Das Fitnessprogramm für KMU - Werner Friedrichs - E-Book

Das Fitnessprogramm für KMU E-Book

Werner Friedrichs

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Beschreibung

Best of Methodenkoffer für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

KMU sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Damit das so bleibt, müssen sie mit den großen Unternehmen mithalten oder ihnen einen Schritt voraus sein. Wie geht das, wenn man keine Milliardengelder für Investitionen übrig hat und wenn ein gescheitertes Experiment das Aus bedeuten kann? - Machen Sie nur das, was am besten funktioniert und wiederholen Sie nicht die Fehler der anderen. Alle brauchbaren Methoden, Konzepte und Strategien für diesen Ansatz finden Sie diesem Buch:

- Chancen, Risiken und Implementierung von Supply Chain Management in KMU
- Integration der Fertigungslinie eines Teilezulieferers in eine bestehende Produktion
- Reengineering einer Kleinserienfertigung zu einer optimierten Mittelserienfertigung mithilfe des Value Stream Managements
- Entwicklung und Einführung agiler Projektmanagementmethoden zur effizienten Auftragsabwicklung
- Einführung von Produktkonfiguratoren zur Unterstützung der Angebotserstellung und technischen Lösungsfindung

Die Autoren zeigen anhand vieler Beispiele aus mittelständischen Firmen, wie die Umsetzung gelungen ist. Das Buch ist dadurch ein hervorragender Rat- und Ideengeber, der guten Unternehmen zeigt, wie man noch besser werden kann.

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Werner Friedrichs Björn Buschhorn Marco Joepen Matthias Lutz

Das Fitnessprogramm für KMU

Methoden für mehr Effizienz im Automobil-, Anlagen- und Sondermaschinenbau

Praxisreihe Qualitätswissen Herausgegeben von Kurt Matyas

Die Autoren:

Werner Friedrichs, HennefBjörn Buschhorn, KoblenzMarco Joepen, HellenthalMatthias Lutz, Köln

Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen, Verfahren und Darstellungen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine juristische Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht.

Ebenso übernehmen Autoren und Verlag keine Gewähr dafür, dass beschriebene Verfahren usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt deshalb auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen­ und Markenschutz­Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches, oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) – auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2018 Carl Hanser Verlag Münchenwww.hanser-fachbuch.de

Lektorat: Dipl.-Ing. Volker Herzberg Herstellung: Cornelia Rothenaicher Umschlagrealisation: Stephan Rönigk

