Winter of Love: Lina & Phil - Ina Taus - E-Book

Winter of Love: Lina & Phil E-Book

Ina Taus

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Beschreibung

**Herzklopfen auf der Piste** Lina fühlt sich, als hätte jemand in ihrem Leben die Pause-Taste gedrückt. Sie ist als einzige von ihren Freundinnen in der kleinen verschneiten Heimatstadt geblieben und hilft noch immer im Hotel ihrer Eltern aus. Dabei ist es Linas größter Traum, Snowboardprofi zu werden. Fast hätte sie es auch geschafft, wäre da nicht Phil gewesen. Nun lebt ER ihren Traum weit weg von Zuhause. Bis Phil plötzlich wieder in St. Aurel auftaucht und der damalige Konkurrenzkampf zwischen ihnen von Neuem entfacht. Doch was sich neckt... Winterliebe zum Advent Bei »Winter of Love« wartet an jedem Advent eine neue herzerwärmende Winter-Geschichte auf dich! Die gefühlvollen Romane über Familie, Freundschaft und die ganz große Liebe in winterweißem Setting sind perfekt, um es sich an kalten Tagen mit warmem Kakao gemütlich zu machen.   //Dies ist der erste Band der Winter-Romance-Reihe. Alle Bände der Buchserie bei Impress: -- Winter of Love. Lina & Phil -- Winter of Love. Julia & Reed  -- Winter of Love. Anna & Vince  -- Winter of Love. Elli & Ben -- Winter of Love: Alle Bände der romantischen Winter-Serie in einer E-Box! (erscheint Februar 2020)// Jeder Liebesroman wird aus der Perspektive von einer der vier Freundinnen erzählt und enthält eine eigene Liebesgeschichte. Damit steht jeder Roman für sich und kann auch unabhängig von den anderen gelesen werden.

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Ina Taus

Winter of Love: Lina & Phil

**Herzklopfen auf der Piste**Lina fühlt sich, als hätte jemand in ihrem Leben die Pause-Taste gedrückt. Sie ist als einzige von ihren Freundinnen in der kleinen verschneiten Heimatstadt geblieben und hilft noch immer im Hotel ihrer Eltern aus. Dabei ist es Linas größter Traum, Snowboardprofi zu werden. Fast hätte sie es auch geschafft, wäre da nicht Phil gewesen. Nun lebt ER ihren Traum weit weg von Zuhause. Bis Phil plötzlich wieder in St. Aurel auftaucht und der damalige Konkurrenzkampf zwischen ihnen von Neuem entfacht. Doch was sich neckt …

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Vita

Danksagung

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© privat

Ina Taus wurde 1986 geboren und lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in Niederösterreich. Wenn sie nicht gerade als Sachbearbeiterin mit Zahlen jongliert, lässt sie die Buchstaben tanzen und bringt die vielen Ideen, die ihr im Kopf herumschwirren, zu Papier. Bereits als Kind steckte sie ihre Nase am liebsten in Bücher und war eine große Geschichtenerzählerin. Mit »Bandstorys« veröffentlichte sie ihren Debütroman bei Impress.

Für alle Freundinnen

Snowboarder aus der Hölle

»Vielen lieben Dank, Lina.«

Die Urlauberin nahm die Rechnung entgegen und steckte sie in ihre Tasche. Danach sah sie sich noch einmal um, als müsste sie die Atmosphäre und den würzigen Holzgeruch des Hotels ein letztes Mal tief in sich aufsaugen.

So ging es vielen Touristen, die das Hotel Tiefenbacher verließen, denn die Einrichtung lud zum Entspannen und Wohlfühlen ein. Die Hotellobby hatte das Flair eines charmanten Cafés. Deshalb saßen zu jeder Tages- und Nachtzeit Urlauber dort, manche alleine mit einem Buch in der Hand, andere spielten in kleinen Gruppen Brettspiele, die man sich aus Holzkommoden nehmen durfte. Auf den rustikalen Holzbänken lagen zahlreiche bunte Sitzkissen und an den Wänden hingen Holzkisten, in denen grüne Zimmerpflanzen wuchsen. Man fand hier keine wuchtigen Gemälde mit Kunstdrucken, sondern hinter Glas gerahmte Panoramabilder von Österreichs wunderschöner Landschaft.

Ich konnte verstehen, warum die Frau die Abreise noch einige Sekunden hinauszögerte, doch schlussendlich wandte die Urlauberin sich zum Gehen um.

