Der Mann ihrer Schwester - Helen Perkins - E-Book

Der Mann ihrer Schwester E-Book

Helen Perkins

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Beschreibung

Jenny Behnisch, die Leiterin der gleichnamigen Klinik, kann einfach nicht mehr. Sie weiß, dass nur einer berufen ist, die Klinik in Zukunft mit seinem umfassenden, exzellenten Wissen zu lenken: Dr. Daniel Norden! So kommt eine neue große Herausforderung auf den sympathischen, begnadeten Mediziner zu. Das Gute an dieser neuen Entwicklung: Dr. Nordens eigene, bestens etablierte Praxis kann ab sofort Sohn Dr. Danny Norden in Eigenregie weiterführen. Die Familie Norden startet in eine neue Epoche! »Du kannst sagen, was du willst, aber mehr November geht nicht.« Dr. Daniel Norden, Chefarzt und Leiter der renommierten Münchner Behnisch-Klinik, blickte bekümmert aus dem Küchenfenster, während seine bessere Hälfte Fee die Kanne mit dem frischen Kaffee aus der Maschine nahm. »Nur keine Winterdepression, mein Schatz«, bat sie lächelnd, und ihre erstaunlich blauen Augen blitzten. »Am Wochenende fahren wir in die Berge und genießen die Natur. Auf der Höhe scheint bestimmt die Sonne.« Der hoch gewachsene, attraktive Arzt seufzte. »Ein paar Strahlen wären jetzt auch nicht schlecht …« Seit Tagen hing grauer Nebel über der Weltstadt mit Herz, es nieselte permanent und nach Einbruch der Dunkelheit sank das Thermometer bereits unter Null, sodass sich der Heimweg zumeist als Rutschpartie gestaltete. Daniel Norden war Mediziner mit Leib und Seele, ein ausgeglichener Familienmensch, der mit ganzem Herzen an seinen fünf mittlerweile erwachsenen Kindern hing und glücklich verheiratet war. Doch das graue Winterwetter fing trotz allem an, auch ihm auf die Nerven zu gehen. »Morgen allerseits!« Dési und Janni, die Zwillinge und jüngsten Sprösslinge der Nordens, erschienen munter und gut gelaunt zum Frühstück. Daniel staunte. »Warum seid ihr so fröhlich? Gestern habt ihr euch noch beide über das miese Wetter beschwert.« »Gestern war ich ein bisschen abgespannt«, gab das hübsche Mädchen offen zu. »Nach der Uni noch Wahlkampf, das ist schon happig.

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Chefarzt Dr. Norden – 1231 –

Der Mann ihrer Schwester

Aus blinder Leidenschaft zerstört Annika fast ihr Leben

Helen Perkins

»Du kannst sagen, was du willst, aber mehr November geht nicht.« Dr. Daniel Norden, Chefarzt und Leiter der renommierten Münchner Behnisch-Klinik, blickte bekümmert aus dem Küchenfenster, während seine bessere Hälfte Fee die Kanne mit dem frischen Kaffee aus der Maschine nahm.

»Nur keine Winterdepression, mein Schatz«, bat sie lächelnd, und ihre erstaunlich blauen Augen blitzten. »Am Wochenende fahren wir in die Berge und genießen die Natur. Auf der Höhe scheint bestimmt die Sonne.«

Der hoch gewachsene, attraktive Arzt seufzte. »Ein paar Strahlen wären jetzt auch nicht schlecht …«

Seit Tagen hing grauer Nebel über der Weltstadt mit Herz, es nieselte permanent und nach Einbruch der Dunkelheit sank das Thermometer bereits unter Null, sodass sich der Heimweg zumeist als Rutschpartie gestaltete. Daniel Norden war Mediziner mit Leib und Seele, ein ausgeglichener Familienmensch, der mit ganzem Herzen an seinen fünf mittlerweile erwachsenen Kindern hing und glücklich verheiratet war. Doch das graue Winterwetter fing trotz allem an, auch ihm auf die Nerven zu gehen.

