Das Günter-Prinzip - Stefan Frädrich - E-Book + Hörbuch

Das Günter-Prinzip E-Book und Hörbuch

Stefan Frädrich

4,8

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Beschreibung

Impulse für mehr Motivation, Energie und Leichtigkeit Kennen Sie Günter? Günter ist Ihr innerer Schweinehund. Er lebt in Ihrem Kopf und bewahrt Sie vor allem, was neu, mutig oder anstrengend klingt. "Mach es so wie immer!" und "Fang lieber erst morgen an!". Günter ist der Erfolgsverhinderer vom Dienst. Besser also, Günter bekommt ein paar Tipps, wie er Sie in Zukunft unterstützt: Wie motivieren Sie sich und andere optimal? Wie entfesseln Sie Ihre inneren Kräfte? Wie unterstützt Sie dabei Ihr eigenes Gehirn? Und wie schaffen Sie mit Leichtigkeit, was Sie sich vorgenommen haben? Machen Sie eine spannende Reise durch wichtige Erkenntnisse aus Motivationspsychologie, Coaching und Neurowissenschaft! Garantiert humorvoll dargeboten – samt innerem Schweinehund.

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Seitenzahl: 338

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Zeit:7 Std. 28 min

Sprecher:Stefan Frädrich

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Stefan Frädrich

DAS

Günter-

PRINZIP

So motivieren Sie

Ihren inneren

SCHWEINEHUND

Illustrationen von Timo Wuerz

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Informationen sind im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 978-3-86936-169-7

Lektorat: Christiane Martin, Köln

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de

Umschlagillustration: Timo Wuerz | www.timowuerz.com

Fotos: Katja Kuhl (Foto T. Wuerz), Laurence Voumard (alle anderen)

 2013 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf dem 2011 erschienenen Buchtitel "Das Günter-Prinzip" von Stefan Frädrich, ©2011 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-169-7

ISBN epub: 978-3-86200-892-6

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Vorwort

Hallo! HAAAAALLO! Ja, genau SIE meine ich. Was ist denn mit Ihnen los? Wollen Sie tatsächlich dieses Buch lesen? Ein Buch über ein Tier, das es gar nicht gibt? Sie müssen aber motiviert sein. Ach, oder etwa doch nicht? Haben Sie etwa ein Motivationsproblem? Pfui, das geht gar nicht. Schließlich leben wir in einer Leistungsgesellschaft. Man hat gefälligst motiviert zu sein bei uns. Immer. Und überall. Aber das wissen Sie sicher. Und deshalb greifen Sie bestimmt nach jedem Strohhalm, an dem Sie sich aus dem Sumpf Ihrer toxischen Faulheit herausziehen können, richtig? Brav. Tüchtig. Vorbildlich.

Oder ist es bei Ihnen etwa doch ganz anders? Hand aufs Herz: Mussten auch Sie Ihren inneren Schweinehund schon mal mühsam überwinden? Zum Beispiel morgens beim Aufstehen? Oder beim Sport? Oder wenn Sie sich so ernähren sollen, dass die Waage dauerhaft unten bleibt? Vielleicht sogar im Job? Beim Lernen für eine Prüfung? Oder in Ihrer Beziehung, wenn Schatzi mal wieder recht hat und Sie das nicht zugeben können? Vielleicht auch gerade beim Lesen – wo lesen doch so anstrengend ist? Ist Ihr innerer Schweinehund gar besonders groß?

Seien wir ehrlich: Jeder kennt das Phänomen, eigentlich zu wissen, was zu tun ist, aber nicht zu tun, was man weiß. Weil im Kopf diese lästige Stimme spricht: »Lass das sein!«, sagt sie. »Viel zu anstrengend!«, »Sollen die anderen erst mal anfangen!« oder »Morgen ist auch noch ein Tag!« Diese Stimme kommt von unserem inneren Schweinehund, dem Tierchen, um das es in diesem Buch hier gehen soll (und das es irgendwie doch gibt).

Übrigens: Als mir so richtige Schweinehunde zum ersten Mal aufgefallen sind, habe ich noch als Arzt gearbeitet. Wenn Sie mich als Arzt nie kennengelernt haben, kein Problem: Ich war in der Psychiatrie tätig. Doch nicht nur dort, sondern in der gesamten Medizin gibt es üble Schweinehunde: Herzinfarkte, Rückenschmerzen, Krankenkassen. Und die inneren Schweinehunde der Medizin erst – auch sehr übel: Ärzte, Schwestern, das Krankenhausessen. Auch so manche Lebensweise, die uns oft erst mit der Medizin in Berührung kommen lässt, hat echten Schweinehundecharakter: Fressen, Fluppen, Fußballgucken. Klar: Wer Sport nur im Fernsehen anschaut, verbrennt dabei keine einzige Kalorie extra – wird aber meist extra früh verbrannt. Im Krematorium. Medizin hin oder her.

Okay, Sie wissen, wovon ich rede. Überall gibt es dieses innere Sauviech, das es uns schwer macht – in allen Lebensbereichen. Also wollen wir doch mal schauen, was wir im Leben alles auf die Reihe kriegen, wenn wir mit unserem inneren Schweinehund klarkommen oder sogar zusammenarbeiten. Wie hat es der Schweizer Pfarrer und Schriftsteller Kurt Marti so schön ausgedrückt?

Wo kämen wir hin,

wenn alle sagten,

wo kämen wir hin,

und niemand ginge,

einmal zu schauen,

wohin man käme,

wenn man ginge.

In diesem Sinne: Begeben wir uns auf eine Reise nach innen! In die Hochburgen und Niederungen unserer gemeinen Psyche. Dorthin, wo unser tierisches Alter Ego mal in der Luxus-Hundehütte und mal im Schweinestall haust. Wo er das eine Mal brav Platz macht und ein andermal gute Vorsätze platzen lässt. Und nehmen wir von dort ganz viele Erkenntnisse mit! Denn mit denen können wir auch in der Außenwelt weite Reisen unternehmen – und ankommen, wo wir immer schon hinwollten. Versprochen.

Hallo! HAAAAALLO!

Ja, genau: Ich meine damit auch SIE!

Ihnen viel Spaß beim Lesen, Umsetzen und Erfolghaben! Denn Spaß wird es garantiert machen.

Ihr Dr. Stefan Frädrich

1.Günter,der innere SCHWEINEHUND

Der innere Schweinehund – Freund oder Feind?

Wie sehen innere Schweinehunde wohl aus? Manche stellen sie sich ja als fiese Viecher vor, die man mit aller Macht bekämpfen muss. Motto: »Quäl dich, du Sau!« Ich persönlich finde diesen Ansatz nicht sonderlich schlau. Denn der innere Schweinehund ist ein Teil von uns. Und wenn wir gegen ihn kämpfen, kämpfen wir nur gegen uns selbst. Wir führen eine Art inneren Bürgerkrieg, bei dem wir nur verlieren können – Blödsinn!

