Das Buch der Kaisersagen, Burg- und Klostermährchen. [1850] - Carl von Falkenstein - E-Book

Das Buch der Kaisersagen, Burg- und Klostermährchen. [1850] E-Book

Carl von Falkenstein

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Beschreibung

= Digitale Neufassung für eBook-Reader = Carl von Falkenstein: "Dieses Buch der Kaisersagen, Burg- und Klostermärchen sei zunächst bestimmt für den Reisenden als Begleiter auf seinen Wanderungen durch Deutschlands Auen und Gaue. Es umfasst die bedeutsamsten, über unser ganzes Reich sich ausbreitenden Dichtungen, in einer Zusammenstellung wie bisher noch nicht stattgefunden, sämtlich, dem Gegenstande angemessen, einfach ohne überflüssige Beigabe oder modische Ausschmückung, häufig im Tone des Volkes selbst dargestellt..."

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Inhalt

Das Buch der Kaisersagen, Burg- und Klostermährchen. [1850]

Technische Anmerkungen

Vorwort.

Karl der Große.

Kaiser Friedrich der Zweite.

Kaiser Otto der Dritte.

Burg Baden.

Burg Falkenstein.

Burgen Nothweiler und Barbelstein.

Schloss Arensperg oder Arnsberg.

Lauff oder Lauffen.

Der Ottilienberg.

Burg Bosenstein.

Hermann Grimm.

Drache und Jungfrau.

Burgfräulein von Windeck.

Nonnenkloster zu Pfalz.

Kedrichstein.

Die Steinkirche.

Lorlei-Schloss.

Kloster Lichteneck.

Riese auf Steinsberg.

Das Mümmelchen.

Schloss Stauffenberg.

Die Schwanenburg.

Der Drachenstein.

Die Burg Eppstein.

Burg Habsburg.

Schloss Iberg.

Die Klöster Gfenn und Pfäfers.

Burg Balm.

Die Sanct Martins- oder Schlacht-Kapelle.

Burgen Bichelsee und Haselberg.

Riese Gargantua.

Die Wildenburg.

Burg Steinach.

Die Sanct Lorenzkirche.

Schloss Greyers.

Die Jungfrauenhöhle.

Burg Balb.

Königsburg Hornberg.

Geilings-Schloss.

Die Zwerge des Fichtelbergs.

Luxburg und das rote Schloss.

Der Wolfstein.

Kaiserin Kunigunde.

Schloss Altenburg.

Der Nußhard.

Das Waldschloss.

Die Kesselburg.

Schloss Falkenstein.

Kloster Marienburg.

Burg Haunstein.

Die Frauenkirche.

Kloster Brod.

Burg Karlstein.

Blonnhofen.

Kloster Paulinzell.

Burg Blankenstein.

Das graue Fräulein.

Horn der Berggeister.

Horn der Zwerge.

Schloss Eisenberg.

Schloss Henneberg.

Das Magdalenenkloster.

Das Todtenkloster.

König Merwig.

Wartburg und Frauenburg.

Georg Beichlingen.

Die Berg- oder Holzweibel.

Liebfrauenkirche zu Arnstadt.

Zwergenhöhle bei Arnstadt.

Heiligenstadt und Schloss Ludwigstein.

Frau Hollen-Schloss.

Böneburg und Bilstein.

Schloss Bodenstein.

Schloss Seeburg.

Burg Lauenrode.

Die Asseburg.

Die Hühnenburg (Hünenburg).

Das Kreuzkloster.

Zwerge des Lindenbergs.

Heinrich der Löwe.

Kloster der grauen Mönche.

Jagen um Mitternacht.

Teufels Hochzeit.

Der Dom zu Goslar.

Helmstedt.

Die Goldschmiede.

Seehuseburg.

Die Domburg.

Hackelberg.

Das felsenverwandelte Schloss.

Burg Kyffhausen.

Sankt Blasius-Nonnenkloster.

Burg Scharzfeld.

Die Kucksburg.

Burg Questenberg.

Ilsenstein.

Burg Falkenstein II.

Teufelsburg.

Arnstein.

Die Rosstrappe.

Burg Regenstein.

Burg Lichtenstein.

Hildesheim.

Die Schlosszwerge.

Die hohle Burg.

Der Hühnenberg (Hünenberg).

Klöster Fredelsloh und Heggenbach (Happach).

Kaiser Otto und der Hirt.

Die Lauenburg.

Der Waldgeist.

König Goldemar.

Ottenstein.

Die Schaumburg.

Wichtelmännchen zu Oldendorf.

Die Amelunxburg.

Das Dachtelfeld.

Das Haus Ahrens.

Dom zu Magdeburg.

Der Nixenstein.

Der Katzenberg.

Die Moritzburg.

Die Zwerge zu Hitzacker.

Schloss Windberg und der Burgwartsberg.

Der breite Berg.

Die Berge Löbau und Stromberg.

Der Forstenberg.

Markgraf Diezmann von Sachsen.

Die Bettelmannskirche.

Mönch Bruno.

Die Funkenburg.

Die Hauptkirche zu Rathenau.

Die Müggelsberge.

Markgraf von Anhalt - Riesenstein und Steintanz.

Wittenberge.

Die Zwergenberge.

König Abel.

Kloster am Gollenberg.

Die Burg Kienast.

Schloss Fallstein.

Die Klosterbraut.

Burg Kinsberg.

Wald- und Berggeist Rübezahl.

Schloss Richemberg.

Die Zwergfelsen bei Ellbogen.

Kaiser Karl der Vierte.

Barbarakloster.

Der Habichtstein (Gestrzaky).

Kob.

Burg Frauenberg (Przimda).

Sankt Georgskloster.

Burg Troßky.

Schloss Neumietel.

Endersdorf.

Burg Pärenstein (Bärenstein).

Admond und Gottwick.

Kaiser Ferdinand der Erste.

Burg Greiffenstein.

Hermannstein.

Schloss Greifenstein.

Der Teufelsberg.

Die Schadenburg.

Das Roththal (Rottal).

Das Weitmoser Schloss.

Riese Rabbol.

Digitale Neufassung

Impressum

Das Buch der Kaisersagen, Burg- und Klostermährchen. [1850]

-

Dem deutschen Volke gewidmet

von

Carl von Falkenstein.

-

Schw. Hall,

Verlag der F. F. Haspel’schen Buchhandlung.

-

1850.

