Das Gesicht Gottes - Igor & Grichka Bogdanov - E-Book

Das Gesicht Gottes E-Book

Igor & Grichka Bogdanov

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Beschreibung

Das letzte Rätsel des Universums wird entschlüsselt – eine fesselnd geschriebene Kosmologie, die auch Laien für Astrophysik begeistert

„Das ist Das Gesicht Gottes“, rief der Nobelpreisträger George Smoot aus, als er 1992 die ersten Fotos des Satelliten Cobe sah. Sie zeigen das Universum 380 000 Jahre nach dem Big Bang – in kosmischen Dimensionen ein früher Zeitpunkt, ein Schnappschuss der Geburt des Universums. Die Zwillingsbrüder und Kosmologen Igor und Grichka Bogdanov wagen sich in diesem Buch an fundamentale Menschheitsfragen heran: „Was geschah am Anfang?“, „Worin bestehen Sinn und Ziel des Universums?“ und „steckt hinter allem eine geistige Kraft, die man Gott nennen kann?“ Die Frage nach Gott ist für den Naturwissenschaftler seit jeher heikel. Die neueren Erkenntnisse der Physik legen jedoch den Schluss nahe, dass bereits beim Big Bang und davor kosmische Gesetze existierten, die auf die Entstehung von Leben hin konzipiert waren. Unser Universum ist tatsächlich bewusst! Die genialen Brüder Bogdanov bringen das Kunststück fertig, Kosmologie allgemein verständlich und zugleich ungemein fesselnd darzustellen. Sie schildern das Abenteuer, dem Universum Schritt für Schritt seine Geheimnisse abzulocken, und die Wissenschaftler, die sich ganz diesem heldenhaften Versuch verschrieben: Albert Einstein, Georges Lemaître, Edwin Hubble, Stephen Hawking und all die anderen. Die Autoren laden uns ein, sie auf die faszinierende Reise zur Stunde Null zu begleiten – an den Anfang der Zeit und des Universums, den Beginn von allem.

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Seitenzahl: 230

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Igor & Grichka Bogdanov

Das Gesicht Gottes

Was war vor dem Big Bang?

Vorwort von Robert W. Wilson, Nobelpreisträger der Physik

Aus dem Französischen von Elisabeth Liebl

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. Die französische Originalausgabe erschien 2010 unter dem Titel »Le visage de Dieu« bei Éditions Grasset, Paris.

1. Auflage

Deutsche Erstausgabe

© 2011 der deutschsprachigen Ausgabe

Riemann Verlag, München

in der Verlagsgruppe Random House GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 München

© 2010 Éditions Grasset & Fasquelle

Lektorat: Gerhard Juckoff

Satz: Barbara Rabus

ISBN 978-3-641-06979-7V002

www.riemann-verlag.de

»Für einen gläubigen Menschen ist das, als erblicke er das Antlitz Gottes.«

George Smoot, Nobelpreisträger der Physik, als er am 23. April 1992 die Bilder des entstehenden Universums zeigte, aufgenommen vom Satelliten COBE

Inhalt

Vorwort von Robert Wilson

Einführung

1 Wo finden wir das Gesicht Gottes?

2 Das ewige Universum

3 Das Ende der Ewigkeit

4 Das Uratom

5 Das tiefgründigste Geheimnis des Kosmos

6 Und es ward Licht

7 Der Big Bang am Horizont

8 Die Entdeckung des ersten Lichts

9 Das Feuer der Schöpfung

10 Der Geist des Big Bang

11 Die Astronomen aus Metall

12 Das »Gesicht Gottes« fotografieren

13 Das Universum in den Kinderschuhen

14 Die Plancksche Mauer

15 Warum ist das Universum so fein abgestimmt?

16 Welche Form hat das Universum?

17 Woher stammen die Falten in der Zeit?

18 Zurück zum vollkommenen Gleichgewicht des Ursprungs

19 Der seltsame Moment des Big Bang

20 Woher kommt die dunkle Energie?

21 Was war vor dem Big Bang?

Schlusswort

Anhang

James Peebles: Der lange Weg zum heißen Big Bang

Robert Wilson: Die Karte des Universums in seinen Anfängen

John Mather: Die ersten Spuren in der Raumzeit

Plancks Geburt

Anmerkungen und Quellenangaben

Vorwort

In diesem Buch von Igor und Grichka Bogdanov, dessen Titel sich auf den berühmten Ausspruch meines Kollegen George Smoot bezieht, werden Sie die faszinierendste und geheimnisvollste Geschichte lesen, die Sie sich nur vorstellen können: die Geschichte unseres Ursprungs. Ja, Ihres und meines Ursprungs, aber vor allem die des Universums.