Print-ISBN 978-3-446-45341-8 E-Book-ISBN 978-3-446-45373-9

Verwendete Schriften: SourceSansPro und SourceCodePro (Lizenz) CSS-Version: 1.0

Inhalt

Titelei

Impressum

Inhalt

Die Autoren

Vorwort

1 KMU – eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft

1.1 Bringt der Status KMU ihrem Unternehmen Vorteile?

1.2 Ist der Begriff KMU einheitlich definiert?

1.2.1 Quantitative Definitionsansätze

1.2.2 Qualitative Abgrenzung

1.3 Bedeutung und Merkmale von KMU

1.4 Charakterisierung des Sonder-, Maschinen- und Anlagenbaus

2 Chancen, Risiken und Implementierung von Supply Chain Management in KMU

2.1 Wie kann Supply Chain Management (SCM) verbessert werden: Motivation und Ziele

2.2 Ist der Begriff SCM eindeutig?

2.3 Warum gibt es Bedarf an Supply Chain Management?

2.4 Forderungen seitens automobiler OEM an die Zulieferer in Bezug auf die Lieferkette

2.4.1 Die Lieferkette von OEM zu Tier-n

2.4.2 Warum fordern OEM ein SCM-System?

2.4.3 Wie wirken sich die Forderungen der OEM auf die Lieferantenstruktur aus?

2.4.4 Einführung von SCM in Automotive-KMU

2.4.5 Standardgeschäftsprozesse mit SCM

2.5 Stellt die Automobilindustrie Netzwerke zur Verfügung?

2.5.1 Electronic Data Interchange (EDI) Standard

2.5.2 Internetplattformen von OEM und Tier-1

2.6 Welche ERP-Systeme mit SCM-Tools eignen sich für KMU?

2.6.1 Supply-Chain via Cloud

2.6.2 Open Source ERP-Systeme

2.6.3 Lobster SCM

2.6.4 OpenZ_SCM

2.6.5 Abbino_SCM

2.7 eSupply Chain Management

2.8 Lessons Learned

3 Integration des Produktionssystems eines Teilezulieferers in eine bestehende Produktion

3.1 Fertigungsprinzipien

3.1.1 Einplatzprinzip

3.1.2 Verrichtungsprinzip

3.1.3 Fließ- oder Erzeugnisprinzip

3.2 Fertigungsarten

3.2.1 Einzelfertigung

3.2.2 Mehrfachfertigung

3.3 Zusammenhang zwischen Fertigungsart und Fertigungsprinzip

3.4 Nutzwertanalyse zur Bewertung von Handlungsalternativen

3.5 Nutzwertanalyse für die Produktion eines KMU

3.5.1 Erkennen von Zielen bzw. Bewertungskriterien

3.5.2 Untersuchen der Bedeutung für den Gesamtwert

3.5.3 Zusammenstellen der Eigenschaftsgrößen

3.5.4 Beurteilung nach Wertvorstellung

3.5.5 Bestimmen des Gesamtwertes

3.5.6 Vergleich der Lösungsvarianten

3.5.7 Abschätzen von Beurteilungsunsicherheiten

3.5.8 Suchen nach Schwachstellen

4 Reengineering einer Kleinserienfertigung zu einer optimierten Mittelserienfertigung

4.1 Abgrenzung des Analyseumfeldes

4.2 Reengineering einer kleinen bzw. mittleren Fertigung

4.2.1 Die Gestaltung moderner Fertigungsstätten

4.2.2 Prozessgestaltung mit Hilfe des Six-Sigma-Ansatzes

4.2.3 Prozessgestaltung mit Hilfe des Lean Managements

4.2.4 Prozessgestaltung mit Hilfe des Business Reengineerings

4.2.5 Prozessgestaltung mit Hilfe des Value Stream Managements

4.2.6 Investitionsrechnung im Zusammenhang mit Value Stream Management

4.3 Bewertung der vorgestellten Reengineering-Methoden

4.3.1 Erkennen von Zielen bzw. Bewertungskriterien

4.3.2 Untersuchen der Bedeutung für den Gesamtwert

4.3.3 Zusammenstellen der Eigenschaftsgrößen

4.3.4 Beurteilung nach Wertvorstellung

4.3.5 Bestimmen des Gesamtwertes

4.3.6 Vergleich der Lösungsvarianten und Abschätzen der Beurteilungsunsicherheit

4.3.7 Suchen nach Schwachstellen

4.4 Value Stream Mapping bei einer Kleinserienfertigung

4.4.1 Verbesserungspotenziale des Value Stream Mapping

4.4.2 Konkret resultierende Problemstellungen

4.5 Verifizierung des Value Stream Mappings bei einem Komponentenzulieferer

4.5.1 Produktfamilienbildung

4.5.2 Kundenbedarfsanalyse

4.5.3 Angewendetes Value Stream Mapping

4.6 Reengineering einer Kleinserienfertigung mit Value Stream Design

4.6.1 Unterscheidung von Value Stream Mapping und Value Stream Design

4.6.2 Verifizierung des Value Stream Designs am Beispiel eines mittelständischen Komponentenzulieferers

4.7 Investitionsrechnung

4.7.1 Problemstellung

4.7.2 Lösungsansatz

4.8 Fazit

5 Prozessenergiewertstrommethode in der Produktion eines Automobilzulieferers

5.1 Energie als Ursache für alle Veränderungen in der Welt

5.1.1 Problem innerhalb der Automobilindustrie

5.1.2 Zielsetzung

5.2 Prozessdefinition

5.3 Prozessoptimierung mit Lean Production

5.3.1 Sieben Verschwendungsarten

5.3.2 Energie – die achte Verschwendungsart

5.3.3 Fünf Lean Thinking-Prinzipien

5.4 Prozessoptimierungsmethoden

5.4.1 Zwei Ansätze der Prozessoptimierung

5.4.2 Six Sigma-Methode

5.4.3 Wertstrommethode

5.4.4 Energiewertstrommethode

5.4.5 Energiemanagementsystem nach ISO 50001

5.5 Wirtschaftlichkeitsbewertung von Prozessoptimierungsmaßnahmen

5.5.1 Investitionsgrundlagen

5.5.2 Statische Investitionsrechnung

5.6 Bewertung der Prozessoptimierungsmethoden

5.6.1 Anforderungen an die Prozessoptimierungsmethoden

5.6.2 Gegenüberstellung der Prozessoptimierungsmethoden

5.6.3 Bewertung der Prozessoptimierungsmethoden

5.7 Vertiefung der Energiewertstrommethoden

5.7.1 Energiewertstrommethode nach Erlach

5.7.2 Weiterentwicklungsansätze und deren Unterschiede

5.7.3 Bewertung der Energiewertstrommethoden

5.8 Konzepterstellung der Prozessenergiewertstrommethode

5.8.1 Ziele der Prozessenergiewertstrommethode und resultierender Handlungsbedarf

5.8.2 Anforderungen an die Prozessenergiewertstrommethode

5.8.3 Prozessablauf der Prozessenergiewertstrommethode

5.8.4 Anforderungsnachweis an die Prozessenergiewertstrommethode

5.9 Konzeptverifizierung beim Automobilzulieferer Carcoustics

5.9.1 Vorstellung des Unternehmens Carcoustics

5.9.2 Problemstellung und Zielsetzung bei Carcoustics

5.9.3 Verifizierung der Prozessenergiewertstrommethode

5.9.4 Lessons Learned

6 Implementierung von Produktkonfiguratoren im Sondermaschinen- und Anlagenbau

6.1 Die Bedeutung von Produktkonfiguratoren für Unternehmen

6.1.1 Die Herausforderungen bei der Einführung – ein kleiner Exkurs

6.1.2 Zielsetzung

6.2 Produktvielfalt – wie viel Auswahl ist gut?

6.2.1 Ursachen und Auswirkungen zunehmender Produktvielfalt

6.2.2 Ansätze zur Beherrschung von Variantenvielfalt

6.3 Rechnerunterstützte Produktkonfiguration

6.3.1 Begriffsklärung

6.3.2 Funktionsweise

6.3.3 Klassifizierung der Systemtypen

6.3.4 Architektur des Prozessablaufes

6.4 Vorgehensweise bei allgemeinen Softwareimplementierungen

6.4.1 Formulierung der Zielsetzungen

6.4.2 Erstellung der Leistungsbeschreibung

6.4.3 Lieferantenakkreditierung/-auswahl

6.4.4 Softwareinitialisierung

6.5 Einführungsvoraussetzungen für Produktkonfiguratoren

6.5.1 Produktbezogene Anforderungen

6.5.2 Organisatorische Voraussetzungen

6.5.3 Systemtechnische Voraussetzungen

6.6 Lessons learned – das muss ich wissen

6.7 Veränderungen in der Organisation nach der Einführung

6.7.1 Wie war das Referenzunternehmen früher organisiert?

6.7.2 Wie ist das Referenzunternehmen nach der Einführung organisiert?

6.7.3 Faktische Veränderung nach der Einführung

6.7.4 Welche Probleme waren in der Einführungsphase zu erkennen?

7 Agiles Projektmanagement im Maschinen- und Anlagenbau

7.1 Kurzfassung

7.2 Bedeutung der Innovationsfähigkeit

7.2.1 Branchenspezifische Herausforderungen

7.2.2 Hauptziel und allgemeiner Nutzen

7.3 Praxisbewährte Projektmanagementansätze

7.3.1 Projektmanagement in der Auftragsabwicklung

7.3.2 Differenzierung agiler und klassischer Projektmanagementansätze

7.3.3 Gemeinsamkeiten der Softwareindustrie und des Maschinen- und Anlagenbaus

7.3.4 Kategorisierung agiler Projektmanagementansätze

7.3.5 Verfahrensablauf nach Scrum

7.3.6 Lessons Learned

7.4 Allgemeingültige Konzeptentwicklung zum agilen Projektmanagement

7.5 Anforderungen an agiles Projektmanagement

7.6 Implementierungsphasen

7.6.1 Evaluation und Methodenentscheidung

7.6.2 Umfeldanalyse und Bedeutung der Prozessbeteiligten

7.6.3 Konzeptentwicklung

7.6.4 Validierung und Projektinitialisierung

7.7 Scrum – Agiles Projektmanagement im Maschinen- und Anlagenbau

7.7.1 Verständnishilfe für die agile Vorgehensweise

7.7.2 Spezifikation von Projektzielen

7.7.3 Iterationsplanung

7.7.4 Sprintdurchführung

7.7.5 Zwischenabnahme und Sprintretrospektive

7.7.6 Werksinterner Projektabschluss

7.7.7 Gestaltungsrichtlinien

7.8 Scrum – Praktische Projektabwicklung zur Verifizierung der Ergebnisse

7.8.1 Entscheidungsgrund für die Auswahl des Referenzunternehmens

7.8.2 Unternehmensspezifische Zielsetzung

7.8.3 Praktische Projektdurchführung mittels Scrum

7.8.4 Bewertung der praktischen Erprobung

7.9 Zusammenfassung

8 Abkürzungsverzeichnis

9 Abbildungsverzeichnis

10 Tabellenverzeichnis

11 Literaturverzeichnis

Die Autoren

Die Autoren sind in KMU der Automobilindustriezulieferindustrie, des Anlagen- oder Sondermaschinenbaus beschäftigt.

Werner Friedrichs

Dozent an der Rheinischen Fachhochschule Köln, gGmbH

Lehrauftrag im Fachbereich Ingenieurwesen für den Bachelor-Studiengang Konstruktionsmethodik und den Masterstudiengang Rechnerunterstützte Arbeitsplanung

Björn Buschhorn

Fa. WDS, Winkler und Dünnebier Süßwarenfabrik GmbH, Rengsdorf, Betriebsorganisation/Projekt Controlling

Marco Joepen

Fa. Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG, Produktivitäts- und Prozessmanagement

Matthias Lutz

Fa. Kiekert AG, Heiligenhaus, International Trainee

Vorwort

KMU sind das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Damit das so bleibt, müssen sie mit den großen Unternehmen mithalten oder ihnen einen Schritt voraus sein. Durch eine große Anzahl von Besuchen und durchgeführten Projekten stellen wir immer wieder fest, das KMU meist recht erfolgreich operieren, von Strategien und Methoden aber oft weitestgehend unberührt sind. Dies wird aber immer wichtiger, wie erfolgreiche Umsetzungen im vorliegenden Buch zeigen. Ob nun Anlagen- und Sondermaschinenbauer oder Automobilzulieferer, alle Unternehmen müssen sich mit den Methoden beschäftigen, um erfolgreich zu bleiben. Dazu ist meist eigenes Know-how nicht vorhanden. Als Alternative bleibt eine externe teure Beratung oder ein zielgerichtetes Buch. Zweck ist es ein Praxisbuch mit Handlungsempfehlungen für die praktische Umsetzung von aktuellen wissenschaftlichen Methoden den KMU vorzulegen, welche durch gezielte Vorauswahl und Methodenvergleiche die Umsetzung in Unternehmen erleichtert bzw. erst möglich werden lässt.

In KMU agieren Sie nah an der Führungsspitze des Unternehmens. Sehr gute individuelle Leistungen sind für Ihren Arbeitgeber direkt erkennbar. Erfolge, als auch Misserfolge wirken sich direkt auf das Unternehmensergebnis aus.

Als Führungskraft eines KMU müssen Sie entscheiden, als Einkäufer und Logistiker den SCM-Prozess einführen und beherrschen, als Entwickler, Planer, Mitarbeiter der Produktion und der Qualitätssicherung sind Sie für erfolgreiche Produkte und Prozesse verantwortlich. Als Instandhalter für die Leistungsbereitschaft Ihrer Maschinen und Werkzeuge. Als Controller bewerten Sie die Leistungen der Verantwortlichen und als Personalleiter stellen sie das richtige Personal zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung.

Wie geht das, wenn man keine Millionengelder für Investitionen übrig hat und wenn ein gescheitertes Experiment das Aus bedeuten kann? Machen Sie nur das, was am besten funktioniert und wiederholen Sie nicht die Fehler der anderen. Alle brauchbaren Methoden, Konzepte und Strategien für diesen Ansatz finden Sie diesem Buch:

Chancen, Risiken und Implementierung von Supply Chain Management in KMU

Integration des neuen Produktionssystems eines Teilezulieferers in eine bestehende Produktion

Reengineering einer Kleinserienfertigung zu einer optimierten Mittelserienfertigung mithilfe des Value Stream Managements

Prozessenergiewertstrommethode in der Produktion eines mittelständischen Automobilzulieferers

Entwicklung und Einführung agiler Projektmanagementmethoden zur effizienten Auftragsabwicklung

Einführung von Produktkonfiguratoren zur Unterstützung der Angebotserstellung und technischen Lösungsfindung

Wir zeigen anhand vieler Beispiele aus mittelständischen Firmen, wie die Umsetzung gelungen ist. Das Buch ist dadurch ein hervorragender Rat- und Ideengeber, der guten Unternehmen zeigt, wie man noch besser werden kann, durch:

erprobte Lösungen aus realen Unternehmen

speziellen Bedingungen für KMU, insbesondere Sondermaschinenbau und Automobilzulieferer, werden berücksichtigt

Systematische Vorgehensweise von der Bestandsaufnahme und Motivation über die Zielsetzung bis zur Einführung

Sowohl erfolgreichen Praktikern soll dieses Buch bei der täglichen Arbeit unterstützen, als auch Studierenden technisch-ökonomischen Studienrichtungen an Universitäten und Fachhochschulen helfen, sich mit den speziellen Anforderungen von KMU vertraut zu machen.

Ein besonderer Dank gilt den vielen kleinen mittelständischen Unternehmen welche uns ermöglichten die aufgeführten Beispiele zu beschreiben. Ebenso bedanken wir uns bei unserem Lektor des Hanser Verlages, Herrn Dipl.-Ing. Volker Herzberg, der uns immer mit Rat und Tat zur Seite stand.

Viel Freue am Lesen!

Hennef, Oktober 2017

Werner Friedrichs, Björn Buschhorn, Marco Joepen, Matthias Lutz

1 KMU – eine tragende Säule der deutschen Wirtschaft

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) punkten mit kurzen Entscheidungswegen und reagieren flexibel auf Wettbewerb und Innovationen. Den Mitarbeitern bieten KMU eher die Möglichkeit, Karriere zu machen, selbst Entscheidungen zu treffen und eigenverantwortlich zu handeln als dieses in Großunternehmen möglich ist.

Junge Toptalente wie auch gestandene, erfolgreiche Mitarbeiter stehen vor der Wahl, sich in der Großindustrie oder bei kleinen und mittleren Unternehmen zu bewerben und dort erfolgreich zu arbeiten. Kernfragen hierbei lauten:

Schlüsselfragen

In welchem Rahmen kann ich mich im Unternehmen verwirklichen?

Welcher Gestaltungsfreiraum steht mir zur Verfügung?

Wie kann ich mich weiterentwickeln?

Welche Perspektiven bieten mir KMU zur Erfüllung meiner persönlichen Ziele?

Wie manage ich Prozesse und Projekte erfolgreich?

Wie vermeide ich Misserfolge?

In KMU agieren Sie nah an der Führungsspitze des Unternehmens. Sehr gute individuelle Leistungen sind für Ihren Arbeitgeber direkt erkennbar. Erfolge, aber auch Misserfolge wirken sich direkt auf das Unternehmensergebnis aus.

Als Führungskraft eines KMU müssen Sie entscheiden, als Einkäufer und Logistiker einen Supply Chain Management-Prozess (SCM-Prozess) einführen und beherrschen, als Entwickler, Planer, sowie Mitarbeiter der Produktion und der Qualitätssicherung sind Sie für erfolgreiche Produkte und Prozesse verantwortlich. Als Instandhalter überschauen Sie die Leistungsbereitschaft Ihrer Maschinen und Werkzeuge. Als Controller bewerten Sie die Leistungen der Verantwortlichen und als Personalleiter stellen sie das richtige Personal zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung.

Wir zeigen Ihnen anhand von erfolgreich umgesetzten Praxisbeispielen in KMU, wie diese interdisziplinären Arbeiten erfolgreich zu managen und durchzuführen sind.

1.1 Bringt der Status KMU ihrem Unternehmen Vorteile?

Der Status KMU erlaubt es einem Unternehmen, durch staatliche Instanzen der Bundesrepublik wie auch der Europäischen Union (EU) gefördert zu werden.

Förderung durch die EU

Diese bietet ein breites Spektrum an Beteiligungsmöglichkeiten – von der Einzelförderung bis zur klassischen Verbundforschung mit mehreren Partnern.

Verschiedene Förderprogramme stehen zur Verfügung:

Horizont 2020

Das EU-Rahmenprogramm für Forschung und Innovation

EUREKA

Grenzüberschreitende marktnahe Forschungskooperationsprojekte für Industrie und Wissenschaft

COST

Kooperationsrahmen zur Koordination nationaler Forschung auf europäischer Ebene

Strukturfonds

Wichtiges Förderinstrument für KMU

Förderung durch die Bundesregierung

Die Bundesregierung fördert im Rahmen ihrer Forschungsprogramme Basistechnologien, die Entwicklungen in zentralen Anwendungsfeldern anregen und so als Wachstumstreiber in vielen Branchen wirken sollen. KMU werden durch spezielle technologieoffene Förderprogramme unterstützt. Nähere Informationen zur den jeweiligen Förderprogrammen erhalten Sie unter den nachfolgen Links:

EU:

http://www.foerderinfo.bund.de/de/KMU-Foerderung-913.php

Bund:

http://www.foerderinfo.bund.de/de/KMU-924.php

1.2 Ist der Begriff KMU einheitlich definiert?

Für den Begriff „Kleines und Mittleres Unternehmen“ gibt es keine allgemein gültige Definition. In der Praxis wird eine Abgrenzung durch quantitative und qualitative Merkmale vorgenommen.

