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Über Träume geraten wir unerwartet in Parallel-Welten, erfahren andere Sphären, unbegreifliche Momente und spüren dabei Mächte, die uns offenbar in der Hand haben. Dämonen offenbaren sich in unseren innersten Tiefen. Zudem befinden sich in der Schattenwelt skurrile Wesen, alte Häuser, geheimnisvolle Künste wie auch Ahnungen ferner Welten. Ob entlang von Friedhofsmauern, an Gräbern oder in der U-Bahn: düstere Schatten lauern inmitten alltäglicher Begebenheiten. Davon geprägt sind die Inhalte der Kurzgeschichten, die zwischen 2010 und 2013 in "Dämonen in der Stadt, Band 1 und Band 2" erstmals erschienen sind. Es handelt sich hier somit um eine Neu-Auflage der beiden Bände, verbessert und erweitert, wobei die Gedichte weitgehend ausgeklammert wurden, um mehr Platz für die Geschichten zu haben.
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Seitenzahl: 150
Veröffentlichungsjahr: 2022
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August 1951 als Junge im Rieskrater geboren – praktisch ein Flüchtlings- und Mischlingskind aus fränkischen, österreichischen und tschechischen Wurzeln. Im Alter von sechs Jahren gefragt, was das Lieblingsspiel sei, kam prompt die Antwort: „Malen und Schreiben!“.
Kunstunterricht bei Prof. Wendelin Kusche (1926-2003), Forchheimer Künstler und Kunstdozent: Grundlagen zur Harmonie und Verhältnismäßigkeit, der Frage von Kunst und Kitsch; vor allem Porträt- und figürliches Zeichnen – in der Zeit von 1974 bis 1977
Journalismus: Volontariat beim Weilheimer Kreisboten 1981. Danach Studium an der LMU München: Kommunikationswissenschaften (mit Schwerpunkt Zeitungswissenschaft), Soziologie und Theaterwissenschaft (Abschluss Magister Artium, 1988)
Erste Lesung (Kurzgeschichten) am 13 Juni 1997 im „Literaturbüro“, Milchstr. 4, München. Zwischendurch mehrere Jobs: Pflegehelfer, Vertriebsarbeiter (Kopierwerk), Korrektor.
Schwerpunktmäßig 1981 – 2000: freier Journalist für verschiedene Printmedien (zuletzt „Japan Magazin“) und bis 2001 Mitglied des Bayerischen Journalistenverbandes (BJV).
Seit den 90-ern: Verwaltungsangestellte/-r in einem med. Privatlabor bis zum 31.07.2012.
Parallel Weiter-Arbeit als freie Autorin und Malerin. Fotografie als Ausdrucksmittel.
Privatleben: mit meinem Ehemann. Katzen spielten bei uns immer eine große Rolle. Susi-Mazie ist mit Ende Dezember 2021 vier Monate alt und seit einigen Wochen unser geliebter Haus-Kobold.
Ganz persönliches „Hobby“: die Kampfkunst (Budo) und das „alte Japan“. Auch diese Inhalte fließen in einzelne Arbeiten ein.
Über meine Website (die teilweise immer noch in Arbeit ist) können Sie gern mehr über mich erfahren:
https://katka-w-jaeger.de
Dieses Buch widme ich der Erinnerung an meinen Vater, Martin Weinicke (ϯ Anfang 2015) und
meinem Ehemann Henrik Haas,
zudem allen, die die Literatur lieben – auch die brüchige, experimentelle
und allen, die nach neuen Wegen suchen...