Viel schlauer ist es, sich den inneren Schweinehund als einen netten Kumpel vorzustellen. Einen, der es eigentlich gut meint mit uns. Einen, der uns vor Überanstrengung und Mühe beschützen will. Einen mit den besten Motiven: Sport machen? »Schwitzen ist doof!« Eine schöne Frau ansprechen? »Nur keinen Korb riskieren!« Mal etwas Neues ausprobieren? »Viel zu gefährlich!« Sie merken schon: ein echter Freund eben. Einer wie Bello, der zwar brav die Zeitung apportiert – aber sie dabei so vollsabbert, dass wir sie nicht mehr am Frühstückstisch lesen wollen. Einer der brav bellt, wenn er einen Einbrecher wittert – das aber leider täglich etwa 50 Mal tut und so die ganze Nachbarschaft gegen uns aufbringt. Einer, der nur kurzfristig denkt – also von der Stirn bis zur Schnauzenspitze. Kein Wunder: Wo seine Gehirngröße nur knapp über der einer ausgewachsenen Walnuss liegt. Was machen wir also mit so einem Bello? Überwinden? Bekämpfen? Erwürgen? Ins Tierheim bringen? Quatsch! Besser schauen wir mal, wo solch ein Schweinehund herkommt, was ihn antreibt und wie man ihn so dressiert, dass er fortan genau das tut, was wir selber wollen. Vielleicht schaffen wir sogar, ihn zu motivieren. So, dass er seine Pflicht gerne tut. Freiwillig.

Auf jeden Fall aber sollten wir ihn nicht allzu ernst nehmen – am besten gehen wir die Sache spielerisch an. Ich habe daher meinem inneren Schweinehund einen Namen gegeben: Ich nenne ihn Günter. Hoffentlich heißen Sie nicht auch Günter? Sonst könnte es im Laufe dieses Buches zu Verwechslungen kommen. Und falls doch, haben Sie mein vollstes Mitgefühl. Ich selbst heiße nämlich ebenfalls Günter. Mit Zweitnamen. Viele Jahre habe ich damit nichts anfangen können – ja, habe es sogar absichtlich verdrängt. »Günter« – geht es weniger sexy? Ich finde: »Günter« klingt nach ängstlichem Kleingeist. Nach behördlich verordneter Veränderungsresistenz. Nach innerem Schweinehund eben. Aber: »Günter« klingt auch irgendwie harmlos und halbwegs »gut gemeint«. Insofern: Schließen wir Frieden mit dem Namen! Und taufen wir damit guten Gewissens unseren inneren Schweinehund: Hallo, Günter.

ÜBUNG

Lernen SieIhren Günter kennen!

Bei welchen Situationen müssen Sie in Ihrem Leben typischerweise Ihren »inneren Schweinehund« überwinden?

Meine typischen Schweinehundesituationen:

 

Wissen Sie, was das Erstaunlichste beim Thema »innerer Schweinehund« ist? Dass eigentlich jeder weiß, wie man ihn in den Griff kriegt! Auch Sie haben Ihren inneren Schweinehund im Leben doch bereits Hunderttausende Male erfolgreich »überwunden«, nicht wahr? Wahrscheinlich haben Sie zum Beispiel erfolgreich lesen und schreiben gelernt. Ja, sogar den Schulabschluss haben Sie geschafft. Oder Sie können Auto fahren. Was daran schwer sein soll? Nun, einfach war all das zu Beginn meist nie. Können Sie sich noch daran erinnern, wie oft Sie als Kind das Lesen und Schreiben von Buchstaben üben mussten, bis Sie es draufhatten? Eine riesige Schweinehundeplackerei! Heute aber erkennen Sie Buchstaben problemlos. Ja, es genügt sogar ein einziger Blick und: Sie lseen gnaze Wrote, onhe dsas deern Bchustbaen dfaür rchitig angoerndet sien msüsten. Huaptscahe, der estre und ltzete Bcuhtsabe des Wrotes stmimen. Den Rest interpretiert Ihr innerer Schweinehund nun dank seiner Erfahrung. Super, Günter!

Anscheinend haben Günters Fähigkeiten also eine ganze Menge mit Übung zu tun. Auch beim Autofahren war es so. Wissen Sie noch, wie oft Sie das üben mussten, bis Sie es konnten? Alleine das Kuppeln: Kupplung treten, Gang schalten, Kupplung kommen lassen, Gas geben. Üben, üben, üben hieß es da! Und wie oft hat Günter damals gemeckert: »Das lernst du nie!« Und? Haben Sie heute immer noch Schwierigkeiten damit? Kaum. (Es sei denn, Sie fahren Automatik.) Nein, heute läuft das alles problemlos ab: rote Ampel, Leerlauf, danach Gang eins, zwei, drei – ohne, dass es anstrengend wäre. Wir spulen unser gelerntes Programm ab und können nebenher allerlei lustige Dinge tun: Radio hören, telefonieren, in der Nase bohren. Extra Konzentration fürs Autofahren selbst müssen wir nicht mehr aufbringen.

Anscheinend kriegen wir es also oft ganz gut hin, unseren inneren Schweinehund zu dressieren. Nur fällt uns das erst hinterher auf, wenn wir etwas bereits geschafft haben. Wie aber geht es von vorneherein, wenn wir etwas schaffen wollen (sollen) und noch lange nicht am Ziel sind?

Ganz einfach: Können Sie eine Schwarzwälder Kirschtorte backen? Ja? Super! Oder eher doch nicht? Schade. Aber essen können Sie doch sicher eine? Okay, gesetzt den Fall, Sie könnten keine Schwarzwälder Kirschtorte backen: Würden Sie sich zutrauen, eine zu backen, wenn Sie dafür ein Rezept hätten? Klar! Nun müssten Sie schließlich einfach nur Zutat nach Zutat in der richtigen Reihenfolge verarbeiten – und am Ende winkt lecker Fresschen.

Sehen Sie? Genau so ist es mit fast allem im Leben: Sobald wir passende »Rezepte« haben, kriegen wir eine Menge auf die Reihe. Wir können einen Marathon laufen, wenn wir dafür das richtige Trainingsprogramm kennen (und natürlich auch umsetzen). Wir können glückliche Beziehungen führen, wenn wir wissen, wie Beziehungen funktionieren (und unser Partner daran ebenfalls Interesse hat). Und wir können einen VW-Käfer reparieren, wenn wir dazu das Handbuch benutzen (und entsprechendes Werkzeug). Wie also sieht es mit dem inneren Schweinehund aus? Auch der ist mit der richtigen Anleitung zu dressieren wie ein gehorsamer Pudel, Terrier oder Chihuahua. Alles eine Trainingsfrage. Und die Zutaten des Rezepts für unseren zukünftigen Super-Günter stammen aus den verschiedensten Disziplinen: zum Beispiel aus Psychologie, Neurowissenschaften, Medizin, Betriebswirtschaftslehre, Coaching, Psychotherapie und dem gesunden Menschenverstand. Sobald wir sie beisammen haben, heißt es bald nur noch: »Brav, Günter!«

Sobleiben Siegarantierterfolglos!