1.2.1 Quantitative Definitionsansätze

Es ist trotz der großen Bedeutung von KMU in Deutschland nicht gelungen, eine allgemein gültige Definition zu finden. Unter den quantitativen Ansätzen wird häufig eine Klassifizierung von KMU anhand der Anzahl der Mitarbeiter oder des Umsatzes oder der Bilanzsumme beschrieben. Tabelle 1.1 gibt einen Überblick über die gängigen gesetzlichen und von Institutionen verwendeten Definitionen.

Tabelle 1.1 Überblick über gängige Definitionen von KMU anhand quantitativer Merkmale (Quelle: nach [IhDuGö13])

Institution bzw. Gesetz

Definition KMU

§ 267 Abs. 2 HGB; Grenze für mittelgroße Kapitalgesellschaften

Bilanzsumme < 19,25 Mio € pro JahrJahresumsatz < 38,50 Mio € pro JahrArbeitnehmer im Jahresdurchschnitt < 250

EU-Kommission

Bilanzsumme < 43,00 Mio € pro JahrJahresumsatz < 50,00 Mio € pro JahrArbeitnehmer im Jahresdurchschnitt < 250

Beratungsförderung des Bundes

Es gilt die empfohlene Definition der EU-Kommission

Institut für Mittelstandsforschung

Jahresumsatz < 50,00 Mio € pro JahrArbeitnehmer im Jahresdurchschnitt < 500

Mittelstandsprogramm der KfW

Jahresumsatz < 500 Mio €

Bundesverband mittelständischer Wirtschaft, Bonn

Jahresumsatz > 50 000 Mio € sind Großbetriebe

Zwei in Deutschland gängige Abgrenzungen werden nachfolgend näher dargestellt.

Abgrenzung von KMU nach EU-Kommission

Der EU-Empfehlung 2003/361 der EU-Kommission folgend, zählt ein Unternehmen zu den KMU, wenn die im Folgenden erläuterten Hauptfaktoren zutreffen. Tabelle 1.2 zeigt die Abgrenzung von KMU nach der Definition der Europäischen Kommission.

Tabelle 1.2 Einstufung eines Unternehmens als Klein- und Mittleres Unternehmen (Quelle: Europäische Kommission 2010)

Unternehmens-Kategorie

Zahl der Mitarbeiter

Umsatz oder

Bilanzsumme

Mittelstand

< 250

bis € 50 Mio.

bis € 43 Mio.

Kleinunternehmen

< 50

bis € 10 Mio.

bis € 10 Mio.

Kleinstunternehmen

< 10

bis € 2 Mio.

bis € 2 Mio.

Für die Einstufung eines Unternehmens als KMU sind folgende Faktoren ausschlaggebend:

Ein Unternehmen ist ein mittleres Unternehmen, wenn es weniger als 250 Beschäftigte hat und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. erwirtschaftet oder eine Bilanzsumme von maximal 43 Mio. aufweist. Kleine Unternehmen sind Firmen, die weniger als 50 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 10 Mio. haben. KMU müssen eigenständige Unternehmen sein, die nicht mehr als 25 % Anteile an anderen Unternehmen halten, beziehungsweise an denen keine Anteile gehalten werden. Diese Schwellenwerte beziehen sich auf den jeweils letzten durchgeführten Jahresabschluss. Unternehmen können ihren Status als KMU dann verlieren, wenn in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren die Schwellenwerte über- oder unterschritten werden.

Abgrenzung von KMU laut Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM)

Das IfM weist den deutschen Mittelstand abhängig von der Beschäftigtenzahl und der Umsatzgröße aus. Dabei wird bei dieser Definition nur zwischen kleinen Unternehmen und mittlere Unternehmen differenziert. Nach der gängigen Abgrenzung des IfM werden alle Unternehmen, die weniger als 500 Mitarbeiter beschäftigen, als KMU zusammengefasst. Hat ein Unternehmen weniger als 10 Mitarbeiter wird es als Kleinstunternehmen bezeichnet, bei 10 bis 99 Mitarbeitern als kleines Unternehmen, und bei 100 bis 499 als mittleres Unternehmen. Als weiteres quantitatives Kriterium, um KMU voneinander abzugrenzen, wird der Jahresumsatz (< 50 Mio. €) herangezogen.

Tabelle 1.3 KMU-Definitionen des IfM Bonn im Überblick (Quelle: [IfMB17])

Unternehmensgröße

Zahl der Beschäftigten

Umsatz €/Jahr

klein

> 10

bis € 1 Mio.

mittel und klein

< 500

bis unter € 50 Mio.

KMU zusammen

unter 500

bis unter € 50 Mio.

Eine Überarbeitung dieser Definition wird aktuell vorgenommen, um eine Harmonisierung mit der Definition der Europäischen Union herbeizuführen.

1.2.2 Qualitative Abgrenzung

Neben den quantitativen Abgrenzungskriterien wie Umsatz und Beschäftigtenzahl nennt das IfM auch qualitative Kriterien, die für mittlere Unternehmen charakteristisch sind.

KMU werden größtenteils von Ihren Inhabern geführt, welche einen Fokus auf schnelle Reaktionen auf den Markt legen. Großunternehmen werden demgegenüber im Regelfall von angestellten Managern geleitet; Entscheidungen werden dadurch sehr dezentralisiert getroffen. Dieses führt am Ende dazu, dass KMU flexibler handeln können als Großunternehmen. Ein KMU unterscheidet sich hier ganz deutlich qualitativ von einem managergeführten Unternehmen.

Zusammengefasst lassen sich beide gängigen Definitionen verwenden, die KMU-Definition laut EU-Kommission – EU-Empfehlung 2003/361 – und die des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn, obwohl sie in einigen Punkten nicht übereinstimmen. So besitzen nach dem IfM Bonn KMU zwischen zehn und 500 Arbeitnehmer und haben bis zu 50 Mio. Umsatz pro Jahr, wohingegen die Definition der EU-Kommission max. 250 Arbeitnehmer und einen Umsatz von 50 Mio. oder die Bilanzsumme von unter 43 Mio. zur Abgrenzung vorgibt. Unternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern gelten demnach als Kleinstunternehmen.

1.3 Bedeutung und Merkmale von KMU

Für einen Großteil der wirtschaftlichen Leistungskraft unseres Staates sind KMU verantwortlich. Unternehmen dieser Größenklasse beschäftigen dreifünftel der Erwerbstätigen in Deutschland und bilden mehr als 80 % der Auszubildenden aus. Gleichzeitig trägt der Mittelstand zu über 55 % der Wertschöpfung bei und erwirtschaftet einen Umsatz von mehr als einem Drittel in Bezug zum Gesamtumsatz deutscher Unternehmen. Im Vergleich zur nicht-mittelständischen Wirtschaft lässt sich die volkswirtschaftliche Relevanz des Mittelstandes wie folgt darstellen:

Bild 1.1KMU-Anteil in Deutschland (Quelle: in Anlehnung an [BMWi14])

Flache Organisationsstrukturen sowie eine starke Vernetzung von vor- und nachgelagerten Prozessschritten sind Kennzeichen von KMU. Hervorgerufen durch eine gute Auftragslage führt dieses zu einer allgemeinen Ressourcenknappheit, wodurch Prozesse wirtschaftlich gestaltet und Mitarbeiter effizient eingesetzt werden müssen.

Zu erwähnen ist, dass Mittelständler, die durch Ausgründung aus Großunternehmen entstanden sind, lediglich sogenannte quantitativen Strukturen aufweisen und weiterhin von ihrer Dachgesellschaft abhängig sind. Demzufolge handelt es sich im Sinne dieses Buches nicht um mittelständische Unternehmen.

1.4 Charakterisierung des Sonder-, Maschinen- und Anlagenbaus

Der Sondermaschinenbau ist dasjenige Spezialgebiet des Maschinenbaus, welches individualisierte Maschinen gemäß den spezifischen technischen Kundenanforderungen herstellt. Dabei liegt der maßgebliche Unterschied zum allgemeinen Maschinenbau in der Anzahl der produzierten Einheiten. Denn in der Regel entwickeln Sondermaschinenbauer grundlegende Verfahren zur Lösung eines technischen Detailproblems und verbauen diese Technologie als Kerntechnologie in ihren Anlagen.

Die daraus entstehenden Produktspektren zeichnen sich vor allem durch eine hohe Variantenvielfalt und ihre Erklärungsbedürftigkeit aus. Was zur Folge hat, dass zur exakten Klärung des Kundenwunsches Iterationsschleifen zwischen der innerbetrieblichen Auftragsabwicklung und dem Kunden bzw. dem Vertrieb erforderlich sind. Diese Kommunikationsschleifen führen zu langen Durchlaufzeiten, sowohl bei der Angebotserstellung als auch in den planenden Bereichen. Abhilfe können hier die in Kapitel 6 und Kapitel 7 vorgestellten Methoden des agilen Projektmanagements und der Produktkonfiguration schaffen.

Weiterhin zeigt sich, dass die Erzeugnisse von Sondermaschinenbauern für eine Nischenstrategie sprechen. Da anhand der Erschließung eines Nischenmarkts, in dem nur wenige Mitbewerber konkurrieren, das Unternehmen bessere Chancen erhält, sein Produkt zu veräußern. Deswegen muss der Vertrieb von Sondermaschinen international ausgerichtet sein, um dadurch einen größeren Markt zu erschließen, der einen entsprechenden kontinuierlichen Absatz gewährleistet und somit den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens und damit Arbeitsplätze sichert.

Der Maschinen- und Anlagenbau steht als Lieferant technologisch komplexer Erzeugnisse im Zentrum der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik und wird laut VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau) aufgrund des Umsatzes auch als „Herzstück“ des industriellen Mittelstands bezeichnet.

Bild 1.2Umsätze der wichtigsten Industriebranchen in Deutschland in Mrd. (Quelle: in Anlehnung an [Stat15])

Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus produzieren die grundlegenden Betriebsmittel (Investitionsgüter) für sämtliche Wirtschaftsbranchen, wodurch der Einfluss der rasanten technologischen Weiterentwicklung sehr bedeutsam ist. In den nachfolgenden Kapiteln stellen wir aktuelle Erfolgsmethoden vor und zeigen anhand durchgeführter Beispiele deren Umsetzung bei KMU.

2 Chancen, Risiken und Implementierung von Supply Chain Management in KMU
2.1 Wie kann Supply Chain Management (SCM) verbessert werden: Motivation und Ziele

Sind kleine und mittlere Automobilzulieferer den Forderungen der Automobilhersteller gewachsen? Können sie die Erwartungen erfüllen?

