CONAN, DER RENEGAT - Leonard Carpenter - E-Book

CONAN, DER RENEGAT E-Book

Leonard Carpenter

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Beschreibung

Viele Jahrtausende vor unserer Zeitrechnung bildeten Europa, Asien und Afrika noch eine zusammenhängende Landmasse: den hyborischen Kontinent. Es ist die Welt und die Zeit von Conan, dem Abenteurer aus dem düsteren nördlichen Grenzland Cimmerien, der die Steppen und Dschungel, die Gebirge und Ebenen auf der Jagd nach Beute durchstreift. Sein Weg führt ihn in märchenhafte und sagenumwobene Länder, in prächtige Städte und an glanzvolle Höfe, an denen Könige oder mächtige Zauberer herrschen. Immer wieder versucht man ihn, den einfältigen Barbaren, zu übertölpeln und zu versklaven. Doch mit seinen gewaltigen Körperkräften und der unglaublichen Schnelligkeit seiner Waffen sprengt er alle Ketten und lehrt seine Gegner das Fürchten... Blanker Not gehorchend, verdingt sich Conan als Söldner im krisengeschüttelten Reich von Koth und gerät unversehens in tödliche Intrigen. Jeder trachtet hier jedem nach dem Leben, und zu allem Unglück verliebt sich die Königin selbst in den Cimmerier. Doch zugleich ist sie bereit, ihn um das Wohl ihrer Untertanen willen in einem aussichtslosen Kampf zu opfern. Mit Hilfe befreundeter Amazonen entrinnt Conan dieser Bedrohung und schließt sich einer Armee an, die in unwegsamer Bergregion zur Entscheidungsschlacht gegen die feindlichen Aggressoren antritt...

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LEONARD CARPENTER

Conan, der Renegat

Roman

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

CONAN, DER RENEGAT 

1. Die Entscheidung durch das Schwert 

2. Hundolphs linke Hand 

3. Schwarze Magie 

4. Die zerrissene Dämmerung 

5. Die Abrechnung 

6. Der silberne Regen 

7. Das Fest 

8. Die Verschwörer 

9. Conan, der Leutnant 

10. Das Zelt der Düfte 

11. Schwerter in der Dunkelheit 

12. Die Zuschauer 

13. Das Verlies 

14. Gefangene 

15. Langsamer Tod im Mondschein 

16. Kriegsrat 

17. Ein Hinterhalt in den Bergen 

18. Das Wiedersehen 

19. Die Wölfe der Berge 

20. Die Mesa 

21. Banditen der Berge 

22. Ein nächtlicher Überfall 

23. Der Sturm auf die Stadt 

24. In der Falle 

25. Die Verkörperung des Bösen 

 

Das Buch

Viele Jahrtausende vor unserer Zeitrechnung bildeten Europa, Asien und Afrika noch eine zusammenhängende Landmasse: den hyborischen Kontinent.

Es ist die Welt und die Zeit von Conan, dem Abenteurer aus dem düsteren nördlichen Grenzland Cimmerien, der die Steppen und Dschungel, die Gebirge und Ebenen auf der Jagd nach Beute durchstreift.

Sein Weg führt ihn in märchenhafte und sagenumwobene Länder, in prächtige Städte und an glanzvolle Höfe, an denen Könige oder mächtige Zauberer herrschen.

Immer wieder versucht man ihn, den einfältigen Barbaren, zu übertölpeln und zu versklaven. Doch mit seinen gewaltigen Körperkräften und der unglaublichen Schnelligkeit seiner Waffen sprengt er alle Ketten und lehrt seine Gegner das Fürchten...

Blanker Not gehorchend, verdingt sich Conan als Söldner im krisengeschüttelten Reich von Koth und gerät unversehens in tödliche Intrigen. Jeder trachtet hier jedem nach dem Leben, und zu allem Unglück verliebt sich die Königin selbst in den Cimmerier. Doch zugleich ist sie bereit, in um das Wohl ihrer Untertanen willen in einem aussichtslosen Kampf zu opfern.

Mit Hilfe befreundeter Amazonen entrinnt Conan dieser Bedrohung und schließt sich einer Armee an, die in unwegsamer Bergregion zur Entscheidungsschlacht gegen die feindlichen Aggressoren antritt...

CONAN, DER RENEGAT

1. Die Entscheidung durch das Schwert

»Halt! Wer da?« Hart klang die Stimme des Wächters an des Reiters Ohr. Auch der schwarze Kampfhengst verhielt den Schritt. Der Reiter wendete das stampfende Roß herum und sah sich dem Fragenden gegenüber.

»Ich bin Conan aus Cimmerien.« Der Sprecher war ein furchteinflößender Mann in der Vollkraft seiner Jugend mit einer gerade geschnittenen rabenschwarzen Mähne, die seinem Rappen farblich Konkurrenz machte. Arme und Gesicht waren tief und gleichmäßig gebräunt, als käme er von den Eisfeldern des Nordens. »Ich bin auch ein Söldner.«

Die Wahl seines Reittieres wurde durch seine Größe und das Gewicht seiner Waffen gerechtfertigt: Der Mann war ein Hüne, groß und breit, sein Kettenhemd passte sich den darunterliegenden Muskelbergen an. Von seinem Sattel hingen Schwert, Axt, Schild, Helm und Speer. Aufgerollte Pelzumhänge baumelten über leeren Satteltaschen. Er sprach Kothisch mit dem Akzent der Barbaren. »Wo ist der Weg zu Hundolphs Lager?«

Der Wachtposten, ein Corinthier mit gegabeltem Bart, musterte Conan von oben bis unten und beeilte sich nicht mit der Antwort. Er räkelte sich auf einem Sattel, den er über eine Verstrebung der behelfsmäßigen Barrikade neben der Lehmstraße gelegt hatte. Obwohl seine Haltung schlaff und unmilitärisch war, ruhte seine Hand mit ausgesprochener Zärtlichkeit auf dem Bogen im Schoß. Ein Köcher voll mit Pfeilen lag neben ihm »Wenn du einer von Hundolphs Männern sein willst, wo ist dann dein Waffenrock?«

»Ich gehöre nicht zu seiner Truppe.« Conans Pferd wieherte ruhelos. »Wenigstens bis jetzt noch nicht.«

»Verstehe.« Der Wächter sah ihn träge an. »Wieder so ein hungriger Geier, der das Schlachtfeld umkreist.« Er hob die Schultern. »Du kannst passieren. Hundolph liegt geradeaus zur fünften Terrasse und dann links.« Er wechselte auf seinem Notsitz die Stellung. »Aber wenn du einen guten Platz willst, versuch's bei Bragos Zelt, gleich hier vorn. Seine Männer schleppen bei Plünderungen mehr ab.«

Der Cimmerier nickte gleichgültig und wendete sein Pferd. »Ich kenne Hundolph von alten Zeiten her.« Dann trieb er sein Pferd an und ritt die Straße hinauf.

