Das Buch - Jörg Röske - E-Book

Das Buch E-Book

Jörg Röske

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Beschreibung

Es wird von einem Buch erzählt, hinter dem fast alle Menschen her sind, aber dieses Buch gibt es nicht. Der Erzähler dieses Romans ist auch hinter diesem Buch her, und er schreibt es in der Hoffnung, dass sein Buch diesem einem Buch zumindest ähnelt.

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Jörg Röske

Das Buch

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

Impressum neobooks

1

Es war so, dass alle hinter einem Buch her waren. Aber das Buch gab es nicht, trotzdem waren alle, oder sagen wir fast alle, hinter diesem Buch her.

Ich bin auch hinter diesem Buch her, deswegen schreibe ich es jetzt. Aber ich weiß niemals, ob es genau dieses Buch sein wird, wenn ich es fertig habe. Zumindest wird mein geschriebenes Buch, dessen erste Zeilen ich im Moment schreibe, ein Buch sein, und ich denke, es wird möglicherweise eines sein, dass dem Buch, hinter dem alle her sind, ein wenig ähnelt. Weil ich mich bemühe.

Aber nichtsdestotrotz ging ich in einen Buchladen, möglicherweise stand dort, das Buch, hinter dem alle her waren. Ich passierte die Eingangstür des großen Buchladens und blickt erst mal umher. Ich erblickte, das war typisch für einen Buchladen, ziemlich viele Bücher. Eine nette Stimme erreichte meinen Gehörgang bei meinem Rundblick.

„Kann ich Ihnen helfen?“, sagte die sehr hübsche und junge Verkäuferin. Ich musterte sie von Kopf bis Fuß. Diese Aktion nahm sie mit einem Lächeln dankbar auf. Frauen mögen es, wenn Männer sie attraktiv finden.

„Ich suche das Buch, hinter dem alle her sind.“

„Oh, da habe ich etwas für Sie!“

Sie führte mich zu dem Regal, das Bestseller anbot. Sie hatte mich nicht verstanden. Deswegen wollte ich mich an ihr rächen. Ich lud sie zum Essen in ein Steakhaus ein. Sie nahm an. Um sie nicht zu verwirren, kaufte ich einen der Bestseller. Als wir uns später in meinem Bett befanden und nach wohl geglücktem Sex Zigaretten rauchten, hakte sie nach.

„Was meinst du mit dem Buch, hinter dem alle her sind?“

„Damit meinte ich genau das Buch, das ich gekauft hatte!“

Dann rauchte sie ihre Zigarette fertig und ging. Ich wusste genau, dass diese Antwort ihr nicht genügte. Deswegen rächte sie sich und verließ mich. So waren wir quitt.

Ich benutzte immer Frauen, das war so bei mir. Ich war kein netter Mensch, das war mir klar. Ich schrieb, trank Bier und rauchte. Meine Bücher hatten stolze Umsätze, deswegen konnte ich mir ein Haus leisten, das ich alleine bewohnte. Einsam fühlte ich mich nicht, das war auch klar. Ich ging immer in teuren Restaurants essen, und ich trug immer teure Anzüge. Ich bildete mir etwas auf mich ein, und mein Erfolg gab mir recht.

Ich kannte sogar Leute aus der Politik. Da war einer, der hatte mit Soldaten zu tun. In der Öffentlichkeit galt er als starker Mann, aber um Rat fragte er immer mich. Wir trafen uns nachts. Dann tranken wir irischen Whiskey und redeten. Er handelte mit Waffen, wovon keiner wusste. Er fragte mich, an wen er welche verkaufen sollte. Da machte ich mir einen Spaß und empfahl ihm Kunden. Er hörte auf mich. So schob ich Schachfiguren auf dem Weltschachbrett hin und her und hatte meine Freude dran. In den Nachrichten verfolgte ich die Ergebnisse. Rebellen siegten mit den von mir verschobenen Waffen, das gefiel mir. Das war eben so, ich war kein netter Mensch. Aber ich suchte das Buch, hinter dem alle her waren. Und das es anscheinend nicht gab. Ich will nicht sagen, dass dieses Unterfangen, ein Buch zu suchen, das es nicht gab, eine heilige Suche war, die mich läutern könnte. Aber es war etwas, das meine Neugier wie ein Magnet anzog.