Ziel dieses Kapitels ist es, verschiedene Möglichkeiten, beispielsweise webbasierte Lösungen und Instrumente zur Umsetzung und Einführung eines funktionierenden Supply Chain Managements zu vergleichen und zu bewerten. Anhand von Praxisbeispielen aus der Automobilindustrie werden unterschiedliche Möglichkeiten zur Anbindung eines Automobilzulieferers an einen Hersteller dargestellt und Empfehlungen für eine geeignete Vorgehensweise unterbreitet.

Schlüsselfragen

Was fordern Automobilhersteller von ihren Lieferanten und welche dadurch entstehenden Chancen und Risiken sind für die Unternehmen bei der Einführung eines SCM zu erwarten?

Wie können kleine und mittlere Automobilzuliefererunternehmen diese Forderungen der Automobilhersteller umsetzen und welche Risiken entstehen, wenn ein Unternehmen nicht auf die Wünsche des Kunden eingeht?

2.2 Ist der Begriff SCM eindeutig?

Die Praxis interpretiert den Begriff SCM unterschiedlich:

Ist es eine Verkettung von Systemen zur Auftragsabwicklung?

Ist es ein Absatzkanal, der die Fertigungsstätten mit den Kunden verbindet?

Ist es eine Verknüpfung von Wertschöpfungsprozessen?

Je nach Betrachtungsweise, Unternehmenspraxis, Logistik, Controlling und Management können diese Fragen einzeln aber auch geschlossen bejaht werden.

Wir interpretieren SCM als integrierte prozessorientierte Planung und Steuerung aller Waren-, Informations- und Geldflüsse entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Zulieferer bis zum Kunden. Damit umfasst SCM fast alle Bereiche eines Unternehmens von der Lieferantenkette über die Produktionsplanung bis hin zur Kundenbetreuung, von der Anlieferung über die Fertigung und den Verkauf, bis zur Entsorgung oder dem Recycling. Bild 2.1 stellt unsere Interpretation dar.

Bild 2.1Einstufiger, auftragsgetriebener logistischer Prozess (Quelle: in Anlehnung an [Hahn12])

Die zu betrachtende Hauptaufgabe des SCM ist es, die wirtschaftliche Versorgung der Endabnehmer zu gewährleisten. Die Versorgung soll „schnell, fehler- und störungsfrei“ erfolgen.

2.3 Warum gibt es Bedarf an Supply Chain Management?

Globalisierung, neue Absatzmärkte, Produktionskostensenkung, Vergrößerung der Einkaufsvolumina sowie Zertifizierungen sind nur einige Schlagworte, mit denen wir täglich konfrontiert werden.

Lassen sich Trends erkennen?

Der Wandel des globalen Marktes fordert ein funktionierendes Supply Chain Management über den ganzen Wertschöpfungsprozess. Mit dem Wegfall politischer, ideologischer und zolltechnischer Grenzen kommt der Bedarf zum globalen Handeln. Informations- und Kommunikationstechnologien ermöglichen eine globale Vernetzung. Auf Angebote wartet ein Kunde nicht mehr wochenlang, sondern er erwartet umfassende Antworten zu Technologie, Kosten und möglichem Liefertermin innerhalb kurzer Zeit, mitunter innerhalb weniger Stunden.

Die Kundenforderungen steigern die Komplexität des SCM.

Umsätze mit einheitlichen, standardisierten Produkten sinken.

Kunden fragen immer mehr nach individualisierten Leistungen.

Produktlebenszyklen werden verkürzt.

Das Ziel, dem Kunden eine möglichst große externe Vielfalt bei gleichzeitig hoher Lieferbereitschaft, kurzen Lieferzeiten und zu günstigeren Preisen zu bieten und dieses aus Unternehmenssicht mit geringer interner Vielfalt zu realisieren, stellt neue Anforderungen an Vertrieb, Konstruktion, Planung, Einkauf und Logistik sowie Produktion in Bezug auf die Supply Chain.

Um dieses Ziel zu erreichen, konzentrieren wir uns auf unsere Kernkompetenzen. Wir schließen uns mit anderen Unternehmen zu Netzwerken zusammen, um einen Zugriff auf weitere Ressourcen, wie zum Beispiel IT- Infrastruktur, zu erlangen. Bild 2.2 zeigt eine exemplarische Darstellung der Supply Chain als Netzwerk. Wir arbeiten größtenteils mit mehreren Unternehmen gleichzeitig zusammen. Wir beziehen Rohmaterialien voneinander, stellen Produkte zur Weiterverarbeitung her, um diese Produkte dem Kunden bzw. den Verbrauchern zum richtigen Zeitpunkt, in der geforderten Qualität und Funktionalität anzubieten. In der Realität ist eine Supply Chain eher als Netzwerk und weniger als lineare Kette aufzufinden.

Bild 2.2Mehrstufiges Logistiknetzwerk (Quelle: in Anlehnung an [Hahne12])

Supply Chain Management-Lösungen oder -Systeme sind meist Softwarelösungen, die im weiteren Verlauf dieses Kapitels erläutert werden. Mit Hilfe des Einsatzes von SCM-Software sollen der Gesamtprozess ebenso wie auch Einzelprozesse verbessert werden. Ziel ist es, Informationen und Materialströme auf der gesamten Wertschöpfungskette transparenter, bedarfs- und termingerechter zu gestalten und jeweils zu optimieren.

2.4 Forderungen seitens automobiler OEM an die Zulieferer in Bezug auf die Lieferkette

Nachfolgende Schlüsselfragen sind zu beantworten:

Schlüsselfragen

Was fordern Automobilhersteller von ihren Lieferanten?

Wie wirken sich diese Forderungen auf die Lieferantenstruktur aus?

Wie wirkt sich dieses auf die Anzahl der „Automotive KMU“ aus?

Welche dadurch entstehenden Chancen und Risiken sind für die Unternehmen bei der Einführung eines SCM zu erwarten?

Welche Möglichkeiten haben KMU, auf Forderungen zu reagieren?

2.4.1 Die Lieferkette von OEM zu Tier-n

Automobile OEM beziehen die zur Montage notwendigen Produkte zum Bau eines Fahrzeuges entweder in Modulen, als Baugruppen oder als Teile. Ein durchschnittliches Kraftfahrzeug besteht aus rund 10 000 Teilen. Fast alle Teile werden von Automotive-Zulieferern aus der ganzen Welt an den Produktionsstandort des OEM geliefert.

Automobilhersteller rechnen mit einer Endmontage pro Kraftfahrzeug von ca. 10 bis 20 Stunden, wobei entscheidend die Komplexität der angelieferten Baugruppen und Teile vom Zulieferer ist. Ford spricht beim Fiesta von 13 Stunden, Daimler beim Smart von nur 4,5 Stunden mit insgesamt 140 Montageschritten. Dieses ist auf die große Anzahl vorgefertigter und vormontierter Module zurückzuführen, die die Zulieferer an der Montagelinie bereitstellen und die der Fahrzeughersteller nur noch endmontiert.

Zulieferer eines OEM sind Unternehmen, die Sachgüter oder ganze Module entwickeln und diese an den Automobilhersteller liefern und somit zum Entwicklungs- und Fertigungsprozess eines Automobils beitragen. Der Rang eines Zulieferers wird als eine Kombination des Begriffs „Tier“ (engl. Rang, Stufe) mit einer Ziffer beschrieben. Tier-1 benennt den direkten Zulieferer großer Module und Systeme. Tier-2 sind Lieferanten für Tier-1, d. h. sie liefern diesem Komponenten. Je nach Unternehmensstruktur können Systemlieferanten als Tier-1 die OEM beliefern, werden aber parallel auch von weiteren Unternehmensteilen, welche dann Tier-2 sind, beliefert. Ein Beispiel wäre dazu der Systemlieferant ZF Friedrichshafen AG.

Bild 2.3 zeigt eine Lieferantenpyramide mit den vorherrschenden Strukturen in der Automobilindustrie. An der Spitze der Pyramide findet man wenige große Tier-1-Zulieferer, im unteren Teil der Pyramide sind die Komponenten-, Teile- und Rohstofflieferanten positioniert.

Bild 2.3Lieferantenstrukturen (Quelle: [Schu09])

Die Lieferantenpyramide stellt dabei die Supply Chain idealisiert dar. Fahrzeuge werden von den Automobilherstellern nicht nur in einem Werk, sondern in verschiedenen Produktionsstätten gebaut. Diese Produktionsstätten bilden einen internationalen Produktionsverbund.

So kann ein Motor beispielsweise in Deutschland produziert, aber in Belgien in der Endmontage verbaut werden.

Nicht jedes Werk hat ein eigenes Presswerk. Meist ist es ein Presswerk, das mehrere Fahrzeugwerke mit den nötigen Blechteilen versorgt.

Auch werden an den wenigsten Standorten der Automobilhersteller noch eigenständig Motorblöcke gegossen. Diese werden sehr oft zentral von Zulieferern produziert und an mehrere Produktionsstätten geliefert.

Je nach Fertigungstiefe eines OEM findet man an Produktionsstätten vornehmlich die Lackierung und die Endmontage von Kraftfahrzeugen. Um die schnelle Anlieferung von Baugruppen und Teilen zu gewährleisten, werden neben den Produktionsstandorten Industrieparks erbaut, in denen sich fast ausschließlich die Zulieferer der jeweiligen Produktionswerke niederlassen. So siedelte sich SEAT bereits 1950 im Industriepark Martorell in Barcelona an, die Zulieferer folgten. Neue Produktionswerke werden mittlerweile mit Industrieparks erbaut. Dieses ermöglicht den Automobilherstellern ihre Zulieferer in unmittelbarer Nachbarschaft anzusiedeln.

2.4.2 Warum fordern OEM ein SCM-System?

Die Automobilindustrie und damit auch ihre Zulieferer werden mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert aus denen sich Forderungen der Automobilhersteller an ihre Zulieferer ergeben. Wettbewerbsdruck entsteht durch Herausforderungen wie:

Kürzere Produktentwicklungszeiten

Steigende Varianten- und Modellvielfalt aufgrund zunehmender Kundenanforderungen

Weltweite Beschaffung und Produktion

Dieser Wettbewerbsdruck wurde in den letzten Jahren von Seiten der Automobilhersteller vorangetrieben. Es war das Ziel der Hersteller, Zulieferer zu Systemlieferanten zu entwickeln, weg von Teilelieferanten und viel mehr hin zu Modullieferanten. Tier-1-Modul- oder -System-Zulieferer übernehmen hier die vormals vom Hersteller gesteuerte vorgelagerte Wertschöpfungskette und somit die Rolle als Koordinator.

Großer Treiber dieser Entwicklung war José Ignacio López, Vice President von General Motors in Detroit. Er zwang die Automobilzulieferer in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts dazu, immer mehr Zugeständnisse zu machen. Der Begriff „Lopez-Effekt“ gilt heute als Synonym für billige und oft mangelhafte Bauteile unter anderem als Ergebnis der unter López ausgehandelten Verträge mit Zulieferbetrieben. Die Chancen, die Lopez damit den Zulieferern eröffnete, wurden dabei vielfach nicht gesehen.

