Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Peter Burstyn ist seit ein paar Wochen Vater. Weil seine Frau erkrankt, muss er sich neben der Arbeit um seinen kleinen Sohn kümmern. Er forscht in den Kanab Biological Laboratories in Kanab Utah-USA an Virenstämmen. Er will ein Gegenmittel finden, das unabhängig von den Mutationen gegen alle Arten des Coronavirus' wirkt. Im geschieht ein Missgeschick, aber vorher treten Infektionsfälle in China auf, mit denen Peter eigentlich nichts zu tun hat außer, dass er das Virus erschaffen hat! Amerikanische Agenten arbeiten in Italien, in der Türkei und in Laos nahe der chinesischen Grenze an rätselhaften Projekten. Einer von ihnen äußert eine ganz neue Interpretation, wie das Ziel ihres Präsidenten "America first!" erreicht werden könnte. Manchmal überholt die Realität sogar die Fantasie der Autoren!
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 188
Veröffentlichungsjahr: 2022
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Peter Burstyn ist seit ein paar Wochen Vater. Weil seine Frau erkrankt, muss er sich neben der Arbeit um seinen kleinen Sohn kümmern. Er forscht in den Kanab Biological Laboratories in Kanab Utah-USA an Virenstämmen. Er will ein Gegenmittel finden, das unabhängig von den Mutationen gegen alle Arten des Coronavirus‘ wirkt. Ihm geschieht ein Missgeschick, aber vorher treten Infektionsfälle in China auf, mit denen Peter eigentlich nichts zu tun hat außer, dass er das Virus erschaffen hat!
Amerikanische Agenten arbeiten in Italien, in der Türkei und in Laos nahe der chinesischen Grenze an rätselhaften Projekten. Einer von ihnen äußert eine ganz neue Interpretation, wie das Ziel ihres Präsidenten „America First!“ erreicht werden könnte.
Manchmal überholt die Realität sogar die Fantasie der Autoren!
~~~
Horst Karbaum, Jahrgang 1951 hat fast 50 Jahre als beratender Ingenieur gearbeitet. Seit 2016 schreibt er Bücher zum Teil unter einem Pseudonym. Unter seinem realen Namen hat er bisher ein Kinderbuch »Der kleine Peter auf dem Weg ins Verheißene Land«veröffentlicht.
© 2020 Horst Karbaum
Umschlag: Horst Karbaum unter Nutzung von
PixaBay – TheDigitalArtist - Cover-Hintergrundbild
PixaBay – Gerd Altmann – „Vorübergehend geschlossen“
Verlag: epubli.de
4. Auflage vom 04.ß8.2024 (Korrekturen)
ISBN: 978-3-7502-9961-0
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Alle Namen, alle Personen und die Handlung sind frei erfunden. Sollten Menschen ähnlich heißen oder Ähnliches erlebt haben, so ist das rein zufällig und unbeabsichtigt.
Horst Karbaum
Liebe Leserin, lieber Leser,
vor gut einer Woche kam mir eine wahnwitzige Idee und ich musste beginnen, sie niederzuschreiben. Nun sind es schon 60 Seiten und wenn es so weiter geht, kann ich bald veröffentlichen, hatte ich am 13. März geschrieben. Nun ist es fertig!
An dem Tag sah ich ein Video auf youtube zum Coronavirus. Da blieb mir der Mund offen vor Staunen. Schon 1981 hat Dean Koontz ein Buch „Die Augen der Dunkelheit“ veröffentlicht, das mit der Idee, dass ein Virus von Menschen gemacht und in Wuhan freigesetzt worden wäre, gespielt hat. Ehrlich, ich wusste bis zu dem Tag nichts davon.
Aber eines hat Koontz sicher nicht vorausgeahnt und das bringe ich nun ins Spiel.
Nämlich, dass es zwei Möglichkeiten gibt, das Motto „America First!“ wahr werden zu lassen. Ich beschreibe Ihnen hier die zweite.
Wie immer ist alles fiktiv und ich glaube nicht, dass das, was ich geschrieben habe, irgendeinen Bezug zur Realität hat oder doch …?
