Der Räuber und die schöne Gräfin - Helen Perkins - E-Book

Der Räuber und die schöne Gräfin E-Book

Helen Perkins

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Beschreibung

Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! »Diese Art von Behandlung kann ich nicht gutheißen, tut mir leid.« Dr. Daniel Norden, Chefarzt und Leiter der renommierten Münchner Behnisch-Klinik bedachte sein Gegenüber mit einem sehr strengen Blick. »Sie wissen, dass ich weit mitgehe und dass ich Ihnen vertraue, Herr Kollege. Aber das …« Dr. Erik Berger, der Leiter der Notfallambulanz, warf seinem Vorgesetzten einen unwilligen Blick aus eisblauen Augen zu. Der gut aussehende Mediziner war eine eigenwillige Persönlichkeit und verfügte über den sprichwörtlichen Dickschädel. Seit er mit der Kollegin Christina Rohde verbandelt war, hatte sich das ein wenig gebessert, doch ab und an kam der unbezähmbare Feuerkopf wieder zum Vorschein. Und dann musste Dr. Norden gegensteuern, in ihrer aller Interesse. Dr. Berger war ein brillanter Mediziner, manchmal fühlte der Klinikchef sich in seiner Nähe allerdings wie ein Raubtierbändiger. Und er war durchaus nicht überzeugt, seine Sache erfolgreich zu machen. Nach der heutigen Visite hatte Daniel Norden sich die erboste Beschwerde eines Angehörigen anhören müssen, dessen Frau von Dr. Berger abgekanzelt worden war, weil sie über Schmerzen geklagt hatte, die seiner Meinung nach eingebildet waren. »Ich habe die Patientin korrekt behandelt und ihr ein Schmerzmittel gespritzt, alles nach Vorschrift«, stellte er nun mühsam beherrscht klar. »Sie war hysterisch, hatte ein völlig übertriebenes Schmerzempfinden. Deshalb habe ich versucht, sie auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.«

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Chefarzt Dr. Norden – 1234 –

Der Räuber und die schöne Gräfin

... und Dr. Norden ist mit von der Partie

Helen Perkins

»Diese Art von Behandlung kann ich nicht gutheißen, tut mir leid.« Dr. Daniel Norden, Chefarzt und Leiter der renommierten Münchner Behnisch-Klinik bedachte sein Gegenüber mit einem sehr strengen Blick. »Sie wissen, dass ich weit mitgehe und dass ich Ihnen vertraue, Herr Kollege. Aber das …«

Dr. Erik Berger, der Leiter der Notfallambulanz, warf seinem Vorgesetzten einen unwilligen Blick aus eisblauen Augen zu. Der gut aussehende Mediziner war eine eigenwillige Persönlichkeit und verfügte über den sprichwörtlichen Dickschädel. Seit er mit der Kollegin Christina Rohde verbandelt war, hatte sich das ein wenig gebessert, doch ab und an kam der unbezähmbare Feuerkopf wieder zum Vorschein. Und dann musste Dr. Norden gegensteuern, in ihrer aller Interesse. Dr. Berger war ein brillanter Mediziner, manchmal fühlte der Klinikchef sich in seiner Nähe allerdings wie ein Raubtierbändiger. Und er war durchaus nicht überzeugt, seine Sache erfolgreich zu machen.

Nach der heutigen Visite hatte Daniel Norden sich die erboste Beschwerde eines Angehörigen anhören müssen, dessen Frau von Dr. Berger abgekanzelt worden war, weil sie über Schmerzen geklagt hatte, die seiner Meinung nach eingebildet waren.

»Ich habe die Patientin korrekt behandelt und ihr ein Schmerzmittel gespritzt, alles nach Vorschrift«, stellte er nun mühsam beherrscht klar. »Sie war hysterisch, hatte ein völlig übertriebenes Schmerzempfinden. Deshalb habe ich versucht, sie auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.«

»Wenn ich an die Tiraden ihres Mannes denke, klang das schon ein wenig anders«, gab Dr. Norden zu bedenken.