»Nochmals vielen lieben Dank für Ihren Aufenthalt im Hotel Tiefenbacher. Es würde mich freuen, wenn wir uns im nächsten Jahr wiedersehen.«

Mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht leierte ich meine Standartfloskel herunter und das so, als würde ich die Worte tatsächlich ernst meinen. Wenn man bedachte, dass ich mir nichts sehnlicher wünschte, als nächstes Jahr eben nicht mehr hier zu stehen, konnte ich tatsächlich stolz auf meine schauspielerischen Fähigkeiten sein. Zu diesem Zeitpunkt war ich oft davor, mich auf den Boden zu schmeißen, das Knie eines Gastes zu umklammern und laut »Nimm mich bitte mit« zu jammern. Was ein ziemlich lächerlicher, aber auch sehr verlockender Gedanke war.

Nachdem meine letzten Gäste die Hotellobby verlassen hatten, drehte ich mich kurz weg, um einen Schluck aus dem bereitstehenden Wasserglas zu nehmen. Obwohl meine Kollegin Susa ebenfalls im Rekordtempo Neuankömmlinge begrüßt und Abreisende verabschiedet hatte, war die Lobby bis vor wenigen Minuten beinahe überfüllt gewesen. Doch wie jeden Tag wurde es kurz vor mittags etwas ruhiger und wir konnten durchatmen. Oder in meinem Fall: Bald verschwinden. Jeden Vormittag freute ich mich auf den Moment, in dem ich endlich meine Skibekleidung anziehen und zu meinem Zweitjob aufbrechen konnte. Ich liebte den Winter, den Schnee und mein Snowboard mehr als alles andere, deshalb war mein Job in der Skischule meines Schwagers Joschi und meiner älteren Schwester Hannah mehr bezahlte Freizeit als Arbeit. Die Zeit mit den Schülern draußen zu verbringen war tausendmal besser, als hinter der Rezeption zu stehen – daran konnte auch die einladende Atmosphäre des Hotels nichts ändern.

Schnaubend schüttelte ich den Kopf. Es klang oft so, als würde ich das Hotel hassen, was definitiv nicht so war. Als ich klein war, hätte ich mir keinen schöneren Ort zum Großwerden vorstellen können. Seit meiner Geburt verbrachte ich so ziemlich jeden Tag meines Lebens im Hotel Tiefenbacher. Natürlich waren meine Eltern keine Dauerurlauber, die ihre Tochter für diesen Luxus an der Hotelrezeption arbeiten ließen. Ich war einfach nur das Kind der Eigentümer und sollte einmal dieses traditionsbewusste Urlauberdomizil leiten. Leider …

Ich trank einen weiteren Schluck Wasser, während ich darauf wartete, dass meine Kollegin die nächsten Urlauber abfertigte. Sie strich sich eine dunkelbraune Locke aus dem Gesicht, da sie ihre Haare wie immer offen trug. Ihr bronzefarbener Hautton passte perfekt zu dem blassblauen Dirndl, das sie trug.

Automatisch wanderte mein Blick auf meine blasse Haut. Im Gegensatz zu Susa bekam ich nicht einmal im Sommer eine richtige Bräune, denn selbst dann war ich weiß wie Schnee.

Grinsend warf Susa mir einen kurzen Blick zu. Ihr war bestimmt klar, dass ich mich von ihr verabschieden wollte, es aber wegen der Gäste nicht konnte. Ihre lockere und lustige Art machte die Arbeit hinter der Rezeption für mich etwas erträglicher und ich war immer froh, wenn wir gemeinsam für eine Schicht eingeteilt waren.

Aus Langeweile nahm ich mein Smartphone in die Hand, um zu sehen, ob meine Freundinnen etwas in unseren Gruppenchat gepostet hatten, kam aber nicht dazu. Denn meine Mutter – die Hotelchefin – rauschte hinter die Rezeption. Manchmal summte ich zu meinem Vergnügen den Star Wars Imperial March im Kopf, denn sie zeigte leichte Tendenzen, sich wie ein Oberfeldwebel zu verhalten. Da da da dadada dadada. Allerdings wie ein liebenswerter Feldwebel.

