Closer - Ina Taus - E-Book

Closer E-Book

Ina Taus

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Beschreibung

Es ist egal, wen du liebst. Solange du es von ganzem Herzen tust.  

Der 18-jährige Mason hat alles, was er will: eine tolle Freundin, einen besten Kumpel, einen Freundeskreis, mit dem man richtig gut feiern kann, und nächstes Jahr geht es endlich aufs College. Vor ihm liegt ein Sommer voller Partys am Strand und fauler Nachmittage am Pool. Doch alles gerät ins Wanken, als Jackson in die Kleinstadt Naples in Florida zieht. Der Neue ist so geheimnisvoll wie anziehend, und plötzlich weiß Mason nicht mehr, was er denken geschweige denn fühlen soll. Er liebt doch Emily! Oder? Warum fühlt er sich zu Jackson, einem Kerl, so wahnsinnig hingezogen? Mason stürzt in ein Gefühlschaos, aus dem ihn anscheinend nur eine Person retten kann: Jackson.

Ich konnte meinen Reader kaum aus der Hand legen, weil ich unbedingt wissen wollte, wie die Story ausgeht. - Buchhändlerin auf NetGalley

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Seitenzahl: 416

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Die AutorinIna Taus wurde 1986 geboren und lebt mit ihrer Familie in Österreich. Beruflich jongliert sie mit Zahlen, weshalb das Eintauchen in andere Welten ein guter Ausgleich dazu ist. Den Weg ins Wunderland hat sie noch nicht gefunden, wird aber nie damit aufhören weiße Kaninchen zu verfolgen, um irgendwann doch noch dort zu landen. Durch das Lesen wurde sie früh zu einer großen Geschichtenerzählerin, deshalb war für sie klar, dass sie ihr Leben mit dem Schreiben eigener Bücher bunter gestalten will.

Das Buch

Es ist egal, wen du liebst. Solange du es von ganzem Herzen tust.  

Der 18-jährige Mason hat alles, was er will: eine tolle Freundin, einen besten Kumpel, einen Freundeskreis, mit dem man richtig gut feiern kann, und nächstes Jahr geht es endlich aufs College. Vor ihm liegt ein Sommer voller Partys am Strand und fauler Nachmittage am Pool. Doch alles gerät ins Wanken, als Jackson in die Kleinstadt Naples in Florida zieht. Der Neue ist so geheimnisvoll wie anziehend, und plötzlich weiß Mason nicht mehr, was er denken geschweige denn fühlen soll. Er liebt doch Emily! Oder? Warum fühlt er sich zu Jackson, einem Kerl, so wahnsinnig hingezogen? Mason stürzt in ein Gefühlschaos, aus dem ihn anscheinend nur eine Person retten kann: Jackson.

Ina Taus

Closer

Mason & Jackson

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

Originalausgabe bei Forever Forever ist ein Digitalverlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin Juli 2017 (1)  © Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2017 Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic® Autorenfoto: © privat  ISBN 978-3-95818-201-1  Hinweis zu Urheberrechten Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken, deshalb ist die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben. In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.

Weil es egal ist, wen du liebst.

Wichtig ist nur, dass du liebst.

Kapitel 1

»Harper, bist du bald fertig?« Mit meiner Faust klopfe ich fest gegen die Badezimmertür, hinter der sich meine jüngere Schwester verkrochen hat. Sie verbringt Stunden vor dem Spiegel und sieht danach immer noch genauso aus wie zuvor. Zumindest meiner Meinung nach.

»Ja, bald«, höre ich sie von drinnen murren.

»Ich muss jetzt los, Harper. Wenn du mitfahren willst, komm bitte endlich in die Gänge.« Frustriert werfe ich einen Blick auf meine Armbanduhr. In zehn Minuten soll ich bereits bei meinem besten Freund vor der Tür stehen, da wir heute gemeinsam zur Schule fahren.

»Dann mach dich ohne mich auf den Weg. Ich frage Emily, ob Dan und sie mich mitnehmen können.« Ihre Stimme hat einen leicht gereizten Tonfall angenommen, dabei müsste ich derjenige sein, der wegen ihrer ständigen Trödelei wütend ist.

Ohne ihr eine Antwort zu geben, drehe ich mich um und gehe die Treppen nach unten. Nachdem ich eine gefühlte Meile durch unser riesiges Haus gewandert bin, komme ich endlich in der Küche an. Mein Rucksack steht bereits auf dem Tresen, an dem meine Mutter sitzt und in der heutigen Zeitung blättert.

»Möchtest du etwas frühstücken, Mason?«, fragt sie mich, ohne aufzusehen. Sie trägt eine schwarze Brille und hat ihre blonden Haare, die meinen ähneln, zu einem strengen Dutt hochgesteckt. Man könnte sie glatt mit einer Mathelehrerin verwechseln, wenn ihr Körper nicht in einem pinken Hausanzug stecken würde.

Ich schnappe mir einen Apfel und den Rucksack. »Keine Zeit, Mom. Ich muss los. Ethan und ich haben noch einiges wegen heute Abend zu besprechen.« Beim Gedanken an die Feier stiehlt sich ein Grinsen auf mein Gesicht.

»Wegen der Party?«, fragt sie nach.

»Ja, genau.« Mit meinen Gedanken bin ich bereits bei den letzten Punkten auf meiner To-do-Liste, die noch erledigt werden müssen.

»Dann lass dich nicht von mir aufhalten.« Ich gebe ihr einen Kuss auf die Wange und befinde mich schon im Flur, als meine Mutter laut nach mir ruft: »Mason?«

Weil ich – natürlich! – ein guter Sohn bin, gehe ich zu ihr zurück, anstatt durch das ganze Haus zu brüllen. Ich lehne mich gegen den Türrahmen und sehe sie abwartend an. Gerade so kann ich es mir verkneifen, mit dem Fuß ungeduldig auf und ab zu wippen.

»Nimm doch bitte den Tesla. Dein Range Rover muss heute zur Überprüfung in die Werkstatt.«

Ich zucke mit den Schultern. »Geht klar.« Zum Abschied winke ich ihr und gehe zurück in die Eingangshalle. Es dauert ewig, bis ich den richtigen Autoschlüssel aus der Schlüsseltasse gefischt habe. Mein Vater hat einen echten Autofetisch, aber wer bin ich, mich darüber zu beschweren? Immerhin kann ich mir jederzeit einen seiner zahlreichen Wagen ausleihen, um damit zur Schule zu fahren.

Der Tesla parkt direkt in der Einfahrt und somit erübrigt sich der Weg in die Garage. Wenigstens eine kleine Zeitersparnis. Die Kiesel knirschen unter meinen Füßen, als ich auf den Wagen zulaufe. Grinsend öffne ich die Tür und lasse mich auf den Fahrersitz gleiten. Ich verbinde mein Telefon mittels Bluetooth – die Zeit muss sein – und wähle mit zuckenden Mundwinkeln das Album aus, dass ich extra für die heutige Fahrt heruntergeladen habe. Feinster Gangsterrap. Eigentlich ganz und gar nicht mein Geschmack, aber ich weiß, wie sehr mein bester Freund diese Musikrichtung hasst. Und ich liebe es, ihn zu ärgern. Vor allem am frühen Morgen, denn Ethan ist absolut kein Morgenmensch. Genauso wenig wie ich, aber am letzten Schultag mache ich gerne mal eine Ausnahme.