Jede gute Geschichte hat ihre Helden. Igor und Grichka werden Sie mit vielen der Wissenschaftler bekanntmachen, die zur Theorie vom Big Bang Wesentliches beigetragen haben, anfangs nur auf dem Papier, heute zunehmend mithilfe hochtechnisierter Satelliten. Ich hatte leider nicht das Glück, die Helden der Anfänge wie Alexander Friedmann oder Edwin Hubble kennenzulernen. Doch viele der Menschen, denen Sie auf diesen Seiten begegnen werden, kenne ich persönlich – Fred Hoyle zum Beispiel oder George Gamow und Robert Dicke. Es ist mir eine große Freude, mich mit zwei der großen Protagonisten der Big-Bang-Theorie in diesem Buch wiederzufinden: James Peebles und John Mather, deren Beiträge Sie im Anhang finden. Wie Sie in diesem Buch erfahren werden, haben Jim Peebles und seine Forschungsgruppe in Princeton mir entscheidend dabei geholfen, das geheimnisvolle Phänomen zu verstehen, auf das ich zusammen mit Arno Penzias gestoßen war. John Mather hat zusammen mit seinem Team später den Satelliten COBE entwickelt, dessen Daten unsere Theorien bestätigen konnten.

Hätte COBE nicht die minimalen Temperaturschwankungen im ersten Lichtstrahl des Universums belegt, hätten wir enorme Schwierigkeiten gehabt, unsere Existenz als Menschen zu erklären. Ich kann gut verstehen, wie aufgeregt George Smoot war, als er die ersten Daten von COBE bekam. Das war der eigentliche Grund für seinen Ausruf, dass wir nun gleichsam ins Angesicht Gottes blickten. Ich hätte es vermutlich anders formuliert. Auch wenn dieses Bild etwas unglaublich Beeindruckendes hat, ich hätte eher gesagt: »Nun können wir endlich das Urantlitz der Schöpfung bewundern«, statt vom Schöpfer selbst zu sprechen. Und doch! »Irgendetwas« war am Anfang da, damit alles so wunderbar seinen Platz finden konnte. Ich meine: Wenn Sie im jüdisch-christlichen Sinne religiös sind, dann gibt es keine Theorie, die der Schöpfungsgeschichte nähersteht als die des Big Bang. Daher werde ich in meinem Beitrag am Ende dieses Buches noch einmal näher auf diese Geschichte eingehen, die sich auch ein wenig mit meiner persönlichen Geschichte deckt.

Für den Augenblick aber möchte ich Sie nur einladen, Igor und Grichka Ihr Ohr zu leihen, während sie uns die Geschichte eines fantastischen Abenteuers erzählen: Es wird uns zu den Ursprüngen des Universums führen und einer der revolutionärsten Ideen folgen, die es in der Menschheitsgeschichte je gab.

Robert W. Wilson Nobelpreis für Physik 1978 Universität Harvard

Einführung

Washington, 23. April 1992. Wir befinden uns auf der Jahreskonferenz der ehrwürdigen American Physical Society im Ramada-Hotel. Es ist kurz nach Mittag. George Smoot, ein jovialer bärtiger Physiker, den zu jener Zeit noch kein Mensch kennt, hat gerade ein Sandwich vertilgt und ein Glas Wasser getrunken. Nun macht er sich auf in den Saal, wo die Pressekonferenz stattfinden wird. Er will eine Nachricht verlesen, die – wie er weiß – um die ganze Welt gehen wird. Und George Smoot genießt diesen Moment. Er hat für diesen bedeutenden Anlass seinen besten Anzug aus dem Schrank geholt. 15 lange Jahre hat er auf diesen Augenblick gewartet. 15 Jahre harter Arbeit, Tag um Tag, manchmal auch Nacht um Nacht. Eine schier endlos erscheinende Kette von Hindernissen, nahezu unüberwindlichen Schwierigkeiten, harten Kämpfen, Rückschlägen, Unfällen, Enttäuschungen, Kritik und Ungewissheit hat ihn heute hierhergeführt. In einigen Minuten wird er der Öffentlichkeit seine große Entdeckung verkünden, sie detailliert präsentieren und der ganzen Welt erklären. Einen Augenblick lang hält er inne. Er sucht nach Inspiration, rückt sich die Brille auf der Nase zurecht, dann öffnet er unvermittelt die Tür zum Presseraum.

