Das Buch der Verdammten - Charles Fort - E-Book

Das Buch der Verdammten E-Book

Charles Fort

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Beschreibung

Charles Fort stellt den Anspruch der Wissenschaft, die Welt zu erklären, infrage!

Wie können wir die Berichte erklären, dass es Frösche, Fische und Muscheln vom Himmel regnet? Wie können wir die schwebende Schildkröte erklären? Und wie die gigantischen Lichträder, die an der Meeresoberfläche rotieren?

Dies sind die »Verdammten«, wie Charles Fort seine große Bandbreite an rätselhaften Fakten, Ereignissen und Entdeckungen bezeichnet. Mit den ersten Worten seines Buches kündigt er »seine Prozession der Verdammten« an. Mit den Verdammten, fährt er fort, »meine ich die Ausgeschlossenen«, und mit den Ausgeschlossenen meint er all jene Berichte über seltsame und unerklärliche Phänomene, die in wissenschaftlichen Zeitschriften peinlich genau aufgeführt, aber von den Vertretern des herrschenden wissenschaftlichen Weltbildes ignoriert werden. Sie müssen ignoriert werden, weil sie nicht in dieses Weltbild passen.

Fort zeigt, dass die Zahl der ausgeschlossenen Beweise mehr als ausreichend ist, um nicht nur die etablierten Überzeugungen unserer Zeit, sondern auch die jedes beliebigen anderen Glaubenssystems zu erschüttern. Diese verdammten Fakten, sagt er, tauchen einfach immer wieder auf. Sie können nicht ewig unterdrückt werden, und am Ende sind sie unwiderstehlich. Beharrlich machen sie auf sich aufmerksam und gewinnen Anerkennung.

Charles Fort (1874-1932) verbrachte über 25 Jahre seines Lebens in den großen Bibliotheken der Welt, um in alten Zeitungen und wissenschaftlichen Magazinen Meldungen über ungewöhnliche Ereignisse aufzuspüren, die die Wissenschaft nicht zu erklären vermochte. Mit dem Spürsinn eines wissenschaftlichen Ermittlers kratzt Fort an der Oberfläche unserer Existenz und fördert überall Unbekanntes zutage.

Heute gilt Forts Werk als zuverlässige Quelle für Informationen über eine Vielzahl von Phänomenen, die sich anderswo kaum finden lassen, und als anregende, verwirrende und betörende intellektuelle Tour de Force.

Exakt, brillant - überzeugend formuliert und mit sarkastischem Humor.

»(Dem Autor) ist zu verdanken, dass man in dieser geballten Form von Mysterien erfuhr, die auf der ganzen Welt verbreitet sind. Deshalb ist das Buch ein absoluter Klassiker. Unbedingt erwerben!« Sagenhafte Zeiten, Wolfgang Siebenhaar

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 579

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1. Auflage Juni 2023

Titel der englischen Originalausgabe:Book of the Damned

Copyright © 2023 für die deutschsprachige Ausgabe bei Kopp Verlag, Bertha-Benz-Straße 10, D-72108 Rottenburg

Alle Rechte vorbehalten

Übersetzung aus dem Englischen: Matthias Schulz Lektorat: Jorinde Reznikoff Covergestaltung: Stefanie Huber, Nicole Lechner Satz und Layout: Martina Kimmerle

ISBN E-Book 978-3-86445-945-0 eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

Gerne senden wir Ihnen unser Verlagsverzeichnis Kopp Verlag Bertha-Benz-Straße 10 D-72108 Rottenburg E-Mail: [email protected] Tel.: (07472) 98 06-10 Fax: (07472) 98 06-11

Unser Buchprogramm finden Sie auch im Internet unter:www.kopp-verlag.de

Kapitel 1

Eine Prozession der Verdammten.

Mit Verdammten meine ich die Ausgeschlossenen.

Es wird eine Prozession von Daten sein, die die Wissenschaft ausgeschlossen hat.

Bataillone der Verfluchten werden aufmarschieren, angeführt von bleichen Daten, die ich exhumiert habe. Entweder Sie werden sich mit ihnen befassen – oder sie werden losmarschieren. Manche von ihnen sind zornesbleich, manche hitzig und feurig, manche hundsgemein und marode.

Unter ihnen sind Leichname, Skelette, Mumien, zuckend, taumelnd, aufgemuntert durch Gefährten, die zu Lebzeiten verdammt wurden. Riesen werden vorbeiziehen, auch wenn sie tief schlafen. Es kommen Theoreme vor, und es gibt Schund. Sie werden vorbeischreiten wie Euklid Arm in Arm mit dem Geist der Anarchie. Hier und dort flitzen kleine Flittchen umher. Viele sind Clowns. Viele aber auch höchst respektabel. Einige sind Mörder. Da sind fahler Gestank und öder Aberglauben und bloße Schatten und lebhafte Bosheit: Launen und Liebenswürdigkeiten. Das Naive und das Pedantische und das Bizarre und das Groteske und das Aufrichtige und das Unaufrichtige, das Profunde und das Infantile.

Ein Dolchstoß und ein Lachen und die geduldig gefalteten Hände hoffnungsloser Rechtschaffenheit.

Die Ultra-Respektablen, doch die Verdammten sowieso.

Zusammen ergeben sie ein Bild von Würde und Ausschweifung. Zusammen sprechen sie ein trotziges Gebet: Doch der Geist des Ganzen ist der einer Prozession.

Dass sie alle verdammt sind, dies Machtwort hat die dogmatische Wissenschaft gesprochen.

Aber sie werden weitermarschieren.

Die Flittchen werden herumtollen, Freaks die Aufmerksamkeit ablenken, und die Clowns werden mit ihren Possen den Rhythmus des Ganzen stören – doch wie solide die Prozession insgesamt ist: wie beeindruckend all das, was da vorbeizieht und vorbeizieht und vorbeizieht und immer noch kommt und kommt und kommt.

Die Unwiderstehlichkeit dessen, was weder bedroht noch verhöhnt noch trotzt, sondern sich zu Massenformationen zusammentut, die vorbeiziehen und vorbeiziehen und endlos vorbeiziehen.

Mit den Verdammten meine ich die Ausgeschlossenen.

Aber mit den Ausgeschlossenen meine ich das, was eines Tages das Ausschließende sein wird.

Oder alles, was ist, nicht sein wird.

Und alles, was nicht ist, sein wird –

Aber natürlich das sein wird, was nicht sein kann –

Wir vertreten die Ansicht, dass die Strömung zwischen dem, was nicht ist, und dem, was nicht sein wird, oder der Zustand, der normaler- und absurderweise »Existenz« genannt wird, ein Rhythmus aus Himmeln und Höllen ist: sodass die Verdammten nicht verdammt bleiben; sodass Erlösung nur vor dem Verderben kommt. Woraus sich schließen lässt, dass unsere verfluchten Jammerlappen eines Tages elegante Engel sein werden. Und weiter, dass sie noch ein wenig später dorthin zurückkehren werden, woher sie gekommen sind.

Wir vertreten die Ansicht, dass nichts etwas zu sein versuchen kann außer durch den Versuch, etwas anderes auszuschließen: dass das, was gemeinhin als »Sein« bezeichnet wird, ein Zustand ist, der dadurch hervorgebracht wird, dass er mit mehr oder weniger Endgültigkeit proportional ist zum Auftauchen eines positiven Unterschieds zwischen dem, was eingeschlossen, und dem, was ausgeschlossen ist.

Aber wir sind auch der Ansicht, dass es gar keine eindeutigen Unterschiede gibt: Dass alles wie eine Maus und ein Käfer im Herzen eines Käselaibs ist. Keine zwei Dinge könnten ungleicher erscheinen. Sie sind eine Woche dort, oder sie bleiben einen Monat: Dann sind beide nur noch Umwandlungen von Käse. Ich denke, wir sind alle Käfer und Mäuse und nur unterschiedliche Ausdrucksformen eines allumfassenden Käses.

Oder dass sich Rot nicht eindeutig von Gelb unterscheidet, sondern bloß eine weitere Abstufung derjenigen Schwingung ist, von der Gelb eine Abstufung ist: Dass Rot und Gelb ineinander übergehen oder dass sie zu Orange verschmelzen.

Sollte die Wissenschaft nun aufgrund des Wesens von Gelb und Rot versuchen, sämtliche Phänomene zu klassifizieren und alles Rote als wahr einzuschließen und alles Gelbe als falsch oder illusorisch auszuschließen, so hätten wir es mit einer falschen und willkürlichen Trennlinie zu tun, denn Orangefarbenes erzeugt Kontinuität und würde auf beide Seiten dieser vermeintlichen Trennlinie gehören.

Im weiteren Verlauf wird uns noch auffallen:

dass noch nie eine vernünftigere Grundlage für Klassifizierungen – oder den Ein- und Ausschluss – erdacht wurde als die für Rot und Gelb.

Die Wissenschaft hat unter Berufung auf mancherlei Grundlagen eine Vielzahl von Daten miteingeschlossen. Hätte sie dies nicht getan, so gäbe es nichts, womit sie ihre Existenz begründen könnte. Die Wissenschaft hat unter Berufung auf verschiedene Grundlagen eine Vielzahl von Daten ausgeschlossen. Wenn aber das Rote in einer Kontinuität mit dem Gelben und jeder Einschlussgrund in einer Kontinuität mit jedem Ausschlussgrund steht, dann muss die Wissenschaft einiges ausgeschlossen haben, was in einer Kontinuität mit dem steht, was akzeptiert worden ist. Im Roten und Gelben, die zum Orangen verschmelzen, statuieren wir ein Exempel für sämtliche Tests, sämtliche Standards, sämtliche Wege der Meinungsbildung –

Oder dass jede eindeutige Meinung, zu welchem Thema auch immer, eine Illusion ist, die auf dem Irrglauben beruht, es gäbe eindeutige Unterschiede, anhand derer eine Beurteilung vorgenommen werden könnte – dass alle Geistestätigkeit nach etwas auf der Suche war – nach einem Faktum, einer Basis, einer Verallgemeinerung, einem Gesetz, einer Formel, einer eindeutigen, erstrangigen Prämisse: dass das Beste, was je getan wurde, darin bestand, zu sagen, dass sich einiges von selbst erklärt – wohingegen wir mit Beweisen die Absicherung von etwas anderem meinen.

Dass genau dies die Suche ist; die Antwort aber niemals gefunden wurde; doch die Wissenschaft handelte, urteilte, verkündete und verdammte, als sei sie gefunden worden.

