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Band 2 der Spicy Dragonshifter-Romantasy-Dilogie in einer Welt voller mythischer Kreaturen, politischer Intrigen und einem Love-Triangle zwischen Mensch und Fae-Göttern. Nichts ist jemals so, wie es scheint. Vor allem, wenn man ungewollt in eine andere Welt stolpert. Als ganz normaler Mensch hätte Morgan nie erwartet, dass sie kopfüber in eine Welt der Feen, Magie und Drachen hineingeraten würde. Drachen, die zufällig auch Götter sind und von der Vielzahl der Feenvölker verehrt werden. Bekannt als die Gefallenen Fünf sind sie vor Jahrzehnten in Risest gelandet, als ihre Heimatwelt zerstört wurde – das dachten sie zumindest. Doch sie wurden alle getäuscht … Dich erwarten diese Tropes: - Fated Mates - Forced Proximity - Touch Her and Die - Found Family - He falls First - He Hates Everyone But Her - Dragonshifter»Keiner schreibt Fantasy-Romane wie Jaymin Eve. Sie ist die Schöpferin all meiner liebsten Book Boyfriends! Ihre Charaktere sind bezaubernd, und ihre Geschichten fesseln mich bis zur letzten Seite ...« Leia Stone, Bestsellerautorin von The Last Dragon King Von Jaymin Eve erschienen: - Gilded Wings. Fallen Fae Gods 1 - Crimson Skies. Fallen Fae Gods 2
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Seitenzahl: 506
Veröffentlichungsjahr: 2025
Jaymin Eve
Roman
Aus dem Englischen von Liliana Ozeryanska
Knaur eBooks
Nichts ist jemals so, wie es scheint. Vor allem, wenn man ungewollt in eine andere Welt stolpert.
Als ganz normaler Mensch hätte Morgan nie erwartet, dass sie kopfüber in eine Welt der Feen, Magie und Drachen hineingeraten würde. Drachen, die zufällig auch Götter sind und von der Vielzahl der Feenvölker verehrt werden. Bekannt als die Gefallenen Fünf sind sie vor Jahrzehnten in Risest gelandet, als ihre Heimatwelt zerstört wurde – das dachten sie zumindest. Doch sie wurden alle getäuscht …
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Karte
Widmung
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Für diejenigen, die sich weigern, sich mit weniger zufriedenzugeben, als sie verdienen.
Zahak
Das Biest in meinem Inneren tobte.
Jahrzehnte waren vergangen, seit ich das letzte Mal die Kontrolle verloren hatte, doch seit dieses zerbrechliche Wesen in mein Leben gestolpert war, schien ich kurz davor zu sein, alles zu zerstören, was ich mir über Jahrhunderte aufgebaut hatte.
»Was war das?«, keuchte sie und riss ihren Kopf so schnell herum, dass ich Sorge hatte, sie könnte sich dabei verletzen.
Ich konnte ihre Angst riechen, ein schwerer Duft mit blumigen und femininen Untertönen.
Ihre Angst war verständlich.
Wir befanden uns tief im Graben, der unter meinem Land, der Denille-Insel, verlief, weil meine Mutter, die vor nicht einmal einer Stunde in diese Welt eingefallen war, uns hierher befördert hatte. Bevor ihre Energie uns kilometerweit über das Land katapultierte, waren das Letzte, was ich bemerkte, Dutzende von Drachenwandlern, die in der Nähe der Akademie vom Himmel herabstiegen.
Ich hatte keine Ahnung, wo meine Brüder gelandet waren. In diesem Abschnitt des Grabens gab es nur Morgan und mich. Wir mussten hier so schnell wie möglich raus und meine Mutter von dem abhalten, was auch immer sie mit der Armee an Drachen vorhatte.
»Du bist bei mir sicher, La Moyar«, murmelte ich, während ich meine Arme fest an den Körper presste, um sie nicht zu berühren.
Schon seit der Nacht des Fruchtbarkeitsrituals, als ich mich in meiner Höhle verkrochen hatte, um der aphrodisierenden Energie zu entkommen, war mein Drache unruhig. Ich hatte damals nicht verstanden, woran es lag, denn sonst verschliefen wir dieses Ritual einfach – doch diesmal war mein Schwanz hart geworden und der Knoten an der Basis des Schafts pulsierte immerzu.
Mein Knoten für meine Gefährtin.
Eine Gefährtin, die fälschlicherweise mit meinem verfickten Bruder verbunden war.
Erst hatte ich geglaubt, ich würde den Verstand verlieren, aber dann waren sie durch das Portal nach Risest gekommen. Da wusste ich genau, was passiert war.
Ich hätte Drager bereits vor Jahren töten und uns allen den Ärger mit ihm ersparen sollen.
»Bist du dir sicher?« Morgan wandte sich zu mir, und ich bewunderte die sanfte Schönheit ihres Gesichts. In meinem Leben, in dem ich seit Jahrhunderten die Welten durchstreifte, war ich Sanftheit nicht gewohnt. Sie war ein Mensch und ich ein Drachenwandler, wir waren in jeglicher Hinsicht inkompatibel – allein durch meine Größe würde ich sie zerstören.
Doch ich konnte mich nicht fernhalten.
Ich hatte nicht widerstehen können, Astra nach Lancourt zu senden, um Morgans Essenz zu finden. Mein Sabre hatte mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass Drager sie in Lancourt praktisch gefangen hielt. Das hatte mich zum ersten Mal zu seinem schwebenden Hof geführt. Drager forderte mich heraus, indem er Anspruch auf Morgan erhob.
Ich empfand unendlichen Zorn und Verwirrung, doch als ich mich wieder beruhigt hatte, konnte ich erkennen, warum das alles geschah. Drager und ich waren aus dem gleichen Ei geschlüpft, und zwischen uns existierte ein Band – ob es mir nun gefiel oder nicht. Ich konnte spüren, dass das Band dafür verantwortlich war, dass er so etwas wie eine verwirrte Verbindung zu Morgan spürte. Auch jetzt dachte ich darüber nach, ob ich den Bastard nicht einfach töten und den Rest vergessen sollte.
»Ich versichere dir, du bist in Sicherheit«, grollte ich und versuchte, mich wieder zu konzentrieren. »Mein Drache nimmt jedes Geschöpf in unserer Umgebung wahr. Hier ist nur Astra … und ein paar kleineEoniskäfer an der Wand.«
Morgan rieb sich mit den Händen über die Arme, und in meinem Inneren entbrannte ein Feuer, als ich sah, wie sie zitterte. Es war unmöglich, dass ihr kalt war, denn ich strahlte genug Hitze aus, um ein ganzes Haus aufzuheizen. Sie hatte Angst. Und diese Angst würde nicht weichen, solange wir uns im Graben befanden.
»Ich habe ein ungutes Gefühl«, gab sie zu, und trotz ihrer Furcht war ihre Stimme fest. »Ich hatte so ein Gefühl schon einmal, als ich mit Cal unterwegs war, einem Yonter. Ist es möglich, dass hier irgendwo ein Yonter ist? Manchmal glaube ich, mein menschlicher Instinkt warnt mich vor Gefahr. Sie muss nicht unmittelbar vor uns liegen, aber vielleicht ist sie irgendwo da draußen.«
Den Großteil meines Lebens hatte ich in absoluter Stille verbracht und hätte erwartet, dass mich ihr nervöses Geplapper in den Wahnsinn treiben würde. Aber ich lag falsch. Ich bekam gar nicht genug. Ich wollte alles von ihr wissen. Verdammt, ich würde ihr sogar zuhören, wenn sie mir die Heiligen Schriften rezitieren würde, nur um ihre Stimme zu hören.
»Durch diesen Graben ist das Blut Tausender Fae geflossen«, sagte ich leise.
Das Bedürfnis zu lügen, um ihr die Angst zu nehmen, war groß, doch das Schicksal hatte beschlossen, meine blutbefleckte Seele an ihre zu binden, und ich weigerte mich, unsere Verbindung mit einer Lüge zu beginnen. »Sowohl das der Nightmare Fae als auch ihrer Opfer, die sie in den Tod gelockt haben. Ich habe die Nightmare Fae einmal gezähmt, und ich werde es wieder tun, wenn es sein muss.«
In diesen engen Tunneln konnte ich mich nicht verwandeln, ohne Morgan in Gefahr zu bringen, aber selbst auf zwei Beinen konnten mir die Albtraumwesen nichts entgegensetzen. Auch mein Ruf hier unten bot uns Schutz, doch mit einer verwundbaren Gefährtin, die ich um jeden Preis beschützen würde, musste ich vorsichtig sein und am besten zwei Schritte vorausplanen.
Schweigend setzten wir unseren Weg fort, und die Stille, die zwischen uns herrschte, war … angenehm. So seltsam das auch war.
»Wie lange glaubst du schon, dass wir Gefährten sind?«, fragte sie plötzlich, ihre Stimme nicht mehr als ein Flüstern.
Das brachte mich beinahe zum Lachen. »Da gibt es nichts zu glauben, mein Herz. Ich wusste es, seit du meinen Bruder gefickt hast.«
Sie verschluckte sich an ihrem eigenen Atem. »Ich hätte niemals gedacht, dass das mal jemand zu mir sagen würde. Wirklich niemals.« Meine Gefährtin war zäh. Das musste sie auch sein, um in meiner Welt zu überleben.