Da hatte ich eine Idee. Ich rief am Tag nach dem Sexabenteuer meinen Verleger an und schlug ihm vor, ein Buch von mir zu veröffentlichen, das nur leere Seiten hat. So wirklich begeistert war mein Verleger nicht, als Gag schien ihm diese Idee zu gefallen. Aber er bemerkte, dass es mir ernst mit dieser Idee war. Also tat er es. Drei Monate später hatte dieses Buch mit 298 leeren Seiten mein bisher erfolgreichstes Buch überrundet. Mein Verleger war zufrieden, ich war nun wirklich in aller Munde. Aber zufrieden war ich wirklich nicht.

Dann hatte ich die Idee, dass mein Verlag ein Buch drucken sollte, in dem immer nur ein und derselbe Buchstabe vorkam, alle Seiten voll nur mit diesem einen Buchstaben, jede Zeile, durchgängig. Aber dann ließ ich es, ich rief meinen Verleger nicht an. Möglicherweise wäre dieses Buch auch ein Erfolg gewesen, aber ich wollte die Welt und mich nicht noch weiter zum Narren halten. Da rief mich Robert an, das war der Politiker, der mit Soldaten zu tun hatte und heimlich Waffen verschob.

„Hallo Robert!“

„Hallo Hans!“

Ja, so hieß ich, Hans. Dafür könnte ich heute noch meine Eltern ermorden. Wie konnte man so einen Namen nur einem Kind antun? Aber meinen Eltern würde ich nie etwas antun, denn sie waren immer gut zu mir gewesen. Nur die Sache mit dem Namen, das war hinderlich für mich, wenn nicht sogar peinlich. Niemand hieß Hans in meiner Klasse in der Grundschule. Wirklich niemand. Alle hänselten mich. Aber ein Mädchen tat das nicht, sie hielt zu mir. Sie war die einzige, die zu mir hielt. Und ich dankte es ihr, indem ich ihr Bilder zeichnete. Später heirateten wir, und dann starb sie. Möglicherweise war ich deswegen so ein unnetter Mensch geworden. Ich schrieb nur noch, und meine Bücher wurden Bestseller. Und ich gebrauchte junge Frauen.

„Ich brauche deinen Rat, Hans!“

„Okay!“

Ich setzte mich in meinen Porsche und fuhr zu Robert.

„Ich brauche deinen Rat, Hans!“, begrüßte mich der Politiker an der Tür.

„Sagtest du schon am Telefon, Robert!“

„Ich habe 200 Leos!“

Leos waren Leoparden, das waren Panzer. Es gab den Leopard 1 und den Leopard 2.

„Schick' sie nach Afghanistan!“

„Was?“

„Dann schicke sie nach Libyen!“

„Du bist bescheuert, Hans!“

„Ich muss bescheuert sein, das erwartet man von einem Autor!“

„Aber es gibt doch auch ordentliche Autoren!“

„Ich bin nicht ordentlich, Robert, das weißt du!“

Robert goss sich einen Tullamore Due ein und trank ihn in einem Zug aus. Er bot mir auch einen an, und ich trank ihn in selbigem Duktus. Mit Alkohol konnte ich am besten nachdenken.

„Wieso trinkst du nicht Whiskey statt diesem Bier, Hans? Davon bekommst du nur einen Bauch, wie man unschwer erkennen kann!“

„Ne, lass mal, die harten Sachen hebe ich mir für unsere Treffen auf!“

Robert lachte. Wir waren gute Kumpels, daran gab es keinen Zweifel. Aber in der Öffentlichkeit ließen wir uns niemals zusammen sehen.

„Welche Leos hast du denn?“

„Natürlich den zweier!“

„Hm, keine Ahnung. Mir geht allmählich das Kriegsspielen auf den Wecker.“

„Du wirst doch nicht jetzt auf deine alten Tage Pazifist?“

„Hast du noch einen Schluck?“

„Klar!“

Robert goss mir nach. Er merkte, dass ich zögerte. Das war er nicht von mir gewohnt.

„Dein letztes Buch war ein Knüller! Hätte niemals gedacht, dass das so einen Erfolg werden würde. Nur leere Seiten! Einfach klasse!“

„Hast du es auch?“

„Klar, so was lass' ich mir doch nicht entgehen!“

Mir kam eine Idee.

„Was sagst du dazu, wenn du die leeren Seiten beschreibst?“

„Was?“

„Schreib' was rein!“

„Und was?“

„Keine Ahnung!“

„Heute Nacht hast du viel keine Ahnung, Hans!“

Ich saß da, hatte den Satz von Robert vernommen und rauchte nur.

