Das Geräusch einer Schnecke beim Essen - Elisabeth Tova Bailey - E-Book

Das Geräusch einer Schnecke beim Essen E-Book

Elisabeth Tova Bailey

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Beschreibung

Tröstlich, einzigartig, inspirierend – Elisabeth Tova Baileys Spiegel-Bestseller ist die perfekte Lektüre für ungewisse Zeiten und jetzt endlich als schön illustrierte Neuausgabe erhältlich! Durch eine Krankheit ist die Journalistin Elisabeth Bailey ans Bett gefesselt. Als sie von einer Freundin eine Topfpflanze geschenkt bekommt, unter deren Blättern eine Schnecke sitzt, beginnt sie diese zu beobachten. Nachts wird ihr neues Haustier aktiv, fährt seine Fühler aus, geht auf die Jagd und vollführt seltsame Rituale. Fasziniert beschäftigt sich Bailey mit Biologie und Kulturgeschichte der Schnecke und erfährt Verblüffendes über ein unterschätztes Lebewesen. Der Bestseller als illustrierte Neuausgabe! Ein wunderbares Buch für alle, die achtsamer durchs Leben gehen und die kleinen Wunder im Alltäglichen entdecken wollen. »Eine Liebeserklärung an das Leben.« Brigitte »Seite um Seite wird der Leser mehr verzaubert von so viel kleinem Wunder.« Elke Heidenreich, Die Welt »Einfach nur grandios.« WDR 1Live »Während ich diese stille Erzählung weiterlas, geschah etwas ganz Merkwürdiges mit mir - die Maßstäbe gerieten mit völlig durcheinander. Großes wurde ganz klein und die winzige Welt der Schnecke und ihrer bewegungsunfähigen Beobachterin sehr groß. Für viele Stunden blieb das so, und das Gefühl ist auch Monate nach der Lektüre nicht verschwunden.« Eva Demski, Brigitte Woman, »Ein funkelnder Essay.« Neue Züricher Zeitung am Sonntag »Dieses Buch ist so klug wie zauberhaft.« Hilal Sezgin, Die ZEIT »Ein wunderbares Buch. Es ist Wissenschaft und Literatur und Trostpflaster und Mittel zur Entschleunigung.« Kurier »Eine kleine Schnecke in einem Blumentopf fesselt die Aufmerksamkeit der Autorin, die durch eine tückische Infektion ans Bett gefesselt ist. Sie entdeckt mit wachsendem Staunen deren Individualität, ja Persönlichkeit. Ihr Erfahrungsbericht, in dem ein zarter, dem Leben zugewandter Ton herrscht, ist eine selten glückliche Verbindung zwischen naturwissenschaftlicher und poetischer Weltbetrachtung.« SWR »Ein faszinierendes Kammerspiel, die Autobiographie einer Kranken, die Biographie einer Art oder ein Selbstporträt mit Schnecke. Das Geräusch einer Schnecke beim Essen ist auch deshalb ein ganz außergewöhnliches Buch, weil es eine einzige Respektbezeugung ist, hundertfünfzig Seiten Bewunderung und Dankbarkeit. Bailey schreibt so anschaulich als schriebe sie einen Roman – mit der Zurückhaltung, der stillen Beharrlichkeit ihrer Freundin im Terrarium.« Wieland Freund, Die Welt »Heldin mit Häuschen: Das Geräusch einer Schnecke beim Essen vermittelt nicht nur erstaunliche Einsichten über eins der vermeintlich langweiligsten und unscheinbarsten Geschöpfe, sondern es ist auch ein berührendes Zeugnis von einer einzigartigen Überlebensgemeinschaft, bei der das Tier dem Menschen mehr gegeben haben mag, als es empfing. Ein Buch abseits von allem Gängigen und Erwartbaren.« Neue Züricher Zeitung

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Aus dem amerikanischen Englisch von Kathrin Razum

© Elisabeth Tova Bailey 2010

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»The Sound of a Wild Snail Eating«, Algonquin Books of Chapel Hill, North Carolina, USA 2010

© der deutschsprachigen Ausgabe:

Piper Verlag GmbH, München 2023

Illustrationen: Kathy Bray

Illustrationen © Elisabeth Tova Bailey

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Covergestaltung und -motiv: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich, unter Verwendung eines Gemäldes der Autorin

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Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Widmung

