Comeback - R. Amon - E-Book

Comeback E-Book

R. Amon

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Beschreibung

Das Leben selbst hatte Mike über die Jahre sein einst hübsches Lächeln aus dem Gesicht geschlagen. Gezeichnet und dem Tode nahe warf er sich in seine, wie er dachte, letzte Schlacht gegen einen unsichtbaren und schier unbesiegbaren Feind aus einer fernen Welt. Aliens waren gekommen um die Menschheit zu vernichten und die Nacht an dem die Erde still stand sollte Mikes letzte sein. Doch Mike hatte sich wie so oft getäuscht. Denn jetzt ging sie erst los, seine unglaubliche Reise in die Vergangenheit und in die Zukunft, zu fremden, fernen Welten und am Ende vielleicht zu sich selbst?

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Seitenzahl: 272

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 1

Die Glut der Zigarette leuchtete grell auf, als er genüsslich an ihr zog. Er lag im Dunkel seines Wohnzimmers auf der Couch. Nur der flimmernde Fernseher leuchtete aus einer Ecke. Sein Bett hatte er seit Wochen nicht mehr benutzt. Noch ein tiefer Zug und schon war er wieder da, der rasselnde Husten aus dem Innersten seiner Eingeweide. Er würde sterben, oder war er bereits tot? Was machte es überhaupt für einen Sinn darüber nachzudenken. Die Welt lag im Sterben, wieso also er nicht? Er setzte sich mühsam auf, um die Zigarette auszudämpfen. Ja, er rauchte noch und ja, das war gegen jede Vernunft. Der Mainstream forderte seit geraumer Zeit Nichtraucher, Veganer, bekennende Schwule, Pazifisten und Willkommensklatscher. Er hasste den Mainstream. Und der Mainstream hasste ihn. Seine zu langen Haare fielen ihm ins Gesicht und er strich sie sich nach hinten. Sein speckiger Bauch hing über seine geöffnete Hose.

Ächzend erhob er sich und schleppte sich hustend zum Fernseher. Er ergriff die Fernbedienung und schaltete auf 20. Der Sender des Widerstands, einer der wenigen, welcher noch funktionierte. Eine junge Frau las Meldungen in Tarnuniform vor. Wien sei gefallen, genau wie die restlichen Hauptstädte der Welt, so wurde jedenfalls vermutet. Die wehrfähigen Menschen wurden nun aufgefordert sich der Miliz anzuschließen, Sammelplätze wurden durchgegeben. Die letzte Schlacht stand nun wohl bevor. Ihm war es egal, er wankte schlaftrunken in die Küche, hustete heftig und goss sich Wasser in ein Glas. Dann trank er hastig. Sein Blick fiel auf einen Stoß Papier. Er nahm das oberste Blatt und las es sich noch einmal durch.

Lungenkarzinom, inoperabel. Er zerknüllte das Blatt Papier und warf es in eine Ecke. Fuck, wahrscheinlich würde er seine Wohnung ohnedies nicht wiedersehen.

Er knöpfte seine Hose zu und ging ins Schlafzimmer.

Hier war alles ordentlich, weil er nicht mehr hier drin war, seit sie ihn verlassen hatte. Er wechselte sein T-Shirt und seine Socken. Dann ging er in den Vorraum und öffnete einen Schrank. Er schnappte sich seine Glock und zwei Eierhandgranaten. Danach öffnete er einen weiteren Schrank und entnahm ein paar Magazine. Er lud die Glock und steckte sie hinten in seinen Hosenbund. Er zog seine kugelsichere Weste an und steckte die Ersatzmagazine vorne in dafür vorgesehene Taschen. Sein Blick wanderte über seine Wohnzimmermöbel und blieb an einem silbrigen Gegenstand an der Wand hängen. Er hatte dieses Teil bei einer Auktion ersteigert und sie danach bei einem Waffenschmied schärfen lassen. Dieser Waffenschmied verstand sein Handwerk, er war der Schwager eines Freundes und fertigte auch die Waffen für den Vatikan, genauer für die Leibgarde des Papstes. Die zweischneidige Kriegsaxt aus längst vergangenen Tagen schimmerte im bläulichen Licht des Fernsehers. Was soll's, dachte er und griff nach dem mittelalterlichen Artefakt. Vielleicht kann es ja nach ihm irgendwer gebrauchen, und vielleicht erwischte er ja eines dieser Geschöpfe. Das Gewicht der Axt war leichter als erwartet. Er wollte gerade den Fernseher ausschalten und hielt in der Bewegung inne. Die Tarnuniform Tante forderte die Alten und Kranken auf, zu Hause zu bleiben, oder sich an bestimmten Orten zu versammeln.

Versammeln oder zeitnah verrecken? Lieber ein Ende mit Schmerzen als Schmerzen ohne Ende, dachte er. Er schaltete den Fernseher aus und schnürte seine Springerstiefel. Ein letztes Mal stand er in seiner Wohnung und überlegte, ob er noch etwas vergessen hätte. Frische Boxershorts, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Doch sogleich war er wieder beruhigt. Er hatte sie vor seinem Nickerchen und nach dem Duschen gewechselt. Nicht dass er am Schlachtfeld in schmutzigen Shorts dahinsiechte. Er musste grinsen.

