Das Licht fliesst dahin, wo es dunkel ist - Kerstin Chavent - E-Book

Das Licht fliesst dahin, wo es dunkel ist E-Book

Kerstin Chavent

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Beschreibung

Unsere Welt, wie wir sie heute kennen, wird es nicht mehr lange geben. In den nächsten Jahren kommen massive Veränderungen auf uns zu, deren Vorboten wir bereits jetzt zu spüren bekommen. Orientierungslos, ratlos und meist resigniert blickt die Gesellschaft auf das Chaos um sich herum. Und offensichtlich haben weder Politik noch Wissenschaft Lösungen für die gigantische Herausforderung, vor die uns unsere Epoche stellt. Was tun? Auf eine Antwort von außen zu warten ist sinnlos. Der Weg muss nach innen gehen. Denn mittlerweile ist unübersehbar: Die Menschheit steht vor einem Paradigmenwechsel. Über Jahrtausende hat unsere Spezies ihre Überlebensfähigkeit bewiesen. Nun geht es darum, zu zeigen, ob wir auch in der Lage sind, als verantwortungsbewusste Menschen zu leben und uns auf einer höheren Ebene zu entfalten, um daraus die Bedingungen für ein besseres Leben schaffen.

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Wichtiger Hinweis

Die Informationen und Ratschläge in diesem Buch wurden mit größter Sorgfalt von Autor und Verlag erarbeitet und geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für kompetenten medizinischen Rat. Alle Leserinnen und Leser sind daher aufgefordert, selbst zu entscheiden, ob und inwieweit sie die Anregungen in diesem Buch umsetzen wollen. Eine Haftung des Autors und des Verlags für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

1. eBook-Ausgabe 2017

© 2017 Europa Verlag GmbH & Co. KG,

Berlin · München · Zürich · Wien

Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie, Werbeagentur, Zürich

Layout & Satz: BuchHaus Robert Gigler, München

Konvertierung: Brockhaus/Commission

ePub-ISBN: 978-3-95890-131-5

ePDF-ISBN: 978-3-95890-132-2

Das eBook einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Nutzer verpflichtet sich, die Urheberrechte anzuerkennen und einzuhalten.

Alle Rechte vorbehalten.

www.europa-verlag.com

Im Licht des Bewusstseinsverwandeln sich die Dinge von allein.

INHALT

Welt im Wandel

Zerfall

Jenseits des Dualismus

Auf schmalem Grat

Vom Gefährt zum Gefährten: der Körper als Freund

Größe zulassen

Heilen der Familienbande

Im Spiegel der anderen sich selbst erkennen

Aufbrechen der Reaktionsketten: Entschuldigen und Verzeihen

Das vergessene innere Kind anerkennen

Allumfassendes Glück im Erleben des Augenblicks

Der Geist in der Materie: Licht im Dunkeln

Der Anfang im Ende: über den Tod hinaus

Gelenkte Aufmerksamkeit: heute leben

Ist da jemand? Der göttliche Funke

Endlich erwach(s)en! Die eigene Realität schaffen

Teilnehmen: der Welt eine neue Form geben

Eins-Sein im Licht

Weiterführende Literatur

WELT IM WANDEL

Wir alle begegnen in unserem Leben immer wieder Situationen, die wir so nicht haben wollen. Wir werden krank, verlieren Menschen, die uns nahestehen, unsere Jobs, unser Geld, unseren Besitz. Wir alle sind unvorhersehbaren und drastischen Veränderungen ausgesetzt.

Die Welt um uns herum ist ins Wanken geraten. Einmal mehr setzen sich ganze Völker in Bewegung, auf der Suche nach Boden unter den Füßen und einem Leben in Sicherheit. Klimakatastrophen, Kriege, Attentate, Epidemien, Krankheiten, Finanzcrashs bedrohen uns alle.

Ist uns die Welt entglitten? Hatten wir sie denn jemals im Griff? Orientierungslos, ratlos und oft auch hoffnungslos blicken wir um uns. Wie können wir mit dieser gigantischen Herausforderung leben, vor die uns unsere Epoche stellt? Welche Möglichkeiten haben wir als Individuen? Können wir in einer Zeit, in der ganze Systeme zusammenbrechen und in der niemand wirklich weiß, wie die Lösungen aussehen, überhaupt noch zur Ruhe kommen und so etwas wie Gelassenheit, Unbeschwertheit, Glück empfinden? Wie können wir mitwirken daran, dass auch die Generationen nach uns unseren Planeten noch bewohnen können?