Das Lager der Freien Kompanien war inmitten terrassenförmig angelegter Weinberge aufgeschlagen, unter den Stadtmauern von Tantusium, einer Provinzstadt im Westen Koths. Conan, der gerade aus öden Landstrichen kam, war von der Größe des Lagers überrascht. Auf dem felsigen Abhang breitete sich eine Unmenge Zelte aus. Von

Hunderten von Feuern stiegen Rauchwolken in den dunstigen blauen kothischen Himmel auf, der am Horizont bei den Hügeln und steinumrandeten Feldern und Wiesen beinahe weiß erschien.

Das Lager war nachlässig angelegt. Die Umgrenzung ganz in der Nähe schloss mit den tiefsten Terrassenböschungen und einer flachen Schlucht ab, die sie durchschnitt. Conan sah, dass das Lager nur wenig Verteidigungskraft von seinen Vorpostenstellungen erwarten konnte, die lediglich aus aufgehäuftem Geröll und Steinen auf den niedrigen Abhängen bestanden.

Auch die Stadt selbst schien für ihre Sicherheit mehr auf ihre natürliche Höhenlage zu vertrauen als auf Menschenwerk. Man sah Tantusium über den Zelten und Weinstöcken als eine weiße Mauer, überragt von den zackigen Linien der Dächer aus Ziegeln und Schiefer. Aus dieser Entfernung schien die Mauer rau verputzt zu sein. Sie war weder sehr hoch noch steil, und es schien nur einen engen Wehrgang ganz oben zu geben. Das einzige richtige Bollwerk in Sichtweite war ein gut gebauter Schutzwall aus grauem Stein, der sich am steileren Ende des Höhenzugs mit der Stadtmauer vereinigte. Er war höher als die andere Mauer und mit Zinnen versehen. Das war die uralte Zitadelle oder der Palastbereich.

Während sein Hengst den Weg nach oben über das Kopfsteinpflaster trabte, führte Conan seine taktische Einschätzung fort. Das auffällig mit Fransen geschmückte Zelt unter dem Drachenbanner musste das Bragos sein. Zu beiden Seiten standen die Zelte jetzt immer dichter. Die Terrassen der Weingärten zwischen den niedrigen Feldsteinböschungen waren unter den dichtgedrängten Segeltuchzelten kaum noch zu sehen. Einige niedergetrampelte Stellen waren für die Pferde eingezäunt, ansonsten gab es kaum ein freies Plätzchen. Die meisten Zeltinsassen schienen auf der Straße herumzulungern.

Die Söldner hatten sich ohne Eifer und schlampig in dem Lager eingerichtet. Die einzige Ordnung war schlimmste Unordnung. Überall waren die Erzeugnisse der Weinberge sichtbar. Sie schwappten aus Krügen und Humpen von Hand zu Hand. Aus verrauchten Zelten hörte man Flüche und das Klappern von Würfeln in Holzbechern und gelegentlich auch Quieken und raues Gelächter der weiblichen Lagergefolgschaft. Männer in allen möglichen Kleidungsstücken oder ohne dieselben redeten, stritten und erprobten ihre Stärke zwischen den Felsen und dem dürren Gras.

Conan musste sein Pferd geschickt um zwei sommersprossige Gundermänner herumlenken, die sich, nur mit Kilts und Sandalen bekleidet, mit pelzbestückten Stangen bekämpften. Sie grunzten, wichen aus und schienen die begeisterten Zuschauer nicht zu bemerken, die sie anfeuerten. Etwas weiter vorn warf eine Gruppe shemitischer Jugendlicher in Schaffellmänteln Speere die Straße entlang in Strohballen. Murrend machten sie Platz, um Conan vorbeizulassen, und nahmen ihr Spiel wieder auf, sobald der Schwanz seines Pferdes am Ziel vorbei war.

Jene, die nicht kämpfen wollten, saßen vor ihren Zelten, unterhielten sich oder polierten ihre Rüstung. Manche schliffen die Waffen. Einige machten vulgäre Bemerkungen, als Conan vorüberritt. Andere saßen einfach da und starrten in die Luft. Diese betrachtete Conan besonders sorgfältig, kannte er doch das unberechenbare, gefährliche Temperament von Männern, die sich als Söldner verdingten. Halb hoffnungsvoll, halb vorsichtig suchte er in der Menge nach bekannten Gesichtern.

Geier vor einem neuen Überfall, dachte Conan. Oh, ja, der Wächter hatte Recht gehabt mit seiner Beschreibung. Auch Conan hatte sich bei seinem letzten Aufenthalt in der Heimat bei Vettern und alten Kameraden fast krankhaft unausgelastet gefühlt. Die wilden Klippen und Berge seiner Kindheit waren ihm ungewohnt beengend vorgekommen. Gerüchte von Rebellionen und Streitigkeiten in Koth waren von Händlern und Reisenden westwärts getragen worden und hatten ihn wie ein fernes moschusartiges Parfüm berührt.

Und so hatte er sich nach Öffnung der Pässe mit einer schweren Börse voll Silber am Gürtel bewaffnet und mit Proviant versorgt und war nach Süden geritten.

Aber nicht, so sagte er sich, einfach für den Lebensunterhalt, wie die meisten dieser Flüchtlinge und verhungerten Bauern - mit der Chance schnellen Gewinns, gerade verführerisch genug, um die viel größere Möglichkeit eines blutigen Todes vergessen zu lassen. Und nicht auf Suche nach eitlem Ruhm oder Lob, und keineswegs wegen der für die Gesundheit schädlichen Belohnungen, die so manche schwarze Seele zur Freibeuterei trieben.

Nein, irgendwie wusste Conan, dass er zu weitaus mehr fähig war. Stärken schlummerten in ihm, die auszuprobieren es ihn drängte. Fertigkeiten, deren Ausübung ihn lockte. Ob sie sich in dieser harten Welt durchsetzen konnten, blieb abzuwarten.