Mann, ist diese Welt bescheuert. Zeit zu gehen.

Das Marschieren fiel ihm noch nie schwer. Vierzig ist das neue Dreißig. Er hasste sich mit Dreißig. Damals war er ein attraktives, unsensibles Arschloch. Heute war er nur noch ein unsensibles Arschloch und fast tot. Damals war er fit und drahtig, hatte einen Waschbrettbauch, heute einen Waschbärbauch oder noch schlimmer. Was hatte das Leben aus ihm gemacht? Seine Schritte lenkten ihn zum Hauptplatz. Augenpaare beobachteten ihn aus Fenstern und Seitengassen. Das war nicht der Feind, der Feind war meist unsichtbar und tödlich. Die wenigen Überlebenden berichteten oft von hellen Lichtern am Nachthimmel, dann fiel immer das schwere Gerät aus, Artillerie, Panzer, Flugzeuge und Hubschrauber, das moderne Zeugs eben und wie aus dem Nichts explodierten danach Körper und Körperteile. Wenn man die Wesen sah, dann immer verzerrt, verschwommen, oder in einer Art flüssigem Schutzpanzer. Sie sollen gut drei Meter groß sein, mit Körperpanzerung und Helmen ausgestattet, an denen unsere Munition abprallte.

Hauptsache er hatte seine Glock. Er schüttelte den Kopf.

Aber, wie gesagt, bloß Gerüchte von verängstigten Flüchtigen. Dass sie uns technisch überlegen waren, lag ja wohl auf der Hand, dachte er, immerhin kamen sie einen weiten Weg von irgendeinem verschissenen Planeten, um der Menschheit und daher auch ihm auf den Sack zu gehen. Aber waren diese Aliens wirklich unbesiegbar? Gut, was juckte es ihn noch?

Die Science-Fiction-Autoren wussten es ja schon immer. Wir sind nicht allein. Wahrscheinlich haben die ETs diese komischen Pioneer-Plaketten gefunden, ging es ihm durch den Kopf, erkannt, dass wir keine ernst zu nehmenden Gegner sind und sind gekommen, um uns zu vernichten, damit sie in Ruhe unseren Planeten ausbeuten können. Gut, dachte er, beim Ausbeuten machen sie uns wahrscheinlich nichts vor, aber man kann doch auch über alles reden, oder? Schicken Plaketten ins unbekannte Weltall, mit unserer genauen Position und einer Darstellung unserer schlaffen Körper. Fuck, sind wir bescheuert, dachte er. Willkommen in der neuen Welt.

Er marschierte um eine Ecke und stieß fast mit einem anderen Mann zusammen.

„Mike“, grüßte ihn dieser tonlos.

„Peter“, grüßte er zurück.

„Sie werden uns alle töten“, jammerte Peter.

„Höchstwahrscheinlich“, nickte Mike zustimmend.

Und dann fielen alle Lichter aus.

Kapitel 2

Die Stille und die Dunkelheit waren allumfassend. Herrschte am Hauptplatz vorher noch hektische Betriebsamkeit, so war es jetzt ruhig und andächtig, wie auf einem Friedhof.

„Sie sind bereits hier“, flüsterte Peter und umklammerte nervös sein Steyr Jagdgewehr. Das Knattern von Rotoren zerriss die Stille. Ein Fluggerät schwebte direkt über den Köpfen der Bewaffneten über dem Hauptplatz.

„Einer von uns“, flüsterte Mike.

Die Männer jubelten triumphierend, während der Militärhubschrauber drohend über der Menge kreiste. Ein Lichtblitz zerriss irgendwo über dem Fluggerät die Finsternis. Nur kurz konnte Mike die Quelle des Angriffs erkennen. Ganz klar ein Raumschiff, dachte er, groß, sehr groß. Der Lichtblitz trennte den Hubschrauber in zwei Teile und diese stürzten unkontrolliert rotierend in die Menschenansammlungen direkt darunter. Rotoren und Metallteile bohrten sich in weiche Körper und hinterließen ein Schlachthaus. Mike war fasziniert von der Tarntechnologie der Angreifer. Nichts war mehr zu sehen, dort wo gerade eben noch ein Raumschiff in der Luft erschienen war. Die Überreste des Hubschraubers brannten und erhellten am Hauptplatz die Dreifaltigkeitssäule, ein Wahrzeichen von Linz. Die Luft flirrte über dem Feuer, aber da war noch mehr. Mike konzentrierte sich auf einen Punkt neben dem Brunnen.

Die Luft dort wirkte, als wäre sie flüssig, irgendwie verzerrt. Grüne Punkte kamen zum Vorschein und hefteten sich an mehrere menschliche Körper in der Umgebung. Lichtblitze schossen aus dem Nichts direkt auf die anvisierten Körper und zerfetzten diese in Sekundenbruchteilen. Überall auf dem Platz war die Hölle losgebrochen. Panzer flogen durch die Luft, als wären sie Spielzeug. Menschen liefen schreiend durch die Nacht. Manche brannten und sahen aus, wie die Fackel von den Fantastic 4, nur hatten sie alle beim Sterben keinen lockeren Spruch auf den Lippen. Mike zog seine Glock aus dem Hosenbund und ging hinter ein paar Sandsäcken in Deckung. Peter folgte ihm staunend mit offenem Mund.

