Collaborative UX Design - Toni Steimle - E-Book

Collaborative UX Design E-Book

Toni Steimle

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Beschreibung

UX Design im Fokus der Produktentwicklung

  • sehr systematisches Vorgehen
  • leicht verständlicher Zugang zu hilfreichen in der Praxis anwendbaren UX-Methoden
  • illustriert mit einem durchgehenden Praxisprojekt, in dem der Leser Tim, einen erfahrenen UX Designer, kennenlernt

Software wird zunehmend in cross-funktionalen Teams konzipiert. Die einzelnen Mitglieder eines zeitlich überdauernd zusammenarbeitenden Teams bringen Expertise aus verschiedenen Bereichen in gemeinsame Workshops zur Produktgestaltung ein.
Die Autoren vermitteln dem Leser kompakt und leicht verständlich ein fundiertes Grundwissen zu kollaborativen Methoden des UX Designs. Sie beschreiben die Auswahl und den Einsatz von disziplinübergreifenden UX-Methoden und illustrieren deren Verzahnung in einem auf Workshops basierenden Vorgehensmodell. Der dargestellte kollaborative Ansatz ist in menschzentrierten Entwicklungsmodellen, Design Thinking und Lean UX verwurzelt und stellt ein agiles, hypothesenbasiertes Vorgehen in den Vordergrund. Die fachliche Darstellung wird anhand eines durchgehenden Praxisprojektes illustriert.
Auf einer das Buch begleitenden Website findet der Leser Vorlagen zur Anwendung der im Buch angesprochenen Methoden sowie ein Glossar. Die 2. Auflage wurde durchgehend aktualisiert und erweitert.

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Toni Steimle ist Ökonom und leitet mit der Ergosign Switzerland AG einen führenden UX-Design-Dienstleister. Er lehrt an der Hochschule Rapperswil, an der Hochschule Olten und der Universität Basel rund um Themen des User Experience Design. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Vorgehensmodelle der Softwareentwicklung, User-Experience-Strategien, Kreativität und digitale Märkte.

Dieter Wallach ist promovierter Kognitionswissenschaftler und prägte als UX-Pionier und Hochschullehrer die deutschsprachige User-Experience-Szene mit. Er ist Gründer und Co-Geschäftsführer der Ergosign GmbH. Er erhielt Rufe an die Universität Würzburg und an die Hochschulen Heilbronn, Trier und Kaiserslautern. Dieter Wallach forscht und lehrt als Professor für Human-Computer Interaction und Usability Engineering im Fachbereich Informatik und Mikrosystemtechnik an der Hochschule Kaiserslautern.

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Toni Steimle · Dieter Wallach

Collaborative UX Design

Lean UX und Design Thinking: Teambasierte Entwicklung menschzentrierter Produkte

2., aktualisierte und erweiterte Auflage

Toni Steimle

[email protected]

Dieter Wallach

[email protected]

Lektorat: Christa Preisendanz

Lektoratsassistenz: Julia Griebel

Copy-Editing: Ursula Zimpfer, Herrenberg

Satz: Petra Strauch, just in print

Herstellung: Stefanie Weidner, Frank Heidt

Umschlaggestaltung: Helmut Kraus, www.exclam.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN:

Print 978-3-86490-881-1

PDF 978-3-96910-804-8

ePub 978-3-96910-805-5

mobi 978-3-96910-806-2

2. Auflage 2023

Copyright © 2023 dpunkt.verlag GmbH

Wieblinger Weg 17

69123 Heidelberg

Hinweis: Der Umwelt zuliebe verzichten wir auf die Einschweißfolie.

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Es wird darauf hingewiesen, dass die im Buch verwendeten Soft- und Hardware-Bezeichnungen sowie Markennamen und Produktbezeichnungen der jeweiligen Firmen im Allgemeinen warenzeichen-, marken- oder patentrechtlichem Schutz unterliegen.

Alle Angaben und Programme in diesem Buch wurden mit größter Sorgfalt kontrolliert. Weder Autor noch Verlag können jedoch für Schäden haftbar gemacht werden, die im Zusammenhang mit der Verwendung dieses Buches stehen.

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VORWORT ZUR 2. AUFLAGE

Seit der ersten Auflage hat sich das in diesem Buch vorgestellte kollaborative Vorgehensmodell für User Experience Design vielfach in der Praxis bewährt. Wir haben Collaborative UX Design in verschiedensten Projekten angewandt – von studentischen Qualifikationsarbeiten über Start-ups und in Projekten für mittelständische Unternehmen bis hin zu international operierenden Konzernen. Ein praktischer Einblick in Collaborative UX Design findet sich auch in der publizierten AVIATAR-Fallstudie von Lufthansa Technik, auf die am Ende der Einleitung verwiesen wird. Wir haben Workshops für Collaborative UX Design (oder CUXD, wie wir es abkürzen) in Präsenz oder online, für Unternehmen, im Rahmen unserer Vorlesungen, für Berufsverbände oder auf Tagungen durchgeführt. In diesen und in vielen Diskussionen mit Fachkolleginnen und Fachkollegen, die CUXD einsetzen, haben wir sehr positives Feedback, Anregungen und Hinweise für Ergänzungen bekommen.

In dieser zweiten, stark überarbeiteten und erweiterten Auflage haben wir die in der Anwendung von CUXD gewonnenen Erkenntnisse integriert und das Modell vervollständigt. So ist beispielsweise ein neues Kapitel »Research« – und ein gleichnamiger Workshop – hinzugekommen. Auch haben wir die Integration von Collaborative UX Design in das agile Vorgehen nun in einem eigenen Kapitel beschrieben.

Zwischen der Veröffentlichung der ersten und zweiten Auflage liegt eine Pandemie. Während dieser Pandemie mussten wir auf die Durchführung von Workshops in Onlineformaten zurückgreifen. Auch wenn wir anfangs skeptisch waren: Die hier vorgestellte Vorgehensweise hat auch in Remote-Workshops bestens funktioniert. Tatsächlich erfuhren wir durch den Einsatz aktueller digitaler Kollaborationstools sogar Vorteile – diese reichen von der Nutzung digitaler Boards bis hin zur Integration von Stakeholdern, die auch ohne Pandemie kaum zeitgleich an einem Ort zu versammeln wären. Heute arbeiten wir in unseren Workshops häufig hybrid: Wir sind vor Ort, nutzen aber auch Onlinetools und integrieren auf diese Weise räumlich verteilt arbeitende Teammitglieder.