Möchten Sie sich bereits jetzt aus diesem Buch verabschieden, weil Ihnen der Gedanke suspekt ist, dass man ein Leben selbstbestimmt, glücklich und erfolgreich gestalten kann? Dann habe ich hier noch ein paar Informationen für Sie zusammengestellt, damit Sie es sich in Ihrer passiven Weltsicht weiterhin gemütlich machen können. Denn mit dem richtigen Rezept erfolgreich und gut drauf sein wollen – das ist nur etwas für weltfremde Spinner! Sie hingegen (oder besser: Ihr innerer Schweinehund!) haben womöglich Ihre ganz eigenen Lebensregeln. Solche, die Sie immer wieder auf dem Allerwertesten landen lassen. Aua.

Klare Sache: Nach meinen Beobachtungen wenden weniger Erfolgreiche regelmäßig die folgenden 12 goldenen Regeln für Misserfolg an. Und falls auch Sie weiterhin erfolglos bleiben wollen, dann setzen Sie sie einfach besonders konsequent um! Dann verpennen Sie garantiert auch Ihr restliches Leben.

1. Lassen Sie sich ziellos treiben!

Ziele braucht kein Mensch! Im Gegenteil, Ziele halten Sie nur davon ab, sich auf das zu konzentrieren, was in Ihrem Leben wirklich zählt: das konfuse Hier und Jetzt. Die Bedingungen des Moments eben. Und diese Bedingungen beinhalten eine solche Vielzahl komplexer Verflechtungen, Verpflichtungen, Resultate und Entscheidungen, dass Sie sich in Ihrer entspannten Sinn- und Richtungslosigkeit ganz locker auf Ihren Bauch verlassen können. Geben Sie einfach jedem Impuls nach – er wird Sie schon irgendwo hinführen. Die eigenen Handlungen organisieren sollen andere. Sie jedenfalls sind dafür nicht gemacht. Sie leben das süße Privileg der wahrhaft Entspannten.

2. Versuchen Sie zu ernten, ohne gesät zu haben!

Was soll auch immer dieser blöde Fleiß? Schon in der Schule war es viel einfacher, beim Nachbarn abzuschreiben, anstatt selbst zu denken. Sollen die anderen ruhig schwitzen, sich kontinuierlich anstrengen oder mit Widrigkeiten fertig werden müssen! Ihr Geburtsrecht hingegen ist es, als einziger Mensch auf Erden rein gar nichts für Erfolge tun zu müssen. Denn Sie wissen: Wenn man auch auf die Prozesse achtet, statt nur auf die Resultate, wird es anstrengend – dann muss man nachdenken, analysieren, steuern. Nein, nein – wenn der Erfolg einfach nicht kommen will, ist der Moment dafür noch nicht reif. Bleiben Sie einfach geduldig und warten Sie weiter ab! Irgendwann fällt Ihnen bestimmt alles in den Schoß.

3. Verzetteln Sie sich in Kleinig-keiten!

Prioritäten braucht kein Mensch, sie wirken nur wie eine Zwangsjacke. Schließlich ist es viel spannender und ehrenhafter, sich den spontanen Eingebungen kritischer Gedanken hinzugeben, anstatt aufs große Ganze zu blicken und über Sinn und Richtung nachzudenken. Nein, Sie sind schließlich kein beschränkter Idealist, der sich nur aufs Wesentliche konzentriert! Sie spielen die komplette Klaviatur der Wenns und Abers, packen stets besonders Vieles und Unterschiedliches an, und wenn Sie der kleine Buchhalter im Kopf kitzelt, dann organisieren Sie sogar Kleinkram so perfekt durch, dass daneben jeder Bürokrat wie ein blasser Dilettant erscheint. Dass Ihre Affinität zum Kleinklein mitunter zu Stillstand und Misserfolgen führt, ist nur ein weiterer Hinweis darauf, dass die Welt Ihre eigentliche tiefere Genialität noch nicht verstanden hat. Warten Sie einfach ab und verzetteln Sie sich weiter: Ihre Zeit wird schon noch kommen!

4. Kneifen Sie bei der kleinsten Schwierigkeit!

Auch Sie würden ja heroisch voranschreiten – wenn nur nicht immer diese blöden Widrigkeiten wären: Menschen, die ganz andere Ziele haben. Regeln und Gewohnheiten, die sich Ihnen in den Weg stellen. Überraschungen, die Sie nicht auf dem Schirm hatten. Deshalb ist es Ihr gutes Recht, bei der kleinsten Schwierigkeit zu kneifen – sonst riskieren Sie womöglich lebensgefährliche Anstrengungen und Ihre Freunde halten Sie für einen fanatischen Workaholic! Nein, nein, das haben Sie nicht nötig. Ergreifen Sie deshalb auch weiterhin effektive Gegenmaßnahmen: Reden Sie lieber statt zu handeln! Wenn schon keine Ergebnisse kommen, haben Sie wenigstens Moral geheuchelt. Lenken Sie sich konsequent ab! Es gibt stets genügend gute Gründe, vom Weg abzuweichen und sich eine Auszeit zu gönnen. Sagen Sie immer »Ja, aber …«, wenn eine Idee erfolgversprechend klingt! Es wird schon gute Gründe dagegen geben, sodass Sie untätig bleiben können. Und überhaupt: Grämen Sie sich nicht! Erfolge sind ohnehin nur etwas für langweilige Spießer. Für Leute, die nichts Besseres mit ihrem Leben anzufangen wissen, als immer nur nach vorne zu blicken. Für dröge und schwächliche Typen, die weit weniger aushalten als Sie. Es gehört immerhin eine ordentliche Portion Stärke dazu, sich einzugestehen, dass die Dinge nicht so laufen wie geplant. Ein Glück, dass Ihnen das eigentlich egal sein kann, weil Sie ohnehin nie ernsthaft vorhatten, Ihre Pläne in die Tat umzusetzen.

