Der informierte Patient im Krankenhaus - Wolfgang Seidel - E-Book

Der informierte Patient im Krankenhaus E-Book

Wolfgang Seidel

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2012
Beschreibung

Wer als Patient ins Krankenhaus muss, spürt mit einer gewissen Beklemmung, dass er nun in einer ungewohnten Welt ist mit eigenen Vorschriften, Gewohnheiten und Sachzwängen. Er kennt sich nicht aus, muss auf Unvorhergesehenes gefasst sein, vermutet Bedrohliches, macht Fehler. Unsicherheit ist da natürlich, Ängste sind nicht selten. Diese sind aber für eine Heilung nachweislich nachteilig. Schon deshalb ist rechtzeitige und umfassende Aufklärung über das, was den Kranken erwartet, zweckmäßig, und zwar nicht nur für diejenigen, denen die Krankenhausaufnahme bevorsteht, sondern auch für die, die schon eingeliefert worden sind und sich bereits zu orientieren suchen. Information ist gut, Verständnis ist besser. Das Buch beantwortet deshalb nicht nur übliche Fragen, es bemüht sich, über vielerlei Hintergründe aufzuklären, die den Laien interessieren. Sie mögen im Sachlichen oder Psychologischen zu suchen sein. Die Kapitel des Buches zeichnen grob den Weg des Patienten vor, auf dem er Bekanntschaft mit seinem neuen Aufenthaltsort macht: Nach der Auswahl eines geeigneten Hauses und dem Kofferpacken werden Fragen bei der Aufnahme in der Verwaltung und auf der Station angesprochen. Weitere Abschnitte beschäftigen sich mit Aufgaben und Eigenheiten der Mitarbeiter. Schließlich kommen häufige Einzelheiten bei Untersuchung und Therapie zur Sprache. Auch Probleme nach der meist etwas vorzeitigen Entlassung werden berücksichtigt. Das Krankenhaus sollte nicht mit einem Hotel verglichen werden, in dem man bedient wird. Es ist ein durchorganisierter Dienstleistungsbetrieb, in dessen Räderwerk der Kranke eingefügt wird, und in dem man ständig auf Notfälle und andere Ausnahmen Rücksicht nehmen muss. Das erfordert Verständnis von allen Beteiligten. So mag das Buch auch hilfreich sein für nur mittelbar betroffene Verwandte und Begleitpersonen.

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Seitenzahl: 204

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Impressum:

Der informierte Patient im Krankenhaus

Copyright: © 2012 Dr. Wolfgang Seidel

Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

E-Book-Produktion: melle newmedia, Potsdam

ISBN 978-3-8442-3258-5

epubli-Verlag

 

 

 

 

 

 

Der informierte Patient

 

 

Sie müssen ins Krankenhaus?

Wer sich auskennt, hat weniger Stress.

Mit weniger Stress und Angst

werden Sie schneller gesund.

 

 

 

 

Wolfgang Seidel

1 Einleitung

 

1.1 Information ist fast die halbe Genesung

Sie müssen also ins Krankenhaus, liebe Leserin, lieber Leser, oder sind schon dort, in einer Ihnen vielleicht sogar bedrohlich erscheinenden Welt. Ich kenne diesen Betrieb Krankenhaus ziemlich gut. Fast vier Jahrzehnte habe ich darin gearbeitet, und ich musste Kliniken auch mehrmals als Patient erleben. Ich weiß um die Erwartungen, die Hoffnungen auf schnelle und vollständige Heilung, die mit dem Krankenhaus verbunden sind.

Ich kenne aber auch die unbestimmten Ängste, nun eingespannt zu werden in einen hochtechnisierten Betrieb, der getrimmt ist auf Rationalität, Effektivität, Verlässlichkeit und Erfolg, der irgendwie unheimlich ist, über den man schon sehr Unterschiedliches gehört hat, in den man sich aber einfügen muss. Wir werden hinter die Kulissen der letztlich segensreichen „Apparatemedizin“ schauen, soweit Sie als Patient mit ihr in Berührung kommen.

Im „Dienstleistungsbetrieb“ Krankenhaus arbeiten andererseits viele Menschen. Mit einigen von ihnen werden Sie recht engen Kontakt haben. Sie werden von Ihnen vielleicht sehr abhängig sein, abhängig also von Menschen, die Sie nicht kennen und nicht ausgewählt haben. Sie werden unvermittelt versetzt in eine Welt zwischenmenschlicher Netzwerke, die ihre eigenen, eingeschliffenen Regeln haben. Sie kommen in die Obhut vieler Fachleute, die Ihnen mit ehrlicher Hilfsbereitschaft, aber doch in professioneller Geschäftigkeit zur Seite stehen wollen.

