Damit aus kleinen Ärschen keine großen werden - Hans-Otto Thomashoff - E-Book
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Damit aus kleinen Ärschen keine großen werden E-Book

Hans-Otto Thomashoff

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Beschreibung

Auf der Basis der modernen Hirnforschung zeigt Hans-Otto Thomashoff mit zwölf anschaulichen Fallbeispielen, wie Eltern ihren Kindern gute Vorbilder sein können.

Das menschliche Gehirn lernt in erster Linie aus der erlebten Erfahrung. Übertragen auf die Erziehung von Kindern heißt das: Alles, was Kinder bei ihren Eltern erleben und erfahren, prägt ihr eigenes Denken und Handeln. Ist Eltern daran gelegen, dass ihre Kinder ein glückliches und erfolgreiches Leben führen, sollten sie deshalb vor allem darauf achten, ihnen entsprechende Werte und Verhaltensweisen vorzuleben – in der Zeit mit Babys und Kleinkindern ebenso wie mit Grundschulkindern und Jugendlichen in der Pubertät.

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Der Autor

Hans-Otto Thomashoff ist Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse in eigener Praxis in Wien sowie promovierter Kunsthistoriker und Naturfotograf. Er ist Ehrenmitglied des Weltpsychiaterverbandes, Aufsichtsratsmitglied in der Sigmund-Freud-Privatstiftung und Mitglied des internationalen P.E.N.-Clubs. Autor zahlreicher Sachbücher und Fachpublikationen.

Das Buch

Auf der Basis der modernen Hirnforschung zeigt Hans-Otto Thomashoff mit zwölf anschaulichen Fallbeispielen, wie Eltern ihren Kindern gute Vorbilder sein können.

Das menschliche Gehirn lernt in erster Linie aus der erlebten Erfahrung. Übertragen auf die Erziehung von Kindern heißt das: Alles, was Kinder bei ihren Eltern erleben und erfahren, prägt ihr eigenes Denken und Handeln. Ist Eltern daran gelegen, dass ihre Kinder ein glückliches und erfolgreiches Leben führen, sollten sie deshalb vor allem darauf achten, ihnen entsprechende Werte und Verhaltensweisen vorzuleben – in der Zeit mit Babys und Kleinkindern ebenso wie mit Grundschulkindern und Jugendlichen in der Pubertät.

Hans-Otto Thomashoff

Damit aus kleinen Ärschen keine großen werden

Warum Eltern die besten Vorbilder sind

Kösel

Gewidmet allen Eltern und denen, die es gerne werden wollen

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Copyright © 2018 Hans-Otto Thomashoff

Copyright © 2018 Kösel-Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München.

Cover: Weiss Werkstatt München

Covermotiv: © Kudryashka/Shutterstock.com

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-21269-8 V003

www.koesel.de

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Hirnforschung und Erziehung – ein Überblick

Wie das elterliche Vorbild unsere Kinder beeinflusst

Wie soll er oder sie denn heißen? Oder: So kommt der Stress ins Paradies

Jonathan – oder: Wenn der Weg ins Leben kein Spaziergang ist

Clara – oder: Nur durch dich werde ich zum Ich

Fritz – oder: Was uns antreibt, die Welt zu erobern

Max – oder: Wie hältst du es mit deiner Wut?

Julia – oder: Fragen oder schlafen?

Gabi – oder: Auch Streiten will gelernt sein

Thomas – oder: Lernen lernen durch dich

Kevin – oder: Allein in der Stressfalle

Alina – oder: Darf ein Kind ein Kind sein?

Paul – oder: Wie Scheiden weniger wehtut

Lena – oder: Wenn die Hormone das Ende der Kindheit einläuten

Eltern sein heute

Literaturhinweise

Der Autor

Vorwort

Dieses überaus sachkundige, leicht zu lesende Buch handelt von einem sich über etwa 15 bis 18 Jahre erstreckenden Prozess der Anleitung und Begleitung, den wir »Erziehung« nennen. Anders als gelegentlich dargestellt, ist die Fürsorge, die Menschen ihren Kindern und Jugendlichen angedeihen lassen, kein kontra-biologisches, kein gegen die »wahre Natur« des Kindes gerichtetes Programm. Das Gegenteil ist richtig: Erziehung – verstanden als fürsorgliche Anleitung und Anteil nehmende Begleitung – ist ein Teil der biologischen Bestimmung des Menschen. Jane Goodall, die weltweit bekannte Schimpansenforscherin, antwortete mir einmal auf die Frage, ob denn auch die uns aus evolutionärer Sicht am nächsten stehende Spezies ihre Kleinen erziehe, mit einem ebenso spontanen wie energischen »Oh yes, they do!«. Es hätte nicht der Auskunft der fabelhaften Jane Goodall bedurft. Jeder, der aufmerksam beobachtet, wie alle unsere Säugetier-Geschwister als Eltern mit ihrem Nachwuchs umgehen, wird erkennen, dass sie diesen schützen, liebevoll anleiten, begleiten und bei Bedarf auch zurechtweisen. Doch damit sind die Argumente noch nicht erschöpft: Von der Evolution wurden uns Menschen – im Stirnhirn sitzende – neurobiologische Module mitgegeben, die ohne Erziehung nicht reifen können. Wer also bei Kindern das, was wir qua definitionem »Erziehung« nennen, unterlässt, versündigt sich an der Reifung des kindlichen Gehirns.

