Chaos im Cottage - Marlene Klaus - E-Book

Chaos im Cottage E-Book

Marlene Klaus

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Beschreibung

Was, wenn du einen Roman abliefern sollst, aber keine Ahnung hast, um was es darin gehen soll? Genau das ist das Problem der Schriftstellerin Tilly Leopold. Kurzentschlossen mietet sie ein Cottage in Brighton, um in Ruhe an ihrem Manuskript zu arbeiten. Die Ruhe findet ein jähes Ende, als Mitglieder ihres Literaturstammtischs so überraschend wie unwillkommen auftauchen. Dann steht auch noch ihr charmanter Vermieter, Lord Melrose, auf der Matte und bittet sie, ihn für drei Wochen aufzunehmen. Der Lord verhält sich rücksichtsvoll und will sie nicht stören. Die Schreibkolleginnen aus Deutschland wollen das offenbar sehr wohl. Mit den unterschiedlichsten Anliegen sorgen sie permanent für Unterbrechungen. Dann ist plötzlich Tillys Notizbuch verschwunden. Jetzt ist Schluss mit lustig! Wurde es gestohlen und wenn ja, von wem und warum? In all dem Trubel versucht Tilly, Licht ins Dunkel der Angelegenheit sowie ihres eigenen Schaffens zu bringen.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Marlene Klaus

Chaos im Cottage

Ein heiterer Unterhaltungsroman

Chaos im Cottage Ein heiterer Roman von Marlene Klaus

Buch

Was, wenn du einen Roman abliefern sollst, aber keine Ahnung hast, um was es darin gehen soll?

Genau das ist das Problem der Schriftstellerin Tilly Leopold. Kurzentschlossen mietet sie ein Cottage in Brighton, um in Ruhe an ihrem Manuskript zu arbeiten. Die Ruhe findet ein jähes Ende, als Mitglieder ihres Literaturstammtischs so überraschend wie unwillkommen auftauchen. Dann steht auch noch ihr charmanter Vermieter, Lord Melrose, auf der Matte und bittet sie, ihn für drei Wochen aufzunehmen. Der Lord verhält sich rücksichtsvoll und will sie nicht stören. Die Schreibkolleginnen aus Deutschland wollen das offenbar sehr wohl. Mit den unterschiedlichsten Anliegen sorgen sie permanent für Unterbrechungen. Dann ist plötzlich Tillys Notizbuch verschwunden. Jetzt ist Schluss mit lustig! Wurde es gestohlen und wenn ja, von wem und warum? In all dem Trubel versucht Tilly, Licht ins Dunkel der Angelegenheit sowie ihres eigenen Schaffens zu bringen.

Autorin

Marlene Klaus, Jahrgang 1960, ist seit frühester Jugend der Literatur verfallen.

Um in Gesellschaft von Büchern zu sein, lernte sie Buchhändlerin. Nach Exkursen als Taxifahrerin, Kellnerin und Postbotin arbeitete sie in den letzten Jahren in einer Stadtbibliothek.

Für ihren ersten Roman „Beschützerin des Hauses“ erhielt sie 2006 ein Arbeitsstipendium des Förderkreises deutscher Schriftsteller*innen in Baden-Württemberg.

Sie engagiert sich in der regionalen Literaturgruppe „LeseZeit“ und moderiert zusammen mit deren Begründer Poetry Slams.

Marlene Klaus wohnt in Hockenheim. Weil sie es verlockend findet, auch Städte und Länder woanders kennenzulernen, spielen einige ihrer Geschichten ebenda – in Städten und Ländern woanders.

Mehr zur Autorin unter www.marleneklaus.de

Mein Dank

für

Hilfe, Inspiration, Meinungsaustausch, Testlesen und Ermunterung gilt:

Kathrin Lange, Mario Fesler, Ronny Rindler und Marion Perko

Susanne Zeyse

July Sjöberg

Andrea Bergen

Andrea Fehringer von ichschreibe.at

Andreas und Anika Barth

Birgit Rentz

Amelie Zachmann und Beate Blank

Christopher Hönig

Rolf Thum

sowie den Kolleginnen und Kollegen der Literaturgruppe LeseZeit

1

„Nun, warum nicht?“, sagte Kassandra am anderen Ende der Leitung. „Gute Idee.“

„Nicht wahr?!“, rief ich und ignorierte ihren leidenschaftslosen Ton.

„Wenn es dir zu einem weiteren Bestseller verhilft.“

Ich stippte mit dem Bleistift gegen meine Wange. „Abgeschiedenheit, Ruhe, Muße ...“

„Du hast aber schon im Blick, dass im Juni Abgabetermin ist?“, sagte meine Agentin mit ihrer hohen schroffen Stimme.

Was ich im Blick hatte, waren die kahlen Äste der Bäume am Neckarufer, die ich durchs Fenster meines Arbeitszimmers sehen konnte. „Klar“, erwiderte ich und spürte ein unangenehmes Ziehen im Bauch. Das war in zweieinhalb Monaten und mehr als ein paar rudimentäre Szenen meines neuen Romans existierten bisher nicht.

„Wo genau ist denn dein Appartement?“, fragte Kassandra.

Ich schlug weiterhin einen heiteren, zuversichtlichen Ton an und erwiderte: „Ich habe ein paar Anfragen laufen bei booking dot com.“

„Du hast noch gar keine Unterkunft?!“, rief Kassandra schrill.

„Nun ja, da ist so ein Kunstfestival im Mai, es ist schwer, eine Unterkunft zu finden.“

„Willst du dir das nicht lieber noch einmal überlegen? Du kannst ja nach dem Abgabetermin nach England reisen. Als Belohnung sozusagen.“

Ich musste Farbe bekennen. „Weißt du“, begann ich vorsichtig, „es ist auch eine Recherchereise.“

„Wieso das denn?“

Ich teilte Kassandra mit, dass der zweite Isabell Gold-Roman ohne Norbert in Brighton spielen würde.

„Aber deine Leserinnen wollen wissen wie es mit Isabell und Norbert weitergeht!“, rief sie entsetzt. „Sie erwarten eine Liebesgeschichte!“

„Dass Isabell nicht mit Norbert nach Italien geht, ist eine starke Ausgangsposition für eine starke Heldin!“, verkündete ich mit einem leicht trotzigen Unterton. „Frauen brauchen Vorbilder.“

„Deine Leserinnen wollen in Italien mit einem verständnisvollen Liebhaber dahinschmelzen. Zur Not kannst du sie dort ihren Norbert verlassen lassen, weil sie einen Latin Lover kennenlernt, der sie auf Händen trägt, davon träumen Frauen.“

„Isabell wird sich nicht in einen Eros Ramazotti vergucken.“

„Die Bloggerinnen sagen alle dasselbe: Wir sind gespannt, wie es mit Isabell und Norbert in Italien weitergeht. Du kannst doch jetzt nicht umschwenken!“

„Sie werden ihre Liebesgeschichte bekommen!“

„Bitte überlege dir das noch einmal, Tilly!“, rief sie beschwörend.

