Das Buch der Wunder - Marco Polo - E-Book

Das Buch der Wunder E-Book

Marco Polo

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Beschreibung

Das Buch der Wunder

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Autor(en):

Marco Polo

Einleitung und Schlussbemerkung von John Masefield

Layout:

Baseline Co. Ltd

61A-63A Vo Van Tan Street

4. Etage

Distrikt 3, Ho Chi Minh City

Vietnam

© Confidential Concepts, worldwide, USA

© Parkstone Press International, New York, USA

Image-Barwww.image-bar.com

© asipeo/Loi Nguyên Khoa (alle Rechte vorbehalten)

Weltweit alle Rechte vorbehalten.

Soweit nicht anders vermerkt, gehört das Copyright der Arbeiten den jeweiligen Fotografen, den betreffenden Künstlern selbst oder ihren Rechtsnachfolgern. Trotz intensiver Nachforschungen war es aber nicht in jedem Fall möglich, die Eigentumsrechte festzustellen. Gegebenenfalls bitten wir um Benachrichtigung.

ISBN: 978-1-78310-695-0

DAS BUCH

DER WUNDER

Auf den Spuren des

Gaetano Bonutti,Der venezianische ReisendeMarco Polo, um 1295. Gravur.

Hulton Archive/Getty Images.

Inhalt

Vorwort & Einleitung

Vorwort

Einleitung

Erstes Buch

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel.

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

Zweites Buch

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

Drittes Buch

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

Vorwort & Einleitung

Vorwort

Nie haben sich günstigere Umstände und eigentümlichere Verhältnisse für einen Reisenden bei Ausführung seiner Unternehmungen vereinigt als bei Marco Polo (um 1254-1324). Der Aufenthalt und die Reisen des venezianischen Händlers in Asien fallen in die merkwürdigste Geschichtsepoche dieses Erdteils, der damals den Europäern noch eine ‚Terra incognita’ war. Dschingis Khan (um 1155/1162 oder 1167-1227) und seine Nachfolger hatten die weiten Länderstrecken West- und Hochasiens der Mongolenherrschaft unterworfen, sein Enkel Kublai Khan (1215-1294) vollendete die Eroberung Chinas, des damals kultiviertesten, menschen- und schätzereichsten Staates der Welt, und begründete für die Dauer seiner Regierung ein Reich, das in seinem ungeheuren Umfang einzig in der Geschichte blieb.

Marco Polo kam mit seiner Familie an den Hof des Großkhans der Tartaren; der mächtige scharfblickende Herrscher erkannte die Kräfte des reichbegabten Jünglings und vertraute ihm vielerlei Sendungen in verschiedene Länder seines Reiches an. In eigenem Forschertrieb benutzte der Venezianer die Gunst der gebotenen Stunde, sich überall umzuschauen und die Sitten und Gebräuche der Völker, die Einrichtungen der Staaten, die physischen Eigentümlichkeiten der Länder und die Verhältnisse der Städte zu erkunden um von alledem, ein scharfgezeichnetes Bild zu entwerfen. Fast alles, was der Europäer erlebte, musste ihm neu und ungewöhnlich erschienen sein, und in der strengen einfachen Darstellung der Dinge, wie seltsam und unerhört sie auch waren, besteht die Größe Marco Polos. Wie sehr auch die Zeitgenossen und die nachkommenden Generationen die Wichtigkeit der Mitteilungen des Venezianers fühlten, so war ihnen doch alles, was darin abgehandelt wurde, so neu, seltsam und fremd, dass sie den Autor vielfach verkannten. Das Werk wurde von unkundigen Abschreibern sehr verstümmelt und von den Lesern lange missverstanden. Erst durch die Forschungen und Erklärungen bedeutender orientalischer Sprachforscher, Historiker und Geografen sind die Reisen Marco Polos zu der Würdigung und Anerkennung gekommen, die sie in so reichem Maße verdienen.

August Brück

Einleitung

Petrus Vesconte, Wasseratlas des Mittelmeers, Genua, 1313. Viertes Blatt: Östliches Mittelmeer, die Küsten Asiens und Afrikas.

Die Küste von Morea,Rhodos,Kreta und das Nildelta.Sechs Karten,

illuminierte Handschrift auf Pergament,verschiedenen Maßstäbe,

jeweils 48x40cm.Bibliothèque nationale de France, Paris.