Dortmund, Freitag, der 30. März 2020
Horst Karbaum
D
er Sonnenaufgang war sein Geld wert. Peter Burstyn hatte keine Augen dafür. Die Nacht war kurz. Little Freddie hat Theater gemacht und Peters Frau Sally war noch zu schlapp nach der schwierigen Geburt. So muss Peter alles machen. Er hatte an einem Vorbereitungskurs an einem Abend teilgenommen, als es um die Einbindung der Väter ging. Windeln wechseln, Fläschchen geben, Bäuerchen abwarten und so weiter. Das war alles ganz einfach, die Puppe war lebensecht, aber sie bewegte sich nicht.
Little Freddie kann sich nicht mit der Puppe identifizieren. Im Gegensatz zu ihr bleibt er nicht ruhig liegen. Es scheint so, als wäre er froh, dem Dunkel im Mutterleib entflohen zu sein und seine Beine bewegen zu können, ohne dauernd anzustoßen. Dabei zeigt er seine gute Laune, was Peter freuen sollte, aber nachdem er die dritte Windel in die Ecke geworfen hatte, weil diese verfluchten Klebestreifen überall klebten, nur nicht da, wo es vorgesehen ist, brach ihm der Schweiß aus. Es ist Mitte Dezember und Freddie ist nun schon drei Wochen alt, aber letzte Nacht hatte er sich selbst übertroffen
Doch jetzt, nachdem Peter sich eine Stunde mit seinem Jungen abgequält hat, muss er sich sputen, um rechtzeitig zur Arbeit zu kommen. Er springt in seine Jeans, trinkt einen Schluck Kaffee, der ihm den Mund verbrüht und stürmt zur Tür.
Betty kommt gerade die staubige Straße runter. Sie löst ihn bei Frau und Kind ab. Im Moment kann er keinen Urlaub nehmen. Sein Projekt wurde mit ganz hoher Priorität versehen, eine Anweisung von ganz oben. So ist er froh, dass sich Betty, die gute Seele von Kanab, bereit erklärt hat, ihm das Haus zu führen.
Betty hat jahrzehntelang das Diner von Kanab am Laufen gehalten und jetzt mit Mitte sechzig hat ihr Chef Frank Salomon sie entlassen. Sie wäre ihm zu langsam, meinte er und gab vor, dass sich bereits Gäste beschwert hätten. Das war Quatsch und alle in Kanab wissen das. Ihm war Betty zu teuer geworden und er hat eine kleine Achtzehnjährige mit dunkler Haut als Kellnerin angestellt.
Frank ist zwar der schlimmste Rassist in Kanab, aber bei dem kleinen Lohn, mit dem Florence zufrieden ist, sieht er über ihre Hautfarbe hinweg.
Betty hat gespart, Gott sei Dank und ihr verstorbener Mann hat gut verdient, so dass sie gut und ohne Sorgen leben kann. Aber sie sitzt den ganzen Tag zu Hause und hat keine Aufgabe, das macht sie wahnsinnig. Da kommt Little Freddie gerade recht. Der Kleine hätte es nicht besser treffen können. Betty Kreuzer, ihr Mann hatte deutsche Vorfahren, ist ein Engel und Freddie wird es ihr später danken, wenn er und sie lange genug leben. Ja, wenn!
~~~
Peter fährt heute mit dem alten Volvo-Kombi. Auf dem Rückweg muss er für die Familie einkaufen. Sonst nimmt er immer sein Fahrrad und muss sich reichlich viele Sprüche anhören. Ökologisch denkende Bürger sind in Kanab, im Süden von Utah an der Grenze zu Arizona, selten.
Kanab ist ein Traum, wenn man sich als Wanderer für einige Tage hier alles ansehen will, aber die, die in Kanab tagein, tagaus leben müssen, haben mit der Natur nicht viel am Hut, es sei denn, sie arbeiten für den Tourismus. Zum Beispiel im Visitor Center, wo man Rat und Tat über Sehenswürdigkeiten und Wanderstrecken um Kanab herum bereithält.