Ein Murmeln erhebt sich, schwillt langsam an, bis es wieder erstirbt. Von seinen Kollegen Ned Wright, Chuck Bennett und Al Kogut begleitet, ersteigt George Smoot als Erster das Podium. Die Treppe knarrt und versetzt der Stille bei jedem Schritt einen weiteren Stoß. Bevor er sich setzt, lässt George seinen Blick über das Auditorium gleiten. Die Stimmen werden leiser und leiser. Der Saal ist bis zum letzten Platz gefüllt. Ein kaum noch hörbares Flüstern verrät die Spannung der Wartenden. Ein magischer Augenblick: als bräche ein Wunder sich Bahn. Das durchdringende Surren einer Fliege an einer der Fensterscheiben durchbricht die fast schon feierliche Stimmung. Die vier Wissenschaftler sehen sich schweigend an. Eine Reihe von Scheinwerfern erhellt den Saal. Zahllose Kameras verfolgen die Bewegung der vier. Das gleißend helle Licht, durchzuckt von zahlreichen Blitzlichtern, wirkt wie ein Flammenmeer. Smoot räuspert sich. Der Raum öffnet sich vor ihm wie ein tiefer Abgrund. Erst allmählich dringt ihm ins Bewusstsein, wie groß das Interesse der Öffentlichkeit an den Forschungsarbeiten ist, die er und sein Team in all den Jahren durchgeführt haben.

Er fängt an zu sprechen. Die ersten Worte tasten sich leise in den Saal und suchen ihren Weg durch die erhitzte Luft.

»Wir haben die ältesten und größten Strukturen beobachtet, die jemals im frühen Universum gesichtet wurden. Sie stammen aus der Zeit etwa 380 000 Jahre nach dem Big Bang.«

Einen Moment lang schweigt er. Dann fährt er fort:

»Es handelt sich dabei um die Keimzellen heutiger Strukturen wie Galaxien, Galaxienhaufen und so weiter. Sie stellen Falten im Gewebe der Raumzeit dar, die sich aus der Zeit der Schöpfung erhalten haben.«1

Smoots Worte lassen auch die Letzten verstummen. Er hebt den Blick und lässt die Information wirken. Die Journalisten im Raum scheinen von einer Art Schwindelgefühl ergriffen. Jeder Einzelne von ihnen begreift, dass diese wenigen Worte die Welt der Kosmologie erschüttern werden: Zum ersten Mal hatte ein Satellit, der Cosmic Background Explorer (COBE), das älteste Licht des Universums aufgenommen. Diese Urstrahlung lieferte erste Informationen darüber, wie das »kosmische Ei« kurz nach seiner Entstehung vor mehr als 13 Milliarden Jahren aussah. Drei Jahrzehnte lang hatten die Astrophysiker geforscht, gesucht und Theorien aufgestellt. Nun hielten sie den Beweis in Händen, mit dessen Hilfe sie eines der ältesten Rätsel der Kosmologie lösen konnten: Hier hatten sie das älteste Bild des Universums vor Augen, rote, gelbe und blaue Flecken, klarer als der Mond mit bloßem Auge bei gutem Wetter – oder der Jupiter im Teleskop – zu sehen sind.

George Smoot, der Vater des COBE-Satelliten, ahnt in diesem Augenblick noch nicht, dass er im Jahr 2006 für seine Arbeit den Nobelpreis erhalten wird. Doch angesichts dieser absolut unvorstellbaren Bilder von der Schöpfung des Universums äußert er einen Satz, den niemand von ihm erwartet hätte und der in dem überhitzten Presseraum jeden elektrisiert: »Für einen gläubigen Menschen ist das, als erblicke er das Antlitz Gottes.«

Ein Raunen geht durch die Menge. Einzelne Kommentare werden hörbar. Die Tür geht auf, zwei Zuhörer gehen hinaus. Smoot rutscht ein wenig unsicher auf seinem Stuhl hin und her. Hat er zu viel gesagt? Wurde er vielleicht falsch verstanden? Waren die zwei Menschen, die hinausgingen, vielleicht entsetzt, den Begriff »Gott« auf einer wissenschaftlichen Konferenz zu hören? »Ich hätte es vermutlich anders ausgedrückt«, schreibt Robert Wilson im Vorwort zu diesem Buch. »Ich hätte eher gesagt: ›Nun können wir endlich das Urantlitz der Schöpfung bewundern‹, statt vom Schöpfer selbst zu sprechen.« Es sollte eine schlichte Metapher sein, ein sprachliches Bild. Doch George Smoot ahnte bereits, dass diese Aussage, die er nicht in religiösem Sinne verstanden wissen wollte, ihm in Wissenschaftlerkreisen Probleme machen würde.

Dabei kamen die Informationen, welche COBE lieferte, tatsächlich einem Wunder gleich: »Es handelt sich hier um die wichtigste Entdeckung des Jahrhunderts! Vielleicht aller Zeiten!«, meinte Stephen Hawking dazu. Die Begeisterung des weltberühmten englischen Wissenschaftlers war der Bedeutung des Ereignisses angemessen.

