Das Blinzeln der Venus - Margarete Lamsbach - E-Book

Das Blinzeln der Venus E-Book

Margarete Lamsbach

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Beschreibung

Ein Mut machendes Vorlesebuch für schwierige Zeiten Florian ist neun Jahre alt und plant gemeinsam mit seinem Opa eine magische Reise zur Venus. Kurz bevor es soweit ist, stirbt der Großvater unerwartet. Die Erwachsenen sagen, Opa sei für immer fort. Das will Florian nicht glauben und macht sich auf die Suche. Dabei kommt er dem wilden König der Planeten Jupiter gefährlich nahe… Aus einer Rezension Wir haben den neunjährigen Florian kennen gelernt und ihn eine Weile begleitet. Die Autorin befasst sich in diesem Buch mit dem Thema " Umgang mit dem Tod ". Sehr einfühlsam und liebevoll wird in dieser Geschichte die Trauerbewältigung beschrieben. Gerade für Kinder wird alles sehr gut erklärt. Wir erlebten viele bewegende und emotionale Momente. Meine Tochter war sehr gerührt und sie hat sich viele Gedanken gemacht. Aber auch mich hat es sehr zum Nachdenken angeregt. Wir hatten wirklich sehr wunderschöne Lesemomente. Und die wichtigste Botschaft war für uns, dass der Zusammenhalt der Familie bei einem Trauerfall unheimlich wichtig ist. Und dass man Freunde hat, die einem in dieser schweren Zeit beistehen.

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 139

Veröffentlichungsjahr: 2021

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EIN BUCH AUS DER

MAGISCHEN WELT VON SENZIWANI

ALLEN WAHRHEITSSUCHENDEN GEWIDMET

DAS BLINZELN DER VENUS

EINE GESCHICHTE ÜBER TRAUER UND GLÜCKERZÄHLT VON

MARGARETE LAMSBACH

© 2. Auflage 2021 Margarete Lamsbach

www.senziwani.de

Illustration Margarete Lamsbach

Umschlagdesign Mersina Ladopoulou

ISBN 978-30510-6 Paperback

ISBN 978-30511-3 Hardcover

ISBN 978-30512-0 -Book

Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und sonstige Zugänglichmachung.

INHALTSVERZEICHNIS

KAPITEL 1 - DIE SEHNSUCHT NACH DEN STERNEN

DICKE BACKEN UND DIE KLEINE SCHWESTER

EINE QUIETSCHGRÜNE JACKE UND FLIEGENPILZE

PFIRSICHBOWLE UND GÖTTER ZWEITER ORDNUNG

DAS SCHICKSAL DER VENUS UND REISEPLÄNE

ADRIAN UND HEINRICH

KAPITEL 2 – DER BESCHWERLICHE WEG DURCH DIE TRAURIGKEIT

DER HIMMEL UND ANDERER QUATSCH

TRAUER UND ZORN

DAS UNBEGREIFLICHE

STERBEN – WAS SOLL DAS SEIN?

KAPITEL 3 – TRÄUME KÖNNEN WAHR WERDEN

EIN ZEICHEN

DIE INTERPLANETARE RAUMFLOTTE

ENDLICH FUßBALL SPIELEN

EINE RÄTSELHAFTE EINLADUNG

DAS WIEDERSEHEN

KAPITEL 4 – EINE GANZ UND GAR MAGISCHE REISE

DER GEHEIMNISVOLLE ASvH

VORBEREITUNG EINER ERSEHNTEN REISE

GEBURTSTAGSGESCHENKE

GÄSTE AUS DER ALTEN UND DER NEUEN HEIMAT

AUF UNSICHTBAREN SCHWINGEN DURCHS WELTALL

KAPITEL 5 – DAS BLINZELN DER VENUS

EINE UNERWARTETE ENTDECKUNG

LAGERFEUER

EIN NEUER GESCHICHTENERZÄHLER

DIE VENUS LEBT

DIE AUTORIN

LESEPROBE AUS „AUFBRUCH NACH SENZIWANI“

KAPITEL 1 - DIE SEHNSUCHT NACH DEN STERNEN

 

