Wenn alles so einfach wäre - Kade Boehme - E-Book

Wenn alles so einfach wäre E-Book

Kade Boehme

0,0
5,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Seit seine Mutter in den Senat gewählt wurde, bestand Carter Darlings Leben darin, möglichst wenig aufzufallen. Doch als seine Eltern in einen Skandal verwickelt werden, beschließt er, ein wenig Abstand zwischen sich und seinen alltäglichen Wahnsinn zu bringen. Er kehrt nach Tennessee zurück, ohne zu ahnen, dass Jeremy Beck zur gleichen Zeit dort auftauchen würde. Das Wiedersehen nach so langer Zeit verläuft zunächst peinlich, doch bald kommen die beiden unterschiedlichen Männer sich näher. Jeremy ist Gitarrist in einer Band und in einer Nicht-Beziehung mit einem seiner Bandkollegen. Richtige Beziehungen lehnt er eigentlich ab, doch einer kurzen Affäre mit Carter ist er nicht abgeneigt. Und Carter muss sich eingestehen, dass Jeremy für ihn schon immer "der Eine" war, dem er sich hingeben wollte. Aber kann daraus mehr werden?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 255

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Kade Boehme

Wenn alles so einfach wäre

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2016

http://www.deadsoft.de

© the author

Originaltitel: Simple Things

Aus dem Amerikanischen von Lena Seidel

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

© Yuri Yukhimchuk – shutterstock.com

© Phovoir – shutterstock.com

© Stefano Cavoretto – shutterstock.com

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-063-8

ISBN 978-3-96089-064-5 (epub)

Inhalt:

Seit seine Mutter in den Senat gewählt wurde, bestand Carter Darlings Leben darin, möglichst wenig aufzufallen. Doch als seine Eltern in einen Skandal verwickelt werden, beschließt er, ein wenig Abstand zwischen sich und seinen alltäglichen Wahnsinn zu bringen. Er kehrt nach Tennessee zurück, ohne zu ahnen, dass Jeremy Beck zur gleichen Zeit dort auftauchen würde.

Das Wiedersehen nach so langer Zeit verläuft zunächst peinlich, doch bald kommen die beiden unterschiedlichen Männer sich näher. Jeremy ist Gitarrist in einer Band und in einer Nicht-Beziehung mit einem seiner Bandkollegen. Richtige Beziehungen lehnt er eigentlich ab, doch einer kurzen Affäre mit Carter ist er nicht abgeneigt. Und Carter muss sich eingestehen, dass Jeremy für ihn schon immer „der Eine“ war, dem er sich hingeben wollte. Aber kann daraus mehr werden?

Widmung

1.

„Du kannst doch nicht wirklich gehen“, erklärte Ella. „Gibt es keine PR-Regel darüber, dass man sich während eines Skandals nicht aus dem Staub macht, wenn du die Gerüchte nicht noch befeuern willst?“

Carter Darling schnaubte nicht gerade elegant und fuhr damit fort, Shirts zusammenzulegen und sie in seinen größten Koffer zu packen. Er hatte nicht vor, in der nächsten Zeit nach New York City zurückzukommen.

„Außerdem werden deine Eltern durchdrehen, wenn du dir ein komplettes Semester frei nimmst.“

Carter drehte sich zu seiner Freundin und Mitbewohnerin um. „Sie haben mir absolut Null zu sagen, wie ich mit ihren Problemen umzugehen habe. Sie haben das Problem geschaffen, sie sollen es verdammt nochmal auch wieder lösen. Ich werde dabei aber bestimmt nicht das lächelnde, brave Vorzeigekind spielen.“

Ella seufzte. „Okay, aber du kannst mich nicht von jetzt auf gleich mit der Miete sitzen lassen. Das ist nicht fair.“

„Mein Treuhänder wird die Überweisung an den Vermieter wie gewohnt ausführen.“

Ella zog ihr Handy heraus und begann wie wild darauf herumzutippen, als sich Carter wieder seinem Koffer zuwandte.

„Außerdem steht der Name meiner Eltern auf dem Mietvertrag, wenn du also ausziehen willst, hast du jedes Recht dazu.“

Sie seufzte wieder hinter ihm. Und er drehte sich erneut zu ihr um. „Was zur Hölle ist los mit dir? Du warst doch immer im Team ‚Fuck the Darlings‘, und jetzt …“ Er zog die Augenbrauen zusammen. „Scheiße. Haben sie dir gesagt, du sollst mich dazu überreden, hierzubleiben?“

Sie starrte ihn an. „So schlimm ist es nicht. Aber Paul rief an, um mich zu bitten, mit dir zu reden, ob du nicht noch ein paar Tage hierbleiben kannst. Er möchte wissen, ob du bei der Rücktrittsrede deiner Mutter dabei sein wirst.“

Ich hätte es wissen müssen. Dieser verdammte Paul Buchanan war noch nicht bereit, die Gans, die goldene Eier legte und Darling hieß, zu schlachten. Und Carters Mutter war noch nicht bereit, in ihrer politischen Karriere das Handtuch zu werfen. Die zweite Personifizierung von Hillary nannten sie Carrie Darling, Carters Mutter. Dabei hatte der Clinton-Skandal nur Bill betroffen. Sowohl Carrie als auch Carters Vater, Wayne, hatten ihre politischen Karrieren sprichwörtlich ins Knie gefickt.