Eine große Herausforderung für KMU ist das Ansteigen der Finanzierungserfordernisse, was zu Zuliefererinsolvenzen und damit einhergehend zu einer Marktbereinigung führt. Automobilhersteller fordern „lokale“ Produktionsstandorte der Zulieferer, die Entwicklung und Forschung wird an die Zulieferer weitergegeben und die Produktionszyklen verkürzen sich immer weiter. Aus den genannten Aspekten ergibt sich ein immerwährender Kostendruck für KMU. Die Automobilhersteller verstärken diesen Kostendruck auf ihre Zulieferer noch zusätzlich, indem sie Preissenkungen weitergeben, was eine starke Abhängigkeit erzeugt.

Entwicklung und Variantenvielfalt der von den Herstellern geforderten Produkte sowie Flexibilität erfordern eine Vielzahl von Schnittstellen und stellen hohe Anforderungen an die Logistiksysteme der Automobilzulieferer – was schlussendlich mit Einführung eines softwarebasierten Supply Chain Managements auch einen Kostenanstieg für Automotive-KMU bedeutet.

Bild 2.4 zeigt die weitere Desintegration der Wertschöpfungskette bei Automobilherstellern am Beispiel Interieur auf.

Bild 2.4Desintegration in der automobilen Wertschöpfung (Quelle: [Scho15])

Um diese Herausforderungen umzusetzen, fordern Automobilhersteller von ihren Zulieferern, egal welcher Größe, ein funktionierendes SCM-System als Zusatz-Tool zu einer vorhandenen ERP-Lösung.

Ohne ein funktionierendes SCM-System, ist es heutzutage schwierig, die Automobilhersteller als Zulieferer zu beliefern. Zunehmende Kundenanforderungen an Varianten- und Modellvielfalt führten zu einer steigenden Komplexität der Entwicklungs- und Produktionsaufgaben beim Automobilhersteller. Darauf reagierten die Automobilhersteller mit der verstärkten Modularisierung von Fertigungseinheiten. Die Entwicklung und Montage ganzer Module, wie zum Beispiel das Interieur, wurde an Zulieferer übergeben. Das gesamte Zulieferersystem wurde restrukturiert und es kam zu einem Wandel vom Teilelieferanten zum Systemintegrator bzw. Tier-1-Lieferanten. Die Anzahl von KMU als direktem Zulieferer wurde stark reduziert. Konsequenz ist, dass KMU sich eher auf der zweiten oder dritten Lieferantenebene befinden und nicht mehr direkt an die Automobilhersteller, sondern an Tier-1- oder Tier-2-Lieferanten liefern.

Tier-1-Lieferanten sind Bestandteile eines komplexen Netzwerkes der Automobilindustrie und geben KMU als Sublieferanten die Chance in diesem Geflecht zu bestehen.

Ohne die geforderten Systeme ist es heutzutage fast unmöglich, in diesem komplexen Netzwerk die Automobilhersteller zu beliefern. Die Risiken liegen auf der Hand, das Angebot auf dem globalen Markt ist groß und es kommt zu einem starken Konkurrenzdruck zwischen Sublieferanten. KMU sind aufgrund der entstehenden hohen Kosten und beschränkten Ressourcen oftmals nicht in der Lage, die geforderten Systeme zu implementieren.

Es gibt allerdings auch Ausnahmen oder Alternativen: So kann es bei Zulieferern mit einem Alleinstellungsmerkmal oder einem Nischenprodukt durchaus möglich sein, dass Automobilhersteller Tier-1-Lieferanten unterstützen und alternative Anbindungsmethoden an eigene Systeme anbieten. Ein Beispiel hierfür ist die Anbindung an OEM-Systeme mit webEDI für Lieferanten mit geringem Volumen. WebEDI ist eine WWW-Schnittstelle für das Electronic Data Interchange-System. Es ermöglicht KMU, manuelle Eingaben in das von Großunternehmen vorgegebene Web-Portal einzugeben. Dies ist kein echtes EDI-System, es bietet aber KMU ohne eigenes EDI-System eine Möglichkeit, am EDI-Verfahren teilzunehmen und Daten in maschinenlesbarer Form zur automatisierten Verarbeitung zu übertragen. Die Verantwortung für die manuelle Eingabearbeit trägt das KMU. Bild 2.5 zeigt die Möglichkeiten einer Browser-basierten Cloud-Anwendung von SCM mit webEDI und EDI zur Optimierung und Automatisierung sämtlicher Einkaufsprozesse.

Bild 2.5SCM mit webEDI und EDI (In Anlehnung an Nicando Software Gmbh)

2.4.3 Wie wirken sich die Forderungen der OEM auf die Lieferantenstruktur aus?

Fusionen, Übernahmen und Unternehmensverkäufe

Noch im Jahre 1990 belieferten ca. 30 000 Zulieferer die Automobilhersteller. Heutzutage sind es noch ca. 2000 Zulieferer, darunter die weltweit größten: Bosch, Continental, Denseo, Magma, Hyundai Mobis, ZF Friedrichshafen. Diese Unternehmen sind keine KMU, sondern umsatzstarke Großunternehmen wie beispielsweise die ZF Friedrichshafen AG mit rund 30 Mrd. € Jahresumsatz. Durch Fokussierung auf Ihre Kernkompetenzen, strategische Firmenkäufe und Verkäufe bisheriger Unternehmensbestandteile wuchsen diese Unternehmen teilweise stark. So kaufte die ZF Friedrichshafen AG 2008 den bis dahin selbständigen Zulieferer Cherry und verschmolz diesen 2011 zu ZF-Electronics. Im Jahre 2015 erwarb ZF den Zulieferer TRW und verschmolz dieses Unternehmen zu ZF-TRW-Automotive. Im Jahre 2014 trennte sich ZF von ZF-Boge Elastmetall und verkaufte diesen Firmenbestandteil an das chinesische Unternehmen Zhuzhou Times New Material Technology. Der kanadisch-österreichische Konzern Magma kaufte 2015 den schwäbischen Getriebehersteller Getrag.

Dynamisches Umsatzwachstum, steigende Investitionsquote

Diese Dynamik spiegelt sich auch in der positiven Entwicklung der KMU wieder, wie eine Studie der IKB Deutsche Industriebank AG von Dezember 2015 zeigt. Das starke Wachstum mittelständischer Zulieferer lässt Bild 2.6 erkennen.

Bild 2.6Umsatzwachstum in der Zuliefererindustrie (Quelle: nach [IKB15])

Der kräftige Umsatzanstieg in Bild 2.7 spiegelt sich besonders in größeren KMU wider, wobei sich im Einzelfall auch Übernahmen und Verkäufe umsatzsteigernd ausgewirkt haben.

Bild 2.7Entwicklung der Zulieferer 2013 und 2014 im Bewegungsprofil (Quelle: nach [IKB15])

2.4.4 Einführung von SCM in Automotive-KMU

Die weltweite Erschließung neuer Märkte zwingt die Automobilzulieferer über Bereichs- und Unternehmensgrenzen hinweg, Prozessketten zu definieren, zu steuern und zu optimieren. Des Weiteren wird ein Supply Chain Management von den Automobilherstellern gefordert. Eine Zusammenarbeit wird hierdurch einerseits enger und komplexer, andereseits wird die Abhängigkeit der Automotive-KMU von den OEM größer. Aufgrund dieses Wandels ergeben sich neue Netzwerke zwischen Automobilherstellern und Tier-1-Zulieferern auf der einen und den weiteren Unterlieferanten Tier-2 bis Tier-n, welche sich ohne moderne Software-Lösungen nicht mehr steuern lassen, auf der anderen Seite.

2.4.4.1 Chancen bei der Einführung von SCM

Der Wandel der Automobilindustrie hat die Gegebenheiten für Automotive-KMU verändert. Durch die immer schneller voranschreitende Globalisierung verändern sich der Markt und die Produktionsstrukturen der globalen Hersteller in Richtung Mittel- und Osteuropa sowie in Richtung BRIC-Staaten.

Hersteller wollen eine schnelle und termingerechte Abwicklung der Bestellungen. Als Schlagwörter sind hier „Efficient Consumer Response (ECR), Just-in-time, Single Sourcing“ sowie die Qualifizierung von Systemlieferanten zu nennen. Mit einem funktionierenden Supply Chain Management kommt es zu einer Verkürzung der Durchlaufzeiten und, bezogen auf das Endprodukt, auch zu deutlich kürzeren Lieferzeiten.

Durch die Einführung von SCM lassen sich internationale Netzwerke aufbauen. Es entsteht der Zugang zur globalen Automotive-Branche, die einen größeren Absatzmarkt und die Chance auf Wachstum verspricht. SCM ist auch für kleine und mittlere Unternehmen von großer Bedeutung, denn die Supply Chain umfasst alle Wertschöpfungsstufen, beginnend bei der Rohstofferzeugung bis hin zum Endkunden. SCM besitzt die Möglichkeit, an den Schnittstellen im Netzwerk zwischen Unternehmen, Lieferanten und Kunden, die Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu steigern. Lagerkosten werden durch interne Abstimmung reduziert. Informationsflüsse werden im Unternehmen verbessert, wodurch Planungsfehler minimiert und in Folge die Produktion besser gesteuert werden kann. Durch diese Transparenz im Unternehmen bzw. in der gesamten Wertschöpfungskette kommt es zu weniger Über- und Unterproduktion, was sich positiv auf die Marktstellung des Unternehmens auswirkt und zugleich eine Wertsteigerung für das Unternehmen bedeuten kann. KMU treten dabei in den Wettbewerb mit Großunternehmen. Als Wettbewerbsvorteil der KMU gelten eine große Flexibilität sowie die Anpassungsfähigkeit an Kundenwünsche.

Automotive-KMU profitieren von SCM-Maßnahmen. In der empirischen Studie von Göpfert und Braun gaben Automobilzulieferer vorteilhafte SCM-Maßnahmen an, mit denen sie in mehr als der Hälfte der Fälle die Kosten im Unternehmen senken konnten. (Tabelle 2.1, Göpfert, u. a. Automobillogistik).

Durch den automatisierten Informationsaustausch zwischen Automobilhersteller und Zulieferer konnten beide Seiten Kosten reduzieren, sowohl auf der Zuliefererseite (in 65 % der Fälle) als auch auf der Seite der Automobilhersteller (in 72 % der Fälle).

