Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Max Jakubaschk, ein mitteleuropäischer nicht mehr ganz junger Mann, nimmt uns mit auf seiner Reise ins Land der Liebe, der Paarbindung und des Beziehungsschmerzes. Nicht unerfahren in Liebesdingen – "nur durchschnittlich von Youporn und FB sozialisiert" – lässt er uns teilhaben an Conny, Nina und – vor allem – an Klara Jean-Shaolin Meyer. Letztere ist jene, an der das Konzept romantischer Liebe exemplarisch statuiert werden soll, weshalb uns Max zunächst in alle Geheimnisse des Datings einweiht. Vom ersten Eindruck – "Ob man jemanden attraktiv findet, weiß man schon nach 150 Millisekunden." – bis zum Make-up der Bedingungen: Max ist ein Experte, ein mehrfach erprobter Stratege der Verführungskunst, gewaschen mit allen trüben Wassern seines bisherigen Liebeslebens. So dass auch Klara Jean-Shaolin Meyer irgendwann sagt: "Ich liebe dich, Max Jakubaschk. Meinetwegen ewig, aber bisschen weniger Zunge, ja?" "Mir geht's gut, ich bin in Behandlung", heißt es zwei Jahre später. Wie das passieren konnte? Lag es an Selbstaufgabe, Abhängigkeit, verschiedenen Zeitzonen? Denn: "Blutrot ist die Farbe der Liebe". "Da SIE, hier ICH", denkt Max, "wir wollen uns. Fertig, kein Wunsch offen, keine weiteren Fragen. Doch! Nur eine. Die alles entscheidende: Lebt es sich leichter?" "Das Konzept romantischer Liebe" ist eine unromantische Handreichung für alle, die auf Partnersuche gehen und schließlich Partner bleiben wollen. Dabei kann das Licht am Ende des Tunnels auch der Scheinwerfer des entgegen kommenden Zuges sein.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 65
Veröffentlichungsjahr: 2015
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Ausführliche Informationen über unsere Autoren und Theatertexte finden Sie auf unserer Websitewww.kiepenheuer-medien.de
© 2015Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH
Schweinfurthstraße 60, 14195 Berlin
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.
Sämtliche Rechte der öffentlichen Wiedergabe (u. a. Aufführungsrecht, Vortragsrecht, Recht der öffentlichen Zugänglichmachung und Senderecht) können ausschließlich von der Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH erworben werden und bedürfen der ausdrücklichen vorherigen schriftlichen Zustimmung. Nicht genehmigte Verwertungen verletzen das Urheberrecht und können zivilrechtliche und ggf. auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.
ISBN978-3-7375-5600-2
Für Max und Pit
Ein noch junger Mann von Mitte/ Ende dreißig.
Später eine Frau am Telefon, fünf bis zehn Jahre jünger.
Nein, ich bin nicht pervers oder frühgestört. Ich bin, wenn überhaupt, nur durchschnittlich von Youporn und FB sozialisiert, kam auch nicht zu kurz, habe keinerlei traumatisierenden Erfahrungen mit Frauen, oder – na ja – Cornelia, bipolar. Ich kann da, bye bye Conny, nur sagen: Jedem seine Cornelia. Überlebt er das, hat er was von sich gelernt. Kennt seine Grenzen, kann die Burg halten und bleibt noch wer. Wer selbst, mein ich jetzt. Und was dieses „Selbst“ angeht: nicht mal Tattoos, ich bin nicht schwierig. Kein Identitätsüberschuss, wirklich nicht. Genaugenommen beschränkt sich meine Individualität auf zwei Pullover, süßsaure Eier mit Kapern und morgens die halbe Stunde im Bad. Alles andere ist verhandelbar. Ich bin zwar nun nicht gleich so passgerecht wie ein Lego-Teil, aber ich kooperiere gern. Und, wie