„Ich habe die Vision von einem Buch, hinter dem alle her sind, das es aber nicht gibt!“

„Was soll das sein? Die Suche nach dem heiligen Gral?“

Ich merkte auf.

„Das hört sich gut an!“

„Du spinnst, Hans!“

Ich nahm einen neuerlichen Zug von meiner Zigarette.

„Sag' mir lieber, was ich mit den 200 Leos machen soll?“

„Schick' 100 nach Libyen und 100 nach Afghanistan.“

„Das wollte ich nur hören!“

Robert verstand mich nicht. Das war schade. Aber das war eben so. Das hatte ich nach dem Tod meiner geliebten Frau gelernt. Manche Dinge waren einfach so, wie sie waren.

Die Suche nach dem heiligen Gral, das war etwas. Das hatte Esprit. Ein Gefäß, mit dem Jesu Blut aufgefangen worden sein soll. Zumindest war der Gral ein Gefäß, das ewige Lebenskraft spendet. So die Legende. Ich erinnerte mich und überlegte, ob es das war, was ich wollte, was ich suchte. Ich kam zu dem Entschluss, dass es das nicht war. Es war etwas anderes. Das, was ich suchte, war weitaus geheimnisvoller. Ein Buch, das es nicht gab. Und damit meine ich nicht die Bibel, die, laut der Christen, Antwort auf alle Fragen habe. Ich suchte etwas, das über alles hinausging, und das war nicht respektlos oder blasphemisch gemeint. Deswegen schreibe ich dieses vorliegende Buch, dass Sie, werter Leser, gerade lesen. Möglicherweise haben Sie ebenso das Bedürfnis, so ein Buch zu schreiben. Und ich mag noch nicht einmal definieren, was dieses Buch Buch alles ausmachen soll. Weder spirituell möchte ich als Kategorie anführen, noch die des Thrillers, des Fantasyromans, des Liebesromans, noch des Science-Fiction-Werkes. Keine Kategorie, kein Genre. Lediglich: alle sind hinter diesem Buch her. Und: es gibt es nicht.

Angetrunken fuhr ich meinem Porsche 911 nach Hause. Da war unglücklicherweise eine Polizeikontrolle.

„Haben Sie etwas getrunken?“

„Ja, ich habe ...“

„Ach, Sie sind 's! Ihr letztes Buch war ja der Hammer, dass sich jemand traut, so was zu veröffentlichen! Respekt! Wissen Sie was? Meine Frau und ich haben angefangen, in Ihr Buch Dinge hinein zu schreiben! Das ist total klasse! Seitdem verstehen wir uns auch viel besser!“

„Ach!“

„Ja, und dafür möchten wir uns ganz herzlich bei Ihnen bedanken!“

„Gerne!“

„Dann bis zur nächsten Kontrolle!“

„Ja“, lächelte ich. Der Polizist lächelte und winkte mir zu. Ich winkte und fuhr weiter und musste nach einem Kilometer anhalten und erst mal lauthals lachen. Ich konnte mich kaum beruhigen. Das hatte ich noch nicht erlebt, dass mein Buch solch' eine Wirkung hatte. Und zwar, dass sich ein Ehepaar wegen eines dummen PR-Gags besser versteht. Ich beruhigte mich und fuhr dann mit einem Lächeln weiter. Mit einem Lächeln, das aus meinem Herzen kam, denn diese Geschichte gefiel mir wirklich. Und ich hatte das Gefühl, ich war meinem geheimnisvollen Buch ein Stück näher gekommen.

Am nächsten Morgen erwachte, aber es war nicht morgen, es war mittags. Das erste, was ich mir bescherte, was ich mir jeden Tag bescherte, waren eineinhalb Tassen Kaffee und ein paar Zigaretten. Und mein Tagebuch. Und da war jenes Glücksgefühl, das noch in mir war. In mein Tagebuch schrieb ich: 'Habe durch ein dummes Buch zwei Menschen wieder zueinander geführt.' Das war der erste Satz. Und ich lächelte, ich lächelte einfach nur.