Seine Grübeleien wurden durch eine krächzende Stimme an seinem Knie unterbrochen. »Conan, alter Gauner! Willst du also auch einer von uns werden? Unsere Aussichten sind in der Tat glänzend hier.«

»Ach - Bilhoat, nicht wahr?« Conan lächelte dem mageren verschrumpelten Mann zu, der zu ihm aufschaute. »Wie ich sehe, hast du seit Arenjun ehrliche Arbeit aufgenommen. So wie ich.«

Das Gesicht des Alten überzog sich mit Lachfältchen. »Ja, und es sind auch andere hier - Pavlo, und Thranos. Wir müssen uns zusammensetzen und gewaltig einen lüpfen!«

»Das werden wir, und zwar bald! Bei Bels dicker Börse! Seid ihr alle in Hundolphs Bande?«

»Nein, Conan.« Bilhoat schüttelte den Kopf. »Wir sind bei Villeza. Schade - der Zingarier ist ein übellauniger Patron. Ich wünschte, ich wäre bei Hundolph. Aber der bösartige Schuft schuldet mir zu viel Sold, als dass ich ihn jetzt verlassen könnte.«

»Worum geht es eigentlich bei diesem Feldzug? Ich habe gehört, dass wir die Sache eines kothischen Prinzen verteidigen, eines rebellischen Emporkömmlings.«

»Stimmt! Prinz Ivor. Ein Tollkopf - ein junger Mann und der Liebling der Einheimischen.« Bilhoat streichelte die Nase von Conans Hengst. »Voller neuer Ideen und Todfeind seines Onkels, König Strabonus.«

»Ja, ich kenne den König als mörderischen Schurken«, murmelte Conan finster. »Dann ist dieser Ivor ein Reformer, oder? Meinen guten Arm gebe ich ihm gern für einen Kampf gegen den blutrünstigen Strabonus! Und alle diese Freien Gefährten«, - er zeigte auf die betrunkenen Söldner, die überall herumliefen -, »sind auch sie alle gekommen, um die gute Sache zu unterstützen?«

Bilhoat lachte und streichelte die schwarze Mähne des Tieres. »Nein, bestimmt nicht. Einige dieser Bluthunde werden schon unruhig. Sie finden, dass es nur wenig zu tun und noch weniger Beute gibt.« Er zwinkerte Conan zu. »Doch ich bin kein Ruhmjäger und finde die Aussichten gut. Man hört, dass jeder von uns, der will, nach erfolgreicher Rebellion hierbleiben und Land oder eine feste Stellung bekommen kann. Das könnte durchaus lohnend sein.« Er tätschelte den Pferdehals.

»Süßer Lohn oder saure Trauben. Ich brauche Arbeit.« Conan nahm die Zügel auf. »Ich bin für Hundolph. War schön, dich wiederzusehen, Bilhoat.« Er gab dem Pferd die Fersen und rief über die Schulter zurück: »Komm doch mal, wenn du Zeit hast!«

Conan zählte die Terrassen und bahnte sich einen Weg nach oben. Bei der fünften bog er ab. Zwischen zwei Reihen von Zelten sah er ein großes pyramidenförmiges Zelt, mit dem Banner einer goldenen Axt im schwarzen Feld darüber - dies hatte er schon auf Hundolphs Schild früher gesehen.

Aber die drei rauen Burschen, die vor dem überdachten Zelteingang herumlungerten, waren Conan unbekannt und auch für sein geschultes Auge nicht auszumachen. Hart aussehende Männer waren es. Halbnackt in der Nachmittagssonne, die Waffen in Reichweite.

Mürrisch sahen sie zu, wie Conan abstieg und sein Pferd an einem schulterhohen Rebstock festband, den der Frühsommer mit leuchtendgrünen Trieben geschmückt hatte. Er nahm seinen Schwertgürtel vom Sattel und legte ihn über die Schultern. Dann drehte er sich um und ging auf sie zu. Seine Füße mussten sich erst wieder an den festen Boden gewöhnen.

»Hundolphs Zelt, wie ich sehe. Ist er da?« Conan sprach laut genug, um auch drinnen gehört zu werden. Es herrschte langes Schweigen, ehe der kräftigste der drei, ein dickbauchiger, zahnlückiger Krieger, vortrat und antwortete.

»Nein. Er ist fort. Ich bin Stengar und führe in seiner Abwesenheit das Kommando.« Er sah seine Kumpane scharf an und wandte sich wieder an Conan. »Du bist - was? Irgendeiner aus dem Norden.« Er musterte Conan von Kopf bis Fuß. »Hyperboräer würde ich sagen.«

»Cimmerier«, verbesserte Conan ihn mürrisch.

»Ach, ein Bergbarbar! Nun, was willst du von unserem Hauptmann? Bring dein Begehr vor!«

»Ich habe gehört, dass Hundolph Männer braucht.«

»Vielleicht.« Stengar runzelte die Stirn und ließ sich Zeit. »Na und?«

Conans Augen verengten sich. »Das kannst du dir doch denken, Mann. Ich will bei ihm eintreten.«

Stengar schaute seine Kumpane an, dann wieder Conan. »Du hältst dich für gut genug, was?«

Conan musterte die drei abschätzend. »Ich dachte, Hundolph nimmt nur gute Leute.« Er hob die Schultern. »Vielleicht irre ich mich aber.«

Während Stengar diese Bemerkung verdaute, wurde seine Miene immer mürrischer. Er schob seinen Wanst vor und erhob die Stimme. Deutlich hörte man die Verärgerung. »Sag mir, Fremder, warum hast du gerade diese Truppe gewählt? Warum hast du den ganzen Weg hierher gemacht, anstatt dich dem Pöbel da unten anzuschließen?«

Conan betrachtete den Mann vorsichtig und entschied, so wenig wie möglich zu sagen. »Hundolphs Truppe hat einen guten Ruf.«

Stengar lächelte spöttisch. »Richtig, Fremder! Einen guten Ruf! Oder besser gesagt: Wir bei Hundolph sind die Besten!« Er grinste zu seinen Kumpanen hinüber. »Nun, Fremder, kannst du mir sagen - mit deinen Erfahrungen aus den entferntesten und unzivilisiertesten Ecken der Welt -, warum das so ist?« Die hochgestochene Rede des Dicken veranlasste andere Söldner, aus ihren Zelten zu kommen und die Szene voll Interesse zu betrachten.