Was ist ein Haus?

Wenn es keine eindeutigen Unterschiede gibt, ist es nicht möglich, zu sagen, was etwas ist, denn sonst müsste es eindeutig von etwas anderem unterscheidbar sein.

Eine Scheune ist dann ein Haus, wenn jemand darin wohnt. Wenn ein Haus zu sein dadurch bestimmt wird, dass jemand darin wohnt (denn ein bestimmter Architekturstil tut dies nicht), dann ist auch ein Vogelnest ein Haus. Und die menschliche Nutzungsart ist nicht das Standardkriterium, anhand dessen eine Einordnung vorgenommen werden sollte, denn wir sprechen ja auch von Häusern für Hunde; auch das Material ist nicht ausschlaggebend, denn wir sprechen von Eskimohäusern aus Schnee – oder einer Muschel, die als Behausung für einen Einsiedlerkrebs dient oder es für die Molluske war, die sie erschaffen hat – oder von Dingen, die sich so eindeutig voneinander zu unterscheiden scheinen wie das Weiße Haus in Washington und eine Muschel am Meeresufer und doch als zusammenhängend betrachtet werden.

Insofern konnte beispielsweise bislang niemand je sagen, was Elektrizität ist. Sie ist nichts, was sich eindeutig von Wärme oder Magnetismus oder Leben unterscheiden lässt. Metaphysiker und Theologen und Biologen haben zu definieren versucht, was Leben ist. Sie sind gescheitert, denn da gibt es in einem eindeutigen Sinn nichts zu definieren: Es gibt kein Lebensphänomen, das sich nicht bis zu einem gewissen Grad auch in der Chemie, im Magnetismus oder in den Bewegungen der Himmelskörper manifestiert.

Weiße Koralleninseln in einem tiefblauen Meer.

Es hat den Anschein, als seien sie unterschiedlich, als besäßen sie eine Individualität oder seien eindeutig voneinander unterscheidbar – dabei sind sie allesamt nur Fortsetzungen desselben Meeresbodens. Der Unterschied zwischen Meer und Land ist nicht eindeutig. In allen Gewässern gibt es auch Erde, in allem Land gibt es auch Wasser.

Wenn alle Dinge untereinander eine Kontinuität bilden, so wie ein Tischbein kein eigenes Ding, sondern nur die Fortsetzung von etwas anderem ist, dann folgt daraus, dass alle scheinbaren Dinge gar keine Dinge sind. Und wenn wir physisch eine Kontinuität mit unserer Umwelt bilden und psychisch nichts als der Ausdruck unseres Verhältnisses zur Umwelt sind, dass keiner von uns eine reale Person ist.

Grundsätzlich weist unsere Betrachtungsweise zwei Aspekte auf:

Herkömmlichen Monismus. Alle »Dinge«, die eine eigene Identität zu haben scheinen, sind bloß Inseln, die aus etwas Darunterliegendem herausragen und über keine eigenen Umrisse verfügen.

Obwohl alle »Dinge« nur Fortsetzungen sind, sind es aber Fortsetzungen, die danach streben, sich von dem, was ihnen zugrunde liegt und ihnen ihre eigene Identität verwehrt, loszulösen.

Ich stelle mir eine einzige kontinuierliche Allverbundenheit vor, innerhalb derer sämtliche scheinbaren Dinge nur unterschiedliche Ausdrucksformen derselben sind – Lokalisierungen eines Versuchs, sich zu lösen und zu realen Dingen zu werden oder einen eindeutigen Unterschied, eine Entität, eine endgültige Abgrenzung oder eine genuine Unabhängigkeit (Persönlichkeit oder Seele, wie es beim menschlichen Phänomen heißt) zu etablieren.

Was auch immer danach strebt, sich als reales oder eindeutiges oder absolutes System zu etablieren, als Regierung, Organisation, Selbst, Seele, Einheit oder Individualität, kann dies nur versuchen, indem es eine Linie um sich herum oder um die Einschlüsse, die es ausmachen, zieht und alle anderen »Dinge« verurteilt, ausschließt oder sich von ihnen loslöst.

Handelt es nicht so, kann es sich nicht den Anschein geben, dass es existiere.

Handelt es so, handelt es falsch und willkürlich und vergebens und katastrophal, genauso wie es jemand täte, der im Meer einen Kreis um einige Wellen herum zieht und dann behauptet, die anderen Wellen, die ja doch mit den eingeschlossenen Wellen zusammenhängen, seien eindeutig anders, und der sein Leben von der Behauptung abhängig macht, dass sich das Zugelassene und das Ausgeschlossene eindeutig voneinander unterscheiden würden.

Unserer Ansicht nach stellt unsere gesamte Existenz eine Belebung des Lokalen durch ein Ideal dar, welches nur im Universellen realisierbar ist. Wenn sämtliche Ausschlüsse falsch sind, weil sie eingeschlossene und ausgeschlossene Kontinuitäten sind; wenn aller Anschein von Existenz, wie wir sie wahrnehmen können, das Produkt eines Ausschlusses ist, ist nichts wahrnehmbar für uns, das wirklich existiert. Nur das Universelle kann wirklich existieren.

Unser besonderes Interesse liegt in der modernen Wissenschaft als Manifestation dieses einen Ideals oder Zwecks oder Prozesses.

Wir sind der Meinung, dass sie fälschlich ausgeschlossen hat, denn es gibt keine eindeutigen Standards, anhand derer eine Beurteilung vorgenommen werden kann. Dass sie anhand ihrer Pseudostandards Dinge ausgeschlossen hat, die genauso viel Anspruch auf Zugehörigkeit haben wie die von ihr Auserwählten.

Grundsätzlich denken wir:

Dass es sich bei dem Zustand, der gemeinhin und absurderweise als »Existenz« bezeichnet wird, um einen Fluss handelt oder eine Strömung oder einen Versuch, vom Negativen zum Positiven zu gelangen, und dass sie sich dazwischen befindet.

Mit Eindeutigkeit meinen wir:

Harmonie, Gleichgewicht, Ordnung, Regelmäßigkeit, Stabilität, Beständigkeit, Einigkeit, Echtheit, Systematik, Regierung, Organisation, Freiheit, Unabhängigkeit, Seele, Selbst, Persönlichkeit, Entität, Individualität, Wahrheit, Schönheit, Gerechtigkeit, Perfektion, Bestimmtheit.

Und dass alles, was Entwicklung, Fortschritt oder Evolution genannt wird, eine Bewegung zu etwas hin ist oder ein Versuch, sich diesem Zustand anzunähern, für den es so viele Namen gibt, die sich allesamt in dem einen Begriff »Eindeutigkeit« zusammenfassen lassen.

Auf den ersten Blick mag es schwerfallen, diese Aufsummierung zu akzeptieren. Auf den ersten Blick mag es den Anschein haben, dass diese Wörter keine Synonyme sind: dass »Harmonie« zwar »Ordnung« bedeuten kann, dass aber beispielsweise mit »Unabhängigkeit« nicht »Wahrheit« oder mit »Stabilität« nicht »Schönheit«, »System« oder »Gerechtigkeit« gemeint sein kann.

Ich stelle mir eine einzige kontinuierliche Allverbundenheit vor, die sich in astronomischen Phänomenen ausdrückt, in chemischen, biologischen, übernatürlichen und soziologischen. Dass alles danach strebt, Eindeutigkeit zu entdecken. Dass wir diesem Streben in unterschiedlichen Phänomenkategorien – die sich nur quasi unterscheiden – unterschiedliche Namen geben. Wir sprechen vom »System« der Planeten und nicht von ihrer »Regierung«. Betrachten wir jedoch beispielsweise ein Ladengeschäft und seine Führung, so erkennen wir, dass die Wörter austauschbar sind. Früher war es normal, von einem chemischen Gleichgewicht zu sprechen, aber nicht von einem gesellschaftlichen. Diese falsche Trennlinie wurde durchbrochen. Wir werden sehen, dass wir mit all diesen Begriffen ein und denselben Zustand meinen. In den alltäglichen Gepflogenheiten oder im Hinblick auf die geläufigen Illusionen stellen sie natürlich keine Synonyme dar. Für ein Kind ist ein Regenwurm kein Tier. Für einen Biologen schon.

Mit »Schönheit« meine ich das, was vollständig erscheint.

Umgekehrt mit dem Unvollständigen oder Verstümmelten das Hässliche.

Die Venus von Milo.

Für ein Kind ist sie hässlich.

Gelingt es dem Geist, sie, obwohl sie nach körperlichen Maßstäben unvollständig ist, als vollständig zu sehen, wird sie schön.

Betrachtet man eine Hand einzig und allein als Hand, so mag sie schön erscheinen. Findet man sie hingegen auf einem Schlachtfeld – offenkundig verloren –, ist sie nicht schön.

Doch unserer Erfahrung nach ist alles nur ein Teil von etwas anderem, das seinerseits Teil von noch wieder etwas anderem ist. Sonst gibt es nichts Schönes in unserer Erfahrung, nur Erscheinungen, die zwischen Schönheit und Hässlichkeit liegen. Nur Universalität ist vollständig. Nur das Vollständige ist schön. Jeder Versuch, Schönheit zu erreichen, stellt den Versuch dar, dem Lokalen das Attribut des Universellen zu verleihen.

Mit Stabilität meinen wir das Unbewegliche und das Unangetastete. Doch alles, was dem Anschein nach ein Ding ist, ist bloß eine Reaktion auf etwas anderes. Insofern kann auch Stabilität nur das Universelle sein oder etwas, neben dem es sonst nichts gibt. Zwar nähern sich einige Dinge mehr als andere der Stabilität an oder scheinen dies zumindest zu tun, doch unserer Erfahrung nach gibt es zwischen Stabilität und Instabilität nur diverse Zwischenstufen. Daher strebt jeder Mensch, der unter einem der Namen »Permanenz«, »Überleben« oder »Dauer« auf Stabilität hinarbeitet, danach, etwas zu lokalisieren, was nur im Universellen realisierbar ist.

Mit Unabhängigkeit, Entität und Individualität kann ich nur etwas meinen, neben dem nichts weiter Bestand hat. Denn sobald zwei Dinge gegeben sind, müssen diese, wenn alles nur eine Reaktion auf etwas anderes ist, eine Kontinuität haben und sich gegenseitig beeinflussen und würden die Unabhängigkeit, Entität oder Individualität des jeweils anderen zerstören.