Leider war das, was in unseren Breiten in der Vergangenheit Eltern als gute Erziehung empfohlen wurde, zeitweise eine Katastrophe und hat Generationen von Kindern traumatisiert. Anstatt der Intuition zu folgen, die alle halbwegs natürlich fühlenden Eltern – seien sie Mensch oder Tier – spüren lässt, dass unsere Kleinen Schutz, Liebe, verlässliche Bindungen und freundliche Anleitung brauchen, begannen Ideologen, denen an der Heranzüchtung unterwürfiger Arbeiter, folgsamer Soldaten und frommer Untertanen gelegen war, im 19. Jahrhundert etwas zu propagieren, was die überaus verdienstvolle jüdische Psychoanalytikerin Alice Miller als »Schwarze Pädagogik« bezeichnet und beschrieben hat. Die von dieser Art von »Erziehung« betroffenen Kinder – in den deutschsprachigen Ländern waren es über Jahrzehnte hinweg Dutzende von Millionen – wurden durch Lieblosigkeit und Gewalt früh traumatisiert und litten, jedenfalls zu einem großen Teil, lebenslang an seelischen Beeinträchtigungen. Der Aufstieg der Psychoanalyse unter ihrem Wiener Gründervater Sigmund Freud erfolgte nicht zufällig just in jenen Jahren, in denen die erste Kindergeneration der Schwarzen Pädagogik zu Erwachsenen geworden war. Das Ende der Schwarzen Pädagogik eingeläutet zu haben, war eines der echten, unbestreitbaren Verdienste der Studentenbewegung der 1970er-Jahre. Die Vertreter dieser in die Jahre gekommenen Generation wurden in den letzten Jahren bzw. werden zu Großeltern.

Wie so oft war und ist auch in der Pädagogik eine der beliebtesten Übungen, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Der einen extremen Fehlentwicklung lässt man leider gerne das andere Extrem folgen. Nachdem die Empfehlungen der Schwarzen Pädagogik endlich auf dem Misthaufen der Geschichte entsorgt worden waren, machte sich in weiten Teilen der Elternschaft – so jedenfalls in den deutschsprachigen Ländern – die Überzeugung breit, die beste Art, Kinder heranwachsen zu lassen, sei, alle Repressionen wegzunehmen und ihrer »natürlichen« Entwicklung völlig freien Lauf zu lassen. Paradoxerweise hatte dies zur Folge, dass beide zentralen Elemente, derer jedes Kind von klein auf bedarf, dabei zu kurz zu kommen drohten (und drohen). Das eine Element ist die frühe liebevolle Fürsorge durch die konkrete Präsenz von verlässlichen Bezugspersonen. Im ersten Lebensjahr sind dies idealerweise die leiblichen Eltern. Andere Bezugspersonen können deren Rolle einnehmen, allerdings nur, wenn sie konstant anwesend sind und in hinreichendem Umfang eine dyadische, also zweiseitige Beziehung zum Säugling aufnehmen. Das andere Element, welches ebenfalls zu kurz zu kommen droht, ist die liebevolle Anleitung des Kindes zur Einhaltung von Regeln, das Setzen von Grenzen und die Entdeckung der Geheimnisse, wie ein soziales Miteinander funktionieren kann. Die Folgen sind zu beobachten: Wir sehen derzeit eine Generation von jungen Menschen heranwachsen, bei der es sich zwar insgesamt um eine überaus sympathische, liebenswerte Truppe handelt, von der aber ein nicht geringer Teil (in der Größenordnung von 15 bis 20 Prozent) beim Versuch, nach dem Verlassen des Elternhauses auf eigenen Beinen zu stehen, scheitert.

Das hier vorliegende Buch von Hans-Otto Thomashoff, einem erfahrenen und international renommierten Psychiater und Psychoanalytiker, leistet dreierlei: Das Buch geht den Ursachen nach, die einen beachtlichen Teil unserer jungen Menschen heute am Hineinfinden in ein kreatives, selbstbestimmtes und glückliches Leben scheitern lassen. Thomashoff zeigt, zweitens, anhand von zwölf Fallbeispielen, worauf es – beginnend mit der Schwangerschaft bis hin zur Adoleszenz – von Elternseite her ankommt, damit Kinder und Jugendliche ihren Weg gehen und gut ins Leben finden können. Schließlich und drittens verbindet das Buch seine überaus sorgfältigen und hilfreichen pädagogischen Empfehlungen mit Erkenntnissen der modernen Neurowissenschaften. Frühe Sicherheit, Zärtlichkeit, Bindung, Grenzsetzungen und den jahrelangen pädagogischen Dialog brauchen Kinder und Jugendliche nicht nur aus humanistischen Gründen. Hans-Otto Thomashoff zeigt, dass wir auch neurobiologisch dafür gemacht sind, als Kinder und Jugendliche begleitet zu werden und andererseits als Eltern unserem Nachwuchs Fürsorge zu geben und Vorbild zu sein. Hans-Otto Thomashoff ist ein lehrreiches und zugleich gut lesbares Buch gelungen, dem ich viel Erfolg wünsche.

