Das Licht der Liebe - Andrew Grey - E-Book

Das Licht der Liebe E-Book

Andrew Grey

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Beschreibung

Ein Titel der Herzenssachen Serie Trevor ist ein umwerfend attraktiver Mann und der erfolgreiche Besitzer einer Kette von Autowerkstätten. Er ist gewöhnt, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, bewundert zu werden und zu bekommen, was er will. Vor allem sind das leidenschaftliche Affären ohne Bindung mit Männern, die er in Clubs kennenlernt. Das erwartet er auch, als er James begegnet. Entsprechend groß ist sein Erstaunen, als dieser sich von Trevors unwiderstehlichem Charme völlig unbeeindruckt zeigt. Trevor muss seine Gewohnheiten über Bord werfen und mit James auf einer anderen Ebene in Kontakt treten. Das beginnt damit, dass er anbietet, James nach Hause zu bringen, statt ihn mit seinem zugedröhnten Begleiter fahren zu lassen. Nachdem James als Kind sein Augenlicht verloren hat, sind seine Möglichkeiten der sozialen Interaktion stark eingeschränkt. Er verbringt den Großteil seiner Zeit mit der Arbeit an einer Blindenschule. Trevors Welt ist ihm fremd. Er hat sich seine Unabhängigkeit schwer erkämpft und auch er weiß, was er will. In diesem Fall bedeutet das, dass er seine Komfortzone verlassen und Trevors Herz erobern muss. Trevor ist bereit, es zur Abwechslung mit wahrer Liebe und Hingabe zu versuchen. Doch bevor er der Mann werden kann, den James braucht, muss er sich erst den Schatten seiner Vergangenheit stellen.

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Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Zusammenfassung

Widmung

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

Epilog

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Biographie

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Copyright

Das Licht der Liebe

 

Von Andrew Grey

 

Trevor ist ein umwerfend attraktiver Mann und der erfolgreiche Besitzer einer Kette von Autowerkstätten. Er ist gewöhnt, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, bewundert zu werden und zu bekommen, was er will. Vor allem sind das leidenschaftliche Affären ohne Bindung mit Männern, die er in Clubs kennenlernt. Das erwartet er auch, als er James begegnet. Entsprechend groß ist sein Erstaunen, als dieser sich von Trevors unwiderstehlichem Charme völlig unbeeindruckt zeigt. Trevor muss seine Gewohnheiten über Bord werfen und mit James auf einer anderen Ebene in Kontakt treten. Das beginnt damit, dass er anbietet, James nach Hause zu bringen, statt ihn mit seinem zugedröhnten Begleiter fahren zu lassen.

Nachdem James als Kind sein Augenlicht verloren hat, sind seine Möglichkeiten der sozialen Interaktion stark eingeschränkt. Er verbringt den Großteil seiner Zeit mit der Arbeit an einer Blindenschule. Trevors Welt ist ihm fremd. Er hat sich seine Unabhängigkeit schwer erkämpft und auch er weiß, was er will. In diesem Fall bedeutet das, dass er seine Komfortzone verlassen und Trevors Herz erobern muss.

Trevor ist bereit, es zur Abwechslung mit wahrer Liebe und Hingabe zu versuchen. Doch bevor er der Mann werden kann, den James braucht, muss er sich erst den Schatten seiner Vergangenheit stellen.

Diese Geschichte ist der echten Penny gewidmet, einer fünfzig Pfund schweren scheckigen Schönheit, die meint, sie wäre ein Schoßhund.

1

 

 

TREVOR MICHAELSON drückte einen Knopf auf dem Armaturenbrett seines brandneuen Mustangs, um den eingehenden Anruf entgegenzunehmen.

„Ich bin auf dem Weg.“

„Ich schwöre, du kommst noch mal zu deiner eigenen Hochzeit zu spät, falls es dazu je kommt“, bemerkte Dean Milford spöttisch, wie immer, wenn er ihn mit etwas aufzog.

„Ich bitte dich, ich habe noch zehn Minuten und ich bin fast da. Also spar dir deine Vorträge, dass ich immer zu spät komme. Ich habe den weitesten Weg, wie du sehr wohl weißt.“

„Ja, ja. Wenn du bald kommst, hättest du einen freien Parkplatz auf der Second Street, direkt neben mir. Ich halte ihn dir frei, aber ich bekomme von den Transen hier schon böse Blicke und ich befürchte, dass sie jeden Moment mit Schuhen nach mir werfen“, sagte Dean und lachte über seinen eigenen Scherz.

„Ich kann dich sehen.“

Trevor bremste. Dean ging aus dem Weg und starrte den Wagen fasziniert an, als Trevor rückwärts in die Parklücke schob. Er liebte die Kameras und Sensoren des Autos, die das Einparken zu einem Kinderspiel machten.

„Scheiße, Mann. Der ist vielleicht edel. Und die silbergraue Farbe mit den Streifen ist klasse.“ Er trat einen Schritt zurück und bewunderte die Karosse, worüber Trevor ziemlich glücklich war. Dean war ein Autoliebhaber, der Typ, der seine Wochenenden mit Jungs auf dem Rücken verbrachte – im guten Sinn des Wortes, nämlich gemeinsam unter Fahrgestellen. Trevor war dagegen nur an einer Position interessiert, die auf dem Rücken liegende Jungs einschloss. Nämlich dann, wenn sie unter ihm lagen.

„Wann hast du den bekommen?“

Trevor lächelte. „Heute Morgen.“ Er öffnete eine Tür, sodass Dean einen Blick auf die elfenbeinfarbenen Ledersitze und die ansonsten schwarze Innenausstattung werfen konnte. „Er hat alles und in den Sitzen fühlt man sich wie in einem Lehnstuhl.“

„Den würde ich wirklich gerne mal Probefahren.“ Dean wirkte beeindruckt, was nicht oft vorkam. „Komm, lass uns reingehen, bevor Brent die Wände hochgeht.“

„Ist er hier?“

„Ja, du kennst doch unser Angsthäschen. Er wollte sicherstellen, dass wir einen guten Tisch bekommen, also ist er vorgegangen, um einen zu besetzen. Nicht, als ob wir so viel Zeit sitzend verbringen würden. Wir wollen uns ja schließlich amüsieren und was erleben.“ Dean wirkte plötzlich aufgeregt und voller Energie. Außer sich mit seinen Freunden zu unterhalten, wollte er also offenbar vor allem eines: gevögelt werden und dabei seinen Ex, Dumpfbacke Chuck, vergessen.