Mit zusammengezogenen Augenbrauen blieb sie vor mir stehen, ließ den Blick aber noch kurz durch den Eingangsbereich schweifen. Unser Hotel war kein aufgestyltes Designhotel, sondern ein Traditionsunternehmen, das seit mehr als hundert Jahren im Besitz meiner Familie war. Doch das hieß natürlich nicht, dass wir keinen Wert auf Erneuerungen legten. Nur versuchten meine Eltern so gut es ging das Ursprüngliche, Rustikale zu erhalten, ohne dabei altbacken zu wirken. Ein schmaler Grat, doch sie schafften es, darauf zu balancieren und das Hotel zu einem der beliebtesten im ganzen Ort zu machen. Wir waren bereits vor dem Sommer für die komplette Wintersaison ausgebucht und es gab auch jetzt schon erste Anfragen für den kommenden Winter. Wir hatten vor zehn Jahren einen großen Wellnessbereich mit Indoorpool angebaut, damit die Skifahrer sich nach einem anstrengenden Tag auf der Piste entspannen konnten. Unsere Familie arbeitete hart für die vier Sterne und wir hatten nicht vor, sie jemals wieder herzugeben. Und das sah man an dem stolzen Lächeln, das sowohl meine Mutter als auch mein Vater zur Schau trugen. Sie liebten ihre Arbeit und waren nicht nur die Chefs, sondern das Herz des Hotels.

»Na, habt ihr den ersten Ansturm hinter euch gebracht?«

Das war eher eine rhetorische Frage. Sie wusste genau, dass ich gleich auf die Piste gehen würde. Susa musste sich ab mittags allein um alles kümmern. Was ihr bestimmt lieber war, als wenn die Juniorchefin den ganzen Tag über ihre Schulter schaute. Würde ich natürlich nicht machen, denn ich war nicht meine Mutter, die alles mit ihren Argusaugen überwachte. Auch mich.

Sie ließ eine meiner blonden Haarsträhnen durch ihre Finger gleiten und rümpfte die Nase. »Wir sollten mal wieder einen Termin beim Frisör für uns ausmachen, denkst du nicht auch?«

Nein, eher nicht. »Wie kommst du darauf?«

Vertraulich lehnte sie sich weiter zu mir und sah mich mit ihren veilchenblauen Augen fest an, die genau dieselbe Farbe hatten wie meine. »Spliss«, flüsterte sie und ließ meine Haare los, als könnte sie sich jede Sekunde damit anstecken.

»Ach, Spliss«, sagte ich nickend. »Ist mir gar nicht aufgefallen.«

»Sicher von der kalten, rauen Luft draußen. Du stehst den halben Tag auf deinem Snowboard. Ich bekomme dich kaum zu sehen.«

Belustigt schnaubte ich. Endlich verstand ich, was meine Mutter mir auf ihre verrückt-verdrehte Art sagen wollte. Ein einfaches »Lass uns mal wieder Zeit miteinander verbringen« hätte es meiner Meinung nach auch getan, aber ich würde mich nicht darüber beschweren, dass sie mir den nächsten Frisörbesuch zahlen wollte.

Damit sie nicht auf die Idee kam, ein weiteres Mal an meinen Haaren herumzufummeln, machte ich einen Schritt zurück. Mit schiefgelegtem Kopf betrachtete ich sie. »Was hältst du davon, wenn wir nach den Weihnachtsferien einen richtigen Wellnesstag machen? Frisör, Nägel und vielleicht noch eine Gesichtsmaske.« Ich runzelte die Stirn und tat so, als würde ich mir Mamas Gesicht näher ansehen. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass deine Krähenfüße mehr geworden sind«, fügte ich völlig ungerührt hinzu.

Sofort tasteten ihre Hände das beinahe faltenfreie Gesicht ab. Meine Mutter legte großen Wert auf ihr Aussehen, deshalb fummelte sie völlig selbstvergessen an ihrem Gesicht herum. »Meine Krähen-« Mitten im Satz brach sie ab, als sie mein diabolisches Grinsen bemerkte. »War das die Retourkutsche für den Spliss?«

»Was denkst du denn?« Mein Lächeln wurde weicher. »Du siehst gut aus.«

Das Kompliment meinte ich ernst. Für ihre fünfundfünfzig Jahre hatte sie sich verdammt gut gehalten. Ihre Haare erstrahlten immer noch in einem hübschen Blondton, der aussah, als wäre er absolut natürlich und nicht gefärbt. Womöglich hielt sie bei jedem Frisörbesuch ein Foto von mir in den Händen und murmelte: »Bleiben Sie so nah wie möglich am Original.« Aber es waren nicht nur die blonden Haare, die sie nicht älter als vierzig aussehen ließen. Ihr schlanker Körper und ihre Ausstrahlung taten ihr Übriges.

Eigentlich müsste ich dankbar für die Gene sein, die sie mir vererbt hatte. Die Frauen in unserer Familie sahen ein wenig wie Barbie aus. Mama war wohl eher Barbies Mutter. Meine Schwester wäre demnach Punk-Rock-Barbie, mit bunten Haaren, Tattoos und Piercings im Gesicht. Also blieb für mich nur noch Skipper. Natürlich die blonde 90er Jahre Skipper und nicht die braunhaarige von heute.