»Sag du es mir!« Conan rührte sich nicht.

»Nun gut, Fremder, ich will es dir erklären. Wir sind die Besten - und zu Hundolphs Truppe zu gehören, ist sehr begehrt, selbst bei heimatlosen Raufbolden wie dir. Denn von allen, die bei uns eintreten wollen, nehmen wir nur die Hälfte.« Er verschränkte die Arme vor der Brust und blickte selbstzufrieden auf die Umstehenden, als habe er soeben etwas Weltbewegendes erklärt.

Conan spannte die Muskeln an. Er roch eine Falle; deshalb rückte er den Schwertgurt unter dem Arm so, dass er das Heft leicht erreichte. »Nur die Hälfte«, sagte er.

»Stimmt, Nordbarbar. Die Hälfte - die Überlebenden!« Stengar warf den Arm hoch und winkte theatralisch jemandem, den sein Zuhörer nicht sehen konnte. »Zeig dich, Lallo! Hier... ist ein Gegner für dich.«

Conan wirbelte herum bei dem Geräusch schwerer Tritte und eines tiefen unartikulierten Schreis. Ein ungeschlachter junger Mann mit schwerem Beidhandschwert lief auf ihn zu. Die Waffe schwang er hoch, um Conan in der Mitte zu spalten.

Der Angriff kam so schnell, dass Conan sein eigenes Schwert hochreißen musste, ehe es noch ganz aus der Scheide war. In der Höhe trafen sich die beiden Klingen mit ohrenbetäubendem Klirren. Die Zuschauer brüllten vor Freude. Conans Schwertgurt wand sich noch immer wie eine Schlange im Staub, als der Gegner zweimal grimmig auf seine Mittelpartie einschlug. Erst dann konnte Conan ihn mit der Spitze seiner Waffe abwehren.

»Nun, Kameraden!«, rief Stengar. »Welcher von beiden soll unser neuer Rekrut sein? Der kräftige Holzfäller, Lallo, ein Kind dieser kothischen Berge? Oder der Barbar aus dem Norden? Meine Wahl ist Lallo. Ich nehme Wetten dagegen an.« Aufgeregtes Stimmengemurmel folgte seinen Worten, als Wetten platziert wurden.

In der Zwischenzeit wich Conan aus und parierte. Der Junge war schnell, wie sein Angriff schon bewiesen hatte. In Größe und Reichweite war er dem Cimmerier gleich. Doch brachte ihn seine bedenkenlose Verwegenheit immer wieder in Gefahr von Conans Klinge.

»Junge! Lallo! Lass diesen Unsinn!«, rief Conan ihm zwischen Hieben zu. »Wir brauchen uns doch nicht abzuschlachten, um diesen Schakalen Zerstreuung zu

bieten.«

Aber Lallo zeigte nicht, dass er verstanden hatte. Seine Augen folgten unablässig dem Feind. Sein Mund hing schlaff herunter. Er zielte mit einem weitausholenden Streich auf den Kopf des Gegners. Conan sprang zur Seite und ersparte dem Jungen den Abwehrschlag, der ihm den Arm aufgerissen hätte.

»Sieh an! Der Barbar will aufgeben!«, brüllte ein Zuschauer. »Keinen Mumm mehr, was? Verdopple meinen Einsatz auf Lallo.«

»Meinen auch!«, schrie ein anderer. »Jeder weiß, dass diese Bergbarbaren wie Trampel kämpfen.«

Offensichtlich merkte Lallo nicht, dass man ihn aufhetzen wollte. Wie eine Axt schwang er sein riesiges Schwert und hieb nach seiner Beute, als sei der Cimmerier nur eine seltsame Abart eines Baumes. Conan schlug das Schwert des Jungen zur Seite und versuchte, seinen Kopf mit einem heftigen Faustschlag zu treffen - aber der Schlag fehlte, so dass der Cimmerier plötzlich gefährlich ungedeckt war. Nur mit großem Kraftaufwand konnte Conan sich durch Körperdrehung hinter sein Schwert retten und Lallos Schlag ausweichen. Er setzte einen Fuß vor, um den Jungen zu Fall zu bringen - und alles, was ihm das eintrug, war eine Rasur der Haare auf einer Seite des Beines.

Es war unmöglich zu sagen, ob der Junge bei vollem Verstand war oder nicht. Aber er war schnell, zu schnell, als dass er ihn gewähren lassen konnte, wie Conan erkannte. Mehr als einmal musste er sich anstrengen, um den Jungen nicht zu verletzen.

Schließlich duckte er sich unter einem der Hiebe des Holzfällers und wirbelte katzengleich herum, so dass er einen Augenblick lang hinter seinem Gegner war. Lallo drehte den Kopf, konnte aber sein Schwert nicht gebrauchen. Die ganze Kraft seines mächtigen Körpers legte Conan in den Schlag, der das dümmliche Gesicht spalten sollte.

Doch da schob eine schwere Hand Conan beiseite. Die Gewalt des Todesstreichs ging in die Luft, obwohl Lallo auf dem Boden lag, weil er ausgewichen war.

Der Barbar knurrte und ballte die Faust, um den Störenfried zu zerschmettern. Doch da erkannte er im letzten Moment das graustoppelige Gesicht und die mächtige Brust. »Hundolph!«

»Conan der Cimmerier!« Die Stoppeln verzogen sich zu einem Grinsen. »Und im Kampf, wie immer! Jetzt hör auf, Mann! Wir wollen uns unterhalten.« Der Hauptmann der Söldner rief gebieterisch: »He, Junge - bleib weg! Zeno, Stengar nehmt dem Schlingel die Waffen weg! Ich weiß nicht, um welchen Unsinn es sich hier handelt, aber mir reicht's!« Hundolph warf einen wütenden Blick in die Runde der Männer. Viele erinnerten sich plötzlich, ganz dringende Geschäfte anderswo zu haben. »Nun? Wer ist dafür verantwortlich?«

Die meisten wichen dem Blick ihres Anführers aus.