Freiburg und Berlin, November 2017

Univ.-Prof. Dr. med. Joachim Bauer

Einleitung

In diesem Buch geht es um die Erziehung unserer Kinder. Ich weiß, dazu erscheinen jährlich Dutzende, wenn nicht gar Hunderte von Fachbüchern. Aber das hier ist kein klassischer Erziehungsratgeber, der sich aus einer Ansammlung gut gemeinter Ratschläge zusammensetzt. Vielmehr geht es hier um Erziehung mit Hirn, das heißt um Erziehung auf der Grundlage der Hirnforschung, die uns beinahe täglich neue Erkenntnisse liefert. Das Buch handelt also von Erziehung unter Berücksichtigung der Regeln, die für die Arbeit unseres menschlichen Gehirns gelten.

Wo stehen wir heute in der Erziehung unserer Kinder, in einer Zeit, in der wir uns mehr darum bemühen als je zuvor?

Der Soll-Zustand lautet: Wir wollen glückliche Kinder, die als Erwachsene gut im Leben zurechtkommen.

Aber paradoxerweise haben wir als Ist-Zustand: Wir bekommen immer mehr nervliche Wracks oder verwöhnte Schnösel und sehen uns immer deutlicher mit der Angst konfrontiert, dass unsere Kinder am Leben scheitern könnten. Und gar nicht selten passiert das leider auch.

Warum ist das so? Wie kommt es zu dieser unglücklichen Entwicklung? Der Grund dafür ist erfrischend einfach. Er erklärt sich aus der Art, wie unser menschliches Gehirn und damit auch das Gehirn unserer Kinder funktioniert, genauer gesagt, wie es lernt: Es lernt nämlich vor allem aus der erlebten Erfahrung. Das heißt, unsere Kinder lernen das, was wir ihnen als Eltern vorleben. Wohlgemerkt, was wir ihnen vorleben und nicht, was wir ihnen vorbeten. Und dann machen unsere Kinder es nach. Entweder kopieren sie unsere Eigenschaften und Marotten, oder aber sie machen das genaue Gegenteil. Je nachdem, ob ihr Gefühl das Vorgelebte als passend oder als unpassend einordnet. Das geschieht unbewusst und unwillkürlich, eben vom Gefühl her und deshalb pauschal. Ob Nachmachen oder das Gegenteil davon: In jedem Fall orientieren sich die Kinder an dem Vorbild, das wir ihnen Tag für Tag bieten. Live und in Farbe.

Segen der Nachahmung

Das ist von Natur aus ein enorm effizienter Mechanismus: nachmachen, was vorgelebt wird. Denn dieser Mechanismus funktioniert ganz von selbst. Bekanntermaßen gibt es ihn keineswegs nur bei uns Menschen. Einfach, wie er ist, hat er sich in der Natur schon bewährt und durchgesetzt, lange bevor wir den Planeten zu bevölkern begannen. Und so ganz nebenbei hat er die Evolution einen entscheidenden Schritt vorangebracht. Denn letztendlich besteht Evolution ja darin, dass Information weitergegeben wird. Von Generation zu Generation. Ursprünglich über die Gene und ihre Steuerung, aber bereits bei vielen Tieren und erst recht bei uns Menschen vor allem über die Information, die wir in unseren Gehirnen speichern. Bewusst und unbewusst sammeln wir dort all das, was wir im Laufe unseres Lebens an Erfahrungen machen, und geben es an unsere Nachkommen weiter. Meist ganz automatisch, ohne dass wir groß darüber nachdenken.

Vor allem, was wir mit intensiven Gefühlen erleben, hat dabei Vorrang. Denn Gefühle signalisieren uns, was wichtig ist, und steuern dadurch unser Verhalten. Genau deshalb, weil unsere Gefühle unser Verhalten steuern und daher Gefühl und Verhalten meist an einem Strang ziehen, ist das, was wir unseren Kindern vorleben, in der Regel mächtiger als jedes noch so gut gemeinte gesprochene Wort.

Allerdings haben wir Menschen für die Weitergabe unseres Verhaltens eine entscheidende Ebene hinzugewonnen. Denn anders als Tiere haben wir ein echtes Bewusstsein entwickelt. Das heißt, wir können uns alle Facetten unserer Existenz und damit auch unser Verhalten bewusst machen. Hierdurch können wir aktiv unser Verhalten steuern und damit natürlich auch die Vorbildfunktion für unsere Kinder. Wenn wir nur wollen, können wir gezielt beeinflussen, was wir unseren Kindern beibringen, und entscheiden auf diese Weise ein Stück weit aktiv selber mit, was einmal aus ihnen werden wird. Das ist fraglos eine tolle Sache. Denn dadurch können wir mitgestalten, wie sich unsere Kinder entwickeln und damit letztlich auch, wohin sich unsere menschliche Evolution bewegt.