DICKE BACKEN UND DIE KLEINE SCHWESTER

„Flo“, polterte Adrian Heilsam. „Schling' dein Abendessen nicht so runter. Das gibt schlechte Träume.“

Florian warf seinem Vater einen verzweifelten Blick zu. Seine Backen waren dick aufgebläht. An jeder Seite klemmte ein großes Stück Brot fest, das nicht runtergeschluckt werden wollte.

Er versuchte, die Brotstücke mit den Zähnen zu zerkleinern. Das war gar nicht so einfach. Hätte er den Mund doch bloß nicht so voll gestopft.

Wenn er rechts kaute, schob sich das Brot in seiner linken Backe zwischen Ober- und Unterlippe nach außen. Wenn er links kaute, verkantete sich das Brotstück aus seiner rechten Backe so in seinem Mund, dass die eine Ecke ihn schmerzhaft in den Gaumen kniff. Alles gar nicht so einfach.

Mittlerweile schaute ihm die ganze Familie bei dem Versuch zu, die Brotstücke irgendwie in Richtung Speiseröhre zu transportieren.

Hanna Heilsam schüttelte den Kopf. Das war ein Zeichen dafür, dass ihr nicht gefiel, was sie da sah. Adrian Heilsam hatte die Stirn in Falten gelegt. Als Kinderarzt achtete er sehr auf gesunde Ernährungsgewohnheiten. Dazu gehörte eindeutig, seine Nahrung langsam zu sich zu nehmen und nicht runter zu schlingen. Unter seinem missbilligenden Blick wurde Florian immer aufgeregter. Und je aufgeregter er wurde, umso mehr verklemmten sich seine Brotstücke im Mund. An Sprechen war gar nicht zu denken.

Glücklicherweise kam Lilly ihm zu Hilfe. „Papa, Flo muss ganz schnell zu Opa rüber. Opa und Flo wollen zusammen Sterne gucken. Da ist ein Stern, den kann man nicht immer sehen!“

Florian hätte seine kleine Schwester in diesem Augenblick umarmen mögen. Sie hatte die Situation für ihn gerettet.

Adrian Heilsam hatte großes Verständnis für dieses Hobby seines Sohnes.

Als er selbst noch ein Kind war, war Sterne gucken das Höchste für ihn und er freute sich, dass sein Sohn die gleiche Freude dabei empfand.

Der Blick von Adrian Heilsam wurde weich und die Falten auf seiner Stirn glätteten sich. Welchen Stern denn?“, fragte er. Dabei schaute er gespannt abwechselnd Florian und Lilly an.

Florian konnte immer noch nicht sprechen, auch wenn sich sein Mund nicht mehr ganz so voll anfühlte.

„Die Wie-Nuss“, sprang Lilly für ihn ein.

„Die Venus“, korrigierte Adrian Heilsam, „das ist kein Stern, sondern ein Planet. Planeten kreisen um andere Himmelskörper herum. Deshalb nennt man sie auch Wandelsterne - im Gegensatz zu Fixsternen, die wie der Name schon sagt, … naja, nicht so wichtig. Wann kommt sie denn vorbei, Flo?“

Florian war es gelungen, das aufgeweichte Brotstück aus seiner linken Backentasche runter zu schlucken. Dadurch konnte er seinem Vater mäßig verständlich antworten. „Heute Abend kurz nach Sonnenuntergang. Morgen soll es wieder regnen und dann kann man sie nicht mehr sehen.“

Rasch warf er einen Blick durch das Fenster nach draußen. Es dämmerte schon und durch die Bäume blinzelte die untergehende Sonne. Wenn er jetzt nicht bald raus kam, war es zu spät. Der Großvater wartete bestimmt schon auf ihn.