Tabelle 2.1 Vorteilhafte SCM-Maßnahmen aus Sicht der Automobilzulieferer (Quelle: nach [GöBr17])

SCM-Maßnahmen

Häufigkeit der Kostensenkung beim Zulieferer

Häufigkeit der Kostensenkung beim Hersteller

Automatisierter Informationsaustausch

65 %

72 %

Gemeinsame Kapazitätsplanung

65 %

52 %

Pull-orientierte Produktion und Distribution

58 %

42 %

Übertragung der Distributionsverantwortung und des Eigentums an den Gütern auf den Hersteller

56 %

48 %

Verwendung desselben Datenformats

53 %

57 %

Des Weiteren können sich KMU-Netzwerke gemeinsam auf kundenspezifischen Nischenmärkten anbieten und Stärken nutzen. Aufgrund der Zusammenschlüsse zu Netzwerken ist es darüber hinaus möglich, weltweit auf dem Beschaffungsmarkt tätig zu werden. Durch diese enge Vernetzung im Supply Chain-Netzwerk und dem damit verbundenen Informationsaustausch der einzelnen KMU untereinander können Synergieeffekte entstehen. Letztere werden durch gemeinsame Forschung und Entwicklung oder die Nutzung von gemeinsamen Spediteuren und Lagern vorangetrieben.

Automotive-KMU sind heutzutage Leistungsträger für die Forschung, wodurch die überwiegende Zahl der Innovationen von der Zuliefererindustrie und nicht mehr von den Automobilherstellern selbst kommt. Zulieferer übernehmen große Anteile bei Entwicklung und Produktion. Zwangsläufig entsteht dabei eine hohe gegenseitige Abhängigkeit zwischen Zulieferer und Automobilisten.

2.4.4.2 Risiken bei der Einführung von SCM

Aufgrund der immer weiter voranschreitenden Internationalisierung ergeben sich auch erhebliche Risiken und Nachteile für KMU, die bei der Einführung von SCM zu bedenken sind. Zur Herstellung des jeweiligen Produktes sind Informations- und Materialflüsse zu pflegen, um termingerechte Produkte und Dienstleistungen sowie die Qualität und den Service, die vom Kunden erwartet werden, sicherzustellen. Ohne die entsprechende Kommunikation und Vernetzung gelingt diese Lieferkette nicht. Durch die hohe Spezialisierung, bei meist nur wenigen Abnehmern, machen sich Zulieferer sehr stark abhängig von den Automobilkonzernen. Bei einem Auftragsverlust z. B. durch geforderte Verlagerung der Produktion in Low-Cost-Länder, droht den betroffenen Unternehmen die Insolvenz.

Es werden immer mehr Werke in Asien und Südamerika gebaut, um die Märkte von nahegelegenen Produktionsstandorten zu bedienen. Aufträge für Zulieferer werden aufgrund der Globalisierung immer öfter weltweit ausgeschrieben. Mit diesen Forderungen, ebenfalls in neue Standorte zu investieren, steigen auch der Druck auf und das Risiko für den Zulieferer. Viele mittelständische Zulieferer können weder die geforderten Stückzahlen herstellen noch den Automobilherstellern ins Ausland folgen.

Immer weniger Automotive-KMU überleben den Preisdruck der Automobilhersteller. Der Forderung nach immer besserer Qualität der Teile und immer größeren Stückzahlen ist nicht jedes Unternehmen gewachsen. Des Weiteren bringen die weiter oben beschriebenen Stärken auch Risiken mit sich. So fordern die Automobilhersteller von den Zulieferern, dass immer mehr Innovationen von ihnen entwickelt werden und die Forschung übernommen wird. Forschungs- und Entwicklungskosten steigen hier enorm. Durch diese zu erbringenden Vorleistungen tragen KMU ein immer größeres unternehmerisches Risiko.

Die Einführung eines effektiven Supply Chain Managements erfordert von allen Beteiligten im Unternehmen einschneidende Veränderungen. Um den Informationsfluss im Netzwerk zwischen Lieferanten und Kunden zu verbessern, müssen alle Unternehmen im gemeinsamen Netzwerk miteinander verbunden werden. Für diese Vernetzung ist SCM-Software nötig. Dies kann mit Enterprise-Resource-Planning (ERP) realisiert werden.

Bei der Einführung von SCM-Software und -Lösungen für KMU ist darauf zu achten, dass die notwendigen Ressourcen in den Bereichen Personal, Fertigungskapazitäten und Finanzen vorhanden sind. Automobilhersteller drängen ihre Zulieferer in SCM-Systeme, deren Anforderungen das Unternehmen personell, wie auch finanziell nicht gewachsen sein können. Hintergrund ist die meist unzureichende Infrastruktur für die Einführung von SCM-Software.

Des Weiteren ist zu beachten, dass sich die Einführung von SCM-Software über mehrere Monate bis hin zu Jahren ziehen kann und Mitarbeiter in dieser Zeit hoch belastet werden. Bei der Auswahl der Software muss zum anderen noch auf die Amortisationszeit geachtet werden. Viele auf dem Markt verfügbaren SCM-Systeme eignen sich nicht für den Gebrauch in KMU und haben eine zu hohe Amortisationszeit. Die Kosten könnten dem KMU zum Verhängnis werden.

Die Einführung eines SCM verursacht erst einmal Kosten. Viele Prozesse und Strukturen müssen neu überdacht und/oder komplett hinterfragt werden. Dieses bedeutet Veränderungen für die Mitarbeiter im Unternehmen, ggf. Entlassungen oder Versetzungen. Es droht Demotivation, wenn die Veränderungsprozesse den Mitarbeitern nicht frühzeitig vermittelt werden. Die größten Hemmnisse für ein effektives Supply Chain Management sind besonders die unklaren Zielvorgaben des Netzwerks und ungeeignete Organisationsstrukturen. Grundsätzlich ist es schwer für KMU, sich im Netzwerk von Lieferanten und Kunden einzubinden. Zum einen erwartet das KMU die Bereitschaft des Herstellers zur Unterstützung, zum anderen besteht jedoch die Befürchtung, Innovationen und Informationen teilen zu müssen.

Wollen Automobilzulieferer ihre Position beim Automobilhersteller halten, so müssen sie den Forderungen der Automobilhersteller nachkommen und Risiken eingehen.

2.4.4.3 Ist für ein SCM-System ERP-Software notwendig?

Generell ist das Angebot von Software für die Anforderungen der Automobilindustrie nach ERP- und SCM-Tools auf dem Markt sehr groß, daher muss bei der Implementierung eines ERP-Systems auf die Anforderungen des Unternehmens geachtet werden. Als Grundlage für ein SCM-System ist die Einführung eines ERP-Systems erforderlich, was KMU heute vor große Herausforderungen stellt. Ziel der ERP-Einführung ist die Reduzierung von Verschwendung und damit Effektivitätssteigerung durch Steuerung und Überwachung betrieblicher Prozesse.

Die entstehenden Investitionen und jährlichen Folgekosten für ein ERP-System richten sich stark nach den Anforderungen an das ERP-System und sind unabhängig von der Unternehmensgröße. Es gibt verschiedene Möglichkeiten ein ERP-Tool im Unternehmen zu implementieren. Vergleichsweise sind ERP-Cloud-Lösungen und ERP-Web-Tools deutlich günstiger als Software-Tools, die lokal auf Rechnern in Unternehmen installiert werden. Grundsätzlich sind ERP-Systemlösungen für KMU kostengünstiger als für Großunternehmen. Großunternehmen haben andere Anforderungen an das ERP-System, möchten mehr Funktionen und Strukturen abbilden. So ist die geforderte Komplexität dieser Systeme bei Großunternehmen höher als bei KMU. Investitionen für Anschaffungen oder Kosten für Leasing solcher ERP-Lösungen sagen nichts über ein langfristiges Kosten-Nutzen-Verhältnis aus. So kann es sein, dass sich gerade KMU weiterentwickeln und wachsen und das ausgewählte System nicht mehr ausreichend für die Bedürfnisse ist. Die richtige Auswahl des Systems spielt bei den Ausgaben eine große Rolle und vermeidet unnötige Folgekosten.

Allgemein lassen sich die Forderungen nach einem funktionierenden SCM-System mit der auf dem Markt vorhandenen Software in KMU erfüllen, jedoch ist dabei das Kosten-Nutzen-Verhältnis in der Firmenbilanz der entsprechenden KMU zu prüfen und Vor- bzw. Nachteile sind abzuwägen. SCM- und ERP-Systeme sollen Unternehmen in ihren komplexen Geschäftsprozessen unterstützen und dadurch Wettbewerbsvorteile erzielen. Das gewählte System muss den Bedingungen eines mittelständischen Unternehmens bzgl. Investitionskraft, laufenden Kosten und Mitarbeiterbindung angepasst sein. Es sollte nicht sein, dass, aufgrund der Implementierung eines ERP-Systems mit SCM-Tool, ein KMU in die Insolvenz treibt. Implementierungen laufen in den seltensten Fällen reibungslos ab; sie kosten meist mehr als geplant.

2.4.5Standardgeschäftsprozesse mit SCM

Zulieferer funktionieren als Teile einer weltweiten Lieferkette. Sie stehen ihrerseits in einer Beziehung mit Sublieferanten und Automobilherstellern. Um eine störungsfreie Distribution von Rohstoffen und Waren über Sublieferanten und Produktionsstandorte bis hin zum Automobilhersteller sicherzustellen, sind Standardprozesse notwendig, die mit Hilfe von Software im Unternehmen abgebildet werden. Dabei führen die Verbindungen zwischen Automotive-Zulieferern, Lieferanten und Automobilherstellern zur Bildung komplexer Güterströme, die durch Enterprise Resource Planning-Systeme und integrierte, umfassende SCM-Software zu einer Einheit werden.

Durch den Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien ist die bedarfsgerechte Bereitstellung der planungsrelevanten Informationen gegeben. ERP-SCM-Systeme ermöglichen eine steuernde, kontrollierende und auswertende funktionsbereichsübergreifende Unterstützung sämtlicher in einem Unternehmen ablaufenden Geschäftsprozesse: Beschaffung, Produktion, Vertrieb, Logistik, Finanzen, Personal und Verwaltung.

Mit zunehmender Komplexität und Vernetzung der Unternehmen ist die alleinige Abbildung von internen Geschäftsprozessen durch ERP-Systeme nicht mehr ausreichend. Geschäftsprozesse müssen vielmehr unternehmensübergreifend geplant und gesteuert werden.

Der Fokus liegt dabei auf

durchgängiger Prozessunterstützung,

zwischenbetrieblichem Informationsaustausch durch standardisierte Komponenten und

internetbasierten Schnittstellen.

Informations- und Kommunikationsstandards, wie zum Bespiel EDI/EDIFACT, sind Schlüsselelemente in einer funktionierenden Supply Chain und ergänzen ERP-Systeme, Advanced Planning-Systeme (APS) und Softwaresysteme für die Modellierung und Lösung von SCM-Planungsproblemen.

APS-Systeme sind Anwendungssysteme, die darauf ausgerichtet sind, die Lösung von Planungsproblemen im Rahmen des SCM zu unterstützen. APS werden daher auch als SCM-Systeme bezeichnet und kommen zusätzlich zu klassischen ERP-Systemen im Unternehmen zum Einsatz. Sie integrieren die ERP-Systeme verschiedener Unternehmen entlang der Supply Chain und optimieren unternehmensübergreifende Geschäftsprozesse. Bild 2.8 zeigt die drei wichtigsten Enterprise-Applikationen für die Modellierung und Lösung von SCM-Planungsproblemen.