Peter arbeitet in den Kanab Biological Laboratories. Er ist Biomediziner und kennt sich mit Viren, Bakterien und allem anderen im Makrokosmos der Natur Existierenden bestens aus. Schon mit fünfundzwanzig hat er seinen Master of Science in Biomedical Engineering in San José gemacht. Direkt danach hatten er und Sally geheiratet und sind nach Kanab gezogen, weil er dort eine Anstellung fand. Das ist drei Jahren her und mittlerweile hat er sich in Kanab reingefunden. Er macht sogar beim jährlichen Rodeo mit. Seine Spezialität ist das Reiten auf einem der wilden Bullen. Die sind eigentlich nicht wild, aber wenn man sich vorstellt, dass ihnen die Hoden mit einem Seil abgebunden werden, kann man die Tiere verstehen.
Sally ist überhaupt nicht glücklich dort. Ihr geht die Kleinstadt auf die Nerven. Sie hat ihr Studium abgebrochen, um mit Peter hierher ziehen zu können. Anfangs war ihr egal, wo sie wohnten, sie hatte Peter und er war ihr Universum, aber Peter arbeitet immer länger. Sie wartet jeden Tag viele Stunden auf ihn.
Es gibt einige Frauengruppen und -vereine, denen sie beitreten könnte, aber sich auf die anderen Frauen, die fast alle in Kanab geboren und aufgewachsen sind, einzulassen, fällt ihr schwer. Einmal hat sie es versucht. Als ihr selbstgemachter Quilt fertig war, hielt sie es bei der Quiltmaker Guild of Kanab nicht mehr aus. Wenn es nicht um das Quilten ging, wurden Koch- und Backrezepte besprochen und ansonsten sprach man über die Kinder und was man bedenken muss, damit sie schnell Karriere machen.
Sie hätte gerne weiterstudiert, aber San José oder andere Universitäten sind weit entfernt.
Kinder sind aber von Anfang an ein Thema bei den Burstyns gewesen. Sie haben sich in diese neue Phase hineingestürzt und wenn es so weiter ginge, wie mit ihrer verkorksten Schwangerschaft und der fürchterlich anstrengenden Geburt, dann steuerte sie erneut auf ein Problem zu.
Dass sie sich jetzt erstmal ausklinken kann, gefällt ihr gut. Little Freddie ist ein schönes Kind mit allem, was dazugehört, aber Sally fehlt – noch? – das Gefühl für ihn. Sie hofft, dass sich das gibt, wenn sie wieder erholt sein wird.
~~~
Peter ist morgens eine halbe Stunde vor seinem Arbeitsbeginn im Labor. Es dauert, bis er soweit ist, dass er mit seiner Schutzkleidung durch die Schleuse zum Arbeitsplatz gehen kann. Er arbeitet an einer hochkomplizierten, streng geheimen und hochgefährlichen Sache. Er darf noch nicht mal zuhause erzählen, um was es geht. Bis vor einem Jahr war er mit diversen Viren beschäftigt, zu allererst Grippeerregern, um da endlich mal mit einem Serum auf dem Markt zu sein, bevor die Viren durch erneute Mutation wieder immunisiert sind und kaum durch die Schutzimpfungen in Schach zu halten sind.
Er ist sich sicher, dass sie den falschen Ansatz haben. Um damit erfolgreich zu sein, müssten sie sicher voraussagen, was gegen die Viren der kommenden Grippe hilfreich sein wird und dazu müssten sie wissen, wie die neuen Mutationen beschaffen sein werden, was unmöglich ist. Sie müssten ganz anders vorgehen, aber wie? Ihm spukt eine vage Idee im Kopf herum, aber die lässt sich bisher nicht richtig greifen. Er ahnt, dass die Viren eine Art Basis haben müssen, die immer gleich bleibt trotz aller Mutationen. Wenn diese Basis für die Viren zum Überleben nötig wäre und man sie da angreifen könnte, dann könnten einem die Mutationen egal sein. Er ist sich sicher, dass er irgendwann diesen, seinen Stein der Weisen entdecken wird und dann wäre ihm der Nobelpreis sicher.
