Das Ende der dummen Arbeit - Felix Plötz - E-Book

Das Ende der dummen Arbeit E-Book

Felix Plötz

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Beschreibung

Endlich wieder motiviert arbeiten und wirklich etwas bewegen. Davon träumen viele frustrierte Angestellte, und deshalb übt die innovative Arbeitskultur der Startups auf sie eine so große Faszination aus. Die gute Nachricht: Ihr Traum kann Wirklichkeit werden, ohne dass sie selbst gründen müssen. Felix Plötz zeigt in seinem neuen Buch, wie man den Startup-Spirit auch in traditionellen Unternehmen etabliert, welche Arbeitsmodelle es gibt und welches Modell zu wem passt – vom Top-Management bis zum Azubi. Ein mitreißendes Manifest für eine neue, frische Arbeitskultur sowie eine praktische Anleitung für jeden Einzelnen: für selbstbestimmte, sinnvolle Jobs in etablierten Unternehmen.

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Das Buch

Die Arbeitswelt verändert sich gerade radikal. Endlich haben auch Angestellte die Chance, ihre Ideen zu verwirklichen, ohne sich selbstständig zu machen. Der neue Gründergeist in Unternehmen hat einen Namen: Intrapreneurship. Immer mehr Unternehmen sind dafür nicht nur offen, sondern bereits Feuer und Flamme. Vom Großkonzern bis zum Mittelständler unterstützen viele Arbeitgeber die »internen Entrepreneure« aktiv. Die Beispiele in diesem Buch zeigen: Intrapreneure verändern die Arbeitswelt von innen heraus. Und sie verschaffen mit ihren Ideen und Innovationen ihren Arbeitgebern einen Wettbewerbsvorteil, der Gold wert ist. Felix Plötz zeigt den Weg zu selbstbestimmter und erfüllender Arbeit. Neben vielen inspirierenden Erfolgsgeschichten gibt er dir handfeste Tipps, wie auch du deine Idee in die Tat umsetzt, Mitstreiter findest, deinen Chef ins Boot holst und zum Intrapreneur mit glänzenden Zukunftsperspektiven wirst. Eine Welt ohne dumme Arbeit ist zum Greifen nahe – auch für dich!

Der Autor

Felix Plötz

Das Ende der dummen Arbeit

Wie du als Angestellter zu mehr Geld, Sinn und Freiheit kommst

Econ

Econ ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH

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ISBN 978-3-8437-1803-5

© der deutschsprachigen Ausgabe by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2018 © für Abbildungen Maria Herrlich, Berlin Umschlaggestaltung: FHCM GRAPHICS, Berlin Umschlagabbildung: Adobe Stock

E-Book: L42 AG, Berlin

Alle Rechte vorbehalten.

1 Das Ende der dummen Arbeit: Was für Angestellte und Unternehmen heute möglich ist

»Ich verstehe nicht, warum die Menschen Angst vor neuen Ideen haben.

Ich habe Angst vor den alten.«

John Cage

Mein Name ist Felix Plötz – und ich habe einen Traum. Ich träume davon, dass wir zukünftig in einer Welt leben, in der Arbeit nicht mehr als notwendiges Übel betrachtet wird. Ich träume von einer Arbeitswelt, in der kein Mensch mehr von starren Hierarchien, lähmender Bürokratie oder endlosen Meetings genervt sein muss. Von einer Welt, in der sich niemand morgens in sein Büro oder in seine Werkstatt quälen muss, nur um sehnsüchtig die Stunden bis zum Feierabend herunterzuzählen. Kurz gesagt: Ich träume vom Ende der dummen Arbeit! Und das Beste daran ist: Dieser Traum beginnt gerade wahr zu werden.

Denn seit Kurzem sprießen neue, fast unglaubliche Möglichkeiten wie Pilze aus dem Boden. Endlich bekommen wir die Chance, eigene Ideen kreativ umzusetzen, Neues zu schaffen und dabei mit außergewöhnlichen Leuten zusammenzuarbeiten. Um diesen Luxus genießen zu können, müssen wir nicht unseren Job kündigen. Wir müssen auch kein eigenes Unternehmen oder Startup gründen. Mehr Freiheit, Sinn und Erfüllung kannst du auch als ganz normaler Angestellter mit einem festen Einkommen und mit allen Sicherheiten des Angestelltendaseins finden.

Du hast richtig gelesen: Eine Arbeit, die dir Spaß macht, dich kreativ sein lässt, deinen Träumen Raum gibt und dir mehr persönliche Freiheit gewährt, kannst du heute auch als Angestellter in einem ganz normalen Unternehmen finden. Noch vor wenigen Jahren habe ich das selbst nicht für möglich gehalten. Auch aufgrund meiner eigenen Erfahrung als Vertriebsingenieur in einem Großkonzern hielt ich die Welt der Angestellten für begrenzt spannend. Sie hatte wenig mit dem zu tun, was ich mir unter einem erfüllten, sinnvollen Arbeitsleben vorstellte. Es gab zu viele sinnlose Meetings, zu viel Silodenken und zu wenig echten Gestaltungsraum. Der Titel auf meiner Visitenkarte klang eindrucksvoll und wichtig. Nur meine Arbeit war es schlichtweg nicht. Irgendwann wusste ich nicht mehr, warum ich morgens ins Büro ging. Klar, mein Konto wurde voller. Doch innerlich wurde ich immer leerer.