Digitale Neufassung des altdeutschen Originals

von Gerik Chirlek

Reihe: Alte Reihe / Band 10

Technische Anmerkungen

Die vorliegende digitale Neufassung des altdeutschen Originals erfolgte im Hinblick auf eine möglichst komfortable Verwendbarkeit auf eBook Readern. Dabei wurde versucht, den Schreibstil des Verfassers möglichst unverändert zu übernehmen, um den Sprachgebrauch der damaligen Zeit zu erhalten. 

Vorwort.

Dieses Buch der Kaisersagen, Burg- und Klostermärchen sei zunächst bestimmt für den Reisenden als Begleiter auf seinen Wanderungen durch Deutschlands Auen und Gaue. Es umfasst die bedeutsamsten, über unser ganzes Reich sich ausbreitenden Dichtungen, in einer Zusammenstellung wie bisher noch nicht stattgefunden, sämtlich, dem Gegenstande angemessen, einfach ohne überflüssige Beigabe oder modische Ausschmückung, häufig im Tone des Volkes selbst dargestellt.

Dem Freunde alter Volkspoesie nicht minder mögen diese wunderbaren Bilder, in denen das vorzeitlich deutsche Haus- und Weltleben der Großen und Geringen so ausdrucksvoll sich spiegelt, und deren Wichtigkeit für das Verständnis des Altertums, nach manchen vergeblichen Versuchen, nunmehr durch verbreitende mythenkundige Schriftsteller Anerkennung gewonnen, Freude und Anregung gewähren.

Die Sage gleicht der alten sinkenden Burg, von der endlich nur Fußstapfen und Name noch übriggeblieben. Sie vergeht immer mehr, und in den Ländern, welche durch Heerstraßen am meisten durchkreuzt sind, wo die Umwohner eine andere Lebensweise angenommen und mit vormaligen Gebräuchen und Bestimmungen auch ihrer sich zu entschlagen angefangen haben, ist ihr Abnehmen recht merklich. Sie wird auch von dem Dichter der Gegenwart mehr als je verfälscht, der bezeichnendsten Grundzüge beraubt und willkürlich einem fremden Boden übertragen. Nur in ruhigeren, von mäßigen Flüssen benetzten Gegenden mit stillen Walddörfern und einsamen Klostergründen, wird sie noch reichlich angetroffen; hier hält der echtdeutsche heimatliebende Landmann noch auf alte Herkömmlichkeiten, und bewahrt den glücklich machenden Glauben an die goldene Deutung und die Wunder des Lieds und der Sage. Abgesehen von jenem Wert liegt auch so viel Liebliches und Mahnendes zugleich in vielen dieser kleinen Märchen, die uns bald wie rufende Alphorntöne durchdringen, bald, gleich fernen ernsten Glockenklängen, die frühsten Szenen der Kindheit uns wieder vergegenwärtigen, und es ist charakteristisch, wie sie Jahrhunderte hindurch dem Gedächtnis des Volks verblieben, von denen in tausend alten Schriften nicht die geringsten Spuren zu entdecken sind. Wie viel Bedeutendes und Aufschlüsse bietendes überhaupt begegnet uns, wenn wir in die Mitte des Volks gelangen, und es in Sprachen, Sitten, in allen seinen geringen Beziehungen kennenlernen; wie inhaltschwerer würden unsere Geschichtsbücher erscheinen, hätten ihre Verfasser das Berg- und Talvolk in Häusern und Hütten mehr mit eignem Auge gesucht und betrachtet!

Bei Erwerbung des Mitgeteilten sah ich, außer alten und seltenen Werken, nicht sowohl auf mündliche Überlieferung als auf Variierendes bei schon veröffentlichen Erzählungen; daher sind etliche, mit bekannten völlig übereinstimmende, wenn auch nicht gerade wichtige, Rhein-, Harz- und Obersagen, nebst einigen von Karl dem Großen, unberücksichtigt geblieben. Auch auf besondere, mancher wohl unbequemen Provinzialmundart ist nicht hingesehen, und nur eine Ausnahme gemacht worden im «Mümmelchen», welche, die Cornelia enthaltend, Aloys Schreiber eigentümlich aufzeichnete, von dem gleichfalls das Burgfräulein von Windeck herrührt.

Was die romantische Umkleidung der Geschichts- und Ortssagen anlangt, scheinen mir die Volksmärchen von Benedikte Naubert noch immer das vorzügliche Buch im Felde der Märchenromantik. Wirft man ihm vor, dass es mitunter Sprachbreite habe, einem Fehler, den unsere wichtigsten Werke – z. B. die Memoiren der Markgräfin von Bayreuth, Bettine Arnims romantischer Briefwechsel, die Tausend und eine Nacht, an der unbezweifelt weltdurchschiffte Frauen großen Anteil haben – gleichmäßig teilen, so überrascht dagegen eine überwiegende Fülle phantasiereicher, am Kern der alten Mythe haftender Volkserzählungen, unter welchen namentlich der kurze Mantel, Otbert und die Nibelungen zu den schönsten Blumen deutscher Dichtkunst gehören. Außer diesem Buche erfreut manch Wohlgelungenes von Tieck, August Apel, Fouqué – Undine und Galgenmännchen – Friedrich Kinds sehr schön verfasste, teilweise hierher gehörige Totenglocke und andere Einzelheiten bei Johannes Münch und in Peter Sieberts Heiligenlegenden. 

Neuer und ansehnlicher Zuwachs war der lebenden Volkssage zu Teil. Die thüringischen Sagen von Ludwig Bechstein, welche eine Reihe Wartburgslegenden edelsten Gepräges eröffneten, die Gaben aus den Orlagau von W. Börner, welchen wiederum sich Preußensagen von v. Tettau und Temme anschließen, sind gewiss des vollsten Dankes wert; indes das, was die Dichter Karl Geib, Th. Poscheck und Ernst Ferrand, dieser in pommerschen Sagen, dargebracht, als Entschädigung für die von Hoche versprochenen, aber nicht erfolgten Nachträge zu Otmar, sowie die ebenfalls nicht herausgekommenen Bayernsagen vom Appellationsrat von Mann, betrachtet werden kann. Vermehrt und vervollkommnet sich nach solchen vielseitigen Bestrebungen die deutsche Sage, bringen nachträglich noch die Schweiz, Tyrol und Mähren ihre Blüten – für deren Vorhandensein in jeder Dalp’s gehaltvolle Burgen und Schlösser Beweise, für letztes Schwoy’s mährensche Topographie Andeutungen enthalten; - setzen die Brüder Grimm ihre umfangreiche, aus unbekannten Gründen liegen gebliebene Sammlung, mit Benutzung alles vorhandenen, zu einem gerundetem Ganzen notwendigen Materials, fort, bereichert mit der zugesagten Abhandlung über Sagenpoesie, welche bei obwaltenden Dämmerungen und Mutmaßungen insbesondere willkommen scheint, so wird das gekrönte Gebäude der deutschen Nationalsage wie kein anderes Land eines zu rühmen haben dürfte, glänzend und gründlich vor uns aufgerichtet stehen.

