Das gestohlene Manuskript - Robert B. Parker - E-Book

Das gestohlene Manuskript E-Book

Robert B Parker

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Beschreibung

Privatdetektiv Spenser wird an die Universität bestellt, um den Diebstahl eines wertvollen Manuskriptes aus dem 14. Jahr­hundert aufzuklären. Dabei gerät er an eine Studentenvereinigung, bei der einiges im Argen liegt und bald wird er in einen Mordfall verwickelt. Die Hauptverdächtige ist die schöne Terry Orchard. Spenser ist von ihrer Unschuld überzeugt und bemüht sich mit aller Kraft, sie zu entlasten. Nun hat er jedoch den Lehrstuhl, die Polizei und das organisierte Verbrechen gegen sich. Doch Schlitzohr Spenser lässt sich nicht von seiner Fährte abbringen und versucht die Wahrheit ans Licht zu bringen, mit allen Mitteln, so unorthodox sie auch erscheinen mögen …

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Robert B. Parker

Spenser und das gestohlene Manuskript

Der Privatdetektiv Spenser bekommt einen Auftrag vom Dekan einer Universität: Ein wertvolles Manuskript wurde gestohlen und die Universität wird erpresst. Alle Hinweise deuten auf die Studentenvereinigung SGDKA hin, die radikale Ziele verfolgt. Spenser beginnt mit seinen Ermittlungen, doch plötzlich wird ein Anführer der SGDKA ermordet und dessen Freundin, Terry Orchard, ist die Hauptverdächtige. Der Fall scheint klar, aber Spenser wird das Gefühl nicht los, dass Terry unschuldig ist. Er sieht eine Verbindung zum Diebstahl, weshalb er seine Nachforschungen ausweitet. Dabei kommt ihm die Universitätspolizei in die Quere. Auch ein Schlägertrupp versucht ihn aufzuhalten. Spenser wäre schließlich nicht Spenser, wenn er sich so leicht einschüchtern ließe. Er forscht weiter und macht dabei eine interessante Entdeckung …

Robert B. Parker wurde 1932 geboren. Nach seinem M.A. in amerikanischer Literatur promovierte er 1971 über die „Schwarze Serie“ in der amerikanischen Kriminalliteratur. Seit seinem Debüt „Spenser und das gestohlene Manuskript“ im Jahr 1973 sind fast 40 Spenser-Krimis erschienen. 1976 wurde Parkers Roman „Auf eigene Rechnung“ von der Vereinigung amerikanischer Krimi-Autoren mit dem „Edgar Allan Poe Award“ als bester Kriminalroman des Jahres ausgezeichnet. Robert B. Parker verstarb 2010.

Infos zum Autor unter www.robertbparker.de

Robert B. Parker

Spenser und

das gestohlene

Manuskript

Ein Auftrag für Spenser

Übersetzt von Angelika Haug

Mit einem Nachwort von Frank Göhre

PENDRAGON

1

Das Büro des Universitätsrektors sah aus wie der Salon eines erfolgreichen viktorianischen Freudenhauses. Wandtäfelung aus dunkelbraunem Walnuss. Zierlich gemusterte Vorhänge an den Fenstern. Brauner Teppich. Möbel aus schwarzem Leder mit Messingbeschlägen. Das Büro war wesentlich schöner als die Vorlesungssäle. Vielleicht hätte ich doch besser eine Krawatte tragen sollen.

Der Rektor, Bradford W. Forbes, war wohlgenährt und hatte ein stark gerötetes Gesicht, ziemlich langes weißes Haar und buschige weiße Augenbrauen. Er trug einen maßgeschneiderten braunen Nadelstreifenanzug mit Weste. Eine goldene Uhrkette mit einem Phi-Beta-Kappa-Schlüssel schlang sich um seine beachtliche Mitte. Sein Hemd war aus gelbem Wollstoff. Die blaugelb gestreifte Krawatte quoll über den Ausschnitt seiner Weste.