Ich lege mein Telefon in die Mittelkonsole und starte den Wagen. Danach lasse ich die Fenster nach unten, um etwas von der warmen Morgensonne abzubekommen. Meine Laune wird von Sekunde zu Sekunde besser. Ich liebe letzte Schultage. Und das nicht nur wegen der abgefahrenen Party, die jährlich stattfindet. Obwohl die Schulabschlussfeier dieses Jahr schon etwas ganz Besonderes wird. Wie auch nicht? Schließlich habe ich sie zum größten Teil selbst geplant. Da ich nicht unbedingt der Typ für Gruppensport bin, habe ich mich als Schulsprecher aufstellen lassen und bin Leiter des Veranstaltungskomitees geworden. Natürlich nur, um meine College-Bewerbung ein wenig aufzumotzen. Also war es ganz klar, dass ich diese Feier organisiere.

Ich lenke meinen Wagen auf den Gordon Drive. Normalerweise dauert die Fahrt zur Schule fünfzehn Minuten, da ich heute aber noch Ethan abhole, werde ich etwas länger brauchen. Vor mir fährt ein schwarzer SUV und ich beginne hektisch mit den Fingern auf dem Lenkrad zu trommeln, da er die Geschwindigkeitsbegrenzung nahezu unterbietet. Ich hasse Schleicher.

Dem Himmel sei Dank komme ich doch noch in der Broad Avenue an und halte vor dem Haus des Polizeichefs. Da sein Wagen nicht in der Auffahrt steht, ist er vermutlich bereits unterwegs.

Ich sehe mich um, als wäre ich das erste Mal bei Ethan zu Hause. Bin ich natürlich nicht. Wir kennen uns bereits unser halbes Leben. Doch heute stelle ich das erste Mal fest, dass Ethans Familie in einer ganz netten Umgebung lebt. Wobei ich unser Haus direkt am Strand diesem hier – umgeben von vielen anderen – vorziehe. Ungeduldig drücke ich auf die Hupe. Vielleicht hätte ich meinem Kumpel eine Nachricht schicken sollen, dass ich bereits auf dem Weg zu ihm bin.

Gerade als ich nach meinem Smartphone greifen will, lässt Ethan die Haustür hinter sich ins Schloss fallen und schlendert ohne Eile auf mich zu. Seine schwarzen Haare stehen in alle Richtungen ab, was aber ganz gut zu seinem heutigen Erscheinungsbild passt. Er trägt bunt karierte Shorts und ein – ist das Ketchup? – fleckiges T-Shirt.

Ich klappe die Sonnenblende nach unten und kontrolliere meine Haare im Spiegel. Ich habe sie nach hinten gekämmt, doch eine einzelne blonde Haarsträhne fällt mir immer wieder ins Gesicht.

»Hallo Prinzessin«, begrüßt Ethan mich, als er sich auf den Beifahrersitz fallen lässt. Sofort zieht er mich auf: »Bist du heute unzufrieden mit deiner Frisur? Hat der Fön gestreikt? Oder deine Schwester das Badezimmer blockiert?« So läuft das immer zwischen uns.

»Keine Panik, Dornröschen.« Es ist einfach zu offensichtlich, dass er verschlafen hat und nur deshalb in seine Klamotten vom Vortag gestiegen ist. »Hat eure Waschmaschine den Geist aufgegeben?« Ich drehe mich zu Ethan und grinse ihn an. »Oder verdient dein Alter als Polizeichef so schlecht, dass du deine T-Shirts mehrmals tragen musst?«

Ethan beginnt hektisch sein Shirt nach Flecken abzusuchen. »Mist«, flucht er. »Haben wir noch Zeit, damit ich mich umziehen kann?«, fragt er mit leicht panischem Tonfall. Natürlich kann der Kapitän unserer Footballmannschaft nicht besudelt zur Schule gehen. Dafür ist er viel zu eitel.

»Nope.« Ich starte den Wagen und fahre los. »Aber ich habe ein T-Shirt auf dem Rücksitz, das du dir ausleihen kannst.«

»Danke, Mann.« Doch seine Dankbarkeit hält nur so lange an, bis ich am Lautstärkeregler drehe und der Rapper wieder loslegt.

Ethan vergräbt seinen Kopf zwischen den Händen. »Womit habe ich das verdient?«, will er wissen.

»Sei froh, dass ich nicht darauf bestanden habe, diesen Typen für heute Abend zu engagieren.« Der entgeisterte Gesichtsausdruck meines besten Freundes lässt mich laut auflachen. »Verdient hättest du es, weil du mich einfach mit den irren Weibern aus dem Veranstaltungskomitee allein gelassen hast. Aber du musstest ja unbedingt mit Mia rummachen.«

Ethan und seine Freundin sind bereits seit über einem Jahr zusammen. Eigentlich hätte ich immer erwartet, dass er sich in eine blonde Cheerleaderin und Vorzeigebarbie verliebt. Mia ist jedoch das genaue Gegenteil. Schwarze Haare, schwarze Kleidung und ein Faible für Heavy Metal. Ehrlich gesagt ist sie ein ziemlich cooles Mädchen.

Ethan schaltet das Autoradio aus. »Dafür habe ich mich gestern schon entschuldigt«, mault er. »Das rechtfertigt noch lange nicht diesen Gehörkrebs, den du mir anhängen willst.«

Stimmt. Also versuche ich Ethan ein wenig aufzuheitern. »Dann freut es dich bestimmt zu hören, dass Mias Bruder heute Abend der DJ sein wird.«

Er streckt mir seine Hand hin und ich schlage ein. »Ja, Mann. Du hast es drauf. Wie viel verlangt er dafür?«

»Ich habe Miles versprochen, dass du ihm dabei hilfst, sein Zeug zum College zu bringen.« Ich bemerke, dass Ethan mich von der Seite aus ansieht, kann aber meinen Blick nicht von der Straße abwenden. »Das machst du doch bestimmt gerne für deinen zukünftigen Schwager, nicht wahr?«

Ethan boxt mir leicht gegen die Schulter. Es ist eigentlich mehr ein Knuffen als ein Schlag. »Ich sage ihm, du hilfst ebenfalls mit.«

Ich grinse vor mich hin. Natürlich habe ich Miles bereits angeboten zu helfen. So bin ich. Immer nett, immer höflich, und Ethan weiß das. Er dreht sich nach hinten und angelt nach dem T-Shirt, das ich ihm angeboten habe, während ich den Wagen auf den Parkplatz unserer Highschool lenke. Sobald das Auto steht, schnallt er sich ab und reißt das fleckige T-Shirt von seinem Körper. Mit schräg gelegtem Kopf starre ich auf seinen muskulösen Oberkörper. Ich bin nicht gerade ein Sportmuffel, aber einen eiförmigen Ball durch die Luft zu werfen, überlasse ich dann doch lieber Ethan und seinem Team. Außerdem würden mich die anderen vermutlich überrennen. Im Basketballteam wäre ich aufgrund meiner Größe besser aufgehoben als bei den aufgepumpten Footballern. Der Einfachheit halber bleibe ich aber dabei, regelmäßig am Strand zu joggen, dann muss ich in meiner Freizeit auch keine Bälle durch die Gegend schleudern.

»Alter, ein Poloshirt?« Ethan sieht mich anklagend an.

Das Shirt sitzt verdammt eng und ich muss laut auflachen, da mich der Anblick wirklich amüsiert. »Na ja, letzter Schultag. Passt doch, oder? Dann kannst du einen guten Eindruck hinterlassen, wenn du dir deine Report Card abholst.« Außerdem sieht er mit meinen Klamotten gleich viel besser aus. Ich krempele die Ärmel meines rot karierten Hemdes hoch, nachdem ich aus dem Wagen gestiegen bin.

Ethan kommt um das Auto herum und lehnt sich lässig dagegen. Er ist echt so ein Poser.

Ich stelle mich neben ihn und stütze meine Hand ebenso lässig auf der Motorhaube auf. Tja, ich wohl auch.

Mit leidendem Gesichtsausdruck murmelt Ethan: »Erinnere mich nicht an die Zeugnisse.«

»So schlecht?« Das kann ich mir nicht vorstellen, so oft wie ich ihn abschreiben lasse.