***

1992 wusste man noch recht wenig über die sogenannte »fossile Hintergrundstrahlung« (wie die Wissenschaftler das uranfängliche »Licht« des Universums nennen). Sie war 1964 von zwei amerikanischen Forschern entdeckt worden, die für die Bell Laboratories – die Forschungsabteilung der großen Telekommunikationsgesellschaft – Messungen mit einer hochempfindlichen Radioantenne durchführten. Mehr oder weniger durch Zufall stießen sie auf eines der unglaublichsten Phänomene, das die Menschheit je entdeckt hat. Penzias und Wilson – so die Namen der beiden Forscher – hatten, ohne es zu wissen, die Reste des ältesten Lichtstrahls im Universum entdeckt (Wilson berichtet darüber in seinem Beitrag im Anhang dieses Buches). Diese Strahlung war alles, was von der unglaublichen Energie des Big Bang noch übrig war. Ihre Temperatur nahm über Jahrmillionen kontinuierlich ab, bis sie heute 2,7 Grad über dem absoluten Nullpunkt (also –270,45 Grad Celsius) erreichte.

Doch weder Penzias noch Wilson, noch andere Wissenschaftler hatten bis dahin gesehen, was Smoot und Mather ein Vierteljahrhundert später entdecken würden. Denn in der fossilen Hintergrundstrahlung gab es Unregelmäßigkeiten. Als wäre diesen Bildern vom Anfang des Universums (wie George Smoot einmal sagte) »etwas eingeschrieben«. Das uranfängliche Universum schien auf geheimnisvolle Weise vorkonfiguriert. Es wirkte wie eine »kosmologische Karte«, die in ihren Falten und Furchen auf das spätere Aussehen des Kosmos verwies.

***

Das Rätsel dieser Falten ist bis heute noch nicht gelöst. Im Jahr 2001 startete eine weitere Raumsonde: die Wilkinson Microwave Anisotropy Probe (WMAP). Sie ist mit noch empfindlicheren Messgeräten ausgestattet als ihre Vorgängerin, und sie ist darauf ausgelegt, die Falten in der fossilen Hintergrundstrahlung aufzunehmen. Doch die Bilder, die von dieser Sonde bislang veröffentlicht wurden, trugen nicht unbedingt dazu bei, die entscheidende Frage bei diesem Problem zu lösen: Woher rühren die Unregelmäßigkeiten, die es 380 000 Jahre nach dem Big Bang in der Hintergrundstrahlung gab? Sämtliche Theorien über den Ursprung des Universums stoßen unweigerlich an eine bestimmte, unüberwindliche Grenze: die Plancksche Mauer. Diese liegt unendlich weit in der Zeit zurück, noch vor dem »ersten Licht« des Universums, das COBE gemessen hat, und sie ist so winzig, dass man sie sich kaum vorstellen kann: 10–33 cm, ein »Hauch von nichts«, die kleinste Länge im Universum. Wenn wir uns vorstellen, die Plancksche Mauer sei 3 Meter hoch, dann wäre ein einziges Wasserstoffatom so groß wie das gesamte Universum. Kein Wunder also, dass die klassische Physik (die der Achtzigerjahre ebenso wie die heutige) angesichts solcher Dimensionen zum Schweigen verurteilt ist.

***

In Gott und die Wissenschaft, einem Buch, das wir zusammen mit dem Philosophen Jean Guitton geschrieben haben, erklären wir, dass man das Universum womöglich als Geheimbotschaft in einem noch unbekannten Code auffassen kann, eine Art kosmischer Hieroglyphe, die wir gerade erst zu entziffern beginnen. Diese geheime Botschaft könnte in die Struktur des ursprünglichen Universums eingewoben sein, in dieser weit zurückliegenden Zeit, in der alles, was sein wird, im ersten Licht bereits vorprogrammiert zu sein scheint. Natürlich beruht das Universum, wie wir es kennen, auf den Gesetzen der Physik, doch ebendiese scheinen auf eigentümliche Weise »außerhalb« unserer Wirklichkeit, also jenseits des Big Bang, zu wurzeln. In seinem Buch Der Plan Gottes erklärt der amerikanische Physiker Paul Davies:

Welche Art metaphysische Instanz könnte ein Universum erschaffen? Es ist wichtig, sich vor dem naiven Bild eines Schöpfers zu hüten, der zu einem bestimmten Zeitpunkt mit übernatürlichen Mitteln ein Universum erzeugt, wie ein Zauberer ein Kaninchen aus dem Hut hervorzieht. Wie ich ausführte, kann die Schöpfung nicht nur in der Auslösung eines Urknalls bestehen. Wir suchen vielmehr nach einem subtileren, zeitlosen Begriff einer Schöpfung, die, mit Hawkings Worten, den Gleichungen Odem einbläst und so das nur Mögliche zu etwas wirklich Existentem macht. Diese Instanz ist in dem Sinne schöpferisch, als sie die Gesetze der Physik zu verantworten hat, die unter anderem bestimmen, wie sich die Raumzeit entwickelt.2