Petrus Vesconte, Wasseratlas des Mittelmeers, Genua, 1313.

Sechstes Blatt: Westliches Mittelmeer.Sechs Karten,

illuminierte Handschrift auf Pergament,verschiedenen Maßstäbe,

jeweils 48x40cm.Bibliothèque nationale de France, Paris.

Begünstigt durch ihre Zwistigkeiten machten sich die Kaiser von China zu Oberherren dieser Nomadenvölker; sie erhielten die Huldigung von ihren Tanjus oder Khans, verliehen ihnen Ehrentitel, belehnten sie, indem sie ihnen ein Siegel, ein Diplom, ein königliches Gewand, eine Standarte und Pauken gaben. Waren aber diese Horden unter der Macht eines geschickten und ehrgeizigen Anführers vereinigt, so schrieben sie dem Herrscher von China Gesetze vor. Er war genötigt, den Frieden durch einen jährlichen Tribut in Silber und Seidenstoff zu erkaufen; er musste die unersättliche Habgier der Tartarischen Prinzen befriedigen; Gesandtschaften wurden ihm geschickt, um Geschenke zu erhalten, die in Seidenstoffen, Leinwand, Tee und Silber bestanden, und die Prinzessinnen aus seiner Familie konnte er den Königen dieser Nomaden zur Ehe nicht verweigern. Im Anfang des dreizehnten Jahrhunderts wurde der westliche Teil des beschriebenen Erdstrichs von türkischen Nationen bewohnt, den Kirgisen, Uiguren, Oghusen, Kiptschaks, Karluken, Kankalis, Calladsches, Agatscheri usw.; Völker, die seit mehr als fünf Jahrhunderten den meisten mahomedanischen Ländern Asiens und Afrikas Herrscher gegeben haben. Die östlichen Gegenden, im Morgen der Berge Hingan, wo der Fluss Eongar seine Quellen hat, gehörten Nationen der Tungusischen Rasse, die damals den nördlichen Teil Chinas inne hatten und deren Nachkommen heutzutage die Herren dieses ganzen Reiches sind. Die zwischenliegenden Gegenden, im Norden der großen Wüste Schamo, waren besetzt von Völkern der Tartarischen Rasse, die unter den Fahnen Dschingis Khans vereinigt, fast ganz Asien und den Osten Europas mit Blut und Ruinen bedeckten. Diese Tartarischen Nationen, die dem Reiche Kin tributbar waren, hatten unter einander eine große Ähnlichkeit in ihren Gesichtszügen, Sprachen, Sitten, Gebräuchen und ihrem Aberglauben. Die Herrschaft der Mongolen reichte vom Japanischen Meer bis an die Grenzen Deutschlands, das ganze Russland war ihr unterworfen; doch waren sie nach der furchtbaren Schlacht bei Liegnitz, wo sie das deutsch-polnische Heer, aber erst nach langem tapferen Widerstand, vernichtet hatten, nicht weiter vorgedrungen. Man hatte von den ungeheuren Schätzen gehört, welche an dem Herrschersitz der Horden, namentlich am Hof des Großkhans, angehäuft waren. Nach den ersten gräuelvollen Unterwerfungskämpfen war einige Ruhe in dem weiten Reich eingetreten und Neugier und Gewinnsucht mochte Einzelne aus zivilisierten Staaten antreiben, den Gefahren zu trotzen und an die Höfe der Mongolenhorden zu kommen; so die Venezianer, deren Reisen und Beobachtungen den Inhalt unseres Buchs abgeben.

Angelino Dulcert, Karte des Mittelmeer- und des Ostseeraums,

Mallorca,1339.Karte des Baltischen Meeres, der Nordsee,

dem Atlantik östlich des Mittelmeers,des Schwarzen Meeres und

des Roten Meeres.Aus zwei Pergamentseiten zusammengesetzte Karte,

Buchmalerei, 75x102cm.Bibliothèque nationale de France, Paris.

Guillelmus Soleri, Karte vom Mittelmeer und Atlantik (Detail), Mallorca, 1380.

Karte des östlichen Atlantiks, des Mittelmeeres,

dem Schwarzen Meerund des Rote Meeres.Karte,

illuminierte Handschrift auf Pergament,65x102cm.

Bibliothèque nationale de France, Paris.

Albertinus Virga, Karte des Mittelmeeres und des Schwarzen Meeres, Venedig, 1409. Karte von

einem Teil desNord-Ost-Atlantiks,des Mittelmeeres

und des Schwarzen Meeres mit Flussmündungen.