Ob mir braune Haare auch stehen würden?

Meine Mutter hatte die Krähenfuß-Bemerkung wohl ziemlich mitgenommen. Gedankenverloren hypnotisierte sie eine große grüne Topfpflanze. Vermutlich überlegte sie, ob sie wegen der nicht vorhandenen Krähenfüße eine Schönheitsoperation in Betracht ziehen sollte. Eine WhatsApp-Nachricht an meinen Vater mit dem Inhalt, dass er seiner Frau unbedingt Komplimente zu ihrer jugendlichen Ausstrahlung machen sollte, stand plötzlich auf Platz 1 meiner Prioritätenliste für den heutigen Tag.

Meine Mutter zuckte leicht zusammen, als ich wieder das Wort an sie richtete und sie damit aus ihren Gedanken riss. »Du siehst wirklich gut aus, Mama«, wiederholte ich das Gesagte eindringlich. Ich deutete auf ihren engen schwarzen Rock und die weiße Bluse. »Du würdest aber auch in Jogginghosen gut aussehen.«

Sofort winkte sie ab. »Bitte, komm mir nicht wieder damit. Du kannst in deiner Freizeit gerne mit diesen schrecklichen Dingern herumlaufen. Verlang das nicht von mir.« Nachdenklich tippte sie mit ihrem Zeigefinger auf ihr Kinn. »Aber ich hatte uns doch einmal so eine großartige pinke Yogahose im Partnerlook gekauft. Die sollten wir an unserem Wellnesstag tragen.«

Nur über meine Leiche. »Mutter, ich liebe dich, aber ich werde ganz bestimmt kein Kleidungsstück im Partnerlook tragen, bei dem auf unseren beiden Ärschen Juicy steht.«

Meine Mama wurde tatsächlich etwas rot um die Nase. »Das muss ich übersehen haben, als ich die Hosen mitgenommen habe.«

Das will ich hoffen.

Sie räusperte sich und sah mich traurig an. »Hannahs Yogahose liegt immer noch eingepackt in meinem Schlafzimmer. Sie wollte ihre nicht haben.«

Mit dem Kinn nickte ich zu dem kleinen Büro hinter der Rezeption. Meine Mutter ging vor und ich folgte ihr. »Hannah mag kein Pink. Schwarz ist ihre Lieblingsfarbe.«

Zu Weihnachten würde ich ihr ein Longshirt mit dem Aufdruck Black is my happy colour schenken. Und ich war mir ziemlich sicher: Damit hatte ich voll ins Schwarze getroffen.

Ein Schmunzeln stahl sich auf mein Gesicht. Vielleicht sollte ich den flachen Witz morgen Abend ebenfalls bringen.

»Und zweitens habt ihr Hannah ein paar Tage zuvor gesagt, dass sie nicht mehr im Hotel erwünscht ist, wenn sie nicht mit Joschi Schluss macht.«

Nur weil er rein äußerlich betrachtet mit seinen vielen Tattoos und seinem lässigen Kleidungsstil nicht in das Bild meiner Eltern vom Traumschwiegersohn passte, hieß das nicht, dass er deshalb ein schlechter Mensch war. Ganz im Gegenteil. Joschi war einer der hilfsbereitesten und offensten Menschen, die ich kannte. Deshalb passte er nicht nur vom Aussehen her perfekt zu Hannah. Die beiden ergänzten sich wirklich gut und ich kannte kein Pärchen, das sich inniger liebte als die beiden.

»Sie hat umgehend ihre Sachen gepackt und ist zu ihm gezogen. Wer hätte das ahnen sollen?«

Genervt seufzte ich. »Joschi ist ihr Mann und sie ist seit der Schulzeit mit ihm zusammen. Wenn ihr nicht so verbohrt wärt, hättet ihr an ihrer Hochzeitsfeier teilnehmen können.«

Nachdem sie einige Papiere zur Seite geschoben hatte, setzte meine Mutter sich auf den Schreibtisch – das einzige Möbelstück in diesem kleinen Hinterzimmer, außer einem Stuhl und einigen Schränken. »Aber die Trauung war im Rathaus. Und die Feier hat in einer Pizzeria stattgefunden«, jammerte sie.

Ich verdrehte die Augen. In dieser Angelegenheit verstand ich meine Mutter einfach nicht. »Ja, aber Joschi und Hannah hätten es nicht anders gewollt. Es war eine Feier im kleinen Kreis, da die Liebe zwischen den beiden nur Hannah und Joschi etwas angeht.«

»Wir hätten die Hochzeitsfeier ausrichten können«, murrte sie.