Schließlich sagte Stengar, der neben Lallo stand: »Es handelte sich nur um eine Meinungsverschiedenheit zwischen diesen beiden Rekruten, Herr. Ich war nicht befugt, mich einzumischen.«

»Das leuchtet ein, Stengar.« Hundolph nickte und brüllte plötzlich: »Einem blinden Säugling vielleicht! Ich kenne Conan und weiß, dass er jederzeit den Kopf dieses Jungen hätte haben können, wenn er es gewollt hätte.« Dann deutete er auf die Anwesenden. »Ich bestrafe jeden Mann mit fünf Kupferstücken. Und jetzt schreibt diesen jungen Narren ein, damit ich ihm etwas Verstand einprügeln kann. Conan, komm mit in mein Zelt! Mein Stallbursche wird sich um dein Pferd kümmern.«

2. Hundolphs linke Hand

»Na, Conan, noch immer auf der Söldnerstraße?« Hundolph lehnte sich auf einer bestickten Matte in seinem Zelt bequem zurück und führte einen edelsteinbesetzten Becher an die Lippen. Der Hauptmann hatte sich bis auf ein einfaches Baumwollwams und Hosen entkleidet. Die Luft unter dem sonnenerhitzten Baldachin war stickig und warm Eine sanfte Abendbrise hob das untere Ende des Zeltes und ließ frische Luft herein.

Der alte Krieger schielte zu dem Cimmerier herüber. »Ich dachte, dass inzwischen längst eine Aristokratin mit hübschen Rundungen in dir einen guten Führer ihrer Hauswache gesehen hätte und du ein ruhiges Plätzchen gefunden hättest.«

Conan saß im Schneidersitz in der Mitte des Zelts und grinste. »Genau ins Schwarze getroffen, Hundolph. Das hat mehr als eine versucht.« Er trank aus seinem ebenfalls mit Juwelen verzierten Becher. »Aber ich bin nun mal kein Schoßhündchen, wie weich der Schoß auch sein mag.«

Beide Männer lachten. Hundolph sagte: »Auch ich hatte in deinem Alter viele Angebote und rannte wie der Wind, um ihnen zu entkommen.« Er lächelte nachdenklich.

»Vielleicht hätte ich eins oder zwei annehmen sollen.«

Conan lachte und rieb sich den Rücken am Zeltpfosten, um sich zu kratzen. »Und doch scheinst du seit unserer Zeit als Freischärler in Corinthien vorangekommen zu sein. Du führst eine große Söldnertruppe mit gutem Ruf unter den Kämpfern.« Er hob seinen Becher. »Auf deine Gesundheit!«

Der Söldnerführer hob die Schultern, soweit dies möglich war, da er den fassgleichen Oberkörper auf einen Ellbogen stützte. »Ein guter Ruf vielleicht. Aber er trägt auch dazu bei, dass sich mehr als genug dieser Banditen bei mir melden, wie du sie draußen gesehen hast. Nicht viele wie du.« Er schüttelte den grauschwarzen Kopf. »Das reicht mir nicht, Conan. Ich suche einen festen Platz. Und ich bezweifle, ob diese Rebellionen und Provinzstreitigkeiten es mir ermöglichen können. Ich würde mich gern zur Ruhe setzen - wenn nicht hier, dann vielleicht in den Kornfeldern meiner Heimat Brythunien, sobald ich genug Beute gemacht habe.«

»Glaubst du, dass es hier viel zu holen gibt?« Conan beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die kräftigen Knie. »Ich kenne die Lage nicht genau - Ivors Aufstand gegen den König von Koth.« Er runzelte die Stirn. »Ein riskantes Unternehmen, aber vielleicht in dieser gottverlassenen Ecke des Reiches machbar.«

»Oh, ja, Prinz Ivor hat gute Karten gegen seinen Onkel.« Mit wölfischem Lächeln erklärte Hundolph weiter: »Strabonus hat seine Macht zu weit ausgedehnt. In Koth herrscht große Unruhe. Obwohl er so knauserig ist, muss er teure Armeen unterhalten, um den Frieden in anderen Gebieten zu wahren. Das ergibt hohe Steuern, worüber die hiesigen Bauern und Viehzüchter erbost sind.«

Conan strich übers Kinn. »Kann er nicht ein oder zwei Legionen schicken, um als abschreckendes Beispiel Ivors Aufruhr niederzuschlagen?«

»Ich glaube nicht.« Hundolph setzte sich auf. »Andere meuternde Provinzen liegen viel näher an der Hauptstadt. Strabonus kann es sich nicht leisten, eine Legion von Khorshemish abgeschnitten zu haben. Er wagt es nicht, genügend Truppen gegen uns zu entsenden, um den entscheidenden Sieg herbeizuführen.«

»Vielleicht macht er ein Friedensangebot, und damit hat unsere Arbeit hier ein Ende.«

»Nein, damit ginge er das Risiko ein, dass andere Rebellen Hoffnung schöpfen.« Hundolph schwenkte seinen fast leeren Becher. »Nein, Conan, es wird eine lange ruhige Kampagne werden, mit kleinen Scharmützeln hier und dort, aber ohne offene Feldschlachten.« Unter buschigen Augenbrauen musterte er seinen Gast. »Und danach wird es einen wackeligen Frieden geben, schätze ich.« Er lächelte. »Vielleicht wird Prinz Ivor unsere Dienste auf Dauer brauchen, um sein neues Königreich zu schützen.«

»Also keine Chance, die Sache schnell zu erledigen, mit einem entscheidenden Schlag. So würde ich es machen, und dann weiter zum nächsten Krieg...« Conan wurde von dem lauter werdenden Lärm aus Stimmen, Hufen und quietschenden Karrenrädern vor dem Zelt unterbrochen.

»Klingt nach Neuankömmlingen. Vielleicht die Karawane mit dem Sold.« Hundolph setzte den Becher ab, streckte sich und sprang mit einem langen grunzenden Atemzug auf.

Auch Conan stand auf. »Karawane? Wo kommt denn der Sold her?«

»Aus Turan, dem Reich der Aufgehenden Sonne - von deinem früheren Arbeitgeber, König Yildiz, um es genau zu sagen.« Hundolph nahm sein Schwert, den Helm und ein leichtes Kettenhemd vom Haken an einem Eckpfosten des Zelts und legte alles an. »Das ist noch ein Grund, warum Strabonus sich nie mit Ivor einigen kann - er hat mit Turan ein Abkommen getroffen und ist damit ein Dorn in Koths Seite.«

Conan stieß einen Laut des Unwillens aus. »Das Turanische Reich war immer schon gierig nach Verbündeten und Staaten, die ihm verpflichtet sind. Auch hat es liebend gern Teile von benachbarten Ländern abgespalten.« Er folgte Hundolph zum Zelteingang. »Aber kann man dem alten Yildiz trauen, dass er uns bezahlt, so reich er auch ist?«

Hundolph blieb im Eingang stehen. »Woher Ivor das Gold kriegt, ist sein Problem, nicht unsers. Er ist selbst kein Bettler und kann es sich kaum leisten, nicht zu zahlen, da vor den Toren seiner Stadt dreitausend Freie Söldner lagern.« Der Hauptmann trat hinaus, wo ihn seine Truppen umringten. »Nun? Was gibt's Neues?«

»Eine Tragtierkarawane von der östlichen Hochstraße, Hauptmann. Schwer bewacht.« Der Sprecher war Zeno, ein kräftig gebauter Mann mit rotlockigem Haar. Er hatte sein Breitschwert umgeschnallt und schien bereit, seinen Hauptmann zu begleiten.