Autorinnen haben eine grausame, dunkle Seite. „Wenn ich mich recht erinnere“, schnurrte ich, „lauteten deine Worte damals ‚Konflikt, Konflikt, Konflikt, Frau Leopold, Romane leben von Konflikten!’ Was also könnte ein besserer Konflikt sein als ein Liebespaar, dessen Ziele in unterschiedliche Richtungen gehen? Im wahrsten Sinne des Wortes, er nach Süden, sie nach Norden. Mein Entschluss steht fest. Isabell geht nach England. Und ich mit ihr.“

„Ich darf dich daran erinnern, dass wir den Abgabetermin schon von April in den Juni geschoben haben!“, hielt sie mir vor, schroff und streng. „Es macht auf einen so renommierten Verlag wie den Diamant Verlag keinen guten Eindruck, wenn Autoren unprofessionell arbeiten.“

Auch Agentinnen haben offenbar eine grausame, dunkle Seite. Lassen Sie es mich so ausdrücken: Wer erfolgreich veröffentlichen will, muss Disziplin aufbringen. Bis ein Manuskript zum Buch wird, durchläuft es viele aufeinander abgestimmte Stationen: Lektorat, Korrektorat, Covergestaltung, Korrektur der Druckfahnen, Druck, Distribution – alles hängt exakt getaktet voneinander ab. Ein verspäteter Abgabetermin bringt das gesamte Gefüge durcheinander. Ich hatte gebeten, den meinen zu verschieben. Durch den Trubel nach Erscheinen von Das aufregende Leben der Schriftstellerin Isabell Gold im vergangenen Halbjahr, den Interviews, den Begleitungen von Leserunden im Internet sowie der Lesereise, hatte ich mich ausgelaugt gefühlt. Wie fies von Kassandra, dies als Schwäche auszulegen und mich der Unprofessionalität zu zeihen. Doch ich verzichtete auf eine bissige Antwort und säuselte stattdessen: „Der Roman wird rechtzeitig fertig sein, keine Sorge.“ Insgeheim wusste ich natürlich, dass es in Anbetracht der Zeitknappheit nicht nötig gewesen wäre, selbst nach England zu reisen, nur weil meine Titelheldin das unbedingt wollte. Warum plante ich es trotzdem? Nennen Sie mich romantisch, nennen Sie mich unbesonnen, vielleicht sogar angeberisch, aber mein Herz klopfte mir aufgeregt bis zum Hals, wenn ich daran dachte, etwas so Extravagantes zu verwirklichen. Sich zum Schreiben irgendwohin zurückziehen wie die „Großen“. Die Weltgewandten. Die Erfolgreichen. Ich wollte in ihrer Liga mitspielen.

„Das Ansehen der Agentur steht auf dem Spiel, falls du nicht rechtzeitig abgibst!“, versetzte Kassandra schroff.

„Ich bin Künstlerin“, betonte ich. „Ich brauche Inspiration. Andere Eindrücke, Farben, Meeresbrisen.“ Beim Wort Meeresbrisen hatte ich eine Eingebung. Ich hörte Kassandra am anderen Ende der Leitung missbilligend aufseufzen, doch noch bevor sie etwas erwidern konnte, sagte ich: „Mir kommt da ein Gedanke: Könntest du Rowina May anschreiben? Vielleicht kann sie in Sachen Unterkunft weiterhelfen.“ Rowina May war eine erfolgreiche Autorin von Familienromanen, die in Cornwall spielten. Sie war ebenfalls bei der Agentur Wortstark unter Vertrag. Ich kannte sie nicht persönlich, wusste aber, dass sie jedes Jahr die Reiseleiterin gab und ihre Leserinnen an die Schauplätze ihrer Romane führte. Das, sinnierte ich, mochte ein Indiz dafür sein, dass sie sich in England auskannte und vielleicht eine Idee hatte, wie ich zu einer Bleibe käme, wenn auch Brighton eine Ecke weg von Cornwall lag.

„Rowina May?“, fragte Kassandra verdutzt.

„Ach, ich recherchiere ihre E-Mail-Adresse und schreibe sie selber an.

„Grundgütiger“, murrte sie. „England! Ausgerechnet! Null Romantik. Jede Menge verschrobene Charaktere. Pfefferminzsoße!“

„Gefahren schrecken mich nicht.“

Ich hatte mein Manuskript über eine Schriftstellerin auf der Suche nach der Geschichte, die sie berühmt machen würde, seinerzeit an drei Literaturagenturen gesandt und war fast ausgeflippt, als die berühmte Agentur Wortstark Interesse bekundete! Vor etwas mehr als einem Jahr war ich nach Frankfurt gereist, wo die Agentur ihren Sitz hatte, um den Vertrag zu unterschreiben. „Kassandra Arnold“, hatte Frau Arnold geflötet und mir warm die Hand gedrückt. „Wie schön, dass Sie kommen konnten.“

Ich wäre bis nach Timbuktu gereist, dachte ich, während ich hinter Frau Arnold her durch den Flur schwebte. Im Besprechungszimmer hing ein zitroniger Duft und rote und blaue gegenstandslose Kunst an champagnerhellen Wänden. Schicke graue Polster, ein Glastisch sowie ein luftiges Grünpflanzenarrangement auf Glassockeln am Fenster. Frau Arnolds perfekt auf ihren Typ abgestimmtes Erscheinungsbild passte hervorragend zu diesem geschmackvollen Ambiente. Sie war eine leicht füllige Blondine, füllig von der Art, die ungemein attraktiv wirkt. Die Haare waren lang, mit tiefem Scheitel rechts, die Lippen in einem frischen, dunkel glänzenden Rosa geschminkt, das perfekt zum Rosa ihrer Bluse sowie den rosa lackierten Fingernägeln passte. Ihr Business-Kostüm war dunkelblau wie die Kleckse auf den Gemälden. Ein Gesamtbild, das meinen ästhetischen Sinn aufs Höchste entzückte.

„Was darf ich Ihnen anbieten? Wasser, Saft?“, fragte sie und deutete mit ihrer manikürten Hand auf die kleinen Flaschen im Kühlrondell auf dem Tisch.

„Wasser bitte“, sagte ich.

„Still, Medium, sprudelnd?“ Ihre ausdrucksstarken hellen Augen blickten freundlich abwartend.

„Medium bitte.“

Sie öffnete zwei Flaschen, drehte zwei Gläser um, stellte jeweils Glas und Fläschchen vor uns hin und schob die Etagere mit Petit Four in meine Reichweite.