Karte, illuminierte Handschriftauf Pergament,

43x68cm.Bibliothèque nationalede France, Paris.

Marco Polo verlässt Venedig aufseinerberühmten Reisein den Fernen Osten, aus dem Roman d’Alexandre,um 1400. Bodleian Library, Oxford.

Erstes Buch

1. Kapitel

1) Der Leser möge wissen, dass zu der Zeit, als Balduin II., Graf von Flandern und Vetter Ludwigs IX., Kaiser von Konstantinopel war, wo sich ein Statthalter des Dogen von Venedig befand, und im Jahre 1250 unseres Herrn, Nicolo Polo, der Vater Marcos, und Maffeos (oder Matteos), der Bruder Nicolos, Venezianer aus edler Familie und ehrenwerte und wohlunterrichtete Männer, nach jener Stadt mit einer reichen Schiffsladung von Waren kamen. Nach reiflicher Überlegung, was sie ferner unternehmen sollten, fassten sie den Entschluss, um wo möglich ihr Handelskapital zu vermehren, ihre Reise durch den Eurinus oder das Schwarze Meer fortzusetzen. In dieser Absicht machten sie Einkäufe von vielen schönen und kostbaren Edelsteinen, verließen Konstantinopel und schifften durch jenes Meer nach einem Hafen, Soldaia genannt, von wo sie zu Lande reisten, bis sie den Hof eines mächtigen Herrn der westlichen Tartaren, Namens Barka, erreichten, der in den Städten Bolgar und Assara seinen Sitz hatte und im Rufe stand, einer der freigebigsten und gebildetsten Fürsten zu sein, den man bislang unter den Stämmen der Tartarei gekannt hatte. Er war erfreut über die Ankunft unserer Reisenden und empfing sie mit Auszeichnung. Als sie die Juwelen, welche sie mitgebracht hatten, vor ihm niederlegten und erkannten, dass solche ihm wohl gefielen, boten sie sie ihm zum Geschenk an. Der Khan bewunderte die freigebige Höflichkeit der beiden Brüder und weil er sich von ihnen an Großmut nicht übertreffen lassen wollte, ließ er ihnen nicht allein den doppelten Wert der Juwelen auszahlen, sondern fügte dem auch noch verschiedene reiche Geschenke bei.

Als sie ein Jahr in den Ländern dieses Fürsten gelebt hatten, überkam sie der Wunsch, in ihr Vaterland zurückzukehren, was jedoch durch einen Krieg zwischen ihrem Gönner und einem anderen Khane, Namens Alau, der die östlichen Tartaren beherrschte, verhindert wurde. In der von den beiden Armeen ausgetragenden Schlacht siegte der Letztere und Barkas Truppen erlitten eine vollkommene Niederlage. Da die Straßen in Folge dieses Ereignisses unsicher für Reisende geworden waren, konnten unsere Venezianer es nicht wagen, auf dem Wege, den sie gekommen waren, zurückzukehren; und es wurde ihnen, als die einzig mögliche Weise Konstantinopel zu erreichen, empfohlen, sich in östlicher Richtung auf eine wenig besuchte Bahn zu wenden, so dass sie an den Grenzen von Barkas Gebiet hingingen. Demzufolge nahmen sie ihren Weg nach einer Stadt, Namens Oukaka, die an den Grenzen des Königreichs der westlichen Tartaren liegt. Als sie diesen Platz verlassen hatten und weiter wanderten, setzten sie über den Tigris, einen der vier Flüsse des Paradieses, und kamen in eine Wüste, die sich siebzehn Tagereisen weit ausdehnte, und in der sie weder Stadt noch Schloss, noch andere Gebäude fanden, sondern nur Tartaren mit ihren Herden, die unter Zelten oder auf dem freien Feld lagerten. Als sie diese durchwandert hatten, erreichten sie endlich eine wohlgebaute Stadt, Namens Bokhara, in einer Provinz desselben Namens, die zum Perserreich gehörte, aber unter einem Fürsten stand, der Barak hieß.