»Mag sein, aber das sind die Tatsachen. Ich kann doch nicht auf jeden Hypochonder eingehen, dann können wir die Notfallambulanz getrost schließen«, brummte er verstimmt.

»Sie wissen schon, worum es hier geht, Herr Kollege?«

»Um einen dummen Zwischenfall, der sich hätte vermeiden lassen, wenn ich ein klein wenig beherrschter wäre. Tut mir leid, Chef, aber das schaffe ich einfach nicht. Da stoße ich an meine Grenzen.«

»Sie müssen an sich arbeiten. Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung.« Daniel Norden lächelte Dr. Berger zu. »Wir haben uns verstanden, nicht wahr?«

Dieser seufzte. »Ich werde mich bemühen …«

Gleich darauf betrat Dr. Norden sein Büro. Als Klinikchef hatte er auch seinen Teil der Verwaltungsarbeit zu leisten, was ihm gar nicht lag. Doch es gehörte eben dazu.

Katja Baumann, seine Assistentin folgte ihm sogleich aus dem Vorzimmer mit der Unterschriftenmappe, einem Stapel Telefonnotizen, sowie einer frischen Tasse Kaffee. Letztere war ganz nach dem Geschmack des Chefarztes.

Nachdem er einen genüsslichen Schluck genommen hatte, begann er die Briefe zu unterschreiben und fragte: »Was Wichtiges?«

»Das Übliche. Und ein Dr. Hegel bittet um Rückruf.«

»Wolfram Hegel?« Daniel Norden horchte auf.

Katja schaute die Telefonnotizen durch und nickte. »Ja, er sagte, dass er ein alter Freund von Ihnen sei.«

»Das stimmt auch. Wolfram und ich haben zusammen studiert. Ich habe lange nichts von ihm gehört. Bin mal gespannt, was aus ihm geworden ist …«

Dr. Norden unterschrieb die restlichen Briefe, vergewisserte sich, dass tatsächlich keine eiligen Telefonate zu führen waren, und wählte dann die Telefonnummer, die sein Studienfreund hinterlassen hatte. Dabei dachte er an die gemeinsame Zeit zurück und musste schmunzeln. Wolfram war ein Spaßvogel gewesen. Er hatte es geliebt, Verwirrung zu stiften, seine Freunde auf den Arm zu nehmen und das Lehrpersonal zum Besten zu halten. Mehrere Abmahnungen des Dekans hatten wenig bewirkt. Als Daniel Norden sein Studium fast beendet hatte, schien es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis Wolfram Hegel von der Uni fliegen würde.

Dann aber hatte er die zauberhafte Vera Schumann kennengelernt, und plötzlich war alles anders geworden. Aus dem unverbesserlichen Klassenclown von einst war ein ernsthafter Mensch geworden, der sein Studium schließlich noch vor Daniel Norden hatte abschließen können. Dieser fragte sich, was wohl aus Vera geworden war. Ob die beiden geheiratet hatten …

»Altenstift St. Agathen«, meldete sich nun. Dr. Norden stutzte. Hatte er sich verwählt?

»Ich würde gern Dr. Hegel sprechen«, erklärte er und wunderte sich noch mehr, als die freundliche Stimme erwiderte: »Einen Moment bitte.«

Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann hatte er den alten Freund an der Strippe.

»Wolfram, hier ist Daniel Norden.«

»Daniel, schön, dass du zurückrufst!« Dr. Hegel schien sich ehrlich zu freuen. »Wir haben viel zu lange nichts voneinander gehört. Wie geht es dir?«

»Gut, ich kann nicht klagen.«

»Als Leiter der Behnisch-Klinik sicher nicht. Und als Ehemann der schönen Fee auch nicht, oder?«, scherzte der Freund.