„Wie viel zahlen sie dir?“

Ella starrte ihn an. „Das war billig.“

„Na, du hattest doch damals schon ein Preisschild, als ich mich entschloss, mich zu outen. Was haben sie dir diesmal gegeben?“

„Vielleicht“, schnappte Ella, „will ich nur nicht, dass sich mein Freund selbst zerstört. Und vergiss nicht, dass du meine Dienste ebenso oft genutzt hast, wie deine Eltern.“

„Um das klarzustellen: Ich war damit nur einverstanden, weil meine Mutter einen Karrieresprung vor sich hatte und ich noch nicht bereit war, mich öffentlich zu outen.“ Carter hasste es, dass er sich öffentlich outen musste. Die meisten Leute mussten es nur ihrer Familie und ihren Freunden eingestehen, dann war der schwerste Teil vorüber. Aber nein. Nicht, wenn die eigene Mutter die Vizesenatorin von Tennessee war, die ihre Wahlkampagne zum Gouverneur in Angriff nahm und ihren Platz im Senat an den Vater weitergab.

Sie hatten ihn angefleht, sein offizielles Coming-out für mindestens ein Jahr aufzuschieben, wenn er endgültig nach Hause käme. Nach dieser Zeit hatten sie ihn noch einmal für sechs Monate davon abgehalten. Jetzt war ihr eigener Scheiß öffentlich geworden, da sie nicht so umsichtig sein konnten, wie sie es von ihrem schändlich schwulen Sohn forderten.

„Ich kann nicht hierbleiben. Mein ganzes Leben hat sich um sie und ihre Pläne gedreht. Ich wollte ehrlich sein, mich outen. Aber das war zu viel für sie. Sie haben dafür gesorgt, dass ich mich vor mir selber schäme. Jetzt bin ich damit durch, mich beschissen zu fühlen, so, als müsste ich mich verstecken. Ich möchte nach Hause fahren, meine Freunde treffen, die ich fast zehn Jahre nicht mehr gesehen habe. Ich möchte mich für verdammte fünf Minuten normal fühlen. Ich möchte mich outen und nicht dafür sorgen müssen, dass die Leute glauben, meine beste Freundin sei meine Freundin.“

„Was ist mit …“

„Genug!“ Sie blinzelte, überrascht von seinem Ausbruch. Er war für seine Besonnenheit bekannt. „Ruf Paul an. Du scheinst ihm ja nahe zu stehen. Und wie ich schon sagte, du kannst jederzeit umziehen.“

„Und du tust was … outest dich und lässt mich als das Mädchen zurück, das für Männer verlassen wurde?“

Carters Gesicht wurde heiß, Wut kochte in ihm hoch. „Du wusstest von Anfang an, wie das enden würde. Deswegen haben wir nie direkt gesagt, dass wir zusammen sind. Außerdem bin ich doch nur ein kleiner Fisch und nicht das Kind irgendeines Rockstars. Das wird für eine Woche oder zwei interessant sein, dann liegt der Fokus wieder auf meinen Eltern.“

„Wenn du das wirklich glaubst, bist du dümmer, als ich gedacht habe“, sagte sie, während sie die Arme vor der Brust verschränkte. Carter spürte Traurigkeit in sich aufkeimen. Er fühlte sich kraftlos, seine Schultern sanken nach unten. Seit der Darling-Familie vor weniger als vierundzwanzig Stunden alles um die Ohren geflogen war, hatte er ununterbrochen unter Strom gestanden und sich seine nächsten Schritte nicht wirklich überlegt. Er hatte kurzerhand eine alte Freundin angerufen und sie bot ihm Schutz vor dem Sturm an, obwohl ihre Verbindung abgebrochen war, als er vor drei Jahren auf die Universität ging.

Er wollte nicht mit Ella streiten, aber er hatte nicht bedacht, was diese Katastrophe für sie bedeutete. Von dem Moment an, als die Schlagzeilen über seine Eltern über ihn hereinbrachen, hatte er die Nase von dem ganzen Mist so voll gehabt, dass er seinen Plan entwickelt hatte, ohne seinen Eltern mehr als eine SMS mit „Bis dann“ und „Scheiß drauf“ zu schicken.