Sie hielt kurz inne. »Du scheinst wütend zu sein. Wegen der Sache mit Drager? Du hast nicht gerade versucht, mich fortzustehlen, und ich bin bereits seit Wochen hier. Warum?«
Wütend? Nein, ich war nicht wütend. In mir tobte der Zorn von tausend Drachen.
Seit ich ihre Präsenz in dieser Welt gespürt hatte, kostete es mich all meine Kraft, sie nicht wie die Bestien der Vergangenheit fortzustehlen und sie in meiner Höhle gefangen zu halten, bis sie sich mir unterwarf. Natürlich hätte ich dafür zuerst Drager töten müssen und wäre dann mit meinem Schatz verschwunden.
Das war auch mein Plan gewesen. Doch dann hatte ich ihre weit aufgerissenen Augen und die Furcht in ihrem Blick gesehen. Es war mir egal, wenn der Rest der Welt es kaum wagte, meinen Namen in der Dunkelheit zu flüstern, als wäre ich ein Dämon der Nacht, doch Morgan … Sie war das einzige Wesen, abgesehen von Astra, das sich in meiner Nähe wohlfühlen sollte.
Also hatte ich meine Instinkte unterdrückt und entschieden, dass ich geduldig sein musste.
»An jenem Tag damals in Lancourt, da war es mein Plan, meinen Bruder zu vernichten und mich mit meiner Gefährtin zu verbinden«, gestand ich ihr und konnte nur hoffen, dass sie nicht schreiend davonrannte. »Das war auch der Tag, an dem ich festgestellt habe, dass du ein Mensch bist. Ein Mensch, der sich vor mir fürchtete. Als du mich an diesem Tag angestarrt hast, als sei ich ein Monster, erkannte ich zwei Wahrheiten. Erstens: Du verfügst nicht über eigene Drachenenergie, die dich leitet, und konntest deshalb nichts über Gefährten wissen. Zweitens: Ich wollte, dass du dich von selbst für mich entscheidest und dich nicht durch unsere Verbindung gezwungen fühlst.«
Morgan starrte mich bloß mit weit aufgerissenen, glänzenden Augen an, und ich betete, dass sie nicht anfing zu weinen, denn dann könnte ich für nichts mehr garantieren.
»Ich gebe Drager die Schuld daran. Er hat sich genommen, was ihm nicht zustand. Auch wenn es an unserem brüderlichen Band lag, durch welches ein wenig von der Energie wahrer Gefährten durchsickern konnte. Du hast an all dem keine Schuld, und ich werde jeden umbringen, der etwas anderes behauptet.«
Ich hatte bereits eine Familie für sie ausgelöscht und würde es ohne zu zögern erneut tun.
»Dein Bouquet aus abgetrennten Köpfen war mehr als genug, vielen Dank«, gab sie trocken zurück. »Und ich habe auch zwei Wahrheiten für dich. Erstens: Ich hatte an dem Tag Angst vor dir, ja. Aber ich war auch absolut fasziniert. Ich konnte nicht aufhören, an deine Bestie zu denken, und wollte unbedingt den Mann dahinter kennenlernen. Und zweitens: Du solltest Drager nicht die ganze Schuld geben. Wenn das, was du sagst, wahr ist«, sie räusperte sich, »dann hat ihn meine Verbindung zu dir sehr verwirrt. Er konnte nicht verstehen, warum er sich so zu mir hingezogen fühlte, und er hatte keine andere Wahl, als unsere Verbindung immer wieder zu verstärken, um zu verhindern, dass die Energie dieser Welt mich zerstört.«
»Und das ist auch der einzige Grund, warum er noch am Leben ist«, sagte ich wütend. Aber wenn er sie jetzt, nach allem, was wir nun wussten, auch nur berührte, würde ich ihn und sein Land in Staub verwandeln! »Was empfindest du für meinen Bruder?«
Meine Bestie würde keine Ruhe geben, bis wir es nicht wussten. Denn letztendlich spielte es keine Rolle, welche Gefühle mein Bruder für meine Gefährtin hatte. Alles, was zählte, war sie.
Morgan verlangsamte ihre Schritte und wandte sich um, damit sie mich direkt ansehen konnte – ihre Augen waren erneut geweitet und glänzten. Sie antwortete nicht sofort, und es gefiel mir, dass sie darüber nachdachte, was sie sagen sollte. »Meistens hasse ich ihn«, sagte sie schließlich und räusperte sich. »Er ist rücksichtslos, hat mich in Klamotten gesteckt, die ich nicht leiden konnte, und keine Rücksicht auf meine menschlichen Schwächen genommen. Doch da ist … wir haben eine Verbindung.« Sie presste ihre Hände gegen ihren Bauch und ihre Brust. »Ich kann ihn hier spüren. Nicht immer, aber da ist etwas, und ich weiß nicht, was ich davon halten oder dagegen tun soll. Haben wir dieses Band nur wegen dir? Oder verbindet mich wirklich etwas mit Drager?«
Das Grollen meines Drachens baute sich in meiner Brust auf, und ich schloss die Augen, um gegen meinen Zorn anzukämpfen. »Das Band existiert wegen mir«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Aber eure Verbindung habt ihr selbst geschaffen, als dir Drager immer wieder seine Energie eingeflößt hat. Ich habe keine Ahnung, ob die Verbindung permanent ist, aber glaub mir, wenn er nicht imstande war, wieder einen Knoten zu bilden und deinen Geist auch nicht spüren kann, dann ist er nicht dein Gefährte.«
Ich konnte mein Bedürfnis, nach ihr zu greifen und sie an mich zu ziehen, kaum unterdrücken, also drehte ich mich um und ging weiter den Tunnel entlang. Erst als ich merkte, dass Morgan joggen musste, um mit mir Schritt zu halten, wurde ich langsamer.
»Wie kann es sein, dass du nicht andauernd in meinen Gedanken bist?«, fragte sie atemlos mit neu entflammter Neugierde. Sie sah weniger nervös aus, als wir sprachen, und das half auch mir, mich ein wenig zu entspannen.
»Drager«, knurrte ich. Das eine Thema, das meinen Zorn wieder entfachen konnte. »Seine Energie wirkt wie eine Blockade um deinen Geist. Ich konnte sie bislang nur wenige Male durchdringen.«
Sie presste die Lippen aufeinander, und ich konnte sehen, dass sie versuchte, nicht laut zu seufzen. »Ich kann deine Gedanken nicht lesen«, erklärte ich ihr und fragte mich, ob es das war, was sie beschäftigte. »Das wird erst möglich sein, wenn wir unsere Verbindung besiegelt haben. Und selbst dann wirst du lernen, wie du mich aus deinem Geist heraushalten kannst – wenn du das willst. Meine Brüder und ich haben eine ähnliche Verbindung, wir können so über große Distanzen hinweg miteinander kommunizieren, doch meistens schließen wir die anderen aus.«
Meine Verbindung zu Drager war zu kompliziert, um sie vollständig zu blockieren, doch wir machten uns selten die Mühe, sie zu nutzen. Es war bereits viele Jahre her, dass wir aufgehört hatten, einander zu vertrauen, und keiner von uns hatte das Bedürfnis, etwas daran zu ändern. Unsere Feindschaft hatte uns geschwächt, wie Tylan auf der Lichtung richtig zusammengefasst hatte, kurz bevor wir angegriffen wurden.
Es ärgerte mich, dass unsere kleinlichen Differenzen uns davon abgehalten hatten, eine Allianz zu schmieden, die so stark war, dass sich uns niemand hätte entgegenstellen können.
Wir selbst waren der Grund für unseren eigenen Untergang. Unsere einzige Hoffnung lag darin, unser Band zu reparieren und ein starkes Ganzes zu bilden, bevor unsere Welt zerstört werden konnte.
»Ich weiß nicht, wie ich mich mit alldem fühlen soll«, sagte Morgan. »In der Menschenwelt gibt es keine wahren Gefährten. Meistens nicht einmal wahre Liebe. Es gibt Situationen, wo zwei Menschen zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind. Doch dann verfliegt der Zauber irgendwann, und wir werden geschlagen, ignoriert oder betrogen. Dann lassen wir uns scheiden und beginnen von vorn. Deshalb verliebe ich mich meistens nur in fiktive Helden.«
Bevor ich wusste, was ich tat, schlang ich meine Arme um ihre winzigen Schultern und zog sie an mich. Sie gab ein leises Quieken von sich, und ihre Pupillen wurden weit, als sie schnell und schwer atmete. »Was ist passiert?«, quiekte sie erneut. »Werden wir angegriffen?«
Meine Bestie beruhigte sich wieder, als wir feststellten, dass ihr erster Instinkt nicht darin bestand, einen Angriff von mir zu erwarten … Sie dachte, ich würde sie beschützen. Mein süßer, kleiner Mensch.
»Wer hat dich verletzt?«, grollte ich. »Gib mir ihre Namen!«
Ich würde sie alle umbringen.
Ihre gesamte Blutlinie auslöschen, sodass die Menschenwelt nicht mehr durch ihre Sünden befleckt werden konnte.