»Dazu müsstet ihr euch erst einmal wieder im selben Raum aufhalten können, ohne euch anzubrüllen oder mit Vorhaltungen zu kommen.«

Zum ersten Mal in meinem Leben erlebte ich meine Mutter sprachlos.

»Damit hast du wohl recht«, gab sie nach einiger Zeit zu und ich verbuchte es als kleinen Etappensieg. Mit traurigem Gesichtsausdruck rappelte sich meine Mutter auf. »Ich liebe Hannah. Aber sie hat nie verstanden, was ich ihr sagen will.« Kurz zog sie die Schultern hoch, ließ sie aber gleich wieder sinken. »Du verstehst immer, was ich dir sagen will, Lina.«

Jahrelange Übung.

»Das liegt daran, dass ich keine meterlange Zündschnur hinter mir herziehe wie Hannah, die jederzeit Feuer fangen kann. Du kennst sie. Sie explodiert eben zuerst und denkt später nach. Und wenn du zu ihr gesagt hättest, dass sie Spliss hat, wäre sie aus der Haut gefahren«, erklärte ich ihr.

Manchmal fühlte ich mich wie ein – ziemlich mieser – Vermittler zwischen meinen Eltern und meiner Schwester. Seit drei Jahren, die Hannah nun keinen Fuß mehr über die Türschwelle gesetzt hatte, probierte ich so oft es ging meine Familie zu versöhnen. Zwecklos. Hannah war stur wie ein Esel, meine Mutter verbohrt und mein Vater wartete darauf, dass sich alles wieder von selbst einrenken würde. Vergebens.

»Aber du bist anders«, kam es von meiner Mutter.

»Hotelkind«, sagte ich schulterzuckend, als würde es alles erklären. »Ich hatte viel Zeit, die Menschen, die hier täglich ein und aus gehen, zu beobachten. Apropos. Braucht ihr mich noch oder kann ich eine Kleinigkeit essen, bevor ich zu Hannah gehe?«

»Wenn Susa Hilfe braucht, springe ich ein. Du kannst gerne gehen«, bot sie an.

Eigentlich hatte ich feste Arbeitszeiten und stand beinahe jeden Tag von sechs Uhr morgens bis zwölf Uhr mittags an der Rezeption. Mit dem Glockenschlag verschwand ich dann wie Aschenputtel, legte das Dirndl ab und verwandelte mich zurück in das normale Mädchen, das lieber auf dem Snowboard stand, als schnöselige Prinzen einzuchecken.

Ich machte einen Schritt nach vorne, umarmte meine Mutter und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Danke. Wir sehen uns später.«

»Du siehst heute übrigens besonders hübsch mit dem Dirndl aus«, ließ meine Mutter mich wissen, bevor sie aus dem Raum verschwand.

Ich blieb noch eine Sekunde im Hinterzimmer und übersetzte ihre Worte. Danke für das Gespräch. Ich bin stolz auf dich und hab dich lieb. Manchmal bräuchte ich wirklich ein Wörterbuch. Deutsch – Mutter, Mutter – Deutsch.

Ich liebte sie, aber es war nicht leicht, mit ihr zu reden. Leider hatte ich nicht nur das gute Aussehen von ihr geerbt, sondern auch das Talent, den ganzen Tag ständig den Mund offen zu haben, jedoch Dinge, die mich beschäftigten, erst auszusprechen, bevor ich kurz vorm Platzen war. Ähnlich wie ein Kugelfisch, der sich immer mehr aufblies, bis alle Luft mit einem Schlag aus ihm entwich.

Bevor ich durch den Durchgang trat, atmete ich tief durch. Erst danach fühlte ich mich bereit wieder hinter die Rezeption zu treten. Susa verabschiedete gerade ihre Gäste und ich wartete, bis sie Zeit für mich hatte.

»Ich bin dann weg«, verkündete ich.

»Ja, lass mich nur alleine«, antwortete sie mit gespielt theatralischem Tonfall und warf sich ihr lockiges Haar über die Schulter, was mich zum Schmunzeln brachte. Ich liebte Susas Art. Sie war nicht nur eine unserer besten Mitarbeiterinnen, sondern sorgte mit ihrem stetigen Grinsen dafür, dass es mir leichter fiel, meinen Pflichten nachzugehen. Dass wir uns bereits sehr lange kannten, da sie mit meiner Schwester Hannah in die Schule gegangen war, war ebenfalls ein Bonuspunkt und Susa war mehr eine Freundin als eine Kollegin.