Es begab sich aber, dass zu dieser Zeit ein Mann von großem Ansehen und außerordentlichen Gaben in Bokhara erschien. Er war als Gesandter von dem schon erwähnten Alau an den Großkhan, den obersten Fürsten aller Tartaren, der Kublai Khan hieß und seinen Herrschersitz am äußersten Ende des Festlands hatte, in einer Richtung zwischen Nordosten und Osten. Der Gesandte hatte, wie sehr er es auch wünschte, zuvor noch keine Gelegenheit gehabt, Leute aus Italien zu sehen, und war daher sehr erfreut, unsere Reisende, die jetzt einigermaßen erlernt hatten, sich in tartarischer Sprache auszudrücken, zu treffen und sich mit ihnen zu unterhalten. Nachdem er mit ihnen mehre Tage in Gesellschaft gewesen war und ihm ihre Sitten zusagten, schlug er ihnen vor, dass sie ihn zu dem Großkhan begleiten sollten, der sehr erfreut sein würde über ihr Erscheinen an seinem Hofe, denn dieser sei bis jetzt von Leuten aus ihrem Lande noch nicht besucht worden; und gab ihnen die Versicherung, dass sie ehrenvoll empfangen werden und ihnen reiche Gaben zukommen würden. Überzeugt wie sie waren, dass wenn sie es unternehmen wollten in ihre Heimat zurückzukehren, sie sich den größten Gefahren aussetzen würden, willigten sie in sein Anerbieten und setzten, sich dem Schutze des Allmächtigen empfehlend, ihre Reise im Gefolge des Gesandten fort, begleitet von mehren christlichen Dienern, die sie aus Venedig mitgebracht hatten. Die Richtung, die sie dort einschlugen, war zwischen Nordost und Nord, und es verging ein ganzes Jahr, ehe sie die kaiserliche Residenz erreichen konnten, wegen der außerordentlichen Verzüge, die vom Schnee und von den Überschwemmungen der Flüsse veranlasst wurden, die sie nötigten zu verweilen, bis jener geschmolzen war und die Fluten sich wieder verlaufen hatten. Viele bewundernswürdige Dinge sahen sie während ihrer Reise, die wir aber hier nicht erwähnen, da diese von Marco Polo in den folgenden Büchern beschrieben werden sollen.

2) Als die Reisenden dem Großkhan vorgestellt wurden, empfing sie derselbe mit der Huld und Herablassung, die seinem Charakter eigen war, und da sie die ersten Italiener waren, die in diesem Land erschienen, wurden ihnen Feste und andere Beweise von Auszeichnung gegeben. Er ließ sich freundlich in ein Gespräch mit ihnen ein und erkundigte sich über die westlichen Teile der Erde, über den römischen Kaiser und andere christliche Könige und Fürsten. Er ließ sich Mitteilungen geben über die Macht derselben, die Größe ihrer Länder, die Art der Gerechtigkeitspflege in ihren verschiedenen Königreichen und Fürstentümern, über ihre Kriegsführung und vor allem und ganz besonders fragte er sie nach dem Papst, den Angelegenheiten der Kirche, der Gottesverehrung und den heiligen Lehren der Christen. Da sie wohlunterrichtet und bescheidene Männer waren, gaben sie ihm so gut es ging Auskunft über alle diese Punkte, und da sie mit der tartarischen (mongolischen) Sprache vollkommen vertraut waren, drückten sie sich immer in geeigneten Worten aus, sodass der Großkhan, bei dem sie in hohen Ehren standen, sie häufig zu sich rufen ließ.