Sie blinzelte mich an, bevor sich ihre Mundwinkel in einem Lächeln hoben. »Es gibt keine menschlichen Männer, die mich verletzt haben, Z«, erklärte sie mir mit ihrer ruhigen Art. »Keine Sorge. Aber ich habe genug gesehen, um zu wissen, wie es normalerweise läuft.«
Ich beugte mich näher zu ihr herab und sog ihren Duft ein. Ihre Angst war verblasst und wurde durch einen neuen, würzigeren Duft ersetzt, der den Drachen in mir zum Wüten brachte. Sie versteifte sich ein wenig, und ich merkte, dass es dafür noch zu früh war, also ließ ich sie vorsichtig los.
»Wir müssen weiter«, brachte sie heraus. »Ich werde langsam durstig und hungrig, und … ich muss mal.« Die letzten Worte murmelte sie hastig vor sich hin, ihre Wangen färbten sich rosa, doch meine Bestie freute sich einfach, dass unsere Gefährtin wollte, dass wir uns um sie kümmerten.
»Ich denke, wir kommen bald zu einem Teil des Grabens, wo du mindestens zwei dieser Bedürfnisse befrieden kannst.«
Ihre Wangen nahmen einen dunkelroten Ton an, doch die Energie meines verdammten Bruders verhinderte, dass ich erfuhr, welche Gefühlslage sich hinter ihrem Erröten verbarg.
Bis wir aus dem Graben raus waren, musste seine Energie aus ihrer Essenz verschwunden sein.
Ein für alle Mal.
Morgan
In Zahaks Nähe zu sein, machte mich ganz nervös.
Drager war nie besonders gesprächig, aber Zahak unterbot ihn noch. Doch obwohl wir nicht einmal einen ganzen Tag miteinander verbracht und nur wenige Worte gewechselt hatten, gab es da eine Vertrautheit zwischen uns, die ich mir nicht erklären konnte.
Ja, schon klar, er dachte, wir wären wahre Gefährten, und auch wenn ich den Gedanken nicht gleich verwerfen wollte – es würde vieles von dem erklären, was sich zwischen uns abgespielt hatte –, drückte ich mich davor, ihn zu akzeptieren.
Wir hatten sowieso keine Zeit für Romantik, Gefährtenbindungen oder dafür, die verdrehte Beziehung zwischen Drager und Zahak zu entwirren, denn wir waren in einer gefährlichen Situation und mussten hier so schnell wie möglich weg.
Es war verrückt, vor zwei Monaten war ich noch in meinem Zuhause in Lewiston, Maine gewesen und hatte mein Leben mit meiner besten Freundin Lexie gelebt, herrlich unwissend darüber, dass es eine ganze magische Welt gab, die mit der Bibliothek verbunden war, in der wir arbeiteten. Meine Unwissenheit erstreckte sich auch über den Aspekt, dass besagte beste Freundin selbst eine Fae war, die aus jener magischen Welt kam, und dass vieles von dem, was mein Leben ausmachte, nicht … nun ja, menschlich war.
Seitdem hatte ich an einem dreißigtägigen Fruchtbarkeitsritual mit einem ihrer Fae-Götter, Drager, teilgenommen, der sich als Drachenwandler herausgestellt hatte. Er war einer von fünf Brüdern: die Gefallenen.
Dieses Ritual hatte mein Leben für immer verändert. Ich hatte nicht nur unglaublichen Sex gehabt, sondern wurde zudem aus meinem langweiligen Leben in ein magisches Abenteuer gezogen, an das ich mich noch immer nicht so ganz gewöhnt hatte.
Abgesehen vom tollen Sex war ich außerdem auf einer schwebenden Insel gefangen gewesen – ich verfluchte Drager immer noch dafür, dass er mir das angetan hatte –, war von einem riesigen, mörderischen Vogel runter auf das Land geflogen worden, wäre fast gestorben – mehrmals um genau zu sein –, lernte die Grundlagen über diese Welt, hatte die Fae-Akademie besucht, wurde über das Östliche Reich von Risest und über ihre Götter unterrichtet und hatte schließlich herausgefunden, wer hinter den Diebstählen in den fünf Ländern des Östlichen Reichs steckte.
Ihre Mutter.
Trotz ihrer Macht und Stärke hatten die Gefallenen eine riesige Erinnerungslücke, wenn es darum ging, woher sie stammten. Risest, die Welt der Fae, war es auf jeden Fall nicht. Als sie sich endlich gezeigt hatte, wurde ein kleiner Teil dieser Erinnerungslücke gefüllt.
»Eure Mutter plant also eine Invasion?«
Wir waren bereits seit Stunden durch den Graben der Nightmare Fae unterwegs. Es war stockdunkel, und nur der natürliche Schein von Zahaks Haut leuchtete uns den Weg. Es war außerdem totenstill hier unten, und meine Angst davor, von einem der Albtraumwesen in Stücke gerissen zu werden, legte sich mit der Zeit und wurde stattdessen durch Erschöpfung und Hunger ersetzt. Zahak hatte Wasser aufgetrieben, das zwischen einigen Felsen hervorsickerte, doch es gab nichts zu essen. Ich hatte mein zweites Frühstück verpasst, und mein Magen war darüber alles andere als erfreut.
»Ihr Handeln lässt darauf schließen, ja«, grollte er.
Jeder der Gefallenen hatte eine tiefe, hypnotisierende Stimme, die sich mit der Essenz eines Menschen verbinden konnte und tief in sein Wesen drang. Besonders schlimm waren die Stimmen von Drager und Zahak, und jedes Mal, wenn ich nicht darauf vorbereitet war, zum Beispiel, wenn ich ihre Stimme eine Weile nicht mehr gehört hatte, dann warf mich der Klang komplett aus der Bahn.
»Warum ist sie nicht zu euch gekommen und hat euch von ihrem Plan erzählt?«, fragte ich. »Ihr seid ihre Söhne, und das war doch bestimmt der Grund dafür, warum ihr in diese Welt gesandt wurdet – um sie auf eine Übernahme vorzubereiten.«
Der Tunnel, durch den wir gingen, wurde schmaler, also musste ich näher an Zahak heran. Dabei versuchte ich zu ignorieren, wie seine Energie auf meiner Haut kribbelte. Je mehr Zeit ich mit den Gefallenen verbrachte, desto leichter fiel es mir, mit der Macht umzugehen, die sie ausstrahlten, aber ich bezweifelte, dass ich mich jemals vollständig daran gewöhnen konnte.
»Ich habe da so meine Theorien, aber ich muss erst hier raus, um zu sehen, was draußen geschieht. Erst dann kann ich sagen, an welcher etwas dran sein könnte.«
Er sagte nichts mehr, und während wir weitergingen, wurde der Tunnel noch schmaler.
Als er meine Schultern umfasste, konnte ich nur knapp ein Keuchen unterdrücken. Sein Griff war fest, als er mich vor sich herschob, und ich versuchte, nicht in Panik zu geraten, weil die Wände so nah waren.
Oder besser gesagt, weil mir Zahak so nah war.
Das war nicht der richtige Zeitpunkt für schweres, tiefes Atmen. Götter, nein. Es wäre zu offensichtlich, und dann würde er vielleicht Fragen stellen. Ich musste mich zusammenreißen.
Astra, Zahaks Sabre – ein pantherähnliches Wesen, das besonders gut im Jagen war –, stieß ein schnurrendes Grollen aus; ich war froh über die Ablenkung und auch darüber, dass sie uns Rückendeckung gab.
Obwohl mir Zahak versichert hatte, dass wir in Sicherheit waren und keine Albtraumwesen diesen Teil des Grabens bewohnten, konnte ich das unbehagliche Gefühl einfach nicht loswerden. So hatte ich mich das letzte Mal in Calenduls Nähe gefühlt, und ich spürte, dass Gefahr vor uns lauerte und sich uns früher oder später zeigen würde.
Glücklicherweise wurde der Tunnel wieder breiter, und mein rasender Puls beruhigte sich langsam.
»Erzähl mir von deinen Theorien«, bohrte ich nach, denn ich konnte die Ablenkung gerade gut gebrauchen. Abgesehen davon wäre es bestimmt hilfreich, darüber zu sprechen, denn wir mussten uns um seine Mutter und ihre Pläne kümmern. »Es muss schwer sein, wenn euch die Erinnerung fehlt.«
Die Gefallenen wussten nicht, warum sie in diese Welt gesandt worden waren, und das allein war bereits verdächtig. Abgesehen davon hatte ihre Mutter ihnen Bücher und Aufzeichnungen voller Informationen gestohlen, um mehr über Risest zu erfahren und zweifelsohne auch über den besten Weg, um es zu erobern.
Überraschenderweise zögerte Zahak nicht, bevor er antwortete. Er war um einiges weniger kryptisch als Drager, so viel war sicher.
