

Bradley legte etwas Geld auf die Bar und nickte in Richtung einiger Stufen im rückwärtigen Teil der Bar. Nein. Geh ihm nicht nach.

Chance folgte ihm. Verdammter Idiot! Was machst du da? Aber sein Körper wurde mitgenommen, als ob es einen Magneten gab, der ihn dorthin zog, wo Bradley ihn hinführte. Wenn er schon in Bezug auf Bar None wie eine Motte mit dem Licht agierte, war es noch hoffnungsloser, jetzt, wo er diesem Mann begegnet war.

Oben war es ein wenig dunkler, ein wenig ruhiger, aber nicht schäbig. Nur zufällige Gruppen von Menschen verteilt auf intimere Sitzgelegenheiten. Bänke und Bistrotische standen um ein paar Pooltische herum. Eine Juke-Box spielte, aber man musste nicht schreien, um sich Gehör zu verschaffen. Bradley führte ihn zu einer leeren Bank im hinteren Teil.

Er setzte sich und dachte, dass sie vielleicht einfach nur reden würden. Es war gut, einen alten Freund zu treffen. Vor allem diesen alten Freund, auch wenn er das nicht denken sollte. Bradley legte seine Anzugjacke ab und rollte seine Ärmel auf, wobei er kräftige Unterarme zum Vorschein brachte, als würde er immer noch jeden Tag mit Pferden arbeiten.

„Das ist ja wirklich eine Überraschung.“ Bradleys Stimme holte Chance aus seinen wirren Gedanken.

„Das kannst du laut sagen“, stimmte Chance zu.

„Wie ist es dir ergangen, Becket?“

Das war gut. Chance konnte das hier. „Gut. Gut. Ich arbeite einfach nur. Immer noch bei meinen Eltern.“

„Bist du schon Vorarbeiter?“

„Oh nein. Ich habe ein paar Kurse im Hinkley Community College belegt, aber nur genug, um beim Papierkram helfen zu können. Ich mache hauptsächlich die Arbeit meines Vaters im Büro. Mehr wie ein Hilfs-Vorarbeiter.“

„Führt der Alte Jed immer noch zusammen mit deinem Dad das Regime?“

„Ja. Er ist immer noch so gesund wie ein Pferd. Wird mich noch jahrelang nicht übernehmen lassen.“ Gott sei Dank. Ihm war der Gedanke, für alles verantwortlich zu sein, über die Jahre immer unangenehmer geworden. Er wusste, dass es irgendwann passieren würde. Sein Bruder hatte sich sein eigenes Land gekauft, darum würde Red Creek eines Tages Chance gehören. Genau wie Caitlin eines Tages seine Frau sein würde. Eines Tages, eines Tages, eines Tages.

„Du siehst unglaublich begeistert aus“, merkte Bradley an und lächelte neckend.

Chance spürte, wie seine Wangen rot wurden. „Oh ja. Habe nur gerade eine Menge im Kopf.“

Bradley hob sein Bier. „Schon gut, schon gut.“ Er nahm einen tiefen Schluck und Chance hätte niemals gedacht, dass eine Kehle so hübsch aussehen konnte wie Bradleys, mit dem hüpfenden Adamsapfel. Als Bradley fertig war, fuhr seine Zunge über seine vollen Lippen, um das restliche Bier abzulecken. Chance wusste, dass er bis in die Haarwurzeln errötete, weil er von einer verdammten Kehle so angezogen wurde.

Du musst hier weg!

„Ich beneide dich“, sagte Bradley.

Chance starrte ihn an. „Was?“

„Dass für dich alles so vorbestimmt ist, dass du weißt, wie dein Leben sein wird. Ich wünsche mir irgendwie, ich wäre dem ausgetretenen Pfad gefolgt.“ Er verzog das Gesicht und nahm noch einen Schluck von seinem Bier.

„Es ist nicht alles so rosig, wie es scheint.“ Chance war überrascht, als die Worte seinen Mund verließen. Das hatte er nie laut ausgesprochen, sich nur ein oder zwei Mal gedacht. Was stimmt mit dir heute Nacht nicht?