Ellas unnachgiebige Haltung wurde weicher, sie sah verlegen aus. „Oh Gott, Carter. Es tut mir leid.“ Er streckte seine Arme nach ihr aus und sie sank bereitwillig in seine Umarmung. „Oh, wie muss ich mich angehört haben.“

Er seufzte, sein Kinn auf ihrer Schulter. Er war nicht viel größer als sie, einen Meter achtzig gegenüber ihren eins dreiundsiebzig.

„Nein, ich war der Arsch. Ich habe nicht nachgedacht.“

„Du brauchst dich nicht mies fühlen. Die letzten paar Tage waren so verrückt, ich war so in diesen Säuberungswahn verstrickt und habe nicht daran gedacht, wie sehr dich das ankotzen muss.“

Er summte, entzog sich der Umarmung und kehrte zu seinem Koffer zurück. „Ich kann zu ihnen gerade nicht freundlich sein, nicht, nachdem sie mir gegenüber so kalt und angeblich moralisch überlegen waren. Sie haben mir das Gefühl gegeben, der letzte Dreck zu sein, weil ich es gewagt habe, mich outen zu wollen.“ Er drehte sich zu ihr um. „Ich möchte sie dafür nicht verurteilen, aber das ist schwer.“

„Ich weiß“, sagte Ella immer noch beschämt. „Es ist ja auch verrückt. Sie ist Mitglied der liberalen Partei. Ich verstehe immer noch nicht, wie da dein Coming-out ein Problem sein kann.“ Aber das war eine Lüge. Er hatte Ella in der Schule kennengelernt, aber sie war Praktikantin bei seiner Mutter gewesen – wer sagt, es gäbe keine Vetternwirtschaft? – und hatte wahrscheinlich Memos und Anweisungen bekommen, warum Carter den Mund halten sollte.

Carter runzelte die Stirn. „Es ist ein Problem. Irgendwie habe ich das begriffen. Ein bisschen zumindest.“ Er blickte finster drein. „Fuck! Siehst du, ich suche schon wieder Entschuldigungen für sie! Ich brauche eine Auszeit.“

Sie musterte ihn eingehend, bevor sie nickte. „Okay. Aber versprich mir, dass du dir lediglich das Frühjahrssemester frei nimmst. Das sind acht Monate Zeit, um deinen Kram zu regeln und den Mist mit deinen Eltern auszusitzen. Wenn du zu lange weg bleibst …“

„Ich kann auch ohne meinen Treuhandfond leben.“ Er zwinkerte ihr zu, um ihr zu zeigen, dass er nur scherzte. Sein Studium aufzugeben war etwas, was er nie tun würde. Er hatte zu hart gearbeitet, um sich nicht nur den Respekt seiner Lehrer zu verschaffen, sondern auch den seiner Kommilitonen. Sie hatten gedacht, dass ein reiches Kind nicht den nötigen Biss hätte, aber er hatte sich in den letzten Jahren den Arsch aufgerissen, um ihnen zu beweisen, dass er die Eier hatte, es zu schaffen. Er wollte sich gar nicht vorstellen, dass er den hart erarbeiteten Respekt bei einem öffentlichen Coming-out möglicherweise verlieren würde.

Immer eine Krise nach der anderen.

Nach einem letzten Gang zum Schrank und einem erneuten Check, ob er seinen Laptop und das Zubehör in die Laptoptasche gepackt hatte, schloss er den Reißverschluss des Koffers und setzte sich seine Lieblingscap mit dem Yankees-Emblem auf.

„Soll ich den Fahrdienst anrufen?“, fragte Ella und wedelte mit ihrem Handy. Sie hatte sich auf das Fußende seines Bettes gesetzt und sah so gestresst aus, wie er sich fühlte. Ihre blonden Locken standen in alle Himmelsrichtungen ab, nachdem sie zu oft mit den Fingern hindurchgefahren war. Das tat sie immer, wenn sie nervös oder frustriert war. Er würde sie vermissen, aber ein Teil von ihm war froh, von Ella wegzukommen. Sie war seine Freundin, irgendwann einmal war sie sogar seine allerbeste Freundin gewesen, aber seit sie ihren Namen auf die gestrichelte Linie eines Geheimhaltungsvertrags von Buchanan & Associates geschrieben hatte, war sie Teil der Darling-Maschinerie geworden. Danach hatte Carter sie auf Abstand gehalten, wofür er sich jetzt schuldig fühlte. Das war ein weiterer Grund, warum er wirklich eine Auszeit brauchte.

Eine sehr lange Auszeit.

Er hatte keine mehr gehabt, seit er seine Dienstzeit bei der Army vorzeitig beenden und wegen seinem kaputten Knie in Reha gehen musste. Unmittelbar danach hatte er mit dem Studium begonnen. Seit er die Highschool abgeschlossen hatte, war sein Leben chaotisch verlaufen.

