Das geheime Leben der Wörter - Wolfgang Seidel - E-Book

Das geheime Leben der Wörter E-Book

Wolfgang Seidel

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  • Herausgeber: Riva
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2019
Beschreibung

Jedes Wort hat seine eigene Geschichte. Kommt Ihnen das Deutsche auch manchmal spanisch vor? Kein Wunder! Wir alle kommunizieren schließlich Tag für Tag mit tausenden Wörtern, von denen wir weder die genaue Bedeutung noch ihre Herkunft kennen. Oder wissen Sie etwa, was Drogen mit Trockenheit zu tun haben, warum bei einem Bankrott Tische zerschlagen wurden, und dass der arme Schlucker mit Vornamen Philipp hieß? Ein aufschlussreiches und unterhaltsames Buch für alle, die wissen wollen, was hinter unseren Wörtern steckt. *Bei diesem Buch handelt es sich um eine überarbeitete Neuausgabe des bei dtv erschienenen Titels »Woher kommt das schwarze Schaf?«*

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Seitenzahl: 301

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Wolfgang Seidel

DAS GEHEIME LEBENDER WÖRTER

Wolfgang Seidel

DASGEHEIMELEBENDERWÖRTER

Warum Kirchenmäuse arm sind,was das Wort »Buch« bedeutetund wie Niesen mit Dämonen zusammenhängt

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Wichtiger Hinweis

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.

Originalausgabe

3. Auflage 2022

© 2019 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Dieses Buch ist eine überarbeitete Neuauflage des 2006 bei dtv erschienenen Titels Woher kommt das schwarze Schaf?

Umschlaggestaltung und Layout: Laura Osswald

Umschlagabbildung: shutterstock.com/Dmitrieva Katerina; shutterstock.com/tsaplia; shutterstock.com/masha_bushina; shutterstock.com/Vera Petruk; shutterstock.com/Canicula

Satz: Helmut Schaffer, Hofheim a. Ts.

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-7423-1110-8

ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-0749-8

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-0750-4

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.rivaverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

INHALT

VORWORT

IM ALLTAG

Personen- und Familiennamen

Bekannte Persönlichkeiten

Begriffe aus der Welt der Antike

Aberglaube in der Alltagssprache

UNSERE ÄLTESTEN WÖRTER

Die ältesten »Fremdwörter« im Deutschen

Wörter aus ausgestorbenen Sprachen

Wörter aus dem Urgermanischen

HIMMEL, SACK, ZEMENT! – AUSDRÜCKE UND LAUTMALEREI

Zwillingswörter

Drillinge und Vierlinge

Singsang und Klimbim

Lautmalende Wörter

FARBENLEHRE

Schwarz

Blau

Gold

Grün

Rot

Weiß

Grau

Gelb

Rosa

FREMDWÖRTER

Wörter aus europäischen Sprachen

Wörter aus dem Rotwelschen und Jiddischen

Wörter aus anderen Sprachen der Welt

GELD UND WIRTSCHAFT

Rund ums Geld

Grundbegriffe der Wirtschaft

Banken und Börsen

Im Berufsleben

ZEIT UND RAUM

Zeit und Datum

Die Namen der Monate

Die Namen der Tage

Orte und Richtungen

Maßeinheiten

KUNST UND KULTUR

Kulturelle Grundbegriffe

Literatur

Malerei und Architektur

Theater

Musik

Film

Medien

NATUR UND UMWELT

Pflanzennamen

Tiere

Steine

Wetter und Klima

WISSENSCHAFT UND TECHNIK

Die Namen der Zahlen

Alchimistensprache

Physik und Chemie

Technik

MENSCH UND MEDIZIN

Die Temperamentenlehre der Antike

Der Mensch beim Arzt

Gefühle

Der menschliche Körper

ESSEN UND TRINKEN

Grundbegriffe aus der Küche

Kulinarisches

Küchenlatein

Buon appetito – Die italienische Küche

Götterspeisen

Junkfood

SPORT UND FREIZEIT

Begriffe des Sports

Olympia

In der Freizeit

Urlaubsreif

ABKÜRZUNGEN

QUELLENANGABEN

VORWORT

Wörter fallen nicht vom Himmel. Sehr viele sind irgendwann irgendwo unter ganz konkreten Umständen entstanden oder sie haben einen ganz konkreten Inhalt, den man allerdings oft nicht mehr auf den ersten Blick erkennt.

Besonders anschaulich wird das bei Ausdrücken und Redewendungen wie »in Bausch und Bogen«, »Zeter und Mordio«, »Schwarzer Freitag«, »blauer Dunst« oder »Daumendrücken«. Beginnt man, diese Begriffe zu hinterfragen, stößt man nicht selten auf verblüffende Zusammenhänge und Geschichten wie etwa beim »Kassandraruf« oder bei »Obolus«, dem Trinkgeld für den Totenfährmann Charon. Und wer war eigentlich der »Mumpitz«? Und warum heißt in unserem Kalender der neunte Monat September, was im Lateinischen »der Siebte« bedeutet?