Herr Dr. Heilsam wandte sich nun ebenfalls um und folgte Florians Blick durch das Fenster in den Garten. Dann räusperte er sich und sagte: „Nun gut, angesichts der besonderen Bedeutung des Ereignisses will ich mal nicht so sein. Du darfst aufstehen.“

Erleichtert sprang Florian auf. Sein Stuhl rumpelte über die Holzdielen und er lief mit großen Schritten zur Verandatür.

Lilly rief hinter ihm her: „Warte, Flo, ich will mit.“

Auch das noch. Nichts wie weg hier.

Die Tür war kaum hinter ihm ins Schloss gefallen, da hörte er die trotzige Stimme seiner kleinen Schwester: „Ich will keine Geschichte. Ich will Sterne gucken.“

 

EINE QUIETSCHGRÜNE JACKE UND FLIEGENPILZE

Florian lief zur Villa Sternenhimmel, um nach seinem Großvater zu sehen. Die Villa Sternenhimmel war das Elternhaus von Florians Vater Adrian und Onkel Ede.

„Hi“, sagte er zu dem alten Haus, das ganz mit wildem Wein bewachsen war. Die Blätter des Weins funkelten zu dieser Jahreszeit feuerrot in der untergehenden Sonne. Ein leises Wispern hieß Florian willkommen.

Der Großvater kam gerade aus der Tür. Unter jedem seiner Arme klemmte ein Gartenstuhl.

Trotz des Dämmerlichts war er nicht zu übersehen. Zur Feier des Tages hatte er nämlich seine Lieblingssachen angezogen - seine knalllila Hose und dazu das neongelbe Hemd, das Florian ihm zu seinem Geburtstag geschenkt hatte. Darüber trug er die quietschgrüne Strickjacke, die er aus gutem Grund wie seinen Augapfel hütete.

Schon einmal hatte die Großmutter versucht, die Jacke heimlich dem Roten Kreuz mitzugeben.

Zum Glück konnte Opa das in letzter Minute verhindern. Er hatte ihr die Jacke empört aus der Hand gerissen. „Was machst du mit meiner Lieblingsjacke? Das gute Stück einfach wegwerfen!“

„So kannst du nicht rumlaufen. Mit Löchern in den Ärmeln. Die Nachbarn denken ja, wir hätten kein Geld, um dir eine neue Jacke zu kaufen“, schimpfte die Großmutter.

„Was interessieren mich die Nachbarn, Trudi? So eine tolle Jacke finde ich nie wieder. Wenn dich die Löcher stören, flicke ich sie.“

Der Großvater hatte die Jacke unter den Arm geklemmt und wollte damit in Richtung Schuppen verschwinden.

„Dass ich nicht lache! Du und flicken“, kicherte die Großmutter.

Der Großvater erwiderte: „Weißt du, was dein Problem ist, Trudi? Du hast keine Fantasie. Im Schuppen habe ich prima grünen Blumendraht. Den nehme ich.“

Irgendwann hatte die Großmutter dann endlich nachgegeben.

“Nun gut, Heinrich. Gib sie her. Ich nähe dir Flicken drauf.“

Der Großvater hatte die Großmutter misstrauisch angesehen und sagte dann: „Die suchen Florian und ich aus. Schließlich müssen die zur Jacke passen.“

Die Großmutter gab sich geschlagen. „Wenn es unbedingt sein muss. Fahren wir ins Kaufhaus. Da haben sie die beste Auswahl.“

Das war ein wirklich lustiger Einkauf gewesen.

Mit der Rolltreppe fuhren sie in den zweiten Stock. Dort lockte die Kurzwarenabteilung mit einem Riesensortiment an Stoff- und Lederflicken in den schönsten und buntesten Formen und Farben.

Florian war hin- und hergerissen zwischen fliegenden Untertassen mit Marsmännchen, brüllenden Löwen und Flugzeugen.