Er verschränkt seine Arme vor der Brust. »Reden wir besser über ein anderes Thema.«

Ich zucke mit den Schultern. Wenn er darüber reden will, wird er schon zu mir kommen. Ich starre gedankenverloren auf unsere Schule. Eine Menge Schüler drängen sich bereits in die ebenerdigen Gebäude, die alle durch kleine Wege miteinander verbunden sind.

»Hast du mit deinem Dad gesprochen?«, lenke ich Ethan von der Zeugnisvergabe ab. Als Polizeichef unserer schönen Stadt Naples in Florida entgeht seinem Dad so gut wie nichts. Im Normalfall. Doch es wäre nett, wenn die Polizei heute Abend nicht am Pier auftauchen und die Party sprengen würde. Alkohol und Minderjährige vertragen sich in seinen Augen nicht besonders. Genervt fahre ich mir durch meine blonden Haare, da mir schon wieder dieselbe Strähne in die Stirn fällt.

Ethan deutet ein Nicken an. »Anfangs lief es nicht besonders gut. Doch irgendwann hat er seine Meinung geändert.«

Klingt, als wäre es ein hartes Stück Arbeit gewesen, seinen alten Herrn weichzuklopfen. Aber ich bin froh, dass er ihn so weit gebracht hat. Es wäre schade, wenn wir die Party vom Strand in ein Privathaus verlegen müssten, nur um in Ruhe feiern zu können.

»Wie hast du es geschafft, ihn zu überzeugen?« Ich klopfe meinem besten Freund anerkennend auf die Schulter.

»Nicht ich. Bedank dich besser bei Dan.« Ethan wedelt mit seiner Hand in Richtung Schule. Mein Nachbar Daniel schlendert mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf uns zu. Seine Hände hat er in den Hosentaschen vergraben. Durch diese Geste sieht er unschuldig aus, was er definitiv nicht ist. Seinen Weg pflastern einige gebrochene Mädchenherzen.

»Sprecht ihr über mich?« Er lässt seine Augenbrauen vergnügt auf und ab hüpfen. Würde ich auch tun, wenn heute mein letzter Tag an der Naples Highschool wäre. »Hoffentlich nur Gutes?«, möchte er wissen. Seine blauen Augen, die meinen ziemlich ähnlich sehen, funkeln vergnügt. Es fehlen nur noch die blonden Haare, um ihn zu einem richtigen Sunnyboy oder zu meinem optischen Zwilling zu machen.

»Immer doch. Wir tun nichts anderes, als über dich zu sprechen«, antworte ich.

Seufzend stützt er sich mit seiner Hand am Wagendach ab und sieht mich dabei fröhlich an. Ihm kann heute vermutlich nichts die Laune verderben. »Erinnere mich übrigens daran, dass ich nie wieder mit meiner und deiner Schwester gemeinsam zur Schule fahre.«

Okay, die beiden gemeinsam könnten es bestimmt schaffen, ihm seinen letzten Schultag zu vermiesen. Dennoch verdrehe ich die Augen. »Soll ich dich in den Arm nehmen?«

Gespielt leidend greift er sich an sein Herz. »Lass nur. Nach dem Sommer hast du das Vergnügen, jeden Tag mit ihnen zur Schule zu fahren.« Das oder wir schicken sie mit einem eigenen Wagen los. Süffisant fügt er hinzu: »Du kümmerst dich doch immer so aufopferungsvoll um meine Schwester.« Ich starre auf den Boden und vergrabe meine Hände nun ebenfalls in den Taschen meiner Jeans. So würde ich das nicht nennen.

»Was ist jetzt eigentlich mit der Party?«, frage ich nach, um zurück zum Thema zu kommen.

Auch Ethan scheint sich wieder an unser eigentliches Gespräch zu erinnern. »Daniel ist unser Mann der Stunde. Oder eher sein Vater.« Ethan zwinkert Dan zu. »Ohne ihn könnten wir die Party vermutlich absagen.«

Ich sehe die beiden fragend an. »Wie kommt’s?«

Ich hasse es, wenn die Jungs ewig um den heißen Brei herumquasseln. Manchmal sind die beiden echt schlimmer als Mädchen.

»Mr Baker hatte gestern ein kleines Telefonat mit meinem Vater. Er wollte sicherstellen, dass unser Daniel seinen Highschool-Abschluss gebührend feiern kann«, klärt Ethan mich endlich auf. Soll so viel heißen wie: Dans Dad – der Bürgermeister von Naples, bester Freund und Geschäftsfreund meines alten Herren – hat beim Polizeichef angerufen und ihm klargemacht, dass sie heute besser keine Patrouille am Strand durchführen sollen. Ich strecke Dan die Faust hin und er boxt mit seiner dagegen.

»Bleibt nur noch die Frage, ob du deinen Teil des Plans ebenfalls umgesetzt hast?« Abwartend sieht Dan mich an.

Am liebsten würde ich mir selbst auf die Schulter klopfen, denn: Ja, das habe ich. Meinem Vater gehören zahlreiche Brauereien und Destillerien in ganz Amerika, und ich habe es geschafft, ihn zu überreden, uns ein paar Getränke für die Party zur Verfügung zu stellen. Gratis, versteht sich. Ich musste nur erzählen, wie schwer es mich trifft, dass mein Freund und Nachbar Daniel bald aufs College geht. Gespielt trauriger Blick inklusive. Vielleicht hat er sich bei meinen Erzählungen daran erinnert, dass er auch einmal jung und nicht so … businessmäßig war.

Meine Mundwinkel wandern nach oben. »Natürlich. Das Zeug wird später direkt an den Strand geliefert.«

Ich gehe ein paar Schritte in Richtung Schule. Über meine Schulter hinweg werfe ich meinen Freunden einen fragenden Blick zu. »Kommt ihr? Je schneller wir uns unsere Zeugnisse abholen, desto eher können wir wieder verschwinden und alles für die Party vorbereiten.«

Kapitel 2

»Mason, wo bist du bloß mit deinen Gedanken?«, will meine Freundin Emily wissen. Mein Blick ist auf die untergehende Sonne am Horizont gerichtet und ich genieße das leise Meeresrauschen.

»Nirgendwo«, antworte ich, während ich meinen Kopf schüttele. Das ist nicht einmal gelogen. Ich bin nur irgendwie … abgedriftet, während ich in die Flammen des Lagerfeuers vor mir und dann auf den Ozean gestarrt habe. Ich liebe es, einfach dazusitzen, um das Meer und die Wellen zu beobachten. Gedankenverloren lasse ich eine Handvoll Sand durch meine Finger rieseln.

Emily lehnt sich zurück und kuschelt sich dichter an meinen Oberkörper. Ich hauche ihr einen kurzen Kuss in den Nacken und bemerke die leichte Gänsehaut auf ihrer Haut. »Baby, du solltest dir etwas anziehen.«

Sie dreht sich zu mir um und verdreht ihre Augen. »Du bist immer so um mein Wohl bedacht«, spottet sie, bekommt aber zeitgleich rote Wangen. Mit meinem Finger fahre ich über ihre nackten Schultern, da sie nur ein trägerloses Top trägt.

»Ich weiß, wir sind auf einer Party und du willst gut aussehen«, flüstere ich in ihr Ohr, »aber eine Jacke über deinem Top wird daran nichts ändern.«

Emily ist das hübscheste Mädchen unserer Schule, und sie gehört zu mir. Und das schon … immer, wenn ich so darüber nachdenke. Wir sind miteinander aufgewachsen, denn sie ist mein Mädchen von nebenan. Und Dans Schwester. Bei meinem ersten Date mit Emily war er noch nicht besonders von unserer Verbindung angetan. Mittlerweile hat er sich damit arrangiert. Wäre auch verdammt unangenehm, hätte er das nach zwei Jahren noch immer nicht geschafft.