Dieses Buch ist an Wochenenden und Abenden entstanden, an verschiedenen Orten in der Schweiz und in Deutschland – aber immer mit sehr viel Spaß an der verteilten, gemeinsamen Arbeit. Wir möchten uns gleichermaßen bei unseren Familien herzlich bedanken wie auch entschuldigen: Ersteres für die fortlaufende Unterstützung und die Geduld mit der beiden Autoren gemeinsamen Eigenschaft einer opus mania, Letzteres gilt unserem physischen Fehlen an einigen Wochenenden und Abenden – und manchmal auch unserer gedanklichen Abwesenheit. Danke Rahel, Sabine, Felix, Finn, Jonas und Noë. Bei unseren tollen Kolleginnen und Kollegen bei Ergosign in Deutschland und in der Schweiz bedanken wir uns vor allem dafür, dass wir jeden Tag von ihnen lernen dürfen. Frau Preisendanz vom dpunkt.verlag hat uns durch ihr sehr aufmerksames und inhaltlich sachkundiges Lektorat hervorragend unterstützt: Wir hätten es uns besser nicht wünschen können. Verbliebende Unzulänglichkeiten im Buch sind selbstverständlich alleine uns geschuldet. Herzlichen Dank auch an David, der bereits die Illustrationen für die erste Auflage des Buches anfertigte.

Von unseren Studierenden in Vorlesungen und bei der Betreuung von Bachelor- und Masterarbeiten haben wir viele Inspirationen bekommen – und die Zuversicht, dass UX Design einfach ein sehr spannendes Thema bleiben wird. Letzteres dürfen wir auch jeden Tag in ebenso herausfordernden wie anregenden Kundenprojekten miterleben.

Zürich und Saarbrücken, im September 2022

Toni Steimle und Dieter Wallach

VORWORT

Die Entscheidung, ein Buch zu lesen, bedeutet zeitgleich auch immer, ein anderes Buch nicht oder eben erst später lesen zu können. Mit dem Schreiben eines Buches verhält es sich ebenso. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, ein praxisorientiertes Buch zu schreiben, das unsere gewonnenen Erfahrungen als Hochschullehrer und als Projektleiter einer Vielzahl von User-Experience-(UX-)Projekten aufgreift und zusammenführt. Akademische Lehre und Forschung haben uns hierbei genauso inspiriert wie die Herausforderungen, die uns in Industrieprojekten für klein- und mittelständische Unternehmen und internationale Konzerne begegnen.

UX Design ist keine einsame Aktivität – die menschzentrierte Gestaltung interaktiver Produkte erfolgt heute typischerweise in interdisziplinären Teams, in denen die kollaborativen Aktivitäten der einzelnen Teammitglieder zielgerichtet orchestriert werden. Den Titel des vorliegenden Buches, Collaborative UX Design, haben wir hiermit bereits erklärt. In der Praxis kommt der Durchführung von Workshops für die erfolgreiche Zusammenarbeit innerhalb eines UX-Teams eine entscheidende Rolle zu: In Workshops klären und stecken wir den aktuellen Projektstand ab, identifizieren Fortschritte, Barrieren und Risiken der Projektphasen, erarbeiten (Zwischen-)Ergebnisse und planen die nächsten Projektschritte.

Im vorliegenden Buch stellen wir ein Vorgehensmodell auf der Basis von sieben inhaltlich aufeinander bezogenen UX-Workshops vor: Wir erläutern die Ziele und Ergebnisse dieser Workshops, diskutieren die Auswahl und den Einsatz von UX-Methoden und beschreiben die Verzahnung ihrer mitunter iterativen Abfolge. Den Einsatz aller vorgestellten Methoden in realen Projektzusammenhängen sehen wir dabei selbstverständlich nicht als notwendig oder wünschenswert an, vielmehr geben wir unterstützende Hinweise für eine fundierte, ziel- und situationssensitive Bestimmung geeigneter Methoden.

Das resultierende Vorgehensmodell zum Collaborative UX Design bietet einen anleitenden, strukturierten Rahmen zur Planung und Durchführung von UX-Projekten. Zu dessen anschaulicher Darstellung greifen wir auf ein praxisnahes Fallbeispiel zurück – unsere Leser werden Tim, den Leiter eines fiktiven UX-Projektes, sein Team und die Herausforderungen, vor denen sie stehen, auf den nächsten Seiten kennenlernen.

Das beschriebene Vorgehensmodell greift methodisch auf Ansätze zum menschzentrierten Design, der agilen Softwareentwicklung, auf Annahmen zu Lean UX und Arbeiten zum Design Thinking zurück. Wir haben Collaborative UX Design auf diesem Fundament als fortgeschrittenes Lehrbuch für die Praxis geschrieben. Bei der Vorstellung möglicher Leser-Personas aus unterschiedlichen Beitragsdisziplinen zum UX Design gingen wir davon aus, dass grundlegende Konzepte und UX-Methoden jeweils bekannt sind. Im Verlauf des Buches haben wir zur begrifflichen Schärfung relevante Konzepte und Methoden an Stellen, an denen uns dies für eine leichtere Nachvollziehbarkeit hilfreich erschien, kurz definiert.

Das Buch Collaborative UX Design wird durch eine Website (collaborative-uxdesign.com) begleitet: Interessierte Leserinnen und Leser finden dort weiter gehende Informationen, ein Glossar, Fallbeispiele, Vorlagen zur Anwendung von Methoden – und ein Interview mit Tim, dem Projektleiter unseres Fallbeispiels: In diesem fortlaufend ergänzten Interview möchten wir jeweils auf aktuelle Entwicklungen im UX-Umfeld eingehen. Für Lehrende haben wir ein Slide-Set zu den Workshops dieses Buches für den Einsatz in Lehrveranstaltungen vorbereitet.