„Entspann dich, Kumpel.“ Trevor versperrte das Auto mit seinem Schlüsselanhänger und legte einen Arm um Deans Schultern. Er kannte Dean seit zehn Jahren, seit sie sich beide in der zehnten Klasse in ihrem Klassenraum umgesehen und dabei eine verwandte Seele entdeckt hatten. Es fühlte sich so verdammt gut an, Dean wiederzuhaben, nachdem Chuck ihn in einen immer kleineren Kreis von Freunden manipuliert hatte, die zufällig alle Chucks Freunde waren. Er konnte immer noch nicht begreifen, wie Dean so viel Dummheit auf einem Fleck ausgehalten hatte.

Sie betraten den Club Marquee im dritten Bezirk von Milwaukee und passierten die riesigen Türsteher, deren schwarze T-Shirts so eng saßen, dass sich darunter klar sichtbar Nippel abzeichneten. Trevor lächelte den Männern zu. Er wusste bereits von beiden, wie sie ohne Shirt aussahen und was sich in ihren schwarzen Jeans verbarg. Er hatte mit jedem von ihnen Spaß gehabt und wenn sonst nichts lief, könnte er immer noch probieren, ob er beiden auf einmal gewachsen war.

„Viel Spaß, Trevor“, sagte Marvin, als er vorbeiging. Trevor schenkte ihm ein Lächeln und ließ seinen Blick noch einmal auf und ab gleiten, um auszudrücken, dass ihm gefiel, was er sah. „Passt auf euch auf, Jungs“, sagte Trevor, in dem Bewusstsein, dass es in letzter Zeit in der Gegend einige Zwischenfälle gegeben hatte, über die die Zeitungen berichtet hatten.

„Machen wir“, sagte Gary von der anderen Seite der Tür und suchte eindeutig Blickkontakt.

Trevor ging ins Innere des Clubs und schickte Dean aus, um Brent zu finden, während er an der Bar die erste Runde Drinks bestellte. Er wusste, was die beiden wollten, also zwinkerte er dem hageren, schlaksigen, blonden Kellner zu und ließ ihm ein Trinkgeld zukommen. Er spähte über das Meer von Köpfen, bis er Deans entdeckte und balancierte die Getränke durch die wachsende Menge zum Tisch. Er stellte die Gläser ab und umarmte Brent.

„Es ist verdammt lange her“, sagte Brent und drückte ihn an sich. Für ein paar Sekunden überließ Trevor sich dem Gefühl. Brent war immer so stark und beständig, seine Umarmung war wie ein Kokon der Sicherheit, wenn auch nur für einen Augenblick.

„Stimmt.“ Trevor setzte sich und alle hoben ihre Gläser. Er und Brent prosteten Dean zu. „Auf eine Zukunft ohne Dumpfbacke Chuck!“ Trevor lächelte und Dean biss sich auf die Lippe. Wenn er so reagierte, war etwas im Busch. „Das kann doch nicht sein?“

„Oh Gott, nein. Ich bin fertig mit ihm. Ich wusste nur nicht, dass ihr beide ihn so gehasst habt.“ Dean nahm einen Schluck von seinem Bier und stellte das Glas wieder ab. „Ich wünschte, ihr hättet etwas gesagt.“

Trevor rollte mit den Augen und hätte Dean gerne geschüttelt, nippte aber lieber an seinem Martini. „Wir haben es versucht, weißt du noch? Du hast dich dagegen gewehrt und behauptet, wir würden ihn nicht gut genug kennen. Also haben wir uns zurückgezogen, bis du es selbst gemerkt hast. Mehr konnten wir nicht tun.“

Brent neigte den Kopf leicht und warf Dean seinen patentierten Du weißt, dass ich recht habe, also widersprich mir nicht, sonst lasse ich den Anwalt raushängen – Blick zu. „Wir haben dich nie aufgegeben, aber wir mussten uns zurückhalten.“

„Ich weiß. Ich habe mich geweigert zu sehen, was er wirklich war, bis es fast zu spät war.“ Dean schüttelte sich. „Das Arschloch hat keine Kondome verwendet. Habe ich euch das erzählt? Er hat mich betrogen und hätte Gott weiß was nach Hause bringen können.“ Er sackte in seinem Stuhl zusammen und Trevor hatte augenblicklich das Bedürfnis, Dumpfbacke Chuck die Fresse zu polieren. „Ich habe ihn in unserem Bett erwischt und er hatte die Unverfrorenheit, überrascht auszusehen. Ich habe ihm nicht geglaubt, als er sagte, es wäre das erste Mal gewesen.“ Dean nahm einen großen Schluck Bier. „Ich war so blöd.“

„Du hast ihn geliebt“, sagte Trevor. „Wir verstehen das. Aber du hast das Arschloch in die Wüste geschickt und dazu gehört Mut.“

Brent nickte zustimmend.

„Und eine einstweilige Verfügung, um ihn von meinem Haus fernzuhalten. Der betrügerische Mistkerl hat behauptet, ich hätte ihm die Hälfte des Hauses überlassen.“ Dean rollte mit den Augen, leerte sein Bier und schaffte es, die Aufmerksamkeit eines umherlaufenden Kellners in einer engen Lederhose auf sich zu ziehen. Er hatte ein weiteres Bier bestellen wollen, bestellte aber gleich zwei. Es schien, als wollte er seinen Kummer ertränken.

„Komm mit.“ Trevor stand auf und nahm Dean bei der Hand. „Lass uns tanzen.“ Sie mussten dringend etwas anderes tun, als über Dumpfbacke zu reden. Der Zweck ihres Treffens war schließlich, Dean aus dem Haus und unter Menschen zu bringen.

Die Tanzfläche war auf der Rückseite des Gebäudes, was ein Segen war, denn im vorderen Teil, wo ihr Tisch stand, war die Musik nicht so laut. Aber als sie näherkamen, vibrierte der Boden, zuckten Lichter und kreisten über ihnen. Trevor ließ die Musik auf sich wirken, begann sich dazu zu bewegen und zog Dean mit. „Na also.“

„Du weißt, dass ich beschissen tanze“, sagte Dean und versuchte sich zu befreien, aber Trevor zog ihn näher. Da kamen Deans Zweifel wegen Dumpfbacke wieder zum Vorschein und er musste ihm helfen, darüber hinwegzukommen.

„Gib dir einen Ruck. Tanzen ist wie Sex im Stehen, sieh es mal so.“ Trevor drehte sich zum Rand der Tanzfläche. „Sieh dir den Mann an, der da drüben sitzt. Dunkles Haar, engelhafte Gesichtszüge, schöner, geschmeidiger Körper, beinahe perfekt. Stell ihn dir auf der Tanzfläche vor, wie er sich an dich schmiegt. Was würdest du tun? Weggehen oder ihm einen Vorgeschmack geben, was sein könnte, wenn ihr allein wärt?“ Trevor warf noch einen Blick zu dem Mann, ließ sich von der Musik erfassen und setzte sich so in Szene, wie er hoffte, dass es ihm die gewünschte Aufmerksamkeit bringen würde.

