Tapfere kleine Isabell - Helen Perkins - E-Book

Tapfere kleine Isabell E-Book

Helen Perkins

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Beschreibung

Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! Fee Norden stellte die Kanne mit dem frischen Kaffee auf den Frühstückstisch und setzte sich. Ihr Mann Daniel war bereits in die Morgenzeitung vertieft, während Désirée sofort ihre Tasse füllte und dabei seufzte: »Bei dem Regenwetter werde ich ohne Koffein nicht munter. Der Herbst nervt.« Dr. Daniel Norden legte die Zeitung beiseite und erinnerte seine Tochter: »Vor kurzem hast du dich über den viel zu heißen Sommer beschwert. Ich habe den Verdacht, das Wetter kann es dir in diesem Jahr nicht recht machen, Schätzchen.« Das hübsche Mädchen mit dem leuchtenden Blondhaar lächelte verhalten. »Ich geb's zu, Paps, ich bin zu anspruchsvoll. Aber im Moment könnte etwas Sonne nicht schaden, findet ihr nicht?« Sie warf einen missmutigen Blick aus dem Fenster, vor dem aus tief hängenden, grauen Wolken Schnürlregen fiel. »Ich hätte gegen ein paar Sonnenstrahlen auch nichts einzuwenden«, gestand der Chefarzt und Leiter der Behnisch-Klinik seiner Tochter zu. »Vor allem, da ich heute arbeiten muss und nicht, wie ihr beiden, auf der faulen Haut liegen kann.« Fee lachte leise, wobei ihre erstaunlich blauen Augen amüsiert funkelten. Nachdem sie fünf Kinder groß gezogen hatte, arbeitete sie wieder in ihrem Beruf als Ärztin. Sie war als Leiterin der Pädiatrie in der Behnisch-Klinik beruflich ebenso engagiert wie ihr Mann. »Wir haben eine lange Liste von Arbeiten im Haus, die heute erledigt werden müssen, Dan. Auf der faulen Haut liegen würde ich das nicht unbedingt nennen.« »Also schön, ich nehme alles zurück. Wird denn diese Hausarbeitsorgie wenigstens ein feines Abendessen zeitigen?«

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Chefarzt Dr. Norden – 1202 –

Tapfere kleine Isabell

Sie ist so krank und verbindet zwei einsame Herzen

Helen Perkins

Fee Norden stellte die Kanne mit dem frischen Kaffee auf den Frühstückstisch und setzte sich. Ihr Mann Daniel war bereits in die Morgenzeitung vertieft, während Désirée sofort ihre Tasse füllte und dabei seufzte: »Bei dem Regenwetter werde ich ohne Koffein nicht munter. Der Herbst nervt.«

Dr. Daniel Norden legte die Zeitung beiseite und erinnerte seine Tochter: »Vor kurzem hast du dich über den viel zu heißen Sommer beschwert. Ich habe den Verdacht, das Wetter kann es dir in diesem Jahr nicht recht machen, Schätzchen.«

Das hübsche Mädchen mit dem leuchtenden Blondhaar lächelte verhalten. »Ich geb’s zu, Paps, ich bin zu anspruchsvoll. Aber im Moment könnte etwas Sonne nicht schaden, findet ihr nicht?« Sie warf einen missmutigen Blick aus dem Fenster, vor dem aus tief hängenden, grauen Wolken Schnürlregen fiel.

»Ich hätte gegen ein paar Sonnenstrahlen auch nichts einzuwenden«, gestand der Chefarzt und Leiter der Behnisch-Klinik seiner Tochter zu. »Vor allem, da ich heute arbeiten muss und nicht, wie ihr beiden, auf der faulen Haut liegen kann.«

Fee lachte leise, wobei ihre erstaunlich blauen Augen amüsiert funkelten. Nachdem sie fünf Kinder groß gezogen hatte, arbeitete sie wieder in ihrem Beruf als Ärztin. Sie war als Leiterin der Pädiatrie in der Behnisch-Klinik beruflich ebenso engagiert wie ihr Mann. »Wir haben eine lange Liste von Arbeiten im Haus, die heute erledigt werden müssen, Dan. Auf der faulen Haut liegen würde ich das nicht unbedingt nennen.«