Diesen »subtileren, zeitlosen Begriff einer Schöpfung«, von dem Paul Davies spricht, hoffen wir, in Fragmenten erkannt zu haben. (So wie man die ursprünglichen Konturen eines Basreliefs an seinen Überresten erkennen kann.) Diese Fragmente wollen wir Ihnen hier vorstellen. Im Vorwort zu dem genannten Buch schreibt Paul Davies gar:

Ich gehöre zu der Gruppe von Wissenschaftlern, die sich zu keiner der großen Religionen bekennen, aber ich meine doch, das Weltall könne kein zweckfreier Zufall sein. Meine wissenschaftliche Arbeit hat mich immer mehr davon überzeugt, dass das physikalische Universum einfach genial konstruiert ist. Das kann ich nicht einfach als schlichte Tatsache hinnehmen. Es muss, so scheint mir, eine tiefere Erklärungsebene geben. Ob man diese tiefere Ebene »Gott« nennen will, ist eine Frage des Geschmacks und der Definition.3

Vielleicht war es ja auch »Geschmackssache«, dass die Physiker, dem Nobelpreisträger von 1988 Leon Lederman folgend, das geheimnisvollste Teilchen, das die Welt des unendlich Kleinen bevölkert, »Gottesteilchen« genannt haben. Im Moment versuchen die Physiker des LHC, des Teilchenbeschleunigers am Forschungsinstitut CERN in Genf, ebendieses Teilchen dingfest zu machen. Die dort beschleunigten Teilchen flitzen in einer Sekunde sage und schreibe 11 000 Mal durch die 27 Kilometer lange Beschleunigerstrecke! Ein Zufall? Eines der Ziele der Wissenschaftler am LHC ist es, ebenjene Umweltbedingungen zu schaffen, die bei der Entstehung des Universums herrschten, also einen Sekundenbruchteil nach dem Big Bang! Der große Traum der modernen Physik ist es, das zu finden, was die Wissenschaft die »Supersymmetrie« nennt, also das vollkommene Gleichgewicht, das zu Anbeginn der Schöpfung in der Raumzeit herrschte.

***

Ohne Zweifel waren es diese Fragen, die George Smoot zu folgendem Satz bewegten, der sein Buch Das Echo der Zeit abschließt:

In dem Augenblick, da der Kosmologe erkennt, wie die Gesetze und Prinzipien des Kosmos sich allmählich zu einem Ganzen fügen, dass sie miteinander verflochten sind, dass sie eine Symmetrie zeigen, welche die alten Mythologien ihren Göttern vorbehielten, wenn ihm klar wird, dass diese Gesetze besagen, dass das Universum expandieren muss, dass es flach sein muss, dass es all das sein muss, was es ist – in diesem Augenblick nimmt er reine, unverfälschte Schönheit wahr. Das religiöse Schöpfungskonzept entspringt einem Staunen über die Existenz des Universums und unsere Stellung in ihm.4

***

Nachdem die vier Wissenschaftler zwei Stunden lang die Fragen der Journalisten beantwortet haben, bleibt George Smoot noch einen Augenblick still sitzen, den Blick ins Leere gerichtet. Vielleicht stellt er sich damals schon die Frage, die er später in seinem Buch formulieren wird: »In der Kosmologie fließen Physik, Metaphysik und Philosophie ineinander, und wenn die Forschung sich der letzten Frage nähert, der Frage nach unserer Existenz, verwischen sich zwangsläufig die Grenzen.«5 Sie verwischen sich so sehr, dass man sich angesichts der Bilder vom entstehenden Universum unwillkürlich fragt: »Warum gibt es etwas und nicht nichts? Warum gibt es das Sein? Das ›gewisse Etwas‹, das uns vom Nichts trennt?« Wenn die »kosmische DNS«, von der Smoot in seinem Buch spricht, tatsächlich existiert, dann müssen wir sie ohne jeden Zweifel am Ursprung suchen: in jenem ersten Moment, der für die Entwicklung der Welt so bedeutsam werden wird. Und wir müssen unseren Blick über den Big Bang hinausrichten. Vielleicht entdecken wir dort, in der uranfänglichen Singularität, das tiefste Geheimnis – in der imaginären Zeit, in der Stunde null. Natürlich wäre es für jeden Forscher ein unglaubliches Erlebnis, wenn er herausfände, dass die Spuren dieses uranfänglichen Geheimnisses sich in der kosmischen Hintergrundstrahlung noch finden lassen.