»Morgen allerseits!« Dési und Janni, die Zwillinge und jüngsten Sprösslinge der Nordens, erschienen munter und gut gelaunt zum Frühstück. Daniel staunte.

»Warum seid ihr so fröhlich? Gestern habt ihr euch noch beide über das miese Wetter beschwert.«

»Gestern war ich ein bisschen abgespannt«, gab das hübsche Mädchen offen zu. »Nach der Uni noch Wahlkampf, das ist schon happig. Heute kann ich mich ganz darauf konzentrieren, Gloria in den Münchner Stadtrat zu befördern.«

»Du allein? Das wird was werden«, spöttelte Janni. Der schlaksige Junge mit der Nerd-Brille war ein Computerfreak und lebte in seiner eigenen Welt von Bits und Bytes. Er beobachtete das vielfältige Engagement seiner Schwester meist skeptisch. Dési war umtriebig, streitbar, leicht zu begeistern und engagierte sich gern für andere.

Als die junge Anwältin Gloria Sundermann sich für das Amt der Stadträtin als jüngste und noch dazu grüne Kandidatin beworben hatte, waren Dési und einige ihrer Freundinnen von der Uni begeistert gewesen und hatten sich spontan entschlossen, als Wahlkampfhelferinnen anzuheuern. Mittlerweile war nur noch Dési aktiv, denn sie mochte Gloria und war von deren politischen Ansichten vollkommen überzeugt.

»Natürlich nicht ich allein, Idi«, stellte Janni klar. »Aber ich kann heute den ganzen Tag Leute anrufen und Handzettel verteilen. Es macht Spaß, wenn man mit jemandem ins Gespräch kommt, der eine Meinung hat und diese auch vertritt. Und manchmal schafft man es sogar, Leute zu überzeugen und neue Wähler zu gewinnen. Das ist ein tolles Erfolgserlebnis.«

»Hoffen wir, dass deine Gloria auch hält, was sie jetzt verspricht«, merkte Janni an und erhob sich, als geklingelt wurde. »Das ist Lucy, wir haben heute das Labor an der Uni für uns und können an unserem neuen Projekt arbeiten. Bis dann.«

»Bis dann, Professor Frankenstein«, scherzte Dési.

Als die Haustür klappte, warf Fee ihrer Tochter einen fragenden Blick zu. »Was meinst du damit? Was ist denn das für ein Projekt, an dem die beiden arbeiten?«

»Irgendwas mit künstlicher Intelligenz. Vielleicht bauen sie einen Roboter, der Janni alles abnimmt, wozu er keine Lust hat. Zum Beispiel, sein Zimmer aufzuräumen …«

Fee seufzte. »Den würde ich mir dann aber ausleihen.«

»Aber, Liebes, ich dachte, du magst Hausarbeit …«

Sie lächelte ihrem Mann etwas vage zu. »Ich mache sie, weil sie gemacht werden muss. Das bedeutet aber nicht, dass sie mir sonderlich viel Spaß macht …«

»Na, wenn das so ist, kannst du dich am Wochenende mal so richtig verwöhnen lassen«, meinte Daniel.

»Ihr fahrt in die Berge?« Dési bekam sehnsüchtige Augen. »Dazu hätte ich auch mal wieder Lust …«

»Dann komm doch mit«, schlug ihre Mutter spontan vor, was Daniel Norden gar nicht passte. Schließlich hatte er sich ein romantisches Wochenende zu zweit vorgestellt. Doch Dési winkte sowieso ab.

»Leider keine Zeit. Samstag ist Wahlveranstaltung im Rathaus. Da muss noch eine ganze Menge vorbereitet werden. Gloria verlässt sich auf uns freiwillige Helfer. Ich will sie nicht im Stich lassen.«

»Ist sie wirklich so gut, wie es aussieht?«, fragte ihr Vater.