Bild 2.8Enterprise Applikation (Quelle: in Anlehnung an McCharthy)

ERP mit integrierten SCM-Lösungen helfen dabei, den Austausch von Geschäftsdaten und -transaktionen über Unternehmensgrenzen hinweg schnell, effizient und sicher zu organisieren.

2.5 Stellt die Automobilindustrie Netzwerke zur Verfügung?

Ein funktionierendes SCM setzt die Integration der Informationsverarbeitung zwischen den Unternehmen im Netzwerk der Supply Chain voraus. Dazu werden geeignete Schnittstellen zum Informationsaustausch zwischen den Automobilherstellern und Automobilzulieferern benötigt.

In der Automobilindustrie findet man verschiedene Lösungen für den Aufbau eines Netzwerkes zwischen Hersteller und Zulieferer. So bieten die Automobilhersteller ihren Zulieferern unterschiedliche Plattformen zur internetbasierten Anbindung an, z. B. Kapazitätsplaner, Kapazitätskontrolle, Datenbanken, Normen und Qualitätsdaten.

2.5.1 Electronic Data Interchange (EDI) Standard

Electronic Data Interchange (EDI) ist der Austausch von Geschäftsdokumenten in einem elektronischen Standardformat zwischen Geschäftspartnern. EDI ersetzt das Versenden von papierbasierten Geschäftsdokumenten und sogar Emails. Mit EDI lassen sich elektronisch Daten versenden und empfangen. In der Regel handelt es sich um Dokumente, die regelmäßig zwischen Lieferanten und Kunden ausgetauscht werden, wie zum Beispiel Bestellungen, Rechnungen und Bestandsunterlagen. Diese Dokumente müssen in einem besonderen Standard formatiert werden um die Verarbeitung mit dem Computer möglich zu machen.

Es gibt zurzeit mehrere EDI-Standards auf dem Markt: ANSI, EDIFACT und ebXML mit den unterschiedlichsten Versionen. Hier sind die Unternehmen gefordert, wenn sie EDI-Dokumente austauschen müssen, sich auf einen spezifischen EDI-Standard und eine bestimmte Version abzustimmen. Die Automobilindustrie verwendet EDI seit über 40 Jahren, um einen reibungslosen Ablauf zwischen Automobilhersteller und den Zulieferern zu gewähren. Just in Time (JIT) und Lean Produktion setzen EDI voraus.

2.5.2 Internetplattformen von OEM und Tier-1

General Motors, Ford und DaimlerChrysler gründeten im Jahre 2000 das Informationstechnologie-Unternehmen Covisint mit dem Ziel einer gemeinsamen elektronischen Einkaufsplattform. Die Zusammenarbeit wurde im Jahre 2004 beendet. Die Gründer haben Covisint an den Software-Anbieter Compuware abgegeben. Covisint schafft die Voraussetzungen für eine Verbindung und Zusammenarbeit mit allen Zulieferern weltweit – unabhängig von Standorten, Anbindungspräferenzen oder technischen Voraussetzungen. Komplexität und IT-Kosten werden durch Covisint reduziert und die Transparenz von Transaktionen wird verbessert. Zulieferer sind nicht mehr länger auf eine kostenintensive und ineffiziente Anbindungsmethode angewiesen.

Covisint verhilft Automobilherstellern und Automobilzulieferern zu signifikanten Kosteneinsparungen und erhöht gleichzeitig das Tempo der weltweiten Zusammenarbeit. Die Gründerunternehmen DaimlerChrysler und Ford sind heute noch Partner von Covisint [Covi17].

2.5.2.1 Das Netzwerk der Daimler AG

Das Lieferantenkooperationsmodell Daimler Supplier Network (DSN) ist die zentrale Software der Daimler AG für die Kommunikation mit ihren Lieferanten. Weltweit und fachbereichsübergreifend sind im DSN für alle Zulieferer relevante Informationen und Anwendungen hinterlegt. Sie finden u. a. Informationen über Einkauf, Produktion und Logistik.

Einkauf

Informationen über die Einkauforganisation sowie die Einkaufsbedingungen.

Produktion und Logistik

Datenkommunikation mit der Daimler AG – DFÜ Informationen

SIB – Supplier Information Board – Anlauf Informationen PKW

Worldwide Transportation – Dokumente für die Transportlogistik

Das Daimler-Lieferantenportal bietet einen öffentlichen und einen zugriffsgeschützten Bereich.

Öffentlicher Bereich

Im öffentlichen Bereich können Sie sich als neuer Lieferant für Daimler bewerben. Ebenso ist der Zugang zum Daimler Supplier Magazine Online möglich. Hier finden sie aktuelle Nachrichten aus den Daimler Einkaufsbereichen.

Geschützter Bereich

Mit User-Id und einem Passwort ist der zugriffsgeschützte Bereich zugänglich. Der Zugang zu persönlichen Daimler-Anwendungen und Nachrichten wird ermöglicht. Normen, Lieferbedingungen und Handbücher finden sie im Downloadbereich. Prozesse können sie über Anwendungen mit Daimler abwickeln. Verfügen Sie über eine Lieferantennummer der Daimler AG können sie sich kostenfrei registrieren.

Weitere Informationen unter: https://daimler.portal.covisint.com/de/web/portal

2.5.2.2 Das Netzwerk der Ford-Werke GmbH

Das Ford Supplier Portal (Ford Lieferantenportal)

Das Ford Supplier (Lieferanten) Portal enthält verschiedene zum Teil von Ford entwickelte Anwendungen. So umfasst das Angebot zum Beispiel ein „Global Packaging Portal“ (GPP), in welchem Lieferbedingungen zwischen Ford und dem jeweiligen Automobilzulieferer vereinbart werden. Weiter findet man Programme zur globalen Kapazitätsüberwachung „Global Capacity Planning“ (GCP), Fords webbasiertes Tool, um Anforderungen zur Kapazitätsplanung zwischen Ford und dem Lieferanten zu kommunizieren. „Analytic Warranty System“ (AWS) hilft Zulieferern, die eigene Qualität zu überwachen. Das Tool enthält Daten über alle Qualitätsdaten aus dem Feld.

Die EDI-Standards im Ford Konzern

Ford definiert für Zulieferer nur eine EDI-Schnittstelle basierend auf den in der Automobilindustrie verwendeten Standards und gibt die Datenformate VDA, EDIFACT oder ODETTE vor. Der Konzern bietet keine EDI-Lösungen an, sondern überlässt es dem Zulieferer, die beste EDI-Anwendung zu bestimmen. Die Wahl der richtigen EDI-Lösung hängt nicht nur von den Bedürfnissen, Standards und Verfahren ab, sondern auch von den Anbieter-Prozessen, IT-Standards und den geltenden Vorschriften im Unternehmen. Der Lieferant ist für die Auswahl, Implementierung und den Betrieb der EDI-Lösung auf seiner Seite vollständig verantwortlich.

Ford bietet Unternehmen mit geringen Volumen, die Möglichkeit eine Anbindung durch WebEDI. WebEDI unterstützt den Upload und Download von EDI-Daten mit Hilfe eines Webbrowsers. Allerdings begrenzt der Konzern diese Lösung auf Unternehmen mit Sitz außerhalb von Europa. Um die Web-Anwendung zu verwenden ist ein Covisint-Account notwendig. WebEDI kann als „Application“ im Ford Supplier Portal Covisint geladen werden.

Weitere Informationen unter: https://fsp.portal.covisint.com/web/portal/home

2.5.2.3 Das Netzwerk der Volkswagen AG

Die Online Plattform „VW Group Supply.com“

Die Volkswagen AG mit ihren Marken Volkswagen, SEAT, Škoda, Audi und Volkswagen Nutzfahrzeuge verwendet die Online Plattform „VW Group Supply.com“. Der Konzern hat die Plattform für seine Einkaufprozesse und die Steigerung qualifizierter Lieferantenprozesse im Jahre 2003 eingeführt.

Um die Bedürfnisse der einzelnen Marken über die gesamte Supply Chain zufrieden zu stellen, sind nicht nur die Zuverlässigkeit und das Verantwortungsbewusstsein der Zulieferer, sondern auch stabile und nachprüfbare Prozesse sowie eine partnerschaftliche Kommunikation erforderlich. Gerade in einem Zeitalter der wachsenden Globalisierung und der Erschließung neuer Märkte stellt dies für alle Beteiligten eine große Herausforderung dar. Die Volkswagen AG hat mit der Plattform ein Netzwerk für sich und seine Zulieferer geschaffen. Alle Beteiligten konnten durch die verbesserte Transparenz ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Die Plattform wird kontinuierlich weiterentwickelt, um die Zusammenarbeit zwischen Zulieferer und VW- Konzern zu optimieren.

So umfasst die Plattform verschiedene Online-Anwendungen, wie beispielsweise ein Bedarfsdaten-Management. Das Bedarfsdaten-Management bietet dem Zulieferer eine ständige Bedarfsvorschau auf Ebene der Fahrzeuge und Aggregate aller Marken des Volkswagen Konzernes. Dies bietet beiden Seiten eine höhere Planungssicherheit und zudem einen Einstieg in das Bedarfs-Kapazitäts-Management. Des Weiteren verfügt die Plattform über eine Online- Lieferantendatenbank, Möglichkeiten zu Online-Verhandlungen sowie Qualitätszahlen und -Daten.

Die EDI-Standards im Volkswagen Konzern

Volkswagen unterstützt den Belieferungsprozess für Produktionsmaterial, Ersatzteile und lagerhaltiges allgemeines Material mit EDI. Der Konzern versteht unter EDI den Austausch von strukturierten Geschäftsdaten (z. B. Lieferabrufe, Liefer- und Transportdaten, Gutschriften) und Produktdaten zwischen den Informationssystemen „Zulieferer“ und eigenen prozesssteuernden Systemen. EDI ist unverzichtbar für schlanke und effiziente Geschäftsprozesse bei Volkswagen. Der Großkonzern fordert von Zulieferern die integrierte EDI-Unterstützung des gesamten Logistikprozesses von der Liefervorschau bis zur finanziellen Regulierung.

Ebenso wie Ford stellt auch der Volkswagenkonzern für Zulieferer mit einem geringen Datenvolumen die internetbasierte Anwendung webEDI kostenlos zur Verfügung. Zugriff auf diese Applikation erhalten Zulieferer über die Business Plattform „VW Group Supply.com“. Die Volkswagen AG verpflichtet darüber hinaus ihre Lieferanten, den Empfang und die Verarbeitung von DFÜ-Daten, sowie das Senden von Lieferavisen sicherzustellen und zu kontrollieren.

Der Konzern weist ausdrücklich in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen und Lieferbestimmungen darauf hin, dass Kosten in Bezug auf Anbindung/Erweiterung neuer VDA-Standards nicht übernommen werden.