„Denke sie sind hier, Peter, wie du sagtest. Wird uns unser Geheimdienst in zwei Stunden sagen. So wie die Jungs es immer tun. Zu spät.“ Mike grinste.

„Finde ich nicht zum Lachen, Mike. Sie werden uns abschlachten. Das überleben wir nicht, Mann.“

„Dieses Leben ist überbewertet, Peter, und es endet zu hundert Prozent mit dem Tod. Mal sehen, was also danach kommt.“

Mike spähte über den Rand der aufgetürmten Sandsäcke ins Chaos. Er konzentrierte sich auf den Brunnen im Zentrum des Platzes. Da war doch was. Dort stand doch jemand auf der Umrandung des Wasserbeckens. Man sah das Wesen nicht, aber durch das Feuer dahinter konnte Mike Umrisse erkennen.

„Peter,“ flüsterte Mike,“ ich schleiche mich links zum Brunnen vor. Siehst du die Spiegelung vor dem Feuer?

Diese Reflexionen meine ich.“

Peter starrte zum Brunnen.

„Ja, ja, was ist das?“

„Einer dieser Schweinehunde, nehme ich an. Kannst du auf ihn schießen, wenn ich dir das Zeichen gebe?“

„Denke schon, Mike.“

Peter wirkte entschlossen.

„Gut, dann warte auf mein Zeichen.“

„Was ist das Zeichen, Mike?“

„Ich werde die Melodie aus dem Weißen Hai furzen, Peter, dumm dumm, dumm dumm, dumm dumm. Nein, weiß noch nicht. Behalte die Zone links vorm Brunnen im Auge. Ich lass mir was einfallen.“

Mike huschte ohne ein weiteres Wort in den Schatten. Links hielt er die Axt und rechts die Glock. Er schlich an der Seite eines ausgebrannten Mannschaftswagens entlang. Immer wieder hielt er an und beobachtete den Brunnen. Das Ding war immer noch da. Es beteiligte sich nicht an dem Massaker. Aber über den ganzen Platz verteilt, schienen unsichtbare Wesen ganze Arbeit zu leisten. Soldaten und Milizen schossen durcheinander.

Es gab aber nirgends einen Beweis, dass sie auch etwas trafen. Vielleicht einander? In einem Gefecht konnte alles passieren. Mike robbte jetzt vorsichtig zu einer Parkbank. Der Rauch kratzte in seinen wunden Lungen.

Nicht husten, dachte sich Mike, nur nicht husten. Von hier bis zur getarnten Kreatur waren es nur noch ein paar Meter. Jetzt war Peters Zeit gekommen. Mike sah sich um und fand, was er suchte. Ein brennendes Verkehrszeichen lag neben ihm hinter einem umgestürzten Lastwagen. Mike steckte die Glock in den Hosenbund, kroch auf das Verkehrszeichen zu und nahm die Stange in die Hände. Was soll’s, dachte er, stand auf und schwenkte das brennende Schild in die Nacht. Erst als er das Mündungsfeuer von Peters Jagdgewehr sah, warf er das Verkehrszeichen weg, zog seine Glock und lief in Richtung Brunnen. Grüne Strahlen tasteten über Peters Sandsäcke, auf der Suche nach dem Schützen. Mike nahm die Glock in die linke Hand und die Axt in die rechte. Auf diese Distanz konnte er das Wesen nicht verfehlen. Mike machte die Umrisse eines Kopfes aus, als das Wesen seine Laser, oder was immer das war, in Richtung Peter abfeuerte. Die Sandsäcke explodierten gerade in dem Moment, als Mike seine Glock abfeuerte. Die Kugeln schwirrten in Richtung des Aliens und waren gut gezielt. Der Kopf würde bersten, wie eine reife Melone, dachte Mike.

Doch während er lief, merkte er, dass irgendein Schutzschild, Peters Kugel und auch seine 9 mm Geschosse vom Einschlag abhielten. Das Wesen aber, war nun für Mike klar erkennbar. Es war gut 3 Meter groß und stand majestätisch auf der Brunnenumrandung. Wie in Zeitlupe richtete es seine kleinen roten Augen auf Mike. Einer der grünen Laser streifte ihn am Oberschenkel, offenbar waren auch andere Aliens auf ihn aufmerksam geworden. Mike feuerte seine Glock leer, aber richtete keinen Schaden an. Ihm war, als hörte er einen kehligen, lachenden Laut aus der Richtung des Wesens. Ein Blitz kam aus der Schulter des Aliens, aber Mike hatte sich instinktiv zur Seite gedreht. Der Blitz riss den Asphalt neben ihm auf.

Der riesige Alien streckte seinen rechten Arm aus, so als ob er Mike mit seiner Faust zerschmettern wolle. Und Mike sprang. Im Springen holte er mit der zweischneidigen Kriegsaxt aus und legte alles in den Schlag, was er aufzubieten hatte. Mike rechnete damit, dass er auch hier mit der Axt zurückprallen würde, doch die scharfe Klinge fuhr schmatzend durch die Rüstung des Wesens und durchtrennte Fleisch und Knochen. Der Arm des Aliens fiel zu Boden, einen letzten Lichtblitz ins nirgendwo verschießend. Das Wesen keuchte vor Schmerz, riss Mike aber geistesgegenwärtig mit der noch vorhandenen Hand die Waffe aus der Hand. Das Visier des mattschwarzen Helmes ging nach oben und eine grausame Fratze mit langen Fangzähnen kam zum Vorschein. Das Wesen packte Mike am Hals und hob ihn in einer Bewegung empor, so als wiege dieser nicht mehr als eine Feder. Der Alien brüllte Mike seinen puren Hass ins Gesicht und fletschte dabei seine Zähne. Speichel tropfte aus seinem Mund.