Da saß ich also und lächelte Frau Arnold an. Frau Arnold lächelte zurück. Sie war einige Jahre jünger als ich, ich schätzte sie auf Mitte, Ende dreißig. „Nun, Frau Leopold“, begann sie, „wir haben ja schon darüber korrespondiert, dass wir Ihren Roman Das aufregende Leben der Schriftstellerin Isabell Gold für erfolgversprechend halten. Tatsächlich hat der Diamant Verlag Interesse bekundet. Wir haben Ihr Manuskript noch einmal geprüft, und wie ich Ihnen bereits am Telefon sagte, nur hier und da ein paar kleine Änderungsvorschläge.“

Von wegen klein! Ich schuftete wie besessen, um den Wünschen der Agentur nach „etwas mehr Konflikt und Tiefe“ nachzukommen, erfand den fiesen Lektor Leander Lossberg, der Isabell Steine in den Weg warf, weil er eifersüchtig auf ihre beginnende Romanze mit dem Paartherapeuten Norbert war, und ließ Norbert – vorne schütter, hinten dünner, grauer Pferdeschwanz – durch eine seiner Klientinnen, die ihn stalkte, in Bedrängnis kommen. Vergangenen Oktober erschien der Roman und zwei Monate später, Anfang Dezember, wurde klar, dass die Schufterei sich gelohnt hatte: Isabell Golds Weg durch Liebe und Literatur kam bei Ihnen, liebe Leserinnen, ganz hervorragend an, Sie hievten ihn auf Platz zwanzig der Bestsellerliste. Die Agentur lud mich zu einer kleinen Weihnachtsfeier nach Frankfurt ein und seither nenne ich Frau Arnold Kassandra. Die eigentlich Karin heißt, wie sie mir auf dieser Feier verraten hatte. Ich signalisierte Bewunderung für einen solch literarischen Schachzug (die Seherin!), aber wenn Sie mich fragen, ich finde es doch leicht überzogen, sich als Agentin einen Künstlernamen zuzulegen, und sei er noch so bedeutungsvoll. Wissen Sie, ich wuchs als Mathilde Anna Leopold im schwäbischen Winterbach bei Schorndorf auf. Anna ginge ja noch, aber Mathilde? Grauenvoll altbacken. Das ist ein Grund für einen Künstlernamen! Weshalb aus Mathilde Tilly wurde, sympathisch, frisch, anders.

Auf besagter Weihnachtsfeier wollte Kassandra natürlich wissen, um was es in Isabell Golds zweitem Abenteuer ginge. Buchreihen waren in Mode und der Verlag wünschte eine Fortsetzung. „Sie wird mit Norbert nach Italien gehen“, verkündete ich mit geheimnisvollem Lächeln, mit dem ich zu kaschieren suchte, dass ich mehr noch nicht wusste. Es gelang.

„Oh! Da bin ich aber mal gespannt!“, rief sie begeistert aus und schraubte das „gespannt“ stimmlich in schwindelnde Höhen.

Das war, wie gesagt, im Dezember. Jetzt hatten wir Mitte April und alles, was ich zu Band zwei wusste, war, dass aus Isabells Reise nach Italien nichts werden würde. Isabell hätte Norbert an den Gardasee begleiten sollen, wo er seine erfolgreichen Paarseminare abhielt. Doch meine Titelheldin hatte sich in den Kopf gesetzt, Norbert zu verlassen und sich nach England zum Schreiben zurückzuziehen. Wieso ausgerechnet Brighton? Nun, Isabell, die sich schon früh der Poesie verschrieb und mit bestrickender Abgeklärtheit ihren bohemienhaften Habitus pflegt, schwärmt nicht nur für die Künstlerszene in Brighton, sie hat auch ein Faible für extravagante Vitas auf Buchcovern wie „Lebt in Itzehoe und Guatemala“ oder „Lebte sechs Monate in einem Ashram in Indien“. Also zieht sie aus, um in Brighton in Ruhe zu schreiben und die Welt hernach mit einem weiteren Bestseller zu beglücken. Und ich, ebenfalls bereit, alles für die Kunst zu wagen, werde ihr selbstverständlich folgen.

2

Die Geschichte der Schriftstellerin Isabell Gold, die Absagen einkassiert, im Schatten großer Namen auf der Frankfurter Buchmesse umherschleicht und schließlich nicht nur einen Verlag sondern auch die Liebe findet, ließ nicht nur Sie, liebe Leserinnen, zum Schluss glücklich in Ihre Taschentücher schniefen, sondern auch meine Freundin Mechthild. Mechthild ist meine alte Schulfreundin, die noch immer im schwäbischen Winterbach lebt, wo wir beide aufwuchsen. Ich rief sie an, um ihr von meinen Reiseplänen zu erzählen.

„England? Du weißt, dass sie dort Pfefferminzsoße an alles tun?“

„Ich bin offen für Herausforderungen.“

„Und dass es immer regnet?“

„Zu viel Sonne fördert Hautkrebs.“

„Die Leute dort sind alle exzentrisch und skurril.“

„Verwendbar für einen Roman.“ Dann erzählte ich ihr, dass ich allerdings nicht genau wisse, was in diesem Roman geschehen sollte.

„Wie wär’s, wenn Norbert ihr nachreiste?“, schlug Mechthild enthusiastisch vor.

„Das hatte ich auch kurz in Erwägung gezogen. Aber da müsste er ja sein Seminar am Gardasee ausfallen lassen. Er ist viel zu korrekt, um das zu tun. Die Paare, die er dort therapiert, haben dafür bezahlt, dass er sie dort therapiert.“

„Wenn er entgegen seiner Veranlagung handelt, würde ihn das noch sympathischer machen. Es würde zeigen, dass er Isabell wirklich liebt.“ Mechthild, wie gesagt bekennender Fan von Isabells Weg zu Ruhm und Liebe, mochte Norbert anscheinend nicht so ohne weiteres in den Wind schießen.

„Ich weiß, trotzdem glaube ich nicht, dass er das tut.“

„Also gut, dann bleibt nur ein Lord als ihr love interest.“ Meine Freundin war aufs beste bewandert in Sachen literarische Fachtermini.

„Ich dachte eher an einen Künstler“, erwiderte ich. „Einen Musiker vielleicht oder einen Maler. Isabell ist verrückt nach Avantgarde.“

„Wie wäre es mit einem malenden Lord?“

„Du gibst nicht auf, was?“, lachte ich.

„Dort oben wimmelt’s doch nur so von denen. Schon das Wort zergeht einem auf der Zunge.“ Ich hörte das Schmunzeln in ihrer Stimme. „Du weißt, ich mag Norbert. Mit seinem Pferdeschwanz und dem therapeutischen Feinsinn und all dem. Aber gegen einen Lord kommt er denn doch nicht an.“

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass ich in Kürze wirklich mit einem korrespondieren würde. Es verhielt sich nämlich so, dass Rowina May sich erfreut über meine Anfrage zeigte, gerne behilflich war und mir die E-Mail-Adresse eines Bekannten sandte. Dieser lebte in Salisbury und besaß ein Cottage in Brighton. Er hieß Gyllis de Bearn und war ein Lord. Der Wahnsinn! Und klar, dass Leute wie Rowina May Lords kannten. Er antwortete auf meine Mail, dass er sich freue, eine weitere Schriftstellerin kennenzulernen und behilflich sein zu können. Die Miete betrüge neunhundertundachtzig Pfund die Woche, das seien etwa eintausendeinhundertundfünfundsechzig Euro. Ihnen, geschätzte Leserinnen, habe ich es zu verdanken, dass ich bei dieser Preisangabe nicht zusammenzuckte, denn Isabells Besuch auf der Bestsellerliste hat monetäre Spuren hinterlassen. Mr de Bearn fügte die Kontaktdaten eines Maklers an, der mich in Brighton abholen und zum Cottage bringen würde. Ein Foto des Häuschens befand sich im Anhang. Ich öffnete es und war augenblicklich verliebt in Lightning String. Das Cottage sah aus wie ein freundliches Gesicht mit seinem tief heruntergezogenen, grauen Reetdach, aus dem rechts und links Schornsteine wie Hörnchen ragten, und das die beiden oberen Sprossenfenster in einem Bogen freiließ, als würden sie wie Augen unter einem dichten Pony hervorschauen. Das Cottage war in einem zarten Orangeton angestrichen; die Haustür aus graugrünem Holz wurde von zwei zierlichen Holzsäulen eingerahmt und besaß ein schmales, leicht spitz zulaufendes Vordach wie der Eingang zu einem Minitempel. Ein ungepflasterter, schnurgerader Weg lief auf das Häuschen zu, rechts und links von ihm wucherten hüfthohe Sträucher und große lila Kugeln von Zierlauch. Ein Cottage wie aus dem Bilderbuch! Ich lehnte mich zurück und atmete einmal tief durch. „Isabell“, sagte ich laut, „wir haben ein Cottage!“

„Wie nicht anders zu erwarten“, antwortete sie aus dem Off.