Anmerkungen und Quellenhinweisungen, welche dem Buche mitgegeben werden sollten, bleiben für die Folge aufbewahrt. Zu spät Eingegangenes, wohin gehört: Herzog Tassel von Bayern, das Zwergenschloss zu Adersbach, Burg Bomsen, und einiges aus Ungarn, welches Gaal und Mailath nicht enthalten, konnte in dieser Sammlung noch keinen Platz finden.

Der Herausgeber.

Karl der Große.

1.  

Des ersten deutschen Kaisers Geburt verhüllt ein sagenhaftes Dunkel.

Das Schloss Karlsberg am Wurmsee in Bayern hält man für den Ort, wo er im Jahre 742 geboren sein soll. Aber auch Ingelheim in Rheinhessen, Lüttich an der Maas und Aachen werden als seine Geburtsorte bezeichnet.

Kaiser Karl war von edlem und kraftvollem Körperbau. Aus großen hellen Augen, welche nur in leidenschaftlichen Momenten flammenden Feuern glichen, blickte er sanft und wohlwollend. Eine geradelaufende, in der Mitte ein wenig erhöhte Nase, gesunde Gesichtsfarbe und schwarzwallendes langes Haar verherrlichten sein Haupt.

Männlichen und majestätischen Ansehens erkannte man in ihm den glorreichen Weltgebieter.

Wer in die alte Burg nach Nürnberg kommt, dem leuchtet dort im großen Saale sein Bild entgegen. Es ist von Albrecht Dürer mit Liebe gemalt.

Selten unwohl, im Alter nur wenig leidend, ritt er gern aus. Es war sein höchstes Vergnügen. Er eilte durch den grünen Wald und sang ein Lied zum Harfenspiel der Vögel. Keiner seiner Zeitgenossen kam ihm an ungewöhnlicher Stärke gleich, wenn er im Scherze einen gewaffneten Reiter mit einer Hand von der Erde erhob, und ein Pferdeeisen leicht auseinanderbrach.

Des Kaisers Kleidung war einfach, und bestand aus einem seidenen Rock, engen Beinkleidern und Schuhen. Gegen das Tragen des ausländischen, besonders des französischen Gewandes, sprach er sich in einem Landgebot aus, und nahm einst zu Friaul im heftigsten Sturmwetter viele seines Gefolges in kostbaren Modepelzen mit auf die Jagd durch Morast und Dornengestrüpp. Nur einmal, und zwar auf Zureden Papst Adrians, kleidete er sich römisch, liebte dagegen bei Festlichkeiten Glanz, wo ein golddurchwirktes Gewand, eine Krone mit blitzendem Gestein und sein großes wunderbares Engelschwert 1 ihn schmückten.

Fremde Fürsten empfing er im höchsten Staate, die Abgeordneten, durch welche ihm der große Harum-al-Raschid im 788sten Jahre einen prachtreichen Säbel und ungeheuren Elefanten übersandte, mit nie gesehenem Aufwand. 

Der Kaiser ruhte nur drei Stunden, dann stand er auf und berief seinen Hof zu Reichsverfügungen.

Gelassen und wortreich in der Rede, sprach er seine Herzens- und Sinnesmeinung frei und unverhohlen aus. Nächst der fränkischen in der lateinischen Sprache geübt, hing er vor allen an der seines deutschen Vaterlandes. Hohe Vorliebe bewahrte er für die Dichtkunst, dichtete selbst Lieder und sammelte die Urvolksgesänge und Landsagen der Heerkönige und Feldhelden, von welchen, außer dem alten – neuester Zeit sorglich edierten – Lied des Meisters Hildebrand, nichts sich erhalten hat. Seine Hand war langsam, doch zierlich. Keine Wissenschaft beschäftigte ihn mehr als die Sternkunde, in der ihm Albin, ein englischer Geistlicher, Aufschlüsse erteilte. Mit Harum-al-Raschid, welcher in vielen Dingen ihm Muster war, unterhielt er lange einen Briefwechsel. Künstler und Gelehrte ehrte er, Pilgrime nahm er gastlich auf.

Der Kaiser las viel in den Schriften des heiligen Augustin, und in einem verliehen erhaltenen reich übergoldeten Legendenbuch. Die Liebe zur christlichen Religion ging ihm über alles; oft sah man ihn im Gotteshause, er sang in der Gemeinde leise mit, betete jedoch in der Stille seines Klosters.

Er beschützte die Geistlichkeit und ermahnte die Mönche zur reinen wahren Frömmigkeit.

In Mainz nahm er einen Domherrn den Golden- und Seidenhut als eine Soldatenzierde vom Haupte, und hieß ihn den pfäffischen Hochmut ablegen.

Zahlreiche Kirchen, Klöster, Burgen erhoben sich auf sein Geheiß. Das Kirchenlied ward verbessert, die Irmensäule vernichtet, die Glockentaufe untersagt und alles Heidnische unterdrückt. 

Nach Aachen kamen für den prachtvollen der Mutter des Herrn geweihten, Dom Marmorsäulen aus Rom und Ravenna.

In Frankreich erhielt das Seewesen durch den großen Frankenkönig Macht und Vollkommenheit.

Einfach war auch des Kaisers Kriegskleid. Feldherren und Soldaten hingen fest und mutig an ihm.

Mit gleicher Anhänglichkeit diente im Kaiserheere ein ungeheurer Riese, genannt Aenothorus. Dieser «fürchterliche Jäger» schritt über Seen und Wässer, und trieb und hieb die Hunnen nieder wie Gras, die Vornehmsten steckte er auf einen Spieß und zeigte dem Monarchen die «gefangenen Frösche».

Karls des Großen erste Gemahlin war eine Tochter König Desiderius‘ von der Lombardei. Er verließ sie nach einigen Monden und verband sich mit Hildegard, aus hohem schwäbischen Hause, von der er drei Söhne und drei Töchter, nach anderen acht Söhne und vier Töchter, erhielt; nach deren Tode wählte er Fastrada von Ostfranken, die ihn erblos ließ. Von fünf Geliebten empfing er drei Söhne und vier Töchter.