Wenn wir in den Formulierungen der folgenden Kapitel nicht durchgängig die weibliche und männliche Form in der Darstellung verwenden oder auf geschlechtsneutrale Formulierungen ausweichen, so ist dies alleinig durch das Ziel einer vereinfachten Lesbarkeit begründet: Selbstverständlich wollen wir alle an dem Thema UX interessierten Personen ansprechen.

Wir möchten uns bei den Studierenden unserer Lehrveranstaltungen, den Teilnehmern unserer UX-Workshops für Unternehmen und ganz besonders bei den Kolleginnen und Kollegen von Ergosign bedanken – viele der in Collaborative UX Design zusammengefassten Gedanken haben hier ihren Ursprung. Ganz bestimmt können wir auch von den Leserinnen und Lesern von Collaborative UX Design vieles lernen und freuen uns daher sehr über Rückmeldungen.

Zürich und Saarbrücken, im Dezember 2017

Toni Steimle und Dieter Wallach

INHALT

EINLEITUNG

Grundpfeiler

Das Vorgehensmodell

Anpassen der Workshops

Das Fallbeispiel

Literatur

WORKSHOP: SCOPING

Überblick

Proto-Problem Statement Map

Proto-Personas

Proto-Journey

Annahmen-Map

Zusammenfassung Scoping

Literatur

WORKSHOP: RESEARCH

Überblick

Bestimmung von Forschungsfragen

Auswahl der Erhebungsmethode

Stichprobe wählen

Frageleitfaden

Allgemeine Checkliste für Fragen

Checkliste: Fragetechniken

Durchführung der Nutzerforschung

Checkliste: Equipment zur Beobachtung

Zusammenfassung Research

Literatur

WORKSHOP: SYNTHESE

Überblick

Personas

Persona Marie Beraterin

Validierte User Journey

Insight Statements

Opportunity Areas

Problem Reframing

Ergänzende Hinweise

Zusammenfassung Synthese

Literatur

WORKSHOP: IDEATION

Überblick

How-might-we-Fragen

6-3-5

Outside the Box Thinking

Design Studio

Ideenkatalog

Morphologischer Kasten

Ergänzende Hinweise

Zusammenfassung Ideation

Literatur

WORKSHOP: KONZEPT

Überblick

Szenario

User Story Map

Sketchen von Wireflows

Vervollständigen der User Story Map

Exkurs: Definieren eines Frameworks

Definieren von Keyscreens

Zusammenfassung Konzept

Literatur

WORKSHOP: PROTOTYPING

Überblick

Validierungsplanung

Vorbereiten des Konzept-Walkthroughs

Umsetzung des Prototyps

Zusammenfassung Prototyping

Literatur

WORKSHOP: VALIDIERUNG

Überblick Validierung

Vorbereiten des Walkthroughs

Checkliste: Vorbereitung

Durchführung des Walkthroughs

Checkliste: Einführung

Checkliste: Moderation

Auswertung des Walkthroughs

Validierungs-Workshop

Ergänzende Hinweise

Zusammenfassung Validierung

Literatur

WORKSHOP: ROADMAP

Überblick

Priorisierungsmatrix

Roadmap

Metrikenboard

Zusammenfassung Roadmap

Literatur

AUSBLICK: DELIVERY

Sprint Planning Workshop

Weitere Planung

Literaturverzeichnis

Index

EINLEITUNG

In diesem Buch stellen wir ein kollaboratives Vorgehensmodell vor und illustrieren dessen Anwendung anhand eines anschaulichen Fallbeispiels. Die Konzeption und Entwicklung digitaler Produkte und Services erfolgt heute zunehmend in cross-funktionalen Teams: Die einzelnen Mitglieder eines zeitlich überdauernd zusammenarbeitenden Teams bringen ihre Expertise in verschiedenen Bereichen – Produktmanagement, UX Design, Implementierung, Testen und Betrieb – ein. Interdisziplinäre Teams konzipieren und gestalten ein Produkt gemeinsam: Wir haben unserem Buch daher den Titel Collaborative UX Design gegeben.

Collaborative UX Design basiert einerseits auf einer Reihenfolge aufeinander gründender Workshops und andererseits auf wechselnden Phasen konzentrierter Einzelarbeiten. In den folgenden Kapiteln stellen wir zentrale Inhalte und Methoden, zielgerichtete Abfolgen und resultierende Artefakte solcher kollaborativen Workshops und der zur Produktkonzeption notwendigen Einzeltätigkeiten vor.

Die Vorteile interdisziplinärer Zusammenarbeit sind bedeutsam: Das gesamte Know-how eines Teams kann in den Entwurfsprozess eines Produkts oder Service einfließen. Probleme, die ansonsten oft erst bei der Inbetriebnahme entdeckt würden, können durch den frühzeitigen Einbezug unterschiedlicher Perspektiven häufig bereits früh offengelegt werden. Hohe Revisionskosten und Fehlinvestitionen lassen sich auf diese Weise vermeiden. Anforderungen können im Team diskutiert und mögliche Lösungen skizziert werden. Kommunikationsbarrieren können auf diese Weise gesenkt und Entscheidungen vor dem Hintergrund konkreter Artefakte getroffen werden. Der mit umfassenden Spezifikationsdokumenten verbundene Aufwand kann drastisch reduziert werden. An die Stelle langer Spezifikationsdokumente treten anschauliche Prototypen. Das gemeinsame Arbeiten in einem Team stärkt die Identifikation mit einem Produktkonzept – alle Teammitglieder tragen für den Erfolg eines Produkts oder Service Verantwortung.

Zusammenarbeit im Team kann sich je nach Tätigkeit selbstverständlich auch unpassend und aufwendig anfühlen. So dürfte ein gemeinsames Arbeiten von acht Personen an einem Screen eine echte Herausforderung darstellen. Die Kunst liegt im Wechselspiel zwischen Tätigkeiten, die gemeinsam, und solchen, die in Einzelarbeiten durchgeführt werden – in inhaltlich und methodisch sorgfältig geplanten Workshops.