Bradley lachte. „Entschuldige, dass ich das gesagt habe. Ich kenne deine Situation nicht. Es war einer dieser Tage.“

„Eine dieser Wochen“, grummelte Chance und nahm einen Schluck von seinem eigenen Bier. Als er wieder zu Bradley schaute, hatte der Blick des Mannes etwas Raubtierhaftes bekommen.

„Vielleicht könnten wir etwas dagegen unternehmen. Etwas, das uns beiden nützt.“

„Was?“, quiekte Chance.

Bradley kam geschwind zur Tischseite des wie vom Donner gerührten Chance. Er schob sich nahe heran. „Weißt du, ich habe immer gehofft, dass du schwul bist. Du hast so gut ausgesehen. Zu jung – damals – aber so stark.“ Bradley fuhr mit einer Hand an Chances Oberschenkel entlang. Ehe Chance protestieren konnte, fand Bradleys Hand seinen Schwanz und verdammt, er war steinhart. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass eine simple Berührung ihn je so angemacht hatte, aber beinahe wäre er auf der Stelle gekommen.

Bradley beugte sich vor, seine Nase streifte Chances Ohr. Als er sprach, streichelte sein warmer Atem über Chances Hals. „Sie haben sich sehr schön ausgewachsen, Mr. Becket. Sehr schön.“ Er küsste Chances Kiefer und saugte an Chances Ohrläppchen. Bradley packte seinen Schwanz fester und Chance konnte sich nicht mehr an seinen eigenen Namen erinnern.

„Komm …“, sagte Bradley und nahm Chance an der Hand. Schnell gingen sie die Treppen hinunter und verließen die Bar. Verdammt, dass in Südwest-Texas die Januarnächte nicht kalt genug waren, um ihm einen Schock zu verpassen. Das hätte diesen verrückten Zug vielleicht zum Entgleisen gebracht, aber Chances Körper war noch nie so heiß gewesen, sein Gehirn so vollkommen selig.

„Lass es raus. Was kann schon passieren?“ Er war sich nicht sicher, wessen Stimme er hörte, aber der Teufel auf seiner einen Schulter war eindeutig am Gewinnen. Er war sich nicht sicher, ob Bradley einfach so atemberaubend war oder ob er einfach zu viel Bier getrunken hatte, aber sein Kopf fühlte sich eindeutig schwammig und glücklich und sorglos an. Und angetörnt. Er war in seinem Leben schon hart gewesen, aber niemals so begierig.

Weniger als einen Block weiter weg hielten sie vor einem schönen Apartmentkomplex an. Mehrere Stufen, eine geöffnete Tür. Ein neues Bier.

Chance sagte sich, dass er das neue Bier wahrscheinlich nicht brauchte. Er war im Apartment eines anderen Mannes, um Gottes Willen. Er trank das Bier. Er war nicht betrunken, nur beschwipst genug, dass er zum Angreifer wurde, als Bradley oben ohne zurück ins Zimmer kam. Er stieß Bradley gegen die Eingangstür und saugte an seinen Lippen.

Heilige Scheiße. Und was das für ein Kuss war. Er glaubte nicht, dass er sich je von einer anderen Person so verschlungen gefühlt hatte. So vollkommen gewollt und gebraucht. Er spulte hier nicht einfach sein Programm ab und es war nicht stressig. Er schwebte und ihm war heiß und er bebte vor Lust. Es war beinahe peinlich, wie sehr er zitterte, wie seine Knie nachgaben.

Bradley knurrte. „Ich liebe es, wie sehr ich dich antörne, Becket.“ Und dann übernahm Bradley die Kontrolle. „Auf die Couch.“ Bradley packte seine Handgelenke und schob ihn auf das Sofa in der Mitte des Zimmers zu. Er zog das von Chance sorgsam ausgewählte Polo-Shirt über dessen Kopf und Chances Jeans nach unten.

Chance fühlte sich beinahe unsicher, als Bradley innerhalb kürzester Zeit ebenfalls nackt vor ihm stand. Jesus. Wie war das passiert? Im einen Moment hatte er sich gefragt, warum er in dieser Bar saß, dann hatte er Bradley zum ersten Mal nach beinahe sieben Jahren gesehen und jetzt waren sie beide nackt. Es war, als ob der Mann irgendeine Macht über ihn hätte.