Sehr viele Wörter im Deutschen stammen aus anderen Sprachen. Erstaunlich wenige aus dem Englischen, dafür umso mehr aus dem Lateinischen, Französischen und einige sogar aus sehr alten, längst untergegangenen Sprachen wie dem Sumerischen oder Altägyptischen. Das geht von »Semmel« über »Papier« und »Eid« bis zu »Spinat«. Oftmals ist es interessant, den Weg eines Wortes aus einer alten und fremden Sprache zu verfolgen bis zu der Form, an die wir heute gewöhnt sind. Auch das sind Wortgeschichten im Sinne von Wortgeschichte: Die Wortform, wie wir sie heute kennen, ist entstanden – sie wurde nicht vor Urzeiten oder von Herrn Duden in Stein gemeißelt.

Die Fülle von Wörtern, die solche sehr anschaulichen Ursprünge haben, sind in diesem Buch locker zu Themen gruppiert, wodurch sich bisweilen erstaunliche Muster ergeben. So stößt man immer wieder auf Sachbegriffe, die sich von Personennamen ableiten: Das reicht vom »Nikotin« über »Röntgenstrahlen« und »Zeppelin« bis zu Pflanzennamen wie »Dahlie« oder »Forsythie«.

Wortgeschichten aus Wortgeschichte ergeben sich ferner aus der Bedeutungswandlung von Wörtern. So wurde aus der indischen Bezeichnung »Beryll« für einen durchsichtigen Halbedelstein unser Wort »Brille«, weil man in der Frühzeit des Brillenmachens, als man noch kein klares Glas für Linsen schmelzen konnte, dieses Material verwendete. Aus dem Lateinischen »carmen«, das nicht nur »Lied«, sondern auch »Zauberspruch« bedeutet, wurde das Wort für die bezaubernde Eigenschaft des »Charmes«, und ein so philosophischer Begriff wie »Sinn« hat die ursprüngliche Bedeutung von »eine Reise machen, einen Weg gehen«. Das mit diesem Wort eng verwandte »Gesinde« sind eigentlich die »Reisebegleiter«.

Schließlich lässt sich die Herkunft vieler Wörter auch ganz einfach erklären: Sie sind durch die stimmliche Nachahmung von Naturlauten entstanden. Dazu zählt weniger ein aus dem Comic geläufiges »Zisch«, wohl aber das »Zischen« selbst, genauso wie »blubbern« oder »knacken«. Konkrete Wortgeschichten, wie sie in diesem Buch überwiegend erzählt werden, gibt es dafür nicht.

Die thematische Gruppierung hat sich im Lauf der Arbeit an diesem Buch beinahe »wie von selbst« ergeben. Es ist allemal interessanter (und bereitet – hoffentlich! – mehr Vergnügen), Wortgeschichten in ihren Zusammenhängen zu lesen. Manchmal erschien es angezeigt, Wortgruppen alphabetisch abzuhandeln, aber das war nie zwingend. Wenn sich eine bestimmte Abfolge anbot, wurde auf sie zurückgegriffen. Bei der überwiegenden Zahl der Beispiele handelt es sich um Alltagsbegriffe, gängige Wörter unserer Umgangssprache. Fach- und Fremdwörter im engeren Sinn sollen hier nicht erklärt werden, das ergäbe eine Enzyklopädie. Es geht einfach um die Freude, Geschichte und Geschichten hinter den Wörtern zu entdecken und sich ein Bild zu machen von den vielfältigen Möglichkeiten, wie sie entstanden sind.

Großer Dank gebührt meinen Erstlesern Markus Bennemann, Kurt Vater sowie meinem Bruder Thomas Seidel, die sich schon früh über das Manuskript gebeugt und mir mit wertvollen Hinweisen und anregender Kritik beim Schreiben des Buches weitergeholfen haben.

WS

IM ALLTAG

ABKRATZEN bedeutete früher nicht sterben, sondern sich »mit einem Kratzfuß« verabschieden. Der Kratzfuß war ein höfisches Anstandsritual: eine rückwärtige Seitbewegung mit dem linken Fuß, verbunden mit einer Verbeugung. Damit verabschiedete man sich »untertänigst«.

ASTREIN ist eine Qualitätsbezeichnung für wertvolles Holz, das frei von Astlöchern ist.

CHARME Das Wort war im Franz. eng mit der Zauberkunst verknüpft; es stammt urspr. von lat. carmen, was »Lied, Gedicht«, aber auch »magisch-religiöse Formel« und eben »Zauberspruch« bedeutet. Für eine erfolgreiche Bezauberung durch Charme bedarf es also wohl auch einer geglückten Wortwahl.