Mit dem in diesem Buch dargestellten Vorgehensmodell verfolgen wir zwei Ziele: Erstens wollen wir einen Weg aufzeigen, wie eine effektive und effiziente Zusammenarbeit gestaltet werden kann, und zweitens wollen wir moderne Ansätze – wie sie aus dem Umfeld von Design Thinking, Lean UX und agiler Entwicklung hervorgegangen sind – in einem kohärenten, menschzentrierten und praxisorientierten Ansatz integrieren.

GRUNDPFEILER

Der mit Collaborative UX vorgestellte Ansatz basiert auf vier tragenden Grundpfeilern. Die Vorgehensweise ist menschzentriert, kollaborativ, hypothesenbasiert und agil. Wir möchten diese Grundpfeiler im Folgenden kurz erläutern.

Menschzentriert

Wenngleich sich dieser Aspekt auch auf die fortlaufende Integration von Nutzenden in den Gestaltungsprozess bezieht, ziehen wir die Bezeichnung »menschzentriert« dem häufig verwendeten Attribut eines »nutzerzentrierten« Vorgehens vor. In erfolgreichen Entwicklungsprojekten müssen die mitunter widersprüchlichen Anforderungen verschiedener beteiligter Stakeholder sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Eine ausschließliche Zentrierung auf die Bedürfnisse von Nutzenden ohne die angemessene Berücksichtigung technischer Rahmenbedingungen oder (berechtigter) Businessziele des Managements steht einem nachhaltigen Produkterfolg entgegen. Wir verstehen User Experience Design als Balance zwischen – mitunter konfligierenden – Anforderungen aus menschlichen Nutzungsbedürfnissen, technischen Restriktionen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

Im vorliegenden Zusammenhang sprechen wir von einem »menschzentrierten« Entwicklungsvorgehen, wenn dieses auf iterative Validierungen eines Produktkonzepts unter fortlaufendem Einbezug von Nutzenden zurückgreift und die Ergebnisse innerhalb eines Entwicklungsteams von verschiedenen Anspruchsgruppen vorangetrieben, geteilt und diskutiert werden.

Kollaborativ

Ein Team arbeitet zeitlich überdauernd in einer Sequenz von Workshops zusammen. Die Mitglieder des Teams bringen Kompetenzen und Fertigkeiten in verschiedenen Bereichen – Produktmanagement, Marketing, UX Design, Implementierung, Testen und Betrieb – mit. Das heißt selbstverständlich nicht, dass jedes Teammitglied diese Kompetenzen im eigenen Wissensstand vereinen muss. Wir sprechen vielmehr von einer produktiven interdisziplinären Kollaboration von Expertinnen und Experten mit unterschiedlichen fachlichen Hintergründen. Die Mitglieder eines disziplinübergreifenden Teams konzipieren und gestalten ein Produkt gemeinsam und beziehen Nutzende – als eine zentrale Anspruchsgruppe – in die Entwicklung von Lösungskonzepten ein. Alle Teammitglieder tragen zur Produktstrategie, zur Konzeption, zum Prototyping, zur Validierung, zur Auslieferung und schließlich zur Inbetriebnahme bei.

Designentscheidungen bei der Produktentwicklung sind das Ergebnis der Zusammenarbeit des gesamten Teams – und nicht alleiniges Resultat spezialisierter UX Designer. Das verklärende Bild von Feenstaub verbreitenden Design Heros hat damit ausgedient. Es ist leicht einzusehen, wie anspruchsvoll eine disziplinübergreifende Zusammenarbeit in der Praxis ist – auch Teamarbeit kennt Grenzen. Damit die angesprochene interdisziplinäre Zusammenarbeit funktioniert, ist eine sorgfältig abgestimmte, koordinierte Abfolge gemeinsamer und getrennt durchzuführender Aktivitäten nötig.

Die mit Collaborative UX vorgeschlagene Sequenz von acht Workshops spiegelt den strukturierten Ablauf eines kollaborativ durchgeführten Projekts praxisnah und – so hoffen wir – einfach verständlich wider. Die Workshops können, je nach Verfügbarkeit des Teams, in dichter zeitlicher Aufeinanderfolge oder mit einigem Abstand eingeplant werden. Große zeitliche Abstände bergen jedoch die Gefahr, dass Wissen, das in den Workshops entsteht, nicht mehr so präsent ist und durch eine Analyse von erstellten Artefakten aufgefrischt werden muss.

Zur Dokumentation von in Workshops erarbeiteten Ergebnissen greifen wir, in unseren Projekten wie auch in diesem Buch, auf einfache Klebekarten zurück, die wir in Maps strukturiert arrangieren. Solche Maps halten Teilnehmende zur kompakten Darstellung von (Zwischen-)Ergebnissen an und erlauben eine größtmögliche Flexibilität. Sie kondensieren die gemeinsam im Team entwickelten Gedanken in präsenten Artefakten, ohne dabei einzuschränken. Liegen neue Erkenntnisse vor, so können erarbeitete Maps einfach neu arrangiert oder erweitert werden. In unserer Praxis haben sich Maps als eine leichtgewichtige Form einer (minimalen) Dokumentation erwiesen.

Abbildung 1:

Beispiel einer Map

Die kollaborative Zusammenarbeit interdisziplinärer Teams ist fester Bestandteil verschiedener Ansätze zum Design Thinking. Es ist daher kaum verwunderlich, dass der hier vorgestellte Prozess an verschiedenen Stellen Gemeinsamkeiten mit dem Vorgehen in Modellen des Design Thinking aufweist – auch dort werden teambasiert unterschiedliche Artefakte mit dem Ziel entwickelt, Ideen zu visualisieren, weiterzuentwickeln und zu überprüfen.

Hypothesenbasiert

Während der Zusammenarbeit in einem Projekt durchläuft ein Team einen intensiven Lernprozess, in dessen Zentrum Annahmen stehen. Annahmen reflektieren ein mehr oder weniger angemessenes Bild der Wirklichkeit. Damit wir Sicherheit über die Angemessenheit von Annahmen finden, müssen diese überprüft werden: Haben wir beispielsweise Annahmen zu Nutzenden einer Anwendung, so können wir diese durch Methoden der Nutzerforschung stützen oder widerlegen.