Deshalb gründete ich damals neben meinem Job ein eigenes Startup. Ich baute es neben meinem Vollzeitjob so weit auf, bis das Risiko niedrig genug war, um meinen Job zu kündigen und meine Konzernkarriere aufzugeben. Über meine Erfahrungen auf diesem Weg habe ich das Buch Das 4-Stunden-Startup geschrieben. Darin zeige ich, wie man neben seinem regulären Job eigene Ideen umsetzt und ein kleines Business aufzieht, um ein erfüllteres Leben zu führen. Ich war und bin davon überzeugt, dass ganz normale Angestellte alles mitbringen, was es braucht, um erfolgreich unternehmerisch tätig zu sein. Unternehmertum ist für mich nichts Elitäres für Leute wie Marc Zuckerberg oder die Samwer-Brüder von Zalando. Außerdem bin ich weiter davon überzeugt, dass man dafür seinen normalen Job nicht kündigen muss.

Natürlich kannst du mit einem erfolgreichen 4-Stunden-Startup irgendwann das Hamsterrad verlassen. Doch dies ist dann deine freie Entscheidung und nicht die zwingende Voraussetzung, um überhaupt anfangen zu können. Ich selbst bin diesen Weg gegangen. Auch ich habe mein Angestelltenleben zunächst durch ein 4-Stunden-Startup bereichert und mich erst später entschieden, das Konzernleben aufzugeben.

Obwohl ich wusste, dass viele von einer solchen Veränderung träumen, hat mich der enorme Erfolg des Buchs überrascht. Ich hatte zwar geahnt, dass es einen Nerv treffen würde. Aber dass das Buch über zwei Jahre auf den Bestsellerlisten stehen würde, hätte ich mir in meinen wildesten Träumen nicht vorstellen können. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es derart viele Menschen gibt, die in ihrer »normalen« Arbeit keinen Sinn mehr sehen, so gelangweilt oder frustriert sind, dass sie unbedingt ihr eigenes Ding machen wollen, selbst wenn sie dafür einen Großteil ihrer Freizeit investieren müssen. Denn ein 4-Stunden-Startup betreibst du, wie der Name andeutet, zusätzlich zu deinem normalen Job – an Wochenenden und nach Feierabend. Das ist auf die Dauer nicht ohne!

Ein 4-Stunden-Startup zu gründen ist heute natürlich genauso möglich wie 2011, als ich das erste Mal »nebenbei« gegründet hatte, oder 2016, als das Buch erschienen ist. Die gute Nachricht ist aber: Das ist nicht mehr die einzige Möglichkeit, um neben dem normalen Tagesgeschäft unternehmerisch tätig zu sein und eigene Ideen umzusetzen. Die Arbeitswelt hat sich in dieser kurzen Zeit massiv verändert. Heute gibt es neben klassischen Startups und 4-Stunden-Startups eine weitere, höchst spannende Alternative: Unternehmer im Unternehmen werden, also ein unternehmensinternes Startup aufzubauen. Ein anderer Begriff dafür ist »Intrapreneur«. Er meint, dass man wie ein Entrepreneur – der typische, innovative Unternehmer mit Gründergeist – als Angestellter in einer etablierten Firma agiert. Das kann ganz verschiedene Formen annehmen: zum Beispiel einen Teil der regulären Arbeitszeit für das eigene unternehmerische Projekt nutzen, in einem vom Unternehmen initiierten Programm an Innovationen arbeiten, ein internes Startup gründen oder in einem internen Startup-Team mitarbeiten. Um selbstbestimmter und freier arbeiten zu können, musst du aber nicht unbedingt bei einem unternehmerischen Projekt mitwirken. Du kannst dir selbst Freiräume schaffen, Verantwortung übernehmen und deine Arbeit insgesamt unbürokratischer und sinnvoller gestalten. Wie du das konkret angehst, ist ein wichtiges Thema in diesem Buch.

All das ist heute möglich, weil sich in den letzten paar Jahren die Verhältnisse in vielen etablierten Unternehmen zum Besseren hin verändert haben. Chefs sind offener geworden für die Ideen ihrer Angestellten und fördern deren Unternehmergeist. Außerdem schaffen sie auch immer mehr Möglichkeiten, damit ihre Mitarbeiter sich persönlich entfalten können. Diese Veränderungen finden auf breiter Front statt: in DAX-Konzernen genauso wie in kleinen, inhabergeführten Unternehmen. Der Grund für diese positive Entwicklung ist übrigens nicht rein altruistisch.

Die Unternehmer und Manager tun dies auch als Reaktion auf die zunehmend komplexer werdende, unsichere und weniger berechenbare Arbeitswelt – weil die Digitalisierung eine enorme Veränderungsgeschwindigkeit in die Wirtschaft gebracht hat. Die Antworten auf diese Umbrüche sind mehr Eigenverantwortung für Mitarbeiter, sich selbst steuernde Teams, radikale Kundenorientierung – und das Fördern von Innovationen. Dabei bedienen sich die etablierten Unternehmen bei den Innovationstreibern der letzten Jahre, und das sind vor allem Startups. Viele traditionelle Unternehmen haben inzwischen begriffen, dass sie nur überleben können, wenn sie Innovationen fördern und für die Innovatoren Bedingungen schaffen, unter denen diese mit den Methoden und dem Geist von Startups arbeiten können.

Dieser Wandel eröffnet Angestellten genauso wie Menschen, die heute noch in der Startup-Welt zu Hause sind, neue Optionen. Für alle, die eigene Ideen umsetzen möchten und unternehmerisch tätig sein wollen, bietet Unternehmertum im Unternehmen sogar viele Vorteile, die man als »normaler« Startup-Gründer nicht genießt.