DING »Sein Ding machen«, das »Dingsbums« und der »Dingsda« sind in der modernen Sprache allgegenwärtig. In sehr alter Zeit, bei den Germanen, war »Ding« (thing) zunächst ein Zeitbegriff: Zum thing – also zu einem festgesetzten Zeitpunkt – versammelte sich das Volk, um bspw. Recht zu sprechen, den Anführer zu bestimmen oder über einen Kriegszug zu entscheiden. Mit thing bezeichnete sich dann auch schon recht früh die Volksversammlung selbst. Noch heute heißt das dänische Parlament Folketing. Zuletzt erweiterte sich der Begriff auf die in der Versammlung zu behandelnde Angelegenheit. So wurde aus dem thing (also dem Termin) das »Ding«, nämlich der (beliebige) Gegenstand. Umgangssprachliche Wendungen des 19. Jh. wie »Dingsda« (beliebiger Ort oder beliebige Person) und »Dingsbums« (beliebige Sache) verstärkten diesen Trend zum Allgemeinbegriff. In der terminologisch exakten Rechtssprache ist das »dingliche Recht« ganz explizit das »Sachenrecht«, also die Rechtsvorschriften über Dinge im Sinne von Gegenständen.

EINTRICHTERN Der berühmte ›Nürnberger Trichter‹, auch ›Poetischer Trichter‹ war eine in Nürnberg 1647 erschienene Schrift von G. P. Harsdörffer, in der es darum ging, die »Teutsche Dicht- und Reimkunst … in sechs Stunden einzugießen«.

ELEND Das »Elend« ist das Ausland, die Fremde, das Exil. Im mittelalterlichen Dt. war der ellende einer, der »aus der Fremde, aus einem anderen Land kommt«, ein Verbannter. Elend, also außerhalb des Heimatlandes zu sein, bedeutete eben auch recht- und schutzlos zu sein.

ERZÄHLEN Auf die wortgeschichtliche Spur dieses Wortes kommt man, wenn man sich kurz die plattdeutsche Form ansieht: vertellen (das ist ja übrigens ganz nahe beim engl. to tell). Vertellen ist »verteilen«. Und zwar nichts anderes als: vergangene Ereignisse in der Zeit verteilen.

FIASKOFar fiasco (= eine Flasche machen) war ein Ausdruck venezianischer Glasbläser: Befanden sich Bläschen in der Schmelzmasse, so wurde nur eine einfache Flasche daraus gemacht, die für den alltäglichen Gebrauch genügte. Sollte das Glas hingegen kristallklar sein, konnte man sich ein Fiasko nicht leisten.

(aus dem) FF Qualitätsbezeichnung aus der Kaufmannssprache. f bedeutete »fein«, ff bedeutete »sehr fein«. Im übertragenen Sinne also: eine Sache in allen feinen Details beherrschen.

GROTESK Grotesken sind Decken- und Wandmalereien, die man in Grotten fand, daher nannte man sie ital. grotteschi. Unter diesen Grotten muss man sich hauptsächlich die höhlenartigen Kavernen antiker Ruinen vorstellen. Den Betrachtern erschienen sie zunächst fantastisch, seltsam oder merkwürdig verzerrt. Im Italien der Renaissance griff man die Groteskenmalerei nach antikem Vorbild als Wandverzierung wieder auf. Im Laufe des 18. Jh. löste sich der Begriff aus dem Zusammenhang der Malerei und wurde ein Synonym für »absonderlich, närrisch«.

HANEBÜCHEN Das Holz der Hainbuche bzw. Hagebuche (früher lautete das Wort hagebüchen) ist auffallend knorrig und derb. Wie das Gewächs so der hanebüchene Unsinn oder (früher) die hanebüchene Person.

KAPUTTCaput machen leitet sich vom Kartenspiel her. Das urspr. franz. Wort brachte zum Ausdruck, dass der Gegner keinen Stich mehr machen konnte. Er war für dieses Spiel erschlagen. Im 30-jährigen Krieg wurde caput machen zum Synonym für töten und zerstören.

KRAM bezeichnete urspr. im Nl. das Schutzdach aus Stoff oder Stroh, mit dem im Mittelalter die Verkaufsbuden überspannt waren, später die Verkaufsbuden selbst und schließlich die dort angebotenen Waren.

LAPPALIE kommt von »Lappen«. Studenten des 17. Jh., die aus akademischer Gewohnheit viel mit lat. Begriffen umgingen, versahen das Alltagswort aus Scherz mit der pseudogelehrten lat. Endung (Lappalia).

MAKABER In der Pestzeit des Spätmittelalters sind überall in Europa, vor allem aber in Frankreich, Totentanzdarstellungen mit schaurigen Gerippen entstanden. Diese heißen auf Franz. danse macabre.

MARODE Der maraud ist im Franz. der umherziehende Bettler, der Vagabund.