Bevor er sich zurechtfinden konnte, bedeckte Bradley ihn, ihre ganze Haut berührte sich von ihrem Gemächt bis zu der Stelle, wo sie sich küssten, an den Hälsen saugten wie geile Teenager. Sein ganzer Körper zitterte unkontrolliert. „Alles in Ordnung?“, flüsterte Bradley.

Ist es das?

„Mach es einfach.“

Er legte seine Lippen wieder auf die von Bradley und sie begannen, sich aneinander zu reiben, stöhnten in den Mund des jeweils anderen. Bradley griff zwischen sie beide und nahm ihre Schwänze in die Hand, ein starker, fester Griff. Chances Kopf ruckte zurück und er ließ ein langes Stöhnen hören, als Bradley sie beide streichelte.

Er wusste nicht, was er denken sollte. War es, weil das hier jemand Neues war? War es, weil er mit einem Mann zusammen war? Mit Bradley? War es, weil es ein Tabu war oder weil es so beiläufig geschah?

„Komm für mich, Becket. Ich spüre dich. Du wirst so hart abspritzen.“

Bradleys Worte schickten Chance über den Abgrund. Sein Schwanz zuckte, liebte die Art, wie Bradleys Eier sich an ihm anfühlten, als sie nach oben drängten. Die Lust kam so schnell, so überraschend, dass es beinahe wehtat. Er jaulte und vergrub sein Gesicht an Bradleys Hals. Als sein Samen Bradleys Hand bedeckte, seinen Bauch, ließ auch Bradley ein Stöhnen hören und auch sein Schwanz fing zu zucken an, während er Chance wild küsste und zwischen ihnen kam.

Bradley war von allem so überwältigt gewesen, dass ihm erst, als Chance an ihn gekuschelt einschlief, der Gedanke kam, dass er vielleicht einen Fehler gemacht hatte. Als er angenommen hatte, dass Chance schwul war und es auch ausgesprochen hatte, hatte Chance das nicht bestätigt. Er hatte den Typen seit Jahren nicht gesehen und heute Nacht hatte er ihn praktisch verschlungen. Bradley war schon immer bestimmt gewesen, wenn es ums Verführen ging und sogar noch mehr im Schlafzimmer. In seiner wilden Zeit hatte er es geschafft, seine besten Schwanz-Flüsterer Fähigkeiten zu nutzen, um ein paar angeblich heterosexuelle Typen abzugreifen. Hetero oder nicht, er hatte es immer geschafft, der Top zu sein.

Nach dem Tag, den er gehabt hatte, schien der Gedanke, Sex zu haben, nett. Und mit Chance war es ein wahrgewordener Traum. Er hatte nicht gelogen. Er hatte schon immer gedacht, dass der jüngere Mann verdammt attraktiv war. Nachdem er gesehen hatte, wie der jüngere Chance ihn jahrelang angesehen hatte, hatte er sich ein paar Mal gefragt, ob sie die Vorliebe für Männer teilten. Aber Chance war unantastbar gewesen.

Chance war jünger. Er war auch ein Mitglied der Gemeinde seines Vaters und kam aus einer hochrespektierten Familie. Aber Bradley hatte immer gewusst, dass der Sex gut sein würde. Er hatte jedoch nicht geahnt, dass er so gut sein würde. Der Mann war ein geborener Bottom, daran hatte Bradley keine Zweifel.

Er sah den schlafenden Mann an, der sich garantiert genauso verhalten würde wie die anderen hinterwäldlerischen Arschlöcher, mit denen sie aufgewachsen waren. Er würde am Morgen mit einem Kater aufwachen und versuchen, Bradley zu schlagen. So tun, als wäre es nie passiert.

Oder vielleicht war es auch nur eine Scheißwoche und darum erwartest du das Schlimmste. Vielleicht ist er tatsächlich schwul und das war ein One-Night-Stand für die Rekordbücher.