Zitate

Prolog

Erster Teil

Die Veilchentopfabenteuer

1. Ackerveilchen

2. Entdeckung

3. Erkundungen

Zweiter Teil

Ein grünes Königreich

4. Der Waldboden

5. Leben in einem Mikrokosmos

6. Zeit und Raum

Dritter Teil

Vergleiche

7. Tausende Zähne

8. Teleskopfühler

9. Wundersame Spiralen

10. Geheimrezepte

Vierter Teil

Das kulturelle Leben

11. Einsiedlerkolonien

12. Mitternachtssprung

13. Die Gedanken einer Schnecke

14. Tiefschlaf

Fünfter Teil

Liebe und Geheimnis

15. Hermetisches Leben

16. Schneckenaffären

17. Untröstlich

18. Nachkommenschaft

Sechster Teil

Vertrautes Terrain

19. Befreit

20. Winterschnecke

21. Frühlingsregen

22. Nächtlicher Sternenhimmel

Epilog

Eine Frage der Spezies

Unsichtbare Grenzen

Coda

Danksagung

Anhang: Terrarien

Ausgewählte Bibliografie

Quellenhinweis

Zitat

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Literaturverzeichnis

Der Biophilie gewidmet

Ein kleines Haustier ist oft ein ausgezeichneter Gefährte.

Florence Nightingale, Notes on Nursing [Anmerkungen zur Krankenpflege], 1912

Die Natur ist die Zuflucht des Geistes … reicher noch als die menschliche Vorstellungswelt.

Edward O. Wilson, Biophilia, 1984

Prolog

Viren sind ein integraler Bestandteil der Grundstruktur allen Lebens.

Luis P. Villarreal, The living and dead chemical called a virus [Die lebende und tote chemische Verbindung, die man Virus nennt], 2005

Aus meinem Hotelfenster blicke ich über den tiefen Gletschersee auf das Alpenvorland und die Berge. Als es dämmert, verschmelzen die Hügel mit dem Gebirge, dann verschwindet alles im Dunkeln.

Nach dem Frühstück spaziere ich durch die gepflasterten Dorfstraßen. Es ist kein Frost mehr, und riesige Rosmarinbüsche strecken sich der Sonne entgegen. Ich nehme einen Weg, der sich die steilen, wilden Hügel hinaufwindet, an Schafherden vorbei. Hoch oben auf einem Felsvorsprung mache ich Rast und esse Brot und Käse. Später am Nachmittag entdecke ich am Ufer alte Tonscherben, deren Kanten von Zeit und Wasser glatt geschliffen wurden. Ich erfahre, dass im Dorf eine böse Grippe umgeht.

Ein paar Tage verstreichen, dann folgt eine Nacht voll Fieberfantasien. Meine Träume werden durch das An- und Ablegen von Fähren gestört. Passagiere rufen in der Dunkelheit, schrecken mich aus dem Schlaf. Jedes Mal wenn ich wieder einschlafe, zerrt das Wassergeräusch des Sees an mir. Irgendetwas stimmt nicht mit meinem Körper. Alles fühlt sich verkehrt an.

Am nächsten Morgen bin ich schwach und kann nicht denken. Einige meiner Muskeln gehorchen mir nicht. Mein Zeitgefühl wird schwammig. Ich verirre mich, die Straßen führen in zu viele Richtungen. Wie in einem Nebel ziehen die Tage an mir vorüber. Ich packe meinen Koffer, doch aus irgendeinem Grund kann ich ihn nicht hochheben. Er scheint am Boden festzukleben. Irgendwie gelange ich zum Flughafen. Während des Flugs über den Atlantik sitzt ein kranker Chirurg neben mir, er niest und hustet unaufhörlich. Mein ausnahmsweise genommener, dringend benötigter Urlaub ist nicht so verlaufen wie erhofft. Aber das wird schon alles wieder, ich will nur noch nach Hause.

Nachdem ich in Boston umgestiegen bin, lande ich kurz vor Mitternacht auf meinem kleinen Flughafen in Neuengland. Als ich auf dem Parkplatz meinen Wagen aus dem Schnee ausgraben will und mich vorbeuge, wird die Schaufel zur Krücke, mit der ich mich aufrecht halte. Ich weiß nicht, wie ich nach Hause komme. Am nächsten Morgen sinke ich direkt nach dem Aufstehen ohnmächtig zu Boden. Zehn Tage Fieber mit hämmernden Kopfschmerzen. Mehrmals in der Notaufnahme. Laboruntersuchungen. Ich bin so krank wie noch nie in meinem Leben. Die Lungenentzündung in meiner Kindheit, das Pfeiffer-Drüsenfieber in meiner Collegezeit – das alles war nichts im Vergleich zu dieser Krankheit.

Ein paar Wochen später liege ich auf der Couch und sinke in eine tiefe Dunkelheit, falle und falle, bis ich unvorstellbar fern von allem bin. Ich schaffe es nicht mehr zurück, ich erreiche meinen Körper nicht. In der Ferne die Sirene eines Krankenwagens, die Stimmen von Ärzten.