»Als wir in Risest gelandet sind, da kannten wir unsere eigenen Namen und den Namen der Welt, aus der wir stammten: Xalifer. Viel mehr war da nicht. Wir wussten auch, dass wir Brüder sind, und spürten die energetische Verbindung zwischen uns, doch der Rest war dunkel … leer. Wir konnten nur vermuten, dass wir, so wie die meisten Lebewesen, Eltern hatten, doch da war einfach nur Leere, wenn wir versuchten, uns an irgendwelche Details zu erinnern. Über die Jahre kamen mehr Erinnerungen zum Vorschein, die alle darauf hindeuteten, dass unsere Welt zerstört worden war. Dass wir die Letzten unserer Art waren.«
Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie es wohl war, ohne Erinnerung an einem fremden Ort zu stranden.
»Ich bin froh, dass ihr einander hattet«, sagte ich sanft.
Er musterte mich eine ganze Weile lang, während das gedämpfte Licht seiner Haut seine perfekten Gesichtszüge betonte. Er war groß, mindestens zwei Meter hoch, und außergewöhnlich schön. Die rauen Züge seines Gesichts ließen ihn so männlich und stark wirken, dass es mir schwerfiel, ihn zu lange anzusehen.
Zu meiner Erleichterung wandte er sich von mir ab und konzentrierte sich wieder auf den Weg vor uns.
»Meine Brüder sind oftmals Segen und Fluch zugleich«, sagte er mit einem leicht amüsierten Unterton. »Aber um auf deine Frage zurückzukommen: Ich denke, dass wir mit der Vermutung richtig lagen, dass Mutter Informationen gesammelt hat, um in Risest einzudringen. Was ich allerdings nicht verstehe, ist der Verlust unserer Erinnerung und warum sie so lange gewartet hat, um sich uns zu zeigen. Wir sind bereits seit einigen Jahrhunderten hier und regieren diese Welt beinahe genauso lange, und dennoch ist sie jetzt erst aufgetaucht?«
»Zur gleichen Zeit wie ich«, flüsterte ich.
Es war ein dummer Gedanke, denn ich war nur ein einfacher Mensch, der per Zufall in das Ganze hineingeraten war, doch ich konnte das Gefühl nicht loswerden, dass der Zeitpunkt ihres Auftauchens etwas mit mir zu tun hatte.
»Zudem ist es besorgniserregend, dass sie nicht gleich zu euch gekommen ist«, fügte ich schnell an, damit er sich nicht zu sehr mit meinem dummen Gedanken beschäftigen konnte. »Wenn ihr auf derselben Seite stehen würdet, dann müsste sie doch nicht herumschleichen und von euch stehlen.«
Trotz des nur schwachen Lichts, das Zahak ausstrahlte, war der tief sitzende Zorn auf seinen Zügen deutlich zu erkennen. »Wie ich bereits versucht habe, meinen Brüdern zu erklären: Ich habe schon seit Langem die Vermutung, dass wir nicht zufällig hier gelandet sind, und ich glaube auch nicht, dass unser Fall der Grund für unsere fehlende Erinnerung ist. Auch die Erinnerungen, die wir behalten haben, sind vermutlich nicht aus Zufall da.«
»Wie die Erinnerung an die Zerstörung eurer Welt?«
Ich hatte viel über die Lücken in dieser Fantasygeschichte nachgedacht. Hauptsächlich, damit mein Gehirn nicht bei dem Gedanken implodierte, dass ich selbst durch einen Kaninchenbau in eine Fantasywelt gefallen war. Einen Kaninchenbau voller bissiger Kaninchen.
»Ganz genau. Wir dachten, niemand hätte überlebt«, bestätigte Zahak und fuhr sich müde über das Gesicht. »Doch angesichts der Drachenwandler, die mit Mutter hier aufgetaucht sind, ist wohl mehr von der Welt übrig geblieben, als wir annahmen.«
Seine Welt: Xalifer. Ich versuchte, mir vorzustellen, wie diese Welt aussehen könnte, doch das Bild blieb blank. Wir brauchten mehr Informationen.
»Sind mittlerweile mehr Erinnerungen zu dir zurückgekommen?« Das plötzliche Auftauchen seiner Mutter und der anderen Drachen musste sicher irgendetwas hervorgerufen haben.
Er hielt inne und drehte sich zu mir, um mich besser ansehen zu können. »Ein paar. Aber das hast du bereits vermutet.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Als eifrige Leserin, die ihr Leben mit der Nase in Büchern voller Fantasywelten verbracht hat, versucht mein Gehirn immer, den Ausgang der Geschichte vorherzusagen, bevor ich das Ende gelesen habe.«
Einen Moment lang sah es so aus, als würde er wieder nach mir greifen wollen. In Erwartung seiner Berührung lehnte ich mich ihm entgegen, doch er ließ seine zu Fäusten geballten Hände wieder fallen. »Die Wahrheit befindet sich am Rande meiner Erinnerung«, gab er heiser zu. »Die Stimme meiner Mutter hat die Erinnerung an ihre Existenz hervorgerufen. Ich bin mir sicher, dass wir Xalifer aus einem Grund verlassen haben, der nichts mit seiner Zerstörung zu tun hat, doch ich bekomme die Erinnerung noch nicht ganz zu fassen.«
Das war der frustrierende Teil. Die Gefallenen hatten alle Antworten, wir mussten nur herausfinden, wie wir sie an die Oberfläche holen konnten.
Der Tunnel wurde wieder breiter, und auch die Decke wurde höher, sodass ich besser atmen konnte. Es war aus ganz unterschiedlichen Gründen hart gewesen, sich durch diese schmalen, einengenden Gänge zu bewegen. »Erzähl mir von Xalifer«, sagte ich, denn ich brauchte etwas, was ich mir vorstellen konnte. »Wie sah eure Heimat aus?«
Sein Gesichtsausdruck war schwer zu deuten, als er den Kopf neigte, während er unsere Umgebung weiterhin im Auge behielt. »Sie war wunderschön«, sagte er endlich. »Üppig und grün, mit vielen Bergen. Drachen lieben Berge, deshalb hat Drager seinen Sitz in den Himmel gebaut. In Risest gibt es zwar ähnliche Landschaften wie in Xalifer, aber keine Berge.«
»Ist es kalt dort?«
Schicht für Schicht versuchte ich, mir seine Heimat vorzustellen … die Welt, in der er aufgewachsen war.
»Im Süden ist es kalt«, antwortete er lächelnd. »Ich erinnere mich, wie ich durch den fallenden Schnee geflogen bin, der mein Dorf und die Umgebung bedeckt hat.« Für einen Augenblick schwieg er. »Nein … nicht Dorf. Schloss. Ich bin in einem Schloss aufgewachsen.« Er schüttelte den Kopf. »Die Erinnerung war vor mir versteckt, bis ich danach suchte.«
Ohne darüber nachzudenken, griff ich nach seiner Hand und drückte sie fest. »Du könntest Teil der Königsfamilie sein, oder der Garde.«
Als das Kribbeln und die Hitze meinen Arm hinaufschossen, wollte ich meine Hand zurückziehen, doch er verstärkte seinen Griff. Mein Körper reagierte seinerseits mit einem Ziehen in meiner Mitte. Diese einfache Berührung fühlte sich nach so viel mehr an als das, was ich je mit Drager hatte, selbst als seine Energie mich erfüllte.
Zahak beugte sich zu mir herab, und ich hielt den Atem an, gespannt darauf, was passieren würde. Würde er versuchen, mich zu küssen? Die Hitze und das Feuer seines Dufts umgaben mich, als er raunte: »Wir sollten die Nacht hier verbringen. Dieser Abschnitt ist verlassen, und ich kann spüren, dass du erschöpft bist.«
Er ließ mich los, und ich wäre beinahe vornüber gefallen. Das Bedürfnis, mir mit der Hand Luft zuzufächeln, war groß, und ich sog die warme Luft in meine schmerzende Lunge.
Astra knurrte, und ich war ihr dankbar für diese Ablenkung. Zahak strich ihr sanft über den Kopf, und ich versuchte, nicht auf das Kätzchen eifersüchtig zu sein. »Als ich sie gefunden habe, war Astra eine exzellente Räuberin in genau diesen Tunneln«, erklärte er. »Sie wird uns die Gefahr vom Hals halten.«
Ihr Knurren wurde zu einem Schnurren, als sie mit ihrem Kopf gegen seine Hand stupste. Astra hatte mich gelehrt, dass es keine Rolle spielte, dass sie eine uralte, pantherähnliche Kreatur war, beinahe zwei Meter lang und so groß wie ich, mit tentakelartigen, tödlichen Schnurrhaaren und messerscharfen Zähnen – im Inneren würde sie immer ein verschmustes Kätzchen bleiben.
»Ich habe kein Problem damit, über Nacht hierzubleiben«, sagte ich leise. Er hatte recht. Ich war erschöpft, nicht nur vom stundenlangen Marsch durch diese Gänge, sondern auch von den Ereignissen des Tages.
Zahak führte uns zu einer kleinen Nische, die auf zwei Seiten durch Felswände geschützt war. Ich ließ mich mit dem Rücken zur Wand in einer Ecke nieder, und Astra kuschelte sich neben mich an meinen rechten Oberschenkel. Zahak gesellte sich nicht zu uns.
»Wohin gehst du?«, fragte ich. Der Gedanke, dass er uns verlassen könnte, ließ Panik durch meinen Körper pulsieren. Astra war toll, doch einen Drachenwandler konnte nichts ersetzen.