1 Halloween-Kürbis auf Münchener Balkon
Darkness – der Pakt
Damamunga - der Rhythmus in Dir
KEIN VERLASSENES HAUS
Ein Plattenspieler im Wasser
Manhattan in München
Nur ein Frauenabend
An unsichtbaren Fäden für immer gebunden
Krisengebiete am Rande des Gehsteigs
Zwei Pizzen für drei - Ein ganz normales Besäufnis
Der vorletzte Tag vor dem letzten Jahr dieses Jahrtausends
Slomski ist wieder da
Es geht um Nichts, um Alles
Park-Land
Das Gesetz in der Tasche oder Entlang der Friedhofsmauer
Sex and Night and Underground
Pit und ich und die Goldfische
Tausend Mal an Kerr vorbei gerannt
ZIMMER MIT AUSBLICK ZUR ERDE
Ein Haufen Erde, Knochen, Wurzeln und Vergangenheit oder Wie Wondraschek dastand
heute „gut“ - morgen „schlecht“: KIKUCHI - ICH VERHAFTE DICH!
Das Unwetter
Der König des Sandkastens
DIE WELT - NOCHMALS?
Darkness – die Rückkehr
Bildverzeichnis
Weitere Bücher von Katka W. Jaeger
© Katka 2007/2008/2021
Ich weiß nicht genau, wann es begann - und kann auch nicht sagen, was gerade der sogenannte ”Stand der Dinge” ist... aber die Abstände scheinen kleiner zu werden... und da ist etwas, das sich auch mehr und mehr nachts zeigt, halb in Träumen - und irgendwie auch beinahe real (oder - tatsächlich real?)... und aber kaum wahrzunehmen. Als plötzlicher Schatten manchmal, wie der leibhaftige Scherenschnitt Satans, wie eine alles umfassende Schwärze, die Nichts und Gestalt zugleich sein kann. Wie Visionen und Schreckensgestalten, die sich in einem schwarzen Spiegel zeigen, so man nur lange genug hineinsieht. Wie dieser, mein Dämon, der sich immer wieder neu kopiert, vermehrt, klont... und alles nur, um eines zu tun: sich dicht an meine Fersen zu heften, wie ein Schatten, wohin ich auch gehe - und wenn es nur das Bett ist...
Es ist eigentlich immer wieder passiert: wenn ich die Nebenstraße langsam nach unten schlenderte, dann sah ich ihn oft in seinem Transporter ums Eck kommen - auch langsam, als ob er alle Zeit der Welt hätte. Meist sah er mich dann, zog genüsslich an seiner Zigarette, und winkte mir mit einem Lächeln zu, das mir wohl andeuten sollte, daß ich noch bald genug im Büro sein würde, um dort meine acht bis zehn Stunden abzusitzen. Meist winkte ich ihm gut gelaunt zurück und dachte bei mir, daß es schön ist, diesen Cowboy zu kennen. Denn das war er für mich: nicht einfach ”der stille Heinrich”, sondern ganz cool der deutsche Lee van Clef. Ich war mir sicher, Heinrich hätte den Western--Star bravourös doubeln können... Zumal er ähnlich verschmitzt lächelte, einen entsprechenden Schnurrbart trug, und meist wortkarg (aber nicht unachtsam) im Raucherzimmer meiner Arbeitsstelle saß. Bis er nicht mehr dasitzen sollte. Ich konnte es kaum glauben, als ich es eines Tages plötzlich hörte: daß er an einem Wochenende einsam und unspektakulär gestorben war... an einer stillen, heimtückischen Krankheit... die leiser daherkam als Lee van Clef zu seinen besten Zeiten, wenn es galt, sich an einen Feind heranzupirschen.
Ich konnte es nicht glauben, daß mir der Cowboy in seinem Lieferwagen nicht mehr begegnen würde; daß wir nicht mehr im Raucherzimmer zusammensitzen würden - schweigsam, aber einander verstehend.
Wochenlang ging ich dann noch in diesen Raucherraum - was meine Art war, vom ”stillen Heinrich” unauffällig Abschied zu nehmen. Bis das auch nicht mehr ging. Arbeiter hatten die Tür zu Heinrichs einstigem Ruheraum einfach zugemauert. Das vom großen Aufenthaltsraum links gelegene Raucher-Zimmer wurde zum vorübergehenden Techniker-Raum einer speziellen Computer-Abteilung umfunktioniert. Und dies nur wenige Wochen nach Heinrichs Tod. Als sollten die (ebenso plötzlichen) Umbauarbeiten die Trauer in der Firma schlichtweg vergessen machen.