Meine Augenlider schwer wie Felsbrocken. Ich versuche, sie zu heben, nur für ein paar Sekunden, doch sie schließen sich unwillkürlich wieder. Das Einzige, was ich noch tun kann, ist atmen.

Die Ärzte werden mich wiederherstellen. Sie werden diesem Zustand ein Ende machen. Ich atme weiter. Was ist, wenn mein Atem stehen bleibt? Ich muss schlafen, aber ich habe Angst vor dem Schlafen. Ich versuche aufzupassen – wenn ich einschlafe, wache ich vielleicht nie wieder auf.

Erster Teil

Die Veilchentopfabenteuer

… ich möchte Sie bitten …, zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben wie verschlossene Stuben und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind. Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen.

Rainer Maria Rilke, Briefe an einen jungen Dichter, 1903

1. Ackerveilchen

Vor meinen Füßen

Wann bist du dorthin gelangt

Du kleine Schnecke?

Kobayashi Issa (1763 – 1827)

In den ersten Frühlingstagen ging eine Freundin von mir im Wald spazieren und entdeckte zufällig auf dem Weg eine Schnecke. Sie hob sie auf und trug sie in der offenen Hand vorsichtig zu dem Studio, in dem ich zur Genesung untergebracht war. Am Rand des Rasens sah sie ein paar Ackerveilchen stehen. Mit einem Pflanzenheber grub sie einige davon aus, pflanzte sie in einen Terrakottatopf und setzte die Schnecke unter die Blätter. Dann brachte sie den Topf zu mir in die Wohnung und stellte ihn neben mein Bett.

»Ich habe eine Schnecke im Wald gefunden. Ich habe sie dir mitgebracht, sie sitzt hier unter den Veilchenblättern.«

»Wirklich? Warum hast du sie denn mitgebracht?«

»Ich weiß auch nicht. Ich dachte, du hast vielleicht Freude daran.«

»Lebt sie noch?«

Sie hob das eichelgroße braune Schneckenhaus hoch und betrachtete es.

»Ich glaube schon.«

Warum, fragte ich mich, sollte ich an einer Schnecke Freude haben? Was in aller Welt sollte ich mit ihr anfangen? Aufstehen und sie in den Wald zurückbringen konnte ich nicht. Sie interessierte mich nicht sonderlich, und falls sie wirklich noch lebte, war die Verantwortung – gerade für etwas so Abwegiges wie eine Schnecke – einfach zu groß.

Meine Freundin umarmte mich, verabschiedete sich und fuhr davon.

Mit vierunddreißig Jahren wurde ich auf einer kurzen Europareise von einem mysteriösen viralen oder bakteriellen Krankheitserreger befallen, der schwerwiegende neurologische Symptome hervorrief. Ich hatte mich für unverwundbar gehalten. Aber das war ich nicht. Und ich hatte geglaubt, falls es doch einmal Probleme geben sollte, würde mich die moderne Medizin schon wiederherstellen. Aber dem war nicht so. Auch den Fachärzten mehrerer großer Kliniken gelang es nicht, den Urheber der Infektion zu identifizieren. Über Monate hinweg war ich immer wieder im Krankenhaus, und es kam zu lebensbedrohlichen Komplikationen. Ein noch nicht zugelassenes Medikament, das mir schon in der Erprobungszeit zugänglich gemacht wurde, stabilisierte meinen Zustand, doch es sollte mehrere zermürbende Jahre dauern, bis ich zumindest teilweise genesen war und wieder arbeiten konnte. Meine Ärzte meinten, die Krankheit liege hinter mir, und ich wollte ihnen glauben. Ich war so froh, mein altes Leben fast vollständig wiederzuhaben.

Doch dann erlitt ich aus heiterem Himmel mehrere tückische Rückfälle und war schließlich wieder bettlägerig. Weitere aufwendigere Untersuchungen brachten zutage, dass die Mitochondrien in meinen Zellen nicht mehr richtig funktionierten; alle nicht bewusst gesteuerten Körperfunktionen, darunter auch Herzfrequenz, Blutdruck und Verdauung, waren gestört. Das mittlerweile zugelassene Medikament, das mir zunächst geholfen hatte, zeigte nun gefährliche Nebenwirkungen; wenig später sollte es wieder vom Markt genommen werden.

Auch wenn der Körper zu nichts mehr zu gebrauchen ist, jagt der Geist doch weiter wie ein Bluthund auf den gewohnten Neuronenbahnen dahin und versucht, die Antworten zu einem Wust von Fragen aufzuspüren – das Warum, Was und Wann und das unvorstellbar ferne Wie. Eine erschöpfende Suche, und die Antworten entziehen sich. Manchmal herrschten in meinem Kopf nur Lustlosigkeit und Leere, zu anderen Zeiten waren meine Gedanken in wildem Aufruhr, und ich wurde von unsagbarer Traurigkeit und einem kaum erträglichen Verlustgefühl übermannt.