Alle Organisations-, System- und Kohärenzversuche, von denen einige ihrem Ziel deutlich näher kommen als andere, die aber alle nur Zwischenstufen zwischen Ordnung und Unordnung sind, scheitern schließlich an ihren Beziehungen zu äußeren Kräften. Sie alle versuchen, Vollständigkeit zu erreichen. Wenn es aber hinsichtlich aller lokalen Erscheinungen immer äußere Kräfte gibt, so sind auch diese Versuche nur im Zustand der Vollkommenheit realisierbar oder in einem, in dem es keine äußeren Kräfte gibt.

Oder dass all diese Wörter Synonyme sind und jenen Zustand meinen, den wir als eindeutig bezeichnen –

Dass unsere gesamte »Existenz« ein Streben nach Eindeutigkeit darstellt. Wobei das verblüffende Paradoxe bei alledem ist:

Dass alle Dinge das Universelle anpeilen, indem sie andere Dinge ausschließen.

Dass es nur diesen einen Prozess gibt und dass er sämtliche Ausdrucksformen in sämtlichen Phänomenbereichen bestimmt, die wir als eine einzige kontinuierliche Allverbundenheit denken:

Die Religiösen mit ihrer Vorstellung oder ihrem Ideal von der Seele. Sie bedeuten eine eindeutige, stabile Einheit oder einen Zustand, der unabhängig ist, und nicht nur einen Fluss von Schwingungen oder einen Komplex von Reaktionen auf die Umgebung, der mit der Umgebung in einer Kontinuität steht und mit einer Unendlichkeit anderer voneinander abhängiger Komplexe verschmilzt.

Doch das Einzige, was nicht mit etwas anderem verschmelzen würde, ist das, neben dem es nichts weiter gibt.

Dass Wahrheit bloß ein anderer Name für Eindeutigkeit ist und dass das Streben nach Wahrheit den Versuch darstellt, Eindeutigkeit zu erreichen:

Wissenschaftler, die in dem Glauben, nach der Wahrheit zu suchen, versucht haben, astronomische, chemische oder biologische Wahrheiten zu finden. Aber Wahrheit definiert sich dadurch, dass nichts anderes neben ihr existiert: nichts, was sie verändern könnte, nichts, was sie infrage stellen könnte, nichts, was eine Ausnahme bilden könnte – das Allumfassende, das Komplette –

Mit Wahrheit meine ich das Universelle.

So haben Chemiker nach dem Wahren oder dem Realen gesucht und sind wegen der Verbindungen, die chemische Phänomene nach außen haben, stets gescheitert: gescheitert sind sie, weil noch nie ein chemisches Gesetz ohne Ausnahmen entdeckt wurde, denn Chemie hängt mit Astronomie, Physik und Biologie zusammen. Sollte beispielsweise die Sonne ihren Abstand zur Erde stark vergrößern und das menschliche Leben wäre imstande zu überleben, so würden die vertrauten chemischen Formeln nicht mehr funktionieren. Wir hätten eine neue Wissenschaft der Chemie zu erlernen.

Oder dass alle Bemühungen, die Wahrheit im Besonderen zu finden, Bemühungen sind, im Konkreten das Universelle zu finden.

Und dann die Künstler und ihr Streben nach Eindeutigkeit im Namen von »Harmonie« – wohingegen ihre Pigmente oxidieren oder auf eine hinderliche Umwelt reagieren – oder die Saiten von Musikinstrumenten, die sich auf unterschiedliche und verstörende Weise an chemische, thermische und durch Gravitation bedingte Außenkräfte anpassen: immer wieder diese Einheit sämtlicher Ideale, wobei es sich um den Versuch handelt, was nur universell realisierbar sein kann, im Konkreten zu sein oder zu erreichen. Unserer Erfahrung nach gibt es nur Zwischenstufen zwischen Harmonie und Streit. Harmonie ist dasjenige, woneben keine Außenkräfte existieren.

Und dass Nationen immer nur mit einem einzigen Motiv gekämpft haben: für Individualität, Einheit oder darum, endgültig wirkliche Nationen zu sein, ohne anderen Nationen untergeordnet oder nur ein Teil von ihnen zu sein. Und dass dabei nie etwas anderes als ein Zwischenzustand erreicht worden ist und die Geschichte eine Aufzeichnung der Fehlschläge dieses einen Bemühens darstellt, denn stets hat es äußere Kräfte oder andere Nationen gegeben, die nach demselben Ziel strebten.

Und was physische, chemische, mineralogische und astronomische Belange betrifft, so ist es nicht üblich, zu sagen, sie würden nach der Wahrheit oder der Einheit streben, aber es versteht sich von selbst, dass sich alles in Richtung Gleichgewicht bewegt, dass es keine Bewegung außer jener zum Gleichgewicht hin gibt, natürlich immer fern von irgendeiner anderen Annäherung an das Gleichgewicht.

Sämtliche biologischen Phänomene dienen der Regulation: Es gibt keine anderen biologischen Handlungen als Regulationen.

Regulation ist ein anderer Name für Gleichgewicht. Gleichgewicht ist das Universelle oder das, was durch nichts Externes aus der Bahn geworfen werden kann. Aber das, was wir »Sein« nennen, ist Bewegung. Bewegung in all ihren Formen ist kein Ausdruck von Gleichgewicht, sondern Ausdruck eines unerreichten Gleichgewichts oder davon, etwas ins Gleichgewicht zu bringen: Lebensbewegungen sind der Ausdruck eines unerreichten Gleichgewichts; jegliches Denken bezieht sich auf das Unerreichte; über das zu verfügen, was wir in unserem Quasi-Zustand Sein nennen, bedeutet nicht, in einem eindeutigen Sinne zu sein, sondern ein Zwischenzustand zwischen Gleichgewicht und Ungleichgewicht.

Daraus folgt:

Dass in unserem Zwischen- oder Quasi-Zustand alle Phänomene für diesen einen Versuch stehen, zu organisieren, zu stabilisieren, zu harmonisieren, zu individualisieren – oder Eindeutigkeit zu verleihen, real zu werden.

Dass nur ein Scheinen zu haben, Versagen bedeutet oder eine Zwischenstufe vor dem endgültigen Scheitern und dem endgültigen Erfolg.

Dass jeder Versuch – der beobachtet werden kann – von der Kontinuität besiegt wird, von Außenkräften oder von den Ausgeschlossenen, die mit den Eingeschlossenen in einer Kontinuität stehen.

Dass unsere gesamte »Existenz« ein Versuch des Relativen darstellt, das Absolute zu sein, oder des Konkreten, das Universelle zu sein.

In diesem Buch möchte ich der Frage nachgehen, wie sich dieser Versuch in der modernen Wissenschaft manifestiert.

Ich werde zeigen, dass sie versucht hat, real, wahr, endgültig, komplett, absolut zu sein. Dass hier in unserem Quasi-Zustand der Anschein von Sein das Produkt von Ausschluss darstellt, was immer falsch und willkürlich ist, da Ausgeschlossenes und Eingeschlossenes stets in einer Kontinuität stehen. Dass das gesamte Schein-System oder die Schein-Einheitlichkeit der modernen Wissenschaft nur ein Quasi-System oder eine Quasi-Einheitlichkeit darstellt, herbeigeführt durch denselben falschen und willkürlichen Prozess wie jenen, durch den das vorausgehende und noch weniger eindeutige System oder theologische System die Illusion seiner Existenz herbeigeführt hat.

In diesem Buch stelle ich einige Daten zusammen, die meiner Meinung nach zu den fälschlich und willkürlich ausgeschlossenen gehören.

Die Daten der Verdammten.

Ich habe mich nach draußen in die Dunkelheit wissenschaftlicher und philosophischer Transaktionen und Prozeduren begeben, die ultra-respektabel, aber vom Staub der Missachtung bedeckt sind. Ich bin hinabgestiegen in den Journalismus und zurückgekehrt mit den Quasi-Seelen verlorener Daten.

Sie werden marschieren.

Zur Logik der folgenden Ausführungen:

In unserem Zustand scheinbaren Seins existiert nur Quasi-Logik. Nichts ist jemals bewiesen worden –

Denn es gibt nichts zu beweisen.

Wenn ich sage, es gebe nichts zu beweisen, dann meine ich: Akzeptiert man die Kontinuität oder das Verschmelzen sämtlicher Phänomene mit anderen Phänomenen, weil diese nicht durch eindeutige Trennlinien voneinander getrennt sind, so gibt es nichts, was eindeutig ein Ding ist. Es ist nichts da, was bewiesen werden kann.

In dieser Hinsicht kann man nichts nachweisen, dass es ein Tier ist – denn das Tier- und das Pflanzendasein unterscheiden sich nicht eindeutig voneinander. Es gibt Lebensformen, die gleichermaßen Pflanze wie Tier sind oder die das Verschmelzen von Tier- und Pflanzendasein manifestieren. Also gibt es keinen eindeutigen Test, keinen Maßstab, kein Kriterium und keinen Weg, sich eine Meinung zu bilden. Tiere existieren nicht im Unterschied zu Pflanzen. Da gibt es nichts, was bewiesen werden könnte. In unserer »Existenz« gibt es nichts, was eindeutig gut ist oder sich wirklich vom Bösen abhebt. Vergebung mag in Friedenszeiten gut sein, in Kriegszeiten schlecht. Da gibt es nichts zu beweisen. Gut geht unserer Erfahrung nach in Böse über oder ist bloß ein weiterer Aspekt davon.

Ich für meinen Teil versuche jetzt, einfach nur zu akzeptieren: Wenn mir der universelle Blick verwehrt ist, dann befasse ich mich eben mit dem Konkreten.

Gehen wir also davon aus, dass niemals etwas bewiesen wurde.

Dass theologische Verkündigungen so offen für Zweifel wie eh und je sind, dass sie sich aber in ihrer Zeit via Hypnose die Mehrheit der Geister unterwarfen.

Dass in einer nachfolgenden Ära die Gesetze, Dogmen, Formen und Grundsätze der materialistischen Wissenschaft niemals bewiesen wurden, denn sie sind nichts als Konkretisierungen, die das Universelle simulieren; dass die führenden Geistesgrößen ihrer Zeit aber durch Hypnose dazu gebracht wurden, mehr oder weniger fest an sie zu glauben.

Newtons drei Gesetze sind Versuche, Eindeutigkeit zu erzielen oder der Kontinuität zu trotzen und sie zu brechen. Sie sind genauso unreal wie all die anderen Versuche, das Universelle zu konkretisieren.