Während er sprach, drehte sich Forbes mit seinem Drehstuhl zum Fenster und betrachtete sein Spiegelbild in der Scheibe. Die ersten Schneeflocken blieben daran hängen, schmolzen und tropften auf das Fensterbrett aus weißem Ziegelstein. Ein grauer Novembertag. Typisch für Boston im Spätherbst. Aus diesem Grund sah Forbes’ Büro fröhlicher aus, als es sonst wahrscheinlich der Fall gewesen wäre.

Er erzählte mir von dem hohen Maß an Verantwortung und Einfühlungsvermögen, das die Arbeit eines Rektors erfordere. Anscheinend gab es noch eine ganze Menge darüber zu sagen. Ich war seit 20 Minuten in dem Zimmer, und meine Augen begannen bereits zu flimmern. Ich fragte mich, ob ich ihm sagen sollte, dass sein Büro wie ein Bordell aussah. Aber dann unterließ ich es doch.

„Verstehen Sie meine Lage, Mr. Spenser?“, fragte er und drehte sich wieder zu mir um. Er beugte sich über den Schreibtisch und legte beide Handflächen darauf. Seine Nägel waren manikürt.

„Ja, Sir“, sagte ich. „Wir Detektive lesen in einem Menschen wie in einem Buch.“

Forbes runzelte die Stirn. Dann sprach er weiter.

„Mr. Spenser, es handelt sich um eine äußerst delikate Angelegenheit.“ Er besah sich wieder in der Fensterscheibe. „Sie erfordert Zurückhaltung, Einfühlungsvermögen und eine Menge Berufserfahrung. Ich kenne die Leute nicht, die Sie normalerweise heranziehen, aber … “

Ich unterbrach ihn. „Dr. Forbes, auch ich habe ein College besucht. Ich bin nicht von gestern. Wenn ich eine heiße Spur verfolge, bin ich nicht mehr zu bremsen. Ich bin kein Akademiker, sondern Privatdetektiv. Haben Sie nun einen Auftrag für mich, oder polieren Sie lediglich Ihre Vorlesung für das neue Semester bei mir auf?“

Forbes holte tief Luft und atmete sie langsam durch die Nase aus.

„Staatsanwalt Frale erzählte uns bereits, dass Sie über Ihre eigenen Witze am lautesten lachen. Sagen Sie es ihm, Mr. Tower!“

Tower trat von der Wand weg. Er holte seinen Schnellhefter hervor. Tower war groß und dünn. Mit seinem Pagenkopf glich er Prinz Eisenherz mit langen Koteletten. Er trug Schnallenstiefel und einen braunen Gabardineanzug. Lässig stellte er einen Fuß auf den Stuhl und ließ den Ordner aufschnappen.

„Carl Tower“, stellte er sich vor. „Leiter der Universitätspolizei. Vor vier Tagen wurde aus der Bibliothek eine wertvolle Bilderhandschrift aus dem 14. Jahrhundert gestohlen.“

„Was ist eine Bilderhandschrift?“

Forbes erklärte: „Es handelt sich um ein von Mönchen handgeschriebenes Buch mit farbigen Illustrationen und roten oder goldenen Zierrändern. Das Buch, das gestohlen wurde ist in Latein geschrieben und enthält eine Anspielung auf den englischen Mystiker des 14. Jahrhunderts, Richard Rolle. Es wurde vor 40 Jahren hinter einer Zierfassade der Godwulf-Abtei entdeckt. Wahrscheinlich hatten es die Mönche dort während der Plünderung der Klöster versteckt, die dem Bruch Heinrichs VIII. mit Rom folgte.“

„Ach so! Ich verstehe.“

„Gut“, sagte Tower kurz. „Später werde ich Sie mit der Beschreibung und den Bildern vertraut machen. Jetzt wollen wir nur die allgemeinen Fakten klären. Heute Morgen erhielt Rektor Forbes einen anonymen Anruf von jemandem, der vorgab, einer revolutionären Organisation anzugehören. Der Anrufer behauptete, im Besitz des Manuskriptes zu sein. Seine Organisation fordere, dass wir 100 000 Dollar bei einem Wohltätigkeitslauf an der Universität spenden.“

„Warum gehen Sie nicht darauf ein?“

„Wir haben keine 100 000 Dollar, Mr. Spenser!“

Ich sah mich um. „Vielleicht können Sie einen Teil des Zimmers als Parkplatz vermieten“, schlug ich vor.