5. Suchen Sie sich die falschen Vorbilder!

Von den Erfahrungen Erfolgreicher zu profitieren, kann jeder. Aber wäre das Leben nicht viel zu einfach, wenn wir uns alle gut beraten ließen? Machen Sie es lieber spannend: Lassen Sie sich von Menschen beraten, die garantiert keine praktischen Erfolge vorzuweisen haben, aber dafür umso ausschweifender darüber philosophieren! Lernen Sie von Spitzenpolitikern, wie Wirtschaft funktioniert, lassen Sie sich vom paranoiden Nachbarn in die Geheimnisse der aktuellsten Verschwörungstheorien einweihen oder erfahren Sie vom Psychiater, wie man psychisch gesund und glücklich wird! Denn Theorie schlägt Praxis, ist doch klar. Viel kreativen Input können Sie sich natürlich auch im »Freundes«- oder Kollegenkreis holen, indem Sie jede Ihrer Ideen brav zerpflücken lassen, bevor Sie in Gefahr geraten, sie in die Tat umzusetzen: Lassen Sie Ihr Geschäftsmodell vom arbeitslosen Sachbearbeiter prüfen, lassen Sie sich vom Kettenraucher erklären, wie man mit dem Rauchen aufhört oder vom Angsthasen, wie man mutig wird! Lassen Sie sich einreden, dass Sie auch nicht schaffen, woran bereits andere vor Ihnen gescheitert sind! Also: Strengen Sie sich bloß nicht an, Sie haben es sowieso nicht drauf! Und falls doch eine gewisse Erfolgsgefahr besteht, dann lassen Sie sich wenigstens vor den unkalkulierbaren Risiken warnen! Wie sollen Sie schon alleine absehen, was alles passieren kann? Besser, Sie vertrauen Ihren falschen Vorbilder. Loser leben immerhin verlässlich risikolos.

6. Geben Sie sich niemals selbst die Schuld!

Etwas ist nicht so gelaufen, wie beabsichtigt? Dann suchen Sie rasch nach einem Schuldigen! Sie selbst freilich haben mit Ihrem Misserfolg nichts zu tun. Nein, nein, daran sind immer nur die anderen schuld. Oder irgendwelche widrigen Umstände. Schließlich weiß man ja, wie das so läuft: Erfolg ist Glückssache, weil man nie wissen kann, ob einem die Umstände gewogen sind. Deshalb können Sie auch guten Gewissens neidisch sein auf diese verdammten Erfolgreichen! Die haben alle nur Glück gehabt – ihnen ist Fortuna gewissermaßen auf den Schoß gesprungen wie ein zutraulicher Pudel. Aber egal: Warten Sie einfach weiter ab und versuchen Sie nicht, Ihre Fehler zu analysieren oder sich sogar zu verbessern – eines Tages ist das Glück auch Ihnen hold!

7. Spielen Sie »Alles oder Nichts«!

Ihnen ist natürlich klar: Erfolg ist eine Alles-oder-nichts-Sache! Entweder hat man ihn, oder man hat ihn nicht. So wie bei einer Klippe: Es gibt oben. Und es gibt unten. Dass Erfolg eher einem Gefälle gleicht, also einer Summe mehrerer richtiger Faktoren, die unterm Strich in den nächsten Level führen, halten Sie für esoterischen Schwachsinn. Deshalb seien Sie ungeduldig und drängen Sie, was das Zeug hält! Dass sich gute Systeme entwickeln und in ihren Effekten erst kumulieren müssen, ist theoretischer Blödsinn. Auch dass es dabei oft auf die Zwischentöne ankommt, wie etwa Kommunikation oder menschliche Beziehungen, ist natürlich Quatsch – es zählen schließlich nur die Fakten und Ergebnisse! Seien Sie also jederzeit bereit, alles von einem Tag auf den anderen über den Haufen zu werfen! Seien Sie dabei absolut unflexibel und opfern Sie selbst lange gewachsene Beziehungen auf dem Altar Ihrer täglich wechselnden Impulse! Irgendwann wird die Konstellation schon stimmen.

8. Bringen Sie garantiert keinen Nutzen!

Konzentrieren Sie sich bei all Ihren Handlungen unbedingt nur auf sich und Ihre eigene Perspektive! Denken Sie dabei niemals daran, was andere Menschen von Ihnen und Ihren Ideen haben könnten – solche Sentimentalitäten gehören in psychologische Jammergruppen und platte Marketingkurse! Sie hingegen sind genial – auf Ihre ganz eigene Art. Anderen mit Ihrem Handeln einen Nutzen zu bringen, käme Ihnen nicht in den Sinn. Wozu auch? Jeder ist sich schließlich selbst der Nächste – leben wir nicht in einer völlig egozentrischen Welt? Und denken Sie natürlich auch niemals fächerübergreifend! Sie haben schließlich jahrelanges hartes Wahrnehmungstraining hinter sich gebracht, um Ihren Tunnelblick zu perfektionieren. Nein, nein, Perspektivenwechsel kann man von Ihnen nicht verlangen. Das wäre ja fast so, als sollte sich ein Handwerker auch mit Service und Verlässlichkeit oder ein Computerspezialist mit dem Vermitteln von Basiswissen auskennen! Lächerlich … Übersehen Sie einfach großzügig die Bedürfnisse anderer Menschen! Sie werden auf Ihrem Weg schon alleine zurechtkommen.

9. Nehmen Sie stets mehr als Sie geben!

Und wo wir schon mal bei der Ignoranz sind: Behandeln Sie unbedingt die Menschen schlecht, die gut zu Ihnen sind! Freunde? Loyale Kunden? Verlässliche Mitarbeiter? Stabile Beziehungen? Geliebte Familie? Braucht doch kein Mensch! Oder besser: Wenn die Beziehungen ohnehin schon stehen, müssen sie nicht extra gepflegt werden. Zeigen Sie Ihren Liebsten einfach, dass Sie für Höheres berufen sind: für all die Kunden, die Sie noch nicht gewonnen haben, oder all die tollen Freunde, die andere haben! Die Kirschen in Nachbars Garten sind schließlich immer besonders lecker. Es ist Ihr gutes Recht, immer mehr zu wollen und dabei von denen zu nehmen, die Ihnen etwas geben. Dankbarkeit? Etwas zurückgeben? Oder sogar ein Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen anstreben? Das ist doch nur etwas für hoffnungslose Romantiker!

10. Geben Sie stets mehr als Sie nehmen!

Andererseits: Manchmal müssen Sie im Leben einfach Dreck fressen! Vor allem, wenn Sie die Sympathien der Menschen gewinnen wollen, denen Sie total egal sind, oder die Sie sogar wie einen Dreckklumpen am Schuh behandeln. Nun müssen Sie sich natürlich ins Zeug legen: Geben Sie solchen Menschen stets mehr, als Sie zurückbekommen – das sind diese Menschen so gewohnt! Vor allem, wenn andere Sie schlecht behandeln, müssen Sie besonders nett sein. Was sollen die anderen auch sonst von Ihnen denken? Etwa, dass Sie sich selbst auch wichtig sind? Gott bewahre, bloß nicht! Denn erst wenn Sie Ihre Persönlichkeit aufgeben und sich komplett nach deren Bedürfnissen richten, erhalten Sie das Privileg, ihnen dienen zu dürfen. Dass dabei Ihr eigenes Leben auf der Strecke bleibt, ist nicht so schlimm – schließlich haben Sie sich ohnehin noch nie viel daraus gemacht.