Dean schloss die Augen und bewegte sich besser, aber als er mit den Armen zu schwingen begann, sah er ein wenig albern aus. Trevor dachte natürlich nicht daran, ihm das zu sagen. Dean lächelte und schien sich gut zu fühlen, besonders als ein Typ hüftenschwingend auf ihn zukam, sich schwungvoll vor ihm drehte, die Arme um seinen Hals legte und sich an ihn drückte. Trevor hätte schwören können, dass der Kerl in seine Hose eingenäht war, so eng saß sie. Die Arme über dem Kopf tanzte Trevor von ihnen weg und bewegte sich durch die Menge, wo ein Typ nach dem anderen auf ihn zu- und dann auch wieder von ihm wegtanzte.

Brent saß immer noch am Tisch, also bahnte Trevor sich einen Weg zurück und setzte sich neben ihn. „Geh ruhig tanzen, wenn du willst“, forderte Trevor auf, aber Brent schüttelte den Kopf. „Was ist denn los?“

„Der Arzt sagt, ich soll es langsam angehen und meinen Knöchel ordentlich heilen lassen.“ Er rutschte auf seinem Stuhl herum. „Der Motorradunfall hat mir sehr zugesetzt und ich muss einen Gang runterschalten. Der Doktor meint, wenn nicht, würde es schlimmer. Also tue ich, was er sagt, und hoffe, dass es besser wird. Es ist erst sechs Wochen her und du weißt ja, dass sie einen Teil davon wiederherstellen mussten, mit Schrauben und so. Tanzen wird noch eine Weile nicht drin sein.“

„Ich dachte, es ginge dir schon wesentlich besser.“ Nach seiner Operation hatte Trevor viele Stunden bei Brent im Krankenhaus verbracht.

„Tut es, aber an tanzen ist noch nicht zu denken.“

„Dann hätten wir heute doch etwas anderes machen können“, bemerkte Trevor.

Brent lehnte sich vor und sah zur Tanzfläche, wo der Typ, mit dem Dean getanzt hatte, ihn immer noch in einer Ganzkörper-Umklammerung hielt. „Warum gehst du nicht da raus? Mir geht es hier gut und vielleicht kommt jemand rüber und unterhält sich mit mir. Nicht, dass ich mir besondere Hoffnungen mache.“ Brent kicherte und scheuchte ihn weg. „Geh schon und amüsier dich.“

Trevor ging nicht, sondern lehnte sich zurück, leerte sein Glas und beobachtete die Menge. Einige Jungs suchten Blickkontakt, aber aus irgendeinem Grund erregte keiner sein Interesse. Sogar die Rausschmeißer schienen interessiert, als sie eine Runde drehten, um zu sehen, ob alles okay war. Aber er war nicht interessiert. Etwas war eindeutig anders und vielleicht würde er zum ersten Mal seit einer langen Zeit allein nach Hause gehen.

„Geh und rede mit jemandem. Wenn du hier den Mönch markierst, ist niemandem geholfen. Außerdem sitzt der Typ, der dich die ganze Zeit fixiert, noch immer da drüben. Er ist im Moment allein, sein Begleiter ist tanzen gegangen. Also geh rüber und quatsch ihn an.“ Brent grinste. „Gib ihm eine Kostprobe von Trevors Magie und rette seinen Tag.“

Trevor hatte immer wieder zu dem Tisch hinübergesehen, wo der schöne, dunkelhaarige Mann nun gerade allein saß. Trevor nickte Brent zu, stand auf, versuchte Blickkontakt herzustellen und schlenderte hinüber. Zumindest äußerlich mangelte es ihm nie an Selbstvertrauen. Er schob den Hauch von Zweifel zur Seite, der aufkeimte, als er sich dem Tisch näherte. Der schöne Typ saß einfach da und sah in Richtung der Musik.

„Hi, ich bin Trevor.“

Das Abbild eines Engels auf Erden – zumindest kam es Trevor so vor – drehte sich zu ihm. „Hallo, ich bin James.“ Er streckte Trevor nicht die Hand hin, aber der dachte sich weiter nichts dabei.

„Ich habe dich hier sitzen sehen und mich gefragt, ob du vielleicht tanzen möchtest.“ Trevor demonstrierte ein paar seiner besten Bewegungen, was normalerweise jeden Widerstand schmolz.

„Ähm, nein. Eher nicht“, sagte er sanft, mit einer Stimme, die in dem Lärm fehl am Platz wirkte. „Danke für das Angebot, aber ich fürchte, ich und tanzen ist keine gute Kombination.“

„Darf ich dich auf einen Drink einladen?“

Der Mann hob das Glas, das er in beiden Händen gehalten hatte. „Ich habe schon einen, danke.“ Er sah nicht weg, aber er schien Trevor auch nicht anzusehen. Trevor sah über die Schulter, aber niemand schien ihnen Beachtung zu schenken. „Bist du oft hier?“ Oh Gott, was für eine abgedroschene Phrase, aber ihm gingen langsam die Fragen aus. Er konnte ebenso gut zu Brent zurückkehren und die Sache abschreiben.

Der Mann lachte und es klang wunderbar warm und voll. „Nein, ich bin zum ersten Mal an einem Ort wie diesem. Ich wusste nicht genau, was mich erwartet, aber es ist so laut, überfüllt mit Menschen, die zu viel Lärm machen. Mein Freund Lester hat mich hergebracht. Er tanzt mit einem Typen, den er hier kennengelernt hat, glaube ich. Ich hoffe, er amüsiert sich.“

Was ist mit dir? Amüsierst du dich?“ Trevor zeigte sein gewinnendstes Lächeln und versuchte zu vermitteln, dass sie zusammen eine Menge Spaß haben könnten. Gewöhnlich bekam er dann, was er wollte.

„Das ist sehr ungewohnt für mich und ich bin nicht sicher, wie unterhaltsam es ist. Die Musik ist viel zu laut und es sind viele seltsame Leute hier. Hoffentlich wird Lester in ein paar Minuten zurück sein.“ Er nahm einen Schluck von seinem Drink, ohne dass sein Ausdruck sich veränderte.

Die Botschaft erschien Trevor ziemlich klar. „Tut mir leid, dass ich dich belästigt habe.“ Er wandte sich zum Gehen.

„Es war nett, mit dir zu reden.“ James nahm noch einen Schluck, Trevor winkte und kehrte zum Tisch zurück, wo Dean sich auch gerade wieder zu Brent gesellt hatte.

„Tiefschlag?“

„Absolut.“ Trevor drehte sich um und sah in einen der Spiegel, die die Wand säumten.