Leider will uns das allerdings häufig nicht so recht gelingen. Trotz bester Absicht und ehrlichem Bemühen. Warum? Nun, die Sache mit der Verhaltensweitergabe hat einen massiven Haken.

Und da kommen wieder unsere Gefühle ins Spiel. Meist ganz unbemerkt. Unsere bewusste Steuerung steht nämlich unweigerlich unter dem Einfluss unserer Gefühle. Ihretwegen neigen wir dazu, uns selbst und alles andere immer in dem Licht zu sehen, das gerade zu unserer Stimmung passt. Genau das hat die Hirnforschung ans Tageslicht gebracht. Wer vor einer Befragung zur Zufriedenheit mit seinem Leben zehn Cent findet, schätzt allen Ernstes sein ganzes Leben besser ein als jemand, der einfach so nach seinem Lebensglück gefragt wird. Das Gefühl beherrscht den Verstand. Außer, wir achten bewusst darauf.

Alles Gefühl?

Doch damit nicht genug. Andauernd sind wir Einflüssen aus unserer Umwelt ausgesetzt. Permanent stehen wir mit ihr in Wechselwirkung, färbt sie auf uns ab. Am massivsten, wenn der Stress groß ist. Und das ist er heutzutage bedauerlicherweise oft. Wenn pausenlos irgendwelche Eindrücke auf uns hereinprasseln, verlieren wir nur allzu leicht aus den Augen, wohin unsere Gefühle uns treiben, wie wir uns also in Wirklichkeit verhalten. Statt bewusster Kontrolle durch den Verstand bestimmen dann allein die Gefühle unser Handeln.

Das zeigt sich besonders, wenn wir uns anders verhalten, als wir das eigentlich wollen. Wenn uns unser Gefühl zu Handlungen drängt, die wir bei bewusster Einsicht vermeiden würden. Dann laufen wir auf Autopilot. Oft ohne dass uns selbst das bewusst klar wird.

Vielleicht kennen Sie das ja aus Ihrem Bekanntenkreis: Ein Freund oder eine Freundin macht immer wieder den gleichen Fehler. Obwohl es jeder Außenstehende längst erkannt hat, sucht er oder sie sich immer wieder den gleichen Typ als Partner. Und dann klappt es wieder nicht. Und jedes Mal findet er oder sie irgendwelche Gründe dafür. Meist ist einfach der andere schuld.

Wir haben hier ein wunderbares Beispiel dafür, wie im Gehirn immer zuerst ein Gefühl entsteht und dann der Verstand nach einer Erklärung für das Gefühl sucht. Das liegt daran, dass die Regionen im Gehirn, die für unsere Gefühle zuständig sind, schneller arbeiten als unser für den Verstand zuständiges Großhirn. Denn die Gefühlsregionen sind einfacher gebaut. Sie entstanden bereits früher in der Evolution. Der Verstand kam erst später hinzu.

Das Pikante daran ist, dass die Erklärung, die der Verstand sich für ein Gefühl zusammenbastelt, richtig sein kann. Aber sie muss es nicht. Oft greift die Suche nach der logischen Ursache für ein Gefühl ganz schön daneben. Etwa, wenn die Laune mies ist, weil wir einen Kater haben, wir aber den Lärm unserer Kinder dafür verantwortlich machen. So etwas soll ja vorkommen. Sie merken schon: Die Erkenntnisse aus der Hirnforschung haben durchaus Bedeutung für die alltägliche Lebenspraxis.

Doch nicht nur im Auf und Ab unserer Beziehungen können wir täglich erleben, wie unser Verhalten vor allem von Gefühlen gesteuert wird und nicht vom Verstand. Beispiele dazu finden sich überall. Wir gehen aus Angst nicht zum Arzt, bis es dann richtig schlimm wird. Oder wir machen uns andauernd künstlich Stress.

Unsere Gefühle sind auch dafür verantwortlich, dass wir immer dort, wo das Hinschauen unangenehm für uns werden könnte, unsere blinden Flecken haben. Da schauen wir dann partout weg. Und genau dieses Wegsehen – dort, wo es am offensichtlichsten ist – bestimmt häufig auch die Erziehung unserer Kinder. Gerade weil dabei laufend unsere Gefühle im Spiel sind. Mit der Folge, dass unsere Kinder unweigerlich auch unsere Fehler übernehmen. Und mehr noch: Auch ihre Kinder, unsere Enkel, werden eines Tages diese Fehler auf genau demselben Weg lernen. Ein klassischer Teufelskreis. Doch was tun, um ihn zu durchbrechen?

Vom Gefühl zum Verstand

Keine Frage: Der Verstand muss her. Es führt kein Weg daran vorbei: Wir müssen uns selbst den Spiegel vorhalten und dadurch verstehen lernen, wie wir wirklich ticken. Vor allem dort, wo es unangenehm ist. Denn nur dann können wir unsere eigenen Muster durchbrechen. Die, die unsinnig sind und uns und unseren Kindern letztlich schaden, selbst wenn sie uns so selbstverständlich und vertraut erscheinen.