»Ich wollte versuchen, etwas zu essen aufzutreiben. Du bist hungrig.«
Er beugte sich zu mir herab und strich mir mit seinen Fingern über die Wange. Ein flüchtiger Moment, doch ich spürte das Brennen seiner Berührung noch, als er sich umdrehte und in die Dunkelheit davonging. Eine Dunkelheit, die mich umgab, sobald meine Lichtquelle aus der Nische verschwunden war. Ich grub die Finger in Astras Fell und versuchte, nicht in Panik zu geraten.
Wenn du sie nicht sehen kannst, können sie dich auch nicht sehen.Wenn du sie nicht sehen kannst, können sie dich auch nicht sehen.
Die Tatsache, dass das nicht stimmten konnte – meine Sinne waren lachhaft und schwach im Vergleich zu den Fähigkeiten der meisten Fae –, hielt mich nicht davon ab, das Mantra immer und immer wieder im Geiste zu wiederholen.
Astra schnurrte und grollte an meiner Seite, als sie eine ihrer riesigen Pfoten in meinen Schoß legte. Einen Moment später funkelte ihr Fell, das sie durch ihre Energie zum Leuchten brachte.
»Danke«, brachte ich heraus und lehnte mich zu ihr herab, um mein Gesicht an ihres zu drücken. »Du bist eine gute Freundin.«
Sie schnurrte noch lauter, und in meiner Brust wurde es ganz warm. Ich liebte diese furchteinflößende Katze, und ich würde mich ohne zu zögern vor ein Albtraumwesen werfen, um sie zu beschützen. Tiere … sie stahlen dir das Herz und gaben es nie wieder her.
Vor Erschöpfung musste ich, eingekuschelt in ihr warmes Fell, eingenickt sein. Ohne Zweifel nicht die sicherste Idee in unserer gefährlichen Lage, aber hey, ich war auch nur ein Mensch. Aber als ich einige Meter weiter ein Kratzen an den Felswänden hörte, liefen all meine Sinne schlagartig wieder auf Hochtouren.
Astra war im Bruchteil einer Sekunde auf den Beinen, schlich nach vorn, und ihr bedrohliches Knurren ließ ihren ganzen Körper erbeben. Der Trost und die Erholung, die ich durch das Nickerchen mit meinem Kätzchen gefunden hatte, waren wie weggewaschen, als hätte man mir einen Eimer Eiswasser über den Kopf gekippt. Jetzt war ich auf den Beinen und schob mich vorwärts, die Hand auf Astras Rücken, während ich in die Dunkelheit spähte.
Was auch immer da draußen war, es konnte nicht Zahak sein, denn dann hätte sich Astra keinen Millimeter bewegt.
Sie bereitete ihre Waffen vor, während ich nichts weiter tun konnte, als voller Angst in die Dunkelheit zu starren. Sie war in ihrem Beschützermodus, und das konnte nur heißen, dass die Bedrohung immer näher kam. Ihr Grollen wurde lauter, und im Licht ihres funkelnden Fells konnte ich sehen, wie ihre Tentakelschnurrhaare länger und ihre Enden schärfer wurden. Konnte Angst eine Waffe sein? Falls ja, dann war ich bis an die Zähne bewaffnet.
Das Rascheln wurde lauter, und dann sah ich die Quelle der Geräusche, und der Anblick allein hätte beinahe dafür gesorgt, dass ich mir in die Hose machte.
Eine Kreatur stand vor uns, und ich wusste genau, dass dies das Ende war.
Oh Götter, wir werden hier draufgehen.
Morgan
Die Kreatur war anders als alles, was ich in der Fae-Welt zu sehen erwartete – selbst im Graben der Albträume. Es sah aus wie ein zwei Meter großer Bär mit schwarzem Fell, der aufrecht auf zwei Beinen stand. Seine Schnauze war länglicher als bei einem normalen Bären, mit Reihen an Krokodilzähnen, und er hatte rote, glühende Augen.
Der Schrei blieb mir in der Kehle stecken, denn meine Angst war ins Unermessliche gestiegen. Wäre ich diese Art von angsteinflößender Energie nicht bereits von Cal und den Gefallenen gewohnt, hätte die Panik, die mir durch die Adern strömte, mich vermutlich um den Verstand gebracht.
Der Bär schlurfte nach vorn, und ich fragte mich, ob sich die Kreatur ein paar Dokus über Serienmörder angesehen hatte – sie hatte das langsame Schlurfen eines Psychokillers, das den Puls zum Rasen brachte, nämlich perfekt drauf. Doch als das riesige Wesen weiter auf Astra zutrat und von ihrem Licht erleuchtet wurde, erkannte ich, dass es nicht so schlurfte, um mir Angst einzujagen. Irgendetwas stimmte nicht mit der Kreatur.
»Sehen so die Nightmare Fae hier unten aus?«, wisperte ich.
Astra knurrte, unfähig dazu, sich mir mitzuteilen, was echt ungünstig war. Der Krokodil-Bär schlurfte immer näher, bis er nur einige Zentimeter von uns entfernt stehen blieb. Ein Stück seiner Haut löste sich vom Körper und landete mit einem leisen Plopp auf dem felsigen Boden, und mir entfuhr fast ein Schrei. Da stellte ich fest, dass überall Stücke an ihm fehlten, und ich konnte an einigen Stellen Knochen sehen sowie eine Menge roter, sehniger Muskeln und Adern. Ein Gurgeln kam aus seiner Kehle, als er sich einen weiteren Schritt auf uns zubewegte.
»Wir müssen hier weg, Astra«, sagte ich hastig. »Das kann kein normales Albtraumwesen sein. Es sieht irgendwie krank aus.«
Ich hatte an der Akademie einige Nightmare Fae getroffen, und keine davon hatte so ausgesehen. Klar, es gab nichts Albtraumhafteres als verwesende, zombieartige Monster, aber ich weigerte mich zu glauben, dass das normal war.
Ich drückte gegen Astra und versuchte, sie aus der Nische zu schieben, damit wir fliehen konnten. Wir mussten Zahak finden, er würde wissen, was zu tun war. Außerdem würden wir in der Falle sitzen, wenn der Bären-Krokodil-Zombie uns noch näher kam.
Natürlich ließ sich ein Sabre nicht einfach so wegschieben, außer wenn er es wollte. Ihre Brust schwoll an, als sie so bedrohlich knurrte, wie ich es noch nie von ihr gehört hatte, und ich spürte, wie sie sich anspannte, als wolle sie sich auf einen Angriff vorbereiten. In dem Moment, als sie sich in Bewegung setzte, entkam meinen zusammengepressten Lippen ein leises Quieken, und plötzlich war da ein Befehl, wie ein Peitschenhieb: »Astra, nicht!«
Die Worte des Drachenwandlers trafen mich wie ein Schlag, und selbst das Albtraumwesen kam zum Stehen, während sich ein weiteres Stück Haut von seinem Kopf löste und uns einen traumhaften Blick auf seinen Schädel erlaubte.
Toll, das Bild konnte ich gleich meiner Albtraumkartei hinzufügen, herzlichen Dank auch.
Astra zog sich zurück, ohne das Wesen zu berühren, und jetzt war sie es, die mich aus der Nische schob. Anscheinend gab es keine Sprachbarriere zwischen ihr und Zahak.
In dem Moment, in dem wir aus der Schusslinie waren, wurde der Tunnel von einem grellen Leuchten erfüllt, und ich kniff meine Augen zusammen, um sie vor dem Hitzeschwall zu schützen, als Zahak den Bären-Zombie einäscherte.
Während ich mich weiter mit geschlossenen Augen an Astra festklammerte, berührte etwas meine Wange, und mir entfuhr ein weiteres, peinliches Quicken. Als ich die Augen aufriss, stand Zahak vor mir. »Geht es dir gut?«, grollte er. Irgendwo zwischen dem Schock und seiner Nähe war mir die Fähigkeit zu sprechen abhandengekommen. Alles, was ich tun konnte, war, ihn anzustarren. »Morgan«, bohrte er. »Du musst mir antworten, mein Herz. Mein Drache ist gereizt, und das Monster umzubringen, hat uns kein bisschen beruhigt.«
Zahak und sein Drache. Die tödliche Kombination, die für mich Köpfe abgehackt und sie auf Pfählen arrangiert hatte, als wären sie ein hübsches Bouquet. Die beiden waren immer da und retteten mich, beschützten mich, und es war so überwältigend, dass meine Gefühle mich wieder zu ersticken drohten.
Mein Blick schweifte zu dem Brandfleck im Boden, gleich neben der Stelle, an der Zahak stand. Mehr gab es nicht, das an das gruselige Wesen erinnerte. »Was war das?«, krächzte ich und befeuchtete meine Lippen. »Es sah aus wie ein verwesender Zombie-Bär.«
»Morgan …« Zahaks Stimme war tiefer als sonst. Er würde nicht lockerlassen, solange ich seine Frage nicht beantwortete.
»Es geht mir gut. Das Wesen hat mich nicht berührt.«
Er musterte mich noch einen Augenblick länger, und als die Anspannung aus seinem Körper wich, verschwand auch der animalische Glanz aus seinen Augen. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und sah sich um.