»Du weißt erstaunlich gut über mich Bescheid.«

»Ich verfolge deine Karriere ein bisschen, was nicht allzu schwierig ist. Man muss nur einen Blick auf die Gesellschaftsseiten der Münchner Tageszeitungen werfen …«

»Da bist du dann allerdings im Vorteil …«

»Ja, ich weiß. Ich habe mich eher bedeckt gehalten.«

»Umso neugieriger bin ich, wie es dir ergangen ist.«

Wolfram Hegel lachte. »Nun, ich bin der Allgemeinmedizin treu geblieben. Nach dem Studium habe ich ein paar Jahre in einer Gemeinschaftspraxis gearbeitet. Aber so wirklich die Erfüllung war das nicht. Die Kollegen waren nicht sonderlich engagiert, alles ging nach Schema F. Dann kam mir der Zufall zu Hilfe. Für St. Agathen, ein sehr renommiertes Altenheim in Grünwald, wurde ein neuer Leiter gesucht. Medizinisch und für die Verwaltung. Damals hatte ich keinen sonderlichen Zug zur Büroarbeit, doch nachdem ich mir das Haus angeschaut hatte, erwachte mein Ehrgeiz. Ich wollte die Stelle unbedingt. Schließlich setzte ich mich gegen meine Mitwerber durch, denn ich konnte mit einer Handvoll kreativer Ideen punkten. Das ist nun fünfundzwanzig Jahre her.«

»Ein rundes Jubiläum. Ich nehme an, du hast was aus dem Haus gemacht, sonst wärst du nicht so lange geblieben.«

Dr. Hegel lachte leise. »Ich kann ohne Übertreibung sagen, dass St. Agathen meine Handschrift trägt. Als ich anfing, war es ein wenig verstaubt, sehr antiquiert. Eben ein typisches Altenstift für Bessergestellte. Offiziere in Ruhe, alter Adel, Schauspieler von gestern. Eine illustre Gesellschaft. Aber eben ohne Schwung und Pep. Ein steifer Alltag, feste Regeln, Stille und Stillstand.«

Dr. Norden gab zu bedenken: »Für eine solche Einrichtung ist das wohl nicht ungewöhnlich.«

»Sicher nicht. Aber ich wollte eben etwas ganz anderes.«

»Da bin ich gespannt.«

»Es dauerte eine Weile, ein Konzept zu entwickeln, das sich auch in die Praxis umsetzen ließ. Vera hat mir dabei geholfen.«

»Ihr seid also noch zusammen.«

»Wir haben vor ein paar Jahren silberne Hochzeit gefeiert.«

»Habt ihr Kinder?«

»Zwei. Wieland ist Bauingenieur geworden und betreut große Projekte weltweit. Laura arbeitet mit ihrem Mann zusammen in einer Anwaltskanzlei hier in München. Die beiden haben mich bereits zum Großvater gemacht, obwohl ich mich noch ganz frisch fühle.« Er lachte und man merkte, wie stolz er auf seine Kinder war. »Mit deinem Schnitt kann ich zwar nicht mithalten, aber ich bin doch sehr zufrieden.«

»Es war das Beste, was du tun konntest, Vera zu heiraten. Sie hat dir schon an der Uni gutgetan.«

»Allerdings. Sie ist meine große Liebe. Aber wir schweifen ab. Natürlich brauchten die Veränderungen hier im Stift ihre Zeit, auch wenn mir eine Menge Ideen durch den Kopf schwirrten. Vera hat alles sozusagen gefiltert, eine Ordnung hinein gebracht und schließlich ein Konzept entwickelt, das sich bewährt hat.«