Das Treffen von Annahmen ist bei der Produkt- oder Servicekonzeption unabdingbar. Bei einem hypothesenbasierten Vorgehen identifizieren wir die für ein gegebenes Produkt kritischen Annahmen und überprüfen diese zielorientiert. Wir formulieren explizite Hypothesen und hinterfragen ihre Gültigkeit durch Nutzerforschung oder Experimente.

Wir haben ein Fallbeispiel gewählt, das sich als roter Faden durch die Kapitel des Buches zieht. Auch in diesem Fallbeispiel beginnen Teammitglieder mit dem kritischen Hinterfragen der Annahmen, die hinter einem Projektauftrag stehen. Die Generierung möglicher Produktideen während der Bearbeitung eines Projektauftrags verstehen wir als Erstellung von Produkthypothesen, die nachfolgend zu überprüfen sind.

Collaborative UX unterteilt das Vorgehen bei der Produktentwicklung in zwei Phasen: Envisioning und Delivery. Im Envisioning beginnen wir mit dem »Verstehen« des Problemraums. Wir treffen Annahmen zu einem vorliegenden Problem und erkunden diese durch Nutzerforschung. Bei diesem »Erkunden« erfolgen Annahmen zu möglichen Lösungen und deren Überprüfung durch Validierungsstudien, in denen beispielsweise Nutzende repräsentative Aufgaben mit einem Prototyp bearbeiten. In der zweiten Phase »Delivery« werden im Team Annahmen zu möglichen Releases formuliert und konkrete Metriken zu deren Validierung definiert.

Wir gründen informiertes Gestalten auf belastbare Fakten und nehmen eine wissenschaftliche Sicht auf Designaktivitäten ein: Wir prüfen sorgfältig unsere Annahmen und testen Hypothesen zur Erreichung unserer Ziele fortlaufend in vorbereiteten empirischen Erhebungen und Experimenten. Das Feedback erfolgt zeitnah, Releases können zeitgerecht ausgeliefert werden: Ein solcher hypothesenbasierter Lernprozess steht auch im Vordergrund aktueller Lean-UX-Ansätze.

Agile

Um umfangreiche und anspruchsvolle Projekte erfolgreich zu bewältigen, bedient sich die agile Entwicklung eines einfachen Tricks: Ein großes Projekt wird in mehrere kleine Inkremente unterteilt. Ein Inkrement ist ein Etappenziel auf dem Weg zu einem vollständigen Produkt. In jedem Sprint der Realisierung wird ein »Stück« der Software vollständig umgesetzt – so, dass es in lauffähiger Form ausgeliefert werden kann.

Außerhalb agiler Ansätze haben wir als UX Designer oft mit einem Phänomen zu tun, das wir Delayed Feedback Problem (DFP) nennen. Zwischen der Abgabe einer Designspezifikation für ein Produkt, an dessen Gestaltung intensiv gearbeitet wurde, und dessen tatsächlichem Release vergeht oft eine sehr lange Zeit. Zwischenzeitlich änderten sich viele Ausgangsparameter und Implementierungsarbeiten nahmen (nicht nur deswegen) einen anderen Verlauf: Der Bezug zu dem ursprünglich dokumentierten gestalterischen Entwurf ist dann nicht nur deutlich verzögert, sondern oftmals geradezu unklar. Die in diesem Buch diskutierten agilen Designmethoden lösen das angesprochene DFP auf und betonen ein zügiges Erheben und Berücksichtigen von Marktreaktionen als zentrale Eckpfeiler des skizzierten kollaborativen Designprozesses.

Collaborative UX verzichtet auf die Entwicklung einer umfassenden und detaillierten Spezifikation. Im Zentrum steht vielmehr die Entwicklung einer überzeugenden Produktvision, die im weiteren Verlauf der Umsetzung auf die jeweils geplanten Produktinkremente angewandt wird. Dies ermöglicht die Erreichung von zwei wesentlichen Zielen: Zum einen werden Aktivitäten auf das Entstehen eines stimmigen Gesamtkonzepts fokussiert, in dem vorausschauend wichtige Risiken adressiert werden können. Zum anderen verliert sich das Team nicht in Details, die sich sowieso während der Umsetzung noch ändern können. Die Umsetzung selbst erfolgt anschließend inkrementell. Damit wird eine frühere Auslieferung begünstigt und das DFP zumindest reduziert.

Können User Experience Designer den Entwicklungsprozess auch nach Auslieferung erster Produktinkremente weiter begleiten, so resultiert daraus ein entscheidender Vorteil: Einsichten aus der aktiven Validierung produktiver Releases können in die Fortentwicklung nächster Releases einfließen. Design erfordert kontinuierliches Feedback: Aussagekräftige, inkrementelle Releases helfen, die richtigen Produkte und Services zu entwickeln – solche, die den Bedürfnissen von Menschen erfolgreich begegnen und auf dem Markt erfolgreich sind.

DAS VORGEHENSMODELL

Collaborative UX fußt auf acht Workshops und damit verbundenen vorbereitenden wie nachbearbeitenden Tätigkeiten. Wir haben deren Abfolge in der nachfolgenden Abbildung visualisiert.

Abbildung 2:

Das CUXD-Vorgehensmodell

Die ersten drei Workshops Scoping, Research und Synthese beschäftigen sich mit dem Verstehen des eigentlichen Problems.

Verstehen

Scoping-Workshop: In einem Scoping-Workshop werden die mit einem Auftrag verbundenen Ziele und Randbedingungen konkretisiert und es wird definiert, welche quantitativen Metriken zur Messung des Erfolgs der bevorstehenden Projektarbeit geeignet sind. Gemeinsam mit dem Projektteam und der Auftraggeberin werden die hinter einem Vorhaben liegenden Annahmen aufgedeckt und kritische Annahmen identifiziert. Im Zentrum von Workshops steht eine ganze Reihe von Artefakten, auf die wir im Laufe des Buches immer wieder verweisen. Im Scoping-Workshop sind die Problem Statement Map, Proto-Personas, eine Proto-Journey und eine Annahmen-Map Beispiele solcher Artefakte.