Ich gab Brighton in die Suchmaschine ein. Spät an diesem Abend buchte ich den Flug.

3

Es war nasskalt und regnete und Lightning String sah trist und abweisend aus. Das freundliche Gesicht, das ich in seiner Fassade zu erblicken geglaubt hatte, wirkte mit den beiden Schornsteinen wie eine gehörnte Grimasse, zerfurcht von rostroten Schlieren. Es hätte mich nicht gewundert, wenn augenblicklich ein Blitz vom Himmel gefahren wäre, genau über dem Dach, um damit dem Namen des Hauses alle Ehre zu machen. Kalter Regen stach mir ins Gesicht, als ich am Nachmittag hinter Mr Waters den Kiesweg entlang auf den Eingang zu hastete. Mr Waters war der Makler, der mich in Brighton am Bahnhof abgeholt und hergefahren hatte. Er war groß, knochig und hatte abstehende Ohren. Mit seinem exakten Seitenscheitel sowie dem Tweed Anzug in ländlichem Braun-Grün wirkte er sehr englisch.

„Willkommen in Brighton, Ms Liopold“, hatte er mich förmlich begrüßt, mit ganz weichem d am Ende. Während der Fahrt nach Woodingdean, dem Ort östlich von Brighton in dem mein Cottage lag, hatte er mich mit seinem Geplauder über das Wetter, den zahlreichen ‚Isn’t it’s?’ und einem hin und wieder spontan aufblitzenden, großzähnigen Lächeln amüsiert und sämtliche Klischees erfüllt, die ich mir gemeinhin von einem Engländer gemacht hatte. Auch dass er unbeeindruckt vom Regen neben mir auf das Horror-Antlitz meines Domizils zu spazierte, passte dazu. Regen kann einem englischen Landmann ja nicht das geringste anhaben. Er stellte meinen Koffer vor der Haustüre ab und hantierte mit dem Schlüssel. „Well“, hob er an und öffnete die Tür. „Here we are.“ Er betätigte einen Lichtschalter – und augenblicklich war ich eingehüllt in elfenbeingelben Schimmer und stieß einen Laut der Überraschung aus.

Der Haustür gegenüber verströmte eine Stehlampe mit sandfarbenem Schirm honigsanftes Licht, das ihren schlanken goldenen Fuß erstrahlen ließ. Ein Ohrensessel aus Korb mit hellem Polster stand einladend daneben. Links dieses hübschen Ensembles führte eine cremeweiße Treppe nach oben. Mr Waters stellte meinen Koffer ab, wandte sich nach rechts und betätigte einen weiteren Lichtschalter. Licht floss auf Korbstühle und Tisch, auf cremefarbene Gardinen und zimtfarbene Wände. Es war das Esszimmer, dahinter lag die Küche. Heller Holzfußboden, Arbeitsflächen aus hellem Holz. Das Fenster über der Spüle ging hinaus auf die Rückseite des Hauses, wo grau und unwirtlich der Regen niederging und die Äste der Bäume gegen die Hauswand drückte. Wir gingen zurück, an Korbsessel und Stehlampe vorbei, hinein ins Wohnzimmer, das linkerhand der Eingangstür lag. Vanillegelbe Wände, taubenblau gerahmte Aquarelle, altrosa Polstermöbel. Noch roch es überall nach abgestandener Luft, nach Staub und ungenutztem Raum, doch das minderte nicht im Geringsten mein Wohlgefallen über den ästhetischen Gesamteindruck. Ich bin da ganz bei meinem Landsmann Schiller, der die Ansicht vertrat, Erziehung zu Schönheit täte Not. Ich denke, die Welt wäre vorneweg ein angenehmerer Ort, wenn mehr Wert auf Ästhetik gelegt würde, vom Alltagskleid bis hin zur Architektur.

„I love it! It’s wonderful“, rief ich aus und Mr Waters lächelte sein großzähniges Lächeln.

„Isn’t it“, sagte er. Die Schlafzimmer und das Badezimmer seien oben, und als sei es zu intim für einen Gentleman auch nur in die Nähe dieser Gemächer einer Dame zu kommen, kauderwelschte er, ich könne mir in Ruhe aussuchen, welches ich benutzen wolle und ob er den Koffer noch … nein? Wie ich meine. Dann überreichte er mir den Hausschlüssel und ich entließ ihn in das Grau des Regennachmittags.

Das erste Schlafzimmer lag gleich links am Kopf der Treppe. Wollweiß das gedrechselte Holz des Doppelbettes, wollweiß das Bettzeug und die Wände, ebenso die Sprossenwand, die das Kopfende des Bettes schmückte. Teppich, Dekokissen, Bilderrahmen und Körbe in teakbraun. Dennoch hatte ich das zweite genommen, das am anderen Ende des Flurs neben dem Badezimmer lag, denn mir gefiel das Taubenblau der Wände und das weniger schnörkelige Bettgestell besser. Ich packte aus, drehte überall die Heizung auf, las die für die Küchenhandhabung nötigen Instruktionen und bereitete mir einen Salat mit gebratenen Pilzen zu (Mr Waters hatte auf dem Herweg an einem Supermarkt angehalten). Ich goss mir ein Glas Sherry ein und machte es mir auf der Couch im Wohnzimmer bequem. Das Blütenpotpourri in der Schale auf dem Couchtisch vertrieb mit seinem zarten Rosenduft den abgestandenen Staubgeruch. Ich war im Begriff, Mechthild an meiner idyllischen Landhausstimmung teilhaben zu lassen und öffnete Whatsapp. Bruno L. Dachs hatte geschrieben. „Na, wie isses da oben bei den Teeschlürfern? Regnet’s?“

4

Bruno L. Dachs ist ein Kollege der schreibenden Zunft. Er gehört zu unserem regionalen Literaturstammtisch, zu dem im Durchschnitt einmal im Monat acht bis zehn Kolleginnen und Kollegen erscheinen. Dachs ist der Prototyp des aufstrebenden, lokal Furore machenden Quereinsteigers, ein Selbstdarsteller, der sich immer in den Mittelpunkt schieben muss. Der spät zum Autorentum Berufene hatte als IT-Fachmann bei einer Softwarefirma gearbeitet, ehe er sich eine Auszeit nahm (ein Sabbatical, wie er mit falscher Bescheidenheit verkündet hatte), um zu schreiben. Er nahm sich von Anfang an furchtbar wichtig. Mit stolzgeschwellter Brust hatte er zum Einstand in die Gruppe den Prolog seines Erstlings vorgelesen. Überraschenderweise fand ich den gar nicht schlecht, auch wenn die schlüpfrige Geschichte mit einem Helden à la James Bond – Jon Rond (!) –, der immer wieder die Welt retten und sich in amouröse Abenteuer verstricken muss, nicht mein Fall ist. Er hat acht Rezensionen bei Amazon und hält sich für den neuen le Carré.