»Du machst mich neugierig.«

»Arbeitsgruppen. Das klingt erst mal nüchtern, ich weiß. Aber dahinter verbergen sich kreative Angebote der ganz besonderen, unterschiedlichsten Art. Malen, Musizieren, kreatives Schreiben, Gärtnern in Hochbeeten und im Gewächshaus und auch Sport. Wir haben unser Personal nach strengen Kriterien ausgewählt. Es sind nicht die klassischen Altenpfleger, obwohl diese Grundausbildung natürlich vorausgesetzt wird. Aber das ist Paul, unser Fitnesstrainer, Ignatz, der früher eine Kunstschule geleitet hat, Vera, die lange Jahre den botanischen Garten der Stadt München betreut hat und so weiter. Ich muss aufhören, sonst komme ich zu sehr ins Schwärmen, denn ich brenne nach wie vor für unser Konzept. Es ist einzigartig und hat bereits von sich reden gemacht. Wir haben häufig Kollegen aus aller Welt zu Gast, die sich von unserer Arbeit inspirieren lassen. Und jetzt, nach einem Vierteljahrhundert, wollen wir das natürlich gebührend feiern. Am nächsten Wochenende findet unser Jubiläumsfest statt. Ich möchte dich und Fee dazu einladen.«

»Wir kommen gerne. Aber ich muss zugeben, dass du mich durch deine Schilderungen nun doch sehr neugierig gemacht hast.«

»Möchtest du dir schon vorher einmal alles ansehen?«, fragte Dr. Hegel erfreut.

»Wenn es möglich ist …«

»Aber sicher doch. Ich schlage vor, du kommst morgen zum Frühstück zu uns. Vera wird sich freuen, dich zu sehen. Bring Fee mit. Wir wohnen ganz in der Nähe, können danach zu Fuß herkommen und eine kleine, private Führung unternehmen.«

»Das klingt verlockend. Ich bin schon sehr gespannt …«

*

»Ach, das ist aber schade!« Fee Norden bedachte ihren Mann mit einem enttäuschten Blick ihrer erstaunlich blauen Augen. »Ausgerechnet morgen früh! Da bin ich unabkömmlich.«

Als Leiterin der Pädiatrie in der Behnisch-Klinik war die Medizinerin ebenso engagiert wie ihre bessere Hälfte.

»Was steht denn an, was so wichtig ist?«

»Die Schuster-Zwillinge. Es war nicht leicht, ihre Eltern zu einer Therapie zu überreden. Die Mädchen waren letztes Jahr in den Händen eines Entführers und haben dieses Trauma nur verdrängt, nicht verarbeitet. Ich werde zusammen mit der Kollegin Kreisler ein Gutachten fürs Gericht erstellen. Da wartet eine Menge Arbeit auf uns. Morgen findet die erste Besprechung im Beisein der Eltern statt, die darf ich auf keinen Fall versäumen.«

»Das verstehe ich.« Dr. Norden bog von der Straße auf ihr Grundstück ab und parkte in der Zufahrt zur Garage. »Ich bin sehr stolz auf dich, mein Herz.«

»Warum denn das?«, wunderte Fee sich.

»Weil deine Patienten für dich an erster Stelle stehen. So soll es sein.«

»Danke für das aufbauende Lob.« Sie lächelte ihm zu, dann tauschten sie einen innigen Kuss und stiegen aus. Es war ein kalter Winterabend, die Nordens beeilten sich, ins Haus zu kommen, denn es schneite auch noch fein.

Das Geheimnis ihrer überaus glücklichen Ehe bestand darin, alles zu teilen, beruflich wie privat, aber auch die Zeit der ersten Verliebtheit nicht zu vergessen, sie in ihren Herzen lebendig zu halten. Bei der Erwähnung von Wolfram Hegel war Fee diese Zeit wieder in den Sinn gekommen. Damals, als sie beide noch ganz junge Ärzte gewesen waren, ohne Anhang, aber dafür mit einem Kopf voller Pläne und Ideen, hatte sich ihre Liebe gefestigt und war für sie beide zu dem geworden, was sie auch heute noch war: Der Mittelpunkt ihres Lebens.