Welche Vorteile sind das? Zunächst einmal Infrastruktur und Ressourcen: Jedes bestehende Unternehmen verfügt schon über Abteilungen wie Forschung und Entwicklung, Buchhaltung, Controlling, Personalwesen, Vertrieb, Marketing, Public Relations. Es existieren bereits zahlreiche Kundenkontakte, ein Netzwerk aus Herstellern und Lieferanten, Vertriebskanäle zu Händlern, Zwischenhändlern oder Endkunden. Ein Startup muss sich all das erst mühsam aufbauen – was nicht nur Zeit und Geld kostet, sondern den Gründer meist dazu zwingt, Dinge zu tun, von denen er keine Ahnung hat. Auch in einem 4-Stunden-Startup muss man sich mit Versicherungen, Ämtern und anderen Dingen beschäftigen, auf die man vielleicht gar keine Lust hat. Ein etabliertes Unternehmen kann ein professionelles Umfeld bieten – und verfügt nicht zuletzt auch über finanzielle Ressourcen, die ein Gründer oft nicht hat. Das erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit gegenüber einem eigenen Startup, weil es einige der typischen Stolperfallen eliminiert.

Der zweite Vorteil: Unternehmer im Unternehmen zu sein ist relativ risikolos und bietet Sicherheit. Als Angestellter bekommst du dabei jeden Monat weiter dein Gehalt überwiesen und gehst nicht selbst in finanzielle Vorlage. Du musst nicht alles auf eine Karte setzen. Diese Sicherheit kann Gold wert sein, zum Beispiel wenn du gerade eine Familie gegründet hast, wenn du eine Immobilie finanzierst oder wenn deine Lebenssituation aus anderen Gründen das Experiment eines eigenen Startups nicht zulässt. Der Weg, unter dem Dach eines etablierten Unternehmens wie ein Entrepreneur zu agieren, bietet gewissermaßen das Beste aus zwei Welten: die Sicherheit eines Angestelltenverhältnisses kombiniert mit der Freiheit und den Chancen, die eine neue Geschäftsidee bietet.

Und selbst, wenn dein erstes Projekt als Intrapreneur nicht gleich »das nächste große Ding« wird: Als Unternehmer im Unternehmen sammelst du trotzdem wertvolle Erfahrungen. Du blickst über den Tellerrand, lernst viel Neues, erweiterst dein Fachwissen, und du wächst auch als Persönlichkeit. Unternehmerisches Denken und Handeln bekommt man nicht in einem Fortbildungsseminar oder an der Uni beigebracht. Das funktioniert nur in der Praxis. Ob das Projekt gelingt oder scheitert, am Ende kannst du nur davon profitieren: Ist das neue Geschäftsmodell oder das neue Produkt erfolgreich, kannst du dich zu hundert Prozent darauf konzentrieren. Und selbst wenn der Erfolg ausbleibt, wirst du ein gefragter Mitarbeiter sein, denn unternehmerische Erfahrung ist hierzulande in der Wirtschaft ein rares Gut, das jetzt Teil deiner Vita ist – in der Praxis erworben und nicht nur durch ein zweitägiges Innovationsseminar.

Natürlich kannst du später auch ein »richtiges« Startup gründen, wenn dich die Unabhängigkeit reizt. Auch dabei wirst du im Vorteil sein: Du wirst nicht so blauäugig an die Sache herangehen wie viele Startup-Gründer ohne Vorerfahrung, deren Erwartungen oftmals bitter enttäuscht werden – und die vielleicht sogar noch auf privaten Schulden sitzen bleiben.

Hast du dich als Unternehmer im Unternehmen bewiesen, dann stehen dir mehr und bessere Karrierewege offen als dem, der nicht über den Horizont seines Abteilungssilos hinausgeschaut hat, und zwar ganz unabhängig von Lebensalter und Position: Ob Berufseinsteiger oder erfahrene Mitarbeiterin, ob Praktikant oder Abteilungsleiterin, ob Fach- oder Führungskraft, ob Produktentwickler oder Vertriebler – das Modell Unternehmer im Unternehmen bzw. Intrapreneur steht im Prinzip allen offen.

Warum schreibe ich dieses Buch? Ich will dir zeigen, dass es bereits viele Beispiele dafür gibt, wie Angestellte ihre Arbeit kreativer und freier gestalten konnten und wie viele von ihnen es geschafft haben, eigene Ideen in ihrem Unternehmen umzusetzen und ihrer Arbeit wieder Sinn zu geben – sei es mit der vollen Unterstützung ihrer Chefs oder auch gegen anfängliche Widerstände. Ich will jungen Menschen, die von der Welt der Startups fasziniert sind, begründen, dass es manchmal besser, schneller und einfacher sein kann, das eigene Ding unter dem Dach eines Unternehmens durchzuziehen, als es mit einem eigenen Startup zu versuchen. Und ich will zeigen, warum Unternehmen vom Großkonzern bis zum Familienbetrieb davon profitieren, Selbstverantwortung, Eigeninitiative und Kreativität ihrer Mitarbeiter zu fördern und Startup-Spirit in ihrem Unternehmen nicht nur zuzulassen, sondern zu fördern, um für die Märkte der Zukunft gerüstet zu sein.

Um dir vor Augen zu führen, dass all dies bereits in Teilen der Arbeitswelt geschieht, dass das Ende der dummen Arbeit also bereits mehr als nur ein vager Traum mit großen Versprechungen ist, möchte ich dir nun von zwei realen Beispielen berichten. Sie geben dir einen authentischen Einblick hinter die Kulissen eines unternehmensinternen Startups. Und sie verdeutlichen, was alles geschehen kann, wenn Angestellte eigene unternehmerische Ideen entwickeln und ihre Chefs sie auch machen lassen.

Die Protagonisten haben mir ihre Storys selbst erzählt. Für dieses Buch habe ich sehr viele Menschen aus den unterschiedlichsten Unternehmen interviewt, deren reale Geschichten aus der Intrapreneurship-Praxis du hier lesen kannst. Darunter waren Unternehmer, Manager, Gründer und ganz normale Angestellte, die alle unterschiedliche Perspektiven auf das Thema haben.