Eines der Ziele in der Wissenschaft ist es, die augenscheinliche Komplexität der Phänomene zu reduzieren, um ihnen eine einfache Erklärung zu geben. Wenn Sie eine Handvoll Schnee betrachten, sehen Sie schnell, dass jede einzelne Flocke sich von der anderen unterscheidet. Manche kristallisieren sternförmig, andere in Sechsecken, wieder andere in vollkommen kreisförmigen Mustern mit sechs winzigen Spitzen: Jede von ihnen ist einzigartig, jede kann zahllose Formen annehmen. Dieser unglaubliche Formenreichtum, diese Millionen und Abermillionen verschiedenster Kombinationsmöglichkeiten aber lassen sich auf eine recht simple Wirklichkeit zurückführen, die allen Schneeflocken gemein ist: Wenn Sie sie eine Zeit lang in der Hand halten, lösen sich die komplexen Formen auf und zurück bleiben nur ein paar Tropfen Wasser – ein bisschen Wasserstoff, noch weniger Sauerstoff.

Wir werden uns nun auf die Suche nach der uranfänglichen Einfachheit machen, die den Kosmos 13,7 Milliarden Jahre vor deren Formulierung in diesem Buch prägte. Wir tun dies in der Hoffnung, den Schleier ihres Geheimnisses wenigstens ansatzweise lüften zu können.

1 Wo finden wir das Gesicht Gottes?

An einem düsteren Novemberabend des Jahres 1990 kehren wir von einem Spaziergang mit dem Philosophen Jean Guitton durch die Gärten des Palais du Luxembourg in die Rue de Fleurus zurück. Der Wind hatte unsere Gewissheiten ordentlich durcheinandergeschüttelt und war gerade dabei, den Hut des alten Denkers christlicher Schule zu entführen, als dieser sich bückte, um ihn aufzuheben, und – sich aufrichtend – meinte: »Wie wird Gott …« Den Rest des Satzes trug der Wind davon. In die unvermittelte Stille hinein wiederholte er seine Frage: »Wie wird Gott im Kosmos sichtbar?« Diese Frage, die der Abendwind davontrug, wurde zur Keimzelle des Buches, das wir zusammen schrieben: Gott und die Wissenschaft.6

Seltsamerweise stellte sich uns diese Frage zwei Jahre später erneut, diesmal vor einem wissenschaftlichen Hintergrund, und zwar an ebenjenem Tag im April 1992, als George Smoot versuchte, uns die Tragweite der Bilder begreiflich zu machen, die uns eine Momentaufnahme vom Ursprung des Universums zeigten, eine Vision aus den Abgründen der Unendlichkeit, die mit nichts anderem vergleichbar war als dem Angesicht Gottes. Smoot führte diese Metapher übrigens später fort. Als er fünf Jahre nach seiner Entdeckung in der renommierten Zeitschrift Science die fossile Hintergrundstrahlung beschrieb, nannte er sie »die Handschrift Gottes«.7

***

Hier also unsere erste Frage: Warum bemühte George Smoot, der sich im Allgemeinen wie jeder Wissenschaftler hütet, metaphyische Aussagen zu machen, an jenem Frühlingstag im Jahr 1992 plötzlich Gott, um zu beschreiben, was seine Satellitenbilder zeigten? Wir haben diese Frage seinem alten Weggefährten John Mather gestellt, der zusammen mit ihm im Jahr 2006 den Nobelpreis für Physik erhalten hat. Hier seine Antwort: »Warum George das gesagt hat? Nun, wie er später erklärt hat, wollte er den Menschen helfen, die Bedeutung der wissenschaftlichen Resultate besser zu begreifen. Aber natürlich protestierten viele Menschen gegen diese Ausdrucksweise, vor allem in den USA, wo die Religionsausübung immer auch eine Sache der Politik ist.«8

Natürlich zog jener Satz heftige Reaktionen nach sich. Als Smoot nach der Konferenz in sein Labor an der Universität Berkeley in Kalifornien zurückkehrte, fand er an der Tür ein Schild: »Haus des heiligen Grals«. Die Studenten hatten in der Eingangshalle große Plakate mit dem berühmten Bild des entstehenden Universums aufgestellt und darunter geschrieben: »Betrachten Sie das Antlitz Gottes.«

Auch in den heiligen Hallen der American Physical Society und im Kreise seiner Kollegen hatte George Smoots Ausspruch für Widerstand gesorgt. Was er uns im Übrigen selbst bestätigte: »Ich muss Ihnen ganz offen sagen, dass meine Äußerungen und speziell der Gottesvergleich am Tag der Vorstellung unserer Entdeckung mir viel Ärger eingetragen haben, gerade auch in der Gemeinde der Wissenschaftler.«9