Zur Zeit kommt er da nicht weiter. Er wurde vor einigen Monaten an das Studium von SARS gesetzt. Das SARS1-Virus hatte 2002/2003 etwa eintausend Menschen weltweit getötet, vor allem in China. Keine in den USA. Diese Viren ändern sich ebenfalls und da könnte Peters Ansatz hilfreich sein. In Deutschland scheint ein Kollege, John Ziebuhr vom Würzburger Institut für Virologie und Immunbiologie auf einem ähnlichen Weg wie er zu sein. In einer deutschen Tageszeitung2 wird er zitiert mit: "Das enzymatische Besteck, das der Erreger zur Vermehrung nutzt, ist relativ konstant und genau da greifen wir an".
Genau das ist Peters Idee. Aber die von Ziebuhr geäußerte Aussicht, etwas in wenigen Monaten zu finden, war ein Trugschluss. Gegen SARS gibt es immer noch kein Mittel. Peter hat zwei Ansätze. Das Virus packt sich gewissermaßen aus bevor es seine RNA3 an den Zellkern der Wirtszelle anflanscht. Diese Phase nennt man Decoating (Entmantelung). Wenn man das Decoating unterbinden, also quasi den Mantel des Virus‘ zunähen könnte, könnte man den Befall der Wirtszelle verhindern.
Sein zweiter Ansatz ist mit dem Einsatz eines neuen Virus verbunden, bei dem die RNA des SARS-Virus gespiegelt ist. Das könnte dann SARS-Viren wegfangen wie Kanonenfutter, bevor sie die menschlichen Wirtszellen erreichen.
Peter forscht weiter und er wird davon geleitet, dass er berühmt werden würde, wenn er ein Gegenmittel fände.
Ben Steyrer, sein Chef nahm ihn eines Tages beiseite.
„Peter, was meinst du, kann man eine neue Art von SARS-Virus kreieren?“
„Sag mal spinnst du? Wir haben mit dem bestehenden Typ schon Ärger genug und sollten froh sein, dass es seit 2003 zu keiner neuen Pandemie gekommen ist. Tausende Forscher auf der Welt suchen nach einem Gegenmittel. Es wäre Wahnsinn, eine neue Art zu schaffen, die sich dann auch den bereits erfolgversprechenden Ansätzen entziehen würde.“
„Na, ich frag ja erstmal nur theoretisch. Wäre es möglich?“
„Klar! Da muss man fast nur abwarten. Die Dinger mutieren permanent. Wenn man da immer eine Art, auf deren Eigenschaften es einem ankommt, bevorteilen und den Rest vernichten würde, könnte man das steuern. Nur weiß dann niemand, was für Eigenschaften das Ergebnis hat und wie man dagegen ankommen kann.“
Ben Steyrer ist Verwaltungsmensch. Er hat keine Ahnung von Biomedizin, Biologie oder Virologie.
„Weißt du, ich hatte gestern beim Duschen eine Idee. Wenn wir Menschen dem Virus etwas bieten, was ihm hilft sich zu entwickeln und uns krank zu machen, dann könnte man etwas dagegen tun, indem man ihm diese Grundlage entzieht, das Angebot einschränkt.“
Peter wird hellhörig. Es ist zwar nicht sein Ansatz, aber das läuft auf dasselbe hinaus.
„Sag mal, werden die Menschen krank, weil ihnen diese Grundlage, durch die das Virus existieren kann, entzogen wird oder können sie ohne diese äh … Sache leben?“
„Also im Moment geht man davon aus, dass das Virus in den Atemwegen quasi die Bewegung der Zilien einschränkt und unmöglich macht.“ Er sieht Bens verständnislosen Blick: „Ach so, Zilien kannst du dir wie kleine Härchen vorstellen, die sich bewegen und so Schleim und alles andere aus deinen Atemwegen raustransportieren. Wenn diese Bewegung verhindert wird, verstopfen sich die Atemwege und auch gesundheitsschädliche, infektiöse Erreger wie Bakterien verbleiben darin.