Brent schüttelte den Kopf. „Was? Du hast heute im Fitnessstudio sicher mindestens eine Stunde damit verbracht, dich selbst bei jeder Übung zu beobachten. Glaubst du, dass du dich in den letzten paar Stunden verändert hast?“

„Ich begreife es nicht. Der Typ ist bezaubernd, also habe ich ihm mein schönstes Lächeln geschenkt. Er hat durch mich durchgesehen, als wäre ich nicht da. Ich meine, ich bin nicht oberflächlich oder so, aber ich weiß, wie ich aussehe, und normalerweise kann ich mich vor Typen nicht retten, die ein Stück davon erhaschen wollen. Aber …“

Brent rollte mit den Augen und klopfte ihm auf die Schulter. „Was du gerade gesagt hast, ist der Inbegriff von oberflächlich. Nicht jeder spricht auf deine geballte Ladung von beinahe-Perfektion an.“

„Beinahe-Perfektion?“ Er hatte jeden Zentimeter von sich vervollkommnet, um in der bestmöglichen Form zu sein.

„Deine Nase ist zu groß und deine Ohren stehen ein wenig zu weit ab. Aber wenn du daran denkst, das richten zu lassen, rede ich nie wieder mit dir. Jeder Mensch hat Mängel – sie sind es, die uns einzigartig und schön machen.“ Brent schüttelte den Kopf. „Er ist also nicht auf dich abgefahren. Vielleicht denkt er nicht, dass ein Lächeln und ein Zwinkern Grundlage genug sind, um sich mit einem Fremden einzulassen.“

„Er ist ein Mann und irgendwie sind wir doch alle gleich. Vor allem die, die hierherkommen.“ Er brauchte nicht lange, um mindestens ein halbes Dutzend Jungs auszumachen, die über den Club verteilt mehr oder weniger intensiv bei der Sache waren. Die Hitze im Raum steigerte sich von Minute zu Minute.

„Du redest so viel Quatsch“, sagte Dean, als er sich zu ihnen setzte. Der Typ, mit dem er getanzt hatte, hatte ein paar Gläser Bier mitgebracht, setzte sich neben ihn und reichte ihm ein Glas. „Das ist übrigens Bobby.“ Dean lächelte und rückte mit seinem Stuhl näher zu Bobby. Sie hatten offensichtlich Gefallen aneinander gefunden, was gut war. Dean verdiente eine Ablenkung und Bobby schien genau das Richtige. „Worüber habt ihr euch da gerade so ernsthaft unterhalten?“

„Trevor hat sich eine Abfuhr geholt und jetzt fragt er sich, ob er vielleicht in den letzten paar Minuten hässlich geworden ist“, neckte Brent.

„Lass mich raten. Er hat den Typen angelächelt und erwartet, dass der keuchend die Zunge rausstreckt wie in einem Mel Brooks Film.“ Dean kicherte, schüttelte den Kopf und drehte sich zu Bobby. „Mein Freund hat unglaubliches Glück bei den Jungs. Sie stehen Schlange bei ihm.“

Bobby musterte ihn. „Glaube ich gerne.“ Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Dean zu und sie lächelten einander an wie zwei verknallte Teenager.

„Und was soll ich jetzt tun?“, fragte Trevor.

„Steig wieder in den Sattel und such dir einen anderen. Hier wimmelt es nur so vor Typen, die dich als Leckerbissen betrachten. Du musst dir nur einen aussuchen“, scherzte Brent.

Trevor sah sich um und hatte das Gefühl, von einem Dutzend Kerlen angestarrt zu werden. Schon besser. Er betrachtete einen nach dem anderen und fand keinen, der ihn wirklich interessierte. Dann wanderte sein Blick unbewusst zurück zu dem Dunkelhaarigen und blieb dort haften. Jede seiner Bewegungen, selbst so etwas Alltägliches wie der Griff nach dem Bierglas, war ein Ausdruck vollendeter Anmut.

Dean und Bobby gingen wieder auf die Tanzfläche und ließen ihn allein mit Brent zurück.

„Du beobachtest ihn schon wieder, nicht wahr?“, fragte Brent und Trevor nickte gedankenverloren. Der Mann hatte etwas an sich, das Trevor wie ein Blitz traf. James saß inmitten von all dem Lärm und Chaos und es schien ihn nicht wirklich zu berühren. Es war faszinierend und unglaublich attraktiv.

„Wir wollen doch immer, was wir nicht haben können“, sagte Brent dicht neben ihm.

„Ich weiß und ich frage mich, warum ich nicht wegsehen kann. Was hat der Typ nur an sich, das mich so anzieht?“ Trevor hatte noch nie etwas Vergleichbares erlebt. Er hatte unzählige Männer gehabt und musste sich anstrengen, sich an alle zu erinnern.

„Wer weiß schon, warum wir uns zu einem Menschen mehr hingezogen fühlen als zu einem anderen?“

„Verstehe ich nicht. Er ist einer von vielen.“

Brent schüttelte den Kopf, leerte sein Glas und stellte es auf den Tisch. „Vielleicht ist es Zeit, dass du einsiehst, dass zu einem Mann mehr gehört als ein Schwanz und Eier. Da gibt es noch ein Organ, das genauso wichtig ist.“

„Seit wann bist du denn so philosophisch drauf?“, fragte Trevor und war wirklich gespannt auf die Antwort, bekam aber keine, weil Dean und Bobby zurückkamen.

„Ist das der Kerl, für den du dich interessierst?“ Bobby deutete an der Tanzfläche vorbei.

„Ja, ich habe mich ein paar Minuten mit ihm unterhalten.“

Bobby kicherte, lehnte sich zu Dean, flüsterte ihm was ins Ohr und sie lachten beide. Bobby grinste Trevor an. „Da konntest du mit deinem Lächeln und deinem tollen Aussehen kein Glück haben.“

„Warum nicht?“, wollte Trevor wissen.

„Er ist blind.“ Bobby sagte es leichthin, aber Trevor fehlten vor Entsetzen die Worte. Er beobachtete James erneut und alles ergab Sinn. Wie er sein Glas in beiden Händen hielt, als fürchtete er, es zu verlieren, wenn er es nicht festhielt. Wie er die ganze Zeit durch Trevor hindurchgesehen und vermutlich aus Höflichkeit versucht hatte, in seine Richtung zu sehen. Immerhin verstand Trevor nun, warum sein „Zauber“ nicht gewirkt hatte.