»Das war ein Cranbil, doch auf ihn wirkte eine Energie, die ich noch nie zuvor gespürt habe. Ich habe im Graben andere Wesen gesehen, die auf ähnliche Weise verwesen. Es ist fast so, als würde sich eine Seuche zwischen ihnen ausbreiten.«
Das erklärte, warum sein Befehl an Astra so viel Nachdruck hatte. »Hätte Astra ihn gebissen, hätte sie sich infizieren können«, schlussfolgerte ich, und ein Schauer lief mir über den Rücken bei dem Gedanken, wie knapp sie dem gleichen schrecklichen Schicksal entgangen war, das den Bären ereilt hatte. »Ich vermute, dass die Suche nach Nahrung nicht besonders erfolgreich war, wenn alle Wesen hier unten verwest sind.«
Zahaks Blick wurde düster. »Es tut mir leid, aber ich kann nicht zulassen, dass du etwas von der üblichen Beute zu dir nimmst. Wir werden unser Tempo einfach etwas beschleunigen müssen.«
In der Hoffnung, ihn zu beruhigen, legte ich ihm eine Hand auf den Arm. Er hörte sich frustriert und besorgt an, weil er mich nicht mit Essen versorgen konnte, aber er hatte uns gerade gerettet, und das war mehr als genug.
Ich zuckte zusammen, als ich spürte, wie sich Hitze und Energie unter meiner Berührung verdichteten. Einen ähnlichen Ausbruch hatte ich gespürt, als ich Drager zum ersten Mal freiwillig berührt hatte, doch damals standen wir unter dem Zauber des Fruchtbarkeitsrituals.
Diesmal gab es kein Ritual, dennoch konnte ich meine Hand nicht von Zahak nehmen.
Das ist unsere Gefährtenbindung, La Moyar. Bald schon wirst du es verstehen.
Zum dritten Mal innerhalb von nur zehn Minuten quiekte ich auf. Noch einmal, und ich würde mich selbst ohrfeigen müssen. Aber … er war so deutlich in meinem Kopf zu hören! Was zur Hölle? Seine Stimme, die in meinem Kopf noch tiefer und vibrierender klang, hallte durch meinen gesamten Körper und setzte mein Inneres in Flammen.
Kannst du mich hören? So seltsam sich das anfühlte, ich musste versuchen, meine Stimme zu ihm zurückzuprojizieren.
Ein tiefes Lachen schallte durch meinen Kopf. Du wirst dich mit der Zeit daran gewöhnen. Ich werde mich niemals durch deine natürlichen Barrieren drängen, außer es ist notwendig für deine Sicherheit.
Ich fixierte ihn aus zusammengekniffenen Augen. Ich bin zu menschlich für so was. Kannst du wenigstens so tun, als könnte ich dich ausschließen, wenn wir uns streiten?
Der goldene Schimmer in Zahaks Augen verdunkelte sich, doch er drängte mich nicht weiter, denn seine Energie zog sich aus meinem Geist zurück. Da war große Melancholie, die den Verlust seiner Energie begleitete, aber ich verweigerte, mich davon überwältigen zu lassen.
Klar, zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich nicht allein, doch ich hatte zu viele Jahre gebraucht, um mir meine Unabhängigkeit zu erkämpfen, nur um jetzt von einer anderen Person abhängig zu sein, um mich ganz zu fühlen.
Ich konnte das nicht.
Ich riss die Hand von Zahaks Arm los und versuchte, wieder normal zu atmen, während er mir meinen kleinen Moment ließ und sich im Graben umsah.
»Da wir jetzt wissen, dass eine Seuche sich zwischen den Wesen hier unten ausbreitet …«, begann er. Die Zombie-Seuche war wirklich eine hervorragende Ablenkung. »… bin ich mir nicht sicher, ob wir hier länger verweilen sollten. Ich weiß, du konntest dich nicht ausruhen, aber denkst du, dass du weiter kannst?«
Mein Körper war wund und meine Beine schmerzten, doch ich war viel zu aufgeregt, um jetzt noch schlafen zu können. Zahak zu berühren, kam außerdem der Wirkung von zehn Energydrinks gleich. »Ich schaffe es noch eine Weile.«
Er nickte und sein Gesichtsausdruck wurde düsterer. »Ich glaube nicht, dass es gut für dich wäre, weiter vom Wasser hier unten zu trinken. Ich konnte keine seltsame Energie darin entdecken, doch ich habe in meinem Land noch nie etwas Derartiges erlebt. Es ist wie eine Dunkelheit, schleimig und klebrig, und ich habe Angst, wie dich das als Mensch beeinflussen könnte.«
»Ohne Wasser kann ich es nicht lange aushalten«, erinnerte ich ihn. Ich wollte aber auch nicht in Panik verfallen. Bevor ich vor Durst starb, würde ich das Wasser trinken. Ich hatte bereits etwas davon zu mir genommen, und noch ging es mir gut.
»Ich werde dich so schnell es geht hier rausholen«, versprach er.
Bevor ich eine wichtige Frage stellen konnte, wie zum Beispiel: Wie?, schlang er seinen Arm um meine Taille, zog mich hoch und machte sich mit mir auf den Weg durch die Tunnel. »Zahak!«, schrie ich, doch meine Stimme verlor sich im Tempo seiner Schritte.
Ich war bereits mit Drager auf diese Weise gereist und hatte damals meine Augen schließen müssen, um meinen Mageninhalt bei mir zu behalten. Bei Zahak war es nichts anderes, selbst wenn es um uns herum dunkel war.
Warum fragst du dann überhaupt, ob ich zu müde zum Laufen bin?, fragte ich ihn schnippisch und nutzte unsere mentale Verbindung, ohne darüber nachzudenken.
Seine Antwort war ein raues Lachen, und ich musste gestehen, dass ich jedes Mal ein bisschen süchtiger nach diesem Klang wurde. Wenn er sprach, dann war er stark und stoisch und auch ziemlich angsteinflößend. Aber wenn er lachte, dann fühlte es sich anders an … als würde er nur für mich lachen.
Als Zahak sich in Höchstgeschwindigkeit durch die Tunnel bewegte, nutzte ich die Zeit für ein Nickerchen.
Zahak würde mich irgendwann wieder selbst laufen lassen, und dafür brauchte ich so viel Energie, wie ich nur sammeln konnte. Ohne Wasser und Essen würde ich schon früh genug träge werden, da sollte der fehlende Schlaf nicht auch noch dazu beitragen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit verlangsamte der Drachenwandler seine Schritte, und ich öffnete schläfrig meine Augen. »Wow«, murmelte ich, als das Licht durch einen Spalt im Graben fiel und zeigte, wie tief wir uns unter der Oberfläche der Denille-Insel befanden.
»Hier haben sich die Landmassen verschoben«, erklärte Zahak leise und blickte sich um. »Dank der Sonnenenergie hat die Flora ihren Weg hier runter gefunden.«
Zahak setzte mich ab, und es dauerte einen Moment, bis ich mich aufrecht halten konnte. Anscheinend waren meine Beine bereit für die Rente, nachdem ich stundenlang von einem Drachen herumgetragen worden war.
Als ich endlich wieder sicher stehen konnte, folgte ich Zahak, um die Gegend zu erkunden. »Alles sieht normal aus«, grollte er. »Als ich das erste Mal nach meiner Ankunft hier war, gab es ein florierendes Ökosystem. So konnten Astra und die wenigen anderen Ocher Sabres hier unten überleben.«
»Warum hast du den Graben dann geschlossen? Wäre es nicht besser gewesen, ihn in Ruhe zu lassen?«
Es dauerte einige Augenblicke, bis er antwortete, und ich fragte mich, ob ich einen wunden Punkt getroffen hatte. Meine Unwissenheit über bestimmte Bräuche und die komplizierte Geschichte hatte mich bereits mehr als einmal in Schwierigkeiten gebracht. »Rückblickend«, sagte er schließlich mit rauer Stimme, »hätte ich sie in Ruhe lassen sollen. Unsere Ankunft hat sie aus der Instabilität geholt, die sie viel zu lange gefangen gehalten hat, und sie alle wollten einen Neustart. Sie wollten, dass ich den Graben zerstöre, damit sie von vorne anfangen konnten. Aber ich glaube, die Welt draußen war nicht das, was sie erwartet hatten. Sie leben nun abgeschieden, nicht mehr in ihren Nightmare-Clans, und auch wenn ich weiß, dass das einige Erleichterungen für sie gebracht hat, weiß ich auch, dass sie um das trauern, was sie verloren haben.«
Astra schnurrte laut, und ich strich ihr sanft über den Kopf. Die Traurigkeit in ihrem Schnurren war kaum zu ertragen.
»Vielleicht kannst du es ja eines Tages rückgängig machen«, schlug ich vor und war damit vermutlich alles andere als hilfreich. »Wir müssen aus unserer Vergangenheit lernen, um eine bessere Zukunft aufzubauen. Ich verstehe, dass ihr fünf hier als Götter verehrt werdet, doch das heißt nicht, dass ihr ohne Fehler seid. Es bedeutet nur, dass eure Fehler ein größeres Ausmaß annehmen können. Aber das lässt sich bestimmt … hinbiegen.« Oder?