Es werden also auch zwischenmenschliche Fragen auftreten. Daher werde ich Hinweise, vielleicht Ratschläge in psychologischer Hinsicht geben. Je besser man den anderen und seine Intentionen und Motivationen versteht, desto ersprießlicher wird das gemeinsame Wirken sein.

Und der Krankenhausaufenthalt wird schließlich eine Zeit sein, in der Sie sich mehr mit Ihrem Körper oder Ihren psychischen Reaktionen befassen (müssen) als sonst. Es ist ein Ausnahmezustand für Sie, Neuland bezüglich mancher Eigenerfahrung. Aber man weiß einiges über viele dieser Phänomene. Auch darüber werden wir sprechen.

Information ist die halbe Genesung? Es ist immer gut, wenn man vorher weiß, was einen erwartet. Dafür sammelt man Erfahrung. Man kann sich dann auf das Kommende einstellen. Nicht nur wissensmäßig sollte man vorbereitet sein, also bezüglich harter Fakten, sondern ganz entscheidend auch bezüglich der inneren Einstellung. Denn Bedenken, Vorurteile oder gar Ängste können tatsächlich den Heilungsverlauf ganz wesentlich beeinträchtigen. Das Unterbewusstsein spielt häufiger eine Rolle, als man gemeinhin annimmt. Und diese Einstellung kann man mit dem Verstand steuern. Ich werde Ihnen Hinweise geben.

 

1.2 Richtige Annahmen für eine ungewisse Zukunft

In den ersten Stunden im Krankenhaus fühlt man sich irgendwie unsicher. Man kennt den Tagesablauf nicht, die Regeln, die hier gelten, die Tabus, gegen die man nicht verstoßen möchte. Wie soll man alles richtig machen, um möglichst bald und gesund wieder herauszukommen? Mich hat dieses Gefühl auch beschlichen, obgleich ich alles wusste, was ich in diesem Buch schreibe. Gefühle kommen einfach. Aber ich hatte niemals das Gefühl der Angst.. Das war überaus beruhigend, und da könnte ich Sie unterstützen.

Denn wenn man das Kommende schon einigermaßen kennt oder ungefähr einschätzen kann, hat man einfach weniger Angst - zum Beispiel davor, in falsche Hände zu geraten oder dass jemand bei mir etwas Unnötiges oder einen Fehler macht. Man könnte auch Angst haben, jemanden durch unpassende Äußerungen vor den Kopf zu stoßen, auf dessen wohlwollende Hilfe man hofft. Hinzu kommen ja noch verständliche Ängste, dass sich die Krankheit als besonders gefährlich und ihr Verlauf als unerwartet komplikationsreich erweisen könnte. Und auch die Frage, ob die eigene Kraft reichen wird, um die kommenden Belastungen durchzustehen, macht Angst.

Ängste bedeuten Stress, über den wir in Abschnitt 7.1 mehr erfahren werden. Er ist für die Genesung schädlich. Und er drückt oft die Stimmung. Dadurch kann der nachweislich vorteilhafte Einfluss durch gute Laune und Freude verloren gehen. Wie gewinnt man da das Lachen zurück? „Lachen ist gesund“, sagt man. Es macht tatsächlich gesund, unter anderem natürlich.

Wie aber kann die Information, die ich Ihnen in diesem Buche anbiete, zu Ihrer guten Stimmung beitragen? Es gibt dafür eine einleuchtende Theorie. Ich sollte sie Ihnen gleich hier im Vorwort erläutern, und ich werde dann auch sagen, warum. Die Theorie geht von den Erwartungen aus, die jeder Mensch an das Vorhaben knüpft, das er gerade beginnt oder durchführt.