»Und ob! Sie ist einfach toll. Eine engagierte Anwältin, der es echt darum geht, Leuten zu helfen, die sonst keine Lobby haben. Sie setzt sich total für Integrationspolitik ein. Und ihre umweltpolitischen Ziele sind machbar und würden München ein großes Stück näher an die Klimaneutralität bringen.«

»Du bist eine wirklich gute Werbetrommlerin«, lobte Daniel beeindruckt. »Mich hast du schon überzeugt, sie zu wählen.«

»Hoffentlich nicht nur, weil ich deine Tochter bin …«

Fee lachte. »Dein Vater kann dir nichts abschlagen, das war schon immer so. Aber ich finde deine Argumente auch gut. Es braucht einfach frisches Blut im Stadtrat. Mit den alten Hüten kommen wir nicht mehr weiter.«

»Genau, Mama. Kann es sein, dass ich heute schon beim Frühstück zwei Stimmen für Gloria gewonnen habe?«

»Durchaus möglich«, erwiderte Fee schmunzelnd.

»So anregend unsere Diskussion auch ist, ich fürchte, wir müssen los«, mahnte Daniel da mit einem Blick auf die Uhr.

Dési erhob sich ebenfalls. »Auf in den Kampf! Bis heute Abend!«, rief sie munter und eilte davon.

Der Chefarzt der Behnisch-Klinik blickte ihr wohlwollend hinterher, während Fee noch rasch den Tisch abräumte.

»Wie wär’s mit einer Haushaltshilfe?«, fragte er und trug ihr das volle Tablett in die Küche. »Die könnte dir die ungeliebte Hausarbeit abnehmen, mein Schatz.«

Fee hob die Schultern. »Bewirbst du dich?«

»Ich hatte eher an eine qualifizierte Kraft gedacht.«

»Och, ich finde, du trägst das Tablett schon sehr geschickt.«

»Ich meine das ganz ernst.« Daniel fühlte sich auf den Arm genommen. »Bisher dachte ich immer, du erledigst diese Arbeiten gern, denn alles, was mit unserer Familie zu tun hat, liegt dir doch, Supermutti.«

Sie lachte. »Ja, ich koche gern für alle, wenn wir mal ein Familienfest haben. Und ich bin auch sehr froh, dass die Zwillinge noch bei uns wohnen. Es ging mir eher so um den täglichen Kleinkram, der kann schon nervig sein. Aber das schaffe ich schon noch allein. Das Geld können wir sparen.«

»Also gut, mein sparsamer Schatz, dann sag Bescheid, falls du deine Meinung doch mal ändern solltest. Eine Haushaltshilfe ist schließlich kein Luxus, sondern rein praktisch.«

»Luxus ist für mich das Wochenende in den Bergen. Nur du und ich und die Natur. Das wird herrlich!«

»Ganz deine Meinung.« Er schenkte ihr einen zarten Kuss, und sie schauten sich tief in die Augen. In solchen Momenten waren die Nordens trotz vieler gemeinsamer Ehejahre und erwachsener Kinder wieder das junge, verliebte Paar, das vom ersten Moment an nur Augen füreinander gehabt hatte. Vielleicht war das ja das Geheimnis ihrer harmonischen und überaus glücklichen Ehe; sich die erste Zeit der Verliebtheit durch alle Zeiten hindurch zu bewahren. Es war ein Kunststück. Aber eines, das sich lohnte.

*

Dési radelte schwungvoll zum Wahlkampfbüro in der Nähe des Rathauses. Morgens waren nur wenige Helfer da, denn die meisten hatten entweder einen Job oder studierten noch, so wie die Tochter der Nordens.

»Dési, du bist schon da!« Gloria Sundermann lächelte ihr erfreut zu. Sie war eine hübsche, junge Frau Ende der Zwanzig mit dunklen Locken und tiefblauen Augen. »Kaffee?«

»Nein, danke, ich habe gerade gefrühstückt. Wenn ich zu viel Koffein zu mir nehme, rotiere ich noch schneller«, scherzte sie und ließ sich an ihrem Schreibtisch nieder. »Meine Eltern wollen dich übrigens auch wählen. Ich habe sie beim Frühstück überzeugt.«

»Du bist unschlagbar, Dési«, stellte Gloria bewundernd fest. »Mit deiner Hilfe kann ich ja nur gewinnen …«