11. Konzentrieren Sie sich auf Ihre Schwächen!

Mit seinen Stärken gewinnen, kann jeder: Der Stürmer schießt Tore, der Tüftler tüftelt und der Kommunikator kommuniziert – wie langweilig! Sie hingegen haben derlei Unterforderung nicht nötig. Nein, stattdessen haben Sie sich heroisch auf die Fahnen geschrieben, gegen Ihre eigene Natur zu handeln und sich konsequent in dem zu üben, was Sie weniger gut können: Nun sind Sie womöglich ein super Torwart, der in den Sturm wechselt. Oder ein Tüftler, der sich für den Job im Außendienst bewirbt. Oder vielleicht ein Top-Außendienstler, der unbedingt ins Controlling will. So erleben Sie immer wieder Ihre eigenen Grenzen und rauben sich Mut und Energie, bravo! Sollen doch die langweiligen Erfolgreichen scheinbar mühelos ihre billigen Siege davontragen!

12. Lernen Sie nichts aus Erfahrungen!

Zum Schluss noch eine ganz besonders wichtige Voraussetzung für Ihren persönlichen Misserfolg: Verstehen Sie das Leben unbedingt als ein starres Gebilde, in dem Sie rein gar nichts beeinflussen können! Lernen Sie also keinesfalls aus Feedback, sondern machen Sie alles immer so wie schon zuvor – wozu sich auch verändern, wenn alles ohnehin so bleibt, wie es ist? Und sollten Sie dennoch einmal über offensichtliche Veränderungen stolpern, dann ignorieren Sie sie, so lange es geht. Ganz wichtig: Gehen Sie Veränderungen konsequent aus dem Weg! Tun Sie alles, um Ihre unheile alte Welt möglichst für immer aufrechtzuerhalten! Und erst wenn Sie nicht mehr anders können, stellen Sie sich dem Unausweichlichen – dann natürlich motzend, jammernd und fleißig auf die Nachteile der Veränderungen hinweisend.

Sie werden sehen: Je mehr Sie von diesen zwölf Regeln umsetzen, desto größer wird Ihr Misserfolg,

SIE JÄMMERLING!

Unser inneres Selbstgespräch

Beginnen wir unsere Schweinehundedressur mal mitten in unserem Kopf. Genauer gesagt in unseren Gedanken. Da quasseln innere Schweinehunde nämlich gerne munter drauflos – obwohl es uns dabei so vorkommt, als redeten wir mit uns selbst. Sie merken: Ich rede vom inneren Selbstgespräch. Von unserem ständigen inneren Dialog. Von den permanenten Kommentaren, mit denen wir uns selbst begleiten oder belästigen – und somit motivieren (»Ja, das machst du super!«) oder demotivieren (»Das schaffst du nie!«). Denn im inneren Selbstgespräch zeigt sich ganz schnell, wie konstruktiv und nützlich Günter für uns ist. Oder eben nicht ist.

Übrigens: Falls Sie sich fragen sollten, ob es normal ist, dass Sie in Gedanken mit sich reden – keine Sorge! Das ist völlig normal. Obwohl – auch das ist mir zum ersten Mal aufgefallen, als ich noch in der Psychiatrie gearbeitet habe … Egal, normal ist es trotzdem. Wir »hören« quasi Stimmen, ganz ohne psychotisch zu sein. Beispiel: Es ist sechs Uhr morgens, der Wecker klingelt. Der Wecker sagt: »Leg los!« Günter wird wach und sagt: »Los, leg … dich wieder hin!« Und jetzt kommt die erste Amtshandlung des inneren Schweinehundes: Zack – Wecker wieder aus! In zehn Minuten wird neu verhandelt. Kennen Sie das? Klar.

»Das schaffst du SOWIESO NICHT!«

        Wie wir uns in Gedanken

                  SELBST FERTIGMACHEN

Es ist schon erstaunlich, wie sich manche Menschen in Gedanken selbst fertigmachen. »Dies kannst du nicht!« und »jenes kannst du nicht!«, heißt es dabei oft. Oder sogar: »Das schaffst du nie!«, »Dafür bist du viel zu blöd!« und »Du hast es nicht anders verdient!«. Kein Wunder also, dass wir uns manche Dinge nicht trauen, wenn wir so destruktiv mit uns selbst reden.

Obwohl – mit guten Freunden würden wir niemals so reden, wenn sie uns in einer wichtigen Sache um Rat fragten! Guten Freunden würden wir höflich Mut machen: »Das kriegst du schon hin, keine Sorge!« Warum also sind wir oft so schnell bereit, uns selbst klein zu halten? Meist ist ein destruktives inneres Selbstgespräch Resultat der falschen Gedankenumgebung, vor allem in jüngeren Jahren. Immerhin gilt es bei uns als sozial akzeptiert, sein Licht unter den Scheffel zu stellen und sich vornehm zurückzuhalten. Eigenlob? »Stinkt! Was glaubst du, wer du bist!?«

Kein Wunder also, dass eine ständige Kleinmachdressur mit der Zeit in unser Selbstbild diffundiert – und dann Ärger macht, wenn es zur Sache geht: Seine Meinung offen sagen? »Mach dich nicht lächerlich!« Ein Risiko eingehen? »Lieber der Spatz in der Hand …!« Sich selbst überwinden? »Viel zu schwierig!« Besonders perfide wird es, wenn Günter scheinbar rationale Gründe anführt, warum wir besser untätig bleiben, anstatt einfach zu tun, was wir eigentlich für richtig halten: »Dafür bist du zu jung, zu alt, zu reich, zu arm, zu gut ausgebildet, noch nicht genug ausgebildet, zu dick, zu dünn, zu gut bezahlt, zu schlecht bezahlt, zu …«

Daher sollten folgende drei Regeln gelten:

1.   Sprechen Sie in Gedanken nur so mit sich selbst, wie Sie auch mit einem guten Freund sprechen würden!

2.   Streichen Sie dabei unbedingt sämtliche Beschimpfungen, Beleidigungen und Entmutigungen aus Ihrem inneren Selbstgespräch!

3.   Formulieren Sie Ihr inneres Selbstgespräch stattdessen stets freundschaftlich, konskonstruktiv und zuversichtlich!

ÜBUNG

Achten Sieauf Ihre Gedanken!

Achten Sie auf Ihre Gedanken, wenn sich der »innere Schweinehund« meldet: Mit welchem genauen Wortlaut halten Sie sich selbst zurück? Und wie können Sie stattdessen konstruktiv mit sich selbst sprechen?