Jeder macht mehr oder weniger bewusst eine „Annahme“ über das Ergebnis seines Tuns. Die Annahme kann je nach Temperament (über das wir noch in Abschnitt 4.8 reden) ganz realistisch sein oder einem Luftschloss gleichen. Erinnern Sie sich, wie Sie unlängst eine nicht ganz einfache Aufgabe zu lösen hatten. Vielleicht wollten Sie Ihre Freunde zu einem Essen einladen, dass Ihnen so gut schmeckt, und das Sie nun auch selbst zubereiten wollten. Während Sie die Zutaten einkaufen, malen Sie sich aus, wie gut Ihnen die Speise gelingen und wie die Freunde Sie loben werden. Das ist Ihre Annahme, wie das in Abb. 1.1 links oben angedeutet ist. Die Stimmung, die Sie dann am Ende des Abends haben werden, wenn die Gäste wieder gegangen sind, hängt klar von der Reaktion Ihrer Freunde ab und ist ganz rechts an der Skala der Abbildung abzulesen. Hat man mit großen Appetit gegessen und Sie gelobt, stimmt also der „Istwert“ des Erreichten mit dem vorher festgelegten „Sollwert“ Ihrer Annahme überein, erzeugt das Belohnungssystem in Ihrem Gehirn Freude, indem es die Ausschüttung von „Glückshormonen“ veranlasst.

Auch wenn Sie ins Krankenhaus müssen, haben Sie Erwartungen. Die Annahmen betreffen nicht nur den Erfolg des Aufenthalts im Ganzen, sondern auch viele kleine Einzelheiten. Wie sehr schon falsche Vorstellungen über die Aufnahme die Stimmung drücken können, mag die Abbildung 1.2 andeuten. Je mehr Ihrer Annahmen tatsächlich zutreffen werden, desto besser werden Sie sich vor deprimierenden Enttäuschungen schützen und die möglichen Erfolge erreichen können. Dem richtig Informierten bietet auch ein Krankenhaus Erfolgserlebnisse - durch den Erfolg vorausschauenden Wissens.

Das ist nun auch mein Anliegen in diesem Buch: Ihnen möglichst viele Informationen zu geben, die sich später als richtig erweisen und Ihnen die beruhigende Gewissheit geben, sich doch etwas auszukennen, mehr noch aber das Gefühl, mit Ihren Annahmen richtig zu liegen und zufrieden sein zu können, weil vieles so kam wie erwartet.

 

Abb. 1.1: Unsere Stimmung hängt davon ab, ob unsere Annahmen richtig oder falsch waren. Vor dem Ende einer Tätigkeit macht man Annahmen, wie das Ergebnis ausfallen könnte. Im geschilderten Beispiel geht es um die selbstgestellte Aufgabe, ein besonderes Mahl zu bereiten. Falls das Ergebnis mit der Annahme übereinstimmt, freut sich der Ausführende. Seine gute Stimmung ist Motivation für weitere Aktivitäten. Da die gute Laune vom Belohnungszentrum gesteuert wird, kann man sie auch als Anerkennung für die Nutzung richtiger Informationen, die zum Erfolg führten, deuten, sowie für ausreichende Selbstkritik und für die richtige Einschätzung der Reaktion des Geschmacks der Gäste, also für Menschenkenntnis. Final gesehen wird man durch die “Belohnung“ mittels guter Stimmung zur Mehrung dieser Kenntnisse aufgefordert.

 

 

Abb. 1.2 Enttäuschte Erwartungen bedingen die Stimmung: Jedes Mal, wenn die Realität nicht mit den Annahmen übereinstimmt, wird die Stimmung schlechter. Viele kleine Enttäuschungen können sich zu einer sehr schlechten Laune summieren. Wenn dann die Stationsschwester zur Begrüßung kommt, erhält sie einen völlig falschen ersten Eindruck von dem neuen Patienten. Die falschen Annahmen über die ersten Stunden im Krankenhaus können die Atmosphäre des ganzen Aufenthalts vergiften.

 

1.3 Die Menschen sind fehlbar, und die Medizin lernt noch

Ich habe lange überlegt, ob ich nicht die Abbildung 1.2 besser weglassen sollte. Der Leser könnte nämlich daraufhin erwarten, dass ich in diesem Buch immer auf eventuelle Schwachstellen hinweise, damit er sich mit seinen „Annahmen“ jeweils auf die schlechtestmögliche Situation innerlich vorbereiten kann, um später eine freudige Stimmung zu generieren, weil es ja gar nicht so schlimm war.