»Ganz wie ich dachte.« Hundolph nickte ihm zu. »Ich muss zur Zitadelle. Übrigens, Zeno, du als mein Leutnant musst hierbleiben.« Er musterte den Mann von Kopf bis Fuß und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Wenn ich zu den Adligen und anderen Söldnerführern gehe, brauche ich ein scharfes Schwert und ein noch schärferes Ohr an meiner Seite; aber das kann Conan jetzt übernehmen. Nach den heutigen Vorkommnissen...«, - er blickte zu Stengar, der mit abgewandtem Gesicht an der Seite stand -, »...ist es offensichtlich, dass hier im Lager eine starke Hand nötig ist. Verstanden?«

»Jawohl, Hauptmann!« Zeno nickte widerwillig und warf einen hasserfüllten Blick auf Conan.

»Gut.« Hundolph drehte sich um »Wir reiten, Conan. Bleib an meiner unbewaffneten Seite und leicht hinter mir!«

Ein Soldat brachte die gesattelten Pferde, die Decken mit Hundolphs Wappen trugen. Als Conan aufstieg und den staubigen Weg zwischen den Zelten entlangritt, sah er Stengar, den falschen Leutnant, mit Zeno hinterhältig flüstern.

Doch schon wurde Conans Aufmerksamkeit nach vorn gelenkt, wo Lastmaultiere und Reiter die Hauptstraße durch den Weinberg dahinzogen. Die schweratmenden Tiere waren beladen mit formlosen Bündeln, über denen Teppiche lagen, und tiefen Körben. Müde hingen ihre langen Ohren, während die in turanische Wolljacken gekleideten Treiber auf schaumbedeckten Pferden sie antrieben. Am Straßenrand standen Söldner, die über die neue Unterbrechung ihre üblichen Witze machten. Jedoch schien irgendetwas an diesem Vorfall heftigere Aufregung unter den Soldaten zu verursachen als sonst.

Erst nach einigen Minuten fand Conan den Grund heraus. Es waren die bewaffneten Wachen, die auf ihren wendigen hyrkanischen Pferden neben der Karawane dahintrabten. Vier von ihnen bildeten die Nachhut. Sie steckten bis zum Hals in Rüstungen, Pelzen und staubiger Reisekleidung, so dass man es zuerst gar nicht sah. Aber dann waren ihre Umrisse und ihre Bewegungen unmissverständlich.

»Weiber!« Der raue Schrei drang an Conans Ohren. »Der König von Turan lässt unseren Sold von Schwerthuren bewachen!«

Die Pfiffe und Schreie der Zuschauer drückten gleichzeitig Begeisterung und Empörung aus. »Vergiss meinen Sold! Ich nehm das Zahlweib!« Ein junger Mann mit hochrotem Gesicht war mit vielen anderen der Karawane gefolgt. Jetzt lief er vor. Im Nu war er auf das Hinterteil des Pferdes des letzten Wachtpostens gesprungen. Er versuchte, nach der Reiterin zu greifen - aber ein lederbedeckter Ellbogen schoss hervor und traf ihn ins Zwerchfell. Dann holte der Arm nochmals aus und schlug ihm ins Gesicht, dass er in den Staub fiel. Die Zuschauer brüllten vor Schadenfreude.

Hundolph und Conan schlossen sich der Karawane hinter einem schwarzbedeckten Wagen an, der von zwei Eseln gezogen wurde. Es war ein großes eckiges Gefährt mit zwei messingbeschlagenen Speichenrädern. Die Räder waren von der langen Reise schon außer Form geraten, so dass der Wagen auf den selten ebenen Strecken hin- und herschwankte.

Sein Fahrer war durch ein verschossenes schwarzes Tuch vor Blicken geschützt, das über Reifen gespannt war. Als Conan in einer Biegung versuchte, einen Blick auf ihn zu werfen, wurde seine Aufmerksamkeit wieder abgelenkt. Weiter vorn versuchte ein anderer Flegel einem weiblichen Wachtposten die Zügel aus der Hand zu reißen. Das gut abgerichtete Pferd der Reiterin rannte den Mann seitlich über den Haufen. Er rollte in einem Haufen Pferdeäpfel dahin und hielt sich brüllend den zerquetschten Fuß. Conan und Hundolph ritten um ihn herum.

Dann erschien eine Reiterin von der Spitze der Karawane. Mit übertrieben rauer Stimme gab sie auf Shemitisch Befehle. »Hergehört! Jede auf ihren Platz! Ausrichten! Bewaffnen!« Der Brustpanzer aus Bronze, schon leicht grün angelaufen, war der weiblichen Anatomie entsprechend geformt. Zwei fauchende Katzenköpfe zierten die Brüste. Das offene Visier gestattete Conan einen Blick auf strenge schöne Züge unter kurzgeschnittenem Blondhaar. Gleich danach wendete sie und galoppierte wieder die Karawane entlang. An die Schulter schlug ihr ein blanker Säbel. Auf ihren Befehl hin zogen die Frauen ihre Schwerter und führten sie ebenfalls blank.

»Das ist Drusandra«, erklärte Hundolph. »Ich habe ihren Kampf in Phlydea gesehen. Damals war sie ein einsames verzweifeltes Geschöpf - und jetzt Anführerin!« Er schüttelte den Kopf. »Wirklich komische Zeiten.«

Der Anblick blanken Stahls schien die Freibeuter etwas zur Besinnung zu bringen. Die Karawane bewegte sich jetzt ungestörter auf das Tor Tantusiums zu. Die Männer pfiffen zwar noch immer hinterher; aber es kam zu keinerlei Übergriffen mehr.

