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Unsere Haushaltsgegenstände sind vielfältig, erfüllen nützliche Funktionen oder sind einfach nur da, um uns mit ihrem Anblick zu erfreuen. Wenn diese Dinge und (Haus-)Tiere sich unterhalten könnten, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist... In diesem Büchlein können sie das, tauschen sich über ihre Alltagserlebnisse aus und stellen Sprichwörtliches in Frage.
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Seitenzahl: 67
Veröffentlichungsjahr: 2019
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Tischmanieren und andere (Un)Sitten
"Herzlichen Glückwunsch und alles Gute zum 100. Geburtstag!" knarrten die alten Holzstühle wie auf Kommando und grüßten damit den großen Ausziehtisch. Klar, der Tisch wurde nicht geboren, sondern gebaut und der angesprochene Jubilar sogar ausgesprochen gut, aber da er nun seit rund 100 Jahren im Besitz der Familie war, durfte man doch wohl sowas wie Geburtstag dazu sagen. Herstellungsjahrestag oder so etwas klingt eben nicht so schön. Das gute alte Möbelstück hat schon so manches mitgemacht und miterlebt, war aber noch gut in Form und konnte es in punkto Stabilität mit jedem neuen aufnehmen, auch wenn es im Laufe der Jahre an den geschwungenen Beinen ein paar Holzwurmstiche ertragen musste und das Furnier an manchen Stellen Kratzer abbekommen hatte. Seiner würdevollen Ausstrahlung tat dies keinen Abbruch. Und die vier Gratulanten passten gut zu ihm, auch wenn sie ursprünglich um einen anderen Tisch gruppiert waren. Viel jünger als er waren sie ja auch nicht, zumindest ihr Holz war noch das alte. Die Polsterung allerdings nicht mehr, die täuschte das Alter nur vor. Der alte Tisch freute sich darüber, dass er bei den Stühlen so viel Anerkennung fand. Seine Besitzer machten sich darüber eher keine Gedanken. Für sie war es wohl selbstverständlich, dass er dort stand und alles ertrug, was man auf ihm abstellte und was er zu hören bekam, wenn man an ihm Platz nahm. Ganz zu schweigen von den gelegentlichen Tritten gegen seine Beine, wenn die Leute beim Essen ihre Füße nicht still halten konnten, oder die Stöße vom Staubsauger, wenn bei der Reinigung des Teppichs nicht aufgepasst wurde. Und es kam auch schon mal vor, dass sich jemand auf ihn stellte, wohl um sich das holen einer Leiter zu sparen. Viel besser ging es den Stühlen da auch nicht dachte er sich, und die Armen müssen manchmal ganz "ordentliche" Gewichte aushalten, dabei sind ihre Beine viel kleiner und dünner als seine. Wie Frauen es lieben, ihre Haut nach dem Bade oder der Dusche mit duftender Lotion oder kostbarem Öl zu verwöhnen, so sehnte sich der Tisch nach einer sanften Massage mit Möbelpolitur. Das wäre doch was, heute, an seinem "Geburtstag"... Darüber würde er sich sehr freuen und, wäre er ein Kater, man würde ihn bestimmt schnurren hören. Die Stühle hätten es sicherlich auch gerne, wenngleich sie sich auch immer Sorgen machten, dass nur ja kein Fleck auf ihre roten Samtpolster kommt. Aber bisher war es so, wie es im Kölschen Grundgesetz heißt: „Et hätt noch immer jot jejange!“ Doch so sehr er es sich auch wünschte, nichts dergleichen tat sich. Stattdessen kam