Als er nun alles in Erfahrung gebracht hatte, was ihm die beiden Brüder in so verständlicher Weise mitgeteilt hatten, erklärte er sich sehr zufrieden mit ihnen, und da er bei sich den Entschluss gefasst hatte, sie als seine Abgesandten an den Papst zu verwenden, machte er ihnen, nachdem er mit seinen Ministern Rat gehalten hatte, in gar freundlicher Weise den Vorschlag, dass sie einen seiner Offiziere, namens Khogatal, auf einer Mission an den Stuhl zu Rom begleiten sollten. Seine Absicht, sagte er ihnen, wäre seine Heiligkeit zu bitten, dass er ihm hundert gelehrte Männer schicken möge, die sowohl durchaus vertraut seien mit den Grundsätzen der christlichen Religion, als auch mit den sieben Wissenschaften und dazu befähigt, den Gelehrten seines Reiches mit klugen und rechten Beweisgründen darzutun, dass der Glaube, zu dem sich die Christen bekennten, höher stehe und auf größerer Wahrheit beruhe, als irgendein anderer; dass die Götter der Tartaren und die Götzenbilder, die in ihren Häusern verehrt würden, nichts anderes seien als böse Geister, und dass sie mit allen Völkern des Ostens in Irrtum begriffen seien, dieselben als Gottheiten zu verehren. Weiter sagte er ihnen, welches Vergnügen er empfinden würde, wenn sie bei ihrer Rückkehr etwas von dem heiligen Öl aus der Lampe mitbringen würden, die ewig über dem Grab unseres Herrn Jesus Christi brenne, für den er hohe Verehrung hege und den er als den wahren Gott erkenne. Als sie vom großen Kahn diese Befehle vernommen hatten, warfen sie sich vor ihm nieder und erklärten ihm augenblickliche Bereitwilligkeit und ihren eifrigen Gehorsam, das mit Aufopferung aller ihrer Kräfte zu vollführen, was sein kaiserlicher Wille ihnen auferlege. Hierauf befahl er, dass in seinem Namen an den Papst zu Rom Briefe in tartarischer Sprache abgefasst und ihnen in ihre Hände übergeben werden sollten. Auch ließ er ihnen eine goldene Tafel geben, auf welche das kaiserliche Zeichen eingegraben war, nach dem Gebrauch, den Seine Majestät eingeführt hatte: „Der, dem diese Tafel verliehen, wird mit samt seinem Gefolge von den Gouverneuren aller Platze in den kaiserlichen Ländern von Station zu Station sicher geleitet und ist während der Zeit seines Aufenthaltes in jedweglicher Stadt, jedem Schloss oder Hof zu einer Lieferung von Lebensmitteln und jedes Dinges, das er zu seiner Bequemlichkeit nötig hat, berechtigt.“

Vaterhaus des Marco Polo. Venedig.

Meister von Boucicaut, Marco Polo mit ElefantenundKamelen,Ankunft in Hormuz amPersischen Golf vonIndien aus (Detail), aus dem Livre desMerveilles du Monde, um 1410-1412.

Pergament, 42x29,8cm.Bibliothèque nationale de France, Paris.

Sultan Sanjar aufgelauertvon einer alten Frau,die sich über dasFehlverhalten seinerTruppen beschwert, aus dem Buch Khamsa,

um 1539-1543.British Library, London.

In so ehrenvoller Bestellung nahmen sie ihren Abschied von dem Großkhan und begannen ihre Reise. Kaum aber waren sie zwanzig Tagereisen weit gekommen, als der Offizier, ihr Gefährte, gefährlich krank wurde. In dieser unangenehmen Lage wurde, nachdem sie sich mit Allen, die gegenwärtig waren, beraten hatten und mit Beistimmung des Mannes selbst, beschlossen, ihn zurückzulassen. Bei der Fortsetzung ihrer Reise kam es ihnen sehr zu statten, dass sie die königliche Tafel bei sich führten, die ihnen überall wohin sie kamen die beste Aufnahme bereitete. Alles was sie brauchten, wurde ihnen ohne Zahlung gewährt und ihnen Führer und Begleitung mitgegeben. Aber ungeachtet dieser Vorteile – so groß waren die natürlichen Schwierigkeiten, die sie zu beseitigen hatten, von der außerordentlichen Kälte, dem Schnee, dem Eis und den Überschwemmungen der Flüsse – konnten sie nur langsam vorwärtsschreiten und drei Jahre vergingen, bevor sie einen Seehafen in Kleinarmenien, namens Giazza (Ajas), erreichen konnten. Von da reisten sie zur See und kamen im April 1269 nach Acre. Dort erfuhren sie zu ihrem nicht geringen Schrecken, dass Papst Clemens IV. vor Kurzem (am 23. November 1268) gestorben sei. Ein Legat, den er, eingesetzt hatte, namens M. Tebaldo de’ Visconti di Piacenza, residierte zu der Zeit in Acre und diesem statteten sie Bericht ab, mit welchen Aufträgen sie von dem Großkhan der Tartarei betraut worden seien. Er riet ihnen unter allen Umständen, die Wahl eines anderen Papstes abzuwarten, und wenn diese stattgefunden habe, bei demselben ihre Botschaft auszurichten. Sie fanden, dass dieser Rat gut sei und beschlossen, die Zwischenzeit zu einem Besuch bei ihrer Familie zu verwenden. Mit dem Schiff fuhren sie über Negropont nach Venedig, wo Nicolo Polo herausfand, dass sein Weib, welches er bei seiner Abreise schwanger zurückgelassen hatte, gestorben war, nachdem sie ihn mit einem Sohne beschenkt hatte, der den Namen Marco erhalten und jetzt fünfzehn Jahre alt war. Dies ist der Marco, von dem das gegenwärtige Buch verfasst ist, und der darin einen Bericht gibt über alle die Dinge, die er mit Augen gesehen hat.