„Nun“, wollte der Großvater wissen. „Welche empfiehlst du mir?“

Florian wollte gerade sagen: “Nimm die fliegenden Untertassen!“, als sein Blick auf einen Schriftzug fiel: VORSICHT GIFT! Darüber stand schwarz und drohend ein Totenkopf.

Das gefiel Florian sehr. Er hob das Päckchen auf und hielt es dem Großvater hin.

Die Großmutter erhob Einspruch. „Das sieht man an den Ellbogen doch gar nicht.“

Florian durchschaute sie. Sie wollte nur nicht, dass der Großvater mit Totenkopf rumlief.

Opa grinste und griff noch einmal in das Regal. Er hielt zwei Flicken mit Fliegenpilzen hoch und sagte: „Die sind für die Ärmel. Da kannst du dich jetzt aber wirklich nicht beschweren, Trudi. Die Giftwarnung kommt auf den Rücken. Meistens sitze ich ja. Dann sieht man den Totenkopf gar nicht. Passt doch.“

Florian nickte glücklich und die Großmutter war überstimmt.

Seitdem lief der Großvater zu besonderen Gelegenheiten mit einer quietschgrünen Strickjacke mit leuchtenden Fliegenpilzen an den Ärmeln und einer Giftwarnung auf dem Rücken rum. Besondere Gelegenheiten waren seiner Meinung nach der Sonntagsgottesdienst, Hochzeiten und Geburtstage (das gab jedes Mal Ärger mit der Großmutter) und natürlich Verabredungen mit seinem Enkel zur Beobachtung des Sternenhimmels…

Der Großvater hatte Florian bemerkt und hob den rechten Arm mitsamt dem Gartenstuhl zur Begrüßung hoch. Er lachte ebenso wie der Fliegenpilz an seinem Ellbogen.

 

PFIRSICHBOWLE UND GÖTTER ZWEITER ORDNUNG

„Hallo Flo, gut, dass du da bist. Du kannst mir helfen.“

Die Großmutter stand auf der Terrasse.

In ihren Händen hielt sie ein Tablett mit zwei Gläsern, die gefüllt waren mit sonnengelbem Kribbelsaft. Saftige Pfirsichhälften tanzten in den Gläsern auf und ab. In jede Pfirsichhälfte hatte Oma Trudi einen Piekser gesteckt. Die Piekser hatten Köpfe, die die Sonne oder den Mond darstellten.

Die gab es, seit Oma Trudi beobachtet hatte, wie der dreijährige Florian mit seinen kleinen Händchen nach den glitschigen Pfirsichhälften gefischt hatte. Die Früchte flutschten durch seine Fingerchen und landeten auf dem Boden.

„Super, Oma Trudi, Pfirsichbowle.“

Florian strahlte und nahm der Großmutter das Tablett ab. Vorsichtig trug er es zum Großvater.

Opa hatte die Stühle auf den Rasen gestellt mit Blickrichtung zur Sonne.

Kleine Wolkenschwaden verdeckten die ersten Sterne am frühen Abendhimmel. Auch von der Sonne war nur noch ein klitzekleines Zipfelchen zu sehen.

Florian ließ sich mit einem Plumpser auf den zweiten Stuhl fallen.

Um ein Haar wäre er mit samt Stuhl und Tablett nach hinten gekippt. Der Großvater konnte ihn gerade noch festhalten.

Lediglich die Pfirsiche hüpften gefährlich hoch. Mit ihnen schwappten Wellen von Saftbowle über den Glasrand.

„Hoppla“, schmunzelte der Großvater. „Immer langsam mit den jungen Pferden.“ Er nahm Florian das Tablett ab und stellte es vor den Stühlen ab.

Einträchtig saßen sie dann nebeneinander und lutschten an den aufgespießten Pfirsichhälften rum.

„Lange kann es nicht mehr dauern.“ Der Großvater zeigte zum Horizont, hinter dem die Sonne und die Wolken jetzt vollständig verschwunden waren.