Bei guter Gesundheit erscheint es einem selbstverständlich, dass das Leben einen Sinn hat, und es ist erschreckend, wie rasch eine Krankheit diese Gewissheit zunichtemachen kann. Ich schaffte es mit Mühe und Not, den einzelnen Moment zu bewältigen, und jeder dieser Momente zog sich hin wie eine endlose Stunde, doch zugleich verstrichen ganze Tage unbemerkt. Auch ungenutzt durchlebte Zeit vergeht, als hätte die Zeit einen unstillbaren Hunger und vertilgte den Tag komplett, ohne einen Krümel, eine Spur, eine Erinnerung zu hinterlassen.

Man hatte mich in einem Studio untergebracht, wo ich besser versorgt werden konnte. Mein Bauernhaus, das ungefähr fünfundsiebzig Kilometer entfernt lag, wurde verschlossen. Ich wusste nicht, ob und wann ich je wieder dorthin würde zurückkehren können. Vorläufig war mir eine Rückkehr nach Hause nur möglich, indem ich die Augen schloss und mich erinnerte. Ich sah den Vorfrühling, die violetten Ackerveilchen – gleich denen an meinen Bett –, die sich im ganzen Garten ausbreiteten. Und die duftenden rosa Stiefmütterchen, die ich in dem kleinen Waldgarten nördlich meines Hauses gepflanzt hatte – auch die blühen jetzt bestimmt. Obwohl sie in diesen nördlichen Regionen eigentlich nicht winterfest waren, überdauerten sie irgendwie. In Gedanken konnte ich ihren süßen Duft riechen.

Vor meiner Krankheit waren meine Hündin Brandy und ich oft durch den ausgedehnten Wald hinter dem Haus zu einem versteckten, in den Bergen entspringenden Bach gelaufen. Sein vom Wetter und den Jahreszeiten erzählendes Lied begleitete uns, während wir mal hier, mal dort auf Steinen, die halb aus dem Wasser lugten, das Bachbett überquerten. Auf dem Rückweg fand ich an einer sehr sumpfigen Stelle auf kleinen Inseln aus Wurzelwerk und Moos winzige wilde Veilchen, weiß mit zartlila gestreiftem Kelch.

Die Ackerveilchen an meinem Bett waren frisch und lebendig, im Gegensatz zu den sonst üblichen Schnittblumen, die andere Freunde mitbrachten. Die Schnittblumen hielten immer nur ein paar Tage, und sie hinterließen trübes, übel riechendes Wasser. In meinen Zwanzigern hatte ich mir mein Geld als Gärtnerin verdient, daher war ich froh, dieses kleine Stückchen Garten direkt neben meinem Bett zu haben. Ich konnte die Veilchen sogar mit meinem Wasserglas gießen.

Aber was war nun mit der Schnecke? Was sollte ich mit ihr anfangen? So klein sie war, hatte sie doch friedlich vor sich hin gelebt, als meine Freundin sie aufhob. Welches Recht hatten wir, in ihr Leben einzugreifen? Wobei ich mir nicht vorstellen konnte, wie das Leben einer Schnecke überhaupt aussah.

Ich erinnerte mich nicht daran, auf meinen zahllosen Spaziergängen im Wald je Schnecken gesehen zu haben. Vielleicht, dachte ich mit Blick auf das unscheinbare braune Tier, lag das an ihrem unauffälligen Äußeren. Den Rest des Tages blieb die Schnecke in ihrem Gehäuse, und ich war zu erschöpft von dem Besuch meiner Freundin, um noch einen weiteren Gedanken an meine Schnecke zu verschwenden.

2. Entdeckung

Schlafen und Aufstehen

Stets mit deinem Gehäuse

O Schnecke.

Kobayashi Issa (1763 – 1828)

 

Um die Abendessenszeit stellte ich überrascht fest, dass die Schnecke wach war. Sie lebte also. Der sichtbare Teil ihres Körpers war fast fünf Zentimeter lang und feucht. Der Rest war in dem zweieinhalb Zentimeter hohen Schneckenhaus verborgen, das sie elegant auf dem Rücken balancierte. Ich sah zu, wie sie langsam an der Seite des Blumentopfs hinabkroch. Während sie dahinglitt, wedelte sie sanft mit den Fühlern.

Den ganzen Abend lang erkundete die Schnecke die Außenwand des Topfes und den Untersetzer, in dem er stand. Ihr gemächliches Tempo faszinierte mich. Ich fragte mich, ob sie im Lauf der Nacht davonkriechen würde. Vielleicht würde ich sie nie mehr wiedersehen und das Schneckenproblem würde sich in Wohlgefallen auflösen.