Keiner war er herzinniger zugetan als einer lieblichen Jungfrau aus Aachen, welche ihn die wichtigsten Haus- und Staatsangelegenheiten vergessen ließ.

Plötzlich starb die Jungfrau, und vom Schmerze hingerissen, beklagte er Tag und Nacht die Tote, hielt sie in seinen Armen, und schmückte ihren Leib mit den edelsten Steinen und Kostbarkeiten.

Ein Geistlicher aus Köln erkannte die Ursache der Leidenschaft des Kaisers; er fand und nahm einen seltsamen kleinen Edelsteinring aus dem Munde der Entseelten, und als der Kaiser wieder zur Leichenkammer kam, wandte er unwillig sich von der Geliebten, indem er ihre Begrabung befahl, äußerte aber von nun an eine große Neigung zu dem fremden frommen Manne, der ihn nicht mehr verlassen durfte.

Der Geistliche senkte hierauf den Ring in einen See, und der Kaiser zog jetzt dieses Gewässer und dessen Umgebung allen anderen Gegenden vor, kam täglich dahin, erbaute hier einen Palast und eine Kirche, und verließ Aachen niemals wieder.

Voll Verehrung blickte der Kaiser auf seine Mutter Bertha, die ihn streng und fromm erzogen, und betrübte sie nur einmal, als er jene Königstochter verließ, die sie ihm bestimmt hatte. Unwandelbare Treuliebe fesselte ihn an seine Schwester Giesela, einer gottgeweihten Klosterfrau, welche im Münster zu Aachen begraben liegt.

Seine Söhne ließ Karl in allen Wissenschaften unterrichten. In Zucht und Ehrbarkeit erwuchsen die Töchter, welche in Goldseide sticken und spinnen mussten. Der Kaiser aß niemals ohne seine Kinder, ließ sich von denselben vor Tische Romanzen und alte Geschichten vorlesen, und ging dann mit ihnen spazieren. Alle waren gar seinen und holden Wesens; er hatte sie ungemein lieb, schaute sie der Reihe nach an, und sagte oft, wenn eines abwesend war: ich kann nicht leben ohne meine Kinder. Manch übel Volksgerede erweckte dies wohl, aber er hatte ein so edles und sanftes Gemüt, das kein Argwohn zu verletzen im Stande war.

In dem entdeckten Einverständnis seiner Tochter Ima mit dem Kabinettsschreiber Eginhard, als sie den Liebsten [sic: er die Liebste?] durch den nachtgefallenen Schnee über den Hof trug, zeigt sich des Kaisers Milde und Güte. Er verzieh ihr, und verband die Liebenden, welche Handlung des Vaters der Sohn Ludwig dadurch ehrte, dass er Eginhard Michaelstädt zum Lustort schenkte.

2. 

Zu hohen Ehren und Würden gelangte Turpinus, Erzbischof und Oberhaupt der Kirche. Wahre Frömmigkeit und die Gabe der Weissagungen machten ihn dem Kaiser in heiligen Augenblicken besonders wert.

Als Kaiser Karl von Vienne nach Paris sich begab, tief erschüttert über den Tod seines teuren Neffen Roland, der tapferen Grafen Nibelung und anderer Helden, welche bei Ronzevall unterm blutigen Sarazenenschwerte gefallen waren, sagte er, von düstern Ahnungen erfüllt, zum Erzbischofe, wenn er vor ihm sterbe, wolle er es ihm durch sichere Botschaft verkünden lassen.

Turpin, von diesen Worten ergriffen, gelobte dem Kaiser ein Gleiches zu tun, falls Gott ihn zuerst vom Erdenlande rufen werde. 2

Nun begab sich eines Frühmorgens, dass der Erzbischof eine Seelenmesse singen hörte, bei der er einen heiligen Psalm zu sprechen begann. Da erhob sich plötzlich aus der Ferne ein dumpfes Getöse, es nahte und eine Schar schwarzer Geister schwebte vorüber. Der Erzbischof entsetzte sich nicht, er rief den Letzten des Zuges und beschwor ihn im Namen des Allmächtigen, anzugeben, wohin sie auszögen? 

– Nach Aachen, zum Tode des Kaisers der Deutschen, ziehen wir, der in dieser Stunde im Sterben liegt, ertönte die Antwort.

Turpin hatte den Psalm eben beendet, als der Teufelsschwarm zurückkehrte, und nochmals fragte der gottergebene Mann den Vorigen, was in Aachen sich begeben habe?

Zwei Heilige, sagte der Teufel, hätten durch Almosen und fromme Werke alles Böse der großen Waage überwogen, und die Engel ihnen des Kaisers Seele entführt in die Hände Gottes. – 

Da verging die Erscheinung vor seinen Augen. Wenige Tage nachher erhielt Turpin die Meldung, der Kaiser sei eingegangen in des Himmels ewigen Freudensaal. Der dunkle Trauerbote war in der Stunde der Gesichtserscheinung an den Erzbischof abgesendet worden.

Der Kaiser starb 814 nach Christus zu Aachen im zweiundsiebzigsten Jahre. 

Vor seinem Ende hatte er noch sein Vermögen in drei Teile, für das Hausgesinde, die Armen und für die Bistümer verteilt.

Gesalbt und einbalsamiert ward sein Leichnam in der Aachener Kirche beigesetzt. 

Er ruht auf einem goldenen Thron mit Krone und Schwert. Im Sarge befinden sich das Evangelienbuch, der Zepter, der goldene Schaupfennig Leos und ein Stück vom Stamme des heiligen Kreuzes, nebst vielen kaiserlichen Kleinodien. Das Antlitz ist vom heiligen Schweißtüchlein verhüllt.

Bald nach dem Kaiser starb Erzbischof Turpinus und wurde mit großem Gepränge in der Stadtkirche zu Vienne beerdigt.

3.  

Im hohen pyramidalen Untersberg bei Salzburg, der seiner Schönheit wegen auch Wunderberg genannt wird, wohnt Karl der Große. Viele haben den Kaiser gesehen. Kirchen, Klöster, Paläste und prachtreiche Gärten stehen im Innern dieses Berges, dessen Zugänge von mächtigen Hünen beschützt, die darin enthaltenen kaiserlichen Reichtümer aber von Zwergen bewacht werden, welche man nicht selten unterm mitternächtlichen Gottesdienst der Salzburger Domkirche wahrgenommen hat.