Wenn jeder Körper, der beobachtet werden kann, mittelbar oder unmittelbar mit allen anderen Körpern verbunden ist, kann er nie ausschließlich unter dem Einfluss seiner eigenen Trägheit stehen, und daher gibt es keine Möglichkeit, zu erfahren, was das Phänomen der Trägheit sein könnte. Wenn alle Dinge auf eine unendliche Menge von Kräften reagieren, lässt sich die Auswirkung einer einzigen Kraft nicht abschätzen. Wenn jede Reaktion mit der Aktion, auf die sie reagiert, in Verbindung steht, ist sie nicht als ein isoliertes Ganzes denkbar und ebenso wenig, womit sie identisch und wozu sie das Gegenstück sein könnte.

Oder dass Newtons drei Gesetze drei Glaubensartikel sind.

Oder dass es sich bei Dämonen und Engeln und Trägheitszuständen und Reaktionen allesamt um mythologische Charaktere handelt.

Dass man in ihrer Blütezeit jedoch so fest an sie glaubte, als seien sie bewiesen worden.

Unter den Marschierenden werden sich Ungeheuerlichkeiten und Absonderlichkeiten befinden.

Sie werden genauso »bewiesen« werden, wie Moses oder Darwin oder Lyell je etwas »bewiesen« haben.

Wir ersetzen Glauben durch Akzeptanz.

Zellen eines Embryos nehmen zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Gestalt an.

Je stärker etwas etabliert ist, desto schwieriger ist es, dies zu hinterfragen.

Dass der gesellschaftliche Organismus wie ein Embryo ist.

Dass fester Glaube die Entwicklung behindert.

Und nur zeitweilige Akzeptanz diese erleichtert.

Aber:

Zwar ersetzen wir Glauben durch Akzeptanz, doch abgesehen davon werden unsere Methoden die althergebrachten bleiben, dieselben Wege, die jeden Glauben herbeiführten und unterstützten. Oder unsere Methoden werden die Methoden von Theologen und Wilden und Wissenschaftlern und Kindern sein. Denn wenn sämtliche Phänomene miteinander verbunden sind, kann es keine eindeutig voneinander unterscheidbaren Methoden geben. Wir werden bei der Niederschrift dieses Buches den nicht beweiskräftigen Wegen und Methoden von Kardinälen und Wahrsagern und Evolutionsforschern und Bauern folgen, Methoden, die keine Beweise liefern können, da sie sich stets auf konkret Vorliegendes beziehen, es aber nichts Konkretes zum Schlussfolgern gibt.

Als funktionstüchtiger Ausdruck seiner Zeit wird es Bestand haben.

Jegliche Wissenschaft beginnt mit dem Versuch, etwas zu definieren.

Nichts ist jemals definiert worden.

Denn es gibt nichts zu definieren.

Darwin schrieb Über die Entstehung der Arten.

Er hat es nie geschafft, zu erklären, was er mit »Art« meint.

Dies zu definieren ist unmöglich.

Nichts hat man jemals endgültig herausgefunden.

Denn es gibt nichts Endgültiges herauszufinden.

Das ist so, als suche man in einem Heuhaufen nach einer Nadel, die nie jemand in einem inexistenten Heuhaufen verloren hat –

Dabei sind alle wissenschaftlichen Anstrengungen, wirklich etwas he-rauszufinden, obwohl es in Wirklichkeit gar nichts herauszufinden gibt, Anstrengungen, wirklich etwas zu sein.

Ein Wahrheitssucher. Er wird die Wahrheit niemals finden. Aber es besteht die winzig kleine Möglichkeit, dass er selbst zur Wahrheit wird.

Oder dass Wissenschaft mehr als nur Recherche ist:

Nämlich ein Pseudokonstrukt oder eine Quasi-Organisation. Ein Versuch, sich loszulösen und im Konkreten Harmonie, Stabilität, Gleichgewicht, Beständigkeit und Einheit herzustellen.

Die winzig kleine Möglichkeit, dass dies gelingen könnte.

Dass unsere Existenz eine Pseudoexistenz ist und dass alles, was in ihr in Erscheinung tritt, an dieser grundlegenden Fiktionalität teilhat.

Dass einige Erscheinungsformen aber deutlich näher an Eindeutigkeit herankommen als andere.

Wir sind der Auffassung, dass alle »Dinge« reihenweise Abstufungen oder Schritte zwischen Eindeutigkeit und Uneindeutigkeit oder Realität und Irrealität darstellen und dass einige scheinbare Dinge näher am Beständigen, Gerechten, Schönen, Vereinigten, Individuellen, Harmonischen und Stabilen dran sind als andere.

Wir sind keine Realisten. Wir sind keine Idealisten. Wir sind Intermediaristen – was heißt, dass nichts real, aber auch nichts irreal ist, sondern alle Phänomene auf die eine oder andere Weise Annäherungen zwischen Realität und Irrealität darstellen.

Also:

Ist unsere ganze Quasi-Existenz ein Dazwischensein zwischen Eindeutigkeit und Uneindeutigkeit, zwischen Realität und Irrealität. Wie das Fegefeuer, denke ich.

Aber in unserer Zusammenfassung, die nur eine flüchtige Skizze darstellt, haben wir es versäumt, deutlich zu machen, dass Realität ein Aspekt der Eindeutigkeit ist.

Mit Realität meine ich das, was weder mit etwas anderem verschmilzt noch Teil von etwas anderem ist. Was weder eine Reaktion auf etwas anderes noch das Imitat von etwas anderem ist. Ein realer Held ist jemand, der keine feigen Anteile hat oder dessen Handlungen und Motive keine Verbindung zur Feigheit haben. Wenn innerhalb der Kontinuität aber alle Dinge miteinander verschmelzen, meine ich mit Realität das Universelle, neben dem nichts existiert, mit dem es verschmelzen könnte.

Das Konkrete mag universell werden, aber es ist unvorstellbar, dass sich das Universelle konkretisieren lässt. Zwar mag es starke Annäherungen geben und diese Fast-Erfolge mögen vielleicht aus ihrem Zwischenzustand in Realität übersetzt werden – so, wie sich die industrielle Welt, relativ betrachtet, selbst rekrutiert, indem sie aus der Irrealität oder aus den scheinbar weniger realen Vorstellungen von Erfindern heraus übersetzt; Maschinen, die in Fabriken errichtet wurden, scheinen realer zu sein, als sie es als pure Einbildung waren. Dass insofern mit Fortschritt Entwicklung in Richtung Stabilität, Organisation, Harmonie, Beständigkeit oder Eindeutigkeit gemeint ist und sämtlicher Fortschritt der Versuch ist, real zu werden.

In allgemeinen metaphysischen Begriffen lautet unsere Meinung, dass ebenso wie bei einem Fegefeuer alles, was gemeinhin als »Existenz« bezeichnet wird, wir aber Zwischenzustand nennen, eine Quasi-Existenz ist, die weder real noch irreal, aber Ausdruck des Versuchs ist, real zu werden oder eine reale Existenz zu erzeugen oder zu gewinnen. Wir nehmen an, dass die Wissenschaft, die im Allgemeinen, im Spezifischen oder in ihren eigenen Begriffen meist als Herumstöbern in alten Knochen, Käfern und sonstigen unappetitlichen Dingen vorgestellt wird, Ausdruck jenes Geistes ist, der sämtliche Zwischenzustände belebt. Sollte die Wissenschaft, von ihren eigenen derzeitigen Daten oder demjenigen abgesehen, was mit der derzeitigen Quasi-Organisation assimiliert werden kann, sämtliche anderen Daten ausschließen können, wäre sie ein reales System mit eindeutig definierten Konturen. Sie wäre real.

Ihre scheinbare Annäherung an Beständigkeit, Stabilität, Systematik – Eindeutigkeit oder Wirklichkeit – wird dadurch genährt, dass sie das Unvereinbare oder das Unverdauliche verdammt.

Alles wäre gut. Alles wäre himmlisch. Wären die Verdammten nur in der Verdammung geblieben.

Kapitel 2

Vom Herbst 1883 an waren jahrelang Sonnenuntergänge zu beobachten, die dermaßen farbenprächtig waren, dass sich niemand daran erinnern konnte, je etwas Vergleichbares gesehen zu haben. Außerdem gab es blaue Monde.

Ich vermute, wenn die Rede auf blaue Monde kommt, werden Sie ungläubig lächeln. Und trotzdem waren diese im Jahr 1883 genauso häufig wie grüne Sonnen.

Die Wissenschaft musste eine Erklärung für diese unkonventionellen Vorgänge finden. Veröffentlichungen wie Nature und Knowledge wurden mit Anfragen überhäuft.

Und in Alaska sowie auf den Inseln der Südsee wurden, so vermute ich, die Medizinmänner ähnlich auf die Probe gestellt.

Man musste sich etwas einfallen lassen.

Am 28. August 1883 war in der Sundastraße der Vulkan Krakatau explodiert.

Schrecklich.

Es heißt, der Knall sei 2000 Meilen weit zu hören gewesen und es seien 36 380 Menschen ums Leben gekommen. Das erscheint mir etwas unwissenschaftlich beziehungsweise unglaubwürdig, denn erstaunlicherweise war nicht von 2163 Meilen und 36 387 Menschen die Rede. Die Mengen an aufsteigendem Rauch soll man noch von anderen Planeten aus beobachtet haben können. Oder die Erde, gequält von unserem Herumkriechen und Herumwuseln, hat sich beim Mars beschwert und einen großen schwarzen Fluch in unsere Richtung geschleudert.

In sämtlichen Lehrbüchern zu diesem Ereignis – bislang ist mir noch keine Ausnahme untergekommen – steht, die außergewöhnlichen atmosphärischen Effekte seien erstmals Ende August oder Anfang September beobachtet worden.

Das macht es schwierig für uns.

Angeblich haben Vulkanstaubpartikel, die der Krakatau hoch in die Luft schleuderte, diese Phänomene verursacht.

Auf diese Erklärung hat man sich jedenfalls 1883 verständigt –

Doch die atmosphärischen Phänomene dauerten 7 weitere Jahre an – abgesehen davon, dass es innerhalb dieser 7 Jahre eine mehrjährige Unterbrechung gab. Wo war die Vulkanasche während all dieser Zeit?

Sie meinen, eine derartige Frage würde doch gewiss für Unruhe sorgen?