Dachs sieht mit den grauen Streifen seitlich des Kopfes in seinem ansonsten noch dunklen Haar sowie den dunklen Augenringen und dem gut genährten Bauch seinem Namensvetter überraschend ähnlich. Seine Vorliebe für karierte Hemden indes beleidigt meinen ästhetischen Sinn. Und ausgerechnet von dem musste die erste Nachricht an meinem ersten Abend hereinbimmeln.

„Wie kommst du drauf?“, antwortete ich ihm. „Alles eitel Sonnenschein und ein Träumchen in Creme und Zimt!“ Lachendes Emoji dazu, ab die Post.

Dann war es an der Zeit, eine weitere Person auf den aktuellen Stand zu bringen.

„Bachmann?“, hörte ich die forsche Stimme meiner Schwester.

„Ich bin’s“, sagte ich munter.

„Oh, hallo. Die Frau Autorin meldet sich mal wieder.“

Meine Schwester Hannelore ist drei Jahre jünger als ich und lebt mit ihrem Mann in Schorndorf, dem Nachbarort Winterbachs. Wiewohl vor Urzeiten beim Familienumzug nach Mannheim jünger als ich und von daher noch prägsamer, hat sie ihre schwäbische Mentalität derart mit der Muttermilch eingesogen, dass sie nach ihren Jugend- und ersten Berufsjahren als Steuerfachgehilfin zurück in die alte Heimat zog. Sie wollte in der Nähe all der Tanten und Cousinen sein, die dort verwurzelt sind. Wir hatten keinen engen Kontakt, daher hatte ich sie von meiner Reise nach England noch nicht in Kenntnis gesetzt. Das wollte ich jetzt tun. Falls ich dazu kam.

„Gottfried hat ’nen Kratzbaum für Guschte g’schreinert. Jetzt hat er Rücken“, schwätzte Hannelore drauflos.

Gottfried war mein Schwager, ein wortkarger und brummiger Immerbeschäftigter, Guschte die Katze Auguste.

„Tut mir leid zu hören“, erwiderte ich pflichtschuldig.

„Aber der Kratzbaum isch schön g’worre. Guschte mag ihn. Und der Baschtl hat ne neue Freundin. Drei Wochen schon. Aber mir erzählt der ja nix.“

„Das liegt in der Natur der Sache. Du bist seine Mutter.“

Sebastian, von allen Bastian, beziehungsweise schwäbisch Baschtl genannt, war ihr jüngster Sohn und also mein Neffe.

„Dem Dominik geht’s au gut.“ Das war der ältere Sohn, auch mein Neffe. „Tante Els hat so arg Arthritis, aber was will man machen, in dem Alter halt. Und der Onkel Oswald macht scho seit dem Winter mit seiner Erkältung rum. Der kriegt die oifach net los. Überall klaget die Leut, dass es so lang dauert dies Jahr.“

„Freut mich zu hören“, sagte ich automatisch, während ich versonnen das Rosenpotpourri auf dem Couchtisch betrachtete. Dann merkte ich, dass mein Kommentar nicht zu ihrem Lamento passte, aber meine Schwester plauderte längst unverdrossen weiter, informierte mich über den Streit irgendwelcher Nachbarn, klagte darüber, dass technischen Geräten heutzutage absichtlich Fehler bei der Herstellung eingebaut würden, damit sie nur eine kurze Lebensdauer hätten, ein Skandal sei das, erst neulich sei Schäufeles die Waschmaschine kaputt gegangen und hätte einen Wasserschaden verursacht, und der Hintzen zwei Straßen weiter sei tot in seiner Wohnung gefunden worden.

„Du hör mal,“ grätschte ich in einem kurzen Augenblick, in dem sie Luft holte, dazwischen. „Es gibt Neuigkeiten.“

„Du hasch nen Mann!“

„Was? Nein.“

„Och.“

„Ich bin für eine längere Zeit verreist.“

„Was?! Wo bisch denn?“

„In Südengland.“

„Was willsch denn da? Bei dene Fisch änd Tschips?“

„Recherchereise.“

„Kannsch des net im Internet nachlesen? Steht doch heutzutags alles drin. Erst neulich …“

„Was ist Internet?“, unterbrach ich sie.

Sie schwieg tatsächlich für drei Sekunden, dann lachte sie. „Jetzt wär i dir fascht auf den Leim gangen.“

„Ich wollt dich einfach auf dem Laufenden halten. Ich werde vier Monate weg sein.“

„So lang?! Ja und wo wohn’sch?“

„Ich habe ein Cottage gemietet.“

„Ein Kottätsch“, wiederholte meine Schwester und es klang, als nenne sie ein schwäbisches Gericht. „Du wirsch ganz grün zurückkommen von all der Pfefferminzsoß! Aber mir brauchsch dann nix vorjammern.“

Ich lachte.

„Du kommsch was rum. Guschde neiiin! I muss Schluss mache, die Guschde hängt in de Gardine …“

Weg war sie.

5

Ich stand in der Küche, sah hinaus in den morgendlichen Nieselregen, gähnte und schaltete die Kaffeemaschine ein, als ich es an der Tür klopfen hörte. Nanu? Ich ging öffnen.

Ich muss wohl recht dümmlich aus der Wäsche geschaut haben. Wahrscheinlich stand auch mein Mund offen. Draußen vor der Tür stand Norbert. Vorne schütter, hinten dünner, grauer Pferdeschwanz. Er hielt eine Flasche Wein in der Hand.

„Jacobi di Niccolo Panazzi“, sagte Norbert mit perfekter italienischer Intonation. Er deutete mit dem Kinn nach rechts. „Ihr Nachbar.“

„Oh“, machte ich überrascht. Ich erinnerte mich, rechts neben meinem Häuschen eine braune Hütte gesehen zu haben, klobig wie ein Blockhaus.

„Ich möchte Sie willkommen heißen. Wie ich höre, sind Sie Schriftstellerin und bleiben einige Monate. Auf gute Nachbarschaft also!“ Lächelnd hielt er mir sein Kleinod vor die Nase. „Ich wohne neben Ihnen“, fügte er nun etwas nachdrücklicher hinzu – mit hochgezogenen Brauen und fragendem Stirnrunzeln, weil ich ihn noch immer einfach anstarrte.

Wieso hieß Norbert Niccolo di irgendwas? Und was machte er hier in England? Was machte er überhauptimwirklichenLeben?

„Ich bin ebenfalls Künstler“, sagte Norbert und ließ den Arm mit der Flasche sinken. „Maler, wissen Sie.“

„Das ist ja schön“, sagte ich stumpf. „Sie sind Italiener.“

„Wie kommen Sie drauf?“, scherzte er.