Research-Workshop: Die im Scoping-Workshop erarbeiteten Annahmen bilden die Ausgangslage für die folgenden Workshops des kollaborativen Vorgehensmodells. Auf der Basis von in den Artefakten anschaulich visualisierten Ergebnissen können in einem Forschungsplan Methoden der Nutzerforschung zur gezielten empirischen Erkundung des tatsächlichen Nutzungszusammenhangs festgelegt werden. Anschließend führt ein Team die geplanten Erhebungen unter Rückgriff auf Research-Methoden durch: Hierzu gehören typischerweise Interviews, Beobachtungen oder Tagebücher.

Synthese-Workshop: In einem Synthese-Workshop werten die Teammitglieder die Ergebnisse von durchgeführten Forschungsaktivitäten aus. Dazu werden beispielsweise Beschreibungen bestehender Arbeitsabläufe erstellt und Produktchancen zu deren Optimierung identifiziert. Analysen in einem Synthese-Workshop erlauben eine Überprüfung von Annahmen zu Nutzenden und unterstützen die Formulierung empirisch fundierter Personas als archetypisch modellierte Nutzervertreter. An diesem Punkt ist eine Reflektion des zuvor definierten Projektauftrags wichtig: Ist der Projektauftrag mit dem neuen Wissensstand noch vereinbar oder müssen Korrekturen vorgenommen werden? Oft erweist sich eine enge Einbindung des Managements auch in einem Synthese-Workshop als hilfreich.

Erkunden

Als Ergebnis der ersten drei Workshops erhalten wir ein vertieftes und empirisch validiertes Problemverständnis. Nachfolgende Workshops konzentrieren sich auf die Lösungsfindung.

Ideation-Workshop: In einem Ideation-Workshop sucht ein Team nach Lösungsideen für identifizierte Produktchancen. Im Workshop kommen unterschiedliche Kreativmethoden zur wechselseitigen Inspiration der Teammitglieder zur Anwendung: Ziel des Workshops ist die Generierung einer möglichst große Ideenvielfalt an möglichen Lösungskandidaten. Als Ergebnis eines Ideation-Workshops entsteht ein priorisierter Ideenkatalog zur Produktgestaltung.

Konzept-Workshop: In einem Konzept-Workshop wird ein zuvor erarbeiteter Ideenkatalog zu einem kohärenten Lösungskonzept geformt. Teammitglieder entwickeln eine Vision möglicher Nutzungsszenarien und leiten auf dieser Grundlage ein Bild über zukünftige Funktionalitäten einer Lösung her. Im Konzept-Workshop entsteht eine erste, zunächst noch abstrakte Sicht auf das User Interface des zukünftigen Produkts. Dieses abstrakte Konzept wird sukzessive konkretisiert, bis schließlich ein Konzeptvorschlag für ein Produkt vorliegt. Als Ergebnis dieses Workshops entsteht eine User Journey, die Interaktionen durch eine Reihe visualisierter Screens bei der Erreichung von Arbeitszielen veranschaulicht.

Prototyping-Workshop: Hinter einer User Journey verbergen sich erneut Annahmen: Annahmen zu Nutzerbedürfnissen und Annahmen zur Eignung bestimmter Lösungsansätze. Die Identifikation dieser Annahmen bildet den Gegenstand von Prototyping-Workshops. Es wird ein Validierungsplan abgeleitet, der beschreibt, welche Art eines Prototyps zur Validierung des Konzepts notwendig ist. Anschließend beginnt die Arbeit an der gemeinsamen Ausarbeitung eines Prototyps. Ziel ist hierbei nicht die Spezifikation einer Lösung, sondern vornehmlich die Vorbereitung einer Konzeptüberprüfung.

Validierungs-Workshop: Ziel dieses Workshops ist die Validierung entwickelter Prototypen. Nutzende können bei der Verwendung eines Prototyps beobachtet werden und deren Rückmeldungen in die Fortentwicklung erarbeiteter Konzepte einfließen. In Validierungs-Workshops wird Bezug auf ursprünglich definierte Annahmen genommen und evaluiert, ob das entwickelte Konzept auf einem hinreichend belastbaren Fundament steht. Wird diese Frage positiv beantwortet, so kann das Konzept in einem ersten kleinen Release umgesetzt und Marktfeedback anschließend ausgewertet werden. Im negativen Fall erfolgt eine weitere Iteration zur Überarbeitung des Konzepts.

Roadmap-Workshop: Bewährt sich ein Konzept, so erfolgt im letzten Workshop von Collaborative UX Design die Erstellung einer Produkt-Roadmap. Ziel der Planungen ist es, eine erste Version eines überzeugenden Release, ein Minimum Viable Product, festzulegen. Hierzu werden die relevanten Funktionalitäten eines Produkts im Team priorisiert. Verschiedene Faktoren wie der erwartete Nutzen für direkte User, der Beitrag für die Erreichung von Businesszielen der Anbieter eines Produkts oder Service und die Kosten einer Umsetzung müssen berücksichtigt werden. Die Roadmap wird so gewählt, dass sie eine Formulierung überprüfbarer Hypothesen zulässt. Diese werden in Form konkreter Metriken in einem Metrikenboard festgelegt und es wird definiert, wie die jeweiligen Metriken nach der Produktauslieferung erhoben werden können.

ANPASSEN DER WORKSHOPS

Wir verstehen und nutzen das Vorgehensmodell nicht als starren Prozess. So kann es in umfangreichen Projekten angezeigt sein, die vorgeschlagenen Workshops weiter zu unterteilen. So könnte beispielsweise im Fall des Scoping-Workshops für die Erarbeitung des Problem Statement, der Proto-Personas, der Proto-Journey und der Annahmen-Map jeweils ein eigener Workshop eingeplant werden. Andererseits können ganze Workshops oder auch einzelne Schritte zur Erstellung von Artefakten weggelassen werden. Ein Ideation-Workshop wird nur sinnvoll sein, wenn die Herausforderungen hinreichend anspruchsvoll zur Anwendung von Kreativtechniken sind – in der Praxis ist dies sehr häufig der Fall.