Weitere Informationen unter: http://www.vwgroupsupply.com/portal01/vw/pub

2.5.2.4 Beispiel: SCM für Automotives Tier-1-KMU zu OEM

Ein Automotive-KMU gehört zu einer internationalen Unternehmensgruppe. Mit mehr als 300 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehr als 60 Mio. gehört der mittelständische Standort zu den führenden Herstellern von Kunststoffkomponenten in der Automobilzulieferindustrie. Zu den Kunden gehören alle namhaften Automobilhersteller sowie deren Systemlieferanten weltweit.

Das Unternehmen verwendet das Enterprise Ressource Programm (ERP) der Firma Infor in der Version XPERT V4.1 (auch Automotive genannt).

Infor XPERT

Infor XPERT bzw. Automotive bildet ohne weiteren Anpassungsaufwand die Branchen-Standards wie EDI im VDA EDIFACT oder ODETTE ab. Tier-1-Zulieferer müssen sich mit ständigen Änderungen von Seiten der Automobilhersteller auseinandersetzen. Die Software Infor XPERT hilft den Zulieferern, Änderungen schnell und effizient nach ihren Vorstellungen umzusetzen.

Das Unternehmen verwendet die bereitgestellte direkte Anbindung an EDI für die Kommunikation mit dem Kunden. Es können Daten empfangen und versendet werden, Standardformate an eigene Anforderungen in allen logistischen Bereichen des Unternehmens konvertiert werden. Weitestgehend läuft die Kommunikation zwischen dem Zulieferer und den Automobilherstellern automatisiert und über die vorhandene Software ab.

Das Unternehmen hat sich im Jahre 2010 dazu entschieden, die für Zulieferer ausgelegte ERP-Software der Firma Infor, einzuführen, um die Prozesse im Unternehmen besser zu kontrollieren und zu steuern. Ziel war es, die alte Software abzulösen und Insellösungen im Unternehmen zu eliminieren. Die Software überzeugte das Unternehmen mit umfassender Funktionalität, gutem Service seitens des Softwareherstellers und einem optimalen Preis-Leistungsverhältnis. Die Software baut auf einer Standard-Software auf, musste aber in Teilbereichen an unternehmensspezifische Abläufe angepasst werden. Es gibt im Unternehmen mehr als 30 geschulte und ausgebildete Anwender der Software.

Infor Automotive ist speziell für die Automobilindustrie entwickelt worden. Das Ziel der Software ist es, Unternehmen (KMU) die Zusammenarbeit mit Lieferanten und Kunden zu vereinfachen und Innovationen voranzutreiben, die Kundenzufriedenheit und die Kundenbindung zu stärken, alle Kundenanforderungen zu verwalten, ohne die Belegschaft zu vergrößern, die Produktivität der vorhandenen Produktionsanlagen zu erhöhen und die Flexibilität zu steigern, um Planungen schnell anpassen zu können.

Weitere Informationen zu Infor unter: http://www.infor.de/

2.5.2.5 Beispiel SCM für Tier-n-KMU zu Tier-1-Systemlieferant

Ein Beispiel für SCM für Tier-n-KMU zu Tier-1-Systemlieferant ist die Firma BOSCH-Rexroth AG, die ihren Lieferanten eine Lieferantenplattform und ein Lieferantenhandbuch „Logistik“ zur Verfügung stellt.

Einkauf und Logistik

Die Lieferantenplattform stellt die Optimierung von Prozessen sowie den reibungslosen Gesamtablauf zwischen BOSCH-Rexroth und ihren Lieferanten sicher. Kosten- und Effizienzpotenziale werden gestärkt.

Informationslogistik

Kommunikation ist die Basis für eine funktionierende Lieferantenbeziehung. Wesentlich dafür sind:

eine rechtzeitige und unaufgeforderte Information bei Veränderungen zu allen die Lieferbeziehung betreffenden Sachverhalten (Vereinbarungen, Prozesse etc.),

die Einhaltung und Verfolgung getroffener Vereinbarungen.

Informationsübertragung

Die Informationsübertragung per EDI ist grundsätzliche Voraussetzung. Lieferanten verwenden EDI, um Informationen (z. B. Lieferabrufe) von BOSCH zu empfangen bzw. zu senden. Lieferanten ohne bestehende EDI-Anbindung an BOSCH müssen über einen abgestimmten Zeitplan sowie über abgestimmte Prozessschritte EDI einführen. Der EDI-Vertrag regelt die technischen Voraussetzungen und Nachrichtenformate.

Es werden zwei Arten von EDI unterschieden: klassisches EDI und webEDI

Klassisches EDI

BOSCH verwendet für die Übermittlung der Bestelldaten folgende Standardformate für Europa: VDA, ODETTE, EDIFact.

WebEDI

Das webEDI ist ein auf dem Internet basierendes Informationssystem für Lieferanten zur Kommunikation mit BOSCH (z. B. bei geringen Abrufvolumina oder fehlender Infrastruktur). Die Anwendung wird durch die SupplyOn AG (Internet: http://www.supplyon.com) bereitgestellt.

Weitere Informationen unter:

https://www.boschrexroth.com/de/de/home/einkauf-logistik

https://dc-de.resource.bosch.com/media/de/de/startpage_18/einkauf_und_logistik/lhl_v_3_0_de.pdf

2.6 Welche ERP-Systeme mit SCM-Tools eignen sich für KMU?

Automobilhersteller fordern von ihren Zulieferern ein SCM zur Reduzierung der eigenen Kosten und zur Vereinfachung des Dokumentenmanagements. SCM-Tools findet man heutzutage in der Industrie als Ergänzung zu ERP-Systemen und APS-Systemen. ERP-Systeme steuern die operativen Abläufe im Unternehmen. Die SCM-Tools bieten eine unternehmensübergreifende Steuerung der Geschäftsprozesse und bedienen sich hier der Daten aus den ERP-Systemen. Dabei haben KMU vielmals andere Anforderungen an ERP-Software mit ergänzenden SCM-Tools als Großunternehmen, wie zum Beispiel weltweit vernetzte Automobilhersteller oder Tier-1-Systemzulieferer. Allerdings gewinnen auch in KMU SCM-Tools immer mehr an Bedeutung, um langfristig erfolgreich am Markt agieren zu können.

Inzwischen existieren am Markt unterschiedlichste Software-Anbieter, die sowohl individuelle als auch Standardlösungen anbieten.

Grundsätzlich müssen die ERP-Systeme auf die Bedürfnisse des KMU angepasst sein, daher sollte die ERP-Software für KMU einfach bedienbar sein. Um eine passende ERP-Software für eine KMU zu ermitteln, ist zunächst eine Bedarfsanalyse im Unternehmen notwendig. Bei dieser Untersuchung muss geklärt werden, welche Geschäftsprozesse und Abläufe abgebildet werden sollen. Für die Anforderungen von Industrie 4.0, Internet der Dinge und digitale Vernetzung ist eine systemübergreifende Integration notwendig.

Zur Vorauswahl hat es sich in der Praxis bewährt, den Bedarf an ein ERP-SCM-System zunächst durch Fragen zu definieren.

Tabelle 2.2 Bedarfsermittlung

 1)

Wie hoch ist die Anzahl der Beschäftigten im Unternehmen?

 2)

Wie hoch ist der jährliche Umsatz?

 3)

Welche Anbindung (z. B ERP) fordern unsere Abnehmer (OEM, Tierr-n?

 4)

Verwenden wir bereits ein ERP –System?

a)

Ja, wir verwenden ERP-Standardsoftware (bspw. SAP, Oracle, etc.)

b)

Nein, aber die Einführung eines konkreten Produktes ist vorgesehen.

c)

Nein, wir verwenden eine ERP-Individualsoftware (eigens für unser Unternehmen programmiert)

 5)

Warum erfüllt das verwandte ERP-System nicht Kundenforderungen?

 6)

Beschreibung unseres ERP-Systems

a)

Wie heißt der Anbieter/Hersteller unseres ERP-Systems? (z. B. SAP, Oracle, etc.)

b)

Wie lautet die Bezeichnung des Systems (z. B. SAP R/3, etc.)

c)

Welche Version verwenden wir?

d)

Anzahl Nutzer (ca.)?

e)

Einführung im Jahr?

 7)

Geschieht der Informationsaustausch zwischen uns und unseren Abnehmer (OEM) (teilweise) automatisiert?

 8)

Welche Belieferung führen wir an unsere Abnehmer durch? (z. B. Just in Time)

 9)

Benutzen wir EDI zu unseren Kunden?

10)

Geschieht der Informationsaustausch zwischen uns und unseren Lieferanten (teilweise) automatisiert?

11)

Wie beliefern uns unsere Lieferanten? (z. B. Just in Time)

12)

Benutzen wir EDI zu unseren Lieferanten?

13)

Haben wir in unserem Unternehmen einen Systemoperator/Programmierer? Wenn „nein“

14)

Wollen wir einen Progrrammierer einstellen?

15)

Wollen wir einen kompletten Serice kaufen?

16)

Wo wollen wir die Netzwerkarchitektur zur Verfügung stellen?

a)

auf eigenen Rechnern?

b)

in der Cloud?

Sind alle Fragen beantwortet, kann mit ERP-SCM-Systemlieferanten gesprochen und ein individuelles Benchmark der einzelnen Anbieter und Systeme bedarfsgerecht durchgeführt werden.

Lassen Sie den Fragenkatalog von verschiedenen Mitarbeitern aus dem Unternehmen beantworten und fassen Sie die Ergebnisse zusammen. Somit erhalten Sie ein vollumfängliches Meinungsbild und fördern gleichzeitig die Akzeptanz für die Einführung eines SCM-Tools.

2.6.1 Supply-Chain via Cloud

Cloud Computing bedeutet, IT-Infrastrukturen über ein Rechnernetz zur Verfügung zu stellen, ohne dass diese auf dem lokalen Rechner installiert sein müssen. Die Struktur wird von unterschiedlichen Dienstleistern zur Verfügung gestellt. Die Nutzung dieser Struktur erfolgt über technische Schnittstellen und Protokolle sowie über Webbrowser. Infrastruktur, Plattformen und Software umfasst die Spannweite der Dienstleistungen. Cloud Services umfassen vor allem die Speicherung von Daten in der Cloud. Damit sollen Daten von überall erreichbar sein. Wenn die verschiedenen Teilnehmer unternehmensübergreifend Informationen weltweit ohne Verzug in dem Moment teilen können, in dem sie erzeugt werden, wird der Cloud Service zum zentralen Schlüsselfaktor für die Zusammenarbeit (Quelle: [tool16]).

Die Verbreitung von Cloud-basierten Anwendungen liegt in deutschen mittelständischen Unternehmen bei 44 %. Dabei geht die Nutzung von Web-Applikationen nicht mehr nur von Großunternehmen aus. Bei Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern liegt der Anteil bei 41 %, die Cloud-Lösungen einsetzen. Wo hingegen Firmen mit mehr als 100 Beschäftigten einen Nutzungsanteil von über 55 % verbuchen können. Neben gängigsten Anwendungen wie E-Mail und Kalender gehören ERP-Anwendungen, wie eSCM mit einem Anteil von 29 % zu den am zweithäufigsten genutzten Services aus der Cloud (Quelle: [Digi15]).