»In Ordnung«, murmelt sie leise. Ich greife hinter mich und ziehe ihre vollgestopfte Tasche zu uns heran. Ehrlich. Wie groß kann so ein Teil eigentlich sein?

»Was hast du da alles drin?«, will ich von ihr wissen. »Sieht aus, als hättest du dich für einen Campingurlaub ausgerüstet.« Emilys Kichern lässt mich meine Augen verdrehen. Gott sei Dank kann sie mich nicht sehen, denn sonst würde sie sich bestimmt fürchterlich aufregen. Dieses Geräusch verursacht bei mir regelmäßig eine Gänsehaut. Eine der unangenehmen Sorte.

»So viel habe ich gar nicht mit«, rechtfertigt sie sich. »Nur die Dinge, die man bei einer Strandparty so braucht.«

Außer einem guten Drink fällt mir persönlich gerade nichts weiter ein. Da ich keine Ahnung habe, was ich sagen soll, schiebe ich Emilys braune Locken beiseite und knabbere an ihrem Hals.

»Eine Decke zum Beispiel«, klärt sie mich mit heiserer Stimme auf.

»Aha«, murmele ich gegen die nackte Haut. »Eine Decke also.« Ich kann erahnen, woran sie beim Einpacken gedacht hat. Emily ist immer vorbereitet. Auf wirklich alle Eventualitäten. Um ehrlich zu sein, ist sie nahezu perfekt. Sie ist in der Schule genauso engagiert wie ich, wenn nicht sogar ein wenig mehr. Vielleicht kämpfen wir im nächsten Jahr um den Titel des Schulsprechers. Auch wenn ich mich ärgern würde, wenn sie gewinnt, könnte ich ihr nicht böse sein. Ich bewundere den Ehrgeiz, der in ihr steckt. Vielleicht passen wir deshalb so gut zusammen.

Emily rückt ein bisschen von mir ab, um sich ihre Jacke anzuziehen. Als plötzlich die Musik lauter wird, springt sie sofort auf und strahlt mich an. »Gehen wir tanzen? Ich liebe diesen Song.«

Ich höre etwas genauer hin, komme aber nicht darauf, wie das Lied heißt. Es gefällt mir nicht einmal besonders gut.

»Geh doch mit deinen Freundinnen«, mache ich einen Gegenvorschlag und deute zu einigen Mädchen an der Bar, bei denen auch meine kleine Schwester Harper steht.

»Was machst du in der Zwischenzeit?«, erkundigt sich Emily beiläufig. Sie zieht fragend eine Augenbraue in die Höhe. Warum sie – oder wohl eher Frauen im Allgemeinen – immer so genau wissen wollen, was man macht, werde ich niemals verstehen. Wenn dazu dann auch noch Fragen kommen wie »Woran denkst du gerade?«oder »Fühlst du das Gleiche wie ich?«, schrillen bei mir alle Alarmglocken. Man kann meines Wissens darauf nur die falsche Antwort geben. Dasselbe gilt für ihre harmlose Frage von gerade eben. Was will sie hören? Dass ich mich aufmache und ihre Schulfreundinnen auschecke? Einen Moment denke ich über die Konsequenzen nach, die mich ereilen, wenn ich jetzt wirklich sage, was ich denke. Aber ich kann mich nicht zurückhalten. Ich muss die Worte einfach aussprechen.

»Ach, ich dachte, ich schaue mal, was die anderen Mädchen zu bieten haben.« Ich stehe auf, klopfe mir den Sand von meiner Hose und habe Mühe, ein lautes Lachen zurückzuhalten. Mit zuckenden Mundwinkeln ziehe ich Emily zu mir. Sie schmiegt ihr Gesicht an meine Brust.

»Die Frage war blöd«, murmelt sie. »Und ich wollte auch gar nicht eifersüchtig sein.« Das will sie nie, ist es aber dann doch immer wieder.

»Du hast auch keinen Grund dazu«, flüstere ich in ihre braunen Locken und meine es ernst. Emily und ich sind seit knapp zwei Jahren ein Paar, und ich habe niemals ein anderes Mädchen angefasst. »Ich gehe zu den Jungs. Was denkst du denn?«

Als ich mich von ihr löse, gebe ich ihr einen Kuss auf die Nasenspitze und ziehe sie hinter mir her zur Bar. Meine Schwester hat uns allem Anschein nach schon eine Weile beobachtet, denn sie sieht uns mit schräg gelegtem Kopf entgegen. »Ihr zwei seid so ekelhaft glücklich.«

Harper tut nur so, als würde sie den Gedanken an Emily und mich abscheulich finden, dabei liebt sie es, dass wir oft zusammen unterwegs sind.

»Bist du etwa neidisch?«, frage ich und nehme ihr den Becher, den sie in der Hand hält, weg. Ich rieche daran und bin mit mir zufrieden, denn wie erwartet befindet sich Alkohol, genauer gesagt Cola-Rum, darin. Mit ihren siebzehn Jahren ist sie viel zu jung dafür. Belustigt über meine eigene Doppelmoral schwenke ich grinsend das hochprozentige Gesöff in meiner Hand.

Harpers Augenbrauen wandern weit nach oben. »Wäre es mir zu verdenken? Wegen dir sehe ich meine beste Freundin viel zu selten.«

Da ich gerade ihr Getränk exe, verschlucke ich mich höllisch. Keine gute Idee, gleichzeitig zu lachen und zu trinken. »Wegen mir ist Em überhaupt nur jeden Tag bei uns.« Das beleidigte Gesicht, das meine Schwester zieht, würde mir richtig zu Herzen gehen, wenn sie mit ihren Worten recht hätte. Aber alle hier wissen, dass es nicht so ist. Emily und Harper kleben so oft aufeinander, dass ich mich hin und wieder frage, wer mit wem eine Beziehung führt.

»Jaja«, murrt sie und verschränkt ihre Hände vor der Brust. In ihren blau-grauen Augen spiegelt sich das Licht der zahlreichen Fackeln wider, die in regelmäßigen Abständen auf dem gesperrten Strandabschnitt verteilt sind. Kurz sehe ich in Richtung der Flammen, um sicherzugehen, dass sich keiner meiner Schulkollegen im betrunkenen Zustand selbst in Brand steckt. Wäre schade, denn dann würde sich die Feier schneller auflösen, als mir lieb ist. Denn ich mag Partys! Ich mag auch den Strand und ich liebe den Naples Pier. Vor allem nachts. Es gibt für mich nichts Schöneres, als mich in der Dunkelheit in den Sand zu setzen und die Wellen dabei zu beobachten, wie sie immer näher und näher kommen.

Offensichtlich hat Harper bemerkt, dass das Gespräch für mich beendet ist, und nutzt die Chance, indem sie meine Freundin packt, um sie hinter sich her zur provisorischen Tanzfläche zu ziehen. Für mich ist das okay. Ich wollte sowieso ein paar Minuten für mich. Emily wirft mir über ihren Rücken hinweg entschuldigende Blicke zu, doch das braucht sie nicht, denn ich fühle mich nun seltsam erleichtert.

Es vergeht bestimmt eine Stunde, in der ich die ganze Szenerie um mich herum aufsauge. Tanzende Körper. Lächelnde Gesichter. Und wir alle freuen uns auf ein paar freie Wochen.

Als jemand gegen meine Schulter tippt, drehe ich mich um. Ethan, der sich hinter der Bar positioniert hat, lehnt sich etwas abgekämpft zu mir herüber. Ich bin froh, dass ich im Vorfeld genug gearbeitet habe, um den Abend nun einfach genießen zu können.