In diesem „Kompass“ möchte ich aber von einem korrekten Bild der Krankenhausmedizin ausgehen und nicht von deren gelegentlichen Fehlleistungen. Natürlich gibt es unter den 135.000 Krankenhausärzten einige, die eine „falsche“ ethische Auffassung von ihrem Beruf haben, sicher auch einige, die trotz der schwierigen Hürde des Numerus clausus vor dem Studium nicht gerade die klügsten Fachleute sind oder zu bequem, sich fortzubilden. Natürlich gibt es unter den fast 400.000 Pflegekräften auch mürrische oder verbitterte, jedenfalls nicht rückhaltlos aufs Helfen Eingestellte, die nur recht und schlecht ihren Job machen. Vielleicht lassen sie außerberuflichen Frust an den Kranken aus. Und selbstverständlich sind unter mehr als 2.000 Krankenhäusern auch einige schlecht geführt, entweder wirtschaftlich oder in Bezug auf das Arbeitsklima oder hinsichtlich der Berücksichtigung der Belange der Kranken.

Das sind Ausnahmen, die man nicht ausdrücklich genug kritisieren kann, damit sie korrigiert werden. Aber das ist nicht die Aufgabe dieses Ratgebers für kranke Menschen. Denen kann man mit gutem Gewissen sagen, dass wir in unserem Land eines der besten Gesundheitswesen der Welt haben, dessen Krankenhäuser fast ausnahmslos in die Spitzenklasse gehören.

Leider werden die gelegentlichen menschlichen Schwächen deutlicher in „stressigen“ Zeiten, und zu denen muss man die gegenwärtige mit ihrem rigorosen Sparkurs im Gesundheitswesen rechnen. Ich werde darauf zurückkommen: Es sind (fast) nur die Gesunden, die auf niedrige Kassenbeiträge drängen und gegen zusätzliche Steuergelder für das Gesundheitssystem plädieren. Es sind die gleichen Menschen, die es sich im Urlaub mal richtig gut gehen lassen. Wer selbst krank wird, setzt dann andere Schwerpunkte.

Manche falsche „Annahme“, manche Enttäuschung resultiert aber gar nicht aus dem Menschlichen oder dem Ökonomischen, sondern aus einer falschen Erwartung an die Schulmedizin. Die Medizin als Wissenschaft macht gewaltige Fortschritte, ständig von Jahr zu Jahr, weltweit. Aber wir erleben die „moderne“ Medizin mitten in einer Entwicklung, die vor 200 Jahren ganz klein begonnen hat und noch lange Jahrhunderte nicht abgeschlossen sein wird. Daher lassen ihre gegenwärtigen „Erfolge“ sehr oft zu wünschen übrig, enttäuschen vielleicht – alle Beteiligten. Und es ist kein Trost, zu versprechen, dass alles nach weiteren 50 oder 100 Jahren sehr viel effektiver sein wird.

Gar zu oft muss der Arzt sagen: „Ich hoffe, dass wir jetzt die Ursache Ihrer Beschwerden gefunden haben...“. Fast Täglich muss er gestehen, dass das neue Medikament nur bei 80% der Fälle (oder so ähnlich) hilft, aber eben nicht bei allen. Immer wieder muss er zugeben, dass die Nebenwirkungen leider sehr häufig oder erschreckend stark sind. Nicht gerade selten muss der Operateur erklären, dass die Verhältnisse sehr ungünstig oder gar nicht beherrschbar gewesen seien, und dass er die unvermeidbare Komplikation sehr bedaure.

Wir leben heute und sollten froh sein, wenn die in „Ihrem“ Krankenhaus praktizierte Medizin annähernd dem heutigen Spitzenstandard entspricht. Wichtig ist, dass man ihn so sorgfältig und sicherheitsbewusst wie möglich betreibt.

 

1.4 Sie müssen die Reihenfolge der Kapitel nicht einhalten

Liebe Leserinnen und Leser, ich musste mich natürlich fragen, welche aller möglichen Informationen über Krankenhäuser und Behandlung darin könnten für Sie wichtig und gleichzeitig unterhaltsam genug darstellbar sein, dass Sie darüber lesen möchten in Ihrer angespannten Situation mit einer wohl doch erheblichen Erkrankung. Was fällt dem Kranken auf, weil er es nicht kennt, von welchen Abläufen möchte er die Hintergründe kennen, was mag ihn vom Bett aus interessieren? Aber zu erwägen war auch: Was muss man als Kranker wissen, damit möglichst wenig Missverständnisse aufkommen und ihm keine Versäumnisse, Ungeschicklichkeiten oder gar Fehler passieren? Vielleicht wären gewisse Informationen auch wichtig, um den Schwestern und Ärzten und den anderen Mitarbeitern des Krankenhauses zeitraubende Fragen zu ersparen oder um Verständnis für ihre beruflichen Schwierigkeiten und Wünsche zu wecken? Ist es möglich, falsche grundsätzliche Erwartungen der Kranken zu korrigieren, die vielleicht durch einseitige oder tendenziöse Berichterstattung in den Medien erzeugt wurden?