„Redest du noch mal mit ihm?“, fragte Bobby. „Er sieht einsam aus. Er sitzt schon seit mehr als einer halben Stunde einfach so da.“

„Ich glaube nicht.“ Einem Mann wie ihm hatte Trevor nichts zu bieten. Er zog die Aufmerksamkeit anderer Männer immer mit seinem Aussehen auf sich, das war seine bevorzugte Waffe. Nun, da er darüber nachdachte, schien sein Aussehen seine einzige Waffe zu sein. Das stimmte nicht ganz. Er konnte sich auch problemlos mit Männern unterhalten, aber die meisten hatten kein Interesse an Konversation. So weit kam es meist gar nicht.

„Warum nicht?“, fragte Brent. Er stand auf und stützte sich auf die Tischplatte. „Wenn du nicht gehst, gehe ich. Er ist …“

„Wie ein Engel“, ergänzte Trevor. Brent nickte und steuerte quer durch den Raum auf James zu.

Trevor stöhnte und umklammerte den Stil seines Glases so fest, dass es nur mit Glück nicht in seiner Hand zerbrach. Er konnte den Blick einfach nicht von James abwenden. „Verdammt.“ Trevor stand auf, stapfte energisch durch den Raum und überholte Brent.

„James, ist es okay, wenn ich dir Gesellschaft leiste?“

„Trevor?“, fragte James mit einem Lächeln. „Wenn du möchtest. Ich bin aber keine sehr unterhaltsame Gesellschaft.“

Trevor angelte sich einen Stuhl. „Warum nicht?“

James hatte den Kopf in Richtung der Tanzfläche geneigt, als würde er auf jemanden oder etwas horchen und drehte sich dann wieder zu ihm. „Ich bin ein wenig verloren. Mein Freund Lester meinte, er wäre nicht lange weg und ich frage mich, wo er bleibt.“ James beugte sich vor. „Ich müsste mal zur Toilette und ich weiß nicht, wo die ist. Und selbst wenn ich es wüsste, würde ich es unmöglich durch diese Menschenmenge schaffen.“

„Weil du nichts sehen kannst?“, fragte Trevor und James nickte. Es war offensichtlich. Aber Trevor wollte James wissen lassen, dass er sich der Situation bewusst war. „Die Toilette ist gleich um die Ecke und ich kann dir helfen.“

„Aber sobald ich aufstehe, wird jemand den Tisch besetzen und dann bin ich ganz verloren.“

„Das ist kein Problem.“ Trevor hielt Ausschau nach Marvin, der sofort herüberkam. „James, das ist Marvin. Er ist einer der Türsteher hier.“ Trevor wartete, während sich die beiden begrüßten. „Marvin, würdest du bitte den Tisch für James freihalten, während wir ein paar Minuten weg sind?“

Marvin nickte mit einem wissenden Grinsen.

„Vielen Dank.“ Trevor stand auf und trat zur Seite, als auch James aufstand und einen ausziehbaren weißen Blindenstock hervorholte. Trevor nickte Marvin zu, dessen Ausdruck sich komplett verändert hatte. Dann begleitete er James vorsichtig zur Toilette, sprach leise mit ihm und erklärte, was sich vor ihm befand.

„Du machst das sehr gut“, sagte James, als Trevor den Leuten bedeutete, aus dem Weg zu gehen. Ein Typ ignorierte ihn, bis Trevor ihn anrempelte, um Platz für sie zu machen.

„Da sind wir. Die Tür ist gerade vor uns. So ist es gut. Wir sind drinnen. Brauchst du eine Kabine?“

„Ja, bitte.“

Trevor führte James zu einer freien Kabine, schloss die Tür und stand Wache. Er würde sich da nicht wegbewegen. Ein Mann kam auf ihn zu, neigte fragend den Kopf und deutete lächelnd auf die andere Kabine, während sein Blick Trevor abtastete. Gewöhnlich war er nicht der Typ, der einen Blowjob ablehnte, wenn sich die Gelegenheit bot, einen zu bekommen, aber Trevor schüttelte den Kopf. Sobald die Spülung rauschte, wartete er darauf, dass James die Tür öffnete und führte ihn durch das ständige Kommen und Gehen.

„Das Waschbecken ist genau vor dir.“ Er drehte das Wasser auf und James wusch sich die Hände. Trevor reichte ihm ein Papierhandtuch und warf es weg, als James fertig war. Dann zeigte er ihm den Weg aus der Toilette und zurück zum Tisch. Es schien sich herumgesprochen zu haben, denn die Menge teilte sich wie das rote Meer, als sie durchgingen. „Danke, Marvin.“

„Ja, vielen Dank“, sagte James, als er seinen Stuhl an der Wand fand und sich wieder setzte. „Ich weiß deine Hilfe zu schätzen.“

„Keine Ursache“, sagte Marvin. Er hatte eine beeindruckend tiefe Stimme. „Wenn du etwas brauchst, lass es mich wissen.“

„Das werde ich. Danke.“ James lächelte in Marvins Richtung und Trevor sagte ihm nicht, dass Marvin schon gegangen war. Er drehte sich zurück zu Trevor. „Möchtest du einen Drink?“

„Im Moment nicht. Ich bin lieber vorsichtig, ich muss noch fahren.“

„Ich auch.“

„Du fährst Auto?“, scherzte Trevor und James kicherte. Es klang wunderbar fröhlich und obwohl er sich bemühte, es zu verbergen und sein Lachen tiefer klingen zu lassen, war dieser unbekümmerte Moment faszinierend. Trevor war froh, ihn miterlebt zu haben.

„Du bist also ein Besserwisser. Das gefällt mir. Ich meinte, dass ich vorsichtig sein muss, wie viel ich trinke. Was glaubst du, welchen Schaden ein torkelnder blinder Mann anrichten kann? Beim letzten Mal habe ich drei alte Damen und einen Zeugen Jehovas mit meinem Stock außer Gefecht gesetzt.“

„Ja klar, sonst noch was“, sagte Trevor und genoss, dass James auch noch Sinn für Humor hatte.

„Zu viel zu trinken schwächt die Sinne und da ich nicht sehen kann, muss ich nützen, was ich habe, um mich in der Welt zurechtzufinden.“ James drehte sich auf seinem Stuhl. „Da drüben sind drei Typen, die sich wahrscheinlich gleich prügeln werden. Ihr Ton wird schärfer und was als harmlose Stichelei begonnen hat, wird verletzend.“ James drückte sich gegen die Wand, als im selben Moment einer der Männer aufsprang und auf einen der anderen losging. Die Rausschmeißer waren innerhalb von Sekunden am Tisch, trennten die beiden und begleiteten sie hinaus.