»Na, wen hast du ausgecheckt?«, fragt er mich mit einem wölfischen Grinsen. Ich ignoriere seine Frage und nehme ihm das Bier, das er mir entgegenstreckt, aus der Hand. Gierig setze ich es an meine Lippen.

»Gutes Zeug«, lobe ich meinen besten Freund.

»Finde ich auch«, meint er grinsend. »Sag deinem Dad unseren herzlichen Dank für die edle Spende.«

»Werde ich ausrichten.« Auch wenn mein Vater die meiste Zeit einen Stock im Arsch hat, wenn es um seine Firma geht, hat es doch auch gute Seiten, der Erbe eines Alkohol-Imperiums zu sein. Es gibt Schlimmeres, als sein Geld mit der Herstellung von Bier und Spirituosen zu verdienen.

»Wow, Emily geht ja heute ab«, meint Ethan und zeigt zur Tanzfläche.

Nicht wirklich interessiert daran, was vor dem DJ-Pult vor sich geht, zucke ich mit den Schultern. »Soll sie doch.«

»Bist du eigentlich gar nicht eifersüchtig auf die anderen Typen, die sie förmlich mit den Augen ausziehen?«

Mit hochgezogenen Augenbrauen blicke ich zu meinem Kumpel. Sehe ich nur im Entferntesten eifersüchtig aus? Anscheinend versteht er meine stumme Frage nicht, da er mich seinerseits immer noch erwartungsvoll anblickt. »Echt jetzt? Darauf möchtest du ernsthaft eine Antwort?«

Er nickt. Scheiße. Anscheinend ist es ihm wirklich wichtig.

Ich stelle mich etwas aufrechter hin und räuspere mich einige Male. »Nein, bin ich nicht.«

Ethans Gesichtsausdruck zeigt absolutes Unverständnis. »Aber wieso?«

Etwas irritiert über den Verlauf unseres Gesprächs, nehme ich zuerst einen weiteren Schluck von meinem Bier. »Ich weiß, dass Emily mich nie betrügen würde. Sie liebt mich, und wir verbringen gerne Zeit miteinander.« Nachdem ich die Worte ausgesprochen habe, bemerke ich, wie überheblich sie klingen. Zurücknehmen werde ich das Gesagte aber trotzdem nicht.

Mit einem Stirnrunzeln drehe ich mich nun doch kurz zu meinem Mädchen um. Lächelnd tanzt sie immer noch mit ihren Mitschülerinnen, und ich beobachte sie dabei. Es tummeln sich einige Jungs in ihrer Nähe, doch Emily würde mich bestimmt nicht betrügen. Sie ist nicht der Typ, der sich auf Heimlichkeiten einlässt. Das hoffe ich zumindest. Außerdem passt es doch ganz gut mit uns.

»Dein Selbstvertrauen hätte ich auch gerne«, sagt Ethan und lenkt damit meine Aufmerksamkeit wieder zurück zu ihm.

»Das hat viel weniger mit Selbstvertrauen als mit Vertrauen zu tun«, murmele ich leise.

Ethan lacht laut und greift nach seiner Freundin, die sich gerade an ihm vorbeidrücken will. Er zieht Mia für einen Kuss an sich heran. »Honey, denkst du nicht auch, dass Emily und Mason irgendwann mal genug voneinander haben werden, weil sie andauernd aufeinandersitzen?«

Ethan sieht mich herausfordernd an, aber ich werde den Teufel tun und mich hier rechtfertigen. Er liegt mit seiner Behauptung nicht zu hundert Prozent richtig, aber auch nicht ganz falsch. Ja, Emily und ich verbringen viel Zeit miteinander, aber so gut wie nie allein. Wenn Emily bei mir zu Hause ist, hat sie meistens Dan dabei. Sie hängt dann mit meiner Schwester ab und ich mit ihrem Bruder. So wie wir es auch schon früher getan haben, als wir ausschließlich Freunde waren.

»Niemals«, meint Mia lachend. »Die sind doch so typische Highschool-Sweethearts. Eines dieser ekelhaften Vorzeigepärchen.« Der sanfte Tonfall, mit dem sie spricht, nimmt ihren Worten die Schärfe, deshalb kann ich nicht böse sein, dass sie uns so sieht. Viel eher amüsiert es mich, dass Em und ich auf andere so wirken.

Mia macht sich von Ethan los und teilt weiter Bierflaschen an unsere Mitschüler aus. Als sie sich nach unten bückt, sieht er mit lüsternem Blick auf ihren Po. Mich lässt der Anblick eher kalt. Es ist viel interessanter für mich, das Etikett von der Bierflasche zu zupfen, als Mädels auf den Hintern zu glotzen.

»Hast du nicht Angst, dass du Emily irgendwann mal nicht mehr liebst?«, fragt er mich.

Dass ich nicht mal sicher bin, ob ich Emily überhaupt liebe, behalte ich wohl besser für mich. Ich meine, ich mag sie unglaublich gerne und ich hab sie gern um mich. Vielleicht weiß ich einfach gar nicht, was Liebe ist. Aufgrund meiner eigenen Gedanken verdrehe ich die Augen. Natürlich weiß ich, wie Liebe sich anfühlt. Ich liebe meinen Vater, meine Mutter und meine Schwester. Und Emily liebe ich auch. Punkt.

»Wieso stellst du mir plötzlich diese ganzen Fragen? Geht es dir so bei Mia?«, weiche ich aus.

»Keine Ahnung. Ich denke nicht.« Er beugt sich zu mir nach vorne und flüstert: »Und falls es mal nicht mehr so läuft, kann ich mich ja wieder dem Cheerleader-Team widmen.«

Auch wenn ich nicht glaube, dass es so weit kommt, strecke ich ihm meine Faust entgegen. Sofort schlägt er mit seiner dagegen. »Dito.«

»Alter, als hättest du jemals ein anderes Mädchen außer Emily angefasst.«

Ich zucke mit den Schultern. Damals, als die anderen Jungs anfingen mit Mädchen auszugehen, um ein wenig zu experimentieren, habe ich die Abende lieber zu Hause verbracht und Harpers Pyjamapartys mit meiner Anwesenheit ruiniert oder auf meiner Playstation gespielt. Ich war sozusagen ein Spätzünder. Als Dan und Ethan meinten, ich solle auch mal Mädchen aufreißen, war ich dann der Meinung, es wäre ganz gut, wenn ich anstatt auf meiner Playstation an Emily herumspiele. Was ich ja auch bis heute tue. Wo liegt also das Problem?

»Ich bin eben vergeben und absolut zufrieden mit meinem Beziehungsstatus.« Bis heute habe ich es nicht bereut, mich im Gegensatz zu Dan und Ethan nicht durch die halbe Klassenstufe geschlafen zu haben.

Die Ungläubigkeit steht Ethan ins Gesicht geschrieben. »Alter, du bist Schulsprecher, Jahrgangsbester und siehst gut aus. Außerdem bist du echt nett.« Das letzte Wort betont er abfällig, als wäre es etwas Schlechtes. »Die Mädels würden sich dir reihenweise an den Hals schmeißen, wenn du es zulassen würdest.« Tun sie auch so, aber ich weise sie immer höflich ab, denn: Ich bin vergeben und habe nicht vor, mit Emily Schluss zu machen.

»Sagt der Star des Footballteams.« Ethan tut gerne so, als wäre er immer noch der größte Aufreißer der Schule, aber eigentlich ist er ein guter Kerl. Er mag Mia und würde sie bestimmt nicht betrügen, aber er kann die blöden Sprüche einfach nicht lassen. Wir wissen das alle, also lassen wir ihn einfach weiter Unsinn quatschen.

»Schon gut. Schon gut.« Er streckt seine Arme in die Luft, als würde er sich ergeben.

»Hey, Baby«, raunt mir plötzlich Emily ins Ohr. Sie schlingt ihre Arme um mich und drückt sich kurz an meinen Körper. Aber nur so lange, bis ich ihre Hände von mir löse, damit ich mich zu ihr umdrehen kann.