Er musterte mich aufmerksam und ich konnte nicht genau sagen, was er von meinem ungebetenen Ratschlag hielt. Bevor es seltsam werden konnte, machte Astra ein Geräusch, das ich noch nie von ihr gehört hatte. Ein tiefes Grollen, und ihre Augen glühten rot.
»Geht es ihr gut?«, fragte ich mit einem unbehaglichen Schaudern. Wir wussten bereits, dass es hier unten Zombie-Nightmare Fae gab, und ich bezweifelte, dass der Cranbil der Einzige von ihnen war, den wir zu Gesicht bekommen würden. Stand uns wieder Gefahr bevor?
»Sie spürt eine neue Energie«, sagte Zahak und beugte sich zu ihr herunter. »Was ist los? Was fühlst du?«
Es war offensichtlich, dass die Albtraumwesen eine höhere Verbindung mit dieser Welt hatten als Zahak, und er vertraute auf ihre Instinkte. Astra ließ ein weiteres, tiefes Grollen ertönen, ein ungewöhnliches Geräusch, und dann bewegte sie sich vorwärts. Sie war im Jagdmodus, selbst wenn ihre Reißzähne nicht zu sehen waren … noch nicht.
Wir folgten ihr, und Zahak griff nach mir, um mich näher an sich heranzuziehen, und ich versuchte, die Explosion kribbelnder Energie zwischen uns zu ignorieren. Er sprach nicht in meinen Gedanken zu mir, aber die Verbindung war da und wurde immer stärker, je mehr Zeit wir miteinander verbrachten.
Glücklicherweise war Astra eine hervorragende Ablenkung, denn sie schlich weiter den Pfad entlang. Kleine Büsche, die ich nicht identifizieren konnte, wuchsen zwischen dem felsigen Boden, und größere Äste ragten aus den Spalten zwischen den Felswänden hervor, wo auch Wasser heraussickerte.
Astras Grollen wurde immer lauter, und als sie stehen blieb und dann zur Seite trat, entdeckte ich das Wesen, das ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Es war etwas größer als Astra und lag ausgestreckt auf dem Boden, regungslos.
»Oh nein«, rief ich und spürte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. »Was ist passiert?«
Es war ein Ocher Sabre, so wie Astra, mit dem gleichen schwarzen Fell und der gleichen uralten Schönheit, doch dieser Sabre war tot, sein Fell und Fleisch in Klumpen abgefallen, sodass nur noch der verwesende Körper übrig war. Ich nahm keinen Geruch vom Kadaver wahr, doch er muss Astra angelockt haben.
Einen langen Moment sah sie das tote Wesen einfach nur an, während Zahak und ich an ihrer Seite blieben, dann legte sie den Kopf in den Nacken und ließ ein trauriges Heulen ertönen. Dieser Kummer erfüllte meinen Körper, und Schmerz pulsierte in meiner Brust. Ich kämpfte nicht gegen die Tränen an, die mir die Wangen hinunterliefen. Astra betrauerte nicht nur den Verlust eines anderen Ocher Sabre, sie betrauerte auch den Verlust des letzten anderen Wesens ihrer Art.
»Es tut mir leid, alte Freundin«, sagte Zahak mit rauer Stimme und legte ihr eine Hand auf den Rücken, um ihr Trost zu spenden. »Ich werde herausfinden, wer das meinen Wesen angetan hat, und dann werde ich ihn mit größter Freude vernichten.«
Das Heulen, das Astra diesmal ausstieß, war nun weniger traurig und ihre Fangzähne traten hervor. Auch sie wollte den Schuldigen vernichten, und ich musste zugeben, dass ich, als ich mit einem Kloß im Hals auf den anderen Sabre herabsah, den Plan nur unterstützen konnte.
Diese Wesen hatten das nicht verdient. Sie lebten einfach nur hier unten, und sie hatten nichts …
Meine wütenden Gedanken wurden von einem leisen Fiepen unterbrochen. So leise, dass Astra und Zahak, die sich mit Grollen und wütenden Worten unterhielten, es nicht bemerkten. Ich fragte mich, ob ich dabei war, den Verstand zu verlieren, und mir auch noch Geräusche einbildete, und machte einige Schritte vorwärts.
»Morgan, was tust du da?«, verlangte Zahak zu wissen, der sofort bemerkt hatte, dass ich versuchte, mich am toten Sabre vorbeizuschleichen. Obwohl ich sicher war, dass ich es mir nur eingebildet hatte, hielt ich eine Hand hoch und bat damit um einen Moment.
Zu meiner Überraschung ließ er mich gewähren, und als ich hinter dem Sabre stand, war da wieder dieses leise Wimmern. Diesmal reagierte der Drachenwandler, sein Körper spannte sich an, als er sich auf das tote Wesen konzentrierte.
Mit dem Fuß schob ich seinen Schwanz beiseite, denn ich hatte das Gefühl, dass die Geräusche von dort kamen.
Oh mein Gott. Oh mein Gott.
Ich sah hinunter und fragte mich, ob ich halluzinierte. Dort entdeckte ich das perfekteste Wesen, das ich je gesehen hatte. Ein Ocher Sabre-Baby, wohlbehütet von seiner Mutter. Ihre letzte Aufgabe, ihr Junges vor dem zu schützen, was sie alle ausgelöscht hatte, hatte sie bis zuletzt erfüllt.
War das überhaupt möglich?
Zahak
Das war unmöglich.
Der Schock beeinträchtigte meine Bewegungen und machte mich langsamer, doch ich war immer noch schnell genug, um Morgan zu erreichen, bevor sie das Sabre-Junge berührte. »Nicht«, knurrte ich, zwang mich aber gleich danach, meinen Ton zu mäßigen. »Fass es noch nicht an. Es könnte ebenfalls infiziert sein.«
»Z, es ist ein winziges Baby und es braucht uns«, rief sie, Tränen in den Augen, während sie sich in meinen Armen wand. Ihre verdammte Traurigkeit brach mir das Herz. Dass es hier niemanden gab, den ich töten konnte, um sie glücklich zu machen, war wirklich ungünstig. Das war sowieso keine Situation, die ich mit Gewalt hätte lösen können, und da ich in so ziemlich allen anderen Gefühlslagen eingerostet war, wusste ich gerade nicht weiter.
»Wir können nicht sicher sein, ob es nicht genauso krank ist wie seine Mutter«, wiederholte ich bestimmt. Morgan konnte noch so viel weinen und betteln, ich würde nicht zulassen, dass sich meine Gefährtin in Gefahr brachte.
Sie blinzelte mich an, und die Traurigkeit in ihrem Blick wurde durch ein Lodern ersetzt. »Das bin ich bereit zu riskieren«, gab sie bestimmt zurück, und ich erkannte, dass sie sich kein bisschen vor mir fürchtete … oder aber ihr fehlte jeglicher Selbsterhaltungstrieb. Niemand sonst wagte es, gegen mich oder meine Brüder anzukämpfen, aber Morgan hatte sich von Anfang an Drager widersetzt. Sie würde auch nicht zögern, sich mit mir anzulegen, und ich hatte bereits vor einiger Zeit verstanden, dass sie stark genug war, um meine Gefährtin zu sein. Obwohl sie so zerbrechlich wirkte, wusste ich, dass sie es überleben würde, wenn ich mir holte, was mein war.
»Du bist manchmal echt ein skrupelloser Bastard«, sagte sie leise, und in ihrer Aussage lag so viel Bedrohlichkeit, wie ihr menschlicher Körper nur zuließ.
Morgan hatte ja keine Ahnung, wie skrupellos ich sein konnte. Insbesondere, wenn es um sie ging.
»Astra«, stieß ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, während mein Drache vor Anspannung in meiner Brust grollte. »Überprüfe den Geruch. Ist es infiziert?«
Sie schlich vorwärts, und in ihrer Energie schwang ihr Zorn mit, als sie um den leblosen Körper der Sabre-Mutter herumschlich. Astra war eine der Letzten ihrer Art, und ihr Leben war stets von Einsamkeit und Isolation geprägt gewesen. Als wir den toten Sabre entdeckt hatten, war in unserem Inneren etwas zerbrochen. Wenn dieses Junge gesund war, dann wäre ihr wenigstens etwas von ihrem Erbe geblieben.
Als Astra sich hinabbeugte, um langsam am Sabre-Baby zu schnüffeln, hörte Morgan endlich auf, sich in meinem Griff zu winden, und beobachtete den Sabre aufmerksam. Meine Finger glitten über ihre weiche Haut, und ich konzentrierte mich auf die Frau in meinen Armen. Eine Frau, die emotional – wenn nicht sogar darüber hinaus – an meinen Bruder gebunden war.
Es gab viel zu entwirren, bevor ich meinen jahrtausendealten Instinkten freien Lauf lassen konnte, die jeden Aspekt meines Lebens kontrollieren wollten. Sie stellte meine Disziplin und Geduld wirklich auf die Probe.
Astras Schnurren wurde lauter, als sie schnüffelnd näher rückte. Ein Teil von mir wollte sie zurückrufen, doch sie war auf ihre Weise ebenso uralt und mächtig wie ich, und ich hatte im Laufe der Jahre gelernt, ihren Instinkten zu vertrauen. Sie konnte zwar nicht sprechen, aber sie konnte sich mit mir mental verständigen, wenn es nötig war.