„Was schaust du so dämlich, du hässlicher Wurf, ich dachte doch auch, es würde nicht funktionieren.“

Mike keuchte, er bekam kaum noch Luft. Er versuchte mit beiden Händen die Umklammerung des Wesens zu lösen, aber er schaffte es nicht. Die Hand des Aliens umspannte seinen Hals wie ein Schraubstock. Dies war sein Ende, wusste Mike. Immer weniger Sauerstoff fand den Weg in sein Gehirn. Nun, auch dies war schon seit Jahren so, dachte er. Aber er würde nicht alleine gehen.

Mike tastete nach der Rüstung des Wesens, während dieses immer mehr seine Kehle zudrückte, immer noch brüllend. Mike griff in die Tasche seiner Weste und fand was er suchte. Er zog die Ringe von den Granaten und zählte leise, den ewigen Schlaf herbeisehnend. Dann schob er die Granaten in den Spalt der Rüstung oberhalb des Brustmuskels seines Gegners. Der Alien schien überrascht und sah an sich hinunter, während er Mike noch immer vor sich hochhielt. Mike grinste.

„Fahr zur Hölle, hässlicher ET!“

Mike fühlte die heftige Detonation, und dann war nur noch Stille. Endlich Stille.

KAPITEL 3

Schwärze. Tiefste Schwärze. So also war der Tod. Keine lüsternen, barbusigen Jungfrauen, mit zartester, weicher Haut natürlich, welche auch nie widersprachen, für den Märtyrer, kein friedvoller, bärtiger Petrus, keine Pforte. Nur Dunkelheit, schwarz wie matter Samt. Da sieht man jeden Fleck, dachte Mike. Aufpassen, sonst rastet sie wieder aus. Das erste Mal, dass er an seine Ex-Freundin denken musste. Jetzt war es klar, er war in der Hölle. Sicher, es gab da ein paar Dinge in seinem Leben, auf die er nicht stolz war, aber gleich die Hölle? Mike nahm leichte Vibrationen war, ein leises Surren, er versuchte seine Augen zu öffnen, wusste aber nicht, ob es ihm wirklich gelungen war. Das satte Schwarz vor seinen Augen hatte Löcher. Motten? Nein, keine Löcher, es waren Lichter. Das Schwarz war von Lichtern durchsetzt. Ein wunderschöner Nachthimmel mit Sternen. Mike sah immer klarer. Er hatte noch nie so viele Sterne gesehen, manche so hell, so klar, als könnte er sie ergreifen. Die Energie geht also nicht verloren. Sie schwebt zurück zu den Sternen. Aber etwas stimmte nicht. Mike spürte seinen Körper nicht. Fuck, was ist hier los? Dachte er. Mike konnte nur seinen Kopf bewegen.

Er sah an sich hinunter. Viele Schläuche, viele Kanülen, oder etwas Ähnliches. Das Surren nahm zu. Mike verzog sein Gesicht. Wieder versuchte er seine Umgebung zu scannen. Grelle Lichter explodierten in seinem Kopf.

Aber Mike erkannte, er war nicht alleine. Mike nahm eine Bewegung wahr. Ein großer Schatten löste sich aus einer Ecke und näherte sich. Es war einer von ihnen, dachte Mike. Er war also nicht tot, noch nicht. Die Gestalt war schnell wie ein Blitz und stand jetzt neben ihm. Mike lag auf einem Seziertisch aus Edelstahl, oder einem ähnlichen Material. Er war nicht mehr auf der Erde. Mike war von Glas umgeben, rund um ihn leuchteten die Sterne. Er war auf deren Raumschiff.

Das Wesen prüfte ein paar Kanülen, sein Gesicht lag im Schatten. Doch irgendwie konnte Mike leuchtende Umrisse erkennen.

„Wie geht es Ihnen, Sir?“ Das Wesen sprach ohne Akzent. Mike starrte verblüfft auf seinen Besucher.

Dieser trat aus dem Schatten und Mike blieb die Luft weg. Das Gesicht seines Besuchers war geformt wie die Schnauze eines Schakals. Lange, spitze Ohren standen nach oben und richteten sich nach vorne.

„Ihre Werte haben sich stabilisiert, Sir. Die Therapie hat sich bezahlt gemacht.“ Beim Sprechen blitzten scharfe Zähne auf. Mike nahm jetzt leise Musik wahr. Klangschalen? Panflöten? Jedenfalls esoterischer Singsang.

„Wo bin ich? Wer bist du? Hast du Kings of Leon?“

Mike wollte sich aufrichten, aber das Wesen drückte ihn sanft wieder auf sein Stahlbett. Die Haut des Wesens war dunkel, die Finger kräftig, aber wie die eines Menschen. Nur die Dimensionen waren anders. Viel größer, so wie das gesamte Körpermaß. Jetzt war der Besucher gebeugt, aber Mike schätzte ihn auf gut drei Meter.