»Also schön, ich nehme alles zurück. Wird denn diese Hausarbeitsorgie wenigstens ein feines Abendessen zeitigen?«

»Ihr redet schon übers Abendessen, während ich noch nicht mal gefrühstückt habe«, beschwerte Janni sich und ließ sich neben seiner Zwillingsschwester am Tisch nieder. »Der Professor«, wie er im Familien- und Freundeskreis genannt wurde, rückte seine Hornbrille zurück und lächelte einnehmend. »Was gibt’s denn?«

»Wir haben uns noch keine Gedanken darüber gemacht«, gab Dési zu. »Aber Mama und ich fahren nachher zum Biohof nach Unterschleißheim. Da gibt’s das beste frische Obst und Gemüse von ganz München. Daraus lässt sich bestimmt was zaubern, nicht wahr, Mama?«

»Obst und Gemüse?«, wunderte Janni sich und biss in eine Semmel. »Sind wir neuerdings Veganer?«

»Das nicht, aber eine gesunde Ernährung hat noch niemandem geschadet, stimmt’, Paps?«

Daniel Norden konnte ihr nicht widersprechen, Janni hingegen verzog den Mund. Er lebte nach dem Motto, dass ihm nur gut tat, was ihm schmeckte. Und »Kaninchenfutter« war eben nun mal so gar nicht sein Ding.

»Wenn euch auf dem Weg in die Pampa ein Huhn vors Auto läuft, bringt es mit«, bat er seine Schwester und erhob sich. »Ich muss los, treffe mich mit ein paar Kumpels.«

»Wollt ihr wieder mal den ganzen Tag vor dem Computer herum hängen und kindische Spiele machen?«

»Keineswegs, Schwesterherz. Wir treffen sich an der Uni mit einem Doktoranden, der uns was über Informatik erzählt.«

Dr. Norden horchte auf. »Heißt das, du hast dich definitiv entschieden, etwas in diese Richtung zu studieren?«

»Ganz sicher bin ich mir noch nicht, aber es läuft wohl darauf hinaus. IT, Richtung Medizin. Ich glaube, das ist das Richtige für mich.«

»Klingt gut«, befand sein Vater. »Halt mich auf dem Laufenden. Einen fähigen Computerspezialisten können wir in der Behnisch-Klinik immer brauchen.«

Dési lachte leise. »Der und fähig! Janni war schon mit fünf ein zerstreuter Professor. Und daran hat sich bis heute nichts geändert, finde ich.«

»Das werden wir ja sehen, wer von uns beiden zuerst sein Studium abgeschlossen und einen Job gefunden hat.«

»Was soll das werden, ein Wettbewerb? Das fehlte noch!«

Janni triumphierte. »Dachte ich mir, dass du kneifst. Weil du genau weißt, dass ich dich um Längen schlagen werde. Du hast ja noch keinen Dunst, was du überhaupt studieren willst.«

»Na und? Ich finde schon was Passendes.«

»Da bin ich aber mal gespannt. Dann bis heute Abend.« Er grinste breit. »Und vergesst das Huhn nicht…«

»So amüsant eure kleinen Kabbeleien auch sind, ich muss ebenfalls los«, ließ Daniel sich nun vernehmen.

Fee begleitete ihn noch zur Haustür, wo sie einen zärtlichen Kuss tauschten, dann bat sie: »Komm nicht zu spät. Ich koche uns was Schönes.«

Er lächelte jungenhaft. »Schon überredet. Bis dann!«

Während Fee und ihre Tochter wenig später den Tisch abräumten, fragte sie: »Hast du schon ein bestimmtes Studienfach ins Auge gefasst?« Sie dachte daran, dass Dési mit Modedesign liebäugelte, war davon aber nicht sonderlich begeistert, denn das hätte wohl bedeutet, dass sie nach Paris oder Mailand gehen würde. Fee hatte schon so ihre Schwierigkeiten gehabt, die drei Größeren gehen zu lassen. Dass die Zwillinge noch da waren, hatte sie bis zu deren Abi getröstet. Nun hoffte sie im Stillen, dass sowohl Dési als auch Janni in München studieren würden.