Er konnte ganz sicher hoffen. Er ging ins Bad und war schockiert von den Knutschflecken, die sein Schlüsselbein bedeckten. Er hatte es nie sonderlich toll gefunden, einen Liebhaber zu markieren, aber von Chance Becket markiert zu werden, war heiß. Der Mann reagierte so gut, war so geil, man könnte meinen, es wäre sein erstes Mal.

Vielleicht war es das. Das wäre beschissen. Aber die Chancen standen ziemlich hoch. Der Typ arbeitete noch immer auf der Ranch und ging wahrscheinlich in die Kirche von Bradleys Vater, darum hätte Bradley von seiner Schwester erfahren, wenn Chance geoutet wäre. Sie hatte ihn ein paar Mal erwähnt. Anscheinend half Chance ihr ziemlich viel beim Catering für die Kirche. Sie waren keine besten Freunde, soweit Heather es gesagt hatte, aber sie würde es eindeutig wissen, wenn er offen schwul leben würde.

Er nahm ein Handtuch und ging zurück ins Wohnzimmer, um seinen schlafenden Geliebten sauber zu wischen. Bilde dir nur nichts darauf ein. Als er fertig war, gelang es ihm, Chance so weit aufzuwecken, dass er den Mann ins Bett bugsieren konnte. Er wankte ein wenig, entweder, weil er so müde oder weil er so betrunken war.

Wir werden sehen, was morgen passiert. Er schnaubte. Er würde wahrscheinlich neben einer leeren Stelle im Bett aufwachen, wo der Cowboy gelegen hatte. Schließlich war es diese Art Woche.

Kapitel 3

Chance wachte in einem dunklen Zimmer auf. Es war offensichtlich spät oder sehr früh. Zuerst fiel ihm eine Digitaluhr auf dem Nachttisch auf, die eindeutig nicht ihm gehörte und die verkündete, dass es halb sechs Uhr morgens war. Danach bemerkte er den warmen Körper hinter sich. Sie waren beide nackt, nicht aneinander gekuschelt, aber in der Löffelchenstellung zusammengerollt, die den persönlichen Freiraum noch respektierte.

„Scheiße.“ Ihm war nicht klar, dass er das laut gesagt hatte, bis der Körper hinter ihm, ausgerechnet Bradley Heart, sich bewegte. Chance erstarrte. Was hast du getan?! Bradley ließ ein zufriedenes „Hmmm …“ in seinem Ohr erklingen, als er einen seiner starken Arme um Chance legte. Bradleys dicker Schwanz ruhte schwer und hart an Chances unterem Rücken, während Bradley seinen größeren Körper um Chance wickelte. Und Chance war kein kleiner Mann mit seinen ein Meter achtzig und seinen siebenundneunzig Kilo.

Dann verriet sein Schwanz ihn wieder, als Bradley seine starke Hand um seine steife Länge schlang und anfing zu pumpen.

„Gut zu sehen, dass du wach bist.“

„Verdaaaammt.“ Chance wusste nicht, ob sein Stöhnen von Scham oder Lust herrührte. Aber sein Schwanz gewann auch dieses Mal. Nicht, dass er nicht sowieso schon Mist gebaut hatte. Sein Schwanz hatte offensichtlich entschieden, dass er genau das hier all die Jahre vermisst hatte, denn all sein Blut floss dorthin und verließ jenen Teil von Chances Gehirn, der noch in der Lage war, sich zu wehren.

So fühlt es sich also an, wenn man sich einfach nur hingibt. Es handelte sich nicht um ein Gefühl, das Chance sonderlich gut kannte. Es fühlte sich wie Fallen an und es war beängstigend, aber er kam sich lebendig vor, ganz egal, wie sehr er sich schämte, das zuzugeben, ganz egal, wie sehr er sich wünschte, es wieder in die Kiste zurückstecken zu können. Er wollte sich nur dem hingeben, was Bradley tat, und nicht nachdenken. Es war ein berauschendes Gefühl, diese Hingabe.

Vielleicht hatten sie ja Recht, wenn sie meinten, er solle sich austoben. Es gab einfach Dinge, die musste man einmal herauslassen, wie Eiter aus einer Wunde.