„Sie müssen sich ausruhen, Sir. Sie können sich noch früh genug erheben. Aber noch ist nicht die Zeit.“

Mike entspannte sich und beobachtete weiter das Wesen. Es war ohnedies gewiss, würde er jetzt kämpfen müssen, könnte er seinen Angreifer nur anspucken.

„Mein Name ist Inpu und ich bin ihr Leibarzt, so sagt man doch, oder?“

Mike nickte, noch immer zu verwirrt.

„Warum kannst du meine Sprache, was wollt ihr von uns, warum bist du so hässlich?“

Der Schakal-Mensch schnitt eine Grimasse und ein kehliges Lachen erfüllte den Raum.

„Das Schiff verfügt über ein Übersetzungsprogramm für jede bekannte Spezies. Ihre Sprache ist also kein Problem. Wir wollen euch helfen, euch selbst zu vernichten. Wir beobachten euch schon lange. Die Selbstvernichtung scheint euer Ziel. Und nebenbei, ich bin ein schönes Exemplar meiner Rasse. Bin in mancherlei Hinsicht sogar überdurchschnittlich. Noch Fragen, Sir?“

Mike machte eine Pause.

„Warum sind nicht alle bei Bob?“

Inpu wirkte verwirrt.

„Nein, ich meine was wollt ihr auf unserem Planeten. Habt ihr keinen eigenen?“

„Das ist nicht euer Planet. Wir waren schon hier, viele Jahre vor eurer Ankunft. Ihr schadet diesem Planeten. Eurer Spezies musste Einhalt geboten werden, Sir. Das ist nun passiert.“

„Was wollt ihr von mir? Ich bin so gut wie tot. Sucht euch andere Gefangene. Ich kann euch nichts sagen. Ich weiß nichts über die Strategie der Menschen. Ich bin ein Niemand.“

Mike beobachtet die Reaktion des Schakal-Wesens.

Dieser lachte.

„Ich habe Sie repariert, Sir. Ich habe die massiven Schäden behoben. Ich habe die Organe gereinigt und einige Verbesserungen zugefügt. Auch die ausgebeulte, lockere Biohülle habe ich gestrafft. Das Wasser des Eridanus hat Sie gestärkt und Ihren Körper stärker und größer werden lassen. Und…“ Mike unterbrach Inpu brüsk.

„Hast Du mich gerade fett genannt du hässlicher Köter? Ich fasse es wohl nicht. Hau ab, bevor ich mich vergesse. Was hast du größer gemacht?“

Mike sah an seinem nackten Körper nach unten.

„Alles, so viel ich sehen kann.“

Mike lächelte selig.

„Gut, du kannst bleiben, Inpu. Sag mir, was wollt ihr von mir. Ich weiß nichts, wirklich.“

Inpu nickte. Seine Ohren klappten nach vorne, nach hinten und zur Seite. Dann beugte er sich vor und flüsterte.

„Sie haben den Warlord getötet, Sir. Und nach den Gesetzen unseres Volkes, müssen Sie seine Position einnehmen. So sagt es das Buch „Neb-ta-djeser“. Sie werden gesunden und dann dem Kaiser präsentiert.

Sehr spannend, wenn Sie mich fragen, Sir. Wir hatten bis jetzt sehr wenige Erdlinge, welche diese Position innehatten. Nur wenige hielten sich lange und schafften es Ruhm anzuhäufen. Aber dazu später. Es gibt noch viel zu besprechen, jetzt sollten Sie wieder ruhen, Sir. Ich werde über Sie wachen. Vielleicht verraten Sie mir noch, wie Sie genannt werden, Sir?“

„Nenn mich Mike. Meine Freunde nennen mich Mike. Und so wie es aussieht, bist du ja anscheinend mein Retter. Du kannst aber auch Waltraud zu mir sagen, oder Dagmar. Macht keinen Unterschied, ich bin mir ohnehin sicher, dies alles hier ist ein Alptraum.“

„Mike, also.“ Inpu nickte lächelnd. „Dies ist der Beginn eines sinnvollen Lebens. Ich hatte einst einen Bekannten, der hieß ganz ähnlich. Mikä il, lange her. Ein sehr ernstes Wesen.“ Inpu lachte kehlig.

„Mein Name ist eigentlich Michael, nach dem Erzengel Michael, dem Schutzpatron der Polizisten. Mein Vater war Polizist. Darum...“ Mike war müde, sehr müde. Er konnte kaum noch die Augen offenhalten.

„Mmmm, genau, Erzengel Mikä il, den meine ich. Mochte seinen Waffengefährten lieber, diesen Sarakael. Der hatte wenigstens ein wenig Humor. Wahrscheinlich haben sie ihm aber bereits die Flügel gestutzt.“

Inpu lachte kehlig.

„Wie auch immer, Inpu, ich bin zu müde. Kann dir nicht mehr folgen. Aber rede es mir in ein Sackerl, hör es mir dann später an.“ Mike lächelte mit geschlossenen Augen.