»Kunstgeschichte reizt mich«, gab das Mädchen zu.

»Klingt viel versprechend.« Sie lächelte. »Lass dir trotzdem Zeit mit der Entscheidung. Es eilt ja nicht.«

»Heute werde ich mir darüber auch keine Gedanken mehr machen«, meinte Dési daraufhin unbekümmert. »Wo hab ich nur den Zettel fürs Einkaufen hingelegt? Mal sehen, ob wir auch nichts vergessen haben.« Sie griff nach der Liste, die auf dem Küchenschrank lag und überflog sie. »Ich glaube, das ist alles. Aber schau du lieber auch noch mal drüber, Mama. Was willst du eigentlich heute Abend kochen? Doch kein Huhn, oder?«

Fee lachte. »Einen schönen Gemüseeintopf mit frischem Brot. Und deinem Bruder zuliebe tun wir auch ein paar geräucherte Würste rein, einverstanden?«

»Okay. Aber mir genügt das Gemüse von Thomas Mayer. Bin mal gespannt, wie du ihn findest. Er ist unheimlich nett.« Sie hatte den Biohof auf einer Radtour entdeckt und schwärmte seither von den frischen Produkten ebenso wie vom Bauern selbst.

Fee bedachte sie mit einem forschenden Blick. »Er gefällt dir wohl, dieser Biobauer…«

»Ich mag ihn, das stimmt. Aber nicht so, wie du denkst. Vor einem Jahr ist seine Frau gestorben. Hella Braun, die im Hofladen arbeitet, hat mir das erzählt. Es war sehr schlimm für ihn, er trauert immer noch.«

»Verstehe. Und diese Hella, wie ist die so?«

»Genauso nett. Dabei hat sie schon einiges hinter sich. Ihr ehemaliger Freund hat sie geschlagen und terrorisiert. Sie hat sogar mal eine Weile im Frauenhaus gewohnt, weil sie nicht wusste, wohin. Seit sie mit ihrer kleinen Tochter auf dem Biohof lebt, geht es ihr gut. Da hat sie endlich Ruhe vor dem miesen Kerl. Und Isabell ist ein ganz süßes Mädchen, geht in die erste Klasse und hilft schon auf dem Hof. Sie sagt, sie möchte später mal Bäuerin werden, ist das nicht niedlich?«

»Klingt alles richtig paradiesisch.«

»Na ja, es ist wohl in erster Linie harte Arbeit. Aber ich finde es gut, was sie machen. Giftfreie Lebensmittel, frisch vom Acker, was will man mehr? Und wenn dann noch ein nettes Schwätzchen abfällt …«

Fee lachte. »Dann sollten wir uns auf den Weg machen. Ich bin schon richtig neugierig.«

*

Als Klinikchef oblagen Daniel Norden nicht nur medizische Aufgaben, er musste sich auch um Verwaltung und Organisation kümmern und häufig den Weg durch die Instanzen beschreiten, um etwas zu erreichen oder zu verbessern. Diese Vorgänge waren aber nicht nur langwierig, sie lagen dem engagierten und manchmal ungeduldigen Mediziner nicht wirklich. So kam es, dass sich stets einiges ansammelte, das Daniel Norden dann in einem Rutsch abarbeitete, bevorzugt an einem Samstag wie diesem, an dem er ungestört war. Katja Baumann, seine Assistentin, hatte frei. Die Tür zum Vorzimmer stand offen, es war still. Was dem Chefarzt der Behnisch-Klinik ein wenig fehlte, war der Kaffeeduft.

Katja hatte vor einer Weile einen Vollautomaten angeschafft, und Daniel Norden machte lieber einen Bogen um den einschüchternden Kasten mit den vielen Knöpfen und dem bläulich schimmernden Display. Er würde eben auf Kaffee verzichten müssen, auch wenn es ihm beim Ausfüllen von Formularen und Anträgen an die Klinikverwaltung schwer fiel, so den rechten Schwung und Elan aufrecht zu halten…

Ein schüchternes Klopfen an der Tür erschien Dr. Norden nach einer Weile wie eine willkommene Unterbrechung. Er rief ein freundliches »Herein«, und gleich darauf betrat eine Frau in mittleren Jahren sein Büro. Sie war klein und rundlich, ihr graues Haar kurz geschnitten. In ihrem gutmütigen Gesicht bestachen die tiefblauen Augen, die stets zu lächeln schienen.