MondayMakers: wie eine Idee zu freier, kreativer Arbeit führen kann

Als ich Caterine Schwierz im Januar 2017 kennenlerne, interviewt sie mich zum Thema 4-Stunden-Startup für den Blog der Outplacement- und Karriere-Beratung von Rundstedt & Partner, wo sie als Chief Operating Officer (COO) Mitglied der Geschäftsleitung ist.

Nicht mal ein Jahr später vollziehen wir einen Rollentausch: Ich stelle die Fragen, und Caterine und einige ihrer Kollegen bei von Rundstedt erzählen mir ihre Geschichte. Innerhalb von wenigen Monaten haben sie es geschafft, neben ihren eigentlichen Tätigkeiten, die sie nach wie vor ausüben, ein neues Geschäftsmodell als unternehmensinternes Startup zu entwickeln: die MondayMakers.

Die MondayMakers beraten wie ihre Unternehmensmutter von Rundstedt Menschen in beruflichen Fragen. Von Rundstedt ist auf Outplacement spezialisiert, eine vom Arbeitgeber finanzierte Maßnahme für ausscheidende Mitarbeiter, um sie bei der beruflichen Neuorientierung zu unterstützen. Die MondayMakers richten sich an Menschen, die zwar einen festen Job haben, darin aber keine Erfüllung finden. Der Unternehmenszweck besteht also darin, Menschen zu helfen, glücklich und erfüllt bei ihrer Arbeit zu sein.

Caterine sagt, dass unser erstes Gespräch im Jahr davor etwas bei ihr in Bewegung gesetzt hat: Damals kam bei ihr der Gedanke auf, selbst unternehmerisch tätig zu werden. Da sie ihr Leben lang als Angestellte gearbeitet hatte, fiel es ihr anfangs nicht leicht, sich das vorzustellen. Sie hatte zwar viele Ideen, aber welche davon ließ sich wirklich in ein tragfähiges Geschäftsmodell umsetzen?

Die Antwort auf diese Frage kam ihr eines Tages während des Lunchs in einem hippen Düsseldorfer Café. Caterine blätterte in einem Magazin und stieß auf die Story eines Startup-Unternehmers, der eine Online-Plattform für allgemeine Lebenshilfe aufgebaut hatte. Ihm war es gelungen, eine Community von über 7000 Mitgliedern aufzubauen. Während Caterine beim Mittagessen darüber nachdachte, machte es plötzlich bei ihr klick. Warum sollten sie und ihre Kollegen als erfahrene Karriereberater nicht etwas Ähnliches auf ihrem Gebiet schaffen und eine Online-Plattform entwickeln können?

Das Problem, das viele Menschen haben, kannte sie schon lange – doch jetzt konnte sie es auch konkret formulieren. Es gibt viele gut ausgebildete Menschen, die einen sicheren Job in einem guten Unternehmen ausüben, aber dennoch mit ihrer Arbeit nicht glücklich sind. Die Gründe dafür sind vielfältig: Es fehlt die Anerkennung, es gibt keine Entwicklungsperspektiven, der Job ist trotz eines guten Gehalts stinklangweilig, der Stress frisst sie auf oder es fehlt der Sinn bei der Arbeit. Diese Aufzählung ist längst nicht erschöpfend; es gibt viele Probleme, die Jobfrust hervorrufen können. Jeder von uns kann eine Reihe davon auflisten, und Caterine kennt als Karriereberaterin noch eine ganze Menge mehr. Seit jenem Lunch hatte sie ein Ziel vor Augen: Für diese Probleme will sie eine marktfähige Lösung schaffen.

Die fachlichen Kompetenzen, die dafür nötig sind, waren in ihrer Firma bereits vorhanden – es sind dieselben wie bei von Rundstedt. Die Karriereberater beschäftigen sich mit nichts anderem: Menschen zu einem Job zu verhelfen, der sie langfristig glücklich macht. Aber die MondayMakers richten sich nicht an Firmen, sondern an Angestellte. Die Menschen, die sie beraten, sind nun ihre Kunden, die sie auch bezahlen. Das erfordert eine andere Ansprache als bei den Unternehmen, in deren Auftrag Caterine und ihre Kollegen sonst tätig werden. Jeder Kunde muss einzeln überzeugt werden.

Die Idee, Karriereberatung für »Endkunden« anzubieten, ist nicht neu. Das Problem war in der Vergangenheit, den Zugang zu finden. Wie findet man die unzufriedenen Angestellten, und wie finden die umgekehrt eine professionelle Karriereberatung? Für Einzelberatungen entsteht zudem ein viel höherer Aufwand bei Akquise, Kundenbetreuung, Verwaltung, Abrechnung als bei einem Outplacement-Auftrag für einen Firmenkunden. Für beide Probleme gibt es heute, durch die Digitalisierung, neue Lösungen: Die Verwaltung lässt sich stark vereinfachen, Anbieter und Kunden finden sich über Online-Plattformen, sie können mithilfe von Videos oder Podcasts lernen und sogar in Echtzeit online kommunizieren, etwa über Skype. All das schafft eine Basis für ein Geschäftsmodell, das ein altes Problem auf neue Weise löst.

Caterine zögerte nicht, im Unternehmen Verbündete für ihre Idee zu finden. Sie erzählte Kolleginnen und Kollegen davon und organisierte erste Meetings, um ein Konzept auszuarbeiten. Diese ersten Schritte unternahm sie auf eigene Initiative neben ihrem eigentlichen Job als COO, ohne dass sie dafür einen offiziellen Auftrag hatte. Schnell fand sie Leute, die von ihrer Idee begeistert waren, und durch diese Gespräche entwickelte sich das bunt gemischte Kernteam der MondayMakers: Patrick Baur, seit dreizehn Jahren im Controlling bei von Rundstedt tätig, übernahm die Aufgabe des Business Development. Hannah Grethlein ist als Karriereberaterin schon über zehn Jahre in der Firma. Andrea Jochum kommt aus dem Bereich Marketing und Kommunikation – ein wichtiger Kompetenzbereich in jedem neuen Projekt dieser Tragweite. Claus Verfürth, der das Beratungssegment für Top-Führungskräfte bei von Rundstedt verantwortet, brachte von Anfang an seine Erfahrung ein.