Dann haben Sie sich noch nie mit Hypnose befasst. Dann haben Sie nie versucht, einem Hypnotisierten zu beweisen, dass ein Tisch kein Nilpferd ist. Gemäß dem, was für uns allgemein annehmbar ist, wäre es auch unmöglich, dergleichen zu beweisen. Zwar können Sie hundert Gründe dafür aufführen, warum ein Nilpferd kein Tisch ist, werden aber letztlich zustimmen müssen, dass auch ein Tisch kein Tisch ist – sondern bloß ein Tisch zu sein scheint. Und das scheint auch für das Nilpferd zu gelten. Wie können Sie also beweisen, dass etwas nicht etwas anderes ist, wenn beides nur scheinbar eine Sache ist? Da gibt es nichts zu beweisen.

Diese tiefgründige Erkenntnis haben wir bereits angekündigt. Sie können einer Absurdität bloß mit einer anderen Absurdität entgegentreten. Doch die Wissenschaft ist eine etablierte Groteske. Wir teilen alle Einsichten in offenkundige und etablierte Grotesken ein.

Aber in dem oben genannten Fall war Krakatau die Erklärung, die die Wissenschaftler gaben. Was die Medizinmänner für eine hanebüchene Geschichte erzählten, weiß ich nicht.

Wir wollen von Anfang an die sehr starke Neigung der Wissenschaft vermerken, der Erde Außenkontakte weitestmöglich abzustreiten.

Dieses Buch ist eine Anhäufung von Daten über Beziehungen der Erde nach außen. Wir vertreten die Ansicht, dass unsere Daten verdammt wurden, ohne auf ihre individuellen Vorzüge oder Schwächen einzugehen, aber in Konformität mit dem allgemeinen Bestreben, an der Isolation unserer Erde festzuhalten. Dabei handelt es sich um einen Versuch, Eindeutigkeit herzustellen. Wir vertreten die Ansicht, dass die Wissenschaft damit nicht erfolgreicher sein kann, als es bei einem ähnlichen Unterfangen der chinesische Staat oder die Vereinigten Staaten wären. Demnach haben Wissenschaftler es vorgezogen, allein durch eine Pseudobetrachtung der Phänomene von 1883 oder als Ausdruck der Eindeutigkeit, was die Isolation der Erde oder ihren Mangel an Beziehungen nach außen angeht, eine derartige Enormität wie Vulkanstaub zu erschaffen, der sich – abgesehen von einigen wenigen Jahren – 7 Jahre lang in der Atmosphäre hält, anstatt zuzugeben, dass der Staub von irgendwo jenseits dieser Erde herkam. Nicht, dass Wissenschaftler jemals Eindeutigkeit oder Einheitlichkeit untereinander erreicht hätten, denn bereits vor 1883 hat Nordenskjöld sehr viel über seine Theorie von kosmischem Staub geschrieben. Auch Professor Cleveland Abbe kämpfte gegen die Krakatau-Begründung an – aber diese stellte die Lehrmeinung des Großteils der Wissenschaftler dar.

Der Hauptgrund dafür, dass ich an dieser Stelle entrüstet bin:

Diese lächerliche Erklärung stört einige meiner eigenen Absonderlichkeiten.

Einräumen zu müssen, dass die Atmosphäre dieses Planeten über derartige selbsterhaltende Kräfte verfügt, würde mich zu viel Erklärungsarbeit kosten.

Später werden wir uns mit Daten von Dingen befassen, die tatsächlich in die Luft aufgestiegen sind und dort – wo auch immer – geblieben sind, und zwar über Wochen, über Monate, aber nicht, weil sie durch irgendwelche Kräfte der Erdatmosphäre dort gehalten wurden. Nehmen wir nur die Schildkröte von Vicksburg. Es wäre doch lächerlich, sich vorzustellen, dass eine Schildkröte von anständiger Größe 3–4 Monate über der Stadt Vicksburg hängt, einzig und allein von der Luft gehalten. Und wenn ich beispielsweise an Pferd und Stall denke, die meiner Einschätzung nach eines Tages zu einer klassischen Denkfigur werden: Der Gedanke, ein Pferd und ein Stall könnten mehrere Monate lang in der Erdatmosphäre bleiben, ist für mich völlig inakzeptabel.

Die orthodoxe Erklärung dafür:

Siehe den Bericht des Krakatau-Komitees der Royal Society. Er stellt sich voll und ganz hinter die orthodoxe Erklärung – in einer absoluten und wunderschönen Art und Weise, aber auch zu einem hohen Preis. 492 Seiten enthält dieser »Bericht«, dazu vierzig Abbildungen, die teilweise wunderbar koloriert sind. Der Bericht ist das Ergebnis einer 5 Jahre langen Untersuchung. Man könnte sich nichts vorstellen, was effizienter, kunstvoller und mit mehr Professionalität durchgeführt wurde. Besonders beeindruckend sind jene Abschnitte, die sich mit mathematischen Aspekten befassen: der Verteilung des Staubs des Krakataus, der Geschwindigkeit seiner Ausbreitung und seines Niedersinkens; Höhen und Langlebigkeit –

Annual Register, 1883–105:

Dass die dem Krakatau zugeschriebenen atmosphärischen Effekte in Trinidad bereits vor dem Ausbruch beobachtet wurden.

Knowledge, 5–418:

Dass sie im südafrikanischen Natal bereits 6 Monate vor dem Ausbruch beobachtet wurden.

Massenträgheit und ihre Ungastlichkeit.

Oder: Säuglinge sollten kein rohes Fleisch bekommen. Wir fangen mit einigen wenigen Daten an.

Ich fürchte, die Sache mit dem Pferd und dem Stall waren für unsere aufkeimende Freizügigkeit doch ein wenig zu extrem.

Höflich eingeführt erscheint das Ungeheuerliche vernünftig.

Nehmen wir beispielsweise Hagel. In den Zeitungen liest man über Hagelkörner, die so groß wie Hühnereier sind, und schmunzelt. Dennoch werde ich mich daran machen, aus der Monthly Weather Review hundert Fälle von Hagelkörnern in der Größe von Hühnereiern anzuführen. Die Nature berichtet am 1. November 1894 über Hagelkörner, die jeweils knapp zwei Pfund wogen. Apropos Dreipfünder siehe die Chambers's Encyclopaedia. Laut dem Bericht der Smithsonian Institution 1870–479 werden die Zweipfünder bestätigt und sogar Sechspfünder gemeldet. Im indischen Seringapatam 1 fiel um das Jahr 1800 herum ein Hagelkorn – oh, ich fürchte mich, ich fürchte mich, denn hier haben wir es mit einem der absolut Verdammten zu tun. Doch ich platze mit etwas heraus, das vielleicht noch einige Hundert Seiten warten sollte: Das Ding war so groß wie ein Elefant.

Da lachen wir.

Oder Schneeflocken. Tellergroß. Sollen am 24. Januar 1891 in Nashville, Tennessee, gefallen sein. Man schmunzelt.

»In Montana fielen im Winter 1887 Schneeflocken, die 38 Zentimeter groß und 20 Zentimeter dick waren.« (Monthly Weather Review, 1915–73)

Wenn es um die Topografie des Intellekts geht, so ist das, was wir Wissen nennen, Ignoranz, umgeben von Gelächter.

Schwarzer Regen – roter Regen – es fallen 1000 Tonnen Butter.

Pechschwarzer Schnee – rosafarbener Schnee – blauer Hagel – Hagel, der wie Orangen schmeckt.

Zunderholz und Seide und Holzkohle.

Wenn vor 100 Jahren jemand der wahnwitzigen Vorstellung erlag, Steine könnten vom Himmel gefallen sein, dann sagte man dieser Person:

Zunächst einmal gibt es keine Steine im Himmel.

Deshalb können auch keine Steine vom Himmel fallen.

Über kein Thema ließe sich etwas sagen, das vernünftiger oder wissenschaftlicher oder logischer wäre als dies. Das einzige Problem dabei ist das grundsätzliche Problem, dass die zentrale Prämisse nicht real ist oder aber irgendwo zwischen Realität und Irrealität liegt.

1772 rief die Académie française einen Ausschuss ins Leben, dem Lavoisier angehörte. Das Komitee sollte einem Bericht nachgehen, demzufolge in der Nähe des Flusses Luce im Norden Frankreichs ein Stein vom Himmel gefallen war. Soweit ich weiß, wurde am allerhärtesten dafür gekämpft, eindeutig zu beweisen, dass unsere Erde über keinerlei externe Beziehungen verfügt. Lavoisier analysierte den Stein von Luce. Die Erklärung der Exklusionisten zur damaligen Zeit lautete: Steine fielen nicht vom Himmel. Zwar seien offensichtlich leuchtende Objekte vom Himmel gefallen, und man habe dort, wo ein hell leuchtendes Objekt gelandet zu sein schien, heiße Steine vorfinden können, doch nur ein Blitz habe den Stein getroffen, ihn erhitzt und sogar zum Schmelzen gebracht.

Der Stein von Luce war nämlich angeschmolzen.

Lavoisier bewies »unumstößlich«, dass dieser Stein nicht vom Himmel gefallen war, sondern ihn ein Blitz getroffen hatte.

Fallende Steine waren also von berufener Stelle verdammt worden. Um von vornherein andere Möglichkeiten auszuschließen, griff man zuallererst zu der Erklärung, etwas sei vom Blitz getroffen worden – etwas, das ohnehin bereits am Boden gelegen hatte.

Doch es gibt Eindeutigkeit und dann das Schicksal jeder eindeutigen Aussage. Dass verdammte Steine lautstarken Protest gegen den Urteilsspruch erheben, der sie verdammte, ist eine eher ungewöhnliche Vorstellung. Aerolithe beziehungsweise ihre Daten aber taten genau dies: Sie prasselten auf jene Sperrmauern ein, die man gegen sie errichtet hatte.

Monthly Review, 1796–426:

»Das Phänomen, um das es bei den uns vorliegenden Äußerungen geht, dürfte den meisten Menschen in hohem Maße unglaubwürdig vorkommen. Dass große Steine vom Himmel fallen, ohne dass sich erkennen lässt, wie sie dort hingelangt sind, erscheint dermaßen wundersam, dass das Wirken bekannter und natürlicher Kräfte nahezu vollständig ausgeschlossen werden muss. Und dennoch wird hier Beweismaterial vorgelegt, das zeigt, dass derartige Ereignisse in der Tat stattgefunden haben. Wir sollten diesem Thema nicht die gebührende Aufmerksamkeit verweigern.«

Der Autor gibt das erste, das absolute Ausschlussverfahren auf und verändert es mit dem Argument, dass einen Tag, bevor Berichten zufolge in der Toskana am 16. Juni 1794 Steine vom Himmel gefallen waren, der Vesuv ausgebrochen war.