„Nein“, erwiderte Carter. „Ich würde meinen Leuten zutrauen, dass sie den Fahrdienst angewiesen haben, mich nach D.C. zu bringen, und es führt kein verdammter Weg dahin, dass ich mich mit ihnen im selben Raum aufhalte. Nicht heute.“

„Carter, sie sind deine Eltern.“

„Und ich bin erwachsen. Erwachsene brauchen nicht mit ihren Eltern reden, wenn ihre Eltern Scheiße gebaut haben.“

Sie grinste. „Sehr erwachsene Einstellung.“

„Wie auch immer“, sagte er mürrisch. „Sei vorsichtig, Ells. Ruf Paul bitte erst an, wenn ich im Flugzeug sitze, ja? Der Flug geht in zwei Stunden, also … bitte warte bis dahin.“

„Werde ich“, antwortete Ella mit einem Seufzen.

Damit schnappte Carter sich seinen Koffer und rollte ihn aus der Wohnung, fuhr mit dem Aufzug nach unten und trat hinaus auf die 2nd Avenue, wo er die Hand hob, um ein Taxi anzuhalten. Nachdem er sein Gepäck im Kofferraum verstaut und dem Fahrer gesagt hatte, er solle zum Flughafen LaGuardia fahren, ließ er den Kopf nach hinten gegen den Sitz sinken und atmete zum ersten Mal, seit er gestern aufgewacht war und festgestellt hatte, dass die Welt verrückt geworden war, tief durch.

***

Carter war ein Nervenbündel. Nun hatte er wieder festen Boden unter den Füßen und fühlte sich ein wenig besser, aber der Seufzer der Erleichterung im Taxi war ein wenig verfrüht gewesen, denn er hasste es, zu fliegen. Als wäre das noch nicht genug, hätte er beinahe den Flug verpasst und die Luftturbulenzen waren entsetzlich gewesen. Zudem hatte ihn die Mitreisende auf dem Platz neben ihm den ganzen Flug über aus den Augenwinkeln beobachtet, nachdem sie einen der zahlreichen Artikel über seine Eltern gelesen hatte.

Swinging Darlings

Jesus. Er hatte keinen der Artikel gelesen, aber er kannte die Kernaussage. Seine Eltern waren auf einer Swingerparty gefilmt worden. Er war wütend, weil sie in einem exklusiven Club gewesen waren, in dem sämtliche Gäste bekannte Namen trugen und Privatsphäre voraussetzten. Ebenso war er aber wütend auf sie, weil jeder wusste, dass Leute in ihren Positionen noch vorsichtiger sein mussten als irgendwelche Vorstandsvorsitzende.

Sie waren Liberale, ja, aber sie vertraten ein familienbezogenes, angepasstes Image, und nichts drückte familiäre Werte besser aus, als „Wir lieben es, auf Partys andere Paare zu ficken“. Er konnte nichts gegen die leichte Bitterkeit – okay, die massive Bitterkeit – tun, als er daran dachte, wie seine Eltern ihm eine Million Mal eingebläut hatten, seine Hosen anzubehalten und auf Kerle zu achten, die ihn vielleicht erkennen würden, wenn er nicht in einem schäbigen Schundblatt geoutet werden wollte.

Schätzungsweise hatten sie ihre eigenen Ratschläge nicht befolgt.

Er rannte praktisch aus dem Flugzeug und seilte sich in die erste Bar ab, die er im Terminal finden konnte. Sarah hatte ihm eine SMS geschickt, die besagte, dass sie eben erst in Atlanta angekommen war. Also hatte er eine halbe Stunde oder ein wenig mehr, um sich einen schnellen Drink zu gönnen und danach sein eingechecktes Gepäck abzuholen.

Er war dankbar, dass auf dem Fernseher hinter dem Tresen keine Nachrichten liefen, als er sich bei der Kellnerin eine Margarita bestellte. Sein Handy vibrierte unablässig und auf dem Display erschienen eine Menge Benachrichtigungen über Voicemails von seinen Eltern, Paul und einigen unbekannten Anrufern. Dabei wollte er sich nicht mal vorstellen, wer die Letzteren wohl sein mochten. Es wäre nicht das erste Mal, dass Reporter seine Nummer herausbekommen hätten.

Und er war absolut nicht bereit, sich mit seiner Familie auseinanderzusetzen. Die konnten verdammt noch mal gefälligst warten. Er brauchte erst einen kühleren Kopf, als er jetzt gerade hatte, um mit ihnen zu reden. Sie waren wahrscheinlich wütend, weil er New York verlassen hatte, umso mehr, da sein Rückzug vom Frühjahrssemester offiziell war.

Nachdem er seine Margarita ausgetrunken und Ella über seine Ankunft in Atlanta informiert hatte, zahlte er seine Rechnung und machte sich auf den Weg zur Gepäckausgabe. Es dauerte nicht lange, bis er seinen Koffer auf dem Karussell entdeckte, gleich im Anschluss hörte er ein Quietschen und als er sich umdrehte, sah er Sarah Beck auf sich zu rennen. Er ließ die Tasche fallen und wirbelte sie herum, als sie ihm in die Arme sprang.