Natürlich kann ein ehrlicher Blick in den Spiegel gelegentlich wehtun. Ja, es kann dabei sogar ans Eingemachte gehen. Denn genau das ist ja der Grund für unser Wegschauen. Aber Schmerz hin, Schmerz her, schließlich geht es um unsere Kinder. Und für die wollen wir doch von Herzen nur das Beste, für sie geben wir uns tagaus, tagein Mühe, möglichst perfekte Eltern zu sein.

Fraglos waren die Anstrengungen dafür noch nie so groß wie heute. Und so stehen wir unter Druck, suchen Orientierung, lesen einen Erziehungsratgeber nach dem anderen und überhäufen uns mit klugen und gut gemeinten Ratschlägen. Doch selbst, wenn wir sie alle verstehen, kennen wir uns schon bald gar nicht mehr aus.

Warum eigentlich setzen wir uns in der Erziehung so unter Druck? Warum fällt uns heutzutage eine der natürlichsten Sachen der Welt so ungemein schwer? Mir scheint, die Antwort ist ganz einfach: weil wir Eltern unsere eigenen Gefühle ausblenden, ihnen nicht mehr vertrauen und nicht gelernt haben, sie, wo nötig, bewusst und gezielt zu steuern. Und so übersehen wir, dass unsere Kinder sich eben nicht an Ratgeber oder pädagogische Prinzipien halten. Nein, sie machen, wie geschildert, einfach das nach, was wir ihnen vorleben: unser von Gefühlen geleitetes Verhalten.

Ganz von selbst passen sich unsere Kinder uns an. Und genau darin liegt das Problem – oder, wenn man nur die Richtung dreht, auch die beste Nachricht der Welt. Denn sie bedeutet: Wie unsere Kinder werden, liegt an uns selbst. Sie sind nicht von Natur aus bockig, überdreht, lustlos, kompliziert oder tyrannisch, nein, sie halten uns einfach nur den Spiegel vor. Ihr Verhalten spiegelt uns. Was wir in diesem Spiegel sehen, das sind wir selbst.

Vom Verstand zum Spiegel

Damit zum wesentlichen Ansatz dieses Buches: Wir werden vor allem einiges über uns selbst lernen. Über unser Gehirn, über die Art, wie es sich aufbaut und funktioniert. Um daraus ganz praktische Konsequenzen für unser Leben ziehen zu können. Und genau die kommen dann ganz von selbst auch unseren Kindern zugute. Indem wir unser Verhalten ändern, können wir ihnen mitgeben, was sie für ihr Leben brauchen werden.

Das Angebot dieses Buches lautet also: Lassen Sie uns, liebe Leserinnen und Leser, gemeinsam in den Spiegel hineinblicken. Ganz aufrichtig und ungeschminkt und – keine Sorge – auch nicht ohne Augenzwinkern.

Hirnforschung und Erziehung – ein Überblick

Los geht’s, Augen auf! Nun, was sehen wir da im Spiegel? Überspitzt erkennen wir da zwei Grundtypen von Eltern.

Da sind zum einen diejenigen, die bei näherer Betrachtung eigentlich gar keine Zeit für Kinder haben. Doch meist merken sie das gar nicht. Viel zu sehr sind sie beschäftigt mit allem Möglichen. Mit der Karriere, mit der Selbstverwirklichung, mit dem für viele täglich härter werdenden Überlebenskampf oder manchmal auch einfach nur mit Shoppen und Telefonieren mit dem Handy. In jedem Fall ist andauernd etwas zu tun.

Genau das Gegenteil findet sich auf der anderen Seite. Da sind Eltern im Dauereinsatz, um ihren Kindern ein Paradies auf Erden zu errichten. Fast pausenlos bemuttern und bevatern sie ihre Kleinen. Am liebsten, so scheint es, würden sie sich selbst zusammen mit ihren Kindern in den Sandkasten setzen, um mit ihnen Sandburgen und Luftschlösser zu bauen. Und dabei entgeht ihnen, wie sehr sie in ihrer gut gemeinten Selbstaufopferung ihr eigenes erwachsenes Leben an den Nagel hängen.

Beiden Typen von Eltern geht irgendwann die Puste aus.

Den einen, weil sie dauerbeschäftigt und gehetzt sind. Stress ohne Ende. Sie sind aufgesprungen auf den Zug der Zeit. Für sie sind Leistung und Karriere zum Lebensinhalt geworden. Als Selbstzweck oder auch um sich dem endlosen Rausch des Konsums hinzugeben. Geld und seine Verlockungen sind für sie zum vermeintlichen Lebensglück geworden. Die Folge davon ist permanenter Druck statt bewusste Lebensplanung. Für Kinder bleibt da eigentlich gar kein Platz. Aber irgendwie gehören sie halt dazu. Für das Selbstbild oder vielleicht auch wegen der Konvention.