Des Kaisers Hofstaat ist groß. Von zahlreichen hohen Personen umgeben, sitzt er in seinem Gemach, die Goldkrone auf dem Haupt, den Zepter in der Rechten. Grau und lang hängt sein Bart, an Festtagen durch ein Perlenband geteilt, über Brust und Gewand herab.

Der Kaiser hat ein scharfes und tiefsinniges Angesicht, ist freundlich und gemeinschaftlich gegen seine Untergebenen, mit denen er zuweilen auf sonniger Palastwiese sich ergeht. Hier erklingt das Gespiel lieblicher Heeresinstrumente und das kriegerische Schmettern der Trommeten [sic: Trompeten].

Bis zum jüngsten Tage wird der Kaiser im Untersberge hausen. Warum er sich hier aufhält, und was seines Tuns ist, steht bei den Geheimnissen Gottes; niemand weiß es zu sagen.

4. 

Auf dem Petzenberg bei Feuchtwangen in Franken sieht man noch Grundmauern eines alten grabenumgebenen Jagdschlosses Karls des Großen, der oft diese Gegenden besuchte.

Einst, geht die Volkssage, hatte der Kaiser beim Waldjagen sich sehr erhitzt und vergeblich nach einem Trunk Wasser sich umgesehen. Da erblickte er endlich ein Brünnchen und dabei eine nippende weiße Taube. 

Freudig trank er daraus, und stiftete voll Dankbarkeit gegen Gott hier ein Kloster, der heiligen Maria geweiht. Dies geschah im Jahr 793.

Unweit des Dechanthofes ist der Brunnen, mit Quadersteinen eingefasst, noch jetzt zu sehen, und wird das «Taubenbrünnlein» genannt.

5. 

Beim Flecken Herstalle an der Weser, nicht weit von Karlshafen, liegen die Ruinen eines alten Bergschlosses, welches die Hessen im fünfzehnten Jahrhundert zerstörten.

Im Kriegsjahr 797 war hier Kaiser Karls Heeresstelle.

Alle fünfzig Jahre in der Ostermitternacht sieht man das alte Schloss mit Türmen und Fahnen. Bei demselben weilt auf grünem Platze der Kaiser; er hat die Krone auf und in der Hand das Schwert. Reiter kommen und gehen lautlos, in der Tiefe leuchtet der stillstehende Weserstrom wie lichtes Gold.

Zwei Prälaten nahen dem Kaiser mit der Kunde, dass das Grab des Herrn noch im Besitz der Heiden sei. Der Kaiser faltet die Hände und erhebt sich, und alles verschwindet. 

6.  

Im Jahre 800 befand sich Kaiser Karl hofhaltend in seinem Palaste zu Zürich.

In der Nähe der Limath ließ er eine Säule errichten und mit einer Glocke versehen, damit ein jeder, der seines Rechtsspruchs Begehren trage, solche anziehen möge, zwei Wächter waren dabei aufgestellt.

Eines Tages vernahm der Kaiser den Anschlag der Glocke, und da niemand gemeldet wurde, fragte er, wer an der Glockenschnur gezogen habe? Die Wächter hatten wohl den Ton der Glocke gehört, doch keinen Menschen auf den Säulenplatz gesehen.

Zum anderen Male ertönt der Glockenklang durch die Lüfte, und nochmals ruft der Kaiser aus: wer an dem Seil eben jetzt gezogen? Doch gleiche Antwort gelangt in sein Gemach: Niemand habe eine lebendige Seele wahrgenommen. 

Da befiehlt er ernsten Wortes, dass man verborgen forschen möge, ob des kühnen Läuters drüben auf dem Platze.

Zum dritte Male und laut und ungestümer erschallt ein helles Geläute. 

Da erblicken die Diener des kaiserlichen Hofes, wie eine Schlange sich zur Glocke windet und dieselbe rührt. Sie hinterbringen dem Monarchen die seltene Kunde, der befremdet nach dem Patze schreitet und hier eine mächtige Schlange erkennt, die an dem Fuß der Säule ruht, bei seiner Ankunft sich aufrichtet, demütig vor ihm sich neigt und zum Limathstrome eilt. Der Kaiser folgte ihr bis zum schilfigen Gestein des Ufers, und findet hier über ihrem Nest mit Eiern eine giftige ungeheure Kröte ausgebreitet, auf welche jetzt die Schlange ihr flammendes Auge richtet; und schnell befiehlt er, das hässliche Getier zu fahen [sic: fangen] und zu töten, worauf die Schlange freudig von ihrem Eigentum wieder Besitz nimmt. 

Des anderen Tages, als Karl, umgeben von der Menge seines Hofes, beim Mittagsmahle sitzt, rauscht durch die aufspringenden Flügeltüren des Saales, zum Staunen und Entsetzen aller Anwesenden, die große Schlange mit wunderbarem Silberglanz herein, schwingt sich empor, löst den Deckel eines goldenen Pokales der Tafel, senkt einen funkelnden Edelstein in denselben, neigt noch einmal das Haupt dankbar vor dem edlen Fürsten und wallt durch die Tür des Saales wieder hinweg. 

Kaiser Karl hebt voll Dankes gegen Gott seine Hände, der durch dies gefürchtete Tier ihn an sein hohes Richteramt gemahnt; und zur Erinnerung an diese Begebenheit steigt auf sein Geheiß am Limathstrome die prachtvolle Kirche empor, welche noch heute als eine Zierde Zürichs betrachtet wird.

Den Edelstein der Schlange, von hoher Pracht und Herrlichkeit, verlieh der Kaiser seiner Gemahlin Hildegard. 

7.

Herzog Wittekind schlich sich einst, um Karl den Großen in der Nähe zu sehen, in Bettlertracht gehüllt, ins königliche Lager an der Elbe, und drängte sich unter dem Bettlerhaufen an den Kaiser heran, als dieser eben aus der Kirche kam. Der Blick seines Auges, die ganze stolze Haltung und ein gekrümmter Finger an der einen Hand, die er ausstreckte machten diesen aufmerksam.

«Du bist nicht der, der du scheinen willst», sprach Karl zu ihm, «wer bist du?» –

Ich bin ein Fürst wie du, antwortete unerschrocken Wittekind, ich bin der Herzog der Sachsen.

Diese Weise gefiel dem großen König wohl, er unterredete sich lange mit ihm über die Gebräuche der christlichen Religion, die der Heide in der Kirche des Lagers gesehen, und Wittekind erklärte sich bereit, die Taufe zu empfangen. 

Man sagt, er habe in seinem Wappen ein schwarzes Ross geführt und nach der Taufe dasselbe in ein weißes verwandelt. 