„Intuition“, konterte ich. „Wollen Sie hereinkommen? Ich wollte eben Kaffee kochen.“ Ich trat zur Seite und machte eine einladende Geste.

„Aber nur, wenn ich Sie nicht störe!“, sagte er mit offenem Lächeln und hatte schon einen Fuß im kleinen Flur. Zu dem Geruch nach Morgenregen, den er mit hereinbrachte, gesellte sich der nach Ölfarbe und Lösungsmittel. Mein Nachbar folgte mir in die Küche.

„Bitte, setzen Sie sich.“ Er setzte sich.

Ich suchte nach Kaffeetassen, während ich noch mit der Tatsache zu kämpfen hatte, dass Norbert in meiner Küche saß. Nun gut, der Pferdeschwanz meines Gastes war etwas gelbstichig, wohingegen Norberts von einem edlen, klaren Grau war, aber sonst …

„Wundert mich, dass der alte Knabe seine Hütte hergibt während des Festivals“, hörte ich Norb … Niccolo sagen.

„Alter Knabe?“ Ich drehte mich zu ihm um.

„De Bearn, der Besitzer des Cottages.“

Ich gab einen Laut des Verstehens von mir und Niccolo sagte: „Er mag das Festival – Sie haben davon gehört, oder?“

„Sure“, erwiderte ich. Laut Reiseführer und Internet war das Brighton Festival das größte Kunstfestival in Großbritannien. Es fand jedes Jahr im Mai statt.

„Wir können gern mal zusammen zu einer Veranstaltung gehen.“

„Danke … Mr …“

„Ich bin Jacob.“ Er sagte Tschäikop.

„Ich bin Tilly“, erwiderte ich und nahm die Milch aus dem Kühlschrank. Die Kaffeemaschine machte Brodelgeräusche.

„Schön, dich kennenzulernen, Tilly.“

Tschäikop sprach ein hübsch italienisch gefärbtes Englisch und hatte, bei genauerer Betrachtung, sympathische Augen, eine gerade Nase und volle Lippen. Auch war er von schlanker Gestalt. Ich schätzte ihn auf etwas um die vierzig – nahezu im gleichen Alter wie Norbert. „Von wo in Italien bist du?“, fragte ich ihn, während ich Milch aufschäumte.

„Aus Rivoltella. Ein kleines Nest im Süden des Gardasees.“

Ich starrte ihn an.

„Alles in Ordnung?“, fragte Jacob besorgt.

„Klar“, log ich, wedelte mit der Hand und schüttelte leicht den Kopf. „Alles bestens.“

„Kennst du den Ort?“

Ich war versucht, zu sagen: Meine Hauptfigur hat sich gerade von dir getrennt und du hast darauf extrem gefühlsarm reagiert. Nun sitzt sie bei kühlem englischem Regen in ihrem Cottage und denkt an das sicherlich wärmere Örtchen Rivoltella, wohin sie im Begriff gewesen war zu reisen. Mit dir übrigens.

„Nein“, antwortete ich zögerlich. „Nicht direkt.“ Ich goss die Milch in Tassen und ließ den Kaffee dazu laufen.

„Wunderschön da“, stellte Jacob fest.

„Und warum bist du in England?“, fragte ich, während ich die Tassen vor uns hinstellte und mich zu ihm setzte.

Jacob zuckte die Schultern. „Das Wetter ist besser“, erwiderte er grinsend.

Ich lachte pflichtschuldig. Ein Spaßvogel also.

„An was arbeitest du gerade?“, wollte er wissen.

„An einem Roman über eine Schriftstellerin.“

„Interessant“, sagte er.

„Und was malst du so?“

„Ich habe meine Kunst der Farbe Blau gewidmet“, antwortete Jacob feierlich. „Mein Leben wird nicht ausreichen, dieser Farbe gerecht zu werden. Himmel, Wolken, Ozean. Der Faltenwurf eines blauen Kleides. Das blaue Fischerhäuschen am Meer. Ich bin berauscht von dieser Farbe und ihrer ausdrucksstarken Wirkung.“ Er nippte an seinem Kaffee.

Aha. So einer. Ich betrachtete den Klecks blauer Farbe auf meines Nachbars Shirt, murmelte „Interessant“ und nahm einen kräftigen Schluck Kaffee.

„Es kommt auf das Verhältnis von Blau zu den unterschiedlichen Schattierungen von Blau an, weißt du?“, sagte Jacob.

„Wie auch das Verhältnis eines Wortes zu den unterschiedlichen Schattierungen seiner Synonyme“, konterte ich.

„Äh, ja, sicher vergleichbar“, sagte er und nickte ein vages ich-weiß-nicht-ob-ich-das-richtig-verstanden-habe-Nicken. „Du kannst dir meine Bilder gerne ansehen“, fügte er rasch an.

„Sicher, die Tage mal“, erwiderte ich höflich.

„Na dann“, sagte Jacob und erhob sich. „Danke für den Kaffee.“

„Es war nett von dir, vorbeizuschauen“, sagte ich, als ich ihm die Tür öffnete. „Und nochmals danke für den Wein!“

„Kannst jederzeit rüberkommen!“, ermunterte mich mein Nachbar.

Ich hatte kaum die Tür hinter ihm geschlossen, als Lady Gagas Pokerface aus meinem Handy schallte.

„Perfektes Schreibwetter in England, sagt der Wetterbericht“, jubelte Kassandra. „Was hast du bis jetzt?“

„Das ist mein erster Morgen!“, rief ich gereizt. „Was erwartest du?“

„Ich will dich lediglich ermuntern“, flötete meine Agentin.

„Der Diamant Verlag hat angefragt, ob es beim Abgabetermin Juni bleibt. Sonst müssten sie den Erscheinungstermin nach hinten schieben. Auf unbestimmt.“

Was sollte jetzt diese Warnung? Liefere oder du bist weg vom Fenster? Sehen Sie, wir Schriftstellerinnen wissen, dass Figuren ins Leben drängen, weil sie wollen, dass wir ihre Geschichte erzählen. Ich weiß, das klingt verrückt. Aber fragen Sie Gier, Funke, Fitzek. Sie werden es Ihnen bestätigen. Figuren weisen einem den Weg. Isabell wies mir den Weg nach England. Sie würde mir auch zeigen, wie es weiterging. Also antwortete ich Kassandra kühn: „Selbstverständlich bleibt es bei Juni!“

„Fein.“

„Isabell wird sich womöglich neu verlieben“, behauptete ich ins Blaue hinein.

„Das sollte sie auch. Norbert war ohnehin ’ne Pfeife.“

„Wie bitte?!“, rief ich pikiert. „Du warst begeistert von ihm!“

„Es war ja auch toll, wie sie sich verliebten und ein Paar wurden. Aber er wurde mir mit der Zeit unsympathisch, weil er ein bisschen pedantisch ist.“

„Und trotzdem wolltest du, dass sie mit ihm nach Italien geht?“ Jetzt war ich beleidigt. Das war meine Figur und über die konnte ich sagen, was mir beliebte. Aber jemand anderes sollte besser seine Zunge im Zaum halten.