3) In der Zwischenzeit wurde die Wahl des Papstes durch so viele Hindernisse verzögert, dass sie zwei Jahre in Venedig blieben, immer in der Erwartung, dass sie vor sich gehen würde; aber es besorgte sie, dass dem Großkhan ihr langes Ausbleiben missfallen würde, oder dass er glauben könnte, sie hätten die Absicht, nicht wieder in sein Land zu kommen, und hielten es daher für ratsam, nach Acre zurückzukehren. Bei dieser Gelegenheit nahmen sie den jungen Marco Polo mit sich. In feierlicher Bestätigung des Legaten besuchten sie Jerusalem und versahen sich mit einigem Öl von der Lampe des heiligen Grabes, wie sie vom Großkhan angewiesen worden waren. Darauf nahmen sie den Brief des Legaten an jenen Fürsten in Empfang, in dem ihnen über die Treue, mit welcher sie sich bemüht hätten, seinen Aufträgen nachzukommen, Zeugnis gegeben und erklärt wurde, dass das Oberhaupt der christlichen Kirche bis jetzt noch nicht erwählt worden sei; und zogen weiter nach dem vorerwähnten Hafen Giazza. Kaum aber waren sie abgereist, als der Legat einen Boten aus Italien empfing, abgesendet vom Kollegium der Kardinäle, die ihm seine eigene Erhebung auf den päpstlichcn Stuhl verkündigten, in Folge dessen er den Namen Gregor X. annahm. Indem er nun bedachte, dass er jetzt selbst im Stande sei, den Wünschen des tartarischen Monarchen vollkommen nachzukommen, beeilte er sich, Briefe an den König von Armenien zu schicken, in denen er ihm seine Wahl mitteilte und ihn bat, gesetzt den Fall die beiden Gesandten, die auf dem Wege nach dem Hof des Großkhans seien, hätten sein Reich noch nicht verlassen, ihnen die Weisung zu geben, sogleich zurückzukehren. Diese Briefe trafen sie schon in Armenien, und mit freudigster Hast gehorchten sie der Aufforderung, noch einmal nach Acre zu eilen, für welchen Zweck ihnen der König eine Galone gab und zu gleicher Zeit eigene Gesandte schickte, welche dem christlichen Oberhaupt seine Glückwünsche überbrächten.

Seine Heiligkeit empfing sie mit großer Auszeichnung, bereitete ihnen schleunigst päpstliche Briefe und gab ihnen zwei Mönche vom Predigerorden mit, die sich zufällig zur Stelle befanden sowohl Männer von Kenntnis und Gelehrsamkeit als auch tieferfahrene Theologen. Der eine hieß Fra Nicolo da Vicenza und der andere Fra Guglielmo di Tripoli. Diesen gab er Freiheit und Ermächtigung, Priester zu weihen, Bischöfe zu ernennen und Absolution zu erteilen. Auch übergab er ihnen wertvolle Geschenke und unter diesen verschiedene schöne Kristallvasen, die sie dem Großkhan in seinem Namen und mit seinem Segen überreichen sollten. Sie nahmen Abschied und richteten wiederum ihren Weg nach dem Hafen von Giazza, wo sie landeten und weiter nach Armenien reisten. Hier erfuhren sie, dass der Sultan von Babylonien, namens Bundokdari, das Armenische Land mit einem großen Heer überfallen und in weiter Ausdehnung überwältigt und verwüstet habe. Darüber erschraken die beiden Mönche, und für ihr Leben fürchtend, beschlossen sie nicht weiter zu ziehen. Sie überlieferten den Venezianern die Briefe und Geschenke, die ihnen vom Papst anvertraut worden waren, begaben sich selbst unter den Schutz des Meisters der Tempelherren und kehrten mit diesem sogleich zur Küste zurück. Nicolo, Maffeo und Marco aber gingen unerschrocken den Gefahren und Hindernissen, an die sie schon lange gewöhnt waren, entgegen, überschritten die Grenze von Armenien und verfolgten ihre Reise weiter. Nachdem sie die Wüste mehrere Tagereisen weit durchwandert und manche gefährliche Orte berührt hatten, kamen sie so weit in einer Richtung von Nordost und Nord, dass sie endlich Nachricht über den Großkhan erhielten, der damals seine Residenz in einer großen und prächtigen Stadt, namens Chemenfu, hatte. Ihre ganze Reise bis zu diesem Ort dauerte nicht weniger als dreieinhalb Jahre; denn während der Wintermonate konnten sie nur unbedeutende Strecken vorwärts kommen. Als aber der Kaiser hörte, dass sie kamen, obwohl sie noch weit entfernt waren, und er erkannte, wie viel sie zu erdulden gehabt hatten, schickte er ihnen seine Boten vierzig Tagereisen entgegen und gab Befehl, ihnen in allen Plätzen, durch die sie ziehen müssten, zu bereiten, was immer zu ihrer Bequemlichkeit nötig sei. Auf diese Weise und mit dem Segen Gottes wurden sie in Sicherheit an den königlichen Hof geleitet.