Aber auch diejenigen Eltern, die alles stehen und liegen lassen, damit ihre Kinder im Glück schwelgen können, stoßen irgendwann an ihre Grenzen. Denn ihr eigenes Leben als Erwachsene bleibt auf der Strecke. Doch damit nicht genug. Irgendwann schlägt ihnen die Stunde der Wahrheit. Schließlich gibt es das Dauerglück auf Erden, das sie ihren Kindern vormachen, gar nicht. Irgendwann durchschauen die Kinder das. Schließlich wollen sie ja lernen, wie das wirkliche Leben funktioniert. Von Natur aus. Und dann werden sie den Weg hinaus ins wirkliche Leben suchen. Neugierig, wild und ungestüm. Allerdings, ohne richtig darauf vorbereitet zu sein.

Kinder werden, wie sie sind, weil wir sind, wie wir sind

Welchen Weg wir auch wählen: Unsere Kinder passen sich an. Erst einmal machen sie brav nach, was wir ihnen vorleben. Ganz automatisch. Es kann sogar sein, dass sie ihr Leben lang dabeibleiben. Aber es kann auch sein, dass sie sich eines Tages davon befreien, wenn sie erwachsen sind. Dann, wenn ihr Gefühl signalisiert, dass der Lebensentwurf, den die Eltern ihnen vorleben, für sie nichts taugt, weil die Eltern offensichtlich oder insgeheim damit nicht glücklich sind. Aber bis dahin ist es erst einmal ein langer Weg.

Und der ist davon geprägt, dass unsere Kinder nachmachen, was wir ihnen vorleben. Weil es bei uns Eltern fürs Überleben gereicht hat, stehen die Chancen gut, dass es auch bei ihnen reichen wird, dass auch sie ausreichend gut damit in ihrem Leben zurechtkommen werden.

Diese automatische Verhaltensweitergabe teilen wir Menschen übrigens mit den meisten Säugetieren und Vögeln, also mit den Tierarten, die sich ebenfalls intensiv um ihre Jungen kümmern. Auch bei ihnen lernen die Jungen, wie das Leben funktioniert, was richtig und was falsch ist, dadurch, dass es ihnen vorgelebt wird.

Doch – ich erwähnte es schon – wir Menschen können diesem Automatismus auch bewusst entgegenwirken. Wir können Erziehung bewusst anders machen, als wir sie selbst erlebt haben. Gerade hierzulande streben wir angesichts der Erfahrungen im letzten Jahrhundert nach mehr als intuitivem Nachahmen. Wir wollen es besser machen als unsere Eltern. Und das ist in vielen Fällen auch gut so. Weil wir jetzt in einer Demokratie leben, stehen Themen wie Autorität, Gehorsam und Eigenverantwortung auch innerhalb unserer Familien in einem anderen Licht da als früher. Allerdings ist eine bewusste Erziehungsplanung nicht automatisch ein Garant für Erfolg. Denn auch der Verstand ist, gerade wenn er nicht mehr vom Gefühl unterfüttert wird, ausgesprochen fehleranfällig.

Während einer Vortragsreise meldete sich an einem der Abende in der Abschlussdiskussion ein selbstbewusster junger Mann zu Wort. Er lobte, dass ich so klare Worte gefunden hätte, und fand sich in einem wesentlichen Punkt voll und ganz in seinen eigenen Ansichten bestätigt. Immer schon habe er es geahnt: Seine Oma wusste, wie Erziehung richtig geht. Ganz von selbst. Damit traf er den Nagel auf den Kopf.

Wie Erziehung funktioniert, ist im Wesentlichen eine Sache des Gespürs. Dieses Wissen sitzt vor allem in unserer Intuition. Und die baut sich eben nicht über den Verstand auf, sondern entwickelt sich aus unseren eigenen Lebenserfahrungen. Was wir selbst erlebt haben, bildet die Grundlage für unsere Intuition, für unser Bauchgefühl im Umgang mit anderen Menschen und damit auch mit unseren Kindern. Und genau das geben wir an sie weiter. Wenn alles gut läuft, dann läuft alles ganz von selbst. So wie bei dem jungen Mann und seiner Oma. Der Verstand ist nur dann von Nutzen und dringend angebracht, wenn eben nicht alles zum Besten gelaufen ist. Er kann aber nie das alleinige Erziehungsinstrument sein.

Warum der Kopf allein nicht genügt

Bei unserem Versuch, es heutzutage anders und besser zu machen als unsere eigenen Eltern, schütten wir allzu oft das Kind mit dem Bade aus. Unser Verstand ersetzt unsere Intuition, anstatt dass wir beide miteinander in Einklang bringen. Mit der Folge, dass wir allen möglichen Erklärungsansätzen und Ratschlägen Tür und Tor öffnen. Die gut sein können – oder eben nichts weiter als blanker Unsinn. Irgendeine logische Erklärung lässt sich schließlich immer finden, selbst für jede noch so abwegige Empfehlung. Solange die nicht massiv das Überleben gefährdet, wird sie erst einmal angenommen.