Und das neue Raucherzimmer - auf der nun rechten Seite des großen Aufenthaltsraumes - sollte wohl auch dazu beitragen, nicht mehr an diesen Fahrer denken zu müssen, der gern - und ohne großes Murren - tagtäglich mehrmals jede Menge an technischen Aufträgen in die Firma brachte. Unspektakulär - aber zuverlässig.
Und irgendwie beobachtete ich mit leisem Entsetzen, was die Umbau-Arbeiten geschafft hatten: vom Firmenfahrer Heinrich wurde nicht mehr geredet. Aus den Augen - aus dem Sinn.
Und letzten endlich sollte das auch für mich gelten. Ich begann damit, einen anderen Weg zur Arbeit zu laufen, vorbei an kleinen Gärten, mit dem Blick auf Blumen und Zen-Motive ausgerichtet - und nicht mehr an Autos denkend; schon gar nicht an eines, das nicht mehr vorbeifahren kann... Bis ich diesen einen, überaus deutlichen Traum hatte:
Ich komme vormittags an der Firma an, laufe wie immer durch die Drehtür des Eingangs - vorbei an der Tür zum sogenannten ”Desk” - und traue meinen Augen nicht, als ich einen Blick zur Tür zum ”Post-Raum” werfe: putzmunter tritt der ”stille Heinrich” aus dem Raum hervor, wie immer mit kleinen Paketen in seinen Händen. Dann sieht er mich, (lacht er?)... und er gibt mir zu verstehen, daß ich ihm folgen soll. DAS kommt mir nun doch <unheimlich> vor... Und vorsichtig folge ich Heinrich. Offenbar will er mir etwas zeigen... Aber was? - Wir haben längst die Firma verlassen... und... sind wir nun in der Nähe der Silberhornstraße? Da stieg ich früher in die Tram um, auf dem Weg zum Karatetraining. Da ist auch der Weg zu einer Polizei-Beratungsstelle, deren Hilfe ich einmal brauchte. Als wir an einem U-Bahn-Eingang vorbeikommen, zögere ich... (kommt bei mir plötzlich die Angst hoch, die auf einmal stärker ist als die Neugierde?- daß Heinrich mich in sein neues Reich mitnehmen will …?)... Heinrich spürt mein Zögern und greift nach meinem (rechten?) Handgelenk... Und er drückt fest zu; aber das geht mir jetzt zu weit... mit einer heftigen Bewegung reiß ich mich los und (wie schon einmal in einem Art Vampir-Traum) renne ich mit unmenschlich schneller Geschwindigkeit (eben wie es nur ein Vampir „L´Estat“ oder „Marius“ kann ...) die Treppen hinunter, Richtung U-Bahn - bin Zeit und Zeitraffer zugleich - und beruhige mich langsam wieder... Allerdings (zugegeben) bedaure ich es jetzt doch sehr, daß ich nicht weiß, was mir Heinrich zeigen wollte... wohin er mich führen wollte... denke noch...
... und wache auf. Wie immer ist das Kopfkissen völlig durchgeschwitzt und pitsch-nass.
Tage später sitze ich zehn Minuten allein am sogenannten Desk der Firma im Erdgeschoß, in der zweiten Reihe der Datenerfassung und konzentriere mich auf meine Computerarbeit. Vor mir, in der ersten Reihe, stehen die gerade leeren Stühle meiner zwei Kolleginnen vom Spätdienst. Aus dem Nebenraum, dem sogenannten Postzimmer, dringen die üblichen Lach- und Murmel-Geräusche der Studenten, die die fertigen Aufträge einkouvertieren. Draußen fahren in langen Abständen einzelne Fahrzeuge vorbei. Alles normal. Routine. Wäre da nicht der eine Schatten, der ganz langsam immer größer wird. Bis aus der Stuhllehne ein schwarzer Mann wird, mit breiten Schultern und einem dunklen Umhang... personifizierte Finsternis - und mich seltsam fixiert. Für einen Moment erschrecke ich, dann blinzle ich ungläubig... und laut gackernd kommen meine Kolleginnen durch die beiden Eingangstüren hindurch - und es ist alles wie gehabt. Routine. Unspektakulär...