MASKOTTCHEN Obwohl erst im 20. Jh. aus dem gleichbedeutenden franz. Wort mascotte für den Glücksbringer entlehnt, reicht die Geschichte dieses Wortes sehr weit zurück. Vorläufer ist das provenzalische Wort für Hexe (masca). Damit ist man bei Maske, einem der ältesten Wörter, das aus einer vor-ie. Sprache stammt.

MUMPITZ Der Mombotz war im oberhessischen Dialekt eine Schreckgestalt, ein Schreckgespenst. Gemeint war der vermummte (mom) Kobold (botz). Botz ist übrigens verwandt mit »Gott«, womit allerdings heidnische Götter gemeint waren, die bis weit ins Mittelalter als Gespenster in den Vorstellungen der Menschen ihr Unwesen trieben. Aus diesem Zusammenhang stammt auch das Wort »Butzemann«, der Kinderschreck aus dem bekannten Kinderlied. Der »Mombotz« oder »Mummelputz« (Vogelscheuche) wurde im 19. Jh. in Berliner Börsenkreisen zum »Mumpitz« als Ausdruck für Schwindel und Unsinn.

MURKS Das untergegangene Verb murken bedeutete »zerdrücken, ermorden« (abmurksen). Ein Murk war ein »Brocken, ein abgebrochenes Stück«, ein Murkel ein zurückgebliebener Mensch.

OHRFEIGE hat nichts mit einer Feige zu tun, sondern kommt aus dem nl. vegen für »fegen, wischen, quetschen«. Hier wird also über das Ohr gefegt. Kurioserweise kennen unsere nl. Nachbarn weitere Wörter dieser Art und mit eben dieser Bedeutung: dachtel (Dattel) ist ebenfalls ein Wangenschlag und muilpeer (Maulbirne) bedarf nun auch keiner weiteren Erklärung.

PAUSCHAL In der Redewendung »in Bausch und Bogen« schrieb man früher »Bausch« gelegentlich auch als Pausch. Dieses Wort wurde in der österreichischen Kanzleisprache der Barockzeit latinisiert zu pauschalis mit der Bedeutung »insgesamt genommen«. Aus pauschalis entwickelte sich auch in der Kaufmannssprache des 19. Jh. die »Pauschale«.

QUATSCH war im Norddt. der matschige, nasse Straßenkot.

SACHE Die »Sache« ist, ähnlich wie das »Ding«, wortgeschichtlich eng verknüpft mit der Rechtssprache. Unter der Sache verstand man lange Zeit nur die Rechtssache, den Rechtsstreit (im Lat. causa). Schon im Althdt. bedeutet sahhan »streiten, prozessieren, schelten«. Formelhaft kennt man auch im Prozessrecht die Wendungen »in Sachen Müller gegen Maier« und »Zur Sache!«; in diesen Zusammenhang gehört schließlich der Begriff »Widersacher«. So wird auch die Begriffserweiterung zu »sachlich« nachvollziehbar: Ein sachliches Argument ist ein vernünftig begründetes Argument (der lat. Begriff causa heißt in der Hauptbedeutung »Grund«).

SINN »Das macht Sinn« (= das ist vernünftig): Der zwischenzeitlich ins Philosophische (»Sinnfrage«) abgedriftete Begriff ist heute in der Alltagssprache wieder ganz gegenwärtig. Sinn und Sinnlichkeit, Denken und Wahrnehmung gehören bei diesem Wort aufs Engste zusammen, wie es in der Wendung »seine fünf Sinne beisammenhaben« zum Ausdruck kommt. Diese Bedeutungsbreite stammt aus vorgermanischer Zeit: Die Wortwurzel sent bedeutet »eine Richtung einschlagen«, »einen Weg gehen«, »reisen«. Diese urspr. Wortbedeutung ist noch lebendig in »Gesinde« (eigentlich: Reisebegleiter) und dem schwer übersetzbaren engl. Wort sentinel, einem Wachposten an einem bestimmten Streckenabschnitt.

Wie kommt der Begriff vom »reisen« nun zur Philosophie? Der Wortgeschichte nach war das »Sinnen« die bewusste Wahrnehmung der Umgebung beim Gehen, als sinnlicher Akt des Sehens, Riechens, Fühlens. Um sich leichter an diese Wahrnehmung zu erinnern und sie anderen mitteilen zu können, versah man das Ding oder den Vorgang mit einem »Wort« – also ein intellektueller Vorgang und somit ein Denkprozess. Das Wort »begreifen« veranschaulicht mit seinem Doppelsinn von »anfühlen« und »sich einen Begriff machen, verstehen« ebenfalls den Zusammenhang zwischen sinnlichem Wahrnehmen und intellektuellem Verständnis. Das Mittel hierzu sind »Wörter«.

SKANDAL Griech. skándalon bezeichnete urspr. das Holzstück, mit dem der verdeckte Auslösemechanismus einer Tierfalle angestoßen wurde. Dieses Anstoßen entwickelte sich beim Skandal zum Anstößigen: So wurde das Wort im kirchlichen Bereich jahrhundertelang im übertragenen Sinne verwendet; das scandalum (lat.) waren hier natürlich die Lockungen und Versuchungen des Bösen.