Wenn schon Steine vom Himmel fallen, dann möge es sich doch bitte schön um Steine handeln, die von Wirbelwinden oder durch vulkanische Tätigkeit an einem anderen Ort der Erdoberfläche in den Himmel getragen worden waren. Mittlerweile sind über 120 Jahre vergangen. Ich weiß von keinem Aerolithen, dem man auf überzeugende Weise einen terrestrischen Ursprung nachweisen konnte.

Die Verdammung fallender Steine musste aufgehoben werden – allerdings mit der Einschränkung, dass von außen einwirkende Kräfte ausgeschlossen waren. Man kann über das Wissen eines Lavoisier verfügen und dennoch nicht imstande sein, anders zu analysieren oder zumindest anders zu sehen als in Übereinstimmung mit den Hypnosen oder den herkömmlichen Reaktionen gegen Hypnosen, die der jeweiligen Zeit entsprechen.

Wir glauben nicht mehr.

Wir akzeptieren.

Schritt für Schritt mussten Wirbelwinde und Vulkane als Erklärung aufgegeben werden, aber diese Ausschluss-Hypnose, dieses Verdammungsurteil oder dieser Versuch der Eindeutigkeit war dermaßen mächtig, dass einige Wissenschaftler – namentlich Professor Lawrence Smith und Sir Robert Ball – bis zum heutigen Tage sämtliche erdfremden Ursprünge ausschließen. Sie beteuern, nichts könne auf die Erde fallen, sofern es nicht zuvor von einem anderen Teil der Oberfläche dieses Planeten emporgeschleudert oder aufgewirbelt worden war. Das ist so anerkennenswert, wie es eben geht – damit meine ich, dass es sich um eine Zwischenstufe zwischen dem Anerkennenswerten und dem Tadelnswerten handelt.

Es ist blauäugig.

Daten zu Meteoriten waren einst verdammt, sind inzwischen aber zugelassen, doch dem allgemeinen Eindruck nach handelt es sich nur um ein Zurückweichen vor dem Ausschlussversuch: Es sollen nämlich nur zwei Arten von Substanzen vom Himmel fallen – metallische und steinerne; und die metallischen Gegenstände sollen aus Eisen und Nickel bestehen.

Butter und Papier und Wolle und Seide und Harz.

Wir sehen, dass die Blauäugigen der Wissenschaft, wenn es um erdfremde Beziehungen ging, anfänglich kämpften und heulten und schrien, und dies mit zweierlei Begründungen: Das Objekt war bereits zuvor da gewesen. Oder es stammt von einem Teil der Erdoberfläche und fiel auf einen anderen herunter.

Noch im November 1902 argumentierte ein Mitglied der Selborne Society in Nature Notes, 13–231, Meteoriten würden gar nicht vom Himmel fallen, sondern es handle sich dabei um Eisenmassen, die »bereits zuvor da gewesen« seien und Blitze auf sich zögen; den Blitz sehe man und halte ihn für ein fallendes, leuchtendes Objekt –

Mit Fortschritt meinen wir Vergewaltigung. Butter und Rindfleisch und Blut und einen Stein mit merkwürdigen Inschriften darauf.

Kapitel 3

Unserer Ansicht nach hat also die Wissenschaft genauso wenig mit echtem Wissen zu tun wie das Wachstum einer Pflanze, der Aufbau eines Warenhauses oder die Entwicklung einer Nation. Sie alle sind Adaptations-, Organisations- oder Systematisierungsprozesse und stellen unterschiedliche Versuche dar, einen Zustand der Eindeutigkeit zu erreichen – jenen Zustand, der gemeinhin wohl als Himmel bezeichnet wird.

Wo es unbestimmte Variablen gibt, kann es keine echte Wissenschaft geben, doch jede Variable erweist sich bei genauerer Betrachtung als unbestimmt oder unregelmäßig, und sei es nur dadurch, dass sie innerhalb eines Dazwischenseins auftaucht und damit anzeigt, dass keine Regelmäßigkeit erreicht ist. Das Unveränderliche oder auch Reale und Stabile wäre in einem Dazwischensein absolut nichts, sondern gliche, relativ gesehen, eher der unverfälschten Interpretation äußerer Geräusche im Geist eines Träumenden, die in einem träumenden Geist nicht weiterbestehen könnte, weil diese Berührung mit relativer Wirklichkeit zum Wachsein und nicht zum Träumen gehören würde. Wissenschaft ist der Versuch, zum wirklichen Sein zu erwachen und dort Regelmäßigkeit und Einheitlichkeit vorzufinden, wobei das Regelmäßige und Einheitliche dasjenige wäre, was durch nichts Externes gestört wird. Mit dem Universellen meinen wir im Übrigen das Wirkliche. Oder geht es um die Vorstellung, dass dem zugrunde liegenden Superversuch, wie er sich in der Wissenschaft ausdrückt, das eigentliche Objekt, die eigentliche Materie, gleichgültig ist? Und dass der Versuch, alles in Regeln festzuhalten, der eigentliche Lebensgeist ist? Käfer, Sterne, chemisches Durcheinander – dass sie bloß quasi-real sind und es nicht wirklich etwas über sie zu wissen gibt, dass man sich aber mit der systematischen Erfassung von Pseudodaten der Wirklichkeit oder dem endgültigen Erwachen annähert?

Oder stellen wir uns einen träumenden Geist mit seinen Zentauren und Kanarienvögeln vor, die sich in Giraffen verwandeln. Für derartige Subjekte gibt es keine echte Biologie, doch der Versuch, diese Erscheinungen in einem träumenden Geist systematisch zu ordnen, wäre ein Schritt in Richtung Erwachen, wenn wir mit dem Zustand des Wachseins – relativen Wachseins – einfach nur eine bessere geistige Koordination meinen.

Nachdem die Wissenschaft versucht hat, alles systematisch zu erfassen und Externalität bestmöglich zu ignorieren, ist die Vorstellung von Dingen, die von außerhalb auf diese Erde herabfallen, für sie genauso enervierend und unwillkommen wie Jahrmarktpfeifen, die in die vergleichsweise stimmige Komposition eines Musikers hinein ertönen; Fliegen, die auf dem harmonischen Gemälde eines Malers landen und die Farben ineinander verschmieren; oder eine Frauenrechtlerin, die sich inmitten einer religiösen Andacht erhebt und eine politische Rede hält.

Stammt alles aus einer Einheit, welche ein Zwischenstadium zwischen Irrealität und Realität ist, und gelang es nicht, aus ihr auszubrechen und eine eigene Identität zu begründen – und selbst wenn es gelungen wäre, könnte es nicht weiter in diesem Zwischenstadium »existieren«, ebenso wenig wie ein Neugeborenes weiter im Uterus sein könnte –, dann fällt mir kein eindeutiger Unterschied zwischen der Wissenschaft und der Christlichen Wissenschaft ein. Beider Haltung gegenüber dem Unwillkommenen ist identisch: »Es existiert nicht.«

Treffen ein Lord Kelvin und eine Mrs. Eddy auf etwas, das ihnen nicht passt, dann existiert es nicht.

Selbstverständlich nicht, sagen wir Intermediaristen, wir Vertreter des Dazwischenseins. Aber wir sagen ebenfalls, dass es in diesem Dazwischensein auch keine absolute Nichtexistenz gibt.

Oder nehmen wir einen Christlichen Wissenschaftler und Zahnschmerzen: Weder existieren diese noch sind sie absolut nichtexistent. Und gemäß unserer Therapielehre wird sich das durchsetzen, was näher an das Reale herankommt.

Ein Geheimnis der Macht –

Das ist eine weitere grundlegende Erkenntnis, glaube ich.

Möchten Sie Macht über etwas erlangen?

Dann sorgen Sie dafür, dass Sie näher am Realen dran sind, als es dieses Etwas ist.

Beginnen wir mit gelben Substanzen, die auf diese Erde herabgefallen sind. Sehen wir uns an, ob unsere Daten dem Realen näher sind als die Dogmen jener, die ihre Existenz bestreiten – das heißt die Existenz von Produkten, die von irgendwo außerhalb dieser Erde stammen.

Wir verfügen weder über eindeutige Tests noch Standards, sondern beziehen einfach im Impressionismus Stellung. Realismus in der Kunst – Realismus in der Wissenschaft: Beides geht vorbei. 1859 musste man den Darwinismus akzeptieren, heute laufen viele Biologen Sturm und versuchen, sich etwas anderes einfallen zu lassen. Damals kam man nicht umhin, ihn zu akzeptieren, obwohl er natürlich niemals bewiesen wurde.

Das Überleben der am besten Angepassten.

Was ist mit »am besten angepasst« gemeint?

Nicht die Stärksten, nicht die Klügsten – überleben tun überall Schwäche und Dummheit.

Es gibt keine Methode, mit der man messen kann, wie gut sich etwas angepasst hat – außer dadurch, dass es überlebt oder nicht.

»Am besten angepasst« ist somit nur ein anderer Begriff für »überleben können«.

Darwinismus heißt:

Dass Überlebende überleben.

Obwohl der Darwinismus also ziemlich bodenlos oder völlig irrational erscheint, kam er mit seiner Anhäufung angeblicher Daten und dem Versuch, sie in eine Kohärenz zu bringen, näher an eine Systematik und Beständigkeit heran als die unvollständigen Spekulationen, die dem Darwinismus vorausgegangen waren.

Oder schauen wir uns an, dass Kolumbus niemals bewiesen hat, dass die Erde rund ist.

Erdschatten auf dem Mond?

Niemand hat ihn je in Gänze gesehen. Der Schatten der Erde ist viel größer als der Mond. Ist die Peripherie des Schattens gebogen, der Mond aber gewölbt? Ein Gegenstand mit gerader Kante wirft einen gebogenen Schatten auf eine gewölbte Oberfläche.

All die anderen sogenannten Beweise lassen sich auf ähnliche Weise betrachten. Nachzuweisen, dass die Erde rund ist, war für Kolumbus unmöglich. Es war auch nicht vonnöten – nur dass sein Versuch eine bessere Annäherung an die Eindeutigkeit erreichen musste als die seiner Widersacher. Dennoch blieb 1492 nichts anderes übrig, als zu akzeptieren, dass westlich von Europa andere Länder lagen.