Und dennoch hatte ich das Gefühl, erneut in einer Art „Zwischen- oder Anderswelt“ gewesen zu sein.
Tage, Wochen, Monate - manchmal erscheint mir da kein Unterschied ... Vielleicht ist da auch diese immer fester spürbare Müdigkeit, die sich in und über mir ausbreitet - und mich viele Dinge immer gleichgültiger betrachten lässt. Die Worte meines alten Meisters fallen mir zum tausendsten Male ein: ”Sie können jemand sein, wenn Sie das wollen! Aber die Natur stellt Ihnen Fallen - und wenn Sie nicht aufpassen, dann werden Sie wie ein ausgebrannter Baum sein, der nach außen stark aussieht, aber Innen leer und ausgebrannt ist!”
Dann träume ich wieder so, daß ich mich auch an den Traum erinnern kann (was in den letzten Jahren gravierend abgenommen hat...).
Irgendwie ist es spät abends und ich bin dabei, die Wäsche zu machen, zu bügeln und zu sortieren ... und schalte den Fernseher ein. Wie gebannt schaue ich auf die Bilder eines Dokumentarfilms über Griechenland. Fasziniert sehe ich dann - wie benebelt - auf das weite, blaue Meer - und den Strand, den ich sofort erkenne. Es ist Kalamaki. Der Bildschirm wird immer größer - ich kann Fußstapfen im Sand von Kalamaki erkennen und erinnere mich, daß wir den Urlaub nicht hätten machen können, wenn da nicht drei Katzenhüter für uns dagewesen wären. Das Fernsehbild hat nun den Rahmen eines lebendigen Bildes und ist so riesig wie eine Kinoleinwand. Die Dimensionen verändern sich - das spüre ich nun ganz deutlich. So, wie ich am Bett stehe, stehe ich zugleich auf einem Hügel über dem Meer. Das griechische Meer kommt immer näher und ich habe das Gefühl, ich könnte nun kopfüber ins lauwarme Wasser springen. Dann wackelt der Rahmen und alles, was darin ist - als ob Kreta plötzlich von einem Erdbeben erfasst wird - und ich gerate merkwürdig ins Taumeln...
… und wache erneut schweißgebadet und verwirrt auf.
Tage später - es ist mitten in der Frühlingszeit - und einen Tag vor dem fiktiven 85. Geburtstag meiner Ma (sie verstarb kurz vor dem 65. Geburtstag), am nahe gelegenen Straßencafé... fällt mir irgendetwas auf. Weil da weniger Leute an der Sonne sitzen als gewöhnlich? Weil die, die dasitzen, darunter eine Nachbarin von mir, nicht wirklich heiter wirken?
Die Sonne scheint und ich fröstle kurz, als ob eine kalte Windböe meine Straße erfasst hat. Franky, ein alter Freund von mir, läuft knapp neben mir und wettert weiterhin gegen das Rauchen. Im Stillen hoffe ich, daß wir im Nichtraucherraum genügend Platz haben. Wir haben. Und ich habe das Gefühl, daß wir hier gerade sogar mehr Platz haben als gewöhnlich. Und während sich Franky und ich setzen, meine ich ”etwas” zu bemerken - weiß aber noch nicht, was. Dann das eine: es hängen keine Bilder mehr an der Wand. Mir kommt unweigerlich der beruhigende Gedanke, daß die Jungs vom Lokal vielleicht gerade am Renovieren sind. Die Jungs...