SKRUPEL Lat. scrupuli sind »spitze Steinchen«. Übertragen wurde das Wort auf die stechenden, lästigen Gefühle peinigender Zweifel und Gewissensbisse. Im Dt. wird der Begriff häufig negativ gebraucht: Skrupellos sein bedeutet, keine scrupuli zu spüren. Positiv hingegen das etwas veraltete Wort »skrupulös«, das so viel wie »äußerst sorgfältig«, »peinlich genau« und »vorsichtig« bedeutet.

UNVERFROREN kommt weder von »frieren« noch von »kaltblütig«, sondern von vare: Dieses alte Wort ist noch in »Gefahr« und »Fährnis« lebendig. Wer keine Gefahr fürchtet, also unerschrocken handelt, ist unverfroren.

VERHUNZEN leitet sich vom früher gebräuchlichen Verb hunzen ab, das ähnlich gebildet wurde wie »siezen« und »duzen« und das nichts anderes bedeutete als »wie einen Hund behandeln, verächtlich behandeln, misshandeln«. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit galten Hunde als besonders verabscheuungswürdig. Zahllose Wortverbindungen und Redewendungen belegen dies.

PERSONEN- UND FAMILIENNAMEN

DIE FAMILIE

Die Verwandtschaftsbezeichnungen Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Tochter gehören wie die Zahlwörter zu den gemeinsamen Klassikern der indoeuropäischen Sprachfamilie: Sie sind in allen diesen Sprachen sehr ähnlich. (Bspw.: dt: Vater, althdt.: fater, engl.: father, schwed.: fader, altind.: pitár, griech.: patér, lat.: pater und davon abgeleitet: ital./span.: padre, franz.: père.)

In älteren Texten, vor allem in Märchen, begegnen uns noch Verwandtschaftsbezeichnungen, die uns heute nicht mehr geläufig sind, die aber das Verwandtschaftsverhältnis sehr genau angeben.

Eidam

Ehemann der Tochter

Muhme

Schwester der Mutter

Oheim, Ohm

Bruder der Mutter, also ein Onkel mütterlicherseits

Vetter

Bruder des Vaters, also ein Onkel väterlicherseits

Schnur

Schwiegertochter, Frau des Sohnes

Schwäher

Schwiegervater

Schwieger

Schwiegermutter

Schwertmage

Verwandte(r) von der väterlichen Seite

Spillmage

Verwandter von der mütterlichen Seite

FAMILIENNAMEN, DIE BERUFSNAMEN WAREN

Die Zweinamigkeit entstand aus dem Bedürfnis nach genauerer Unterscheidung gleichnamiger Personen, oft im Zusammenhang mit erbrechtlichen Urkunden. Zunamen entstanden aus allen möglichen Umständen: nach der Herkunft (z. B. »Böhm«), aus besonderen körperlichen Merkmalen (z. B. »Lang«), wiederum aus Vornamen (z. B. »Hensel« von Johannes) und sehr oft aus Berufsbezeichnungen. Von diesen sind einige selbsterklärend:

Ackermann, Bauer, Bäcker/Beck, Fischer, Fuhrmann, Gärtner, Geiger, Hauptmann, Kaufmann, Koch, Köhler, Kramer/Krämer/Kremer, Metzger, Müller, Pfeifer, Sattler, Schäfer, Schmied/Schmidt, Schreiber, Schreiner (rheinisch: Schreinemaker), Schuster, Seiler, Steinmetz, Vogt, Weber, Zöller/Zöllner.

Weniger selbst-»verständlich« sind dagegen Familiennamen, in denen sich frühere Berufsbezeichnungen erhalten haben. Meist sind die Berufe durch die Veränderung der technischen und sozialen Umwelt einfach ausgestorben. Nur die Wörter, mit denen sie bezeichnet wurden, haben sich als Familiennamen erhalten:

PERSONENNAMEN, DIE ZU BEGRIFFEN WURDEN

BOYKOTT Charles Cunningham Boycott (1832–1897) war ein Gutsverwalter, der im Auftrag des adligen Landherrn Lord Erne die Pächter von dessen irischen Gütern in der Grafschaft Mayo (Nordwestirland) mit einer Meute Desparados gnadenlos terrorisierte. Irland wurde in jener Zeit wegen der Kartoffelfäule von Hungersnöten heimgesucht, aber Pachtzinserleichterung wurde von Boycott nicht gewährt. Daher wurde über ihn 1880 von der irischen Landbevölkerung ein Bann verhängt. Die Menschen weigerten sich geschlossen, für ihn zu arbeiten.