Als Teil dieser Entwicklung wird vieles von dem durchaus brauchbaren Wissen, das wir intuitiv mitbekommen haben, infrage gestellt. Es wird regelrecht verschüttet in der allgemeinen Verunsicherung, die wir unserem Streben nach Perfektion verdanken. Das für eine gute Erziehung so entscheidende Zusammenspiel von Verstand und Intuition geht verloren. Rat- und Orientierungslosigkeit sind die Folge.

Wir sollten uns also klarmachen, dass wir nicht nur unseren Verstand, sondern auch unsere Intuition brauchen, um als Eltern gute Vorbilder sein zu können. Dazu hilft es, wenn wir den Blick auf unsere Intuition richten, wenn wir verstehen, wie sie arbeitet, wie sie entsteht und wie wir sie weitergeben.

Was die lebendige Alltagsbeobachtung schon lange lehrt, wird mittlerweile von der Hirnforschung bestätigt: Für den Aufbau unserer Intuition brauchen wir ein lebendiges Gegenüber. Denn – und schon sind wir mitten in der Hirnforschung – mithilfe der sogenannten Spiegelneuronen in unserem Gehirn nehmen wir den anderen nicht nur wahr, sondern regelrecht in uns auf.

Wie unser Gehirn spiegelt

Spiegelneuronen sind spezielle Nervenzellen, die erst Ende des vergangenen Jahrhunderts entdeckt wurden. Jedes einzelne von ihnen speichert ein bestimmtes Verhalten, und immer wenn dieses Verhalten ausgelöst wird, sei es, weil wir selbst die Handlung ausführen oder weil wir es bei unserem Gegenüber wahrnehmen, dann wird das dazugehörige Spiegelneuron aktiv. Allerdings müssen wir die Verhaltensweisen, die wir so abspeichern, erst einmal lernen. Das heißt, wir müssen die einzelnen Verhaltensmuster selbst ausführen oder von einem anderen vorgemacht bekommen, um sie in unseren Spiegelneuronen zur Verfügung zu haben.

Auf diese Weise sammeln wir im Laufe unseres Lebens die ganze Vielfalt unseres Verhaltens wie Bücher in einer Bibliothek. Gerade das, was wir schon ganz früh lernen, also in einer Zeit, in der wir uns dessen noch gar nicht bewusst sind, bleibt uns ein Leben lang erhalten und wird so zu einem selbstverständlichen und unwillkürlichen Teil unseres Verhaltens. Und ganz von selbst leben wir das unseren Kindern vor und geben es ihnen weiter.

Das bedeutet: Wenn die Erziehung durch unsere Eltern für uns einigermaßen gut gelaufen ist, dann machen wir ganz automatisch auch bei unseren Kindern das meiste richtig. Nicht immer, denn wer ist schon perfekt, aber eben meist.

Wenn das kein Grund dafür ist, dass wir uns erst einmal entspannen! Denn wahrscheinlich ist bei den meisten von uns doch eine ganze Menge richtig gelaufen. Sonst wären wir schließlich nicht da, wo wir heute stehen. Wir könnten und sollten uns deshalb ruhig gelegentlich zurücklehnen und die Zeit mit unseren Kindern einfach genießen. Bewusst und in vollen Zügen erleben, wie sie von uns das Leben lernen. Solange wir dabei einfühlsam, ehrlich, authentisch und verlässlich bleiben, kann da eigentlich gar nicht viel schiefgehen.

Wenn wir allerdings das Gefühl haben, dass unsere eigene Kindheit nicht ideal verlaufen ist, oder wenn wir erleben, dass unsere Kinder immer auffälliger werden, dann wird die Sache komplizierter. Dann müssen wir unseren »Kopf« einschalten, dann müssen wir über unseren Verstand versuchen, das bewusst richtig zu machen, was uns von selbst nicht so recht gelingen will.

Wenn bei der Erziehung der Verstand ins Spiel kommt

Genau an dieser Stelle wird es vertrackt. Denn jetzt ist unser Erziehungsansatz auf einmal »verkopft«. Gerade weil wir uns besondere Mühe geben wollen, damit es unseren Kindern besser ergeht als uns selbst in unserer Kindheit, vertrauen wir den zahllosen Experten mehr als unserem eigenen Gefühl. Leider oft selbst da, wo unser Gefühl ganz richtigliegt. Außerdem spüren es unsere Kinder, wenn wir nicht mit dem Gefühl bei der Sache sind. Dann nehmen sie uns nicht ernst, und nichts funktioniert mehr so, wie wir es uns wünschen. Um nicht in diese Falle zu tappen, kommen wir nicht darum herum, in den Gefühlen unserer eigenen Vergangenheit aufzuräumen.

Denn wenn wir nicht für Ordnung in unserem Gefühlshaushalt sorgen, also das, was bei uns nicht so gut gelaufen ist, nicht von dem für uns Guten trennen, dann geben wir unsere gesamte Intuition an der Garderobe ab und lassen uns von fremdem Rat bestimmen. Gut gemeint, vom Experten empfohlen, aber leider oft von einer Ideologie beherrscht, die im Widerspruch steht zu einer gelungenen Intuition.