Doch Smoot hatte gute Gründe, so weit zu gehen, wie er nun einmal gegangen war. Denn er hatte am Sternenhimmel ja durchaus »etwas« entdeckt. Etwas höchst Ungewohntes. Aber was nur? Möglicherweise dasselbe wie Richard Isaacman, Astrophysiker an der Universität Leiden. Auch er gehörte zum Team um George Smoot und John Mather, das den Satelliten COBE betreute. Er war in den Neunzigerjahren für die Auswertung der Satellitendaten verantwortlich und konnte die fantastische Entdeckung sozusagen als Direktübertragung verfolgen. Eines Tages (kurz nachdem der Satellit in seine Umlaufbahn gebracht worden war) entdeckte er die kaum verwechselbaren Strahlungskurven eines idealen Schwarzkörpers (womit man in der Physik ein Objekt im thermischen Gleichgewicht bezeichnet) in der kosmischen Hintergrundstrahlung und rief aus: »Ich hatte das Gefühl, als blicke ich Gott mitten ins Gesicht.«10

Fassen wir also kurz zusammen, worum es hier geht. Smoot hat uns selbst das Folgende dazu geschrieben: »Es handelte sich um eine Metapher, doch die Journalisten haben sie wörtlich genommen und weiterverbreitet, ohne auch nur zu versuchen, die Hintergründe zu verstehen, die tiefere Bedeutung.«11

Genau! Es liegt eine tiefere Bedeutung in dem, was George Smoot gesagt hat. Worin aber besteht sie? Um dies herauszufinden, sollten wir dem unendlichen Geheimnis unseres Ursprungs ins Auge blicken – mit Vernunft und Demut. Vielleicht machen dann auch wir eine Entdeckung, die dem gleicht, was Smoot in seinem Buch beschreibt: »Außerdem erkennen wir, wenn wir das Universum als Ganzes erforschen, immer mehr, dass Mikrokosmos und Makrokosmos ein und dasselbe sind. Wenn wir beides zusammennehmen, wird uns bewusst, dass die Natur nicht etwa deshalb so ist, wie sie ist, weil sie das Zufallsergebnis einer zufälligen Reihe von sinnlosen Ereignissen ist.«12

Wenn das Universum kein »Zufallsergebnis« ist, woher kommt es dann? Woher kommen wir?

***

Sicher haben auch Sie sich schon einmal in Ihrem Leben gefragt – und sei es nur einen flüchtigen Moment lang, ohne dieser Frage große Bedeutung beizumessen –, ob es wohl möglich sei, das »Gesicht Gottes« zu sehen? Wie können wir herausfinden, ob es »etwas« – oder gar »jemanden« – gibt, der hinter dieser gigantischen Maschinerie steht, die wir Universum nennen? Ein Geist, der »dem des Menschen unendlich überlegen ist«, wie Einstein 1936 einem Kind schrieb. Versuchen wir also einmal, so zu denken wie Einstein oder vielmehr wie die Wissenschaftler im Allgemeinen.

Was einen Wissenschaftler an der Natur interessiert und woran er von morgens bis abends (und mitunter auch nachts) arbeitet, sind die Gesetzmäßigkeiten, nach denen sie funktioniert. Nehmen wir etwas ganz Simples als Beispiel: die Schneeflocken, von denen wir gerade gesprochen haben. Jede einzelne Schneeflocke unterscheidet sich von der anderen durch ihre Form. Und doch haben alle ohne Ausnahme sechs Spitzen. Nicht vier oder fünf. Oder sieben. Warum aber genau sechs? Auch wenn das etwas mit dem Wasser zu tun hat, aus dem die Schneeflocken bestehen, wer hat entschieden, dass es sechs sein müssen? Und das ist nicht die einzige merkwürdige Gesetzmäßigkeit. Wenn Sie im Sommer an einer Wiese vorbeikommen, pflücken Sie doch mal wahllos ein paar Margeriten. Und zählen Sie die Blütenblätter. Die erste hat fünf, die zweite 13, eine andere acht. Aber Sie werden keine Margerite finden, die sieben Blütenblätter hat. Oder 16. Wieso? Weil auch die Zahl der Blütenblätter einer Blume kein Zufall ist. Tatsächlich folgt sie einem mathematischen Gesetz, das in den Tiefen der Blüte verborgen wirkt. Und wieder ist die Frage: Woher kommt dieses Gesetz?

Wenden wir uns erneut dem ersten Lichtstrahl des Universums zu. Wie Robert Wilson uns bereits sagte, ist das Erstaunlichste an der Hintergrundstrahlung ihre Regelmäßigkeit, die an ein Wunder grenzt: Die Temperatur der Strahlung schwankt maximal um ein Hunderttausendstelgrad im gesamten Weltraum. Dieselbe Temperaturänderung also, die Sie empfinden würden, wenn jemand auf dem Mond ein Streichholz anzündete! Wie lässt sich solch eine fein ausgewogene Regulierung erklären?