»Frau Kappler, das ist eine Überraschung«, sagte Daniel Norden und bot der Besucherin Platz an.

»Ich will Sie aber nicht stören, Herr Doktor«, wandte sie ein und zögerte, sich zu setzen.

»Sie stören nicht, nun setzen Sie sich schon.«

Maria Kapplers Vater hatte vor ein paar Wochen einen schweren Herzinfarkt erlitten und lag seitdem in der Behnisch-Klinik. Der ehemalige Lokführer war ein Feuerkopf, ein Zornnagel erster Güte. Er lebte bei Tochter und Schwiegersohn in der Einliegerwohnung und bestimmte deren Leben total. Die Kapplers konnten sich einfach nicht gegen den Tyrannen wehren.

»Ich würde Ihnen einen Kaffee anbieten, aber meine Assistentin hat heute frei«, ließ er sie wissen.

Die Besucherin überlegte nicht lange. »Ich koche uns schnell eine Kanne. Wo ist denn die Maschine?«

»Sie steht im Vorzimmer, aber …«

Maria hatte das Büro des Chefarztes schon wieder verlassen, er hörte sie im Vorzimmer sagen: »Ein Vollautomat, so einen hab ich mir immer gewünscht. Was soll es denn sein, Herr Doktor? Da hat man die Auswahl.«

Daniel Norden trat in die Tür und lächelte. »Ich überlasse Ihnen die Entscheidung, Frau Kappler.«

Es dauerte nicht lang, dann kehrte sie ins Chefbüro zurück, mit einem Tablett, auf dem nicht nur frischer Kaffee verführerisch duftete, sondern sich auch noch ein Teller mit selbst gebackenen Schokokeksen befand.

»Ich hoffe, sie schmecken Ihnen. Eigentlich habe ich sie meinem Vater mitgebracht. Aber er sagt, sie wären zu hart und hätten einen tranigen Beigeschmack. Er hat mir die Tüte an den Kopf geworfen.« Sie senkte verschämt den Blick.

Dr. Norden probierte einen Keks und lobte: »Die sind sehr gut. Knusprig und frisch. Und sie schmecken wunderbar nach Schokolade. Mein Kompliment.«

»Danke. Ich nehme immer Blockschokolade und gebe noch ein bisschen echten Kakao dazu, meinem Mann schmecken sie dann am besten. Nur dem Vater, dem kann man eben nichts recht machen …« Sie seufzte leise. »Aber ich will Sie nicht mit meinen Sorgen belästigen. Eigentlich wollte ich nur fragen, wielange mein Vater noch hier bleiben muss.«

»Das kann Ihnen der Kollege Schön sagen, Frau Kappler. Ihr Vater ist ja sein Patient.«

»Ja, ich weiß. Aber er… Na ja, er hat mich zu Ihnen geschickt, zum Fragen. Er sagt, man geht nie zum Schmiedel, wenn man was erfahren will, sondern immer gleich zum Schmied.«

Dr. Norden musste schmunzeln. »Am besten rede ich mal mit Ihrem Vater. Soweit ich den Fall verfolgt habe, wird er nach seiner Entlassung auf Pflege angewiesen sein. Ich denke mir, ein professioneller Pflegedienst wäre das Beste.«

»Oh nein, das mache ich! Der Vater will keine Fremden im Haus. Das hat er gleich gesagt, als es darum gegangen ist.«

»Können Sie das denn leisten, Frau Kappler? Eine Pflege ist anstrengend und auch mental belastend.«

Sie hob die Schultern. »Ich habe auch meine Mutter gepflegt. Sie war lange bettlägrig. Ich schaffe das schon.«