DAS FALLBEISPIEL

Durch die Kapitel dieses Buches und die vorgestellten acht Workshops leiten wir anhand von einem Fallbeispiel als rotem Faden. Wir erzählen die Geschichte eines interdisziplinären Teams und dessen kollaborativer Erarbeitung eines UX Designs für das neue Release einer umfassenden Applikation. Auch wenn diese Geschichte unserer Fantasie entspringt, so basiert sie doch auf Anforderungen und Erkenntnissen, wie wir sie in einer Vielzahl von Workshops und Projekten mit Teams ganz unterschiedlicher Unternehmen von Start-ups bis zu internationalen Konzernen gewinnen konnten.

Tim, ein erfahrener UX Designer, steht im Zentrum des Fallbeispiels. Die Geschichte beginnt mit einem Auftrag an Tim, das nächste Release des Produkts »4Service« als UX Designer zu begleiten. 4Service ist eine webbasierte Anwendung, die von Dienstleistungsunternehmen wie größeren Anwaltspraxen, Beratungsunternehmen, Agenturen oder auch Softwareunternehmen eingesetzt wird. Zum Funktionsumfang von 4Service gehört eine Kundenverwaltung, eine Projektverwaltung, eine Leistungserfassung, eine Finanzverwaltung und ein Personalmodul. 4Service ist eine Anwendung des Unternehmens »4Service AG« und wird von mehr als 8.000 Kunden in 31 Ländern eingesetzt.

Tim wurde von seiner Auftraggeberin bereits im Vorfeld darüber informiert, dass sich das neue Release von 4Service vor allem durch ein optimiertes Modul zur Leistungserfassung auszeichnen soll. In der Leistungserfassung von 4Service dokumentieren Mitarbeitende eines Dienstleistungsunternehmens ihre Arbeitszeit für ein bestimmtes Projekt. Eine Anwaltskanzlei kann so am Monatsende einem Klienten die Arbeitszeit in Rechnung stellen, die die mit dem Fall betrauten Anwältinnen und Anwälte aufgewandt haben. Ebenso können Mitarbeitende eines UX-Dienstleisters jeweils ihre für ein Projekt aufgewandten Aktivitäten im Leistungserfassungsmodul von 4Service protokollieren.

Fast alle Mitarbeitenden der Kunden von 4Service nutzen die Leistungserfassung – allerdings gab es gerade zu diesem Modul verschiedentlich Beschwerden. Die Marketingabteilung sieht daher eine Optimierung der Usability des Leistungserfassungsmoduls als besonders bedeutsam für den weiteren Markterfolg von 4Service.

Eine typische Nutzungssituation sieht dabei so aus, dass beispielsweise eine Anwältin in dem Modul einträgt, wie lange sie an einem bestimmten Tag am Fall eines Klienten gearbeitet hat und welches ihre Arbeitsinhalte waren. Manchmal wird sie mit einer Kollegin oder einem Kollegen eine Sitzung zu dem Fall einberufen haben, um diesen gemeinsam zu erörtern. Der beauftragende Klient darf dann natürlich erwarten, dass die protokollierten Zeiten, die die beteiligten Personen in der gemeinsamen Sitzung verbrachten, auch gleich sind.

Tim, der Protagonist im Zentrum der Fallstudie, ist 47 Jahre alt. Er ist seit mehr als 20 Jahren im Umfeld von User-Experience-Design-Projekten tätig. Tim hat in den letzten Jahren bereits menschzentrierte Entwicklungsprojekte umgesetzt, in denen er aktuelle Methoden aus Design Thinking, Lean UX und Agile UX ausprobierte. In unserem Fallbeispiel ist Tim gleich in zwei Rollen involviert: zum einen als UX Designer, zum anderen als Mentor für ein Team, das er mit dem Ziel leitet, das Modul zur Leistungserfassung zu optimieren. Damit Tim das Projekt erfolgreich für die 4Service AG meistern kann, durfte er ein interdisziplinäres Team zusammenstellen, dessen Mitglieder sich dieser Herausforderung stellen. Mit ihm besteht das Team aus den in Abbildung 3 gezeigten sechs Mitgliedern. Ausgewählt hat er die Produktmanagerin Daniela, die Projektleiterin Andrea, den Entwicklungsleiter Peter, den Frontend Engineer Tom und die Testleiterin Sarah – ein tatsächlich cross-funktionales Team, in dem er die für das Projekt relevanten Rollen vertreten sieht.

Daniela ist 42 Jahre alt und arbeitete lange als Beraterin für die Konfiguration und Adaptierung der Software. Nach verschiedenen Tätigkeiten als Projektleiterin wurde sie schließlich Produktmanagerin für 4Service. Daniela ist neu in dieser Rolle und benötigt daher noch etwas Unterstützung durch das Team.

Abbildung 3:

Das Projektteam

Andrea ist 38 Jahre alt. Andrea ist eine ruhige und zurückhaltende Person. Das Ziel ihrer Rolle als Projektleiterin sieht Andrea darin, dem Team ein produktives Arbeiten zu ermöglichen. Sie weiß, dass das Projekt nur dann ein Erfolg werden wird, wenn sich alle Beteiligten gleichermaßen für das Produkt mitverantwortlich fühlen. Ein autoritärer Führungsstil, so ist sie überzeugt, steht dem entgegen. Andrea scheut sich nicht, auch unangenehme administrative Arbeiten zu übernehmen – vor allem aber sorgt sie dafür, dass sich das Team nicht im Eifer des Alltagsgeschäfts für andere Zwecke aufreibt, sondern sich ganz auf 4Service konzentrieren kann.

Tom, der Frontend Engineer, ist 27 Jahre alt. Er hat eine große Designaffinität, Details sind ihm wichtig. Tom ist ein leidenschaftlicher Entwickler und in vielen Frameworks zur Frontend-Entwicklung zu Hause. Tom ist ein Teamplayer – er genießt die interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Peter, 49 Jahre alt, ist der leitende Softwarearchitekt der 4Service AG und ein sehr erfahrener Entwickler. Durch seine lange Firmenzugehörigkeit kennt er den gesamten Fachbereich im Detail – hartnäckig hält sich das Gerücht, Peter habe schon an fast jede Codezeile der Software selbst Hand angelegt.