Ich habe mir überlegt, dass man eigentlich zwei Informationsbücher schreiben müsste: Eines für Kranke, die sich im Krankenhaus gar nicht auskennen, und die daher Hinweise und Aufklärung für die alltäglichen Gepflogenheiten und Anforderungen benötigen, und andererseits eines mit Informationen für Menschen, die nun schon zu wiederholtem Mal eine Klinik aufsuchen müssen und sich zum Beispiel Gedanken zu Hintergründen der Krankenhausfinanzierung oder der Organisationsstruktur oder auch zu Karrierechancen, Arbeitsbedingungen und Einkommen der Mitarbeiter machen oder die gar über imponierende oder fehlende Intensität von Sympathie, Intuition oder Vertrauen nachdenken.

Dieser Ratgeber wendet sich daher zunächst an „Neulinge“ im Krankenhaus. Sie brauchen die Informationen nötiger. Das Buch ist dennoch ziemlich umfangreich geworden. Falls Sie es erst in die Hände bekommen, wenn Sie schon im Krankenhaus sind, können Sie ohne weiteres zuerst die Kapitel aufsuchen, die Sie gerade jetzt interessieren. Das Inhaltsverzeichnis am Anfang oder der Index am Ende des Buches wird Sie dahin führen. Es wäre schade, wenn Sie sich erst Seite für Seite bis zum Kapitel über Krankenhausaufnahme durchgearbeitet haben, wenn schon Ihre Entlassung ansteht. Und wenn Ihre Krankheit keinen operativen Eingriff erfordert, können Sie natürlich solche Kapitel übergehen und vielleicht später nachlesen.

Allen Gesichtspunkten kann ich natürlich nicht umfassend gerecht werden. Ich werde versuchen, das Krankenhaus mit den Augen eines Patienten zu sehen, manchmal neugierig, manchmal verwundert oder voreingenommen oder auch enttäuscht, um dann Antworten zu finden. Dabei werde ich Fachausdrücke oder Redensarten benutzen, die man als Patient häufig zu hören bekommt, und werde sie erklären. Aber ich werde die eigentliche medizinische Fachsprache strikt vermeiden. Die schwierigeren Begriffe sind in einem Glossar im Anhang zusammengestellt, das natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann.

 

1.5 Das sind die wichtigsten Themen

Im nächsten (zweiten) Kapitel werde ich zunächst auf Notfallsituationen eingehen, für den Fall, dass man noch Zeit hat, sich auf derartiges rechtzeitig einzustellen, also in diesem Buch zu lesen, bevor es aufregend wird. Das dritte Kapitel ist geschrieben für Kranke oder Angehörige, die sich bislang mit unserem Gesundheitswesen wenig beschäftigt haben, weil sie gesund waren. Sie finden dort Informationen über die ambulante ärztliche Versorgung und über mögliche Wege von dort ins Krankenhaus. Die Art und Schwere Ihrer Erkrankung, liebe Leserin und lieber Leser, aber auch Ihre Zielvorstellungen gehen in die Entscheidung ein, die Sie in einer besonderen Form von Teamarbeit mit Ihrem Arzt treffen werden und die Sie dann auch mitzutragen haben.

Zu Ihren Überlegungen kann die Frage gehören, in welches Krankenhaus Sie denn am besten gehen. Falls Sie selber aktiv werden wollen, gebe ich dazu Hinweise in Kapitel vier. Wir werden besprechen, welche Informationen man im Internet oder von Bekannten erhalten kann, und wie vorsichtig man sie werten sollte. Aber falls Sie dieses Buch erst geschenkt bekommen haben sollten, nachdem Sie schon stationär aufgenommen wurden, werden Sie den ganzen ersten Teil erst einmal übergehen.

Nicht aktuell würden für Sie dann auch alle Erläuterungen über die Vorbereitung für eine Klinikaufnahme und damit das fünfte Kapitel sein. Aber in dieses Buch gehören nun mal auch Ratschläge darüber, was man in die Klinik mitnehmen muss, was nicht, und was man sonst noch bedenken sollte. Das sechste Kapitel enthält dann einige notwendige Informationen rund um die Krankenhausaufnahme.