„Soll ich das Fernglas holen?“, fragte Florian und wollte schon loslaufen.

„Nö, lass' mal. Sie ist so hell, dass wir sie gut mit bloßem Auge sehen können. Da ist sie ja.“ Der Großvater zeigte zum Himmel.

Naja, dachte Florian, das könnte jeder andere Stern auch sein.

„Aber woher wissen wir, dass sie die Venus ist?“

„Ganz einfach. Sie wird uns zublinzeln.“

Florian sah seinen Großvater zweifelnd an. „Bist du sicher? Sie kennt uns doch gar nicht.“

„Die Venus und ich, wir kennen uns schon eine Weile. Ich unterhalte mich oft mit ihr und sie weiß natürlich, dass wir heute auf sie warten. Wir haben eine richtige Verabredung, wenn du verstehst, was ich meine.“

Florians Aufregung wuchs.

Wenn ihm die Venus wirklich zublinzelte, das wäre was. Da würde David, sein bester Freund aus seiner alten Heimat staunen.

Früher einmal waren Florian und David unzertrennlich gewesen.

Dann wurde der Großvater krank und konnte seine Arztpraxis nicht mehr alleine führen. Deshalb war die ganze Familie umgezogen.

Adrian arbeitete jetzt mit seinem Vater zusammen. Gemeinsam waren sie nun die hausärztliche Gemeinschaftspraxis Heilsam.

Florian und Lilly waren begeistert, weil sie die Großeltern und deren Zuhause, die Villa Sternenhimmel, liebten.

Insbesondere Florian und seinen Großvater verband die Begeisterung für die Sterne und Florian freute sich auf viele kommende Abende, an denen sie den Sternenhimmel betrachten und der Großvater ihm spannende Geschichten von Göttern und Sternen erzählen würde.

In der ersten Freude hatte er nicht daran gedacht, dass er nach dem Umzug in eine neue Schule gehen musste und dass er seinen besten Freund David nicht mitnehmen konnte.

Die beiden Freunde verabredeten, sich so oft wie möglich an den Wochenenden und in den Ferien zu besuchen.

Jetzt wohnten sie schon einige Wochen im neuen Zuhause und die Jungen hatten sich noch nicht wiedergesehen.

Jedes Wochenende telefonierten sie, aber telefonieren ist nicht dasselbe wie sich besuchen. Und so wünschte sich Florian auch heute Abend, dass David bei ihm wäre.

„Opa, meinst du, David kann mich bald mal besuchen?“ „Natürlich, ich bin sicher, dass ihr euch schon bald wiederseht. Du wirst schon sehen.“

Gemeinsam warteten sie auf ein Zeichen der Venus.

„Opa, wie kommt die Venus an den Himmel?“

„Tja, mein Junge, das ist eine etwas längere Geschichte. Willst du sie hören?“ Florian nickte.

„Weißt du überhaupt, wer die Venus ist?“, fragte der Großvater.

„Klar. Die Venus ist ein Planet wie unsere Erde, denke ich.“

„Oh je, ich merke schon, da ist wieder mal großväterliche Nachhilfe erforderlich.“

Florian strahlte. Wenn der Großvater das ankündigte, wurde es immer spannend.

„Du hast also noch nie etwas von der Göttin Venus gehört?“

„Opa, du willst doch nicht etwa behaupten, dass die Venus eine echte Frau ist!“

„Das dachten jedenfalls die Menschen der Antike, die lange vor uns gelebt haben. Aber ich merke schon, ich sollte dir die Geschichte von der Venus erzählen. Etwas Zeit haben wir ja noch. Also, das war so…“

Der Großvater kräuselte die Stirn und kratzte sich hinter dem rechten Ohr, was ein Zeichen dafür war, dass er angestrengt nachdachte. „Wie fang ich denn mal an?

Das Beste wird sein, die Geschichte von Anfang an zu erzählen.“

Florian nickte erwartungsvoll. Hoffentlich ging's endlich los.