Um das Konzept zu konkretisieren, nutzte das Team ein Tool aus der Welt der Lean Startups: das Business Model Canvas. Auf einer einzigen DIN-A4-Seite zeigt es das neue Geschäftsmodell und seine Entwicklungsmöglichkeiten. Mit diesem Modell wollten die fünf nun die Unternehmerin Sophia von Rundstedt ins Boot holen – und hatten Erfolg. Mit ihrer Idee rannte Caterines Team sogar offene Türen ein, denn die Unternehmerin hatte es sich bereits selbst zur Aufgabe gemacht, einen Kulturwandel zu initiieren. Sophia von Rundstedt ist davon überzeugt, dass in der Welt von morgen Innovationen zählen – und Mitarbeiter, die unternehmerisch denken und handeln. Ihr ist wichtig, dass jeder Mitarbeiter Verantwortung übernimmt: für sein eigenes Vorankommen, für seine beruflichen Ziele und seine persönliche Erfüllung. »Wir sagen unseren Klienten: Du sitzt im Fahrersitz. Du hast die Verantwortung. Das ist auch der Geist in unserem Unternehmen. Jeder Mitarbeiter hat die Möglichkeit, etwas vorzuschlagen und zu sagen: ›Da habe ich Lust darauf, da will ich mich einbringen.‹ Und wenn jemand für ein Thema brennt, dann wäre ich als Unternehmerin ja dumm, wenn ich das nicht nutzen würde.«

Gesagt, getan. Sophia von Rundstedt gab dem Team um Caterine freie Hand, die Idee weiterzuverfolgen. Alle Beteiligten bekamen die Möglichkeit, ein Fünftel ihrer Arbeitszeit mit der Entwicklung zu verbringen, mit einem Startkapital von 25.000 Euro. Das war einerseits eine gute Nachricht, doch warf sie teamintern auch Fragen auf. Eine Frage war: Sind 25.000 Euro Startkapital für ein neues Geschäftsmodell nicht ein bisschen wenig? Wäre die Firmenchefin wirklich von der Idee überzeugt, würde sie dann nicht gleich etwas mehr investieren, um die Idee umzusetzen? Ein Teil des Teams brauchte einige Zeit, um einzusehen, dass das so nicht stimmt – sondern dass es völlig legitim ist, wenn die Chefin nicht sofort alles auf eine Karte setzen will und das Startkapital überschaubar bleibt.

Ein solches Vorgehen ist in der Startup-Welt vollkommen üblich. Deshalb war es auch eine bewusste Entscheidung von Sophia von Rundstedt, das Budget zunächst klein zu halten. Die Idee sollte erst einmal den Realitätscheck bestehen. Das Team sollte zeigen, dass da draußen in der Welt wirklich ein Markt für ihr Modell existiert und dass es tatsächlich Kunden gibt, die bereit sind, ein Honorar von 150 oder 200 Euro für die Karriereberatung aus eigener Tasche zu zahlen.

Im Nachhinein sind sich auch die fünf Teammitglieder von MondayMakers einig, dass die Budget-Beschränkung richtig war. Denn dadurch konnte sich die Unternehmung Schritt für Schritt entwickeln und war nicht gezwungen, zu schnell wachsen zu müssen. So war gewährleistet, dass das Kernteam seine potenziellen Kunden immer im Blick hatte. Zwar liefen sie auch mal in die falsche Richtung und machten Fehler, aber die Fokussierung auf die Kunden half, diese zu korrigieren. Wie du im Laufe dieses Buches noch sehen wirst: Geld ist ein Beschleuniger – wie das Gaspedal eines Autos. Die Richtung deines unternehmerischen Projekts bestimmt hingegen nur das von dir gefundene Problem. Geld ändert nicht die Richtung, es sorgt nur dafür, dass du schneller ankommst – egal wie richtig oder falsch das Ziel ist. Um herauszufinden, ob deine Geschäftsidee wirklich gut ist, brauchst du häufig nur sehr wenig oder gar kein Geld.

So war es auch hier: Gerade weil das Team so wenig Geld zur Verfügung hatte, waren die Beteiligten auch deutlich kreativer und effizienter und die Lernerfahrung ungleich größer. Zum Beispiel bauten die MondayMakers ihre erste Website nicht mithilfe eines Webdesigners, den sie hätten bezahlen müssen, sondern im Do-it-yourself-Verfahren mit einem Website-Baukasten. Es dauerte keine halbe Stunde, da war ihre erste Homepage online. Für die Beteiligten war es ein Riesenmoment zu sehen, wie schnell so etwas gehen kann. Das motivierte sie, diesen Weg weiterzugehen. Einfach mal machen. Loslaufen und schauen, was funktioniert.

Natürlich ging nicht alles so leicht von der Hand wie die Website. Am Anfang frustrierte die fünf, dass es so lange brauchte, bis die ersten Kunden anbissen. Das hatten sie sich leichter vorgestellt und waren schon bald froh, nicht ein eigenes Startup gegründet zu haben, sondern ihr Projekt unter dem Dach ihres Arbeitgebers angehen zu können. Davon abgesehen, war es für keinen der MondayMakers eine Option gewesen, die reguläre Karriere aufzugeben. Niemand hätte sich vorstellen können, das volle Risiko zu tragen und eine solche Idee komplett allein zu stemmen. Erst recht nicht, als sie erkannten, wie lange es selbst unter dem Dach eines Marktführers wie von Rundstedt dauerte, bis das Business ins Rollen kommt – eines Unternehmens also, das mit den MondayMakers ein direkt benachbartes Geschäftsfeld betritt. Es dauert, Fuß zu fassen und sich zu etablieren. Für alle Beteiligten ist der Weg, als Angestellte unter dem Dach ihrer Firma völlig frei agieren zu können, genau der richtige. Und alle empfinden genau das auch als ein großes Privileg.