„Sie sind weg.“

„Gut. Das wäre außer Kontrolle geraten.“

„Wie hast du das gemacht?“

„Wenn du nicht sehen kannst, werden die anderen Sinne schärfer. Ich habe ein sehr feines Gehör, aber hier ist es besonders schwer, weil so viel von der Musik überlagert wird. Ich höre einige Stimmen, aber viel weniger, als ich es normalerweise würde. Dazu kommt, dass alle ständig in Bewegung sind. Es ist eine Wolke von sich ständig verändernden Stimmen um mich herum, die zu schwer zu verfolgen sind. Am Ende gebe ich auf und dann bin ich ganz verloren.“

„James, amüsierst du dich, wie ich es dir versprochen hatte?“, fragte ein magerer Typ in hautengen Jeans und einem marineblauen T-Shirt, das an ihm klebte, der herbeigeeilt war. Sein Haar war feucht und klebte ebenfalls. „Ich war nicht lange weg, oder?“

„Nein“, log James und Trevor hatte gute Lust, dem Kerl eine Lektion zu erteilen. Vielleicht ihn in eine Toilettenkabine zu sperren, damit er sehen konnte, wie sich das anfühlte.

„Es war mindestens eine Stunde“, sagte Trevor nachdrücklich und sah Lester an. Seine Augen flackerten und Trevor fragte sich, was genau er wohl auf der Tanzfläche getan hatte. Es war warm in dem Club, aber nicht warm genug, um so schweißgebadet zu sein. Dazu kamen das manische Verhalten und die wild blickenden Augen. Trevor tippte auf Ecstasy, aber er war nicht sicher.

„Ich war doch nur für ein paar Songs weg und habe einen ganz süßen Typen kennengelernt.“ Lester schien ganz in seiner eigenen Welt zu sein. Wie konnte der Kerl James mit in einen Club nehmen und ihn dann im Stich lassen? „Ich wollte nur sehen, ob du okay bist. Du kannst mit uns mitkommen und auch tanzen, weißt du? Ich bleibe ganz nahe bei dir.“

Trevor bezweifelte das. James winkte ab und schickte Lester zurück auf die Tanzfläche. „Es geht mir gut hier.“

„Okay, ich bin bald zurück.“ Lester schlang den Arm um einen Typen, der genauso breit wirkte wie er, und sie verschwanden in der wogenden Menge.

„Ich bin mit ein paar Freunden hier. Wir haben einen Tisch auf der anderen Seite des Clubs. Möchtest du dich anschließen? Dann hättest du außer mir noch andere, mit denen du dich unterhalten kannst.“ Es war ihm ein Rätsel, warum er anbot, diesen schönen, liebenswürdigen Mann mit jemandem zu teilen, aber er wollte nicht, dass James alleine herumsaß, besonders nachdem sein Begleiter ihn im Stich gelassen hatte.

„Du musst das nicht tun. Ich kann hier sitzen und auf Lester warten.“

Trevor hatte den Verdacht, dass er da lange warten konnte. Und selbst wenn es für die beiden Zeit war, nach Hause zu gehen, würde Lester nicht in der Verfassung sein, Auto zu fahren. Trevor sah voraus, dass James dann festsitzen würde.

„Komm schon, es sind nette Jungs. Aber sag bloß nichts über Trennungen, wenn du mit Dean sprichst. Er versucht gerade eine ziemlich üble Trennung von Dumpfbacke Chuck zu vergessen.“

James lachte. „Okay.“

Trevor stand auf, wartete auf James, nahm dann sein Glas in eine Hand und führte James mit der anderen durch den Club.

„Warum gehen uns alle Leute aus dem Weg?“ Als wir hergekommen sind, mussten wir uns durch die Menge kämpfen.“ James ging langsam und vorsichtig, als erwartete er, gegen jemanden zu stoßen.

„Ich glaube, sie haben Angst vor mir“, sagte Trevor.

„Warum? Bist du abschreckend hässlich oder so was?“ James wandte ihm sein Gesicht zu. Er hatte schöne Augen, ohne Anzeichen von Vernarbung oder Trübung. Das Problem mit seiner Sehfähigkeit musste also tiefer liegen.

„Ich denke nicht. Ich bin groß und breitschultrig und wenn ich die Stirn runzle, machen die Leute, dass sie wegkommen.“

„Bist du ein Schlägertyp oder etwas in der Art?“

James blieb stehen, wandte sich zu ihm und legte die Hände auf seine Schultern. Sie hinterließen ein Gefühl von Hitze, als er über Trevors Arme und dann über seine Brust strich. „Eindeutig kein Schläger.“

James lächelte. Trevor rollte mit den Augen, auch wenn James es nicht sehen konnte, und führte ihn den Rest des Weges zu seinem freien Stuhl.

„Das ist James.“

„Ich bin Brent.“

„Dean und das ist Bobby“, sagte Dean. „Er und ich wollen gerade aufbrechen. Habt noch einen schönen Abend.“ Dean stand auf und umarmte Trevor und Brent. „War nett, dich zu treffen, James. Viel Spaß noch.“ Dean winkte rasch in die Runde, offenbar in Eile wegzukommen.

„Gott sei Dank. Dean und Bobby haben seit einer halben Stunde geknutscht, als wären sie miteinander verschmolzen. Ich dachte schon, sie würden an Ort und Stelle zur Sache kommen. Auch wenn ich nichts dagegen hätte, zuzusehen … Ich möchte wirklich nie wieder Deans nackten Arsch zu sehen bekommen.“

„So schlimm?“, fragte James. „Vielleicht sollte ich dann froh sein, dass ich blind bin.“

„Nein, gar nicht übel. Aber das letzte Mal waren wir im Sommer am See. Dean und Dumpfbacke Chuck, sein Ex, wollten nackt baden. Sie kamen einer Schar Gänse zu nahe und Dean rannte aus dem Wasser, die Hände über seinem besten Stück, während eine Gans ihn verfolgte und ihn in den Hintern pickte. Er war tagelang grün und blau und so, wie er jammerte, schien Sitzen nicht angenehm zu sein. Also haben wir eine Regel, dass Dean in unserer Gegenwart nie wieder seinen nackten Arsch zeigen darf, um jeder Wiederholung vorzubeugen.“ Er und Brent lachten, währen James schwach kicherte.

„Ich habe nie eine gesehen, aber das klingt böse.“

„Sie können böse werden“, sagte Trevor. Es ist ein großer, brauner Vogel, etwa 70 Zentimeter groß. Sie kacken überall hin und sie verteidigen ihr Territorium energisch, besonders, wenn sie Junge haben.“

„Sie rennen auch ziemlich schnell und sie haben offenbar eine Vorliebe für Deans Kehrseite. Allerdings, wenn sie hinter Chucks Arsch her gewesen wären, hätte er einen Gehirnschaden davongetragen.“ Alle lachten über Brents Versuch, witzig zu sein.