4) Bei ihrer Ankunft wurden sie von dem Großkhan in voller Versammlung der tartarischen Fürsten und Herren ehrenvoll und gnädig empfangen. Als sie sich seiner Person näherten, bezeugten sie ihre Ehrerbietung, indem sie sich an der Tür mit dem Angesicht niederwarfen. Er befahl ihnen sogleich, sich zu erheben und ihm die Umstände ihrer Reise zu erzählen, mit allem, was bei ihrer Unterhaltung mit Seiner Heiligkeit dem Papste stattgefunden habe. Sie erzählten nun die Ereignisse in guter Ordnung und der Kaiser hörte ihnen mit besonderer Aufmerksamkeit zu. Die Briefe und die Geschenke vom Papst Gregorius wurden dann vor ihm hingelegt, und nachdem er die ersteren gelesen hatte, lobte er die Treue, den Eifer und den Fleiß seiner Gesandten, und indem er mit gebührender Ehrfurcht das Öl vom heiligen Grab in Empfang nahm, gab er Befehl, dass es mit religiöser Sorgfalt aufbewahrt werden solle. Er bemerkte Marco Polo und fragte, wer er wäre. Nicolo Polo antwortete, es sei sein Sohn und der Diener Seiner Majestät. Da geruhte der Großkhan ihn unter seinen besonderen Schutz zu nehmen und ernannte ihn zu einem seiner Ehrenbegleiter. In Folge dessen wurde nun Marco von allen denen, die zum Hofe gehörten, in hohen Ehren und großer Würde gehalten. In kurzer Zeit wurde er mit den Sitten der Tartaren bekannt, wusste sie sich zu eigen zu machen und begriff die verschiedenen Sprachen der Tartaren, so dass er sie nicht allein verstand, sondern auch lesen und schreiben konnte. Als sein Herr ihn so fähig fand, wollte er erkunden, wie er sich in Geschäftsangelegenheiten anstelle, und sandte ihn in einer wichtigen Staatssache nach einer Stadt, namens Karazan, die sechs Monatreisen von der kaiserlichen Residenz entfernt lag. Bei dieser Gelegenheit benahm sich Marco mit solcher Weisheit und Klugheit in Ausführung der ihm anvertrauten Angelegenheiten, dass er noch höher in der Gnade des Kaisers stieg. Als er nun seinerseits wahrnahm, dass der Großkhan viel Vergnügen bezeugte, seine Berichte zu hören über alles was neu war in Bezug auf Sitten und Gebräuche des Volkes und über die besonderen Verhältnisse ferner Länder, bestrebte er sich, wohin er ging, genaue Nachricht über diese Gegenstände zu erlangen, und machte sich Bemerkungen über alles, was er sah und hörte, um den Kaiser in seiner Wissbegierde zu befriedigen. Während der siebzehn Jahre, die er in seinen Diensten zubrachte, zeigte er sich so nützlich, dass er zu vertraulichen Missionen in jeden Teil des Reichs gesendet wurde. Zuweilen reiste er auch in seinen eigenen Angelegenheiten, aber immer mit der Zustimmung und Bestätigung des Großkhans. Unter solchen Umständen geschah es, dass Marco Polo Gelegenheit hatte, sich sowohl durch sich selbst als auch durch die Mitteilungen Anderer Kenntnis zu erwerben von so vielen Dingen der östlichen Teile der Welt, die bis zu seiner Zeit unbekannt waren, und die er fleißig und regelmäßig niederschrieb, wie es sich im Folgenden zeigen wird.