Aber machen wir erst einmal weiter. Wie Sie wahrscheinlich wissen, gibt es im Universum vier Grundkräfte. Zwei davon wirken in unserem alltäglichen Umfeld genauso wie in der Unendlichkeit, also in Ihrem Wohnzimmer ebenso wie in der grenzenlosen Weite der Sterne und Galaxien. Das ist zum einen die Gravitation (die dafür verantwortlich ist, dass Sie sich beim Lesen nicht von Ihrem Sessel in die Lüfte erheben), zum anderen die elektromagnetische Kraft (die vielleicht im Moment diese Seiten beleuchtet, die aber auch dafür sorgt, dass der Sessel unter Ihnen nicht in ein wirres Teilchengemisch zerfällt). Und die beiden anderen? Sie wirken nur auf der Ebene des unendlich Kleinen. Da ist zum einen die schwache Kernkraft (ohne die die Sonne nicht scheinen würde), zum anderen die starke Kernkraft (die die Elementarteilchen im Innern des Atomkerns zusammenhält).

Hier stoßen wir nun auf Zahlen, deren Feinabstimmung so präzise erscheint, dass sie fast »übernatürlich« wirkt. Ordnen wir der starken Kernkraft einmal den Wert 1 zu, dann ist die elektromagnetische Kraft 137-mal kleiner (also weder 138- noch 135-mal). Dann kommt die schwache Kernkraft, die eine Million Mal kleiner ist als die starke Kernkraft. Und schließlich die Gravitation, deren Wirken auf der Erde man Schwerkraft nennt: Sie ist 1000 Milliarden Milliarden Milliarden Milliarden Mal kleiner als die starke Kernkraft! Wie lässt sich dieser enorme Absturz um genau 39 (und nicht etwa 40) Potenzen erklären? Diese außerordentlich genaue Abstimmung ist umso verblüffender, als sie sich bei rund dreißig anderen Konstanten wiederfindet, die das Funktionieren unseres Universums gewährleisten, von der Größe des Staubkorns auf Ihrem Ärmel bis hin zu den Milliarden Sternen der Milchstraße.

Ohne diese Fundamentalkonstanten – genauer gesagt ohne deren exakte Feinabstimmung – könnte nichts existieren, weder Blume noch Hund, weder Katze noch irgendein anderes Lebewesen. Unsere Welt, ja das ganze Universum wäre in dieser Form nicht möglich. Der Physiker Stephen Hawking, der an den Rollstuhl gefesselt mit dem Blick auf seinen Bildschirm mit der Menschheit kommuniziert, meint in seinem Buch Eine kurze Geschichte der Zeit: »Die Naturgesetze enthalten nach heutigem Wissensstand einige grundlegende Zahlen, etwa die Größe der elektrischen Ladung des Elektrons oder das Massenverhältnis von Proton und Elektron … [So] scheint es, als ließen die Zahlenwerte, die die Entwicklung intelligenten Lebens ermöglichen, wenig Spielraum.«13

***

Im Laufe des Jahres 1998 hatten wir mehrere spannende Diskussionen mit einem gewissen Herrn Alexander Poliakow, einem russischen Wissenschaftler, der heute an der Universität Princeton lehrt (wo außer ihm noch andere Größen der Big-Bang-Forschung tätig waren, unter anderem Einstein, Dicke, Wilkinson, Peebles und Penzias). Poliakow ist Professor für theoretische Physik und wurde als solcher mit der Dirac-Medaille geehrt (einer der höchsten Auszeichnungen auf diesem Gebiet). Poliakows Arbeit übte einen bleibenden Einfluss auf die aktuelle theoretische Physik aus, da er 1975 als Erster (zur selben Zeit wie der Nobelpreisträger Gerard t’Hooft, allerdings von ihm unabhängig) die Natur dieser seltsamen »Pseudopartikel« beschrieb, die zwar nicht in der realen, möglicherweise aber in der imaginären Zeit existieren könnten. (Physiker stellen sich die imaginäre Zeit als fixen »Zeitraum« vor, der uns – wie wir noch sehen werden – bei der Entstehung des Universums begegnet.) Als Poliakow noch am Landau-Institut der ehemaligen Sowjetunion forschte, traf er folgende Feststellung: »Wir wissen, dass die Natur vom besten aller mathematischen Modelle beschrieben wird, weil Gott sie erschaffen hat.«14

Vielleicht drängt sich uns ja deshalb angesichts der Erscheinungen der Natur – einer Rosenblüte beispielsweise oder eines Sonnenuntergangs – mitunter unwillkürlich der Eindruck auf, als stünde eine ordnende Kraft dahinter, eine ungreifbare, aber wohlwollende Intelligenz, die das Räderwerk der Welt, ob sichtbar oder unsichtbar, in Gang hält. Auch wenn diese kaum fassbare Gewissheit meist schon im nächsten Moment dahin ist.

Und weiter?