Das Virus findet scheinbar in den menschlichen Atemwegen in den Zellen, die für die Zilien und ihre Bewegung zuständig sind, den Rezeptor, oh Pardon, eine Art Adapter, wo es wie ein Stecker in eine Steckdose passt.
Aber hör mal, hast du ein Fernstudium in Virologie abgeschlossen? Du alter Papiertiger hast doch eigentlich gar keine Ahnung, was ich hier mache!“
Ben lächelt geschmeichelt. „Ich bin also auf einem guten Weg! Mir fallen immer die besten Dinge beim Duschen ein. Aber zurück zur Sache.
Wenn es jetzt ein Coronavirus gäbe, das genau so funktioniert, aber deine Ziliendinger nicht stört, dann könnte man es doch als Vorbeugung einsetzen und den schlimmen Viren den Platz wegnehmen lassen. Liege ich da falsch?“
‚Verdammte Hacke, der kommt auf Ideen! Wieso weiß er jetzt, dass die SARS-Erreger auch Corona Viren genannt werden? Da stimmt doch was nicht.‘ und laut sagt er:
„Langsam komme ich mir richtig blöd vor. Da sagt mir einer, der nur die Dollars zählt und verteilt, wie man gegen SARS ankommen könnte. Ist das wirklich alles auf deinem Mist gewachsen?“
„Jetzt ist es aber gut! Nur weil ich eine Sache mit klarem Menschenverstand angehe und daraus logische Schlüsse ziehe, musst du mich nicht als Trottel bezeichnen, der zu sowas nicht in der Lage ist. Wie auch immer, ich möchte, dass du in dieser Richtung weiterarbeitest. Ich werde mir von ganz, ganz oben den Marschbefehl dazu geben lassen. Das ist nur eine Formalität und du kannst sofort anfangen. Mach ein Virus, das anders ist und bekämpfe es!“
„Okay! Und wer von uns beiden kriegt dann den Nobelpreis, wenn es klappt?“
„Na, ich natürlich! Ist doch klar!“ Ben geht lachend aus dem Raum. „Also wenn das deine Angst ist, kann ich dich beruhigen, einem Verwaltungshengst wie mir würde niemand einen wissenschaftlichen Preis geben. Du kannst ihn einsacken. Ich habe keine Ambitionen.“
„Ach Ben, ganz was anderes: Warum wurden vor zwei Monaten meine Versuchsstämme ausgelagert und verschickt? Ich bin jetzt kurz vor einem Engpass.“
Peter hat zufällig mitbekommen, dass etliche Proben aus seinen Beständen verpackt und nach Asien verschickt worden waren.
„Mach dir keine Gedanken. Dagegen konnte ich nichts machen. Das war eine Anweisung von ganz oben.“
„Aber da waren welche dabei, an denen ich schon Versuche begonnen hatte …?“
„Nein Peter, das zu diskutieren bringt nichts. Vergiss es einfach, okay? Und behalte es vor allem für dich! Das ist eine dienstliche Anweisung!“ Ben ist heftig geworden. So hat Peter ihn noch nicht erlebt.
C
ees Steenbrinck lässt sein Zigarillo vom rechten in den linken Mundwinkel rollen. Den Trick vollführt er immer nach einem guten Geschäft. Gerade fährt ein LKW von seinem Hof in der Nähe desNationalparks Cúc Phương südlich von Hanoi in Vietnam.
Es ist ein Dienstag im Oktober, fünf Wochen vor Little Freddies Geburt in Kanab, Tausende Meilen von Vietnam entfernt.