2.Lernen SieIhr Gehirnkennen!

Unterm Strich ist der innere Schweinehund ja nichts anderes als eine Metapher für die Programme, die in unserem Gehirn laufen. »Gehirn« ist Ihnen ein Begriff, oder? 1,3 Kilogramm Schwabbelmasse zwischen unseren Ohren. Jeder hat eines, ob man es glaubt oder nicht. Apropos »glauben«: Das Gehirn ist auch das Organ, mit dem wir glauben, dass wir denken. Obwohl es meist genau andersherum ist: Das Gehirn denkt uns! Und zwar vollautomatisch, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen. Ja sogar ohne dass wir daran glauben müssten. Wie das?

Das Günter-Gehirn: unser Autopilot

Stellen wir uns Gehirne mal vereinfachend wie Zentralcomputer vor. Alles, was wir denken oder tun, findet erst mal im Gehirn statt – in Form von elektrischen und biochemischen Impulsen und Schaltkreisen, in den unterschiedlichsten Strukturen. Damit wir hier jetzt aber keinen Kurs über E-Technik, Informatik und Neurowissenschaften machen müssen, gestatten Sie mir sicher folgende Vereinfachung: Unser Gehirn besitzt zwei Betriebssysteme – wie etwa Apple Macintosh oder Microsoft Windows. Und auf denen laufen unzählige Programme – wie zum Beispiel Word, Excel oder Keynote. Beziehungsweise wie das Programm »Günter«.

Das eine Betriebssystem unseres Gehirns will uns im Leben voranbringen – es ist unser Antrieb nach vorne: Es sorgt dafür, dass wir lernen, uns weiterentwickeln, Risiken eingehen, Neues ausprobieren, uns durchsetzen, uns Fortschritte zutrauen, uns gut unterhalten und insgesamt unseren eigenen Weg gehen. Nennen wir dieses Betriebssystem mal System »Abenteuer«. Günter will die Welt entdecken und erobern.

Das andere Betriebssystem hingegen tickt völlig anders – es wirkt oft wie eine Bremse. Denn es will in erster Linie, dass bei uns alles möglichst sicher ist und wir in Ruhe und Ordnung leben. Risiken scheut es genauso sehr wie Anstrengungen oder Abenteuer. Wozu sollen diese auch gut sein? Besser das Bekannte bewahren als das Unbekannte ausprobieren. Klare Sache: Dieses Betriebssystem will eher verwalten statt gestalten. Es will den Weg gehen, der schon da ist – und keinen neuen schaffen. Nennen wir es mal das Betriebssystem »Sicherheit«, »Verwaltung«, »Routine«.

Sie merken: Das mit den beiden Betriebssystemen ist wie bei Apple Macintosh und Microsoft Windows. Das eine ist cooler und progressiver, das andere aber hat den größeren Marktanteil. Denn Günter läuft besonders häufig auf Betriebssystem Nummer zwei. Und das äußert sich meist in zwei Ausprägungen – in Routinen und in Gleichgewichtszuständen.

Routinen – immer das Gleiche tun

Betrachten wir zunächst die Routinen. Im Kern funktionieren sie nämlich so: Was wir uns einmal angewöhnt haben, fällt uns leicht. Aber nicht, weil es von vornherein leicht wäre, sondern weil wir aus einer Handlung mit der Zeit Routine gemacht haben – und dann wiederholen wir nur noch, was wir schon können. Ein Beispiel: Haben Sie vielleicht die Routine, regelmäßig Sport zu machen, so zwei-, dreimal die Woche? Falls ja, Gratulation. Dann müssen Sie dafür nicht mehr extra Ihren inneren Schweinehund überwinden. Oder höchstens nur mal zu Beginn Ihres Sportprogramms, um in Schwung zu kommen. Ansonsten aber geht es problemlos, Sport ist Ihnen ein Bedürfnis, oder? Klar, warum: Sport ist für Sie Routine! Und Sie tun eigentlich nur, was Sie einmal gelernt haben und nun gewöhnt sind.

Oder aber haben Sie etwa die Routine, regelmäßig keinen Sport zu machen? Dann fällt Ihnen das genauso leicht wie dem Sportler das Sporteln! Sie müssen Ihren inneren Schweinehund nicht überwinden, um keinen Sport zu machen. Er unterstützt Sie dabei freiwillig. Gut, vielleicht kommen Sie manchmal abends nach Hause und fragen sich mutig: »Was tun? Heute wieder Couch oder mal die Sportschuhe?« Doch dann kommt sofort Günter daher und sagt: »Ist doch klar: Couch, so wie immer!«

Sie ahnen längst, wie das mit den Routinen funktioniert. Wie schon gesagt, sind sie im Kern reine Übungssache: Lesen und schreiben ist Routine. Im Auto kuppeln ist Routine. Rauchen oder nicht Rauchen ist Routine. Probleme lösen ist Routine. Und vor Problemen davonlaufen auch. Es kommt eben darauf an, was wir uns (Günter) beigebracht haben. Haben wir im Gehirn mal ein Programm installiert, läuft es. Und zwar dauerhaft und problemlos – solange wir es nicht durch ein neues ersetzen. Und zwar, weil unser Sicherheitsbetriebssystem befiehlt: »Mach’s genau so wie immer! Kannst dabei keinen Fehler machen, weißt ja schon, wie es richtig geht. Passt alles.«

Gleichgewichtszustände – bequem stabil bleiben

Eine andere Ausprägung unseres Betriebssystems »Sicherheit« sind Gleichgewichtszustände. Beispiel Sport: Nicht das Joggen an sich ist ja anstrengend (wenn man es langsam genug macht, um dabei Luft zu bekommen), sondern mit dem Joggen anzufangen. Denn es ist ein Gleichgewichtszustand, nicht zu joggen. Und es ist ein Gleichgewichtszustand, zu joggen. Schwierig ist nur der Wechsel vom einen zum anderen. Wer hingegen einmal in Schwung kommt, der läuft.

Übrigens: Menschen, die nicht verstehen, wie Motivation funktioniert, meinen ja häufig, man müsse erst mal auf die Motivation warten, um eine Handlung zu starten. Das ist Grütze. Denn es funktioniert auch genau andersherum: Erst mal anfangen, dann kommt irgendwann die Motivation hinterher. Kennen wir alle noch aus der Schule: Wer hatte schon Lust auf die Hausaufgaben? Wenn wir sie aber angefangen hatten, haben wir sie auch irgendwie fertig gemacht. Die Motivation kam also hinterher. Und heute ist es noch genauso: Haben Sie Lust darauf, die Küche aufzuräumen? Oder einen unangenehmen Kunden anzurufen? Natürlich nicht. Aber fangen wir damit an, kommt währenddessen Günter und sagt: »Jetzt mach’s auch fertig!« Weil der innere Schweinehund jetzt in einem anderen Gleichgewichtszustand ist. Er ist aktiv geworden und will es auch bleiben.