»Hey Ethan«, begrüßt sie dann auch meinen Freund. Er hebt nur kurz die Hand und macht sich gleich darauf wieder an die Arbeit, um Getränke an unsere Mitschüler zu verteilen.

Manchmal ärgert es mich, dass mein bester Freund und meine Freundin so gar nichts miteinander anzufangen wissen, aber das liegt mehr an ihm als an ihr. In der Gruppe mit Dan, Harper, Mia und Miles ist es kein Problem, gemeinsam etwas zu unternehmen, aber sobald sich unsere Treffen auf Ethan, Emily und mich beschränken, wird es … komisch. Manchmal frage ich mich, ob es daran liegt, dass sie mich dann teilen müssen, aber diese Theorie kommt mir nicht besonders schlüssig vor.

»Genug getanzt?«, frage ich Emily.

»Noch lange nicht.« Sie macht einen Schmollmund und sieht mich bittend an. »Kommst du mit?«

Zuerst will ich ablehnen, damit ich mich weiter mit Ethan unterhalten kann, da der aber das Feld geräumt hat, habe ich nichts Besseres zu tun.

»Na gut«, seufze ich gespielt theatralisch und lasse mich von ihr zu der tanzenden Menge ziehen. Ich muss es ihr ja nicht zu leicht machen.

Sobald wir zwischen den schwitzenden Körpern stehen, legt Emily ihre Arme um meinen Nacken und beginnt mit mir zu schunkeln. Sie muss sich ein bisschen auf ihre Zehen stellen, denn sie ist verdammt klein. Um ihr zu helfen, gehe ich ein bisschen in die Knie. Zärtlich streiche ich ihr eine ihrer braunen Haarsträhnen aus dem Gesicht. In Momenten wie diesen erinnert Emily mich oft an eine Elfe, da sie so ebenmäßige Gesichtszüge hat. Sie streckt sich und ich komme ihr entgegen, damit sie ihre Lippen sanft auf meine legen kann.

»Willst du dann nach Hause gehen?« Mit ihrer Frage reißt sie mich aus meiner stummen Bewunderung. Verwirrt blinzele ich ein paar Mal, bis ich den Sinn ihrer Worte endlich erfasse. So lange sind wir doch noch gar nicht hier. Ich habe mich noch nicht mal mit Dan unterhalten. Da betreibe ich den ganzen Aufwand für seine Abschlussparty und dann kann ich ihn nirgendwo entdecken.

»Nein, eigentlich nicht«, weise ich sie ab. Um meine Worte abzumildern, füge ich hinzu: »Nicht ohne Harper. Ich möchte nicht, dass sie nachts betrunken und alleine den Strand entlangläuft.« Ich sehe mich um. Wenn sie wieder einen Becher in der Hand hält, werde ich mir auch den schnappen. »Wo ist sie überhaupt?«

Emily lächelt mir verschwörerisch zu. »Vorhin war sie eine Zeit lang verschwunden, und als sie wiederkam, hatte sie jemanden dabei.« Sie hält kurz inne. Ich nehme an, um meine volle Aufmerksamkeit zu bekommen. »Sie hat einen Jungen kennengelernt.«

Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Bisher hat sich meine Schwester nicht sonderlich für Jungs interessiert. Möglicherweise liegt dieses Spätzünder-Ding unserer Familie in den Genen.

»Wie soll das gehen? Unsere Highschool ist nicht so groß, um plötzlich eines Tages ein neues Gesicht zu entdecken, das man bisher nicht kannte.« Die Worte fühlen sich falsch an, obwohl sie aus meinem Mund kommen. Vielleicht ist ihr ja jemand aus einem anderen Jahrgang aufgefallen, den sie bisher nicht auf ihrem Radar hatte.

Seufzend hebt Emily den Kopf, damit sie mir besser in die Augen sehen kann. »Das nicht. Aber anscheinend gibt es einen neuen Jungen in der Stadt. Er ist heute mit seinen Eltern angekommen und wird sein letztes Schuljahr hier absolvieren.«

»Und wie kommt er auf die Party?«

Emilys Wangen leuchten. Bestimmt freut sie sich, dass sie mir den neuesten Tratsch erzählen darf. Normalerweise gebe ich nichts auf das Gerede der Mädels, da sie alle Geschichten immer unnötig aufbauschen, aber dieses Mal interessiert es mich, was sie zu sagen hat. »Er hat von seiner Cousine davon erfahren und dachte sich, er könnte so neue Leute kennenlernen.«

Ich frage mich, woher Emily ihre Infos hat. Sie war gerade mal eine Stunde allein auf der Tanzfläche. »Und das alles hast du auf der Party herausgefunden?«

Sie wird meine Fragen vermutlich als Eifersucht auslegen. Aber ich möchte nur wissen, wer der Typ ist, der sich an meine Schwester ranschmeißt. Immerhin wäre er ihr erster Freund.

»Nein, das wusste ich bereits vorher, weil er zufällig Mias Cousin ist.«

Spätestens jetzt möchte ich den Typ kennenlernen. Nicht weil ich Angst habe, dass er schlechter Umgang sein könnte, sondern einfach, weil Mia und auch ihr Bruder Miles wirklich cool sind. Beide haben einen Hang zu schwarzem Haarfärbemittel und dunklen Klamotten. Vielleicht liegt dieses Faible ja in der Familie und der neue Typ sieht ebenfalls so aus.

»Interessant«, ist jedoch alles, was ich dazu sage, weil ich mich frage, ob Ethan in den letzten Tagen etwas in die Richtung erwähnt hat. Oder Mia selbst. Aber ich war so mit den Vorbereitungen für die Party beschäftigt, dass ich nicht wirklich zugehört habe, wenn mir jemand etwas erzählt hat. Zu verdenken wäre es mir nicht. Ich hatte wirklich Stress wegen der Feier. Fackeln und der ganze restliche Dekomist zaubern sich nicht von alleine an den Strand.

»Komm mit. Ich stelle ihn dir vor«, meint Emily und zieht mich über die Tanzfläche.

Kapitel 3

»Wenn mir noch jemand den Ellbogen in den Körper rammt, gehe ich nach Hause«, knurre ich leise. Em und ich sind bestimmt eine Stunde von der Bar zur Tanzfläche und wieder zurück getingelt, aber meine Schwester bleibt verschwunden. Und mit ihr der neue Typ.

Obwohl ich mir langsam Sorgen um Harper mache, ist meine Laune im Moment so weit abgekühlt, dass ich unbedingt ein paar Minuten für mich brauche, bevor ich die Suche fortsetze.

»Geh doch bitte mal zu Mia und frag, ob sie ihren Cousin oder Harper gesehen hat«, bitte ich Emily. Schmollend schiebt diese ihre Unterlippe vor. Sie sieht nicht so aus, als hätte sie in naher Zukunft vor, meine Hand loszulassen.

»Und was machst du?«, will sie von mir wissen.

»Etwas erledigen.« Das, was ich immer tue, wenn meine Stimmung auf den Nullpunkt zugeht. Mich an den Strand setzen und auf die Wellen starren.

»Und was?«

Ich weiß, sie meint es nicht böse, aber langsam wird mir ihr Verhör zu viel. Um weiteren Diskussionen vorzubeugen, ziehe ich sie schwungvoll zu mir und presse meine Lippen hart auf ihre. Sie keucht erschrocken auf, wird aber in derselben Sekunde noch weich in meinen Armen und lässt sich auf den Kuss ein. Als ich mich von ihr löse, wirkt sie außer Atem.