»Gehts dir gut?«, fragte Dési nun. »Du bist ziemlich blass.«

»Ja, die dumme alte Allergie macht mir mal wieder zu schaffen.«

»Hast du Beschwerden?«

»Gestern Abend ging es mir gar nicht gut. Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel, das volle Programm.«

»Hast du was gegessen, das du nicht vertragen kannst?«

»Nein, das ist es ja. Ich weiß ganz genau, was ich darf und was nicht. Seit meinem fünften Lebensjahr werde ich regelmäßig getestet. Es hat sich nicht viel verändert. Eiweiß ist mein Hauptfeind. Es steckt in vielen Lebensmitteln, aber hoch konzentriert wie in Eiern, Mandeln und Erdnüssen ist es richtig gefährlich für mich. Als Kind hatte ich einen allergischen Schock. Es war knapp, so was kann tödlich enden. Seitdem meide ich alles, was ich nicht vertrage. Das ist bislang immer gut gegangen. Aber in letzter Zeit …«

»Was sagt Bernd dazu?«

»Er rät mir immer, mich zu schonen. Aber das bringt nicht wirklich was. Ich sage dir, Dési, irgendwas stimmt da nicht.«

»Was meinst du genau?«

»Na, es kommt mir fast so vor, als würde jemand Lebensmittel in meinen Kühlschrank schmuggeln, die ich nicht vertragen kann. Anders lassen sich all die seltsamen Beschwerden nicht erklären.«

»Wer würde denn so was machen?«

»Keine Ahnung. Und eigentlich ist es auch gar nicht möglich. Aber es muss ja schließlich irgendeinen Grund dafür geben, dass ich in letzter Zeit wieder ständig Beschwerden habe …«

»Vielleicht die politische Konkurrenz?«

Gloria lachte leise. »Und an wen denkst du da so? Vielleicht tauscht der behäbige Kurt Wangermaier meine Kuhmilch gegen Mandelmilch aus?«

Dési musste bei dieser Vorstellung schmunzeln. »Möglich ist alles … Aber im Ernst. Du musst sehr aufpassen bei allem, was du isst.« Sie blickte auf, als Annika Gerber, Glorias Schwester, erschien. »Vielleicht sollte Annika Vorkosterin spielen …«

»Das habe ich ihr schon angeboten«, meinte die rot gelockte Friseurmeisterin. »Aber sie will nichts davon wissen.«

»Weil es nichts bringen würde.«

»Und warum nicht?«, forschte Dési nach.

»Weil für einen Menschen, der keine Allergie hat, diese Stoffe ganz normal schmecken. Annika wäre mir da keine Hilfe.«

»Wenn du deine Meinung änderst, ich stehe zur Verfügung«, bekräftigte die Schwester.

Dési widmete sich nun wieder ihrer eigentlichen Aufgabe, dem Wahlkampf. Bei dem schlechten Wetter waren nur wenige Passanten unterwegs, weshalb sie im Wahlkampfbüro blieb und darauf verzichtete, draußen Handzettel zu verteilen. Stattdessen rief sie potenzielle Wähler an, um für Gloria Sundermann Werbung zu machen. Dési konnte sehr überzeugend sein und war bei ihren Anrufen entsprechend erfolgreich. So verging der Vormittag im Handumdrehen.

Annika holte zu Mittag Pizza, die sich alle Anwesenden schmecken ließen. Danach ging es Gloria gut, sie hatte keine Beschwerden. Gegen Abend schaute dann Bernd Sundermann, Glorias Mann, vorbei. Er war ebenfalls Anwalt, sie arbeiteten zusammen in einer Kanzlei. Nachdem sie die aktuellen Fälle besprochen hatten, rief Gloria alle Helfer zusammen, bedankte sich für die gute Arbeit, die diese so unermüdlich leisteten, und hatte eine positive Ankündigung zu machen.