Dann erhob sich das Haupttor der Stadt vor den Reitern. Es war beeindruckend, mit den starken Rundtürmen zu beiden Seiten der hohen, metallbeschlagenen, hölzernen Torflügel. Aber Conan bemerkte, dass keine Verteidigungsanlagen das Tor von oben schützten. Da lag nur der Himmel drüber. Die einzige Befestigung war ein steinernes Bollwerk, das einen Rammbock abwehren und den Straßenverkehr durch die beiden Türme lenken sollte.

»Prinz Ivor spielt ein gewagtes Spiel«, bemerkte Conan. »Seine Stadt ist leichter zu knacken als eine Haselnuss.«

»Deshalb sein Vertrauen auf die Freien Kämpfer.« Hundolph grüßte eine Reihe von Stadtwachen, die auf einer niedrigen Stufe im Tor standen. Ihr Offizier dankte mit einem Nicken. »Umso besser für uns, sage ich immer.«

Hinter dem Portal lag ein kleiner Platz, von Schenken und Läden umrandet. Dazu nahmen die Buden fliegender Händler und die Bänke der Schenken viel Raum ein. Einige Maultiertreiber hielten hier an, um unter den Augen der Kaufleute und Zollbeamten ihre Waren abzuladen. Aber die meisten zogen außer Sichtweite in eine der engen Straßen der Stadt. Die Söldner, die mit der Karawane in die Stadt gekommen waren, verteilten sich auf dem Marktplatz oder wandten die Aufmerksamkeit den Buden mit Erfrischungen zu.

Hundolph und Conan folgten dem Eselskarren in eine gewundene ansteigende Straße, die kaum Platz für zwei Reiter nebeneinander bot. Der Weg war schlecht gepflastert. An den steilsten Stellen gab es breite Stufen. An den Kreuzungen und Gassen standen die Städter dichtgedrängt, um die Prozession zu begaffen – hellhäutige Menschen, mit runden Gesichtern, braunhaarig oder blond. Sie waren gut gekleidet. Die meisten Männer trugen die Schürzen ihres Gewerbes, die Frauen helle Kleider mit schönen Stickereien.

»Auf diese Weise schränken die Leute des Prinzen unsere Bewegungen ein«, sagte Hundolph, als sie eine zweite Postenkette von Wachtposten an einer Straßengabelung passierten. Die graugekleideten Männer ließen nur Berittene durch. »Sie lassen unsere Männer gerade so weit in die Stadt, dass sie ihr Geld verprassen können, und verbieten ihnen den Rest.«

Der Weg war verschlungen und teilte sich so oft, dass selbst Conans in der Wildnis geschulte Sinne die Orientierung verloren. Er ritt zwischen einer ununterbrochenen Reihe verputzter Häuser, aus deren wenigen Türen und Fenstern neugierige Gesichter lugten. Die Höhe der Häuser versperrte die Sicht auf allen Seiten, mit Ausnahme gelegentlicher Blicke auf Zinnen gegen den blauen Himmel.

Erst als sie durch einen Torbogen aus Quadern mit Dachrinne auf einen mit Steinplatten gepflasterten weiten Hof ritten, wusste Conan, dass sie jetzt die Zitadelle betreten hatten.

  3. Schwarze Magie

 

 

 

Die Karawane hatte in dem weiträumigen Hof vor der sonnenvergoldeten Fassade des Palastes angehalten. Er war ein grauer Steinbau. Im zweiten Geschoss war ein Wehrgang und die Verteidigungsbauten. In der Mitte befanden sich eine Kuppel und überdachte Türme. Der Palast wurde durch zwei doppelstöckige Flügelbauten mit den Mauern der Zitadelle verbunden.

Durch die riesigen offenen Tore mit Wachtposten strömten Lakaien und Hofdiener, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. Der Hof füllte sich mit Stadtbewohnern, die der Karawane gefolgt waren. Die Wände hallten wider von Geschrei, Hufschlag und Tierlauten.

Conan folgte Hundolph zu der Stange an einer Seite im Hof, wo Diener Eimer mit Wasser vor die angebundenen Pferde und Maultiere stellten. Sie stiegen ab und standen neben einem anderen Paar bewaffneter Männer.

Der ältere hatte ein narbiges sonnenverbranntes Gesicht mit langem blondem Schnurrbart. Sein schmutziges blondes Haar war im Nacken zu einem Zopf geflochten. Er drängte sich an seinem Gefährten vorbei, einem kräftigen mürrischen Jungen, der dringend seine erste Rasur brauchte.

»Conan, darf ich dir meinen fähigsten Waffenbruder und gefährlichsten Konkurrenten vorstellen?« Hundolph sprach den blonden Mann an. »Brago, das ist Conan - ein neuer Rekrut, aber ein alter Freund. Bestimmt kennt er deinen Ruhm und den deiner Leute.«

»Ach ja, der Einebner von Scilda.« Der Cimmerier blickte dem Krieger ins Gesicht, schien aber nicht sonderlich beeindruckt. »Ein vielgelobter Sieg.«

Brago grinste und zeigte große, gelbfleckige Zähne. »Ja, das war 'ne Stadt mit 'ner Menge Beute und so idiotisch hochnäsig, sich uns zu widersetzen.« Er ergriff nacheinander die ausgestreckten Unterarme der Männer - Hände auf die Handgelenke, nach Art der Legionäre -, aber machte sich nicht die Mühe, seinen Adjutanten vorzustellen. »Wenn du bei solchen Beutezügen mitmachen willst, tritt bei mir ein.« Er zwinkerte Hundolph zu. »Du auch, Alter, wenn dir dein Banner mit der Axt mal zu schwer wird.«

»Ein frommer Wunsch, Brago.« Hundolph blickte über den Palasthof. »Die meisten Anführer scheinen hier zu sein. Da drüben ist Villeza.« Er deutete auf einen untersetzten Zingarier neben dem Hauptbrunnen. »Und da kommt Aki Wadsai.« Letzterer war ein zartgebauter schwarzer Reiter auf einem edlen Wüstenhengst.

Brago beobachtete ihn und nickte missmutig. »Bestimmt haben die es genauso eilig wie ich, Gold in die Finger zu kriegen.« Er glättete sich den Schnurrbart mit Daumen und Zeigefinger. »In dieser hinterwäldlerischen Provinz ist nicht viel zu holen, und die von Ivor versprochene Beute lässt auf sich warten.«

»Es ist gut, dass wir alle das Abladen überwachen, falls unser Arbeitgeber versuchen sollte, etwas zurückzuhalten.« Hundolph ging auf das Palasttor zu. Conan nahm seinen Platz hinter dem linken Ellbogen ein, Brago und sein Mann folgten.