Im Geiste dieses ersten Quartals des 20. Jahrhunderts stelle ich die Behauptung auf, dass es jenseits der Erde andere Länder gibt und dass, ebenso wie von Amerika aus Dinge nach Europa hintreiben, auch von diesen Ländern Dinge herkommen.

Was gelbe Substanzen angeht, die auf diese Erde herabgeregnet sind: Beim Bestreben, erdfremde Ursprünge auszuschließen, lautet das Dogma, dass sämtlicher gelber Regen und gelber Schnee gelb ist, weil er Pollen irdischer Kiefern enthält. Besonders zimperlich bei diesem Thema ist Symons’s Meteorological Magazine, dort erachtet man alle anderen Erklärungsversuche als in hohem Maße unangemessen.

Und dennoch berichtete die Monthly Weather Review im Mai 1877 von gelbgoldenen Niederschlägen, die am 27. Februar 1877 über dem deutschen Ort Peckeloh niedergingen und bei denen nicht Pollen, sondern vier Arten von Organismen für die Färbung sorgten. Es waren winzige Dinge in Form von Pfeilen, Kaffeebohnen, Hörnern und Scheiben zu finden.

Vielleicht waren es Symbole. Vielleicht waren es echte Hieroglyphen.

War nur so eine Idee. Lassen wir das.

Die Annales de Chimie 85–288 führen Regenfälle auf, die Schwefel enthalten haben sollen. Ich verfüge über dreißig oder vierzig weitere Notizen darüber, werde aber nicht eine davon verwenden, sondern zugeben, dass es sich bei jedem einzelnen Fall um Pollen handelt. Eingangs habe ich erklärt, dass unsere Methoden die Methoden von Theologen und Wissenschaftlern sein werden, und diese Methoden beginnen stets mit einem Anschein von Liberalität. Ich gebe für den Anfang dreißig oder vierzig Punkte Vorsprung, bin also genauso liberal wie diese Theologen und Wissenschaftler – oder zumindest kostet mich meine Liberalität nichts angesichts der gewaltigen Masse an Daten, die wir zu sehen bekommen werden.

Oder sehen wir uns ein typisches Beispiel für dieses Dogma an und wie damit umgegangen wird:

Im American Journal of Science 1–42–196 hören wir von einer gelben Substanz, die in einer »windstillen« Juninacht eimerweise über einem Schiff in Pictou Harbor in Nova Scotia niederging. Der Autor analysierte die Substanz und stellte fest, dass sie »Stickstoff und Ammoniak und einen Tiergeruch« absonderte.

Einer unserer intermediaristischen Grundsätze besagt: Zu Beginn sind, unter dem Aspekt der Homogenität betrachtet, sämtliche Substanzen dermaßen weit von Eindeutigkeit entfernt, dass zumindest in einem elementaren Sinn alles überall gefunden werden kann. Mahagonistämme an der Küste Grönlands. Im Tal lebende Käfer auf dem Gipfel des Montblanc. Atheisten bei einer religiösen Andacht. Eis in Indien. Beispielsweise kann eine chemische Analyse zeigen, dass praktisch jeder Tote mit Arsen vergiftet wurde, denn es gibt keinen Magen, der nicht auch etwas Eisen, Blei, Zinn, Gold und Arsen enthält. Allgemein betrachtet ist das ziemlich unwichtig, denn aus Gründen der Abschreckung muss jedes Jahr eine bestimmte Anzahl an Menschen hingerichtet werden. Sind die Detektive nicht imstande, wirklich etwas zu entdecken, dann reicht die Illusion ihres Erfolgs aus, außerdem ist es ja eine sehr ehrenvolle Angelegenheit, zum Wohle der Gesellschaft sein Leben zu geben.

Der Chemiker, der die Substanz von Pictou analysiert hatte, schickte eine Probe an den Herausgeber des Journal. Selbstverständlich fand dieser Pollen in der Probe.

Meiner Meinung nach muss etwas Pollen darin enthalten gewesen sein. Im Juni kann in der Nähe der Kiefernwälder Nova Scotias nur wenig durch die Luft herabkommen, ohne dabei in Kontakt mit schwebenden Pollensporen zu kommen. Aber der Herausgeber sagte nicht, die Substanz habe Pollen enthalten. Er ließ »Stickstoff und Ammoniak und den Tiergeruch« unberücksichtigt und erklärte, die Substanz sei Pollen. Mit Blick auf unsere dreißig, vierzig Punkte Liberalität – oder Pseudoliberalität, sollten wir nicht wirklich liberal sein können – räumen wir ein, dass der Chemiker, der die erste Untersuchung vorgenommen hatte, nicht einmal dann einen Tiergeruch erkennen würde, wenn er Tierpfleger in einer Menagerie wäre. Im weiteren Verlauf lässt sich dieses Phänomen allerdings nicht so einfach vom Tisch wischen.

Tierische Bestandteile, die vom Himmel herabfallen.

Ich schlage vor, dass wir uns zuerst einmal an die Stelle von Tiefseefischen versetzen:

Wie würden sie den Umstand erklären, dass tierische Bestandteile von oben auf sie herabregnen?

Sie würden es gar nicht erst versuchen –

Es fällt nicht schwer, sich den Großteil von uns als Tiefseefische der einen oder anderen Art vorzustellen.

Journal of the Franklin Institute 90–11:

Am 14. Februar 1870 fiel im italienischen Genua laut Direktor Boccardo vom Technischen Institut Genua und Professor Castellani eine gelbe Substanz vom Himmel. Ein Blick durch das Mikroskop zeigte zahlreiche kobaltblaue Globuli, außerdem Korpuskel von perlenartiger Farbe, die Stärke ähnelten. Siehe Nature 2–166.

Comptes Rendus 56–972:

Monsieur Bouis berichtet von einer rötlichen bis gelblichen Substanz, die in gewaltigen Mengen und hintereinander am 30. April, 1. Mai und 2. Mai in Frankreich und Spanien herniederfiel. Sie verkohlte und verbreitete den Geruch verbrannter tierischer Materie – nicht von Pollen  – und hinterließ in Alkohol harzartige Rückstände.

Hunderttausende Tonnen dieses Stoffs müssen vom Himmel gefallen sein. »Geruch von verbrannter tierischer Materie.«

Oder eine Luftschlacht hat vor mehreren Hundert Jahren im interplanetaren Raum stattgefunden. Nach so langer Zeit wären die unterschiedlichen Überreste nicht mehr auseinanderzuhalten.

Es ist ganz schön absurd, wenn man uns sagt, gewaltige Mengen an tierischen Bestandteilen seien 3 Tage lang über Frankreich und Spanien vom Himmel herabgekommen. Wir sind noch nicht bereit für so etwas, und das ist alles. Monsieur Bouis erklärt, bei der Substanz habe es sich nicht um Pollen gehandelt. Die gewaltige Fläche, auf der dieser Niederschlag stattfand, macht die Vorstellung, dass es sich nicht um Pollen handelte, akzeptabel. Und dennoch sprechen die harzigen Rückstände für Kieferpollen. Wir werden sehr viel über eine Substanz mit harzigen Rückständen erfahren, die vom Himmel fiel, und schließlich werden wir alle Vermutungen, es könne sich um Pollen gehandelt haben, hinter uns lassen.

Blackwood’s Edinburgh Magazine 3–338:

Ein gelbes Pulver fiel am 14. März 1813 im kalabrischen Gerace herab. Teile dieser Substanz wurden von Signor Simenini eingesammelt, einem Chemieprofessor aus Neapel. Sie hatte einen erdigen, faden Geschmack und wurde als »ölig« beschrieben. Beim Erhitzen wurde diese Substanz braun, dann schwarz, dann rot. Laut Annals of Philosophy 11–466 war ein Bestandteil eine grünlich gelbe Substanz, die sich nach dem Trocknen als harzig erwies.

Dieser Fall hatte aber Begleiterscheinungen:

Am Himmel waren laute Geräusche zu hören.

Steine fielen vom Himmel.

Laut Chladni fanden diese Begleiterscheinungen tatsächlich statt, mir erscheinen sie eher brutal oder zumindest nicht vereinbar mit etwas so Weichem und Sanftem wie einem Pollenregen.

Schwarzer Regen und schwarzer Schnee – Regen so schwarz wie ein Sturzbach aus Tinte – pechschwarze Schneeflocken.

Ein Regen wie derjenige, welcher am 14. Mai 1849 in Irland fiel, beschrieben in den Annals of Scientific Discovery von 1850 und im Annual Register von 1849.

Er fiel über einem Bereich von 1000 Quadratkilometern, hatte die Farbe von Tinte, einen übel riechenden Geruch und einen sehr unangenehmen Geschmack.

Der Regen im irischen Castlecommon am 30. April 1887 – »dicker schwarzer Regen« (American Meteorological Journal, 4–193).

Ein schwarzer Regen in Irland am 8. und 9. Oktober 1907 »hinterließ einen ausgesprochen ungewöhnlichen und unangenehmen Geruch in der Luft« (Symons’s Meteorological Magazine, 43–2).

Die offizielle Erklärung für diesen Regen findet sich in der Nature vom 2. März 1908 und lautet: Rußwolke aus Südwales, die den Irischen Kanal und ganz Irland überquerte.

Und der schwarze Regen in Irland vom März 1898: Wird in Symons’s Meteorological Magazine, 33–40, Rußwolken aus den Industriestädten Nordenglands und Südschottlands zugeschrieben.

Unser intermediaristischer Grundsatz der Pseudologik oder unser Grundsatz der Kontinuität besagt natürlich, dass nichts einzigartig oder individuell ist und dass alle Phänomene mit allen anderen Phänomenen verbunden sind. Nehmen wir beispielsweise an, es gebe gewaltige superozeanische oder interplanetare Himmelsgefährte, die sich dieser Erde nähern und dabei gelegentlich große Mengen an Rauch ausstoßen. Wir nehmen etwas Derartiges bloß an, denn wie üblich beginnen wir bescheiden und vorsichtig. Aber wenn dem so wäre, dann müsste es notwendigerweise ein Phänomen auf dieser Erde geben, mit dem dieses Phänomen in Verbindung steht. Erdfremder Rauch und Rauch von Städten vermischen sich oder schlagen sich als schwarzer Regen nieder.