Wie also kommen wir in den Gleichgewichtszustand der Aktivität? Zum Beispiel morgens im Bett: Es geht dabei gar nicht ums Wach- und Aufsein an sich. Das Wach- und Aufsein ist nicht das Anstrengende. Das Anstrengende ist der Wechsel vom einen Gleichgewichtszustand in den andern! Gemütlich im Bett liegen, kuscheln und träumen, ist ein Gleichgewichtszustand. Günter sagt: »Och, hast gut geschlafen. Bist gut entspannt. Da draußen ist Montag.« Wir bleiben liegen, weil wir mit dem Aufstehen eine unangenehme Verbindung assoziieren: Kälte, Stress, der blöde Chef. Unangenehme Verbindungen aber möchte der innere Schweinehund nicht haben, deswegen sagt er: »Bleib im Bett liegen!« Doch: Wachsein, Unterwegssein und etwas aktiv zu tun ist auch ein Gleichgewichtszustand. Und zwar einer, der Spaß machen kann!

In Schwung kommen dank Druck oder Sog

Also was bringt uns zum Aufstehen? Meist ja zwei Szenarien: Druck oder Sog. Klar: Der Sog ist viel angenehmer. Wenn man etwas vorhat, was einen gewissermaßen aus dem Bett zieht. Wenn man zum Beispiel mitten in einem spannenden Projekt steckt, in den Urlaub fliegt oder frisch verliebt ist. Dann sagt Günter gleich nach dem Wachwerden: »Los, steh endlich auf!« Betriebssystem Abenteuer – erinnern Sie sich?

Viel häufiger aber treibt uns der Druck aus dem Bett: Druck von außen oder Druck von innen. Beispiel: Haben Sie schon einmal zehn Minuten verschlafen? Der Radiowecker dudelt vor sich hin und Sie bauen die Nachrichten und die Musik in Ihren Traum mit ein: Der Stau auf der A8 geht durch Ihr Wohnzimmer, und in der Küche sitzt Madonna am Tisch und singt. Plötzlich werden wir wach und Günter sagt: »Ätsch, der Tag hat schon angefangen!« Und urplötzlich haben wir ein Katastrophenszenario im Kopf, das Günter wild ausschmückt: »Wenn du jetzt nicht aufstehst, gibt es Ärger: Stau im Bad, Stau in der Küche, Stau auf der Straße. Zu spät beim Job, Stress mit den Kollegen und Kunden, die Beförderung kannst du vergessen. Hartz IV, du landest in der Gosse!« Und schwupp – schon stehen wir auf! Und zwar ohne Probleme. Meist verlassen wir das Haus jetzt sogar noch fünf Minuten vor unserer üblichen Zeit. Adrenalin sei Dank.

Das heißt, der Druck von außen macht zwar keinen Spaß, aber er wirkt. Natürlich gibt es auch einen Druck von innen. Am frühen Morgen ist das die volle Blase. Und im Laufe des Tages die vielen Zwänge und Nöte, die uns ungeliebte Dinge anfangen lassen, obwohl wir eigentlich nicht wollen. Druck sei Dank: »Du musst! Du musst! Du musst jetzt einfach!« Und dann tun wir, was wir müssen. Was bleibt uns anderes übrig?

3.DasLUST-SCHMERZ-Prinzip

Halten wir also fest: Eigentlich ist es gar nicht so schwer, Günter zum Handeln zu motivieren. Wir müssen einfach nur in Schwung kommen, um Routinen und Gleichgewichtszustände zu überwinden. Sind wir einmal in Bewegung oder ist die Routine aufgebaut, ist alles ganz leicht. Der neue Gleichgewichtszustand pendelt sich dann als Normalzustand ein. Die Routine ist easy. Das mit dem In-Schwung-Kommen klappt sogar morgens nach dem Aufstehen: Da wollen wir nach Toilette, Dusche, Kaffee und Müsli schließlich auch nicht mehr ins Bett zurück. Oder nur unter ganz bestimmten Umständen, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte.

Emotionale Startsignale

Demnach geht es zunächst also nur ums Überwinden der Anfangsträgheit. Und hier wird es tricky! Denn was benötigt man, um in Schwung zu kommen, wenn man gemütlich im Sicherheitsbetriebssystem läuft? Klar: Startsignale! Und zwar emotionale: Entweder bringt uns die Aussicht auf ein schönes Gefühl in Schwung. Oder der Wunsch, ein schlechtes Gefühl zu vermeiden. Nennen wir das mal das »Lust-Schmerz-Prinzip«. Menschen und Schweinehunde wollen Lust erleben und Schmerzen vermeiden. Ganz einfach.

Das Lust-Prinzip

Nun könnte Günter fordern: »Ist doch super, dann brauche ich nur möglichst oft eine Belohnung, damit ich mich bewege!« Klingt verlockend. Doch wenn Günter so tickt, denkt er meist nur kurzfristig. Er will ein schnelles Leckerli – leider ohne darauf zu achten, was ihm (uns) auf lange Sicht wirklich guttut. Im Gehirn wird dabei der sogenannte »Nucleus Accumbens« stimuliert, eine Art Lustknopf in unserem limbischen System, also den Nervenbahnen im Hirn, die Gefühle verarbeiten. Immer wenn der Lustknopf gedrückt wird, erlebt Günter einen kurzen emotionalen Kick – nicht aber anhaltendes Glück. Bedürfnisbefriedigung quick and dirty.

Beispiel: Sie sitzen am Schreibtisch und arbeiten, sind also gerade in einem Gleichgewichtszustand. Dann kommt ein Kollege ins Büro und hat – wie fast jeden Tag – eine leckere Schwarzwälder Kirschtorte mitgebracht. Augenblicklich sagt Günter nun: »Los, steh auf und hol dir ein Stück!« Und schon ist der Gleichgewichtszustand verlassen und ein Tortenstück verdrückt. Ganz unabhängig vom guten Vorsatz, sich gesünder zu ernähren und ein wenig schlanker zu werden. Uuups! Daran ist dann wohl der innere Schweinehund schuld. Typisch Lust-Prinzip eben.

Sie bemerken das Dilemma? Selbst wenn das Erleben schöner Gefühle erst mal gutzutun scheint, ist noch lange nicht gesagt, dass es uns langfristig auch wirklich guttut. Außerdem lenken uns kurzfristige Kicks zwar für einen Moment von unseren Routinen und Gleichgewichtszuständen ab, dann aber landen wir meist wieder dort, wo wir zuvor waren. Egal, ob wir wollen oder nicht. Denn: »Der Kick ist vorbei, wann kommt der nächste?«, meint Günter nun – und wartet auf das nächste Mal lecker Fressen, Saufen, Sex oder Faulenzen. Darauf hat er schließlich immer Lust.