CHAUVINIST Chauvin ist der Name einer Figur auf franz. Lithografien und einer daraus entwickelten Figur eines seinerzeit (1831) populären franz. Lustspiels. Dieser Chauvin ist ein junger Soldat, der Kaiser Napoleon in blinder Gefolgschaft ergeben ist. Er verkörpert alles, was den Chauvinismus ausmacht: Übersteigerter Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit und Missachtung der Rechte und Würde anderer.

GOBELIN Eine der bedeutendsten europäischen Bildwirkereiwerkstätten, die französische königliche Manufaktur (gegründet 1662) wurde im Haus der Färberfamilie Gobelin in Paris eingerichtet. Wandteppiche gehörten in Europa seit der byzantinischen Zeit zur gehobenen Raumausstattung. Da ihre Herstellung außerordentlich aufwendig und teuer war, galten sie früher als wertvollste Kunstwerke – noch vor den Gemälden. Bedeutende Künstler (Raffael, Rubens) haben Vorlagen für die Bildteppiche geliefert.

GUILLOTINE Der franz. Arzt J. I. Guillotin (1738–1814) entwickelte das Fallbeil als schnelles, sicheres und »humaneres« Instrument zur Vollstreckung von Todesurteilen. Das bis dahin übliche Hängen, Würgen und Kopfabschlagen mit Beil oder Schwert galt als vergleichsweise langsam, unsicher und qualvoll.

HIOBSBOTSCHAFT Hiob »war ein Mann im Lande Uz. … Er war untadelig und rechtschaffen, fürchtete Gott und mied das Böse«. Aber leider erhält er eine Unglücksnachricht nach der anderen (Hiob 1, 14–19): Überfälle, Rinderdiebstahl, Kameldiebstahl, Sturm und Feuersbrünste und viele Tote. Natürlich fragt dieser gottesfürchtige Mann in seinen anschließenden Reden nach der Gerechtigkeit Gottes. Heute noch erinnert man sich im Zusammenhang mit vielen »schlechten Nachrichten« an Hiob.

LAKONISCHlakonikós ist ein griechisches Adjektiv und bedeutet: nach Art der Lakedämonier. Die Lakedämonier waren die Bewohner von Sparta. So sprichwörtlich spartanisch wie ihre Lebensweise war angeblich ihre Art zu sprechen: einfach und kurz angebunden.

LITFASS(SÄULE) E. Litfaß (1816–1874) war ein Berliner Drucker, der mit dem Berliner Polizeipräsidenten einen Vertrag über »öffentlichen Zettelaushang« an Säulen und Brunneneinfassungen aushandelte und am 1. Juli 1855 die erste Litfaßsäule aufstellte.

LYNCHEN Der amerikanische Farmer und Friedensrichter Charles Lynch (gest. 1796) soll eigenmächtig ohne ordentliches Gerichtsverfahren einen Verdächtigen zum Tode verurteilt haben.

MANSARDE Jules Hardouin-Mansart (1646–1708) war der Vollender des Schlossbaus von Versailles, einer der wenigen epochalen Leistungen in der Architekturgeschichte. Er verwendete bei seinen Bauten häufig gebrochene Giebeldächer, um den darunterliegenden Dachraum zum Wohnen nutzen zu können.

NIKOTIN Der franz. Diplomat J. Nicot (1530–1600) lernte als Gesandter in Portugal die Tabakpflanze kennen und sandte Proben davon 1560 nach Frankreich.

SADISMUS Donatien-Alphonse-François de Sade (1740–1814) verbrachte einen großen Teil seines Erwachsenenlebens im Gefängnis, zuletzt in einer Irrenanstalt wegen sexueller Vergehen. Überwiegend in der Haft verfasste er sein literarisches Werk größtenteils erotischen Charakters, in dem Lust- empfinden durch zynische und verbrecherische Grausamkeit eine große Rolle spielt. Der Begriff Sadismus wurde Ende des 19. Jh. durch den Psychiater Richard Krafft-Ebing aus dem Franz. ins Dt. eingeführt.

SAXOPHON Adolphe Sax (1814–1894) arbeitete als Instrumentenbauer an Verbesserungen der Klarinette und erfand dabei das Blasinstrument mit Klarinettenmundstück, das nach ihm benannt ist.

SCHRAPNELL General H. Shrapnel (1761–1842) erfand das Artilleriegeschoss, das mit einer großen Zahl von Bleikugeln gefüllt ist. Es zerplatzt durch einen Zündmechanismus kurz vor dem Ziel, wodurch die Bleikugeln eine verheerende Streuwirkung erreichen.

SILHOUETTE Étienne de Silhouette (1709–1767) beförderte als sparsamer Finanzminister Ludwigs XV. das Aufkommen der Schattenrisse anstelle teurer Miniaturporträts.

VERBALLHORNEN Johann Ballhorn (1528–1603) war ein Lübecker Buchdrucker, bei dem 1586 eine fehlerhaft bearbeitete Ausgabe des Lübischen Rechts erschien.