Im Sinne der Kontinuität ist es unmöglich, Phänomene dort auseinanderzuhalten, wo sie ineinander übergehen, deshalb suchen wir sie in ihren Extremen auf. Innerhalb von Mikroorganismen sind Tier und Pflanze nicht zu unterscheiden – Nilpferde und Veilchen aber schon. Für alle praktischen Zwecke unterscheiden sie sich stark genug voneinander. Niemand außer einem Barnum oder einem Bailey würde als Zeichen der Wertschätzung einen Strauß Nilpferde schicken.

Doch verlassen wir die großen Industriezentren:

20. Januar 1911, schwarzer Regen in der Schweiz. Die Schweiz ist sehr abgelegen und die herkömmliche Erklärung sehr bemüht. Die Nature, 85–451, sagt über diesen Regen, unter bestimmten Wetterbedingungen könne Schnee ein Aussehen annehmen, das von einem trügerischen Schwarz sei.

Mag sein. Ist es nachts dunkel genug, mag Schnee schwarz erscheinen. Hier wird einfach nur geleugnet, dass am 20. Januar 1911 in der Schweiz schwarzer Regen fiel.

Extrem weit weg von den großen Industriezentren:

La Nature, 1888, 2–406, schreibt:

Am 14. August 1888 habe es am Kap der Guten Hoffnung einen Regen gegeben, der so schwarz war, dass er als »Tintenschauer« beschrieben wurde.

Die Kontinuität verfolgt uns. Sie beherrscht uns und wirft uns zurück. Wir hatten ein wenig die Hoffnung, dass wir uns durch die Beschäftigung mit extremen Formen von Dingen entfernen könnten, die bis zur Unkenntlichkeit mit anderen Dingen verschmelzen. Nun stellen wir fest, dass jede Abkehr von einer Fusion nur die Hinwendung zu einer anderen ist. Große industrielle Rauchmengen am Kap der Guten Hoffnung als Erklärung lassen sich nicht auf akzeptable Weise mit der eines erdfremden Ursprungs zusammenbringen – der Rauch eines terrestrischen Vulkans aber durchaus, und das ist auch die Vermutung, die in La Nature aufgestellt wird.

Der menschliche Intellekt liefert keinen wirklichen Beurteilungsmaßstab, aber wir wollen für den Moment annehmen, dass das, was dem Eindeutigen näher ist, die Oberhand behalten wird. Und mit dem, was dem Eindeutigen näher ist, meinen wir das, was dem Organisierten näher ist.

Alles verschmilzt mit und zu etwas anderem, doch proportional zu der jeweiligen Komplexität. Ist etwas vereinheitlicht, so wirkt es stärker, realer und eindeutiger. In der Ästhetik gilt, dass eine vielfältigere Einheit schöner – oder dichter an der Schönheit dran – ist als eine einfachere Einheit. Logiker glauben, die Übereinstimmung unterschiedlicher Daten besitze mehr Überzeugungskraft – oder Stärke – als das bloße Aneinanderreihen von Vorfällen. Für Herbert Spencer ist also das, was differenzierter und integrierter ist, höher entwickelt. Unsere Opponenten klammern sich an die These eines irdischen Ursprungs dieses schwarzen Regens. Unsere Methode wird darin bestehen, diverse Phänomene zu präsentieren, die mit der Vorstellung eines anderweitigen Ursprungs übereinstimmen. Wir befassen uns nicht nur mit schwarzem Regen, sondern mit schwarzen Regenfällen und ihren jeweiligen Begleitphänomenen.

In Knowledge, 5–190, schreibt ein Korrespondent über schwarzen Regen, der am 1. März 1884 im schottischen Clyde Valley fiel und noch einmal 2 Tage später. Ihm zufolge war bereits am 20. März 1828 und dann noch einmal am 22. März 1828 schwarzer Regen im Clyde Valley gefallen. Laut Nature, 9–43, fiel im englischen Marlsford am 4. September 1873 schwarzer Regen. Mehr als 24 Stunden später kam erneut schwarzer Regen auf die Kleinstadt herab.

Die schwarzen Regenfälle von Slains:

Laut Reverend James Rust (Scottish Showers) gab es schwarzen Regen am 14. Januar 1862 im schottischen Slains sowie im Mai 1862 in Carluke, 140 Meilen von Slains entfernt, dann wieder am 20. Mai 1862 und am 28. Oktober 1863 in Slains.

Aber nach zweien dieser Niederschläge wurden an der Meeresküste in der Nähe von Slains große Mengen von etwas angespült, was einmal als »Bimsstein« und ein andermal als »Schlacke« beschrieben wurde. Ein Chemiker urteilte, es handle sich bei der Substanz um Schlacke, folglich nicht um ein vulkanisches Produkt, denn Schlacke ist ein Erzeugnis aus dem Schmelzbetrieb. Wir haben es hier mit einer Begleiterscheinung für schwarzen Regen zu tun, die sich mit dessen Ursprung aus Fabrikschloten nicht vereinbaren lässt. Um was auch immer es sich gehandelt haben mag, die Menge dieser Substanz war so enorm, dass Mister Rust die Meinung vertrat, es müssten sämtliche Schmelzhütten der Welt ihre Produktion zusammenlegen, um dermaßen viel herstellen zu können. Sollte es sich dabei um Schlacke gehandelt haben, akzeptieren wir, dass hier ein künstliches Produkt in enormen Mengen vom Himmel gefallen ist. Sie glauben, derartige Vorfälle würden nicht von der Wissenschaft verdammt werden? Dann lesen Sie Scottish Showers, und Sie werden erkennen, dass es dem Autor unmöglich war, die Welt der Wissenschaft für diese Angelegenheit zu interessieren.

Die ersten und die zweiten Regenfälle fielen zeitlich mit dem üblichen Überschäumen des Vesuvs zusammen.

Zur Zeit der dritten und vierten Regenfälle gab es, so Mister Rust, keine bekannte vulkanische Aktivität auf der Erde.

La Science Pour Tous, 11–26, heißt es:

Dass zwischen Oktober 1863 und Januar 1866 bei vier weiteren Gelegenheiten schwarzer Regen über dem schottischen Slains niederging.

Ausgestattet mit einer besseren oder einer bedenkenloseren Lehrmeinung als der von Mister Rust, erklärt uns der Autor dieses Ergänzungsberichts, dass fünf der acht schwarzen Regenfälle zeitlich mit Ausbrüchen des Vesuvs und drei mit Ausbrüchen des Ätnas übereinstimmten.

Es ist das Schicksal aller Erklärungen: Wenn eine Tür geschlossen wird, geht dafür eine andere sperrangelweit auf. Meine eigenen Ansichten zu diesem Thema dürften als irrational abgetan werden, aber wenigstens wird durch den Umgang mit dem Grotesken mein Sinn für Geselligkeit befriedigt, wohingegen dieser Autor und jene, die ähnlich denken, noch erklären müssen, wie vier Ausbrüche eines weit entfernten Vulkans über weite Teile Europas hinwegziehen, ohne irgendwo für Niederschläge zu sorgen, dann aber exakt über einer kleinen Gemeinde im Norden Großbritanniens abregnen können. Und dann noch drei weitere Ausbrüche von einem anderen weit entfernten Vulkan, der dieselbe Präferenz (oder reden wir über Zielgenauigkeit?) für eine kleine Gemeinde in Schottland an den Tag legt.

Es wäre kaum besser, wenn die Lehrmeinung an explodierende Meteoriten und ihren Schrott als Erklärung für die schwarzen Regenfälle dächte – damit ließen sich deren Präzision und Häufigkeit ebenso schwer erklären.

Mich erinnert dies an eine Insel, die an einer ozeanischen Handelsroute liegt. Sie könnte binnen 4 Jahren siebenmal den Abfall vorbeifahrender Schiffe abbekommen.

Weitere Begleiterscheinungen von schwarzem Regen:

In Timb’s Year Book, 1851–270, ist die Rede von »einer Art Wagenrumpeln, das eine Stunde lang ununterbrochen zu hören war«. Am 16. Juli 1850 im Pfarrhaus zu Bulwick, Northampton, England. Am 19. fiel schwarzer Regen.

In Nature, 30–6, beschreibt ein Korrespondent, wie sich am 26. April 1884 eine intensive Dunkelheit über dem englischen Preston ausbreitete. Auf Seite 32 berichtet ein anderer Korrespondent von schwarzem Regen bei Crowle nahe Worcester am 26. April. Eine Woche später, am 3. Mai, fiel erneut ein solcher Regen. Ein weiterer Bericht über schwarzen Regen in der Nähe von Church Shetton stammt vom 28. April; dieser war so heftig, dass die Bäche am darauffolgenden Tag noch immer gefärbt waren. Vier Korrespondenten berichten, dass es zu diesem Zeitpunkt in England Erdbeben gab.

Oder der schwarze Regen von Kanada am 9. November 1819. Dieses Mal führte die Lehrmeinung den schwarzen Niederschlag auf Waldbrände südlich des Flusses Ohio zurück.

Zurcher schreibt in Meteors auf S. 238:

Dass dieser schwarze Regen von »Stößen wie bei einem Erdbeben« begleitet war.

Und das Edinburgh Philosophical Journal, 2–381:

Dass es zu diesem Erdbeben in jenem Moment kam, als die intensive Dunkelheit ihren Höhepunkt erreichte und schwarzer Regen fiel.

Roter Regen.

Die Lehrmeinung dazu: Sand, den der Schirokko von der Sahara nach Europa getragen hat.

Insbesondere in den Erdbebenregionen Europas gab es viele Vorkommnisse, bei denen eine rote Substanz vom Himmel fiel, zumeist, aber nicht ausschließlich, als Regen. Bei zahlreichen Gelegenheiten wurden diese Substanzen »einwandfrei« als Sand aus der Sahara identifiziert. Als ich mich erstmals mit dieser Angelegenheit befasste, stieß ich auf eine Beteuerung nach der anderen, was ihre Eindeutigkeit anbelangte, sodass ich, wäre ich kein Intermediarist, nicht weitergesucht hätte. Proben, die nach einem Regenfall in Genua entnommen worden waren – Proben von Sand, der aus der Sahara kam –, hätten eine »komplette Übereinstimmung« aufgewiesen, schrieben einige Autoren: dieselbe Farbe, dieselben Quarzpartikel, sogar dieselben Schalen von Kieselalgen waren dabei. Nach der chemischen Analyse dann: keinerlei Abweichung, die der Rede wert wäre.