»Baby, ich verschwinde nur kurz auf die Toilette. Keine Sorge«, lüge ich. Dann nehme ich sie an der Schulter und drehe sie in die Richtung, in die sie verschwinden soll. Doch sie setzt sich erst in Bewegung, als ich ihr einen Klaps auf den Po gebe. Natürlich könnte ich sie mitnehmen, um mit ihr gemeinsam die Wellen zu beobachten, aber das würde wenig Sinn ergeben. Ich brauche ein paar Minuten für mich, und Emily an meiner Seite hätte genau den gegenteiligen Effekt.

Seufzend nehme ich den Weg in die entgegengesetzte Richtung, weiter weg von der Party. Ich gehe ein paar Schritte und ziehe meine Schuhe sowie die Socken aus. Meine Hosenbeine schlage ich auf, und so wandere ich eine halbe Meile, nahe am Wasser, den Strand entlang, bis die Stimmen meiner Mitschüler endlich leiser werden. Wenn ich noch weiter in diese Richtung gehen würde, käme bald unser Haus in Sichtweite.

Doch statt meinem Zuhause sehe ich einige Meter von mir entfernt jemanden im Sand sitzen. Ich steuere direkt auf die Person zu und je näher ich komme, desto sicherer werde ich, dass es ein Junge ist. Einer, den ich nicht kenne. Die Vermutung liegt also nahe, dass es sich um Mias Cousin handelt.

Er zuckt leicht zusammen, als ich mich wortlos neben ihn in den Sand falle lasse.

»Hast du meine Schwester im Sand vergraben und überlegst nun, ob du dich anschließend für den Freitod entscheidest?« Ein normales Hallo wird meiner Meinung nach manchmal einfach überbewertet.

Der Fremde lacht leise auf, richtet seinen Blick aber weiterhin geradeaus auf die Wellen. »Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber ich bin hier ganz alleine. Keine Leichen.«

Unbekümmert zucke ich mit den Schultern. »Das ist gut, denn sonst hätte ich dir die Entscheidung abgenommen und dich ertränkt. So ist es einfacher. Mein Name ist übrigens Mason. Und wenn mich nicht alles täuscht, bist du der Neue.«

»Das oder ein Massenmörder, der dich nur in Sicherheit wiegen will«, kommt sofort seine schlagfertige Antwort.

Als er sich das erste Mal zu mir umdreht, atme ich scharf ein. Ich bin mir sicher, ich starre ihn dämlich an, aber er ist wirklich der schönste Mensch, den ich bisher getroffen habe. Obwohl es dunkel ist, erhellen der Mond und die Lichter der Häuser hinter uns den Strand. Was mir meine Musterung natürlich erleichtert. Er hat eine unheimlich schön geschwungene Nase, ein hübsches Gesicht, das durch das Lächeln, das er mir gerade schenkt, noch … gutaussehender wird. Seine braunen Augen funkeln belustigt, als er mir seine Hand entgegenstreckt. »Jackson.«

Ich schlage ein und halte sie womöglich eine Sekunde länger, als ich es sonst tun würde. Vielleicht drücke ich auch ein klein wenig fester zu als im Normalfall. Bevor ich wieder sprechen kann, muss ich ein paar Mal schlucken.

»Freut mich, dich kennenzulernen. Denke ich …« Scheiße, Mason. Bekomm dich mal wieder ein, rede ich mir gut zu. Nur weil ein Junge besser aussieht als du, musst du dich nicht so aus dem Konzept bringen lassen. Ich atme einige Male tief durch, um wieder zu meinem mir angeborenen Selbstvertrauen zurückzufinden. »Außer du stellst dich anstatt als zu schlagfertig plötzlich als zu ehrlich heraus!«

Immerhin könnte er ja wirklich ein Massenmörder sein, der mich nur in Sicherheit wiegen will. Ich werde den Gedanken auf jeden Fall mal im Hinterkopf behalten.

»Ich kann dich beruhigen, ich habe Harper nur nach Hause begleitet.« Er macht eine wedelnde Bewegung mit seiner Hand. »Sie war ein klein wenig aufgedreht und auch ein bisschen betrunken.«

Ich greife in meine Hosentasche und ziehe mein Smartphone heraus. »Nicht, dass ich dir nicht glaube, aber ich will sichergehen, dass es ihr gut geht«, erkläre ich Jackson, während ich die Nummer meiner Mutter wähle. Immerhin geht es um meine kleine Schwester. Es kann sein, dass ich ihr gegenüber einen etwas zu ausgeprägten Beschützerinstinkt habe, aber ich liebe sie nun mal, auch wenn ich eher auf die Firma meines Vaters verzichten würde, als das jemals zuzugeben.

»Ich würde es genauso machen«, erwidert er ernst.

Nach dem dritten Klingeln nimmt meine Mom ab. »Mason, alles in Ordnung?«, keucht sie atemlos in den Hörer. Sie ist eine dieser Mütter, die sich große Sorgen machen, wenn ihre Kinder nachts unterwegs sind und würde jederzeit in einen Wagen springen, um uns abzuholen. Musste sie auch bereits einige Male.

»Ich wollte nur sichergehen, dass Harper gut nach Hause gekommen ist«, komme ich sofort zum Grund meines Anrufes.

Ganz deutlich höre ich das erleichterte Ausatmen meiner Mutter durch die Leitung. »Ja, sie ist vor zwanzig Minuten zurückgekommen.«

Ich nicke Jackson dankbar zu. »Okay. Bis später, Mom.«

Ich will bereits auflegen, da höre ich noch ein aufgeregtes: »Mason?«

»Ja?«

»Sag, wenn ich dich abholen soll, in Ordnung?«

Ich kann mir ein kurzes Lachen nicht verkneifen. »Geht klar. Aber bleibt nicht wegen mir wach. Ich habe es ja nicht weit nach Hause.«

Sie wird sich nicht daran halten, wenn ich mich nicht täusche. Vielleicht sollte ich sie nicht zu lange warten lassen und mich auf den Weg nach Hause machen. Ich verstaue mein Telefon wieder in der Tasche.

»Sorry, Alter. Das gluckenhafte Gehabe liegt bei uns in der Familie«, entschuldige ich mich, für den Fall, dass er etwas mehr von meinem Gespräch mitbekommen hat. Mit einer beiläufigen Geste streicht er sich eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Wir haben annähernd die gleiche Haarfarbe.

»Wäre mir gar nicht aufgefallen.« Spielerisch zwinkert er mir zu.

Okay, er hat definitiv meine Mutter durch das Smartphone gehört. Sie hat nicht wirklich leise gesprochen, deshalb sollte es mich nicht wundern.

Zwischen uns breitet sich eine Art einvernehmliches Schweigen aus, es ist aber keineswegs unangenehm. Gemeinsam sitzen wir da und starren auf die Wellen, die langsam auf uns zurollen. Ich sauge die erfrischende Nachtluft in meine Lungen, während ich den Kopf in den Nacken lege und zu den Sternen hinaufsehe.

Ich liebe es hier. Jackson scheint es genauso zu gehen, denn er sieht ebenfalls nicht die Notwendigkeit, etwas zu sagen. Aus dem Augenwinkel betrachte ich ihn. Für ihn muss das alles neu sein. Hier am Strand zu sitzen und die Stille zu genießen. Außer er kommt aus einer Stadt, die ebenfalls am Meer liegt. Es würde mich interessieren, wo er vorher gewohnt hat.

»Du bist also neu hier?« Die Frage kommt einfach aus mir heraus, ohne dass ich lange darüber nachdenke.

Er schüttelt seinen Kopf. »Kommt jetzt das Gespräch?«

Ich wende ihm sowohl mein Gesicht als auch meine völlige Aufmerksamkeit zu. »Was meinst du? Das, in dem der Bruder dem potentiellen Freund der Schwester auf den Zahn fühlt?«

Er schnauft leise durch die Nase. »Nicht ganz. Ich meinte eher das, in dem der Neue ausgefragt wird, damit man mit den neu erworbenen Infos bei der nächsten Party auftrumpfen kann.« Sofort muss ich an Emily denken, denn genau das hat sie vor gar nicht so langer Zeit getan.