Dann schrieb ich alles weitere, dass ich erlebt hatte. Die Unterredung mit Robert und die zwei Blondinen, die ich am Tag zuvor in der Stadt gesehen hatte. Und den anschließenden Motorradunfall. Da hatte doch tatsächlich ein Motorradfahrer noch den Hahn aufgedreht, um über die Ampel zu kommen, um dann in ein Taxi, das auf der Straße wendete, hineinzufahren. Der Motorradfahrer ging in die Eisen, aber das half nicht mehr. Er krachte in die Seite des Taxis und flog über das Auto hinweg und knallte auf der anderen Seite auf und blieb liegen. Ich rannte sofort zu ihm hin. Ich sprach ihn an, er rührte sich nicht. Ich fühlte seinen Puls. Da war keiner mehr, er war tot. Das schockte mich. Was mich wunderte, denn ich hatte früher als Rettungswagenfahrer gearbeitet. Da hatte ich viel gesehen und mitbekommen. Nichts hatte mich geschockt, ich war ganz cool. Aber dieser Motorradunfall hatte mir zugesetzt. Und der war zu jener Zeit, als ich durch mein Buch zwei Menschen wieder zueinander gebracht hatte. Das war merkwürdig, mich durchfuhr eine Art Schauer. Tod und Leben. Das waren wohl zwei Dinge, die eng beieinander lagen. Es verstummte in mir, alles in mir verstummte. Ich saß da vor meinem Tagebuch und befand mich in einem emotionalen Zustand, den ich nicht mit Worten zu beschreiben vermochte. Es war als rührte mich etwas an. Aber es war nicht benennbar.

Nach dem Tagebuch hatte ich Hunger. Ich machte mir einen strammen Max. Das war ein leckeres Gericht. Zuerst Brot, dann Salami, dann Käse und darauf zwei Spiegeleier. Während des phagozytotischen Genießens des leckeren Mahls klingelte mein Telefon.

„Hey, hier ist Esther!“

„Esther?“

„Was, du erinnerst dich nicht mehr an mich?“

„Gib mir 'nen Tipp!“

„Bestseller und so!“

Da machte es klick, das Sexabenteuer.

„Wieso hast du mir nicht gesagt, dass du einer dieser Bestsellerautoren bist?“

„Warum sollte ich das?“

„Damit wäre alles vergeben und vergessen! Ich möchte dich treffen!“

Das war eine klare Ansage, sie wollte mein Geld und sich in meinem Ruhm sonnen. Ich wusste nicht, warum junge Frauen so drauf waren. Ich log.

„Ich bin in einer Beziehung!“

„Das stört mich nicht!“

„Was willst du?“

„Geilen Sex!“

Das klang verlockend. Denn der Sex mit ihr war wirklich klasse gewesen.

„Okay!“

„Du kannst zu mir kommen. Wertherstraße 29. Sagen wir morgen um 19 Uhr?“

„Okay.“

„Bye, Süßer!“

„Bye, Esther!“

Also zog ich zu ihr hin, am nächsten Tag, denn ich war ein schlechter Mensch. Aber erst genoss ich noch den strammen Max. Und ich schrieb an dem Buch weiter, das dem Buch, hinter dem alle her waren, ähneln sollte. Nicht wegen des Geldes und des Ruhmes, sondern wegen der Wahrheit. Eine Art modifizierter Gral. Dabei hörte ich eine Sinfonie eines meiner Lieblingskomponisten. Der war Gustav Mahler und die Sinfonie war dessen zweite. Benannt: Auferstehung. Im vierten Satz dieser Auferstehungssinfonie singt eine Alt-Solistin. Sie singt ein Gedicht, das heißt: Urlicht. Dieses Gedicht ist Teil der Sammlung: Des Knaben Wunderhorn.

Bei den Sinfonien Gustav Mahlers hatte ich immer ein seltsames Gefühl, nicht im negativen Sinn – ich besitze alle seine Sinfonien. Und Das Liedvon der Erde und die Kindertotenlieder und Lieder eines fahrendenGesellen. Als würde sich ein anderer Raum eröffnen, ein prophetischer Raum. Mahlers Sinfonien jagten mir regelmäßig einen Schauer über den Rücken. Und ich musste immer beim auditiven Anblick Mahlers orchestraler Kompositionen an den Nobelpreisträger Hermann Hesse denken. Diese beiden künstlerischen Größen gehörten für mich emotional-energetisch zusammen.

O Röschen rot!

Der Mensch liegt in größter Not!

Der Mensch liegt in größter Pein!

Je lieber möcht' ich im Himmel sein!

Da kam ich auf einen breiten Weg;

Da kam ein Engelein und wollt' mich abweisen.

Ach nein! Ich ließ mich nicht abweisen!

Ich bin von Gott und will wieder zu Gott!

Der liebe Gott wird mir ein Lichtchen geben,

Wird leuchten mir bis in das ewig selig Leben!

Das ist der Text des Gedichtes Urlicht. Mir ging er durch und durch, als ich ihn neuerlich hörte. Esther vergaß ich völlig beim Hören der Musik und beim Schreiben meines Buches.