»Wo sind denn die Zwillinge?«, wunderte Daniel sich, als sie die Diele betraten. Das Haus war still und dunkel. Wenn Dési und ihr Zwillingsbruder Janni daheim waren, sah das anders aus. Die beiden jungen Studenten brachten »Leben in die Bude«, wie Dr. Norden das mit nachsichtigem Wohlwollen bezeichnete.

»Sie werden noch an der Uni sein«, mutmaßte Fee. »Ich hoffe, sie kommen bald, damit wir wenigstens eine gemeinsame Mahlzeit am Tag einnehmen können.«

Es war Fee nicht leichtgefallen, als ihre Kinder nach und nach erwachsen und flügge geworden waren. Dass zumindest noch die beiden Jüngsten der fünf daheim wohnten, betrachtete sie als wahren Segen. Und sie legte entsprechend großen Wert darauf, einmal am Tag gemeinsam am Tisch zu sitzen, zu essen, zu reden und einander am eigenen Leben teilhaben zu lassen. So blieb das Band bestehen, das sie als Familie festigte. Und das war wichtig, denn schließlich sollten ihre beiden »Küken« ja noch so lange wie irgend möglich daheim wohnen bleiben …

»Ich richte das Abendessen«, beschloss sie und verschwand in der Küche, Daniel folgte ihr.

»Du hast Wolfram früher nicht sonderlich gemocht«, nahm er den Gesprächsfaden von eben wieder auf.

»Nein, er hat sich immer unmöglich benommen. Solche ›Spaßvögel‹ fand ich noch nie wirklich witzig. Vera war eine gute Freundin von mir. Ich konnte es nicht glauben, als sie mir erzählte, dass zwischen ihr und diesem ›Spinner‹ etwas lief. Ich muss zugeben, dass ich richtig entsetzt gewesen bin.«

Daniel lachte. »Die beiden haben sich als perfektes Paar erwiesen. Sie hatte von Anfang an einen positiven Einfluss auf ihn. Und er hat sie heute am Telefon als seine große Liebe bezeichnet.«

»Ich bin froh, dass es so ist. Und ich freue mich darauf, die beiden wieder zu sehen.«

»Außerdem haben sie uns etwas voraus. Sie sind bereits Großeltern. Würde dir das schmecken?«

Fees Augen begannen schon zu strahlen, noch bevor sie zugab: »Enkelkinder sind was Herrliches. Aber unsere Kinder können sich damit ruhig noch ein wenig Zeit lassen, finde ich …«

»Obwohl du eine wunderschöne Großmutter wärst«, schmeichelte Daniel, legte seine Arme um Fees schmale Taille und küsste sie zärtlich. Ein grummelndes Räuspern beendete diese Zärtlichkeit, Janni stand in der Küchentür und fragte: »Gibts was zu essen? Ich habe Hunger. Dési ist auch im Anmarsch.« Er schob seine Hornbrille ein wenig nach hinten und musterte seine Eltern forschend. »Oder habt ihr was anderes im Sinn?«

Fee und Daniel schauten sich mit einem verschwörerischen Blick an, dann versicherte sie: »Keinesfalls, das Abendessen steht gleich auf dem Tisch.«

Janni atmete auf. »Na, wunderbar …«

Wenig später saßen die Nordens zusammen am Tisch, wie Fee es liebte, aßen, unterhielten sich und jeder berichtete von dem, was der Tag ihm gebracht hatte. So sollte es sein, fand die blonde Ärztin, denn das war es, was Familie ausmachte.

*

Am nächsten Morgen verließ Daniel Norden etwas zeitiger als sonst das Haus. Er fuhr nicht zur Arbeit, hatte Katja Baumann unterrichtet, dass erst am Vormittag mit ihm zu rechnen war. Sein Ziel war das Altenstift »St. Agathen« im noblen Münchner Stadtviertel Grünwald.