Interessant dürfte dann die Beschreibung der Krankenstation und des Tagesablaufs in Kapitel für Sie sein. Manche Routinen, Techniken, Zusammenhänge haben Sie vielleicht schon kennengelernt. Aber meine Erklärung von Hintergründen mag noch einige „Aha-Effekte“ bieten. Und vielleicht interessieren Sie meine Ausführungen über schlechten Schlaf und mögliche Gegenmaßnahmen.

Im achten bis zehnten Kapitel befassen wir uns dann mit den wichtigsten Gruppen der Krankenhausmitarbeiter, mit denen Sie es zu tun haben. Der Einfachheit und Übersichtlichkeit halber werde ich – wie übrigens im ganzen Buch – nicht immer weibliches und männliches Geschlecht gesondert ansprechen. Keiner weiß besser als ich, dass es außer Ärzten auch Ärztinnen und außer Schwestern auch Krankenpfleger gibt. Selbstverständliches muss man nicht ständig wiederholen. Wir werden auf die Problematik der Patientenaufklärung stoßen und uns über Verantwortung und Vertrauen Gedanken machen.

Das 11. Kapitel wird sich mit Untersuchungsmethoden befassen. Da ihre Zahl riesig ist und die meisten sich jeweils auf wenige Krankheiten beziehen, werde ich mich auf diejenigen Verfahren beschränken, die in irgendeiner Form bei fast jedem Patienten zur Anwendung kommen. Am Schluss werde ich einiges Überlegenswertes zur Differenzialdiagnose sagen. Im Kapitel 12 werden wir Maßnahmen der Anästhesie und Operationsvorbereitung erörtern, die Sie als Patient erleben oder über die Sie sich wundern werden, in einer Umgebung, die man als Laie sonst nicht zu sehen bekommt.

Kapitel 13 befasst sich dann mit einigen nichtoperativen Maßnahmen bei Schwerkranken, vornehmlich in der Intensivstation, sowie mit den Stunden und Tagen nach schwerer Erkrankung, also mit dem Aufwachraum oder der Intermediate Care. Ich werde aber auch eingehen auf grundsätzliche Probleme wie Schmerzempfinden, Krankheitsgefühl und Behinderung.

Für die Zeit nach der Entlassung diskutiere ich in Kapitel 14 noch einige grundsätzliche Erfahrungen mit Nacherholung und Rehabilitation, Kräftezustand und Lebensqualität. Es geht also zum Teil um Probleme, mit denen Sie sich zweckmäßig schon vor dem Ende Ihres Krankenhausaufenthalts befassen, wenn Sie nämlich noch Gelegenheit haben, Ihre dortigen Betreuer gezielt um Rat zu fragen.

Letztlich war ich bemüht, bis zum Ende des Buches ziemlich viele der Fragen, die einem in den Tagen im Krankenhaus durch den Kopf gehen, einigermaßen verständlich zu behandeln. Vielleicht wird die Lektüre gleichzeitig interessant und unterhaltsam. Und hoffentlich haben Sie dann nach der Entlassung den Eindruck, dass Sie mit diesen Informationen diese schwierige Zeit souveräner, kompetenter, vielleicht einfach besser als erwartet gemeistert haben.

2. Notfall oder nicht?

 

2.1 Oft ist Blaulicht nötig

Die Zahl der Menschen, die als Notfall ins Krankenhaus gebracht werden – nicht selten sogar mit Blaulicht – hat mit den Jahren stetig zugenommen, heute sind es etwa 37% aller stationär aufgenommenen Kranken. Zwar sind schwere Verkehrs- und Arbeitsunfälle dank strenger Unfallverhütungsmaßnahmen seltener geworden, aber andererseits kann man heute manche Erkrankung sehr viel wirksamer behandeln, wenn man nur schnell genug beginnt. Da kann tatsächlich jede Viertelstunde zählen.

Wenn also bei einem Menschen zum Beispiel plötzlich Lähmungen und/oder Orientierungsstörungen einen Schlaganfall vermuten lassen, sind vermutlich einige Hirnareale ausgefallen, weil die Durchblutung gestört worden ist. Nicht nur das direkt betroffene Hirngewebe droht abzusterben, rasch breiten sich Folgeschäden auch auf umgebende Bereiche aus. Deren Vermeidung ist ein Wettlauf mit der Zeit, und der ist nur im Krankenhaus zu gewinnen, und zwar am besten dort, wo man eine „Stroke Unit“ eingerichtet hat. Das ist eine Intensiveinheit für genau diese eine, leider nicht sehr seltene Erkrankung. Der kostspielige Einsatz lohnt sich, weil man schwere Schicksale wie ein Leben im Rollstuhl oder gar völlige Pflegebedürftigkeit vermeiden oder mildern kann. Und das betrifft keineswegs nur Hochbetagte, sondern Menschen „in den besten Jahren“.