Schatzkammer der Umayyaden-Moschee,

789.Damaskus, Syrien.

Schatzkammer der Umayyaden-Moschee (Detail),

789.Damaskus, Syrien.

Schatzkammer der Umayyaden-Moschee (Detail),

789.Damaskus, Syrien.

Innenhof der Umayyaden-Moschee (Detail),

706-715.Damaskus, Syrien.

5) Unsere Venezianer hatten nun viele Jahre an dem kaiserlichen Hof gelebt, in dieser Zeit viele Reichtümer erworben in Juwelen von Wert und in Gold und fühlten große Sehnsucht nach ihrem Vaterlande; und obwohl sie in großen Ehren von dem Khan gehalten wurden, war dieses Gefühl bei ihnen doch vorherrschend. Zum festen Entschluss aber kamen sie, als sie bedachten, wie sehr der Khan im Alter vorgerückt sei; sein Tod aber, wenn er sich vor ihrer Abreise ereignen sollte, würde sie des öffentlichen Beistandes berauben, durch welchen sie allein erwarten konnten, die unzähligen Schwierigkeiten einer so langen Reise zu überwinden und ihre Heimat in Sicherheit zu erreichen, während sie bei seinen Lebzeiten und durch seine Gunst wohl mit Recht hoffen konnten, sie auszuführen. Nicolo Polo nahm daher eines Tages die Gelegenheit, als er ihn mehr als gewöhnlich freundlich fand, sich ihm zu Füßen zu werfen und ihn für sich und seine Familie zu bitten, dass Seine Majestät ihnen in Gnaden ihre Abreise gestatten möge. Aber weit entfernt, sich diesem Gesuch geneigt zu zeigen, schien er unwillig darüber und fragte, was für ein Grund sie zu dem Wunsch verleiten könnte, sich allen den Unbequemlichkeiten und Gefahren einer Reise auszusetzen, bei welcher sie leicht ihr Leben verlieren könnten. Wenn sie nach Gewinn strebten, so sollten sie es nur sagen, er wäre bereit, ihnen das Doppelte von allem, was sie besäßen zu geben und ihnen Ehren zu verleihen, so viel sie deren nur wünschten; aber wegen der Liebe, die er zu ihnen hege, müsse er ihre Bitte abschlagen.

Um diese Zeit geschah es, dass eine Königin, Namens Bolgara, die Gemahlin Argons des Königs von Indien, starb, und als ihre letzte Bitte, die sie auch in einer testamentarischen Schrift hinterließ, beschwor sie ihren Gemahl, dass keine Andere ihre Stelle auf seinem Thron und in seinen Neigungen einnehmen solle, die nicht von ihrer eigenen Familie abstamme, welche sich im Land Cathay [China] wo der Großkhan herrsche, befinde. Mit dem Wunsch, dieser feierlichen Bitte nachzukommen, schickte Argon drei von seinen Edlen, zuverlässige Männer, deren Namen Ulatai, Apusca und Goza waren, mit einer zahlreichen Begleitung als seine Gesandten an den großen Khan, und bat, dass er ihm eine Jungfrau aus der Verwandtschaft seiner verstorbenen Königin zur Gemahlin geben möge. Der Großkhan nahm sie sehr freundlich auf und unter der Leitung seiner Majestät wurde eine junge Dame von siebzehn Jahren erwählt, die sehr schön und wohlgebildet war, mit Namen Kogatin, und die den Gesandten, als sie ihnen gezeigt wurde, außerordentlich wohlgefiel. Als alles zu ihrer Abreise bereitet und ein zahlreiches Gefolge bestellt war, der künftigen Gemahlin König Argons zu Ehren, wurden sie vom Großkhan auf das Huldvollste entlassen und begaben sich mit der Prinzessin auf demselben Weg, den sie gekommen waren, zurück. Acht Monate waren sie gereist, da wurde ihr weiterer Zug gehemmt und ihnen die Wege durch neue Kriege abgeschnitten, die zwischen den tartarischen Fürsten ausgebrochen waren. Sehr gegen ihre Neigung sahen sie sich daher gezwungen, wieder in die Residenz des Großkhans zurückzukehren, dem sie erzählten, wie es ihnen ergangen war.