Ihre Motivation schöpfen die MondayMakers vor allem aus dem Gefühl, eine komplett grüne Wiese vor sich zu haben, etwas komplett Neues anfangen zu können, ohne starre Rahmenbedingungen und Strukturen. Etwas gemeinsam gestalten zu können, frei sein und einer gemeinsamen Vision folgen zu können, das war und ist ein enormer Ansporn für sie.

Eine andere Frage war: Wie schaffen sich die Teammitglieder Freiräume, um das Extra-Projekt MondayMakers weiterzuverfolgen? Es war zwar ausgemachte Sache, dass sie zwanzig Prozent ihrer Arbeitszeit dafür aufwenden konnten, doch die reguläre Arbeit bei von Rundstedt musste schließlich auch erledigt werden.

Bei Caterine war die Lösung relativ einfach: Sie hatte ihre Arbeitszeit kurz vorher schon auf eine Viertagewoche reduziert, und das als Mitglied der Geschäftsleitung. Dies war möglich geworden, weil durch den Kulturwandel bei von Rundstedt bereits sehr viel Verantwortung und Entscheidungskompetenz von der Führungs- auf die Mitarbeiterebene übertragen worden war. In einer Unternehmenskultur mit weniger Hierarchien und mehr Eigenverantwortung bei den Mitarbeitern werden die Führungskräfte auch weniger gebraucht – und gewinnen Zeit für neue Aufgaben, die bei der Führung von Unternehmen eine größere Bedeutung haben als Weisung und Kontrolle. An ihrem freien Tag hatte Caterine zunächst andere Dinge getan, sie hatte beispielsweise geschrieben und gebloggt. Für die MondayMakers stockte sie nicht etwa wieder auf fünf Tage auf, sie blieb bei der Viertagewoche und zieht die Arbeit an ihrem »freien Tag« durch. Das Projekt ist für sie ein reines Hobby. Es macht ihr so viel Spaß, dass sie dafür noch nicht einmal bezahlt werden will.

So ähnlich ist es bei den anderen auch. Es ist nicht zu leugnen, dass alle sehr viel arbeiten; es gibt kein Wochenende, an dem sie gar nichts für MondayMakers tun und »nur« ihre Freizeit genießen. Hannah beispielsweise hat außerdem zwei Kinder und ein zeitaufwendiges Hobby. Sie reitet und bildet ein Pferd aus. Da muss man seine Aufgabe schon lieben, um sich die Zeit dafür freizuschaufeln. Für alle im Team gilt: Die Arbeit am eigenen Projekt fühlt sich nicht wie Arbeit an. Das Projekt gibt ihnen mehr Energie, als es sie kostet.

Das gilt auch für den Neuzugang bei den MondayMakers. Kurz vor unserem Gespräch war Nina Brenndörfer als Praktikantin zum Team gestoßen. Auch sie ist begeistert vom Projekt, von der tollen Arbeitsatmosphäre und der steilen Lernkurve, die sie durchläuft. Und vor allem davon, dass sie – als Jüngste und Unerfahrenste – ernst genommen wird. Sie fühlt sich nicht wie ein austauschbarer Posten auf der Gehaltsliste, nicht wie eine normale Praktikantin, die nur Routine- und Organisationsaufgaben übernehmen darf. Sie fühlt sich vollständig integriert. Das zählt für sie mehr, als zum Beispiel bei einem Consulting-Unternehmen zu arbeiten, wo sie zwar deutlich mehr verdienen könnte, am Ende aber nur PowerPoints erstellen würde. Von ihren Eltern, die beide selbstständig sind, hat sie gelernt, wie wichtig das eigene Glück für einen erfolgreichen Weg ist: »Mach etwas, das du wirklich willst«, haben sie ihr gesagt. Für Nina ist das die Grundvoraussetzung, ihre Zeit und Energie in einen Job zu investieren. Wie viele Angehörige der ominösen Generation Y möchte sie von allem ein bisschen: Kreativität und Routine, Engagement und Freiraum, Selbstverwirklichung und Anerkennung. Sie schätzt es, bei den MondayMakers die Sicherheit eines renommierten Unternehmens und die Atmosphäre des Abenteuers Startup-Kultur in einem zu erleben.

Wie groß das Projekt MondayMakers noch werden wird, kann noch niemand mit Sicherheit sagen. Auch wenn keiner der Macher ein finanzielles Risiko trägt, sind alle mit Ernsthaftigkeit und Professionalität dabei. Niemand möchte »nur mal ein bisschen Startup spielen«, um sich im Falle eines Misserfolgs wieder ganz auf seinen eigentlichen Job bei von Rundstedt zu konzentrieren. Die Arbeitskraft, die sie jetzt investieren, hat für sie eine derart hohe Wertigkeit, dass sie niemals auf den Gedanken kämen, nur mal so rumzuspielen. Sie nehmen das Projekt komplett ernst. Bei einer mittelständischen Firma wie von Rundstedt & Partner mit 180 festangestellten Mitarbeitern ist es für alle eine Frage der Ehre, dass sie auch hier hundert Prozent und mehr geben und immer volle Kraft voraus gehen. Etwas anderes ist für sie gar nicht vorstellbar.