 

 

„WAR CHUCK so übel, wie ihr sagt?“

„Schlimmer“, erklärte Brent. „Er hat Dean jahrelang benutzt und ihn dann betrogen.“

James reagierte zunächst nicht. „Ich weiß, wie sich das anfühlt.“ Er hob sein Glas und trank sein Bier aus. „Wenn ihr ihn das nächste Mal seht, richtet Dean aus, er hätte Chuck in die Eier treten sollen.“

Die Heftigkeit der Aussage überraschte Trevor. James war bisher zurückhaltend und freundlich gewesen. Aber seine Lippen verzogen sich und gaben den Blick auf seine Zähne frei, als er schilderte, was Dean mit Chuck hätte tun sollen. Er musste einmal sehr verletzt worden sein, um so viel Zorn in sich zu haben.

„Da bist du ja“, sagte Lester, als er zum Tisch stolperte. „Ich habe drüben nachgesehen und du warst weg und ich dachte, dass …“ Er wischte sich über die Stirn und Trevor reichte ihm eine Serviette. Lester begann ihm wirklich auf die Nerven zu gehen.

„James ist hier bei uns gut aufgehoben. Du bringst ihn her und nur, weil du jemanden interessanten kennengelernt hast, kümmerst du dich die meiste Zeit nicht um ihn.“ Trevor neigte sich vor und seine Augen wurden schmal. „Geh und hab so viel Spaß, wie du willst. Wir kümmern uns um ihn und sorgen dafür, dass er nach Hause kommt.“ Er starrte Lester an, der aussah, als ob er jeden Moment umfallen würde.

„Aber das kannst du nicht machen. Er …“

Trevor stand auf. Er überragte Lester. „Hör mir mal zu. Ich weiß nicht, was du eingeworfen hast, aber er wird nicht mit dir in ein Auto steigen. Und wenn du es darauf anlegst, rufe ich die Polizei und wir sehen, was die dazu zu sagen haben. Jetzt hau ab und such deinen Freund. Dann wird sich zeigen, ob es ihn kümmert, wie du nach Hause kommst. James wird sich jedenfalls nicht in Gefahr begeben, weil du dämlich warst.“ Er trat einen Schritt näher. „Hast du das kapiert oder muss ich einen Türsteher holen, damit er deinen Arsch vor die Tür schafft?“

Lester wurde blass und Trevor hoffte, dass der Junge nicht gleich kotzen würde. Er scheuchte Lester weg und setzte sich wieder.

„Aber ich kenne dich nicht. Wie kann ich mich von dir nach Hause bringen lassen?“, fragte James und Trevor wurde klar, wie hilflos und klein sich James in diesem Moment fühlen musste. „Ich wollte eigentlich nicht herkommen. Orte wie dieser sind für mich nicht angenehm. Aber Lester hat mich überredet und versprochen, bei mir zu bleiben.“

Trevor strich James sachte über die Hand. „Ist schon gut. Wenn du nicht von mir nach Hause gebracht werden möchtest, dann rufe ich ein Taxi, wenn du gehen willst. Das ist kein Problem. Ich will nur nicht, dass du mit ihm fährst.“

„Ist er wirklich drauf?“

„Ja. Ich denke, es ist Ecstasy. Er kann jedenfalls keine vernünftigen Entscheidungen treffen und sollte auf keinen Fall fahren.“ Trevor winkte einen der Kellner heran und bestellte noch eine Runde, für sich selbst aber nur Limonade. Wenn er James nach Hause bringen würde, wäre er stocknüchtern. Etwas in ihm hoffte, dass James ihm das erlauben würde. „Dir passiert nichts. Ich weiß, du hast mich gerade erst kennengelernt, aber du bist in guten Händen, ich verspreche es.“ Sicherzustellen, dass es James gut ging, kümmerte ihn mehr als alles andere.

Dieser Gedanke ließ ihn innehalten. Was zum Teufel war mit ihm los? Er war gekommen, um gevögelt zu werden, im günstigsten Fall von jemandem, der so heiß war wie James. Und was tat er? Er spielte den Beschützer. Das war völliges Neuland für ihn. Er war der böse Junge, der sich nahm, was er wollte, und dann ging. Er lernte die Typen, mit denen er schlief, nicht näher kennen. Nun, mit denen er fickte war das bessere Wort. Er blieb unnahbar. Auf diese Weise wurde er nicht verletzt und behielt die Oberhand. Sie hatten Spaß, nicht mehr. Er versprach niemals etwas. Und doch saß er hier, gab James ein Versprechen und war entschlossen, es zu halten.

„Das ist sehr nett von dir.“ James drehte den Kopf, als würde er sich umsehen, leerte sein Glas und stand auf. „Wir sollten jetzt alle gehen.“ Brent hielt mit dem Glas auf halbem Weg zu seinem Mund inne, als James nach Trevors Arm griff.

„Bitte, bring mich jetzt gleich zur Tür.“ James zog Trevor regelrecht auf die Füße. „Du auch, Brent.“

Trevor war nicht sicher, warum es so eilig war, aber er trank seine Limonade aus und führte James zur Vordertür. Als sie fast da waren, blitzte hinter ihnen im Club ein grelles Licht auf und die Leute begannen zu schreien. Trevor legte an Tempo zu und zog James mit sich durch die Tür und auf den Gehsteig. Brent war direkt hinter ihnen und Trevor führte James über die Straße, als Rauch aus dem Club quoll.

Ein Alarm schrillte und andere Türen öffneten sich an den Seiten. Das Geräusch wurde lauter und immer mehr Menschen strömten aus dem Club.

James sah nicht überrascht aus. „Ich habe Rauch gerochen. Wahrscheinlich von durchgeschmorten Kabeln, jedenfalls was Elektrisches. Es wurde rasch schlimmer.“

Andere Menschen überquerten die Straße. Sie waren triefnass, offenbar war die Sprinkleranlage angesprungen. Mehr Rauch kam aus dem Gebäude, Lichter blitzten auf und gingen gleich wieder aus, weil das Wasser vermutlich den Stromkreis kurzgeschlossen hatte.

„Ich habe nichts gerochen“, sagte Brent.

Trevor schüttelte den Kopf. Er auch nicht. Aber da waren so viele Leute gewesen und der Raum war überfüllt mit Typen, die in jeder verfügbaren Duftwassermarke gebadet hatten. „Warum hast du nichts gesagt, als du meintest, wir müssten gehen?“

„Ich wollte nicht, dass Panik ausbricht und wir mussten da raus, ohne niedergetrampelt zu werden. James hielt Trevors Arm fest, als die Menschenmenge um sie herumlief.