Sicher.
»Das Junge ist nicht infiziert«, sagte ich und ließ Morgan widerwillig los.
Mit einem traurigen Laut landete sie neben dem Sabre auf den Knien und hob ihn in ihre Arme. Das Junge schlief wieder, denn es schien seine ganze Energie aufgebraucht zu haben, als es uns auf sich aufmerksam gemacht hatte. Morgan drückte es sofort an ihre Brust und begann, es hin und her zu wiegen, als wäre es ihr eigenes Baby.
»Pantherbabys bleiben über ein Jahr bei ihrer Mutter«, sagte sie panisch. »Ich weiß, Sabre sind keine Panther, aber einen besseren Vergleich habe ich nicht. Dieses Junge kann nicht älter als ein paar Stunden sein, oder? Was weißt du über sie?« Die Worte schossen nur so aus ihr heraus, und sie sah Astra und mich an, als würde sie eine sofortige Antwort erwarten.
Mein Mensch war verdammt niedlich.
»Wir wissen kaum etwas über Ocher-Sabre-Junge«, gestand ich. »Astra und ich dachten, sie sei die Letzte ihrer Art. Dieser Sabre muss in der Nähe dieses hellen Abschnitts überlebt und sich von den Pflanzen ernährt haben, die hier wachsen.«
Morgans Nase kräuselte sich. »Sie sind vermutlich nicht viel anders als normale Sabre«, sagte sie hastig. »Erzähl mir von ihnen.«
Eine weitere Forderung und ein weiteres Grollen von dem Drachen in meinem Inneren, der mit jeder Interaktion anhänglicher wurde.
»Wenn du und dein Sabre-Junges lang genug leben wollt, um mehr darüber zu erfahren«, sagte ich ihr, »müssen wir hier raus, und wir kommen am schnellsten voran, wenn du dich von mir tragen lässt.«
Sie war hungrig und erschöpft. »Bitte. Können wir die Nacht hier verbringen?«, flüsterte sie. »Ich muss schlafen, und ich kann das nicht in deinen Armen, wenn ich das Sabre-Baby festhalte. Bloß heute Nacht, und morgen bringst du uns so schnell hier raus, wie du kannst.«
Ich wollte sie drängen, aber da ich keine unmittelbare Gefahr entdecken konnte, entschied ich mich, ihr den Wunsch zu erfüllen. »Fünf Stunden«, sagte ich kurz angebunden. »Du kriegst fünf Stunden, und dann gehen wir weiter.«
Sie schenkte mir ein freudestrahlendes Lächeln, und meine Brust zog sich bei diesem Anblick zusammen. Dieses wunderbare Geschöpf, das ein winziges Sabre-Junges in den Armen hielt, war gefährlich.
Wirklich gefährlich.
Astra suchte uns einen sicheren Platz, denn ihre Nase war besser als meine in Zweibeinergestalt. Sie führte uns zu einer weiteren Nische, die von drei Seiten von Felswänden geschützt wurde. Auf diese Weise mussten wir nur nach Angreifern aus einer Richtung Ausschau halten. Ich spürte Morgans Erleichterung, als sie sich setzte und gegen die Wand lehnte, und sie ließ meinen Drachen schnurren wie einen verdammten Sabre. Es gefiel ihm, sich um sie zu kümmern, und diese Befriedigung, wenn er ihr geben konnte, was sie wollte, war neu für uns beide.
»Du kannst schlafen, mein Herz«, sagte ich ihr. »Ich werde Wache halten, bis es an der Zeit ist, zu gehen.«
»Dem Baby wird es so lange gut gehen, oder?«, fragte sie gähnend.
»Ja«, antwortete ich mit Überzeugung, denn seine Energie war stark. »Ocher Sabre sind eine beeindruckende Art, und der Kleine ist stark.« Was es auch für eine Energie gewesen sein mochte, die hier heruntergesickert war und die Wesen im Albtraumreich infizierte, es hatte ihn verschont. Vielleicht lag es daran, dass er noch nicht geboren war, als es geschah, aber es war in jeder Hinsicht ein Wunder.
»Wenn es hier unten nur einen Ocher Sabre gibt«, sagte Morgan mit einem weiteren Gähnen, »wie ist dieses Baby überhaupt entstanden?«
Ihr Verstand war manchmal herrlich menschlich. »Ich habe keine Ahnung, aber diese Art ist etwas Besonderes. Es liegt nahe, dass sie allein Junge zeugen können, wenn sie das wollen.« Ich spürte Astras Interesse an meiner Theorie, und ich wusste, dass sie viel Zeit damit verbringen würde, über diese neue Möglichkeit für die Zukunft nachzudenken.
Morgan lächelte sanft auf das Baby herunter, und ich musste dem Verlangen widerstehen, es ihr aus den Händen zu reißen. Das Besitzdenken meines Drachen kannte keine Grenzen, und da wir unsere Verbindung noch nicht besiegelt hatten, waren wir verdammt gereizt, wenn es darum ging, dass andere unserer Gefährtin nahe waren.
Das Sabre-Junge fest an ihre Brust gedrückt, schlief Morgan auf ihrer Seite der Nische ein. Astra verschwand in der Höhle, um zu patrouillieren, denn sie war zu aufgebracht, um zu schlafen. Ein Wesen ihrer Art so vorzufinden, erzürnte ihre sanftmütige Seele.
Ich blieb bei Morgan, beobachtete sie still und prägte mir ein, wie sie atmete, tief und gleichmäßig. Sie war so erschöpft, dass sie selbst auf dem harten Boden tiefen Schlaf fand. Je länger ich sie beobachtete, desto wütender wurde ich, weil sie auf den losen Steinen schlafen musste, die rote Flecken auf ihrer Haut hinterließen.
Als ich diesen Anblick nicht länger ertrug, hob ich sie und das Sabre-Junge hoch und streckte mich auf dem Boden aus, damit sie bequem auf mir liegen konnten. Das Junge öffnete ein Auge und schnurrte, bevor es wieder einschlief. Der Bastard hatte meine Gefährtin bereits für sich beansprucht. »Das ist nur vorübergehend«, warnte ich ihn. »Sie gehört mir.«
Ein weiteres Schnurren, und ich musste feststellen, dass ich mich ein wenig darüber amüsierte. Dank Astra hatte ich schon immer eine Schwäche für Ocher Sabre gehabt.
Hitze und Energie eines Drachen umgaben Morgan, und sie schlief tief und fest auf mir. Nun mit dem Rücken an die Wand gelehnt, hielt ich sie mit beiden Händen fest und zog sie an mich, während ich den Drang unterdrückte, sie auszuziehen.
Die Barriere aus Kleidung zwischen uns störte mich – ich wollte ihre Haut berühren und ihre Essenz schmecken. Ich wollte alles nehmen, was ihr zerbrechlicher Körper zu bieten hatte, aber ich würde warten, bis sie bereit war.
Ich konnte meine Bestie im Zaum halten.
Das musste ich.
Meinen Schwanz im Zaum zu halten, war ein ganz anderes Problem. Dieser Ring aus Muskeln am Anfang des Schafts – der Knoten – pochte unaufhörlich. Wenn ich so darüber nachdachte, ging das bereits seit Wochen so.
Als Astra zurückkehrte, ihre Energie erschöpft und traurig, nahm sie ihren Beobachtungsposten in der Nähe des Eingangs ein, und ich schloss die Augen. Ich hatte noch nie jemanden in meine Nähe gelassen, als ich mich ausruhte. Die einzige Ausnahme war Astra.
Und jetzt auch Morgan.
Mit ihr an meiner Seite entspannte sich meine Energie auf eine Weise, die ich noch nie erlebt hatte. In ihrer Gegenwart fühlte ich mich ruhig, und ein friedliches Gefühl durchzog mein Inneres, als meine Gedanken endlich zur Ruhe kamen.
Während sie auf mir lag und wir uns gemeinsam ausruhten, lud sich ihre Energie auf und ihr Magen knurrte nicht länger.
Wir gaben einander das, was der andere brauchte – ein Gleichgewicht, und nichts konnte diesen Moment trüben, in dem ich zu verstehen begann, was mir in all den Jahren gefehlt hatte.
Doch da war immer noch die Sache mit Drager, seine Energie war immer noch in ihr. Ich entschied, dass ich das nicht länger ertragen würde, und ließ meine eigene Energie in sie fließen, um ihr System von seinem Einfluss zu reinigen.
Wäre er in diesem Augenblick hier gewesen, hätte ich ihm den Kopf abgerissen. Arschloch.
Solange wir aber nicht das Problem mit dem Überfall unserer Mutter gelöst hatten, blieb uns fünf natürlich nichts anderes übrig, als zusammenzuarbeiten. Unsere Stärke lag in der Einigkeit, was bedeutete, dass wir unsere Differenzen beiseiteschieben mussten.
Drager fand immer einen Weg, den Konsequenzen seiner Taten zu entgehen, aber irgendwann würde er lernen, was passierte, wenn man sich nahm, was einem nicht zustand.