„Ich kann nicht glauben, dass du wirklich hier bist!“ Sie umarmte ihn fest, der Geruch von Auto-Duftbäumchen und Kokosnuss-Shampoo hüllte ihn ein. Dieser Duft hatte sich tief in sein Gedächtnis gegraben, erinnerte ihn an Sommerferien und Grillfeste mit Freunden. Sarah war seine beste Freundin gewesen, sogar noch nachdem seine Eltern ihn gezwungen hatten, mit ihnen nach D.C. zu ziehen, und ihn in eine Privatschule steckten.

Die meisten Sommerferien hatte er mit ihr und ihrer Familie auf deren Ranch außerhalb von Chattanooga verbracht. Damals, als alles noch einfacher gewesen war. Damals, bevor er sich vor seinen Eltern geoutet hatte, bevor sich die Medien dafür interessierten, mit wem er ausging, bevor er sich selbst einen Namen im Amateurboxen gemacht hatte.

„Hey Sarah“, sagte er lachend, während er sich zum ersten Mal seit Stunden vollkommen entspannte.

Sie lehnte sich zurück und betrachtete ihn wie eine besorgte Mutter. „Hast du schon was gegessen?“

„Zählt Tequila auch?“

„Nein. Tut er nicht“, schimpfte sie. „Wir werden an einer Tankstelle halten, um zu tanken und etwas zu Essen zu besorgen, dann fahren wir nach Hause. Meine Eltern sind total aus dem Häuschen, dass du hier bist. Sie werden in ein paar Tagen auch wieder zurück sein.“ Sie nahm den Griff des Koffers und zog ihn hinter sich her. Er lächelte, als er hinter ihr her joggte, um sie einzuholen. Sarah befand sich im Businessmodus. Das hatte er früher schon erlebt, als Jeremy vor ein paar Jahren aus Texas nach Hause zurückgekommen war. Die Erinnerung daran wischte das Lächeln von seinem Gesicht. Er schüttelte sich, weil er nicht einmal an Jeremy Beck denken wollte.

Gott sei Dank war der wieder in Texas.

Während sie zum Wagen gingen, plapperte Sarah ununterbrochen, erkundigte sich nach Banalitäten aus seinem Leben. Zum Glück vermied sie es, das Gespräch auf seine Eltern zu bringen. Schließlich landeten sie in einem Diner an der Autobahn, wo sie sich mit Kartoffelauflauf vollstopften. Carter wollte nicht lügen, die ganzen Kohlehydrate in sich hineinzuschaufeln, war für ihn das reinste Paradies.

Nachdem sie getankt hatten, war Sarah gnädig genug, ihm ein kleines Nickerchen zu gönnen. Er hatte bis jetzt nicht viel geschlafen, aber in Sarahs Gesellschaft und mit fettigem Essen und Alkohol abgefüllt, war sein Körper erschöpft genug, um kurz die Augen zu schließen.

Jedenfalls dachte er das. Er wachte auf, weil Sarah sein Knie drückte. „Was?“, fragte er verwirrt. Als er aus dem Fenster schaute, sah er die bekannte Silhouette seiner Heimatstadt.

„Oh Shit. Tut mir leid. So lange wollte ich eigentlich nicht schlafen.“

„Ach, sei still. Es ist in Ordnung. Du hast das offensichtlich gebraucht.“ Der Blick ihrer tiefblauen Augen ruhte mit Zuneigung und ehrlicher Sorge auf ihm. Sie war erwachsen geworden, seit er sie zuletzt gesehen hatte. Außerdem wirkte sie ein bisschen weniger burschikos. Natürlich trug sie die üblichen Jeans und Stiefel, aber ihr dickes schwarzes Haar hatte keinen Jungenschnitt mehr, es fiel offen über ihre Schultern. Auf den vollen Lippen lag einen Hauch von rosa Lipgloss, aber ihr makelloser Teint brauchte kein Make-up.

„Ich wollte nicht, dass du mich nur durch die Gegend chauffierst.“

„Alte Gewohnheiten sterben nicht, was, reicher Junge?“

Carter schnaubte. Seine Familie besaß vielleicht altes Geld, aber Sarahs Familie war mindestens ebenso reich. Ihr Vater hatte sich in Nashville einen großen Namen als Showbiz-Anwalt gemacht, ehe er davon die Nase voll hatte, mit seiner Familie nach Chattanooga zog und eine Pferderanch aufbaute. Sie war nicht groß, aber sie hatten bald einige sehr wichtige Kunden, sowohl für Reitstunden als auch für ihre Zuchtpferde: Paso Finos.