»Nach den aktuellen Umfragen liegen wir gut im Rennen. Wenn dieser Trend bis zum Wahlsonntag so bleibt, werde ich mit etwas Glück ins Rathaus einziehen können.«

Begeisterter Applaus antwortete ihr, alle waren sehr motiviert, sich weiter zu engagieren. Man besprach noch einige Details, nun da man sich allmählich dem Endspurt der Wahlkampagne näherte und ging dann bester Dinge auseinander.

Dési berichtete beim gemeinsamen Abendessen mit ihren Eltern von dem erfolgreichen Wahlkampf, aber auch von den rätselhaften Beschwerden, unter denen Gloria Sundermann ständig zu leiden hatte. Ihr Vater dachte eine Weile nach und meinte schließlich: »Sie sollte sich mal wieder testen lassen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Allergiker im Laufe seines Lebens auf neue Stoffe reagiert, die er vielleicht vorher toleriert hat. Immerhin handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Das Immunsystem läuft ständig auf Hochtouren und attackiert eigentlich harmlose Stoffe. Es erkennt nicht, wer Freund und wer Feind ist. Und so eine Fehlleitung kann sich nicht nur etablieren, sie kann sich leider auch intensivieren.«

»Gloria ist sehr vorsichtig. Sie isst normalerweise nur, was sie wirklich vertragen kann. Damit ist sie bis jetzt auf der sicheren Seite gewesen. Aber seit sie Stadträtin werden will, scheint das nicht mehr zu klappen.«

»Was meinst du?«, fragte Fee ihre Tochter. »Dass ihr jemand absichtlich Lebensmittel gibt, die sie nicht vertragen kann?«

»Es wäre doch möglich.«

Daniel schüttelte den Kopf. »Das erscheint mir ebenso perfide wie sinnlos. Gloria hat Beschwerden, es geht ihr nicht gut. Aber auf diese Weise schaltet man doch keinen politischen Gegner aus.

Es muss andere Gründe für ihre Beschwerden geben.«

»Du meinst, eine Hochsensibilisierung auf weitere Allergene«, merkte Fee an. »Ja, das erscheint mir auch möglich.«

»Rede mal mit Gloria. Sie sollte einen umfassenden Test machen lassen, um das abzuklären«, riet Dr. Norden seiner Tochter.

Dési versprach es, ohne ahnen zu können, wie schnell die Dinge sich für Gloria Sundermann zum Schlechten wenden sollten …

*

Am Freitagabend brachen die Nordens Richtung Alpen auf.

Beide hatten noch bis zum letzten Moment befürchtet, dass ihnen etwas dazwischen kommen könnte, denn gemeinsame Wochenenden waren für die Klinikärzte fast so schwierig zu erreichen wie ein Sechser im Lotto.

Doch kein Notfall machte ihnen einen Strich durch die Rechnung, und so konnten sie ihren lange gehegten Wunsch endlich in die Tat umsetzen.

Während Janni in seinem Zimmer am Computer saß, war seine Schwester das ganze Wochenende in Sachen Wahlkampf unterwegs.

Gloria hielt mehrere Reden auf verschiedenen Veranstaltungen und war auch im Regionalfernsehen bei einem Rededuell mit ihrem direkten Konkurrenten um den Einzug ins Rathaus zu sehen. Es ging ihr gut, sie hatte keine Beschwerden, und es schien, als gehörten die seltsamen Zwischenfälle der letzten Zeit endlich der Vergangenheit an.

Die Nordens kehrten am Sonntagabend erholt und bester Dinge heim. Janni freute sich über ein »anständiges« Abendessen, denn wenn er allein war, ernährte er sich meist von Pizza und Pommes. Als Dési heimkam, hatte sie viel zu erzählen.

»Gloria war einfach umwerfend! Sie hat ihre Position klar und deutlich umrissen, hat die Schwachpunkte ihrer Konkurrenten aufgezeigt, aber immer sachlich, nie persönlich beleidigend. Die Wähler müssten schon taub und blind sein, um nicht zu erkennen, dass sie die beste Wahl für dieses Amt ist!«

»Nun übertreibst du aber«, warf Janni ihr genervt vor. »Deine Begeisterung lässt dich unsachlich werden.«

»Wieso? Ich sage nur das, was ich denke.«