„Können wir gehen?“

„Ja.“ Trevor wandte sich an Brent. „Wo ist dein Auto?“

„Einen Block entfernt, hier entlang. Ich sollte zurechtkommen.“

Trevor umarmte ihn. „Ruf mich an, wenn du zu Hause bist. Ich bringe James heim. Wir hören uns.“ Er winkte und führte James zu seinem Auto, einen Block in die andere Richtung. Er öffnete die Tür mit seinem Schlüsselanhänger und half James hinein. Dann schloss er die Tür, umrundete den Wagen und stieg ein. Er startete den Motor, fragte James nach seiner Adresse und tippte die Daten in das GPS. Dann parkte er aus, wendete und fuhr davon.

2

 

 

JAMES STEWART. Ja, das war sein richtiger Name. Weiß der Himmel, was seine Mutter sich dabei gedacht hatte, ihm diesen Namen anzuhängen, mit dem er jetzt für den Rest seines Lebens klarkommen musste. Sie musste entweder ein großer Fan gewesen sein oder sie hatte einen heimlichen Hass auf ihren Sohn gehegt. Er hatte niemals gefragt. Aber die meisten Leute nannten ihn Jimmy und dafür war er sehr dankbar.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte James vom Beifahrersitz in Trevors Auto. Es roch neu und war wunderbar bequem. Er wollte sich zurücklehnen und die Augen schließen. Aber wenn er das tat, wurde ihm schlecht. Es war seltsam, aber wenn er mit geschlossenen Augen in einem Auto fuhr, wurde ihm übel. Wenn er sie offen ließ, ging es ihm gut. Er hatte nie herausgefunden, woran das lag.

„Alles bestens. Wir sind aus dem Viertel rund um den Club raus und es sollte nicht allzu lange dauern, dich nach Hause zu bringen.“

„Danke.“ James konnte die Richtung fühlen, in die das Auto fuhr. Mit jeder Kreuzung, an der Trevor abbog, konnte er die Route verfolgen. Das GPS war auch sehr hilfreich, auch wenn der Computer daran scheiterte, Kinnickinniy Avenue richtig auszusprechen. Das war okay. Er wusste, dass sie in der Nähe waren, als das Navigationssystem Trevor anwies, in die Quincy Road einzubiegen.

„Das ist eine nette Gegend.“

James lächelte. „Ja, ich mag sie.“

Trevor hielt vor seinem Haus und das Auto rumpelte über die Schwelle zum Gehsteig. An diesem Punkt wusste James immer, dass er zu Hause war.

„Einige dieser Häuser sind ziemlich groß.“

„Das sind die zweistöckigen. Da gehört meines aber nicht dazu.“ Er liebte seinen Bungalow. Man hatte ihm gesagt, es sei das kleinste Haus im ganzen Block. Aber es war mehr als genug für ihn. James stieg aus und ging den vertrauten Weg zur Veranda und dann zum Vordereingang. Er schloss auf und als er Trevor hinter sich hörte, fragte er: „Möchtest du einen Kaffee?“ Er ging durch, was er im Haus hatte. Mrs. Ledbetter von nebenan kaufte für ihn ein und hatte sich angewöhnt, alles immer an denselben Platz zu räumen, damit er es finden konnte. Sie machte auch bei ihm sauber, ohne die Möbel zu verrücken. „Ich habe ein paar gute Sorten.“

„Das wäre nett.“ Trevors Schritte kamen näher und James trat ein. Er kannte das Haus so gut, dass er geradewegs bis zur Küche durchgehen konnte. Er holte alles hervor, was er brauchte, ohne auch nur darüber nachzudenken.

„Mach es dir gemütlich.“ Er deutete auf den Wohnbereich und hoffte, dass Trevor ihm nicht folgen würde. James fühlte, dass seine Hand ein wenig zitterte, als er die erste Kapsel in die Kaffeemaschine steckte. Die Kaffeebecher klirrten, als er sie herauszog. Verdammte zittrige Hände. Es war nur ein Typ, der nett genug gewesen war, ihn nach Hause zu bringen, weil Lester ein Vollidiot war. James braute eine Tasse und brachte sie zu Trevor hinaus, als sie fertig war. Dann holte er eine zweite Tasse für sich selbst und ging damit ins Wohnzimmer.

„Jemand hat hier ziemlich viel Arbeit reingesteckt.“

James setzte sich in seinen Stuhl, sorgsam darauf bedacht, seinen Kaffee nicht zu verschütten. „Ja, die Männer, von denen ich es gekauft habe, haben die Wände gestrichen, die Böden neu gemacht und sogar die Küche renoviert. Deshalb habe ich es gekauft. Sie habe auch das Dach erneuert.“

„Und du lebst hier allein?“

„Ja. Es ist manchmal komisch. Ich muss die Türen versperren, auch wenn ich zu Hause bin, weil die Leute denken, das Haus wäre leer. Ich denke nie daran, die Lichter anzumachen, denn wenn ich es tue, vergesse ich, dass sie an sind.“ Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee und die Wärme breitete sich angenehm in seinem Inneren aus. „Einmal hat jemand versucht einzubrechen. Die dachten wohl, weil ich blind bin, wäre ich ein leichtes Opfer. Aber ich habe eine Alarmanlage, die mehr Lärm macht als ein Space Shuttle. Es hat sie abgeschreckt. Aber jetzt versperre ich immer alles und Mrs. Ledbetter kommt jeden Tag vorbei und sieht nach, ob ich etwas brauche.“

„Womit verdienst du deinen Lebensunterhalt?“ Trevor trank seinen Kaffee und es hörte sich an, als würde auch er es genießen.

„Ich gebe Unterricht, um Blinde zu unterstützen. Jeden Tag verlieren Menschen ihr Augenlicht. Es sind nicht mehr so viele wie früher, aber es passiert. Ich lehre sie, wie sie damit zurechtkommen können.“

„Wurdest du blind geboren?“

„Nein. Ich war zehn, als ich schwer krank wurde. Als ich sonst wieder gesund war, bemerkte ich, dass ich nicht mehr so gut sehen konnte wie vorher. Ich war ein Kind und dachte mir nicht viel dabei, bis Mom beobachtete, dass es mir schwerfiel zu lesen. Sie brachte mich sofort zum Arzt. Innerhalb von sechs Monaten konnte ich nur mehr die allerhellsten Lichter erkennen und in weniger als einem Jahr war ich blind. Seit damals sehe ich nichts mehr.“ James hatte sich vor langer Zeit damit abgefunden und spulte seinen Bericht nun ohne jede Emotion ab. „Es ist so und nachdem ich akzeptiert hatte, dass ich blind war und so gut wie alles tun konnte, was jeder andere auch kann, entschied ich mich, anderen zu helfen.“ Damals schien es das Richtige zu sein und er mochte seinen Beruf immer noch. „Es ist eine lohnende Aufgabe, aber es ist auch schwierig.“ Er nahm noch einen Schluck Kaffee.