In seiner Hand hält er einen Diplomatenkoffer mit vielen Tausend Dollar, die er gerade von seinem Kunden bekommen hat. Dafür hat er ihm kostbare Ware verkauft. Ware, bei der er immer froh ist, wenn sie von seinem Hof verschwunden ist. Wenn ihm die vietnamesischen Behörden dahinter kommen, dass er Malaiische und Chinesische Schuppentiere fängt, um sie an chinesische Schmuggler zu verkaufen, ist er geliefert. Die Strafen auf Wilderei sind drastisch. Aber No risc! No fun! war schon immer das Motto von Cornelius Antonius Steenbrinck, wie er mit vollem Namen heißt. Er ist vierundfünfzig, zwei Meter fünf groß und zwei Zentner schwer. Seine Haare sind voll und hellblond und in seinen verwirrend hellblauen Augen erkennt man seinen harten Kern.
Mit Cees legt sich niemand an. Vor langer Zeit soll es mal einer versucht haben, hört man gerüchteweise, aber von demjenigen hört man seitdem noch nicht mal mehr gerüchteweise was. Cees war in der Fremdenlegion, Söldner auf eigene Rechnung in Südafrika und jetzt findet er, dass der neue Reichtum der Chinesen die besten Geschäfte fördert.
In Afrika hat er eine Dependance, die sein guter Freund Piet van Stangeren führt. Piet und er sind die größten Händler weltweit für spezielle Tiere und deren Bestandteile, die besonders auf dem chinesischen Markt nachgefragt werden. Den beiden verdanken viele Tausend chinesische Neureiche ihre Potenz. Ob es an den zerriebenen Nashornhörnern liegt oder daran, dass sie sich deren wohltuende Wirkung einbilden, spielt keine Rolle.
Eigentlich könnte Cees aufhören und seinen Reichtum genießen. Er hat Appartements in Monaco, New York und Paris, ein Haus in Portofino und ihm gehört quasi eine Insel in der Ägäis allein, nicht groß, zu Fuß braucht man zwei Stunden von einem Ende bis zum anderen.
Aber er macht es nicht mehr wegen des Geldes, sondern wegen der Anspannung, die sich aus seinen illegalen Transaktionen ergibt. Gerade eben hat ihn der Abholer der Schuppentiere auf eine ganz neue Idee gebracht. Er erzählte ihm, dass ihm seine Ladung diesmal von Amerikanern abgekauft wird. Weißen, die nichts mit Chinesen zu tun haben. Was die damit vorhaben, konnte er ihm nicht sagen.
„Fressen werden die die nicht“, sagte sein Kunde zum Abschluss.
Cees wird der Sache nachgehen. Da läuft was, was geheim bleiben soll. Geheimnisse und ihre Erhaltung lassen sich manche viel Geld kosten. Mal sehen, was die sagen, wenn er weiß, worum es geht und ihnen sein Schweigen anbietet. Der Gedanke verursacht ihm Kitzeln im Bauch. Solche Sachen machen ihm Spaß.
Die Ladung ist mit einem Gerät versehen worden, das dauernd GPS-Koordinaten an ihn sendet. Sobald er weiß, wohin es geht, setzt er sich in seinen Hubschrauber und fliegt ihm nach. Das macht er selbst. Er lässt sich den Nervenkitzel nicht nehmen.
~~~
„Peter! Es ist dringend. Komm raus, mit deinem Jungen ist was!“ Er erschrickt. Ihm fällt das Petrischälchen aus der behandschuhten Hand. Der Inhalt ist auf seinem Schutzanzug. Peter gerät in Panik. Es ist was mit Little Freddie! Er muss raus hier und nach Hause fahren.
In der Schleuse dauert es ewig, bis der Luftaustausch stattgefunden hat und sich endlich die Außentür öffnen lässt. Gut, dass er den Volvo da hat, mit dem ist er schneller zurück nach Hause.
Sein Handy schellt: „Peter? Betty hier. Ich bin mit Freddie im Hospital. Aber reg dich nicht auf, es geht ihm gut und ich bin nur zur Sicherheit dort.“
Peter beendet das Gespräch und wendet. Zum Hospital muss er anders fahren. Dort angekommen, springt er aus dem Auto und rennt in die Klink hinein.
„Wo wollen Sie4 hin?“ ruft ihm die Dame an der Rezeption nach.