Forbes schloss zehn Sekunden lang die Augen, holte tief Luft und sprach dann weiter.

„Alle Universitäten arbeiten momentan mit Verlust. Diese hier besonders. Sie ist zu groß und hat keinen bekannten Namen. Die wenigen Gönner, die wir haben, sind fast alle aus nicht sehr vermögenden Familien. Jedenfalls haben wir keine 100 000 Dollar.“

Ich sah Tower an. „Kann die Handschrift verhökert werden?“

„Nein. Sie hat nur historischen und literarischen Wert. Der einzige Markt wäre ein anderes College, und dort würde man sie sofort erkennen.“

„Da ist noch ein Problem, Mr. Spenser“, mischte sich Forbes ein, „das Manuskript muss in einem klimatisierten Raum aufbewahrt werden, das heißt bei einer bestimmten Luftfeuchtigkeit. Es zerfällt, wenn es zu lange seinem Behälter entnommen wird. Der Verlust wäre tragisch.“ Forbes Stimme sackte beim letzten Satz ab. Er untersuchte einen Aschefleck auf seinem Rockaufschlag. Dann sah er mir fest in die Augen. „Können wir mit Ihnen rechnen, Mr. Spenser? Können Sie es zurückholen?“

„Das ist wohl Ihr letzter Wille.“

Hinter mir grunzte Tower. Forbes schaute so gequält, als habe er einen halben Wurm verschluckt. „Ich habe mich wohl verhört“, sagte er.

„Ich bin 37 Jahre alt und pleite, Dr. Forbes! Wenn Sie aber genügend Geld locker machen und aufhören auf die Tränendrüse zu drücken, werde ich tun, was ich kann.“

„So kommen wir nicht weiter“, meinte Tower. „Ich bringe ihn runter in mein Büro, Dr. Forbes, und zeige ihm alles. Ich kenne die Situation ja genau. Außerdem bin ich daran gewöhnt, mit Menschen wie ihm umzugehen.“

Forbes nickte schweigend. Als wir sein Büro verließen, stand er mit auf dem Rücken verschränkten Händen vor dem Fenster und starrte hinaus auf den Schnee.

Das Verwaltungsgebäude bestand aus Backsteinen mit Kunststoffkacheln und Trennwänden aus Milchglasscheiben. Die Wände des Korridors waren in zweierlei Grüntönen gehalten. Towers Büro lag sechs Stockwerke unter Forbes’ Büro und war nicht viel größer als dessen Schreibtisch. Die Einrichtung war aus beigem Metall.

Tower setzte sich, knabberte an seinem Bleistift und meinte: „Es ist unglaublich, wie Sie es verstehen, Ihre Kunden mit Ihrem Charme zu verzaubern, Spenser!“

Ich saß ihm gegenüber und hielt den Mund.

„Sicher“, sagte er, „der Alte ist ein harter Brocken, aber er hat ein Herz wie Butter.“

„Meinetwegen“, sagte ich. „Wenn ich einmal groß bin, möchte ich so sein wie er. Was ist jetzt mit dem Godwulf-Manuskript?“

„Richtig.“ Er nahm einen Farbdruck aus dem Ordner und gab ihn mir. Ich sah ein sehr schön geschriebenes Buch, das geöffnet auf einem Tisch lag. Die Worte waren lateinisch. Auf den leuchtend roten oder goldenen Zierrändern waren Ritter, Löwen und ein Drache abgelichtet, der von einem Helden gerade mit einer Lanze durchbohrt wird. Der erste Buchstabe auf jeder Seite war besonders sorgfältig gemalt und in die Malereien der Zierränder mit einbezogen.