Mit in die Hüften gestemmten Händen maulte ich: »Hey, hör auf mich mit deinen Welpenaugen so treuherzig anzusehen. Meine Schicht ist vorbei.«

Rezeptionsdienst war in Ordnung, aber Zeit auf meinem Snowboard gab mir das Gefühl, frei atmen zu können.

»Jaja, ich weiß. Und nichts und niemand wird sich je im Leben zwischen dein Snowboard und dich stellen. Also verschwinde endlich, du Verrückte.«

Was ich auch tat, nachdem ich Susa kurz umarmt hatte. Mit einem jokerähnlichen Grinsen aus purer Vorfreude im Gesicht steuerte ich auf den Fahrstuhl zu, damit er mich auf die Etage brachte, die ich gemeinsam mit meinen Eltern bewohnte. Aus dem Augenwinkel sah ich einen Gast durch den Eingang kommen. Ich drehte ihm meinen Kopf zu und stolperte fast über meine eigenen Beine, als ich den jungen Mann erkannte.

Was zur Hölle …?

Gerade so konnte ich verhindern, dass ich ausgestreckt auf den Boden knallte, aber vielleicht wäre das gar nicht so übel gewesen. Ich hätte mit dem Teppich verschmelzen und in Richtung der Zimmerpflanze robben können, damit er mich nicht sah. So stolperte ich wenig elegant in Richtung des Aufzugs und drückte panisch auf den Rufknopf. Einmal. Zweimal. Dreimal.

Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und ich wollte nur eines: Weg von hier. Leider dürfte ich den Aufzug in der Vergangenheit beleidigt haben, da sich die Türen, hinter die ich mich retten wollte, einfach nicht öffneten.

Durch meine hektischen Bewegungen und das Herumzappeln vor dem Fahrstuhl schaffte ich es, den unliebsamen Gast auf mich aufmerksam zu machen.

»Lina, bist du das?«, hörte ich die vertraute Stimme hinter mir.

In meinem Kopf spielte ich kurz das Szenario durch, eine Zwillingsschwester namens Ina zu erfinden, doch leider war der Typ hinter mir kein gewöhnlicher Urlauber. Nein, es war Philipp Pirkner. Wenn ich behaupten würde, dass er mal ein guter Freund gewesen war, müsste ich lügen. Aber vermutlich waren wir schon irgendwie befreundet. Auf eine ziemlich abgedrehte und vielleicht teilweise sehr bedenkliche Art. Okay, das klang auf eine Fifty Shades of Grey-Art falsch.

Phil und ich waren keine Liebenden, sondern Konkurrenten. Wir hatten eine lange Zeit großen Spaß gehabt, aus so ziemlich jeder Tätigkeit einen Wettkampf zu machen. Bis es irgendwann nicht mehr lustig gewesen war.

Langsam drehte ich mich zu Phil um. Das erste Mal seit zwei Jahren stand ich ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Nein, er sah plötzlich gar nicht mehr wie Satan höchstpersönlich aus. Die Hörner auf seinem Kopf musste mein Gehirn dorthin projiziert haben und auch der verschlagene Gesichtsausdruck fehlte. Vermutlich trug der Teufel auch keinen grauen Burton-Hoodie oder schwarze Jeans mit Löchern an den Knien. Die Surferhaare sahen so aus, als hätten sie ihr ganzes Leben lang keine Bürste kennengelernt. Zudem waren sie noch genauso blond wie früher, wirkten immer noch wie von der Sonne geküsst. Phils Haut hatte einen goldenen Farbton, als würde er jeden Tag mit einem Surfbrett am Strand herumlaufen. Vielleicht tat er das auch, wenn er nicht gerade meinen Traum lebte.

Wie konnte jemand, der aussah wie ein Engel, das personifizierte Böse sein? Denn zu allem Überfluss zierte kein diabolisches Lächeln wie beim Höllenfürsten persönlich sein Gesicht, sondern eher ein … erleichtertes, bei dem sogar ein Grübchen die Frechheit besaß, sich auf seine Wange zu stehlen. Vielleicht freute er sich aber einfach, dass meine Hände noch nicht um seinen Hals lagen und ich nicht versuchte ihn zu erwürgen. Was durchaus im Bereich des Möglichen lag.

Unfassbar! Phil tauchte einfach in meinem Zuhause auf – und das war dieses Hotel definitiv – und sah so … so … so im Einklang mit sich selbst und zufrieden aus. Das warf mich ziemlich aus der Bahn, da ich im Gegensatz zu ihm gar nicht so glücklich mit meinem Leben war.

Statt ihn verbal zur Sau zu machen, hob ich die Hand und grüßte ihn: »Hey.«

Wow. Da sah ich Phil das erste Mal seit zwei Jahren und dann das. Ein Hey.