Wir sitzen schon eine kleine Weile da und die Bedienung kommt nicht. Das empfinde ich wiederum als ungewöhnlich und habe dabei erneut ein seltsames Gefühl. Vor allem, als ich mir die Gesichter und irgendwie die Haltung der Jungs vor Augen führe. Franky redet weiter, über Leserbriefe, die er schon geschrieben hat - und die er schreiben wird, und ich höre nicht wirklich zu. Dann sage ich irritiert zu Franky:”Komisch; es hängen heute keine Bilder an der Wand!”. Genau da kommt einer der jungen Bedieneriche und nimmt unsere Bestellung entgegen. Heiße Schokolade für Franky und einen Cappuccino für mich. Und Franky spricht den Bedienerich an - der nett, aber nicht so heiter ist wie gewöhnlich. ”Katja könnte doch mal ihre Bilder hier ausstellen!”, sprudelt es aus Franky hervor. Der Bedienerich wirkt überraschend gestresst und winkt gleich mit beiden Händen ab. ”Nein, nein, ich denke das geht nicht! Wir machen derzeit keine Ausstellungen!” ... und ich merke erneut auf. Bislang gab es immer irgendwie eine Ausstellung in diesem Café.
Dann muss ich mal Pipi machen - nehme meine Handtasche und gehe Richtung Toilette. Dort, wo einst das große Aquarium gestanden hat, gibt es seit einiger Zeit eine ”buddhistische Ecke”, mit kleinen Buddha-Statuen, Räucherzeugs und frischen Blumen. Und da ist ein Bild und ein Text über dem größeren Buddha. Erneute Fragezeichen in der Luft. Nach dem Pipi will ich mir das Bild aber ansehen. - Und kann es nicht glauben, als ich hinschaue. Unser Katzenhüter vom letzten Jahr, Alex K., lebt nicht mehr. In wenigen buddhistischen Sätzen wird sein kleiner Weg beschrieben, den er nicht mehr so zu Ende gehen konnte. Mein Lieblingsbedienerich von diesem Cafe´, dessen Mitbegründer er auch war. Wie benommen bitte ich einen der Jungs, ob wir den Altar von Alex fotografieren dürfen. Franky hat fast immer seine Kamera dabei. Eine unbeholfene Geste. Das weiß ich. Wir fotografieren ein Foto von Alex, wie ich ihn lange kannte - und als ob er noch ”da” ist. Mir ist schwindlig zumute - und jetzt verstehe ich alles. Die Langsamkeit der Jungs, die leeren Wände, die vielen kleinen Kerzen in der buddhistischen Ecke (die ich anfangs wohl als unverfänglich ansehen wollte ...) und daß an diesem sonnigen Tag eben nicht so viele Gäste da sind, wie das normal der Fall gewesen wäre ... Das Fernsehbild in meinem Traum, der Strand von Kalamaki, hatte gewackelt wie ein Erdbeben. Genau das ist passiert. Unmerklich für andere - aber Alex K. wurde das Opfer. Buchstäblich vom Erdboden verschluckt. Ich will es nicht glauben.
Es sind Dämonen in der Stadt.
Und eine Dämonin treffe ich diesen Nachmittag höchstpersönlich: Darkness, die Satanistin.
Wir treffen uns in einem Frauencafé´, in einer Seitenstraße, abseits allen Trubels. Es verkehren dort großteils mehr oder weniger normale Bi-Frauen, Lesben und Butches.
Ich war mal drauf und dran, mich als dummes Blondchen in diese schwarze Braut zu verlieben. Aber nun, als ich ihr bei einem Glas Wein (um 16 Uhr ...) gegenüber sitze, sind alle Alarmglocken an und ich schaue ihr misstrauisch in die rabenschwarzen Augen, die wie ein tiefer, alles verschlingender Morast sind. Als ihre rechte Hand die meine ergreift, fordernd, fest und irgendwie despotisch, spüre ich erneut, wie gefährlich gerade alles ist.