Inpu nickte, drückte ein paar Tasten und wohlige Wärme durchströmte augenblicklich Mikes Körper. Das Alien murmelte etwas in seine haarige Schnauze und wohl bekannte Klänge, „Find me“ von Kings of Leon, drangen leise an Mikes Ohr. Sekunden später fiel er in einen tiefen Schlaf.

Mike träumte von Androiden und elektrischen Schafen, von fremden Welten und sprechenden Haustieren. Von Wüstenplaneten und riesigen Würmern. Dann sprach Rutger Hauer zu ihm. Er blickte Mike traurig an, zeigte ihm seinen beachtlichen Zeigefinger und sprach, das sei der Sinn des Lebens. Zumindest am Tannhäuser Tor und an der Schulter des Orion. War Mike jetzt ein Replikant, ein Android, ein Cyborg? Mike wusste es nicht. Was hatten sie mit ihm angestellt? Brennende Schiffe an der Schulter des Orion. Ja, da geht man nur raus, wenn man eine ordentliche Menge Spice zu sich genommen hatte.

Diese Augen. Große blaue Augen. Dann lag Mike auf einer Luftmatratze. Er trieb sanft auf einem kleinen See.

Er erkannte die Landschaft. Ein Mischwald umschloss das klare, im Sonnenlicht glitzernde Wasser. Mike sah die bunten Zelte, das Lagerfeuer. Und dann erschien sie.

Sie zog sich unerwartet geschmeidig auf seine Luftmatratze. Zuerst erschien ihr blonder Kopf bei Mikes Füßen, dann ihr Oberkörper als sie sich aus dem Wasser hievte. Sie lächelte und schob ihr Knie zwischen Mikes Beine. Die Luftmatratze schwankte bedrohlich, doch Mike hatte nur Augen für sie. Sie warf ihre langen blonden Haare nach hinten, Wasser tropfte von ihrem nackten wohlgeformten Busen. Das Wasser musste für sie erfrischend sein, soviel sah Mike ganz deutlich. Sie legte sich auf ihn und er fühlte das Gewicht ihrer Brüste auf seinem Bauch. Mike sah in ihre blauen Augen, während sie zu ihm sprach.

„Hast du noch Platz auf deiner Luftmatratze, Mike? Du schickst mich doch nicht weg?“

Franka. Das wunderschöne Mädchen. Sie kam aus dem Nichts. Sie kam zu ihm. Nur mit einem schmalen Slip bekleidet. Sie suchte seine Nähe, er konnte es kaum fassen. Sie war ein Geschöpf aus einem Märchen, einem Märchen von Hugh Hefner. Blond, blauäugig, mit einer Figur wie Barbie. All Summer Long, von Kid Rock, erschallte aus einem Lautsprecher vom Zeltplatz, oder bildete er sich das nur ein?

Frankas Zunge leckte über ihre vollen Lippen, sie kamen näher, immer näher. Mike seufzte vor Verlangen. Dann war sie weg. Mike hockte neben einer Parkbank und er weinte. Es war dunkel, die Sterne hatten für Mike aufgehört zu leuchten. Sie war nicht gekommen. Meat Loaf erklang im Hintergrund. Er würde also alles tun für die Liebe? Darauf geschissen. Mike schluchzte und Tränen rannen über sein Gesicht. Jemand zerrte ihn auf die Parkbank und setzte ihn behutsam hin. Der Himmel öffnete sich und dicke Regentropfen reinigten die warme Sommerluft. Der junge Rutger Hauer sah Mike traurig an.

„All diese Momente werden in der Zeit verlorengehen, wie Tränen im Regen. Zeit zu leben.“ Jetzt lächelte Rutger, ballte die Fäuste und richtete sein nasses Gesicht gegen den sternlosen Nachthimmel.

Mike wachte schweißgebadet auf. Sein Atem ging rasend. In seinem sterilen Raum war es dunkel und dennoch konnte er drei Personen wahrnehmen. Ihre Silhouetten zeichneten sich deutlich im Raum ab.

„Bitte beruhigen sie sich, Sir. Sie haben nur geträumt.“

Die Stimme war die einer Frau. Sie trat an Mikes Seite und fühlte seine Stirn. Auch sie war sehr groß, aber gut einen Meter kleiner als Inpu. Sie hatte einen weißen, kurzen Wickelrock an, war bauchfrei und trug dazu ein enges Bustier, so wie die Frauen auf manchen ägyptischen Fresken.

„Ihre Wunden erholen sich, das Fieber geht zurück, verschafft ihnen aber noch böse Träume.“

Sie blickte Mike mitfühlend an.

„Ich hole den Hohepriester, er wünscht sie sofort zu sehen, sobald sie erwachen. Er sagte, es gebe viel zu besprechen.“

Mike schlug die Augen auf und sah in ein wunderschönes Gesicht, eingerahmt in tiefschwarzes Haar. Keine Spur von einem Schakal Gesicht oder einer Hundeschnauze. Ich hatte mir das mit dem Anubis-Typen sicher nur eingebildet, dachte Mike.

„Wie ist dein Name, meine Schöne?“

„Mein Name ist Neith.“ Sie lächelte kokett.