„Das Manuskript wurde vor drei Nächten aus seinem Behälter in der Bibliothek genommen. Der Nachtwächter kam gegen 02:00 und 04:00 Uhr in das Zimmer. Um 04:00 Uhr fand er den Behälter leer vor. Aber er kann nicht mit Sicherheit sagen, ob das Manuskript um 02:00 Uhr noch da war. Möchten Sie mit ihm sprechen?“

„Nein“, antwortete ich. „Das ist eine Routineangelegenheit. Sie oder die Bullen können das genauso gut machen. Haben Sie einen Verdacht?“

„SGDKA!“

„SGDKA?“

„Studentenvereinigung gegen die kapitalistische Ausbeutung. Eine revolutionäre Organisation im linken Flügel der Universität. Ich habe keine Beweise, aber in meiner Branche hat man einen Riecher für so was.“

„Haben Sie einen Informanten?“

„Nein, aber einige Kontaktpersonen. Das Meiste beruht nur auf Vermutungen. Es würde zu ihnen passen. Ich arbeite seit fünf Jahren hier und habe viele Radikale kennengelernt. Habe eine Art siebten Sinn für sie entwickelt.“

„So wie der frühere Chef?“

„Hoover? Nein, er ist einer der Gründe, weshalb ich den Geheimdienst quittiert habe. Er war einmal ein hervorragender Polizist. Aber seine große Zeit war schon vorbei, bevor er starb. Ich kenne die Radikalen zu gut, um sie nicht einschätzen zu können. Und ich kann es ihnen nicht einmal übelnehmen, wenn sie sich über gewisse Dinge aufregen. Wir leben nicht gerade in einer heilen Welt.“

Er sah aus dem Fenster auf den geteerten Campus. Der Matsch bildete kleine Muster, wenn die Jugendlichen hindurchstapften. Ein dünner kahler Baum lehnte sich an einen Stützpfahl.

„Wo finde ich die SGDKA? Haben sie ein Klubhaus mit Collegewimpeln? Einen Plattenspieler, der Tag und Nacht alte Pat-Boone-Platten dudelt?“

„Wohl kaum“, sagte Tower. „Das Beste wäre, Sie würden mit der Sekretärin, Terry Orchard, sprechen. Sie ist eine der Vernünftigeren.“

„Wo finde ich sie?“

Tower drückte auf einen Knopf der Sprechanlage und fragte nach der SGDKA-Akte.

„Wir legen von jeder Organisation eine Akte an. Wir machen bei der SGDKA keine Ausnahme.“

„Ich wette, dass die Akte über den Paul-Newman-Klub dicker ist“, sagte ich ironisch.

„Okay“, sagte Tower, „wir nehmen von der einen Organisation mehr Notiz als von der anderen. Aber wir verfolgen niemanden.“

Die Tür öffnete sich. Eine geschäftige Studentin in hohen weißen Stiefeln kam herein. Sie trug ein lilafarbenes Etwas aus Wildleder. Zu kurz für einen Rock und zu lang für einen Gürtel. Ihre Oberschenkel waren ein wenig zu füllig. Aber vielleicht dachte sie dasselbe von mir. Sie legte einen dicken braunen Aktenordner auf Towers Schreibtisch und musterte mich wie ein Gebrauchtwagenhändler ein günstiges Angebot. Dann ging sie.

„Wer war das?“, fragte ich. „Die Vorsteherin des Mädchenheimes?“

Tower wühlte in seiner Akte. Er nahm ein maschinenbeschriebenes Blatt heraus.

„Hier“, sagte er. Es war eine Aktennotiz über Terry Orchard. Heimatadresse: Newton, Massachusetts. College-Adresse: Keine. Ohne Wohnsitz.

„Ohne Wohnsitz?“, fragte ich.