„Versteh das nicht falsch, es war eine gute Idee. Die Leserinnen mochten ihn.“

„Ich finde es leicht verstörend, wie schnell du ihn aufgibst!“, sagte ich im Psychojargon. Ich dachte an Nachbar Tschäikop und fügte an: „Was, wenn er zurückkehrt?“

„Das würde nicht zu Norbert passen. Kommen nicht jede Menge Musiker aus England? Finde lieber irgend so einen Exzentriker für sie. Und wo wir gerade davon sprechen: Der Verlag könnte sich vorstellen, dass du bei den erotischen Szenen expliziter wirst.“

„Nun, äh …“

„Erotik erklimmt die Bestsellerlisten. Sieh es als Anregung, um vielleicht höher als auf Platz zwanzig zu landen.“

„In meinen Romanen geht es um Romantik“, warf ich leicht indigniert ein. Eigentlich war es mir um den Erfolg gegangen. Ich hatte eine Aschenputtel-Geschichte geschrieben, die der Welt zeigen sollte, dass auch die kleinen Unbedeutenden es zu etwas bringen können. Siehe Frodo und seine drei Kumpels aus dem Auenland. Nur mal so als Beispiel, denn Isabell war kein Hobbit und die Welt retten musste sie auch nicht. Sie stieg lediglich zum umschwärmten Star am Literaturhimmel auf.

„Romantik und Erotik sind eine unschlagbare Kombination“, meinte Kassandra. „Da wäre Italien eben die perfekte Kulisse gewesen. Ich kann dir also nur empfehlen, dem kühlen England etwas Hitze abzuringen. Ein Strandspaziergang bei idyllischem Sonnenuntergang, leidenschaftliche Küsse auf dem warmen Sand ...“

„Ich schreibe keine Groschenromane!“, warf ich empört dazwischen, während vor meinem inneren Auge ein typisches Nackenbeißer-Buchcover auftauchte: Isabell mit entblößter Schulter und schmachtendem Blick auf einen markigen Landmann, der sie in seine starken Arme gerissen hatte.

„Sex sells.“ Schroff und deutlich.

„Nun gut, ich denke drüber nach“, murmelte ich schließlich versöhnlich.

Mit niemandem kann man so über seine Figuren reden wie mit Leuten, die mit dem Business vertraut sind.

6

Ich saß im Esszimmer meines Cottages, das ich zum Arbeitszimmer umfunktioniert hatte, und öffnete das Word Dokument mit der Überschrift Handlung.

Szene 1: Isabell verlässt Norbert; will nach England.

Szene 2: Isabell teilt ihrer Agentin diesen Entschluss mit. Agentin gemahnt sie an Abgabetermin.

Szene 3: Isabell kommt in Brighton an (Wo ist das Cottage? Wie kommt sie da hin?).

Szene 4: Isabell ist nicht sicher, ob sie die Beziehung ihrer Hauptfigur scheitern lassen soll (wegen ihrer eigenen Trennungserfahrung?).

Szene 5: Was geschieht weiter? Welchen Personen begegnet Isabell in England?

Ich notierte:

Schriftstellerkollege, der im Nachbarcottage wohnt? (Ebenfalls im Schreib-Retreat?)

Skurrile Musiker / Künstler?

Ein Lord?

Zwei kuriose Heimatforscherinnen, die im Museum (welchem?) arbeiten und sich für Mythisches interessieren?

Das war doch schon mal was. Es wäre gelacht, wenn ich daraus nicht binnen zwei Monaten eine Geschichte zaubern könnte, die Sie, liebe Leserinnen, mir einmal mehr begeistert aus den Händen reißen werden. Also wohlan voran! Ich öffnete ein weiteres Word Dokument. Und starrte die leere weiße Seite an.

Funkstille. Isabell schwieg.

Nanu? Was war das?

Plötzlich stieg ein Gefühl der Hilflosigkeit auf.

Hochstaplerin!

Wie bitte?!

Dilettantin! Hahaha, ein Bestseller? Bist du größenwahnsinnig? Das war doch ein Eintagsfliegen-Erfolg. Das bekommst du nicht nochmal hin! Versagerin! Herzklopfen. Heftig. Selbstzweifel plötzlich, wie Bluthunde, die in ihrem Zwinger an den Gitterstäben hochspringen, Mordlust in den rotglühenden Augen. „Dein Geschreibsel ist wertlos“, geifern sie und gieren danach, auszubrechen und mich zu zerfleischen. Ich spürte den Schweiß unter meinen Achselhöhlen. Meine Hände wurden eiskalt und feucht. Mit einer Stimme, die nicht mir zu gehören schien, winselte ich: „Ihr könnt mir nichts anhaben! Ihr könnt nicht heraus!“

„Du taugst nichts, du bist keine richtige Schriftstellerin.“

Ich sammelte all meine Kraft, um sie anzuschreien: „Das ist nicht wahr und ihr habt keine Macht über mich!“

Verdutzt hielten sie inne, glotzten durch die Vergitterung.

„Isabell Gold hat Fans!“, sagte ich gebieterisch. „Ich werde einen weiteren Band schreiben!“

Belfernd legten sie sich nieder. Sie gaben Ruhe.

Der Triumph war mein!

Jetzt brauchte ich erst einmal einen Kaffee. Während er durch die Maschine lief, wärmte ich meine Hände unter dem warmen Wasserstrahl der Spüle. Noch immer Herzklopfen. Laut und aufgeregt. Das ist nur die Ungeduld, sagte ich mir. Die Neugier, was nun im Roman geschehen wird. Es ist ja noch so ungewiss. Das war es. Bestimmt. Ich hatte immerhin drei Romane geschrieben, einer davon ein Bestseller. Nicht auf Platz eins, nein. Aber auf der Liste. Das war doch was. Da hatte man doch etwas vorzuweisen! Also bitte! Ich bin Sternzeichen Widder und glaube an die eigene Kraft. Etwas Neues wagen fällt mir leicht. Wie schon mein Vater einst beim Familienumzug nach Mannheim sagte: „Man muss auch mal neue Wege gehen, Chancen ergreifen.“