Gerade in Deutschland sind wir in dieser Hinsicht gebrannte Kinder. Denn der Standard für die bewusste Erziehungsgestaltung wurde lange, völlig fern jeder elterlichen Intuition, bestimmt vom Erziehungsratgeber Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind von Johanna Haarer. Das Buch wurde 1,2 Millionen Mal verkauft. Junge Mütter lasen es in bester Absicht bis hinein in die 1960er-Jahre. Statt gesunder Intuition wurden dort Erziehungsmethoden aus der Nazizeit propagiert, denn aus dieser Zeit stammte das Buch. So hieß es da etwa zum Umgang mit schreienden Säuglingen: »… liebe Mutter, werde hart! Fange nur ja nicht an, das Kind aus dem Bett herauszunehmen, es zu tragen, zu wiegen, zu fahren oder es auf dem Schoß zu halten, es gar zu stillen.«

Wie wir noch sehen werden, sind solche Empfehlungen völlig verantwortungslos wegen des psychischen Schadens, den sie anrichten. Aber nicht nur an diesem finsteren Ende des Spektrums elterlicher Erziehungsratschläge entsteht anhaltende Verwirrung, wenn Theorien das Miteinander von Eltern und Kind bestimmen. Denn unser Gehirn folgt nicht Theorien, sondern seinen eigenen Regeln. Und genau denen ist die Hirnforschung mit spannenden und zugleich erfrischend entspannenden Erkenntnissen auf der Spur.

Wie das elterliche Vorbild unsere Kinder beeinflusst

Die gute Nachricht? In den meisten Fällen gilt auch heute noch in der Erziehung ganz einfach: Hören wir auf unser Gefühl. Lernen wir es bewusst kennen in all seinen bunten Facetten. Bringen wir unserem Verstand bei, wie er die impulsiven Handlungsaufforderungen, die unser Gefühl uns einflüstert, erkennen, steuern und nutzen kann. Gerade wenn das Gefühl heftiger wird, kann das durchaus anstrengend sein und einen geübten, klaren Kopf erfordern. Doch unsere Gefühle mit unserem Verstand zu verbinden lohnt sich. Unser Leben wird freier und selbstbestimmter. Und wir helfen unseren Kindern dabei, genau dieses bewusste Erleben und Steuern ebenfalls zu lernen.

Damit uns ein solcher bewusster Umgang mit unseren eigenen Gefühlen gelingen kann, müssen wir uns selbst gut kennen. Und annehmen. Mit unseren guten und mit unseren nicht so guten Seiten. Andernfalls, wenn wir unsere Abgründe verleugnen, melden sie sich irgendwann. Ganz von selbst. Ganz sicher. Und dann handeln wir entsprechend. Laufen genervt davon, werden ungewollt laut oder verlieren womöglich sogar irgendwann die Kontrolle.

Das Faszinierende an Kindern ist, dass sie sämtliche, aber auch wirklich sämtliche Gefühle aus uns herauslocken. Das bedeutet: Wenn uns unsere Kinder gelegentlich so richtig wütend machen, dann ist das ganz normal. Das kommt in den besten Familien vor. Wenn das passiert, ist es wichtig, dass wir uns diese Wut eingestehen. Offen und ehrlich. Und dass wir dann unseren Kindern erklären, was gerade los ist. Denn nur, wenn wir ehrlich sind, zu uns selbst und zu ihnen, wissen unsere Kinder, woran sie sind. Dann lernen sie uns und auch sich selbst im Laufe der Zeit immer besser kennen. Nur dann sind wir für sie ein lebendiges und brauchbares Vorbild. Das funktioniert natürlich nicht von heute auf morgen, denn Lernen braucht Wiederholung. Und das klappt auch nicht immer. Aber keine Sorge, das wird schon!

Auf den Punkt gebracht heißt das: Wir wollen, dass unsere Kinder zufrieden sind? Dann leben wir ihnen einfach vor, wie das geht. Wir wollen, dass unsere Kinder später eine glückliche Partnerschaft haben werden? Dann leben wir ihnen einfach vor, wie das geht. Wir wollen, dass unsere Kinder ihr Zimmer aufräumen, sich benehmen, ihre Gefühle im Griff haben? Dann leben wir ihnen einfach vor, wie das geht. Wenn wir diesen so simplen Grundsatz beherzigen, dann läuft das meiste in der Erziehung schon nach recht kurzer Zeit ganz von selbst. Auch wenn es manchmal etwas länger dauert, ist das kein Drama. Am Ende wird sich ein brauchbares Vorbild immer durchsetzen.

Vorbild sein – aber wie?

Ich erwähnte schon, dass wir unsere eigenen Gefühle vielleicht gar nicht kennen. Oder dass wir genau dort, wo es offensichtlich schwierig ist, wegschauen. Etwa wenn wir immer »die Guten« sein wollen und deshalb konfliktscheu sind. Oder wenn wir chronisch gestresst, überreizt und cholerisch sind. Dann klappt das mit dem guten Vorbild nicht so richtig. Denn dann wollen wir ja sicher nicht, dass unsere Kinder später einmal genauso werden.