gesagt, ich bin nicht neu im Geschäft. Hab schon bisschen was durch, bringe Geduld mit. Die Zahlen: Zuerst – nicht zu früh, nicht zu spät – die üblichen Versuchsreihen, das pubertäre Stümpern. Mal nur zwei Monate, dann drei, danach aber gleich schon was Anderthalbjähriges. Dann, in Folge: Eine satte Dreijährige, wir standen an der Kante zum Kind. Es folgte eine Ablöse von vier Wochen, knietief im Blut, aber Frage-nicht-nach-Sonnenschein! Danach zwei Jahre plus zwei Monate plus drei Monate plus wieder nen Monat plus anderthalb Wochen, Conny eben. Nach Cornelia, das gebe ich zu, habe ich fast mal das andere Ufer gestreift. Was soll’s, Hauptsache Land; wer am Ersaufen ist, dem ist egal, welche Fahne da weht. Wurde aber dann doch eher ein Hund. Border Collie. Vier gute Jahre, dann lief Spike unter Hoffmanns Getränkelaster. Kurze Umbaupause. Rumpfuscherei mit Speed-Dates, Internetware und 1095 einzeln einzelne Einzeltage Nina Katschkowski. „Achterbahnfahrt“ sagt der Volksmund, „Achterbahnfahrt der Gefühle“. Sagt noch einer „Achterbahn“ dann Fresse dick, sage ich. Jedenfalls, ich hatte nach Katsche den Betrieb satt und legte ihn erstmal still. Nicht bockig oder verbittert, einfach teppichdicke Stille. Richtig wieder Frühling, Herbst und Winter. Sommer war schwierig, ok, aber fürs Nötigste klickt die Maus. Kein Service-Grinsen jedenfalls, keine Hechelatmung, kein Kuckn um Zurückgekuckt zu werden, Deine Nummer? – Ach, lassma. Nur … genau dann, wenn man so entspannt unterwegs ist demonstriert …. Kopf oben, Rücken gerade, der Blick knickt nicht ein … Feste, leicht – doing, doing – federnde Schritte … Nebenhöhlen frei, kaum Transpiration, und wenn, dann ohne Angst- und Depri-Mief im Abgang … Steht man aber so sicher und wetterfest in den Schuhen, dann hebt das Raubtier sein Haupt! Dann lässt es ab vom aktuellen Kadaver und nimmt die Witterung auf!: Sechs Jahre, sechs!, Dana Maureen Kümpert mit allem Drum & Dran. Bowle mit Schwiegermama, Bowlen mit Papa, Dachbodenausbau, Eierwärmer in Gestalt kleiner Kutterfischermützen. Gelitten wurde also auch. Ausreichend! Ich meine, Kümperts kennen keine Notausgänge. Wer da weg will, muss komplett durch den Magen-Darm-Trakt der Familie. Danach erübrigen sich alle Genderfragen. Aber?
Aber ich heile schnell. Und jedes Mal schneller. Keine bleibenden Schäden, nirgends ein Hau in Richtung Verbitterung, Notgeilheit, Beziehungssucht oder eben das erbärmliche Ding, was diese Pick-up-Leute treiben äfft einen Hitlergorilla „Die Bitches machen uns fertig, ab Null Fünf Uhrrr wirrd zurückgebitcht!“. Nichts davon, haut ab! Nicht mal Spurenelemente. Ich kann mit Frauen. Und ich kann sogar ohne. Was ja, klar, die Grundbedingung ist, um mit ihnen zu können. Klugscheiß Lesezirkel Zahnarztzimmer, weiß ich selbst. Ich wollte das nur sagen, bevor hier ein falscher Außeneindruck entsteht. Honigmilch und jede Sorte Dreckwasser – alles in der Wanne gehabt. Kein Grund, auf dicke Hose zu machen, aber auch keiner für die Selbsthilfegruppe. Erwachsene Kerle, die sich an den Händen halten und im Kreis flennen – also, ich weiß nicht, da kann ich gar nicht schnell genug wegsehen. In Paarungsfragen bleib ich lieber bei den einfachen Wahrheiten: Klappt’s, klappt’s. Klappt’s nicht, auch gut, denn ich halt es mit mir selber aus. Wenn es nicht so dämlich klingen würde, ließe sich ohne Aufwand hinzufügen: Ich, Max Jakubaschk, kann mich sogar ganz