Das hatte ich getan, als sie sich zeigten. Ich hatte als Maskenbildnerin am Nationaltheater Mannheim gearbeitet. Doch meine Arbeit gefiel mir immer weniger. Wenn andere Leute abends aus und ihren Vergnügungen nachgingen, schminkte ich Tenöre. Ich war dreißig, als ich die Chance ergriff, die sich mir damals durch Zufall bot, und eine neue Stelle in der Tourist-Information meines jetzigen Wohnortes antrat. Damals brach aus mir heraus, womit ich überhaupt nicht gerechnet hatte, schon gar nicht in dieser Intensität: Das Verlangen, zu schreiben. Denn um adäquat Auskünfte erteilen zu können, musste ich mir einiges zum Ort und seiner Geschichte anlesen. Das achtzehnte Jahrhundert schlug mich in Bann, und oft bemerkte ich, wie einzelne Szenen in mir aufkeimten, zusammenhanglos in der Luft hingen, nirgends hinzugehören schienen und doch etwas zu bedeuten hatten. Schreiben? Ich? Dann erzählte ich meinen neuen Kolleginnen von meiner schwäbischen Heimat und als ich auf Ludovike Simanowiz zu sprechen kam, wusste ich plötzlich, wohin die Szenen gehörten. Aufgewachsen quasi Tür an Tür mit dieser Malerin des 18. Jahrhunderts, die das wohl schönste Portrait Schillers angefertigt hatte, und um die man nicht herumkam, wenn man in Schorndorf zur Schule gegangen war (ihrem Geburtsort), würde ich ihr Leben in einem Roman erzählen. Ich belegte Kurse zum kreativen Schreiben in der Volkshochschule, besuchte eine Schreibwerkstatt in der renommierten Bundesakademie für kulturelle Bildung in Wolfenbüttel und las Fachliteratur. Ich brauchte etwa fünfeinhalb Jahre für meinen Roman über Ludovike Simanowiz. Mit Müh und Not fand er einen winzigen regionalen Verlag, denn zu dieser Zeit interessierte sich alle Welt für in Bedrängnis geratene Bernsteinhändlerinnen im Mittelalter. Aber ich wurde veröffentlicht und hielt eine Lesung in der örtlichen Bibliothek, zu der sechs Zuhörerinnen älteren Semesters erschienen. Einen weiteren historischen Roman und etliche Jahre später entwickelte sich der Isabell Gold-Roman Das aufregende Leben der Schriftstellerin Isabell Gold unerwartet zum Renner im Weihnachtsgeschäft. Und nun, ein weiteres halbes Jahr später, schrieb ich an einer Fortsetzung. Es wäre gelacht, wenn mir das nicht gelingen sollte! Hochmotiviert schnappte ich mir meinen Kaffee und hastete zurück an die Arbeit. Das bereits Geschriebene hätten auch Hieroglyphen sein können. Nun ja, die Pyramiden, um im Bild zu bleiben, wurden auch nicht an einem Tag erbaut. Ich schlürfte meinen Kaffee. Nahm das Handy zur Hand und schrieb Bruno L. Dachs eine Whatsapp-Nachricht: „Eine meiner Romanfiguren wohnt im Cottage nebenan. Im Land von Arthus und dem Canterville Ghost ist alles möglich!“

Danach machte ich ein Foto vom Ohrensessel im Flur, der mich so warmherzig empfangen hatte, titulierte es mit „Cosy Charme im Cottage“ – welch eine gelungene Alliteration, nicht wahr? – und postete es bei Facebook. Verlor mich in Facebook, las Brunos Antwort bei Whatsapp („Dann sollte ich meinen Jon Rond wohl auch dorthin schicken. Er steckt nämlich in der Klemme. Tränenlach-Emoji.“), schickte Tränenlach-Emoji zurück und rief schließlich Mechthild an.

„Na, was macht die Kunst?“, fragte meine Freundin.

„Läuft“, erwiderte ich.

„Die Muse küsst?“

„Mal sanft, mal stürmisch.“

„Genauso wie Isabells neuer love interest?“

„So weit sind sie noch nicht.“

„Du hast also einen gefunden!“, freute sich Mechthild.

„Möglicherweise“, erwiderte ich vage, um nicht zugeben zu müssen, dass dem ganz und gar nicht so war.

„Na siehst du! Deine Leserinnen erwarten Liebe. Leser übrigens auch, du weißt, dass Rolf mir deine Bücher aus den Händen reißt, kaum dass ich die letzte Seite gelesen und das Buch mit einem wohligen Seufzer geschlossen habe.“

Rolf war Mechthilds Ehemann. Ich musste lachen.

„Lass Isabell in England die wahre Liebe finden“, sinnierte Mechthild genussvoll.

„Druck ist kontraproduktiv für eine Künstlerin.“

„Wieso Druck? Anregung doch wohl eher. Inspiration.“

„Kassandra meint, es müsse mehr Sex rein.“

„Mach das. Das geht ja derzeit wie geschnitten Brot.“

„Weißt du, ich … nun ja, ich weiß nicht, ob ich das kann.“

„Du meinst, die erotischen Szenen explizit beschreiben?“

„Genau.“

„Wenn’s soweit ist, ruf mich an. Ich gebe dir Stichworte.“

Wir lachten schallend.

Mit niemandem kann man so über seine Figuren reden wie mit Freundinnen, die Fans der eigenen Bücher sind!

7

Brighton macht es einem leicht, es zu mögen, selbst bei Nieselwetter. Charmantes Flair eines englischen Seebades, weiße Häuser und der berühmte Royal Pavillon – entzückt flanierte ich umher, ließ mich in Trödelshops und Bookstores treiben. Als ich am Strand war, blitzte die Sonne durch die schiefergrauen Wolken. Möwen schrien, Wind blies, Wellen schäumten an den Strand, auf dem zwei schwarze Hunde neben ihrem joggenden Besitzer her tollten, deren Ohren von ihren übermütigen Sprüngen nach hinten geweht wurden wie winzige schwarze Segel bei aufgewühlter See. Es roch nach Salzwasser und Fish & Chips. Ich schlenderte den Palace Pier entlang. Touristen, Spielhallen, Tea Rooms. Geruch nach Plastikvergnügen. Später ließ ich mich von der Volk’s Electric Railway Richtung Marina kutschieren, spazierte durchs trendige Kemp Town und machte schließlich in einem Café Rast. Ich orderte Tee und zückte Notizbuch und Stift, um meine Eindrücke festzuhalten. Ich notierte das Aussehen des Mannes am Nebentisch, der ölig schwarze Haare hatte und mit seinen Wurstfingern vor dem langen Gesicht seiner Begleiterin herumfuchtelte.

„Hey, hallo Tilly!“

Überrascht sah ich auf. Vor mir stand Norbert. Also Jacob.

„Dürfen wir uns zu dir setzen?“

„Klar“, antwortete ich.

Jacob war in Begleitung einer jungen Frau mit sehr langem, leuchtend blau gefärbtem Haar, und einem jungen Mann mit kleinem rundem Kopf auf einem langen Hals, der aussah wie eine Rübe auf einem Stecken. Jacobs Vorliebe für die Farbe Blau wirkte sich also auch auf seine Bekanntschaften aus. Sie setzten sich. Jacob stellte uns vor: „Das sind Oliver und Alice. Sie sind Musiker. Leute, das ist Tilly. Sie ist Schriftstellerin und meine Nachbarin.“

Wir begrüßten uns.

„Ich hole uns Drinks“, erklärte Jacob. Er verschwand Richtung Tresen. Ich fragte die beiden, welche Instrumente sie spielten. „Gitarre“, antwortete Oliver und deutete mit dem Daumen auf sich. Der Daumen zeigte nach links auf seine Begleiterin: „Flöte.“

Sie seien wegen des Brighton Festivals hier und spielten in den Straßen, erfuhr ich von Oliver. Ich überlegte, ob Oliver ein geeigneter Name für einen Lord wäre. Jacob kam mit den Getränken. „Witzig, dass wir dich ausgerechnet hier im Sidewinder treffen“, sagte er, als er die Gläser abgestellt und sich gesetzt hatte. „Ist unser Stammlokal. Ein Szenetreff.“

---ENDE DER LESEPROBE---