„Der ist aber ne(i)tt, okay sagen wir lieber herzallerliebst. Nett, das ist die kleine Schwester von Scheiße. Und du bist alles andere als das.“ Neith errötete. Sie löste ihre Finger von Mikes Stirn und huschte davon. Mike versuchte sich aufzurichten. Es ging, war aber beschwerlich. Mike sah auf seinen Brustkorb. Dieser war jetzt viel muskulöser als vorher, aber auf der linken Seite war seine Haut schwarz. Mike fuhr mit seinen Fingerspitzen behutsam über seine schwarze Haut und bemerkte die raue Struktur. Die neue Haut reichte von seiner linken Schulter bis zu seinem linken Becken und bedeckte den halben Torso. Ein umgekehrter Michael Jackson, ging es Mike durch den Kopf.

„Beat it, beat it. Billy Jean is not my lover!“ Mike sang aus voller Brust. Die Stimmbänder dürften noch seine eigenen sein. Mit dieser Stimme dachte Mike lächelnd, räume ich jedes Gebäude, so voll kann es gar nicht sein.

„Sie wollen Musik, Sir?“, fragte einer der beiden Anwesenden. „Vielleicht was aus ihrer Heimat, Sir?“

„Wenn du jetzt die Wildecker Herzbuben spielst, Oida, kotze ich sofort.“

„Nein, Sir. Sie können sich ihre Musik aussuchen. Wir haben alles in unserer Datenbank. Wir können alles abspielen. Wir wollen nicht, dass Ihnen unwohl ist.“

„Gut,“ brummte Mike versöhnlich, „keine Ina Regen oder ähnliches Gejammer und wir sind Freunde. Wie wäre es mit Dean Lewis. Ich wurde gerade verlassen, zumindest im Traum. Ich brauche also ein wenig Zuspruch. Be Alright, wäre schön, DJ!“

„Mein Name ist nicht DJ, ich heiße Sebak, Sir.“ Die Gestalt trat jetzt aus dem Schatten hervor. Mike zuckte zusammen. Dieser Typ hatte das Gesicht eines Krokodils. Ansonsten war er angezogen wie die anderen beiden. Ägyptisch, antik, wie aus einem Buch. Mike verdrehte die Augen und ließ sich wieder auf seine Liegefläche zurücksinken. Was sind das für Medikamente, die er verabreicht bekommt? Was waren das für Wesen? Als wären sie einer ägyptischen Götterwelt entsprungen. Dean Lewis Stimme erfüllte nun den Raum und Mike entspannte sich. War es möglich, dass er diese Geschichte träumte und das davor Realität war? Er brauchte jedenfalls Antworten und das rasch.

Kapitel 4

Inpu kam durch eine Schleusentür. Er war schwarz gewandet mit einer Art Harnisch über der Brust. Er trug Armschützer aus einem schimmernden Metall.

Anscheinend mit Edelsteinbesatz. Ein roter Gürtel mit einem blauen, funkelnden Stein in der Mitte zierte Inpus Taille. Rasch stand er neben Mikes Liegestätte.

„Sie sind wach, Mike, endlich. Wir haben viel zu besprechen und die Zeit drängt. Ich habe die für Sie entscheidenden Informationen aufgearbeitet. Mike, sind Sie wach?“

Mike öffnete die Augen und nahm sofort alle Personen im Raum wahr. Doch ein Schakalkopf, Mike hatte sich also nicht getäuscht.

„Natürlich, Inpu, ich habe auf dich gewartet. Was sollte ich auch sonst tun. Habe den Bus nach Hause offensichtlich versäumt.“ Mike lächelte gequält.

„Lassen Sie uns als erstes von ihrem Gesundheitszustand sprechen, Mike. Das halte ich für überlebenswichtig. Vor allem für Sie.“

Mike nickte.

Inpu nahm ein quadratisches Blättchen von seinen Armschienen mit zwei mal zwei Zentimeter Fläche. Er faltete geschickt das Teil mehrmals auseinander, bis es wie ein flaches iPad aussah. Dann brummte er zufrieden vor sich hin.

„Nun, alles in allem sieht es ganz gut aus. Mike, sie hatten multimorbide Verletzungen. Die zweite Granate dürfte an Karnaks Rüstung hängengeblieben sein und detonierte halb vor Ihrem Körper. Die Rüstung Karnaks hat die Druckwelle direkt auf Ihren Körper gelenkt, Mike. Dementsprechend musste ich sie zusammenflicken.“

Inpu seufzte und fixierte Mike.

„Wir haben einige Veränderungen an Ihnen vornehmen müssen und wussten lange nicht, ob sie diese radikalen Eingriffe an Ihrem Organismus überleben. Da wäre einmal die linke Oberkörperhälfte. Ich musste Ihnen Haut von Kardianern transplantieren, nachdem ich mit Ihren Organen fertig war. Das Gute daran, zusätzlich zum Faktum, dass Sie die Haut nicht abgestoßen haben, ist, dass diese Haut nahezu unverwüstlich ist. Hart wie Keflar, kann fast nicht durchstoßen oder durchschossen werden. Wenn doch, einfach Wasser darauf gießen, am besten Salzwasser, und die Wunde wird sich rasch schließen.“

„Super, jetzt bin ich ein Fisch.“

„Könnte schlimmer sein, Mike. Ja, die Kardianer leben im Wasser, schauen aus wie eine Mischung aus Humanoiden und Stachelrochen. Auch Ihr rechter Arm wurde beim Kampf leicht beschädigt.“ Inpu tippte auf seinem Pad. Dann schüttelte er seinen Kopf.