Sarah, die Testleiterin, ist 29 Jahre alt. Sie ist eine enthusiastische Mitarbeiterin und sehr akribisch in ihrem Tun – auch wenn sie noch jung ist, konnte sie ihren umfassenden Wissensfundus bereits in einer Vielzahl von Projekten demonstrieren und erweitern.

Für die bevorstehende Arbeit mit seinem Projektteam reservierte Tim einen Raum: Er steht dem Team für die gesamte Dauer des Projekts zur Verfügung. Bei der Auswahl des Raums achtete Tim darauf, dass dieser ausreichend freie Flächen bietet – das Team hat so die Möglichkeit, Zwischenergebnisse der Projektarbeit jeweils anschaulich in gemeinsam erstellten Boards zu visualisieren.

LITERATUR

Wir haben uns bemüht, ein kompaktes Buch zu schreiben und die vorgestellten Methoden an realitätsnahen Beispielen kurzgefasst zu erklären. Um den Lesefluss nicht zu stören, haben wir auf Literaturverweise im Text verzichtet. Am Ende jedes Kapitels geben wir stattdessen Hinweise auf relevante und weiterführende Literatur. Interessierte Leserinnen und Leser können in dieser Literatur mehr über die diskutierten Methoden erfahren und sich in deren Grundlagen tiefer einarbeiten. Zur einfachen Orientierung haben wir allen Buchkapiteln kurze Hinweise zu den darin behandelten Methoden vorangestellt.

Nur

ein

weiteres Buch zur Vertiefung zu empfehlen, ist nicht einfach. Wenn wir nur eines nennen sollten, so wäre dies das

Design Thinking Playbook:

[Lewrick et al. 2017] Lewrick, Michael; Link, Patrick; Leifer, Larry:

Das Design Thinking Playbook. Mit traditionellen, aktuellen und zukünftigen Erfolgsfaktoren

. München: Vahlen, 2017.

Selbstverständlich haben uns verschiedene weitere Bücher inspiriert, hierzu gehört insbesondere:

[Ries 2011]

Ries, Eric: The Lean Startup: How Constant Innovation Creates Radically Successful Businesses

. London: Penguin Group, 2011.

Die Überlegungen von Eric Ries gründen auf den von Mary und Tom Poppendieck erarbeiteten Grundlagen:

[Poppendieck & Poppendieck 2003] Poppendieck, Mary; Poppendieck, Tom:

Lean Software Development: An Agile Toolkit

. Boston: Addison-Wesley, 2003

.

Auch die Arbeiten von IDEO zum Thema Design Thinking hatten und haben großen Einfluss auf unsere Arbeit:

[IDEO 2015] IDEO:

The Field Guide to Human Centered Design

. Canada, 2015.

Ein praktischer Einblick in Collaborative UX Design findet sich auch in der AVIATAR-Fallstudie von Lufthansa Technik:

[Lufthansa Technik] Lufthansa Technik:

Collaborative UX Design.

https://vimeo.com/286853430

.

WORKSHOP: SCOPING

Im Scoping-Workshop konkretisieren wir die mit einem Vorhaben verbundenen Ziele und Randbedingungen. Wir definieren, welche (quantitativen) Metriken zur Messung des Erfolgs der bevorstehenden Projektarbeit geeignet sind. Gemeinsam mit dem Projektteam und der Auftraggeberin wollen wir die hinter einem Vorhaben liegenden Annahmen aufdecken und hierbei kritische Annahmen identifizieren.

ÜBERBLICK

Der Scoping-Workshop ist der erste in einer Reihe von acht Workshop-Schritten unseres Vorgehensmodells: Er markiert den Beginn der Verstehen-Phase des Entwicklungsprozesses. Ziel eines Scoping-Workshops ist es, einen Projektauftrag möglichst umfassend zu verstehen, die Messung des Projekterfolgs zu operationalisieren und herauszufinden, auf welchen Annahmen anvisierte Projektziele basieren.

Ein präzises Verständnis des Projektauftrags ist von entscheidender Bedeutung für dessen zielorientierte Bearbeitung. Allzu oft wird dieser Schritt als trivial angesehen und daher leichtfertig übersprungen. In einer Vielzahl von Projekten konnten wir lernen, wie wichtig die umfassende Klärung des Projektauftrags ist: Gemeinsam mit der Auftraggeberin schärfen wir im Scoping-Workshop den Blick auf die vorliegende Problemstellung.

Im späteren Research-Workshop werden wir Methoden auswählen, mit denen wir die Belastbarkeit der identifizierten Annahmen empirisch prüfen können. Im Synthese-Workshop führen wir anschließend die erhaltenen Ergebnisse zusammen und können auf der so konsolidierten Grundlage Inhalt und Formulierung des Projektauftrags ergänzen und – sofern notwendig – anpassen.

Der Scoping-Workshop verläuft typischerweise in zwei Phasen. In der ersten Phase arbeiten wir den eigentlichen Projektauftrag heraus. In der zweiten Phase identifizieren wir dann die Annahmen, die dem gewonnenen Verständnis des Projektauftrags zugrunde liegen.

Bei kleinen Projekten dauert ein Scoping-Workshop oft lediglich einen halben Tag. Bei sehr ambitionierten Projektvorhaben kann es hingegen lohnenswert sein, den Scoping-Workshop aufzutrennen und entsprechend mehr Zeit zu reservieren: Der erste Teil des Scoping-Workshops kann dann beispielsweise Kick-off-, der zweite Annahmen-Workshop genannt werden.

Begleiten wir nun den Scoping-Workshop in unserem Fallbeispiel zur Leistungserfassung bei 4Service.

Ziel

Klärung des Projektauftrags

Teilnehmende

Projektteam, Auftraggeberin

Hauptergebnisse

Problem Statement Map, Proto-Personas

Ablauf

Proto-Problem Statement Map erstellen

Proto-Personas formulieren

Proto-Journey formulieren

Annahmen priorisieren

PROTO-PROBLEM STATEMENT MAP