„Würde es sehr viele Umstände machen, wenn ich ein paar Tage bei euch bliebe? Nur bis ich etwas anderes finde.“

Sarah spottete: „Wir wären beleidigt, wenn du nicht bleiben würdest. Ich kann mir nicht vorstellen, dass du im Haus deiner Eltern wohnen willst.“ Verdammt, nein. Er hatte nicht das Verlangen, in ihrem McMansion zu bleiben. „Wir haben ein Gästehaus und es sind sogar ein paar der Personalwohnungen frei. Aber natürlich bist du auch im Haupthaus mehr als willkommen. Du weißt, Daphne liebt es, dich unter dem Pantoffel zu haben.“

Carter grinste. Sarah und Jeremy sagten immer, sie hätten drei Elternteile: ihre Mutter Becky, ihren Vater Dale, und ihre Haushälterin Daphne. Daphne war mit Becky und Carters Mutter zur Schule gegangen, die Familien hatten sich schon immer nahegestanden. Da Daphne nie eigene Kinder bekam, hatte sie Carter, Sarah und Jeremy quasi adoptiert.

Carter schämte sich, als er realisierte, dass er seit mindestens sechs Monaten nicht mehr mit Daphne gesprochen hatte. „Sie wird mir in den Arsch treten“, sprach er seine Gedanken laut aus.

„Oh, sie wird dir einiges zu sagen haben“, erwiderte Sarah mit einem fiesen Grinsen und fuhr mit einem spöttischen, dicken Südstaatenakzent fort: „Wir erfahren hier auf dem Land auch Neuigkeiten. Wir haben auch gehört, dass du in Übersee verletzt wurdest. Wir haben alle gehofft, dass du nach Hause kommst, um dich zu erholen.“

„Meine Eltern waren der Meinung, Reha in New York wäre die bessere Idee. Und dann ging ich direkt zur Schule.“

„Ja, gut, Daphne wird ohnehin am meisten darüber erbost sein, dass du so dünn bist, weil du zu lange in Gesellschaft der Reichen und Schönen warst.“

„Ich bin nicht dünn. Das sind alles Muskeln. Während meiner Genesung habe ich angefangen zu Boxen. Ich versuche, mein Körperfett niedrig zu halten.“

„Ah-ha“, sagte Sarah gedehnt. „Die Mädchen werden enttäuscht sein, dass du deine Jeans nicht mehr so ausfüllst wie früher.“

Das brachte Carter zum Schnauben. „Das ist das Letzte, was mich interessiert.“

Der Blick, den Sarah ihm aus den Augenwinkeln zuwarf, ließ ihn in sich zusammensinken, bis ihm einfiel, dass er das PR-Spiel nicht mehr zu spielen brauchte. Außerdem war das hier Sarah. Vor einer Million Jahren hatte er ihr seinen ersten Kuss geschenkt und sie war wie eine Schwester für ihn – weshalb auch nie mehr als dieser eine Kuss, damals mit fünfzehn, zwischen ihnen passiert war. Dieser Kuss war alles was es brauchte, um ihn davon zu überzeugen, dass er so schwul war, wie er vermutet hatte. Wenn er Sarah nicht so mögen konnte, konnte er auch kein anderes Mädchen jemals so mögen.

Sie lenkte ihren Jeep Cherokee über die langgezogene Zufahrt, die zu dem großen Haus führte.

„Ich muss dir was sagen. Bevor wir da sind.“

Sarahs Augen durchbohrten ihn, sie kaute auf ihrer Lippe und fuhr auf einen Parkplatz vor dem großen, dreistöckigen Ziegelhaus, das einem typischen Ranchhaus so unähnlich sah, wie es nur möglich war. Sarah stellte den Jeep ab und drehte sich im Sitz um, womit sie Carter ihre volle Aufmerksamkeit schenkte.

„Okay. Schieß los.“

„Ich hoffe, es ändert nichts zwischen uns und an meinem Aufenthalt hier. Wenn doch, respektiere ich das. Vielleicht hätte ich schon viel eher etwas sagen sollen …“

Verdammt, wie er das hasste. Er konnte nicht glauben, dass er trotzdem bis jetzt gewartet hatte. Er schätzte Sarah nicht als homophob ein, aber er war früher schon überrascht worden.

„Du verwirrst mich“, sagte sie.

„Ich bin, ähm, schwul.“ Er richtete den Blick aus dem Beifahrerfenster und beobachtete, wie einige der Pferde auf den Zaun am Haus zuliefen und den Jeep beäugten.

Sie knuffte ihn gegen die Schulter, er drehte sich erschrocken zu ihr um und sie starrte ihn finster an. „Du Arsch! Glaubst du, dass mich das stört?“

Carter spürte, wie sein Gesicht rot anlief. Seine verdammte helle Haut, er wusste, dass sie es sehen konnte. Ihre Lippen kräuselten sich in einem verschmitzten Lächeln. „Wenn du glaubst, ich hätte nicht gemerkt, wie du Jeremys Arsch jeden Sommer angesabbert hast, seit dir Haare unter den Armen gewachsen sind – und auch schon davor – hast du deinen verdammten Verstand verloren.“

Sein Mund öffnete und schloss sich wie bei einem Goldfisch.