Daher soll in dem braunschweigischen und hannoverschen Landeswappen das weiße Ross stammen. 

Gladius magnifici Caroli Imperatoris ei angelica ut dicitur manu porrectus. Bulle des Papstes Martin V. 1424.

Mere de Histoires et Croniques de France. Bruss. 1517.

Kaiser Friedrich der Zweite.

Friedrich der Verlorne kehrte aus türkischer Gefangenschaft nach Deutschland zurück. Er wählte seinen Aufenthalt zu Kaiserslautern in einer schönen Gegend, erbaute hier ein Schloss und legte einen See an, der ihm große Freude gewährte.

In diesen See, «Kaiserwog» genannt, setzte Friedrich 1230 ein Hecht, den ein Goldring umschloss mit der Inschrift: Ich bin der erste Fisch, welcher durch Kaiserhand hierher versetzt worden.

Anno 1497 wurde der Fisch gefangen und auf kurfürstlicher Tafel gespeist. Er war 19 Fuß lang und 350 Pfund schwer.

Einst soll man in diesem See zwei Karpfen mit goldenen Ketten umgeben gefangen haben.

Die Sage geht, Kaiser Friedrich wohne in einer großen Felsenhöhle, unweit der Stadt Kaiserslautern. 

Ein armer Mann kam in diese Höhle und sah den Kaiser mit greisem Bart in einem altertümlichen Sessel ruhen. Der Kaiser sprach zu ihm, dass er hier nicht reden, daheim aber erzählen könne, wen er gesehen habe. 

Kaiser Otto der Dritte.

Kaiser Otto zog aus, die Städte des Rheins, eine nach der anderen, zu besuchen, und kam gen Bonn.

Als er abends zur Ruhe sich begeben wollte, vermisste er seine Reliquien, ohne welche er niemals zu reisen pflegte.

Er rief Berold von Sachsen, seinen getreuen Neffen, heran, und sagte: «Ich habe meine Heiligtümer vergessen, sie müssen über meiner Lagerstätte liegen; geh, schwinge dich auf dein Ross, eile durch die Nacht und hole sie mir, denn ich muss sie haben.»

Windschnell auf starkem Rosse flog des Kaisers Neffe hinweg. Noch war der Tag nicht angebrochen, als er vor dem kaiserlichen Schlafgemach stand, und, Öffnung begehrend, hastig an die Tür klopfte. Nach langem Anschlagen erschloss eine Dame der Kaiserin das Zimmer.

Eiligst schritt Berold nach dem Bette, in welchem des Kaisers Gemahlin schlief, und langte nach den Reliquien. Da berührten seine Finger einen starken Bart, und erstaunt fragte er, wer ist es, der hier bei euch weilt? –

Es ist meine Kammerfrau, antwortete die Kaiserin.

Nun beim allmächtigen Gott, rief Ritter Berold, in meinem Leben fand ich keine Dame mit solch einem Barte!

Und zornentflammt riss der wilde Berold das Schwert aus der Scheide, durchstach die bärtige Dame und dann die Kaiserin, seines Oheims Gemahlin.

Hierauf entfernte er sich mit den Reliquien und gelangte baldigst wieder zum Kaiser.

Wollte Gott, mein Herr und Kaiser, lautete hier sein Bericht, ihr hättet mich nicht ausgesandt in dieser Botschaft. Als ich zur Tür eures Gemachs kam, war sie verriegelt; ich klopfte, ich harrte lange, ehe man sie auftat. Da fand ich den Hauskaplan bei eurer Gemahlin liegen, zu welcher Schandtat ich, von Wut ergriffen, das Schwert erhob und beide durchbohrte. Sie sind tot.

Den Kaiser erschütterte diese Nachricht heftig; er hätte sterben mögen vor Schmerz und schwieg lange, dann sagte er: «Wie weh tut mir die Untreue meiner Gemahlin; Gott, der im Himmel wohnt, weiß, dass ich jeden Lebenstag ihr nur Gutes bewiesen, eheliche Treue an ihr geübt und sie über alles auf der Welt geliebt habe; teurer Neffe, ich bin zufrieden mit der Strafe, die du an ihr und ihrem Buhlen vollzogen hast.»

Alle Fürsten und Herren, von der schrecklichen Kunde unterrichtet, trösteten den Kaiser. Sie meinten, es sei besser, eine solche Gemahlin zu verlieren, als Schande zu erleben im kaiserlichen Hause.

Der Kaiser ging nach Köln am Rhein und verweilte hier viele Tage.

Blutige Fehde entspann sich hierauf. 

Graf Mons, der erstochenen Kaiserin Vater, zog wütend gegen Berold von Sachsen, um ihn zu vernichten. Otto unterstützte indes seinen Neffen mit Macht, so dass er siegreich stand. 

Burg Baden.

Hoch auf mächtigem Berge, der Stadt Rheinau gegenüber, liegen die Ruinen des vor Jahrhunderten blühenden Stammschlosses der Ritter und Herren von Baden.

Den letzten Burgbesitzer Badens riss ein fehdenreiches und sittenrohes Leben ins Verderben. Edel und geliebt war die Burgfrau, des Ritters Gemahlin, doch unvermögend, den Gatten auf den Weg der Tugend zu lenken.

Ein junges und schönes Fräulein erschien einst auf des Badeners Burg, welches dem alten Herrn überaus wohlgefiel. Insgeheim suchte er ihre Gunst, doch die Schöne gab ihm zu verstehen, sie könne ihr Herz nicht ohne ihre Hand vergeben.

Ritter Baden stellte alsbald ein großes Fest an, und plötzlich sinkt seine treue Gemahlin erbleicht zur Erde. Er hatte ihr Gift in den Becher gestreut, und sie starb des entsetzlichsten Todes.

Bald nach ihrer Beerdigung verband er sich mit dem schönen Fräulein.

Der Hochzeittag war vorüber.

Da weckte ein mitternächtliches Rauschen die schlummernde neue Ehefrau. Sie richtete sich auf ihrem Lager empor. Eine weiße Gestalt kam zur Gemachtür herein, nahte der Wiege, in welcher das Knäbchen der getöteten Mutter ruhte; sie nahm es in ihre Arme, betrachtete und küsste es, legte es wieder sanft in die Wiege, und verschwand, als der Morgen graute.