„Die Venus, musst du wissen, ist die Tochter von Göttervater Jupiter…“

„Ich wusste gar nicht, dass Gott Jupiter heißt und eine Tochter hat“, unterbrach Florian den Großvater.

„Ich spreche doch nicht von unserem Gott. Jupiter ist ein anderer Gott.“

„Aber Opa, Pfarrer Hübchen sagt, dass es nur einen Gott gibt.“

Der Großvater seufzte. „Ich sehe schon, ich werde wohl etwas weiter ausholen müssen. Du hast natürlich Recht, es gibt nur einen Gott, der hinter allen Dingen steht. Aber sei mal ehrlich. Kannst du dir vorstellen, dass der die ganze Arbeit alleine macht? Nein, er braucht Helfer. Und dafür hat er Schutzengel, göttliche Boten und Götter zweiter Ordnung. Götter zweiter Ordnung haben zwar göttliche Kräfte - die brauchen sie einfach für die schwere Arbeit -, aber sie haben auch menschliche Eigenschaften. Sie können lieben und hassen; sie können Böses tun und Gutes. So ein Gott zweiter Ordnung ist Jupiter und seine ganze Götterfamilie. Verstehst du den Unterschied?“

Diese Erklärung leuchtete Florian fürs Erste ein und er nickte. Heimlich nahm er sich aber vor, seinen Vater zu fragen, ob es wirklich Götter zweiter Ordnung gab.

„Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, Venus ist also die Tochter des Jupiter. Nun ist Jupiter ziemlich mächtig, so als rechte Hand Gottes. Das ist ihm häufig zu Kopf gestiegen. Wenn eine hübsche Frau ihn angelächelt hat, war er hin und weg. In solchen Momenten vergaß er glatt, dass er mit Juno verheiratet war. Kurz und gut. Eines Tages hatte er sich wieder einmal in eine andere verliebt und bekam mit ihr eine Tochter.

Das kleine Mädchen war wunderschön. Blonde Locken umrahmten ihr Gesicht. Ihre Haut hatte die Farbe von sonnengereiften Pfirsichen und ihr Lächeln verzauberte jeden. Jupiter gab ihr den Namen „Venus“. Venus heißt nämlich auf Deutsch Anmut, Schönheit und Liebreiz.

„Da war die Juno aber sauer auf Jupiter, was?“, unterbrach Florian seinen Großvater.

„Das kannst du wohl glauben. Als Juno die Venus sah, wurde sie sehr eifersüchtig und brach einen Streit vom Zaun, der es in sich hatte. Jupiter war zwar stark und mutig im Kampf, aber vor Junos Zorn fürchtete er sich mächtig. Deshalb erzählte er ihr, Venus sei aus den Schaumkronen des Ozeans geboren.“

Florian, der mit 9 Jahren genau wusste, dass er und seine kleine Schwester im Bauch der Mutter herangewachsen waren, fragte: “Hat Juno ihm das denn geglaubt, Opa?“

„Natürlich nicht. Sie hat sofort nach Poseidon gerufen und wollte von ihm wissen, ob das stimmt. Poseidon, auch ein Gott zweiter Ordnung, ist zuständig für die Naturgewalten. Er kam mit einem Mordsspektakel aus den Tiefen des Meeres. Seine Angebetete war nämlich die Delfinprinzessin und er wollte die Gelegenheit nutzen, ihr zu imponieren. Delfine haben aber ein sehr feines Gehör und lieben Spektakel nicht besonders… Doch das ist eine andere Geschichte… “

„Was war das denn für ein Mordsspektakel?“

„Das möchtest du nicht erleben. Die salzigen Wellen steigen dann hoch und immer höher, bis sie die Sterne in die Füße zwicken. Dabei machen sie einen Höllenlärm. So ein Mittelding zwischen schrillem Kreischen und Donnergrollen. Ganz unangenehm, sag ich dir.“