„Ich war allerdings der Meinung, dass es ein Geheimnis ist. Auf jedem Bild, das ich im Internet von dir gesehen habe, hattest du dieses Mädchen am Arm hängen.“

„Sie ist nur eine Freundin. Das ist etwas … das Mom und Dad in Gang gebracht haben.“

Ihr Blick verfinsterte sich weiter. „Dazu sage ich jetzt nichts.“ Ihre Hand legte sich über seine, die in seinem Schoß lag. „Du bist hier sicher, Carter. Ich hasse dich dafür, dass du so lange weg warst, aber ich bin froh, dass du jetzt hier bist.“

Er lächelte. „Ich auch.“

Ihr Blick wanderte zu etwas, das sich hinter dem Wagen befand, und sie verdrehte die Augen. „Verdammt!“

Carter folgte ihrem Blick und sah einen Jungen und ein Mädchen in ziemlich verknitterter Kleidung auf einen alten Ford Pickup zugehen. Er schaute fragend zu Sarah, deren Augen auf einmal riesengroß und unschuldig wurden. „Oh, habe ich vergessen zu erzählen, dass Jeremy daheim ist?“

Carters Herz sprang ihm in die Kehle. Ja, sie hatte definitiv vergessen, das zu erwähnen, aber sie wusste selbst ganz genau, wie das letzte Aufeinandertreffen zwischen ihm und Jeremy verlaufen war. Nicht schlecht, nicht wirklich, nur … kalt.

Aber Jeremy war damals ein Wrack gewesen. Carter hatte ihm das nicht zum Vorwurf gemacht. Jedenfalls nicht übermäßig. Aber er war definitiv verletzt gewesen. Das war einer der Gründe, warum er so lange nicht hier gewesen war und er schämte sich, das zuzugeben.

Er sah wieder zu dem Pärchen, das verschämt über den Hof schlich. „Ich verstehe es nicht …“

Sarah brummte. „Willst du auch gar nicht“, sagte sie. Auf der Stelle begriff Carter. Seine Brust schmerzte vor lauter unverarbeiteten Gefühlen und den Unsicherheiten, von denen er gedacht hatte, dass sie vorbei wären. Wie es schien, brauchte er mehr als drei Jahre, um darüber hinwegzukommen.

„Hey, denk dir nichts. Er ist nur … Jeremy.“ Ihr sarkastischer Tonfall sprach Bände über ihre Meinung in dieser Angelegenheit.

„Ja. Jeremy“, sagte er leise. Sie grinste. Nachdem er ihr nun offiziell die Wahrheit gesagt hatte, wurde ihm klar, dass sie wahrscheinlich mehr von seinen Gefühlen in dieser Sache verstand, als ihm lieb war. Er konnte nicht anders, als zu versuchen, ein unbeteiligtes Gesichts zu machen, weil er nicht weiter über Jeremy Beck reden wollte. Sie seufzte.

„Die gute Nachricht ist, dass er die Familie nicht mehr in Schwierigkeiten bringt.“ Ihr Blick lag schwer auf ihrem Bruder und wirkte trotz allem gequält.

„Das ist … gut.“

Sie seufzte wieder. „Lass uns reingehen.“ Damit stiegen sie aus dem Jeep. Er richtete seinen Blick zu dem Apartment über der Garage, wo sich, wie er wusste, Jeremys Schlafzimmer befand. Mit dieser Situation hatte er nicht gerechnet. Doch in den letzten Jahren war seine Haut deutlich dicker geworden, sowohl durch die Medien, seine Eltern, sein letztes Treffen mit Jeremy als auch dadurch, dass er in den Ring gestiegen war. Er konnte mit Jeremy umgehen wie ein Erwachsener, wenn er denn überhaupt mit ihm umgehen musste.

„Na, hallo Fremder!“ Carter wandte den Kopf und sah Daphne mit einem breiten Grinsen auf dem sommersprossigen Gesicht aus der Haustür kommen. Er umarmte sie auf der Stelle und dachte dabei, dass es, trotz Jeremy, schön war, wieder daheim zu sein.

2.

Carter hatte seit Jahren nicht mehr so gut oder so lange geschlafen. Nach einem gewaltigen Abendessen, das Daphne aufgetischt hatte, verbrachten er, Sarah und Daphne den Abend damit, sich gegenseitig auf den neuesten Stand zu bringen. Später war er in eines der Gästezimmer gegangen, hatte geduscht und war ins Bett gefallen. Er schlief bereits, ehe sein Kopf das Kopfkissen berührte.