„Ja, sie treibt sich in der Gegend herum. Meistens lebt sie mit einem Burschen namens Dennis Powell zusammen. Man könnte ihn als Sprecher der SGDKA bezeichnen. Einige Male lebte sie auch bei einem Mädchen in der Hemenway Street. Connelly, Catherine Connelly. Steht alles hier in der Akte.“

„Ja, und die Akte ist ein Jahr alt.“

„Mir fehlt es an Mitarbeitern. Da ist ein ständiger Wechsel. Die Studenten sind nur für vier Jahre hier, wenn überhaupt. Die wirklich romantischen Radikalen sehen sich gern als Streuner. Sie schlafen mal hier, mal dort. Auf Fußböden und Matratzen. Weiß der Himmel, wo sonst noch überall. Das Beste wäre, wenn Sie das Mädchen nach Schluss der Vorlesung erwischen könnten.“

Er drückte wieder auf den Knopf der Sprechanlage. Wieder kam das Lila Röckchen.

„Besorgen Sie mir Terry Orchards Vorlesungsplan, Brenda.“ Sein Ton war streng geschäftlich. Kein Wunder, dass er es zehn Jahre beim Geheimdienst ausgehalten hatte.

Sie kam in weniger als fünf Minuten damit zurück. Terry hatte gerade eine Vorlesung in Psychologie. Thema war das Problem der Verdrängung. Die Vorlesung endete erst um 15:00 Uhr in der Hardin-Halle. Jetzt war es 14:35 Uhr.

„Bild?“, fragte ich Tower.

„Hier“, sagte er. Er sah auf seine massive Uhr mit dem breiten Armband aus Schlangenleder. Sie zeigte nicht nur die Zeit, sondern auch den Luftdruck und die Mondphasen an.

„15:00 Uhr“, sagte er. „Noch viel Zeit. Die Hardin-Halle ist zwei Blocks weiter. Nehmen Sie den Aufzug bis zum vierten Stock. Zimmer 409 ist dann die zweite Tür links.“

Ich sah mir das Bild an. Es war nicht besonders gut. Sicher ein Passfoto. Sie hatte ein eckiges Gesicht mit ziemlich vollen Lippen. Das Haar trug sie streng aus dem Gesicht gekämmt. Sie sah älter aus als die 20 Jahre, die ihre Personalakte verriet. Aber die meisten Menschen sehen auf Passfotos älter aus.

„Okay“, sagte ich. „Ich werde sie abpassen. Wie steht es übrigens mit dem Vorschuss? Als Forbes mir erzählte, wie schlecht es Ihnen hier geht, wurde mir flau.“

„Sie bekommen ihn von unserer Buchhaltung. Eine Woche im Voraus.“

„Gebongt“, sagte ich und gab ihm die Unterlagen und das Foto zurück.

„Brauchen Sie die nicht?“

„Ich hab ein gutes Gedächtnis“, sagte ich. Wir schüttelten uns die Hände. Ich ging.

Die Korridore füllten sich mit Studenten, die in eine andere Vorlesung gingen. Ich schlenderte über den Campus. Die dünne Ulme die ich aus Forbes’ Fenster gesehen hatte, war nicht so einsam, wie ich zuerst dachte. Fünf ebenso dünne Artgenossen waren geometrisch um den Campus angeordnet. Drei Seiten des Hofes wurden von den grauweißen Backsteingebäuden begrenzt. Von jedem führten Treppen zu den vielen Vorlesungssälen hinauf. Die Gebäude waren völlig quadratisch, vier Stockwerke hoch, mit graugestrichenen Fensterrahmen. Die vierte Seite führte auf die Straße, an der Züge vorbeirumpelten.