»Zusätzlich zu ihrer Arbeit?«

»Ich will es erst mal versuchen. Wenn ich es nicht schaffe, gebe ich meine Putzstellen auf. Das habe ich schon mit meinem Mann abgesprochen.«

Daniel Norden machte ein skeptisches Gesicht. Seiner Meinung nach wäre Johann Frey am besten in einem Pflegeheim untergebracht gewesen. Er war ein sehr schwieriger Patient, uneinsichtig, herrschsüchtig und verbohrt. Hatte er Tochter und Schwiegersohn bislang bereits terrorisiert, so würde es nach seiner Entlassung aus der Behnisch-Klinik vermutlich noch schlimmer werden. Und das wollte er, wenn möglich, verhindern.

»Also, wenn Sie einverstanden sind, Frau Kappler, begleite ich Sie, und wir reden mal zusammen mit Ihrem Vater.«

»Ja, aber nur, falls Sie auch Zeit haben. Ich will Sie nicht von etwas Wichtigem abhalten.«

»Wichtig sind mir in erster Linie meine Patienten«, stellte er freundlich klar und erhob sich. »Gehen wir?«

Maria Kappler nickte mit einem erleichterten Lächeln. Dass der Chefarzt sie begleiten wollte, war gut. Dann würde ihr Vater sich hoffentlich ein wenig manierlicher benehmen als eben.

Johann Frey lag mit grimmiger Miene im Bett. Als seine Tochter das Krankenzimmer betrat, grollte er: »Wo bist du nur so lange gewesen, du dummes Huhn? Kein Mensch braucht eine halbe Stunde, um jemandem eine Frage zu stellen. Getrödelt hast du, gib’s zu!«

Dr. Norden folgte Maria und sagte zu dem Patienten: »Herr Frey, wir sollten uns mal in Ruhe unterhalten.«

»Tag, Herr Doktor. Das hätte es aber nicht gebraucht, dass Sie gleich mitkommen. Die Maria sollte Sie ja nur was fragen.«

»Ich weiß. Aber ich wollte mich über Ihren Fall informieren, habe mit dem Kollegen Schön gesprochen. Er ist der Meinung, dass Sie bald nach Hause entlassen werden können. Und dann wird sich dort ja einiges ändern.«

»Ach, Herr Doktor, das soll nicht Ihre Sorge sein. Ich hab die Kinder im Griff, die versorgen mich schon richtig.«

Maria senkte den Blick, als er sie streng musterte. »Nicht wahr, ich kann doch auf euch zählen! Schließlich geb’ ich euch ja auch meine Rente. Dafür kann ich was verlangen.«

»Ihre Tochter ist keine ausgebildete Pflegerin«, gab Daniel Norden zu bedenken. »Bei der Pflege eines Infarktpatienten ist einiges zu beachten, auch was die Medikation angeht. Meiner Meinung nach wäre es deshalb sinnvoller, einen Pflegedienst zu engagieren. Die Leute kommen ein- oder zweimal am Tag ins Haus und kümmern sich ebenso kompetent um Sie wie das Klinikpersonal. Vielleicht denken Sie mal darüber nach, Herr Frey.«

»Nun, Herr Doktor, ich bin ja nicht grundsätzlich dagegen«, behauptete der daraufhin geschmeidig. »Es ist nur, das kostet gewiss eine Kleinigkeit. Und so groß ist meine Rente auch wieder nicht, dass ich die Kinder damit unterstützen und mir noch eine Pflege leisten könnte.«

»Die Krankenkasse springt da ein. Das lässt sich durchaus regeln. Und es wäre eine Erleichterung für Ihre Tochter.«

Der Kranke bedachte Maria mit einem kurzen, ärgerlichen Blick, sagte dann aber sehr freundlich zu Dr. Norden: »Wenn Sie es für das Beste halten, Herr Doktor, denke ich gern darüber nach.«

Ein wenig erstaunt über den guten Willen, den der sonst so unzugängliche Patient bei ihm zeigte, verabschiedete Daniel Norden sich wenig später. Ob er tatsächlich etwas erreicht hatte, erschien ihm aber eher fraglich. Und er sollte sich – leider – nicht getäuscht haben.