In der Nähe der Veranda des Palastes hatten die Wachtposten einen Platz von städtischen Gaffern freigehalten. Dort wurden Maultiere von ihren Packsätteln befreit und zu den Ställen geführt. Fahrer und Quartiermeister liefen zwischen den aufgestapelten Körben und Bündeln umher, außerdem noch ein graugekleideter Mann, dessen vier bewaffnete Leibwächter ihn als Adligen auswiesen.

Er war klein, doch kräftig, mit starkem Hals, vornehmem, glatt rasiertem Gesicht. Würdevoll überblickte er alles. Er war höchstens drei Dekaden älter als Conan. Ein brauner Lockenschopf krönte den unbedeckten Kopf. Unter dem Umhang trug er ein leichtes, fein gearbeitetes Kettenhemd, samtene Hosen und Reitstiefel. Soweit man sah, war er unbewaffnet.

»Das ist Prinz Ivor«, sagte Hundolph und blieb in einiger Entfernung stehen. »Wir müssen warten, bis er uns rufen lässt.«

Der Prinz untersuchte einen der Packkörbe. Er entfernte den Deckel und entnahm ein längliches, in Wachstuch gewickeltes Paket. Einer seiner Wachen entfernte die Verpackung. Dann hielt er ein Schwert in der Scheide hoch.

Der Prinz zog das Schwert aus der Hülle. Conan sah, dass die Klinge nur eine Schneide hatte, leicht gekrümmt war und spitz zulief. Die Waffe war schmucklos, der Griff, ein Messingring, mit Haifischhaut umwickelt. Eine leichte Waffe, deren Gebrauch kein großes Können voraussetzte, doch für die Bewaffnung unausgebildeter Männer hervorragend geeignet. In dem Korb lagen zwanzig oder mehr solcher Bündel, und es gab Dutzende solcher Körbe.

Der Prinz nahm das Schwert in die Hand und hieb versuchsweise in die Luft. Dann musterte er nachdenklich die Menschenmenge im Hof.

Gleich darauf hob der Prinz entschlossen den Kopf. Er verließ seine Begleiter und ging etwa zwölf Schritte über die Steinplatten. Am Brunnen sprang er leichtfüßig auf den breiten Steinrand. Er legte die linke Hand auf die hölzerne Winde und überragte die Umherstehenden um eine halbe Körpergröße.

»Volk von Tantusium!«, rief er. Seine Stimme übertönte die übrigen Geräusche. Es wurde still. »Mein Volk! Hört mir zu!«

Tausend Köpfe drehten sich in seine Richtung, während seine Leibwache schnell Stellung um den Brunnen bezog.

»Freunde und Landsleute!« Er hielt das Schwert in die Höhe. »Leidensgefährten der Tyrannei des Schurken Strabonus! Hört mir zu!«

Jetzt hatte er die ungeteilte Aufmerksamkeit aller, wie Conan feststellte. Bis auf das leise Scharren und Schnaufen der Tiere war es still im Hof.

»Meine Freunde, lange haben wir gemeinsam gelitten, und gemeinsam haben wir uns zu einem gewagten Unternehmen zusammengefunden. Wir haben die gierige Hand der königlichen Gewalt mit Blut befleckt.« Er hob die freie Hand wie eine Klaue hoch, drehte sie mit der Handfläche nach oben und führte sie seitwärts nach unten. »Wir haben unsere Grenzen verschlossen und viele tapfere Verbündete zusammengerufen.« Sein Blick galt den Söldnerführern.

»Nicht unüberlegt waren unsere Schritte, die Freiheit und nationale Eigenständigkeit unseres Landes zu sichern. Wir hatten die Weisheit und Geduld der Erde - wie Bauern bei der Bestellung eines neuen Feldes, das uns nähren und Wohlstand bringen soll. Wir wussten, dass dieser Plan steinig sein würde, steil und gefährlich zu pflügen.« Er schüttelte sich ungeduldig, als streife er ein imaginäres Joch ab. »Jedoch, verglichen mit den tausend Ungerechtigkeiten eines Strabonus - die maßlosen Steuern, grausam erhöht, die Übergriffe seiner Soldaten gegen unsere Frauen und Männer, seine Verfolgung meines Vaters und die ständige, hasserfüllte Besudelung der Selbstbestimmung und Ehre unseres Vaterlandes -, verglichen damit schien der Acker der Revolte wahrlich leicht zu pflügen, so weich wie sattes Flussland für unsere scharfe Pflugschar. Und selbst in Zeiten, in denen unsere Zukunft zweifelhaft war und die Anforderungen beschwerlich waren, die der nationale Kampf an uns stellte, so sind wir doch unbeirrt weitermarschiert, immer den Traum von Unabhängigkeit vor Augen.

Doch nun, meine Freunde, ist das Ziel unserer Wünsche näher als je zuvor. Heute haben wir nicht nur materielle Hilfe bekommen, sondern auch eine Prophezeiung, eine tatsächliche Garantie für unseren Erfolg!

Der Herrscher des mächtigsten Reiches der Welt, König Yildiz von Turan, unser Nachbar im Osten, hat uns Hilfe und Unterstützung für unsere Sache gewährt. Er hat unseren unvermeidlichen Triumph in der schwellenden Woge der Auflehnung gegen kothische Tyrannei vorausgesehen. Schon vor Monaten versprach er unseren Gesandten seine Hilfe. Er schickte Garantien und eine schriftliche Anerkennung unseres jungen Staates, versehen mit seinem erhabenen Siegel.

Lange fragten wir uns, welcher Form seine Hilfe wohl sein würde. Schickte er Gold? Oder Soldaten, damit sie uns im Befreiungskrieg unterstützen? Oder weise Militärberater? Denn groß ist Turans Reichtum, noch größer aber die Macht der staatlichen und militärischen Führung.

Nun, Freunde, heute wissen wir, welche Hilfe uns geschickt wurde. Keine Truppen oder Berater - vielmehr etwas, das um vieles dauerhafter ist als vergängliches menschliches Fleisch. Oh, nein, kein Gold! Nein, etwas noch Kostbareres als Gold. Worin besteht nun dieser Segen für uns?«