»Schön dich zu sehen«, sagte er. Zum Glück hatte er mir damit eine Vorlage geboten, denn mein Gehirn, das wegen des Wiedersehensschocks kurzzeitig gelähmt war, holte zum Gegenschlag aus.

Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Tatsächlich? Es ist schön, mich wiederzusehen? Leider kann ich das nicht erwidern. Sogar ein Zahnarztbesuch würde mir mehr Freude bereiten, als dir hier gegenüberzustehen. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass auch eine Darmspiegelung noch vor einem Gespräch mit dir in meiner persönlichen Hitliste stehen würde.«

»Wow. Du bist immer noch so wie früher.«

Ja, besonders viele Entwicklungsmöglichkeiten gab es für mich nicht, da ich weiterhin im alten Trott festhing. Ich jagte Träumen hinterher, die sich doch niemals erfüllen würden.

Fest knirschte ich mit meinen Zähnen. »Und wer ist schuld daran?« Bevor er antworten konnte, fügte ich zischend hinzu: »Du. Also, was machst du hier?«

Etwas irritiert sagte er: »Meine Eltern über die Feiertage besuchen.«

»Ich weiß nicht, ob du es vergessen hast, aber die wohnen ein paar Kilometer die Straße runter.«

Phil zog eine Augenbraue hoch. »Danke für die freundliche Erinnerung. Eigentlich wollte ich bei Vincent vorbeischauen, doch der hat mir vor ein paar Minuten via WhatsApp verboten seine Küche zu betreten. Also wollte ich nur höflich sein und wenigstens kurz dir Hallo sagen, bevor ich mich auf die Suche nach meinem Vater mache.«

»Deinem Vater?«, fragte ich dummerweise, obwohl ich genau wusste, warum er ihn ausgerechnet hier suchte.

»Keine Ahnung, ob du in der Zwischenzeit an Alzheimer erkrankt bist, aber er arbeitet bereits seit zwanzig Jahren für deine Eltern. Du weißt schon, ich meine den Typ mit dem Werkzeugkasten, den ihr Hausmeister nennt.«

»Eigentlich sage ich Leo zu ihm, aber danke für die Gedächtnisstütze. Ruf ihn am besten auf dem Handy an, das mache ich auch immer, wenn ich ihn suche.«

Ich schob Phil, der wie eine Wand vor mir aufragte, zur Seite, weil ich so schnell wie möglich von ihm wegkommen wollte. Dann hielt ich inne, zog mein Smartphone aus der Tasche meiner Dirndlschürze und richtete es auf Phil. Nachdem ich das Foto geschossen hatte, fragte der unfreiwillig Fotografierte: »Was war das? Brauchst du eine Erinnerung an mich, die du dir nachts ansehen kannst?«

Ganz bestimmt nicht. »Nein, aber der Kopfgeldjäger, den ich gleich anheuere, braucht ein gutes Bild von dir, damit er seine Arbeit ordnungsgemäß machen kann.«

Ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. »Subtile Morddrohungen am Morgen. Das ist meine Lina.«

Darauf würde ich nun wirklich nicht antworten. Ich warf Phil noch einen bösen Blick zu und marschierte davon. Allerdings drehte ich mich dann doch noch einmal um. Über meine Schulter hinweg rief ich: »Ich würde ja jetzt behaupten, dass ich mich freuen würde, wenn du das Hotel Tiefenbacher mal wieder besuchst, aber ich will dir nicht ins Gesicht lügen. Tschüs, Phil.«

Ohne ihn noch einmal zu Wort kommen zu lassen, flitzte ich in Richtung der Hotelküche, wo ich mir gleich unseren Koch Vincent zur Brust nehmen würde. Eine kleine Warnung, dass Phil in St. Aurel war, wäre nett gewesen.

Mister Ich-würde-den-Mund-nicht-einmal-aufbekommen-wenn-ich-um-mein-Leben-schreien-müsste

»Vinnie«, machte ich unseren gerade einmal vierundzwanzigjährigen Koch auf mich aufmerksam, der in seiner langärmeligen Kochjacke auf mich zukam, nachdem ich die Küche – sein heiliges Reich – betreten hatte.

Mein Blick hing an dem roten Bandana auf seinem Kopf fest. Er hatte die Dinger in allen möglichen Farben. Bad Boy Küchenchef deluxe.