Ich vergrabe meine nackten Zehen im Sand. »Mir gefällt, wie du denkst. Aber nein, keine Sorge. So bin ich nicht. Alle Erkenntnisse fallen unter den Mantel der Verschwiegenheit. Wenn du es willst.«

»Gut.« Dann sagt er nichts mehr. Ist das Gespräch jetzt beendet oder wartet er auf meine erste Frage? Jackson verwirrt mich.

»Ich komme mir echt blöd vor, dich jetzt einfach auszuhorchen«, murmele ich.

»Dann mache ich das eben«, meint Jackson mit einem Lächeln, für das vermutlich jedes Mädchen an der Highschool töten würde. Meine Schwester eingeschlossen. »Gehst du noch zur Schule oder verbringst du deinen letzten Sommer hier, bevor du aufs College gehst?«

Auch wenn ich mich bereits aufs College freue, muss ich noch ein Jahr in Naples bleiben. »Ich bin im Senior Year. Und du?«

Er zwinkert mir zu. »Ich auch.« Also ist er vermutlich ebenfalls um die achtzehn Jahre alt. »Wie ist eure Highschool so?«, möchte er gleich wissen.

»Keine Ahnung. Ich nehme an, wie jede andere auch.« Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht, also kann ich seine Frage nicht beantworten. Mir fehlen die Vergleichsmöglichkeiten.

»Gibt es die typischen Grüppchen? Wenn ich mir euer Haus so ansehe, gehört ihr bestimmt zu den coolen Kids?« Ich muss mich zurückhalten, um nicht laut zu lachen.

»Eigentlich dachte ich immer, dass ich wegen meinem guten Aussehen und meiner Schlagfertigkeit beliebt bin, aber dass es an meinem Zuhause liegt, ist mir neu.«

Leicht boxt er mir gegen die Schulter. »Du weißt, was ich meine. Hängen die Cheerleader nur mit ihresgleichen ab und die Footballer vermöbeln die Klassenbesten?« Jackson beginnt mit einem Faden an seinem schwarzen T-Shirt zu spielen.

Ich muss grinsen. »Nein, auf keinen Fall. Mein bester Freund ist Kapitän des Footballteams und hat mich noch nie verprügelt.« Außerdem würde er mich nie schlagen, denn sonst würde ich zurückhauen und ihn nicht mehr abschreiben lassen.

»Wolltest du mir jetzt auf subtile Weise klarmachen, dass du klug bist?«

Oh mein Gott. Mir wird klar, dass die Unterhaltung mit Jackson das absolut Beste an meinem heutigen Tag ist. Ich muss ihn unbedingt in unseren Freundeskreis integrieren. Sollte nicht allzu schwer werden, da seine Cousine ebenfalls dazugehört.

»Hat es funktioniert?«

Er macht eine Teils-teils-Geste mit seiner Hand.

»Und wie sieht es bei dir aus?«, frage ich ihn. »Muss ich mich vor Konkurrenz fürchten?«

»Das verrate ich dir jetzt noch nicht, sonst wird es doch langweilig.« Kurz leckt er sich über seine Lippen.

»Vermutlich zermürbt mich die Angst bis zum Schulanfang.«

»Das war mein Plan«, antwortet er belustigt.

Es würde ein wenig Spannung in meinen Alltag bringen, wenn er mich schulisch herausfordern würde. Oder auf sportlicher Ebene. Also stelle ich meine nächste Frage. »Bist du Sportler?«

»Nicht wirklich. Hin und wieder gehe ich laufen, aber sonst beschränke ich mich darauf, faul herumzusitzen.«

Ich strecke ihm meine Hand hin und er schlägt seine dagegen. »Du wirst mir immer sympathischer.«

Ich sehe ihn von oben bis unten an. Er ist nicht wie Ethan der typische Muskelprotz, aber ich bin mir sicher, dass er in seiner Badehose eine gute Figur macht. Kurz schließe ich die Augen. Verdammt nochmal. Es sollte mich nicht kümmern, wie er in seiner Badehose aussieht.

»Ebenso.«

Mir fällt auf, dass auch er mich mustert, was mir ziemlich unangenehm ist.

Schnell stehe ich auf und putze mir den Sand von der Hose. Eine Sekunde bin ich versucht, ihm die Hand hinzuhalten und ihm beim Aufstehen zu helfen. Stattdessen bücke ich mich nach meinen Schuhen.

»Wieso musstest du im letzten Schuljahr umziehen?«, nehme ich unser Gespräch wieder auf.

Auch Jackson steht nun auf. »Wegen meinem Dad. Er hat einen besseren Job angeboten bekommen.« Er zieht seine Schultern hoch.

»Und nun seid ihr hier.« Ich gehe los und Jackson folgt mir ganz ohne Aufforderung. Nicht, dass es mich stören würde.

»Sieht ganz so aus.«

»Ist es schwer, von zu Hause wegzugehen?«, frage ich. Ich würde alles hier vermissen, aber das würde mich nicht davon abhalten, dennoch meine Sachen zu packen und ein neues Leben anzufangen. Zum Beispiel am College.

»Ja. Ich musste … jemanden zurücklassen.«

Oh, er hat – oder hatte? – also eine Freundin. Ich hoffe, er lässt sich nicht auf Harper ein, solange er nicht über die andere hinweg ist. Das hätte sie nicht verdient.

»Eine Fernbeziehung kam nicht in Frage?« Hey, auch wenn ich ihn nett finde, vergesse ich nicht, dass ich mich um die Gefühle meiner Schwester sorge.

»Nein, dafür ist die Distanz einfach zu groß.«

Ich nicke verstehend, wobei ich keine Ahnung habe, wie weit er nun von seinem alten Zuhause entfernt wohnt. Aber wenn man mich fragt, ist bereits eine Stunde Fahrtzeit verschwendete Zeit. Deshalb wohnt meine Freundin auch im Haus nebenan.

»Jetzt musst du mir nur noch erzählen, woher du kommst, und du hast alle wichtigen Fragen hinter dich gebracht.« Wir gehen weiter den Strand entlang. Immer weiter weg von der Party.

»Boston.«

»Wow«, entfährt es mir. »Ich möchte nach der Highschool unbedingt dort studieren. Also, genauer gesagt, in Harvard.« Bei dem Gedanken an meinen großen Traum muss ich lächeln. Seit Jahren arbeite ich darauf hin, dass sie mich dort annehmen. Deshalb mache ich auch die Sache mit dem Veranstaltungskomitee und lasse mich als Schulsprecher aufstellen.

»Und ich will wieder nach Massachusetts zurück. Das MIT, Harvard oder die Boston University sind meine Favoriten.« Da hat er sich ebenfalls eine ganze Menge vorgenommen.

Jackson ergreift meinen Unterarm und ich zucke leicht zusammen. Ich habe nicht mit seiner Berührung gerechnet, deshalb schlägt mein Herz nun schneller. »Scheiße. Erschreck mich doch nicht so«, murre ich und greife mir an die Brust.

Er sieht nicht im mindesten schuldbewusst aus, lässt mich aber los. Er zeigt stumm auf ein großes Gebäude. Ich brauche einige Sekunden, bis ich feststelle, dass es mein Elternhaus ist.

»Oh mein Gott. Jetzt hast du meine Schwester und mich heimgebracht.« Als ich peinlich berührt meine Augen schließe, taucht ein Bild vor meinen Augen auf. Emily. Verdammt. Eigentlich wollten wir gemeinsam nach Hause gehen. Ich habe ihr nicht mal gesagt, dass ich nicht mehr auf der Party bin.