Unter einem der Bäume saßen ein Junge und ein Mädchen dicht nebeneinander. Er trug leichte schwarze Schuhe und braune Socken, verwaschene Jeans, ein blaues Jeanshemd und eine verfärbte Jacke mit den Streifen eines Sergeanten, dem Wappen der 7. Division und dem Namensschild Gagliano. Sein dichtes schwarzes Haar im Afro-Look spross in die Höhe. An den rosaroten Gläsern seiner goldumrandeten Brille blieben Schneeflocken hängen. Das Mädchen trug einen Hosenanzug und einen gesteppten Parka darüber. An ihren Füßen steckten Wanderstiefel aus blauem Wildleder. Ihr blondes Haar hing kerzengerade bis zur Taille herunter und wurde von einem Lederband aus der Stirn gehalten. Ich fragte mich, ob es ein Zeichen zunehmenden Alters sei, wenn man keine Lust mehr hat, im Schnee herumzuknutschen.

Ein farbiger Junge mit einem Borsalino kam aus der Bibliothek und schlenderte über den Hof. Er trug einen ärmellosen roten Overall, darunter ein schwarzes Hemd mit weiten Ärmeln. Sein bodenlanger Ledermantel stand offen. An den Füßen trug er schwarze Lederstiefel mit hohem Absatz. Ein Fu-Manchu-Bart lief von den Mundwinkeln zum Kinn hinunter. Zwei Jugendliche in College-Jacken wechselten im Vorübergehen Blicke. Eine Farbige mit Angela-Davis-Haarschnitt und großen Ohrringen ließ eine leichte Parfümwolke hinter sich. Ich ging in die Hardin-Halle, das dritte Gebäude auf dem Campus.

Der Fahrstuhl, der mich zum vierten Stock brachte, war mit obszönen Schriften bedeckt. Raum 409 hatte wie alle anderen Vorlesungssäle eine Eichentür mit einem Glasfenster.

Ich konnte ungefähr 40 junge Leute sehen, denen gegenüber eine Frau an einem Tisch saß. Sie trug ein dunkelbraunes Seidenkleid im Großmutter-Look mit tiefem Dekolleté. Ihr schwarzes langes Haar wurde im Nacken von einer Goldspange zusammengehalten. Sie rauchte eine Pfeife mit einem gebogenen Stiel aus Bernstein. Sie sprach sehr lebhaft, und wenn sie gestikulierte, blitzten die Ringe an ihren Fingern auf. Einige Studenten machten Notizen und sahen aufmerksam auf. Andere hatten den Kopf auf den Schreibtisch gelegt und schlummerten vor sich hin.

Terry Orchard saß in der letzten Reihe und starrte aus dem Fenster auf den fallenden Schnee. In ihrem verblichenen Jeansanzug und der ungebügelten Bluse glich sie den jungen Leuten, die ich vorher auf dem Campus gesehen hatte. Mit ihrem Pferdeschwanz sah sie aus wie ein Matrose aus dem 18. Jahrhundert. Sie hatte weder Make-up aufgelegt, noch trug sie irgendwelchen Schmuck. An den Füßen trug sie gelbe Lederschuhe, die an den Fesseln geschnürt waren. Sie war nicht so gebaut, dass ich ihre Formen aus dieser Entfernung hätte sehen können. Aber ich war überzeugt, dass sie keinen Büstenhalter trug. Es gibt junge Leute, die kaufen sich ihren Lumpen-Look mit ihrer eigenen Kreditkarte in einer Marsha-Jordan-Boutique. Terry gehörte sicher nicht zu ihnen. Ihre Kleidung war gewiss in einem Jerry’s Army-Navy Store gekauft worden. Sie sah besser aus als auf dem Foto, aber nicht jünger.

2

Die Glocke läutete, und die Dozentin hörte mitten im Satz auf. Sie nahm ihre Pfeife aus dem Mund, faltete ihre Notizen zusammen und verließ den Saal. Die Studenten folgten ihr. Terry war eine der ersten.

„Entschuldigen Sie! Terry Orchard?“

„Ja?“ In ihrer Stimme schwang weder Feindseligkeit noch Wärme.

„Mein Name ist Spenser. Ich würde Sie gern zum Mittagessen einladen.“

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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