Die fünf von den MondayMakers glauben fest daran, dass ihre Idee nicht nur funktioniert, sondern durch die Decke gehen kann. Was das dann finanziell für sie bedeuten würde? Darüber hat sich noch niemand wirklich Gedanken gemacht. Alle können sich durchaus vorstellen, selbst Anteile an ihrem internen Startup zu erwerben. Und auch für Sophia von Rundstedt ist das eine Möglichkeit, genauso wie eine spätere Ausgründung. Ihre Unternehmenskultur sieht vor, Unternehmertum zu belohnen – auch bei von Rundstedt selbst gibt es Mitarbeiter, die als Partner beteiligt werden.

Innerhalb von nur einem Jahr haben die MondayMakers schon enorm viel erreicht: Aus einer Idee ist ein kleines Team mit ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten und Kompetenzen entstanden, das noch dazu aus mehreren Generationen besteht und ohne starre Hierarchien zusammenarbeitet – obwohl von der Top-Managerin bis zur Praktikantin die Unterschiede auf dem Papier nicht größer sein könnten. Doch eines eint sie: der Spirit und die Motivation, selbst etwas Neues zu erschaffen – als Angestellte und mit der vollen Unterstützung ihres Unternehmens.

Pakadoo – wie eine Idee Hunderttausende Menschen glücklich macht

Eine andere Geschichte über Unternehmertum im Unternehmen spielt im württembergischen Herrenberg. Dort haben Markus Ziegler und Kris Van Lancker in den letzten vier Jahren eine ganze Menge erlebt. Sie haben beim Logistik-Konzern LGI Logistics Group International GmbH das interne Startup Pakadoo gegründet. Innerhalb von kurzer Zeit gewannen sie namhafte Kunden und mehrere Innovationspreise. Ihre Geschichte zeigt, wie unter dem Dach eines etablierten Konzerns Innovationsgeist und Unternehmertum aufblühen können. Sie zeigt, welche Vorteile es hat, ein neues Business als »Corporate Startup« aufzuziehen – aber auch, welche Grenzen es bei dieser Konstellation gibt.

Markus Ziegler arbeitete als Managing Director viele Jahre bei der LGI. Zu seinem Team von 800 Mitarbeitern gehörte als Key Account Manager Kris Van Lancker. LGI wurde 1995 aus Hewlett Packard (HP) heraus gegründet und wuchs von 160 auf inzwischen rund 5000 Mitarbeiter. Das Wachstum entstand durch Innovationen, die aber das Kerngeschäft betrafen oder es erweiterten – zum Beispiel tauscht LGI inzwischen bei den Kunden von Hewlett Packard auch Drucker aus. Es ging dabei immer um »den nächsten Schritt« und nie um ein komplett neues Geschäftsmodell. Also nicht um disruptive Innovationen, die etwa durch die Digitalisierung möglich werden.

Markus war der Meinung, da könnte noch mehr gehen. Im Januar 2015 veranstaltete er einen Workshop mit einigen seiner Mitarbeiter, die im Bereich Geschäftsentwicklung tätig waren. Es ging darum, völlig frei über Innovationen nachzudenken, die unabhängig vom bisherigen Geschäftsmodell sind. Was würde man tun, wenn man sich auf der grünen Wiese befände? Es entstanden einige gute Ideen, aber alle waren wieder »der nächste Schritt« im bisherigen Kerngeschäft – bis auf den Ansatz von Kris, der sich von den anderen abhob: die Idee für Pakadoo.

Kris hatte schon immer viele Ideen. Er hat ganze Schubladen voll davon. Die Idee für Pakadoo kam ihm an einem Freitagabend. Seine Frau beschwerte sich, dass ein Paket nicht bei den Nachbarn abgegeben wurde, sondern in der lokalen DHL-Filiale. Das war ärgerlich, denn an einem Samstagmorgen Schlange stehen zu müssen, um ein Paket abzuholen, ist kein Vergnügen. Du kennst das Problem wahrscheinlich genauso gut wie Kris’ Frau oder ich. Pakete werden immer dann zugestellt, wenn man gerade nicht zu Hause ist. Nimmt es ein Nachbar an, musst du diesen erst einmal antreffen. Und die Öffnungszeiten der Postfilialen passen auch nicht so recht in die Arbeitszeiten der meisten Menschen. Entweder haben sie geschlossen, oder sie sind überfüllt, besonders am Samstagmorgen. Kris überlegte sich, wie man den Stress mit den Paketen reduzieren und sie schneller in den Händen halten könnte.

Seine Idee zur Lösung des Problems ist eigentlich ganz einfach: Wo sind die meisten Menschen, wenn sie nicht zu Hause sind? Genau, bei der Arbeit. Da setzt Kris’ Idee auch an: Der digitale Service Pakadoo ermöglicht es Unternehmen, Privatpakete von Mitarbeitern mit geringem Aufwand parallel zur Geschäftspost entgegenzunehmen und zu verteilen. Es gibt zwar nicht wenige Menschen, die sich jetzt schon Pakete in den Betrieb schicken lassen, aber das hat auch Nachteile: Viele Unternehmen sehen es nicht gern. Gerade bei Firmen mit 200 oder mehr Mitarbeitern kann das ganz schnell im Chaos enden. Außerdem kann nicht zwischen Geschäftspost und Privatpaketen unterschieden werden – so können wichtige geschäftliche Sendungen länger brauchen, wenn sich die Privatpost ungefiltert dazwischenschiebt.