Genau, wo will er überhaupt hin? Atemlos dreht er sich um und ruft ihr zu: „Ich bin Peter Burstyn. Mein Sohn Fred muss hier irgendwo sein.“
„Ach, Sie sind der Papa von Little Freddie! Beruhigen Sie sich. Es ist alles in Ordnung mit dem Prachtkerl. Es kommt oft vor, dass einem ein Baby aus den Armen rutscht, vor allem dann, wenn es so quicklebendig wie Ihr Fred ist. Aber sie tun sich fast nie was dabei, als wenn sie schon perfekt fallen könnten, wie Judoka.
Also Betty und Fred sind im dritten Stock in der Kinderstation und Doc Myers ist bei ihnen. Der Aufzug ist dort hinten links.“
Immer noch im Laufschritt und außer Atem schlittert Peter in das Sprechzimmer von Dr. Myers rein. Das ist voll und Little Freddie wandert gerade von Arm zu Arm. Er ist der Star für drei Schwestern, die in alle einmal halten und drücken wollen. Man sieht dem kleinen Charmeur an, dass er großen Spaß an der Aufmerksamkeit hat, die er genießt.
Bei dem Anblick beruhigt sich Peter. Es scheint wirklich alles in Ordnung zu sein und er nimmt seinen kleinen Racker nun selbst auf den Arm.
„Betty, was ist passiert? Freddie ist dir runtergefallen?“
„Runtergefallen ist zu viel gesagt. Ich saß auf dem Sofa und dieser Racker hat sich gedreht und gewunden wie eine Schlange. Da ist er mir dann irgendwann aus dem Arm gerutscht erst aufs Sofa und von da relativ langsam auf den Boden.
Ich wollte nur sichergehen und habe deshalb Karl Checkers von gegenüber gebeten, uns ins Hospital zu fahren.
Es ist nichts passiert! Stimmt doch Dr. Myers, Dr. Lucas oder?“
„Genau! Das geschieht oft, aber meistens passiert nichts dabei.“ Tim Myers lächelt Peter beruhigend an. Er ist etwa dreißig Jahre alt und sieht wie der Archetyp eines gesunden, weißen Amerikaners aus, blond, groß, sportlich und mit hellen, blauen Augen. Dr. Lucas hingegen ist zirka fünfundsechzig, zwar ebenfalls groß, aber dürr mit einer Haltung, die vermuten lässt, dass er krank ist.
„Babys sind wie kleine Kätzchen. Sie fangen sich selbst bei schlimmeren Stürzen instinktiv ab und ihnen geschieht nichts. Trotzdem war es gut, dass Mrs. Kreuzer zu uns gekommen ist. Man muss sofort jeden Zweifel ausschließen.
Haben Sie noch Zeit, um die Formalitäten zu erledigen, Mr. Burstyn? Vielleicht geben Sie Freddie noch mal an die Damen ab, die haben schon Entzugserscheinungen und dann gehen Sie bitte zum Zimmer 101. Da können Sie den ganzen Kram erledigen.“
Zögernd gibt Peter Freddie in eines der Armpaare, die sich ihm entgegenstrecken. Er scheint mit sich zu kämpfen, aber schließlich ist er auf dem Weg zum Aufnahmebüro.
Es dauert nicht lange und er kann seinen Sohn wieder auf den Arm nehmen. Zusammen mit Betty verlässt er nun völlig beruhigt das Hospital und fährt die beiden nach Hause.
‚Warum ist Sally nicht da? Geht es ihr so schlecht?‘
„Sally hat geschlafen, als es passiert ist. Ich wollte sie nicht beunruhigen. Sie braucht noch ihre Ruhe.“ sagt Betty, als würde sie seinen Gedanken beantworten.
Heute wird sich Peter den Rest des Tages freinehmen.
L
aos in der Nähe von Pa Hang an der Grenze zu Vietnam ist das Ziel des Lastwagens mit den Schuppentieren. Cees dachte, dass sie nach Osten zu einem der vietnamesischen Häfen fahren würden, von wo aus es genügend Passagen nach China gibt. Stattdessen fahren sie in die entgegengesetzte Richtung nach Westen. Was haben die mit den Viechern vor?