Aber am nächsten Tag war ich Punkt sieben bei ihr, denn ich war wieder durch die Straßen gezogen und hatte das Flair des Außen geschmeckt. Sie öffnete, ich trat ein und der Sex war besser als der zuvor. Dann zog sie bei mir ein und genoss mein Geld und meinen Ruhm. Das war eben so, und ich wusste eigentlich gar nicht, warum das so war. Ich hatte immer noch das Gefühl, ich sei ein schlechter Mensch, aber da hatte sich eine Pforte aufgetan.

2

„Wirklich?!“

„Ja, wirklich!“

„Finde ich total faszinierend, dass welche durch dein Buch und auch noch mit leeren Seiten wieder zueinander gefunden haben! Hat was!“

Wir rauchten wieder, denn wir hatten wieder Sex gehabt. Beim Rauchen hatte ich Esther davon erzählt. Sie schien davon sichtlich beeindruckt zu sein. Aber ich hatte dieses Polizeikontrollerlebnis wieder vergessen.

Esther war 20 Jahre jünger als ich, und sie hatte sehr schnell bemerkt, dass ich nicht in einer Beziehung war.

Sie mochte es, wie ich lebte. Ich besaß Freiheit, konnte meinen Tag nach meinem Ermessen strukturieren. Mein Bankkonto bot reichlich, ich ernährte mich, abgesehen vom Bier und den Zigaretten, angemessen und gab mein Geld nicht für unnötige Dinge aus. Außer in teuren Restaurants und bei teuren Herrenschneidern und für meinen Porsche. Das leistete ich mir.

In der Öffentlichkeit ließ ich mich mit Esther sehen, sie genoss es. Ich schenkte ihr teure Kleider, in denen sie mit ihrer wohlproportionierten Figur hinreißend aussah. Aber trotz ihrer ungemeinen Attraktivität blieb zu mit treu. Das wunderte mich, denn junge Frauen waren in der Regel nicht treu. So meine Erfahrung. Möglicherweise war es etwas Besonderes zwischen Esther und mir.

Ich genoss die Zeit mit ihr, und sie hielt komischerweise an.

„Bist du glücklich?“, fragte ich sie.

„Ja, total!“, lächelte sie mich an, und sie küsste mich. Das war der Auslöser für den zweiten Akt an diesem Abend, und anschließend schliefen wir erschöpft ein. Ich träumte von dem Gedicht Urlicht. Ich kam zur Pforte zum Himmel, überall waren Wolken. Da stand ein Engel mit dem Rücken zu mir.

Ich sagte: 'Ich bitte um Einlass!'

Der Engel reagierte nicht.

Dann sagte ich: 'Ich lass' mich nicht abweisen!'

Dann drehte sich der Engel zu mir. Der Engel war Esther. Sie lächelte mich an, und sie küsste mich. Dann wachte ich auf. Es war schon hell. Esther lag neben mir, friedlich schlafend. Sie sah wirklich wie ein Engel aus. Aber dann kam ein Telefonanruf, durch den mich meine Vergangenheit wieder einholte.

„Der Schläfer erwacht in bitterer Nacht.“

„Am Morgen kehrt er rein und vertreibt die Sorgen!“

Es war John.

„15 Uhr!“

Dann legte John wieder auf. Das passte mir nicht, das passte mir wirklich nicht. Außerdem waren das wirklich dämliche verbale Erkennungscodes. Aber es war nun mal so. Ich war ein Geheimagent und hatte lange Zeit für den CIA gearbeitet. Dann wurde ich in den Schläfer-Modus versetzt. Nun wurde ich durch einen wirklich dämlichen Code wieder aktiviert.

Um 14.30 Uhr verließ ich das Haus. Ich sagte Esther, dass ich einkaufen gehe. Ich ging oft einkaufen, insofern war das nichts besonderes. Esther und ich teilten uns alles, ich wusch die Wäsche, sie wusch die Wäsche. Ich putzte, sie putzte. Ich spülte, sie spülte. Esther fragte mich einmal, ob ich nicht Lust hätte, mal eine Geschirrspülmaschine zu kaufen. Ich meinte, dass mir das Spülen Spaß mache, dass ich dabei entspanne. Sie hatte bislang nur mit Geschirrspülmaschinen gearbeitet und ließ sich darauf ein. Mit dem Ergebnis, dass sie meine Entdeckung bestätigte.

„Bis später, Schatz!“