Für die Nutzer ist Pakadoo kostenlos: Sie müssen sich lediglich auf der Website oder mit der Pakadoo-App registrieren und erhalten eine persönliche PAK ID. Mit der können die Nutzer ihre Pakete an ihre Firma senden lassen, wenn diese einen Vertrag mit Pakadoo abgeschlossen und in ihrer Poststelle, ihrem Wareneingang oder am Empfang einen »Pakadoo Point« eingerichtet hat. Ob ein Paket mit DHL, Hermes, UPS oder einem anderen Anbieter versendet wurde, spielt keine Rolle. Scannt ein Mitarbeiter der Poststelle den Barcode auf dem Versandlabel mit der Smartphone-App von Pakadoo ein und gibt die im Adressfeld aufgedruckte persönliche PAK ID des Empfängers ein, wird automatisch eine E-Mail an den Mitarbeiter geschickt. Bei manchen Firmen gibt es feste Zeiten für die Abholung, etwa die Mittagspause oder bei Feierabend. Andere haben von Pakadoo vertriebene Paket-Schränke aufgestellt, sodass die Empfänger ihre Pakete jederzeit abholen können.

Man muss nicht groß erklären, welchen Nutzen dieses System für die Kunden hat – sie sparen wertvolle Zeit. Sie müssen nicht mehr zur Postfiliale und dort anstehen, sie müssen nicht mehr bei den Nachbarn klingeln und hoffen, dass die zu Hause sind – wenn der Zusteller überhaupt eine Karte in den Briefkasten eingeworfen hat … Aber auch für die Unternehmen, bei denen die Nutzer arbeiten, hat das System Vorteile. Es macht eine bisherige Grauzone durch irgendwie in die Geschäftspost »geschmuggelte« Privatpakete transparent, offiziell und effizient. Davon abgesehen, stellt der Pakadoo-Service für sie ein sehr günstiges Modell von Social Benefits für Mitarbeiter dar. Die Firmen müssen nur geringfügig in die zusätzliche Arbeitszeit der Angestellten in der Poststelle investieren. Darüber hinaus haben sie keine Nachteile. Sie bekommen mit extrem wenig Aufwand dankbares Feedback von ihren Mitarbeitern. Ein solcher Service ist – neben anderen – auch ein Argument, um zukünftig Mitarbeiter aus der jungen Generation zu gewinnen, weil er zeigt: Uns ist nicht egal, ob unsere Mitarbeiter zufrieden sind. Pakadoo-»Geburtshelfer« Markus bringt es auf den Punkt: »Die wollen nicht mehr unbedingt einen Geschäftswagen, sondern eine gute Work-Life-Balance. Und unser Service bietet genau das. Als Arbeitgeber kann ich damit aus der Masse herausstechen.«

Aber Kris stellte sich natürlich anfangs auch die Frage, wie aus diesem Service ein Geschäftsmodell werden könnte. Die Frage »Wer bezahlt das?« war jedoch leicht zu beantworten: Von Beginn an wird Pakadoo von den Lieferdiensten mit Provisionen für jede Sendung finanziert. Die Rechnung ist einfach: 60 Prozent der Kosten für den Lieferdienst entstehen zwischen dem letzten Depot und dem Empfänger. Das ist das berühmte »Problem der letzten Meile« des Versands. Pakadoo kann davon knapp 40 Prozent einsparen und bringt damit auch den Versandunternehmen einen großen Vorteil. Schließlich müssen DHL, Hermes oder UPS nicht mehr bei vielen Empfängern oder ihren Nachbarn klingeln, mehrere Stockwerke erklimmen, eventuell eine Karte schreiben und einwerfen. Sie erledigen bei einer Fahrt zur Firma – die sie wegen der Geschäftspost in der Regel ohnehin ansteuern – zig Pakete auf einmal. Und ganz nebenbei entlastet das System den Innenstadtverkehr und reduziert CO2-Emissionen.

So weit war die Idee zwar noch nicht entwickelt, als Kris sie für den Innovationsworkshop aus seiner Schublade holte, aber die Kollegen und Markus fanden sie cool. Sie präsentierten die Idee der Geschäftsleitung von LGI, und auch dort war man begeistert. Die beiden konnten die Idee – zunächst neben dem normalen Job – weitertreiben und bekamen dafür ein Budget von rund 50.000 Euro zur Verfügung gestellt.

Sie wählten dabei einen Weg, wie ihn Startups gehen, und den auch du in den späteren Kapiteln noch kennenlernen wirst. Sie bauten ein » MVP«, ein »Minimum Viable Product« oder, auf Deutsch, »minimal überlebensfähiges Produkt«. Das ist ein Prototyp, der die Idee konkretisiert und dazu dient, die Funktions- und Marktfähigkeit an möglichen Kunden zu testen. In diesem Fall war es die Pakadoo-App, die die Grundfunktionen darstellte, in Sachen Design aber noch ohne Schnickschnack auskam. »Die hässlichste App der Welt«, wie Markus es ausdrückt. Die App testeten sie zunächst im eigenen Unternehmen bei der LGI, sammelten Nutzerfeedback ein und verbesserten die App ständig.

Und dann ging es ganz schnell: Nicht einmal ein Jahr nachdem Kris sich über die Probleme bei der Zustellung von Paketen geärgert hatte, bekam Pakadoo den ersten Kunden. Hewlett Packard führte Pakadoo in seinem Headquarter in Böblingen ein. Dabei halfen auch die persönlichen Kontakte, schließlich war LGI ursprünglich aus HP hervorgegangen. Aber das hätte nichts genutzt, wäre die Pakadoo-Idee nicht gut gewesen. Und sie war sehr gut: Pakadoo schlug bei HP ein wie eine Bombe. Die Mitarbeiter waren so begeistert, dass gleich im Januar 2015 Pakadoo an allen deutschen HP-Standorten eingeführt wurde. Ein riesiger Erfolg.

Markus und Kris arbeiteten zunächst nebenbei – und, das muss man dazu sagen: auch in ihrer Freizeit – weiter an ihrer Geschäftsidee. Zusammen mit zwei weiteren LGI-Mitarbeitern polierten sie das »hässliche Entlein«, die Pakadoo-App, auf, ließen das Corporate Design entwickeln, eine Website und einen Marketingauftritt aufbauen.

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