In Wut und Eifersucht starrte das junge Eheweib die Nachterscheinung an, in welcher sie die Gattin des Ritters erblickte; sie wähnte die gehasste Feindin noch am Leben und geheim kommend zum Besuche ihres Gemahls. Mit lauter Stimme rief sie der Wärterin des Kindes, welche in tiefen Schlaf versunken war; sie fragte, wer die weiße Gestalt gewesen, welche soeben das Kind in der Wiege geschaukelt. Die Wärterin erschrak, sie hatte nichts gesehen.

Zum zweiten Male in der folgenden Nacht erschien die tote Mutter friedlich und liebkosend vor ihrem Kinde. Der Mond beleuchtete ihr bleiches Angesicht.

Das war kein Irrbild der Phantasie, es war die Gattin des Ritters mit Leib und Leben, und zornerhitzt eilte Frau von Baden auf die Gestalt los, ergriff sie am Arme, um sie hinwegzuschleudern.

Da verging das Gesicht unter ihren Händen, und warnenden Fingers und langsam wich die weiße Frau aus dem Schlafgemach. Schaudernd, die Wahrheit der Totenerscheinung erkennend, stützte die Unglückliche aus dem Gemach der Burg hinaus, um nicht wiederzukehren.

In einem Kloster beschloss sie ihre Lebenstage. 

Ritter Baden verließ als Greis das Haus seiner Väter, und niemand hat je wieder etwas von ihm erfahren. Mit ihm verfiel seine Felsenburg. 

Burg Falkenstein.

Im nassauischen Oberrhein, unweit Altkönig, stehen auf steiler Felsenspitze die Überreste der alten familienerloschenen Falkensteinburg.

Zurzeit, als noch mildtätiges Zwergenvolk die Höhlen der Falkensteiner Felsen bewohnte, führte nur ein schmaler und gefährlicher Weg auf die Bergkante.

An einem Tage kehrte auf der Burg ein junger Ritter ein. Er sah des Burgherrn schönes Töchterchen, gewann ihre Liebe und hielt um ihre Hand an.

Herr von Falkenstein, ihr Vater, war ein strenger und stolzer Gebieter. Er sprach zum Ritter: «Meine Tochter werde dein, doch unter einer Bedingung. Nach dieser Burg geht ein enger und lebensgefährlicher Weg; haue mir durch den Felsen einen bequemeren und breiten Pfad, jedoch muss er in einer einzigen, und zwar in der nächsten Nacht vollendet werden, und auf Ritterwort, aus dieser Hand sollst du meine Tochter erhalten.» Mit der Unausführbarkeit dieses Begehrens hoffte er den Brautwerber zu verscheuchen, und kehrte ihm hierauf den Rücken.

Dem Liebenden schien diese Aufgabe ein Leichtes. Er berief seine sämtlichen Landes-Bergmänner, und trug ihnen sein Vorhaben vor; doch wie erschrak er über ihre Antwort. Ein solch Stück Arbeit, entgegneten sie, nimmt eine volle Woche in Anspruch, und kann in einer Nacht nicht vollführt werden; - es ist unmöglich.

Betroffen stand der Ritter, die Stunden eilten, Liebchen winkte, und große Trauer bemächtigte sich seiner.

Da rauschte es im Feldgezweig, und ein kleines Männchen stand vor ihm: «Ich weiß, was dir fehlt, kann dir helfen, und will den Burgweg zur anberaumten Frist erbauen, wenn du auch meinem Wunsche Genüge leistest: verbiete deinen rohen Knechten, dass sie von meinem Berg bleiben, wo sie oft mir und der Meinen Ruhe stören.»

Freudig willigte der Ritter in des Männchens Verlangen, und dieses entfernte sich nach abgeschlossener Sache, um an die Arbeit zu gehen.

Mitternacht war kaum erschienen, so erhob sich ein entsetzliches Reißen und Rollen um den Felsen her, die Erde erbete, bald fiel, bald krachte es, bejahrte Eichen brausten in wilder Windeswoge, und seltsame Laute tönten hindurch.

Niemand ruhte auf dem Schloss. Der Burgherr eilte von Gemach zu Gemach, schaute in die finstere Nacht, ohne das Geringste zu gewahren. Nur Fräulein Falkenstein schlief sanft, von keinem Getöse erweckt.

Allmählich wurde es stiller draußen, die ersten Morgenwölkchen schimmerten.

Herr von Falkenstein blickte zum Fenster hinaus. Mit Staunen und Verwunderung sah er einen prächtigen Weg den Felsen empor sich winden, und einen Reiter auf stolzem Rappen zur Burg hereineilen.

Es war der angelangte Liebste des schönen Burgfräuleins, freudig bewillkommt vom Vater, der ihm jetzt, worthaltend, sein liebliches Töchterchen als Braut in die Arme gab.

Ein Fest verherrlichte den Freudentag, und aus allen Gauen wallte das Volk heran, ein Wunderwerk in Augenschein zu nehmen.

Noch immer wird der kühne Felsenweg von vielen betrachtet. Man erzählt sich die alte Sage, glaubt aber, der Teufel habe beim Wegmachen geholfen.

Burgen Nothweiler und Barbelstein.

Unfern Bergzabern im Vogesengebirge von Elsass liegt neben dem Schloss Wegelburg auf dem hohen kahlen Nothweilerberg die weitläufige Ruine der alten Burg Nothweiler, welche zuletzt denen von Rapolstein gehörte.

Auf dieser Burg wird seit undenklicher Zeit eine weiße Jungfrau bemerkt. Einst die Tochter eines mächtigen Fürsten von Burgund und von wunderbarer Schönheit, verschmähte sie alle ihre Freier, die um ihren Besitz kämpfend in den Tod gingen. Sie wurde dafür zur Strafe von einem Zauberer der Gebirge mit allen ihren fürstlichen Schätzen in die alte Burg Nothweiler verwünscht.

Nur an einem Tage in der Woche, freitagmittags, darf sie sichtbar werden; einmal als große Schlange mit goldigem Haupte, zum anderen Male als Kröte mit ungeheurem Leib, zum dritten Male als schöne goldhaarige Jungfrau.

An diesem Tage kommt sie zu einem Brunnen des Felsens, der nur in dieser Stunde fließt und dann wieder versiegt, hängt ihr feines weißes Gewand ans Gesträuche, taucht ihre schönen Glieder in die Fluten, und schaut dann umher, ob niemand nahe sie zu erlösen. Sie altert nicht, und ist noch heute so schön wie an ihrem Verwünschungstage.

Die Prinzessin wird durch drei Küsse erlöst.