Er deutete mit dem Finger zur Tür, durch die ich gekommen war. »Raus.«

Mir war klar, dass er es nicht leiden konnte, wenn ich die auf Hochglanz polierte Edelstahlküche während des Mittagsgeschäfts betrat, aber das war mir egal. Dank unseres perfekt eingespielten Küchenpersonals sah die Küche auch zu Stoßzeiten immer sauber aus. Natürlich hatte ich Vincent einige Male gefragt, wie das Team das zustande brachte. Wenn ich mal kochte, sah es danach so aus, als wäre die gesamte Küche explodiert.

Ich würde bestimmt nicht verschwinden. Bockig verschränkte ich die Arme vor der Brust. »Wir haben Redebedarf.«

Mit finsterem Gesichtsausdruck positionierte ich mich neben dem Koch, der gerade ein ziemlich lecker aussehendes Steak gemeinsam mit Gemüse und einer Folienkartoffel auf einem Teller drapierte. Yummie.

Ohne zu antworten, ging Vincent an mir vorbei und ließ, ohne hinzusehen, seine flache Hand auf die Klingel krachen, mit der er den Kellnerinnen zu verstehen gab, dass das Essen fertig war. Natürlich erschien keine fünfzehn Sekunden später eines unserer Mädchen und nahm die Teller mit.

Vincent war bereits dabei, die nächste Bestellung durchzugehen und rief den Beiköchen einige Befehle zu, ehe er sich an die Zubereitung der nächsten Speise machte.

Ich schnaubte. »Vinnie, hast du mich gehört?«

»Ja.«

»Hast du Zeit?«, fragte ich ihn.

Seine Augenbrauen wanderten in die Höhe, als wollte er fragen: Dein Ernst? Was er natürlich nicht tat. Vincent, der es hasste, wenn ich ihn Vinnie nannte, hatte natürlich keine Zeit für ein ruhiges Gespräch unter vier Augen. Wobei er sich generell wohl lieber die Zunge abbeißen würde, als ein Gespräch zu führen. Zur Mittagszeit ging es in der Küche hektisch zu. Eigentlich. Wenn Vincent hier war, wirkte es immer ganz leicht, hundert Gäste innerhalb von zwei Stunden zu verköstigen.

Ich streckte meine Hände vor mir in die Luft und tat so, als würde ich mich ergeben. »Schon gut«, murmelte ich. »Du kochst, ich rede.«

Was Vincent auch tat. Unbeirrt rührte er in Töpfen, wendete Fleisch, nahm zwischendurch den Braten aus dem Ofen und richtete im Minutentakt neue Gerichte an. Und das alles, ohne dabei hektisch zu werden.

Unseren Koch kannte ich ebenso wie Phil von früher. Es sollte mich nicht wundern, dass er seiner Arbeit besonnen nachging, denn er war schon immer ein sehr gelassener Typ gewesen. Zu meinem Leidwesen jedoch auch einer von der schweigsamen Sorte. Ich würde nie verstehen, wie sich meine Freundin Annabell in so eine Miesmuschel verlieben konnte. Wobei … eigentlich verstand ich es ganz gut. Vincent sah gut aus und ihn umgab dieser typische Bad-Boy-Charme, der Mädchenherzen höherschlagen ließ. Mit seiner beinahe düsteren Ausstrahlung brauchte er sich beim Ausgehen nur an den Tresen zu lehnen und gelangweilt in die Runde zu schauen und schon scharten sich die Frauen um ihn wie die Fliegen um eine Schale Obst. Wenn er noch seinen Mund aufbekommen würde, wäre er ein absoluter Volltreffer. Das schien seine Groupies nicht zu stören, mich schon, denn unsere eher einseitigen Gespräche waren teilweise ziemlich anstrengend.

Vermutlich dachte Vinnie, ich stand tierisch auf ihn. Ich rückte ihm so oft auf die Pelle und quälte ihn regelmäßig mit meiner Anwesenheit. Die Wahrheit war jedoch: Vince war die letzte Verbindung zu meinem alten Leben. Dem Leben, bevor irgendwie alles den Bach runtergegangen war.

Nachdem Vincent vor vier Jahren ohne ein Wort St. Aurel den Rücken gekehrt hatte, waren immer mehr meiner Freunde aus meinem Heimatort verschwunden. Zuerst Phil, der zwar nicht wirklich mein Freund war, aber trotzdem irgendwie dazugehörte. Und dann meine besten Freundinnen: Annabell, Elli und Julia. Das absolut Schlimmste war jedoch, dass ich es ihnen nicht einmal übel nehmen konnte, da ich am liebsten ebenfalls sofort meine Sachen gepackt hätte.

Doch Vincent war nun wieder da und vielleicht merkten auch die anderen, dass es in St. Aurel gar nicht so schlecht war, und würden zurückkommen.

Okay, dieser Wunsch war ziemlich unrealistisch.