gut leiden. Doch. Kursiv. Mich selbst ganz gut leiden. Kursiv Ende. Beweise? Kein Problem. Ich esse mit mir wie andere vier Sterne. Kein Bestellservice, kein Fraß aus der Packung, nichts schnell mal im Stehen. Ich bereite in der Küche alles vor, Brettchen, Stullchen, Radieschen mit Tomatchen ins Rucola-Bettchen, und dann trage ich, Stoffserviettchen überm Unterarm, dann trage ich…. STOP! SCHEISSE! GANG RAUS! Ich merk gerade, ich kriege hier die -chens, die Verniedlichungsform. Wenn’s mir zu gut mit mir geht, passiert mir immer dieser verfickte Diminutiv: Bier – Bierchen, Klara – Klärchen. Verniedlichung ist aber jetzt nicht so meine Wesensart, liegt eher an der Erzählweise. Bericht. Selbstverhör. Ich meine, wer muss denn schon mal tief aus der Intimzone?! Jedenfalls, Beweismittel B: Stur freitags putz ich die Bude und stell mir – MIR selbst, ja?, mitgehört?! – stell mir sogar paar Blumen hin. Nichts Großes aber eindeutig Blumen. Macht jemand das, wenn er sich nicht leiden kann? Macht er nicht! Das …
… Moment …
… also …
… also Beweismittel B klingt jetzt doch a) arg schwul oder b) so, als würde ich mein Schiff nur klarmachen, um ins Wochenende zu stechen. Stellt sich ja jedem die Frage: Warum putzt der Sack nicht montags, dienstags, donnerstags? Klarer Fall von Stecher, Weekend-Fick-Modell: der macht nicht um seiner selbst willen sauber, der putzt doch nur, um die freitags Querstrich samstags abgeschleppten Weiber nicht zu verschrecken. Die ganze Putzerei – ein einziger, dreckiger Hintergedanke. So, und das verstehe ich, würde doch jeder normale Mensch denken. ÜRRTUM!
Mach ich nicht! Oder nur selten. Ist auch nicht der Knackpunkt. Der Knackpunkt, Kollegen Publikum, ist der Sonntag. Der Sonntag destilliert den Menschen aus dem Bodensatz der Wichser. Warum? Weil was mal das Wirkprinzip der Neutronenbombe war, ist im Prinzip der Sonntag: die Häuser stehen noch 1A, aber jedes menschliche Leben ist ausgelöscht. Jedenfalls hier, in XXX (beliebige PLZ.) Ich denk sonntags ja immer, gleich wird’s wie aus 1000 Tage nach den Menschen. Jemand im Raum, der die Doku-Fiction kennt? Risse krampfen durch die Fassaden, trockene Büsche rollen rum, bei KAISERS planschen Hyänen in der Feinkost-Truhe und langsam, langsam knickt der Stahlbeton. Wer da ganz früh noch übrig ist, allein! übrig ist – alles Leben im Hangover, die Geschäfte geschlossen – und das aushält, aushält und dabei lächelnd in sich hineinnickt, der, Herrschaften, der hat’s geschafft: der ist Mensch, der hat seine inneren Delphine. Alles andere ist drogensüchtig. TV-Sex-Fress-Liebes-Internet- oder Drogen-drogensüchtig. Der Mensch ist nur insoweit Mensch, wie er imstande ist, einen leeren Sonntag mit sich allein anzufüllen. Und umgekehrt. Das schreiben wir uns jetzt mal alle auf, oder nein, das vulgarisieren wir im Chor: DER MENSCH IST SONNTAG, UND SONNTAG IST DER MENSCH (usw.) ….
Gut, scheißdrauf, dann nicht. Aber Aufschreiben wäre trotzdem niedlich gewesen. Was ich aber sagen wollte: Ich hab sie SONNTAG! kennengelernt. Vier Uhr vierunddreißig, Spremberger Straße, Einkaufspassage, der Tod in Fließform von Ladengeschäften. Ich pisste gerade gegen H&M und probierte dabei, wölfisch zu heulen. Warum?
Darum.
Ich heulte also, da – heulte es zurück. Ein Grinsen wie Rollrasen, ich hätte sofort drauf zu ihr hinlatschen können. Klargleiches Sonntagsgefühl. Oder nich? Doch nur Suff, Turkey, plärrendes Unglück?