DER HÄUFIGSTE EUROPÄISCHE FAMILIENNAME:SCHMIDT

Ital.: Ferrero, Ferrari, Ferraro

Franz.: Lefèvre, Fèvre, Favre, Fabre, Faure

Span.: Ferrer, Herrero

Kroat.: Kovac, Kovek, Kovev

Poln.: Kowalski, Kowalczyk

Engl.: Smith

Skan.: Smed

BEKANNTE PERSÖNLICHKEITEN

ARMER SCHLUCKER Dies war ein Wiener Maurer namens Philipp Schlucker, der von Maria Theresia den Auftrag erhielt, den Wiener Tiergarten mit einer festen Mauer zu umgeben. Der dafür vereinbarte Lohn war allerdings sehr gering.

EIGENBRÖTLER ist keiner, der etwa im eigenen Saft brodelt. Als Eigenbrötler pflegte man um 1800 einen Junggesellen mit eigenem Hausstand zu bezeichnen, der sich sein Brot selbst buk.

FRAUENZIMMER Hofdamen am österreichischen Kaiserhof der Barockzeit. Anders als am frivolen Hof des Sonnenkönigs in Versailles ging es am Kaiserhof der katholischen Habsburger Ferdinand II. und Ferdinand III. in Wien bei weitem sittenstrenger zu. Die Damen des Hofstaats der Kaiserin blieben keine Sekunde unbeaufsichtigt. Nachts wurden die Türen des Traktes in der Hofburg, wo sich die Frauenzimmer befanden, von außen abgeschlossen. »Frauenzimmer« ist nicht der einzige Fall, bei dem ein Ortsbegriff zu einer Personenbezeichnung wurde. Bei den »Lobbyisten« war es ganz ähnlich.

GREIS Ein Greis ist wortgeschichtlich nichts anderes als ein grauhaariger Mann. Das alt- und mittelhdt. Wort für »grau« war gris.

GRIESGRAMGrisgramen bedeutete im Mittelalter: Zähneknirschen. Da mürrische Menschen dies oft tun, sind sie »Zähneknirscher«.

HEISSSPORN von August Wilhelm Schlegel um 1800 in seiner Übersetzung des Wortes hotspur aus Shakespeares ›Heinrich IV.‹ geprägt.

IDIOT Das griech. Wort bezeichnet wertneutral eine »Privatperson«, einen Menschen aus dem Volk, der ungebildet ist – vergleichbar mit dem heutigen »Laien«. Nach seiner Einbürgerung ins Deutsche seit dem 16. Jh. gewann das Wort über die Bedeutung »Stümper« zunehmend den Inhalt »Schwachsinniger«.

JAMMERLAPPEN ist eigentlich keine Person, sondern ein Tuch zum Abwischen der Tränen.

KOBOLD Gutmütige, allenfalls schelmische Hausgeister waren in der Vorstellungswelt der voraufklärerischen Menschen allgegenwärtig. Die berühmten Heinzelmännchen sind ihre engen Verwandten. Kobold setzt sich zusammen aus Koben, das ist eine bescheidene Hütte oder ein Gemach, und -hold, das ist ein altes Wort mit breitem Bedeutungsspektrum von »Freund« bis »Diener«.

DIE OBEREN ZEHNTAUSEND Die Begriffsprägung stammt von Lord Byron in seinem ›Don Juan‹.

PIEFKE Besonders häufiger Familienname in Berlin.

SCHARLATAN bedeutet urspr.: Einwohner von Cerreto (einem Ort nahe Spoleto in Umbrien). Diese Cerretaner waren im 17. Jh. bekannt als marktschreierische Verkäufer von Heilkräutern und sind bis nach Frankreich (charlatan) geradezu sprichwörtlich geworden. Marktschreierei, Kurpfuscherei, Quacksalberei, Schwindelei: Alles ist in Scharlatanerie.

SCHLAWINER kommt von: Slowene. Slowenen galten im k.u.k. Österreich als besonders gerissene Geschäftemacher. Wegen der noch größeren lautlichen Nähe könnte diesem Wort auch »Slawonier« zugrunde liegen, der Name einer Volksgruppe im Slowenien benachbarten Ostteil Kroatiens.

SNOB Man deutet dieses Wort im Allgemeinen als Abkürzung von sine nobilitate, was in England in den Listen der Universitätscolleges angeblich hinter den Namen derjenigen Studenten vermerkt worden sein soll, die nicht adliger Herkunft waren. Wer dabei allerdings auf wen leicht blasiert herabsah, bleibt damit immer noch offen.

BEKANNTE PERSÖNLICHKEITEN,VON DENEN ÖFTER MAL DIE REDE IST

Nur ausnahmsweise handelt es sich bei diesen »Bekannten« um ganz konkrete Figuren. Im Allgemeinen werden Wörter wie -mann oder ehemals sehr weit verbreitete Vornamen wie Emma, Hans, Peter oder die Familiennamen Müller, Meier, Berger mit einer bestimmten typisierenden Eigenschaft verbunden.