In ständiger Bereitschaft stehen insbesondere Geräte zur Untersuchung der Blutgefäße des Gehirns. Nur wenn man zeigen kann, dass tatsächlich ein Gehirngefäß verstopft ist, darf man versuchen, das schuldige Blutgerinnsel gezielt aufzulösen. Wenn das gelingt und die Schäden noch nicht zu groß waren, kann der Patient nach erstaunlich wenigen Tagen wieder nach Hause entlassen werden. Eine derartige Einschränkung der Blutgerinnung wäre aber das Schlechteste, was man machen kann, wenn es sich nicht um ein Gerinnsel, sondern um eine Blutung im Gehirn handelt. Die Blutung, die auch Ursache eines Schlaganfalls sein kann, würde durch diese Behandlung noch lebensgefährlich verstärkt werden. Gut ausgebildete Spezialisten müssen also schnellstmöglich die Unterscheidung zwischen verstopfendem Gerinnsel und Blutung mit ihren Geräten treffen können. Daher gibt es Stroke Units nur an den Kliniken, an denen rund um die Uhr Fachärzte mit entsprechender Fachausbildung bereitstehen.

Eine vergleichbare Situation ergibt sich beim Herzinfarkt. Er kündigt sich durch Engegefühl in der Brust und Schmerzen (nicht unbedingt genau in der Herzgegend) an. In diesem Fall ist plötzlich ein Blutgerinnselpfropf direkt an einer rauen Verkalkung in einem Herzkranzgefäß entstanden: Der davon abhängige Bereich des Herzmuskels wird nicht mehr mit Blut versorgt. Wenn alles schnell genug geht, kann man genügend große Teile des Herzmuskels vor dem Untergang und damit das Leben retten.

Wenn sich ein Notfall ankündigt, muss man den Hausarzt oder (außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten) den diensthabenden Notarzt rufen. Die kennen sich aus, können deutlich besser als Sie beurteilen, wodurch vermutlich Ihre Beschwerden verursacht sind und welche Maßnahmen in diesem Falle am besten geeignet sein dürften. Sie wissen auch, welches Krankenhaus zum Beispiel seinen Linksherzkatheter rund um die Uhr gut besetzt und genügend Erfahrung mit Herzerkrankungen hat. Und (besonders bei großen Krankenhäusern) wissen sie am besten, welche Abteilung man direkt anruft, und sie können sich dort auch besser durchsetzen als ein Laie.

Man kann auch direkt die zentrale Rettungsstelle telefonisch (0112) verständigen, wenn es sich um einen sehr bedrohlichen Zustand zu handeln scheint (oder in manchen Bundesländern noch die Nummer der Krankentransportdienste 19222). Sie schicken dann den nächsten freien RTW (Rettungstransportwagen) oder KTW (Krankentransportwagen) und evt. im sogenannten Rendevous-Verfahren auch einen Notarzt, der also direkt mit einem zweiten Wagen herbeieilt und erst bei Ihnen mit den Rettungssanitätern zusammentrifft. Bis dahin können Sie schon mal die wichtigsten Daten über Ihre Krankenkasse und über Ihre Vorerkrankungen bereitlegen (lassen). Vielleicht packen Sie auch schon mal Toilettenartikel und einen Schlafanzug in eine Tasche, denn manchmal muss es dann sehr schnell gehen.

 

2.2 Erst telefonieren, dann abfahren

Einen Notfall muss jedes Krankenhaus annehmen, schon um erste Hilfe zu leisten. Es kann dringende Notfälle aber nach Klärung der Situation weiterschicken, falls es entweder nicht gut genug gerüstet (zum Beispiel nicht die eben erwähnte Stroke Unit für die Behandlung des Schlaganfalles hat) und eine bessere Einrichtung in zumutbarer Zeit zu erreichen ist, oder weil die Intensivstation schon voll ausgelastet ist.