Die Unterhaltung mit Sarah und Daphne war fröhlich und voller Erinnerungen an alte Zeiten gewesen. Dabei hatten sie herzhaftes Südstaatenessen genossen und den Champagner getrunken, den Daphne extra für Carters Ankunft besorgt hatte. Sie wusste, dass er die Bläschen schon immer gemocht hatte. Er hatte inzwischen schon völlig vergessen, wie es war, wenn einem jemand etwas Gutes tat, einfach, weil er sich um einen kümmern wollte. Es war nicht so, als wären seine Eltern schrecklich, sie standen ihm vor seinem Coming-out recht nahe, aber normalerweise wurden bei ihnen Geschenke entweder nur mit Hintergedanken gemacht, oder in der Öffentlichkeit, um zu zeigen, wie wundervoll sie doch waren.

Armer kleiner reicher Junge. Als ihm dieser Gedanke am nächsten Morgen beim Duschen und Rasieren plötzlich kam, verdrehte er die Augen. Er entschied, dass er noch nicht bereit war, der Welt entgegenzutreten, und ließ deshalb sein Handy im Ladegerät, während er im Bad beschäftigt war. Nach einem misstrauischen Blick auf das Telefon entschloss er sich, dass es auch noch bis nach dem Kaffee auf ihn warten konnte.

Gerade als er daran dachte, konnte er den Duft frisch gebrühten Kaffees sogar in seinem Zimmer riechen. Also zog er sich an und machte sich auf den Weg in die Küche. Ein rascher Blick zur Großvateruhr am Ende des Treppenabsatzes sagte ihm überraschenderweise, dass er zwölf Stunden geschlafen hatte. Das hatte er schon Ewigkeiten nicht mehr getan. Tatsächlich konnte er sich nicht einmal mehr an das letzte Mal erinnern, an dem er länger als bis sechs Uhr morgens geschlafen hatte, geschweige denn bis zehn.

Als er in die Küche kam, nickte er Sarah zu, die schon für den Tag angekleidet war. Ihre Wangen zeigten eine leicht rosa Färbung, wahrscheinlich war sie bereits draußen gewesen, um die Pferde zu füttern.

„Sieh an, wer da endlich aufgestanden ist“, sagte sie von ihrem Platz an der Kücheninsel aus. Das zog Daphnes Aufmerksamkeit auf sich, die gerade mit dem Abwasch beschäftigt war.

„Guten Morgen, Schlafmütze.“ Sie deutete mit dem Kopf zu der Mikrowelle über dem Herd. „Ich habe dir ein paar Eier, Würstchen und Toast auf einem Teller aufgehoben. Drück nur auf den Knopf und mach sie dir warm. Der Kaffee ist frisch.“

Carter grunzte und beide Frauen grinsten ihn an, ehe sie sich wieder an die Arbeit machten beziehungsweise zu telefonieren begannen. Carter schenkte sich zuerst Kaffee ein, dann setzte er sich neben Sarah an den Tresen.

Sie musterte ihn verlegen. „Heute gibt’s keine Zeitung.“

Er wusste, warum sie das sagte. Sie wollten ihn nicht sehen lassen, welche Gerüchte in ihrer Heimatstadt über die gefallenen Helden kursierten. Damit war er einverstanden, er hätte sich die Zeitung ohnehin nicht angesehen. Er schenkte ihr ein schwaches Lächeln und wandte sich seinem Kaffee zu.

Als er aufstand, um sich die zweite Tasse einzugießen, schaltete er auch die Mikrowelle ein und bedankte sich bei Daphne dafür, dass sie ihm etwas aufgehoben hatte.

„Jederzeit“, antwortete sie. Sie zog ihre gelben Gummihandschuhe aus und setzte sich neben Carter, um sich mit ihm zu unterhalten.

„Hast du schon Pläne für deine Zeit hier? Oder bist du nur auf der Flucht?“

„Nein. Ich setze ein Semester aus, vielleicht bleibe ich sogar den ganzen Sommer.“

„Woah!“ Sarah sah überrascht aus. „Wirft dich das nicht weit zurück?“

„Nicht wirklich. Ich habe noch kein Hauptfach gewählt und versuche gerade herauszufinden, was ich eigentlich machen will. Ich dachte eigentlich, ich wäre für mindestens fünf weitere Jahre in der Army, von daher muss ich mich erst einmal sortieren.“

„Wie hat das mit dem ganzen Schwulending funktioniert? Ich vermute, du warst geoutet.“

Sarahs Lächeln war herzlich, aber Daphne drehte sich mit großen Augen von ihrer Arbeit zu ihm um. „Du hast dich endlich geoutet?“

Er lächelte sie zurückhaltend an. Es war keine Überraschung, dass sie Eins und Eins zusammengezählt hatte, nachdem selbst Sarah zu diesem Schluss gekommen war. „Ich habe es vor einer Weile meinen Eltern erzählt. Sie wollten, dass ich mit einem öffentlichen Outing noch warte.“

Das löste bei Daphne ein tiefes, ärgerliches Stirnrunzeln aus. „Sie sollten sich schämen.“