Wer es wagt, sie zu befreien, findet auf dem Felsen eine Muschel mit drei Merkzeichen, einer Schlangenschuppe, einer Krötenhaut und einer gelben Haarlocke. Damit geht er zur alten Burg, wartet bis sie aus dem Brunnen steigt, und küsst sie in allen Erscheinungen drei Freitage nacheinander, befreit die Fürstenjungfrau und erlangt alle ihre Reichtümer.

Viele haben schon die Zeichen gefunden und sich in die alte Burg begeben, aber alle sind vor Entsetzen umgekommen.

Ein kampfkräftiger Held hatte einst schon mit dem Munde die fürchterliche Schlange berührt. Da ergriff ihn beim Anblick der ungeheuren Kröte, die aus den Ruinen erstieg, Schauer und Todesangst, er stürzte hinweg, und feuersprühend folgte ihm die wütende Kröte nach bis zum nächsten Felsen, der noch jetzt der «Krötenstuhl» genannt wird.

Burg Barbelstein thront vom hohen Felsen beim Nothweilerberge. In den unterirdischen Gemächern dieses wüsten Schlosses vernehmen die Landsleute oft in den Nächten ein lautes Jubeln und Lärmen.

Schloss Arensperg oder Arnsberg.

Im Unterlass auf romantischem Bergkegel steht das gebröckelte Schloss Arensperg oder Arnsberg.

Der letzte gräfliche Besitzer der Burg starb im fünfzehnten Jahrhundert, seit welcher Zeit sie Ruine ist. –

In einer Nacht ging einst ein Jäger an der ehemaligen Burg vorüber. Ermattet und durstig lechzte er nach einem Trunke Wasser und suchte eine sprudelnde Quelle.

«Fände ich dort den Trunk für meinen Durst, wo’s vollauf Wein haben soll», rief er nach dem Schlossberg hin, «mit wenigem wollt‘ ich mich begnügen.»

Langsam stieg er die Berghöhe hinan, und unvermerkt stand ein Mann von verwittertem uraltem Gesicht vor ihm.

«Komm mit», sagte der Alte, «unter der Arnsberg soll dir werden, was du begehrst.»

Sie gingen durch dichtes Bergholz und blieben vor einer alten versteckten Tür stehen. Hier klopfte der Alte und die Tür öffnete sich.

Nun schritt man viele Stufen hinab und kam in einen räumlichen Keller, der von einer Leuchte spärlich erhellt und mit großen Fässern angefüllt war.

Der Führer nahm einen Becher, ging zu einem Fasse, füllte ihn und sprach, indem er solchen seinem Begleiter entgegenhielt: «Trink‘, ‘s ist kostbarlicher Wein!» -

Dieser nahm, trank und fühlte sich wunderbar erquickt von der Spende; er gab das leere Gefäß mit den Worten zurück: «Vergelt’s Gott, das war echter Labewein!» –

Stumm winkte und führte jener ihn wieder aus dem Keller auf den Berg. Als sie oben waren, fragte der Jäger den Alten, wer er sei und wes Amtes er hier pflege?

Der Mann mit dem uralten Gesicht versetzte: «Ich bin der Mundschenk des letzten Grafen von Arnsberg, habe seit Jahrhunderten die Aufsicht über die Weingewölbe, und muss noch manches Jahr all hier verharren.» 

Dem Jäger befiel ein Grauen bei dieser Antwort, er eilte hinweg, ohne sich umzusehen. Der Morgen schimmerte durch die Zweige der Bäume.

Die Kunde, dass der alte Arnsberger Weinkeller offen stehe, zog durch die Nachbardörfer. Viele machten sich dahin, sie hofften, den grauen Alten zu sehen und warteten von Morgen bis Abend. Er kam nicht. Sie suchten den Eingang zum unterirdischen Keller, aber sie fanden ihn nicht. 

Lauff oder Lauffen.

Die einst kühne Rheinritterburg Lauff oder Lauffen, in der badenschen Ortenau, teilte das Schicksal vieler ihrer Nachbarburgen: sie wurde gewaltsam erbrochen und verwüstet.

Noch jetzt soll es, einigen Sagen nach, im Schlossgemäuer nicht geheuer sein und wunderbare Erscheinungen geben.

Ein fremder Ritter verirrte sich einst in der Nacht auf den wegelosen Waldpfaden der Burg. Endlich erblickte er ein fenstererhelltes Schloss, eilte darauf zu, band sein Ross im Hofe fest und stieg die steinerne Wendeltreppe empor. Ein vornehmes Gemach nahm ihn auf, in welchem Totenstille herrschte. Niemand ließ sich sehen.

Plötzlich erblickte er eine Jungfrau glänzend schön wie die Morgensonne. Sie saß an einem Tischchen, doch so in Gedanken, dass sie den Ankommenden nicht bemerkte.

Der Ritter begrüßte die einsame Dame und sprach sie um ein Nachtlager an. Sie neigte sich gegen ihn, verließ das Gemach, und kam mit Wein und Brot zurück, welches sie dem Gaste freundlich vorsetzte, damit er Bescheid tun möge.

Nachdem der Fremde gegessen, fragte er die Jungfrau, ob sie die Tochter des Schlossherrn sei, und sie bejahte die Frage durch leises Verbeugen.

Er fragte nach ihren Eltern.

Sie zeigte auf einige Bilder, welche an der Wand hingen, indem sie mit langsamem Tone hinzufügte, dass sie die Letzte ihres Hauses wäre.

Von Liebe zu dem schönen Fräulein bewegt, nahte der Ritter, fasste ihre Hand, und fragte, ob sie noch frei sei?

Nachdem sie auch diese Frage lächelnd bejaht, hielt er um sie an. In sichtbarer Freude stand sie auf, nahm zwei Ringe aus einem Kästchen, setzte sich einen Kranz auf, und bat den Bräutigam, ihr zu folgen.

Zwei Geistliche, bejahrt und ehrwürdig, traten jetzt aus einem anstoßenden Gemach und führten Braut und Bräutigam hinweg nach der Schlosskirche.

Sie kamen an einem Grabmale vorüber, auf dem ein Bischof von Erz im bischöflichen Ornate ruhte. Die Jungfrau berührte den Bischof leise, er richtete sich empor, schritt zum Altar, die Kerzen desselben entzündeten sich, die Orgel erklang.

Hohl und geistergleich ertönte jetzt die Stimme des Bischofs:

«Ich frage dich, ob du wahrhaft gesonnen bist, zu ehelichen diese Jungfrau an deiner Seite?»

Der Ritter schauerte in sich zusammen, er war nicht im Stande ein Wort hervorzubringen und sank besinnungslos zur Erde.