EIN ZOO GANZ BESONDERER ART …

… sind die nachstehenden Verbindungen eines Sachbegriffs oder Adjektivs mit einem Tiernamen. Sie bezeichnen ebenfalls immer einen bestimmten Typ von Mensch. Nicht in jedem Fall lassen sich Erklärungen für ihr Zustandekommen finden.

BEGRIFFE AUS DER WELT DER ANTIKE

ACHILLESFERSE Achilles, Held der trojanischen Sage, war als Säugling im Styx gebadet und dadurch unverwundbar geworden. Nur seine Fersen, an denen seine Mutter, die Nymphe Thetis, ihn festgehalten hatte, waren nicht benetzt worden, und deshalb war er dort verwundbar.

ADONIS Die Geschichte des wunderschönen Jünglings ist ein einziges Drama von Liebe, Eifersucht und Tod. Selbst seine Geliebte Aphrodite konnte den jungen Jäger nicht halten und musste mitansehen, wie er von einem wilden Eber zerrissen wurde. Der wilde Eber war niemand anderes als der verwandelte Ares, den eine andere Liebeskandidatin, die Unterweltgöttin Persephone, aufgestachelt hatte. Schöne Männer sind und leben gefährlich.

ARGUSAUGEN Der Riese mit den hundert Augen wurde von der eifersüchtigen Gottesmutter und Zeus-Gattin Hera zum Wächter der Io bestellt. Io war eine der Geliebten des Zeus und dem scharfsichtigen Argus entging nichts – so lange er lebte. Argus wurde von Hermes überlistet und getötet und die trauernde Hera setzte seine Augen in das Gefieder ihres Symboltieres, des Pfaues, ein.

AUGURENLÄCHELN Die Auguren waren die Orakelpraktiker der alten Römer, die aus Vogelflug, Tiereingeweiden und Ähnlichem das Schicksal und die Zukunft zu prophezeien suchten. (Die Italiener sagen noch heute auguri, wenn sie sich Glück wünschen.) Bereits einigen Römern war das verschwörerische Grinsen der Auguren angesichts der Leichtgläubigkeit des Volkes aufgefallen.

BACCHANAL Bacchus war der römische Name des Weingottes. Mehr oder weniger ausschweifende Festgelage standen im Zusammenhang mit seinem Kult.

DAMOKLESSCHWERT Der junge Höfling Damokles bewunderte die Machtfülle und den Reichtum des Tyrannen von Syrakus namens Dionysios. Dionysios lud Damokles daraufhin an seine fürstliche Tafel und bewirtete ihn prächtig. Über dem Haupt des Damokles war ein Schwert an einem Rosshaar aufgehängt, womit Dionysios zum Ausdruck bringen wollte, in welcher Gefahr er selbst angesichts der ständigen Möglichkeit von Meuchelmord und Aufstand schwebte. In der sprichwörtlichen Verkürzung wurde dieses Rosshaar auch zu dem berühmten »seidenen Faden«.

DRAKONISCHE GESETZE UND STRAFEN Der athenische Aristokrat Drakon (= Drache) fertigte dort um 620 die erste Aufzeichnung des geltenden Rechts an und legte als Gesetzgeber besonders strenge Strafen für Verbrechen fest. Die rechtsgeschichtlich bedeutsame Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag geht auf Drakon zurück.

ECHO war eine Nymphe, welche die Zeus-Gattin Hera lange Zeit mit fesselnden Geschichten unterhielt, damit Zeus sich unterdessen mit anderen Nymphen vergnügen konnte. Als Hera das bemerkt, straft sie Echo damit, dass sie nur noch wiedergeben kann, was andere vorsagen.

EROTISCH Eros/Amor war der Sohn von Aphrodite/Venus und Ares/Mars, von Liebesgöttin und Kriegsgott. Sein Pfeil trifft in die Herzen der Menschen und entzündet die Liebe.

GORDISCHER KNOTEN Ein sehr verschlungener Knoten verband das Joch und die Deichsel des Wagens von König Gordios von Phrygien. Wer ihn lösen konnte, sollte angeblich imstande sein, die Herrschaft über Asien zu erringen. Alexander der Große zerhieb den Knoten kurzerhand mit seinem Schwert.

KASSANDRARUF Die Tochter des trojanischen Königs Priamos war eine der berühmtesten Weissagerinnen der Antike, deren Warnungen allerdings nie ernst genommen wurden. Apollon selbst hatte um sie geworben und ihr die Gabe der Prophezeiung verliehen. Aber da sie ihn zurückwies, versagte er ihr die Kraft der Überzeugung. Auch vor dem verderbenbringenden Danaergeschenk des Trojanischen Pferdes warnte sie ihre Landsleute – vergebens.

KRÖSUS