Demotivation durch Belohnung Nun ist zwar gegen vereinzelte Belohnungen in Form von schönen Gefühls-Kicks nichts zu einzuwenden – schließlich machen sie wirklich Spaß. Blöd allerdings wird es, wenn wir es damit übertreiben: Dann bewegt sich Günter nämlich bald nicht mehr freiwillig – so ganz ohne Belohnungs-Kick. Warum sollte er auch die gemütlichen Routinen und Gleichgewichtszustände verlassen, wenn es dafür nicht mal etwas gibt?

Und so entwickelt sich oft eine Art Belohnungssucht – ohne Kicks fehlt uns (Günter) nun etwas. Und das demotiviert! Denn die meisten Dinge des Alltags sollten wir hinkriegen, ohne extra etwas dafür zu erwarten: ein gewisses Maß an Anstrengung bei der Arbeit, dem Partner im Haushalt helfen, regelmäßig Sport machen – alles eigentlich Selbstverständlichkeiten! Doch was, wenn Günter ohne Belohnung keinen Finger mehr rührt, weil er sie für sein gutes Recht hält? Wenn wir für jede extra Anstrengung im Job ein fettes Lob vom Chef brauchen? Oder besser noch einen Bonus auf dem Konto! Was, wenn wir für jede kleine Gefälligkeit unserem Partner gegenüber besondere Anerkennung erwarten? Und wenn wir ohne die Aussicht auf ein Weißbier hinterher erst gar nicht mehr zum Sport gehen? Dann hat sich unser lustgesteuertes Motivationssystem ins Knie geschossen. Wir werden zu emotional Bedürftigen, die freiwillig keinen Finger mehr krümmen. Au weh.

Don’t eatthe Marshmallow – yet!

Im Leben bringt uns oft die Fähigkeit weiter, uns Belohnungen kurzfristig zu versagen und sie stattdessen aufzuschieben. Der amerikanische Psychologieprofessor Joachim de Posada hält diese Fähigkeit sogar für den wichtigsten Faktor für Erfolg überhaupt.

De Posada berichtet von einem Versuch der Standford University: Vierjährige Kinder bekamen die Aufgabe, 15 Minuten alleine in einem Raum zu verbringen. Vor ihnen auf dem Tisch lag ein Marshmallow – für die meisten Kinder eine Köstlichkeit. Dann wurde den Kindern erklärt: Wenn sie es schafften, den Marsmallow nicht zu essen, während sie alleine sind, bekommen sie hinterher zur Belohnung einen zweiten zusätzlich.

Was war das Ergebnis? Zwei Drittel der Kinder aßen ihren Marshmallow vorzeitig. Ein Drittel aber lenkte sich zum Teil sehr mühevoll von der Aussicht auf den zu erwartenden Genuss ab und hielt die 15 Minuten tapfer durch. Das heißt: Diese Kinder verstanden schon im Alter von vier Jahren, wie wichtig für Erfolg die Fähigkeit ist, Belohnungen zu verzögern! Sie hatten Selbstdisziplin.

14 bis 15 Jahre später fanden Verlaufsstudien statt: Was war aus den Kindern geworden, die nun mittlerweile 18 oder 19 Jahre alt waren? Die Ergebnisse waren deutlich: 100 Prozent der Kinder, die den Marsmallow nicht gegessen hatten, waren erfolgreich! Sie hatten gute Noten, waren gut drauf, hatten Lebenspläne und gute Beziehungen zu Lehrern und Mitschülern. Bei einem großen Anteil der Kinder aber, die den Marsmallow vorzeitig gegessen hatten, lief es weniger gut: Sie hatten meist schlechte Noten und die Schule längst verlassen. An die Universität oder Karriere war nicht mehr zu denken.

Das Schmerz-Prinzip

Die süchtig machende Lust-Orientierung alleine scheint also nicht auszureichen, um Günter wirklich zu dressieren und unser Leben dauerhaft zu verbessern. Unterm Strich tut er nämlich immer das Gleiche: Routinen und Gleichgewichtszustände beibehalten und den Status quo verwalten. Also braucht es manchmal einen viel deutlicheren Handlungsanreiz, damit wir unseren Allerwertesten hochbekommen: Schmerz.

Was glauben Sie: Was ist der stärkere Antrieb? Das Erleben von schönen Gefühlen oder das Vermeiden von schlechten? Klare Sache: Das Vermeiden von schlechten Gefühlen ist biologisch betrachtet der stärkere Antrieb, weil es viel wichtiger ist! Denn wenn uns irgendetwas wehtut, könnte es gefährlich sein. Und dann sollte die oberste Priorität unseres Gehirns lauten: »Am Leben bleiben, um jeden Preis!« Nicht wahr? Also werden wir alles tun, um tatsächlich erlebten oder auch nur vorgestellten Schmerz, Angst oder allzu großen Stress und Unsicherheit zu vermeiden. Das Schmerz-Prinzip ist ein kategorisches Muss für uns. Dafür nehmen wir zwischenzeitlich sogar ein paar Unannehmlichkeiten in Kauf – und verändern unser Verhalten.

Haben Sie zum Beispiel schon mal auf eine heiße Herdplatte gefasst? Autsch! Dieser Schmerz ist im Kopf sofort abgespeichert. Da fassen wir nie wieder hin – das Ding kann noch so schön orange leuchten! Oder haben Sie schon einmal von einer/einem Angebeteten einen Korb bekommen? Autsch, auch das sitzt manchmal sehr tief! Und wieder kommt das gleiche Prinzip zum Einsatz: Beim nächsten Möchtegernflirt rät Günter nun zur Defensive – wir verstecken unsere Bewunderung lieber. Zurückweisung tut zu sehr weh.

Ach, gibt es nicht unzählige Traumata, die uns immer noch beeinflussen, obwohl sie oft Jahre zurückliegen? Schlechte Lehrer in der Schule. Ungerechtigkeit im Job. Die Trennung von Modern Talking. Nie wieder wollen wir also die Schulbank drücken, in einem Laden ohne Betriebsrat arbeiten oder einen Bild-Artikel über Dieter Bohlen versäumen! Alles zu schmerzhaft gewesen für uns.

Die Flucht vor dem Tiger Oder stellen Sie sich vor, Sie sind mit Ihrer Familie im Zoo spazieren. Nach eineinhalb Stunden tun Ihnen die Oberschenkel weh, denn Sie waren schon mal besser trainiert. Sie suchen sich also eine Bank und setzen sich. Auch dabei bewegen Sie sich nur weg vom Schmerz und hin zur Lust, merken Sie? Und Sie genießen das Sitzen jetzt besonders, weil es vorher so ungemütlich war. Der Kontrast tut gut.