2 Saatkrähe in der Münchener Innenstadt
Vorsichtig stoße ich mit ihr an, verirre mich kurz mit meinen blauen Augen in ihren unendlich tiefschwarzen Pupillen. Für Momente abseits jeglicher Zeitrechnung schwimmt meine nackte Seele in einem übernatürlich großen schwarzen Spiegel. Und fatalerweise spüre ich dabei mehrere erregenden Schauer, die wie Stromschläge durch meinen angeheizten Körper peitschen. Ihre nackten Füße berühren kurz die meinen – erneute Explosionen im schwarzen Meer - dann besinnt sie sich endlich darauf, daß sie mir ein paar wesentliche Dinge erzählen wollte. Und beginnt... Ein sprechender schwarzer Spiegel, der mich benommen macht:
„Du musst nicht eifersüchtig sein, Schätzchen, nur weil ich ständig kürzere oder auch mal längere Affären mit irgendwelchen Männern habe... Das ergibt sich notgedrungen, wenn ich (sie lächelt mehrdeutig)... sozusagen auf der Jagd bin. Und weißt Du, wie ich das mache? Zuerst mache ich sie an, bis sie mich unbedingt kennenlernen wollen. Dann verführe ich sie... stückchenweise zuerst, dann immer raffinierter und konsequenter, bis sie mir... (wieder dieses düstere Lächeln)... sozusagen aus der Hand fressen, diese minderwertigen Schweinchen. Und glaub mir, Schätzchen, in den meisten Fällen ist das ein Kinderspiel. Manchmal ist es einfach zu leicht, was mir dann beinahe den Spaß nimmt... (sie hebt süffisant ihre schmalen, geschwärzten Augenbrauen)... Aber der Schluss solcher Geschichten ist immer ein Fest; dann, wenn ich sie scheibchenweise vernichte, langsam, genussvoll, und ohne daß es diese Idioten überhaupt bemerken. Bis ich sie ausgesaugt habe... ihren Sex und ihr Geld – und manchmal sauge ich auch ein wenig an ihrer Macht. Denn wenn ich diese Tölpel verlasse, sind sie so gut wie erledigt, blutleer und ideenlos - manchmal für immer…“.
Während ich an meinem fruchtigen Wein nippe, ergreift sie wie selbstverständlich meine linke Hand und drückt sie ganz fest. Dabei fixieren mich ihre Spiegelaugen mit ihrem schwarzen Glanz so, als ob sie sich wie in Zeitlupe über meine Seele stülpen wollten, um mich in ihrer ganz eigenen Finsternis zu verschlingen. Entsprechend dunkel verfärbt sich ihre gefährlich erotische Stimme:
„Es geht mir schon auch um ein wenig sexuelle Lust...(dieses wirklich sehr gefährliche Lächeln schlingt sich wie eine Fessel um mich...) - aber vor allem will ich die Männer quälen, sie langsam vernichten. Möglichst viele. Ich habe nämlich mit ihm einen Pakt geschlossen. Denn wenn ich einmal sterben sollte (ein unergründlich tiefes Grinsen) will ich auf keinen Fall in Euren langweiligen Himmel kommen, vielmehr will ich als ewiger Dämon über die Welt schreiten und vernichten, vernichten... Denn das ist mein (ein kleines nettes Lächeln) wirklich zutiefst tiefstes Verlangen...“.
Weiter vorne sitzen etwa sieben Lesben rund um einen Tisch und lachen und prosten sich zu. Sie haben wirklich keine Ahnung, daß ein Treppchen höher Satans leibhaftige Tochter sitzt und einem dummen Blondchen ein Interview gibt.
„Das Leben ist doch zu kurz, um (grins) brav zu sein. Ich versteh sowieso nicht, daß du ständig deine stupide Verwaltungsarbeit machst. Das muss dich doch super frusten, oder? Schau mich an, ich bewege mich in den High Society-Kreisen, lass mich einladen, auch zum Ficken, und (großes Lächeln) kann im Sommer immer jede Menge ´Schnee´ regnen lassen…“.
Sie hat es auch heute “regnen” lassen, das sehe ich an ihren weiten, dunklen Pupillen, die auch bei Lichteinwirkung nicht kleiner werden. Und wie beiläufig streicht sie sich mit dem rechten Zeigefinger kurz über den rechten Nasenflügel. Der magisch schwarze Spiegel ist auf banale Art weiß geworden. Das entspannt mich etwas.