Die Intensivstation behandelt nämlich hauptsächlich Patienten, die beatmetwerden müssen und daher an entsprechende Geräte angeschlossen sind. Für jedes Planbett gibt es die notwendigen Apparaturen und das eingearbeitete Personal. Die Leser werden verstehen, dass man bei Eintreffen eines zusätzlichen schweren Falles nicht einfach eine der Beatmungen beenden kann, um das Bett und das Beatmungsgerät freizumachen. Eine solche Entscheidung trifft man nie notfallmäßig, sondern man führt die „Entwöhnung“ von den Geräten vorsichtig schrittweise, unter ständiger Beobachtung durch. Also kann ein neuer Patient nur aufgenommen werden, wenn noch ein Bett mit den lebensrettenden Geräten frei ist. In Ballungsräumen mit mehreren Kliniken wird die Bettensituation abends vor dem Schichtwechsel geklärt und der Notaufnahme und/oder der Rettungszentrale mitgeteilt.

Der zugezogene Notarzt oder die Sanitäter des RTWs sollten daher telefonisch einen Platz für den Kranken suchen und reservieren, ehe man ihn überhaupt in den Krankenwagen verbringt. Man möchte keine Irrfahrt von Klinik zu Klinik riskieren. Und man wird dann sofort Informationen über den Zustand des Patienten weitergeben, also etwa Blutverluste bei Verletzungen, Notwendigkeit einer Beatmung, Wahrscheinlichkeit eines dringlichen Eingriffs. Die Anmeldung ermöglicht dann dem Krankenhaus, erste Vorbereitungen in seiner Notaufnahme zu veranlassen. Beim Eintreffen eines schweren Unfalles werden dann schon die benötigten Ärzte gerufen und Infusionen gerichtet sein. Vielleicht wurde sogar schon die Operationsabteilung informiert, weil sie eine gewisse Anlaufzeit benötigt.

 

2.3 Der voraussehbare Notfall

Nicht jeder Notfall kommt unerwartet. Mit einer Lungenembolie zum Beispiel (Verstopfung eines großen Lungengefäßes durch ein Blutgerinnsel) muss der Arzt in einer ganzen Reihe von Situationen rechnen, auch wenn sie letztlich ein seltenes Ereignis ist. Die Gefahr besteht immer, wenn sich in großen Venen der Beine oder des Beckens Blutgerinnsel bilden, weil sich der (bettlägerige) Patient wenig bewegt und das Blut daher langsam oder gar nicht mehr fließt und schließlich gerinnt. Bei ersten größeren Bewegungen, also z. B. beim Aufstehen aus dem Bett kann sich dann das Blutgerinnsel lösen und in die Lunge geschwemmt werden. So ein „Embolus“ kann bis kleinfingerdick sein und somit ganz schlagartig große Gefäße verstopfen. Plötzliche schwere Atemnot, Blaufärbung der Lippen oder des ganzen Gesichts, aber auch Herzkreislaufversagen sind die ersten Zeichen dieser lebensgefährlichen Komplikation. Sie tritt überraschend auf, wenn, wie gesagt, der Patient eine oder zwei Wochen nach Krankheitsbeginn wieder stärker mobilisiert wird, wenn also das Schlimmste schon überwunden zu sein schien.

Besonders nach Verletzungen und Operationen an den Beinen und im Beckenbereich versucht der Arzt daher, diesem sehr schweren Ereignis vorzubeugen, indem er einerseits den Kranken zum regelmäßigen Bewegen der Beine anhält und ihm zweitens gerinnungshemmende Spritzen verordnet. Man mag dem Laien erklären, dass das Blut damit „verdünnt“ wird, damit es nicht „stockt“, also gerinnt. Um genau zu sein: Verdünnt wird da gar nichts (mit dem winzigen Inhalt der Spritze). Die Blutgerinnung wird biochemisch eingeschränkt, aber natürlich nicht ganz aufgehoben, denn dadurch würde man speziell nach Unfällen oder nach Operationen schwere Nachblutungen riskieren.

Bei dieser verantwortungsvollen Entscheidung bleibt ein Restrisiko für eine Lungenembolie, also für einen Notfall. Man versucht ihm vorzubeugen durch häufiges ausreichendes Bewegen der Beine und damit Erhöhung der Fließgeschwindigkeit des Blutes in den Venen des Beines und des Beckens, und zwar so früh wie möglich. Der Arzt muss eindringlich darauf hinweisen, und der Patient seinerseits muss aktiv üben: Patient und Arzt bilden immer ein Team, das die Heilung anstrebt, das wird schon an diesem einfachen Fall deutlich. Das Team muss gemeinsam die anstehenden Maßnahmen besprechen, und dann müssen beide ihren Teil zur Erreichung des Ziels beitragen.

Auch eine Schwangerschaft