„Nein, Kommando zurück. Pulverisiert. Kein Arm mehr da gewesen. Ich habe einen Arm der Telamonen genommen. Hatte ihn schon lange. Sehr selten diese Telamonen. Sehr kräftige Rasse. Der Legende nach hat einer von ihnen einst einen ganzen Planeten getragen.

Habe über Jahrhunderte an diesem Arm geforscht. Er schien unverwüstlich. Auch vermoderte er nicht.

Vielleicht roch er ein wenig streng. Schien also ideal zu Ihnen zu passen. Sie lagen einen Monat Ihrer Zeit in einem Biospharg, Mike, bevor wir es wagten sie hierher zu verlegen. Der Arm hielt, die Haut auch. Keinerlei Abstoßreaktionen. Sieht also gut aus. Was man nicht alles mit einem Hammer und einer Zange hinbekommt.“

Der Schakal lächelte hündisch.

Mike betrachtete zum ersten Mal seinen neuen rechten Arm. Ja, er war muskulöser, aber ansonsten fühlte er sich wie seiner an. Inpu sprach weiter.

„Ich habe frisches Blut transferiert. Minotauren Blut, sehr leistungsfähig. Brauchten wir ohnedies, sie waren ausgeronnen. Was mich wunderte war, dass ihr Körper es ohne Probleme annahm. Wahrscheinlich sind sie ein Abkömmling irgendeines Clans. Hier muss ich noch mehr nachforschen. Jetzt zum größten Problem, ihr Gesicht.“

„Problem? Bist du schon wieder vorlaut, mein Freund? Ich dachte ich hätte mich hier klar ausgedrückt. Hoffe, du hast einen guten Zahnarzt, denn wenn ich wieder gesund bin...“

„Nein, Mike, ich meine mit der Rekonstruktion. Auch hier hat ihre brachiale Sprengwaffe üble Schäden angerichtet. Wir haben unsere Videoscans durchforstet, um einen Anhaltspunkt zu bekommen, wie Sie davor ausgesehen haben, Sir, haben aber kaum brauchbare Bilder gefunden. Die, welche wir fanden, deuteten darauf hin, dass sie offenbar auch vor der Explosion schon ziemlich hässlich waren.“

Wieder grinste der Schakal und zeigte dabei zwei scharfe Zahnreihen. Als keine Reaktion von Mike kam, sprach er weiter.

„Nur Spaß. Wir hatten nichts. Dann haben wir uns gedacht, ein Humanoide vom blauen Planeten, der so irre ist, Karnak anzugreifen, muss einer der mächtigsten Menschen der Erde sein. Irre und mächtig. Da kamen wir auf Ihre Spur, Mike.“

Inpus Finger glitten behände über sein Pad. Er machte eine kurze Pause und atmete hörbar aus.

„Sind Sie bereit, Mike? Hier ist ein Spiegel.“

Inpu hielt Mike sein Pad hin. Dieses hatte sich in einen Spiegel verwandelt. Mike griff danach und schaute auf sein Spiegelbild. Blonde, dünne, auftoupierte Haare, eine orange Gesichtsfarbe, feiste Wangen.

„Toll, ich sehe jetzt also aus wie Donald Trump, euer Ernst?“

Inpu fing laut an zu lachen, Neith kam um die Ecke und sah auf das Pad. Auch sie fing an zu lachen.

„Sehr witzig, Leute, versklavt das ganze Universum und macht euch über einen kleinen Menschen lustig. Sehr witzig. Ich will für euch hoffen, dass das ein Scherz ist.

Sonst wird euch meine Telamonen Faust aus euren niedlichen Kleidchen klopfen. Flohteppich first!“

Inpu winkte lachend ab. Dann nahm er das Pad und strich sanft darüber. Er gab es Mike, noch immer vor Vergnügen glucksend, zurück. Mike nahm es unwirsch entgegen und sah sein Gesicht. Er sah aus wie immer. Mike war zufrieden.

„Wir konnten alles rekonstruieren, Mike. Aber ihr linkes Auge musste ersetzt werden. Ich habe ein Regulaner Auge eingesetzt. Es ist in der Lage, geringste Körperwärme auszumachen. Also, Mike, sie sollten jetzt im Dunkeln sehen können. Mit ein wenig Übung jedenfalls. Fassen wir zusammen, Ihre neue Haut, ziemlich stabil, aber nicht unverwüstlich. Reparieren mit Wasser, am besten Salzwasser. Rechter Arm, wie sage ich es, wahrscheinlich können sie einen Eichentisch über ein vierstöckiges Haus werfen, passen sie also auf, wie sie jemandem die Hand schütteln. Soll ein beliebter Brauch sein, auf ihrem Planeten. Weiters sehen mit Infrarot. Sie werden sich noch daran gewöhnen. Sehr nützlich in meiner Welt. Und dann noch die Adamantium Klinge in Ihrem linken Arm. Lässt sich mit Gedankenkraft ausfahren. Versuchen Sie es einmal.“

Mike konzentrierte sich. Er atmete geräuschvoll durch und schloss seine Augen. Dann ballte er seine linke Faust. Inpu lachte. Mike öffnete verärgert seine Augen.

„Verarsche Inpu, echt jetzt?“