Das Licht fließt dahin, wo es dunkel ist ist keine Suche nach Ablenkung, kein Ausflug zu Rückzugsorten, an denen die Welt noch in Ordnung scheint, und auch keine Rezeptsammlung. Es führt mitten hinein ins Chaos. Denn es geht darum, die Welt so zu nehmen, wie sie heute ist, und daraus die Bedingungen für ein besseres Leben zu schaffen.

Befindet sich der Ausgang aus Dantes Hölle nicht in ihrem Zentrum? Treten wir die Reise an und machen wir uns auf in dieses Innen. Es befindet sich genau hier, wo wir jetzt, in diesem Moment sind. Denn es ist in uns. Sind nicht wir das Zentrum der Welt, die wir um uns herum wahrnehmen? Ist also das, was wir um uns herum beobachten, nicht im Grunde genommen der Widerschein dessen, was in uns geschieht? Wie können wir Frieden im Außen finden, wenn wir ihn im Innen nicht empfinden? Wie können wir anderen die Hand reichen, wenn wir uns selbst nicht Freund sind? Wie können wir eine gerechtere Welt schaffen, wenn in uns Härte und Gleichgültigkeit herrschen? Wie können wir in der Außenwelt Einheit finden, wenn wir uns innerlich zerrissen fühlen?

Die Lösungen, die wir im Außen vergeblich suchen, finden wir in uns, in unserem inneren Universum, im Erkennen und Annehmen unserer selbst. Denn die Welt, die wir um uns herum wahrnehmen, ist nichts weiter als eine Spiegelung unserer inneren Welt und des Verhältnisses, das wir zu uns selbst haben. Nur wenn wir es wagen, uns auf den Weg in diese Innenwelt zu machen und Frieden mit uns selbst zu schließen, kann sich auch in der äußeren Welt etwas verändern.

Machen wir uns auf den Weg. Die Fragen, die bei der Reise in dieses innere Universum aufgeworfen werden, sind so alt wie die Menschheit: Wer bin ich? Was mache ich hier? Gibt es eine höhere Macht? Gibt es einen Sinn?

Das Besondere ist hierbei die Art der Betrachtung. Sie hat sich aus meiner Erfahrung mit einer der großen Krankheiten unserer Zeit entwickelt: 2012 erkrankte ich an Brustkrebs und erfuhr darüber die Wichtigkeit von Akzeptanz, Verantwortung und Bewusstseinsentwicklung für meine Heilung.

Sind die Vorgänge, die Harmonie und Gesundheit in einem Körper fördern, nicht ähnlich denen, die Frieden und Harmonie in der Welt ermöglichen? Damit sich die Dinge ändern können, müssen wir sie zunächst so annehmen, wie sie sind. Wenn wir sie von uns stoßen, werden sie sich so lange manifestieren, bis wir uns ihnen endlich zuwenden und die Verantwortung für das, was uns geschieht, in die Hand nehmen. Alles Lebendige strebt danach, wahrgenommen zu werden, bevor es sich verändern kann. So begreifen wir, dass die Lösungen für unsere Probleme, welcher Art auch immer sie sind, nicht von außen kommen, sondern aus uns heraus.

Es ist nicht immer bequem, diesen Weg zu gehen, denn es gibt viele Widerstände zu überwinden. Es kann Angst machen, sich selbst zu durchleuchten. Doch haben wir eine andere Wahl, wenn wir in dieser Welt nicht nur überleben wollen, sondern leben, als begrenzte Wesen mit immensen Fähigkeiten?

Gehen wir auf das authentische Wesen in unserem Inneren zu. Heben wir die Schichten, die wir im Laufe unseres Lebens um uns herum aufgebaut haben und erforschen wir das Wesen, das sich hinter den Masken und Schutzschilden verbirgt. Denn nur hier bei ihm werden wir das finden, was wir im Außen vergeblich suchen. Hier verbirgt sich die Weisheit, die uns zur Gelassenheit führt und die es uns ermöglicht, unserem Leben eine neue Richtung zu geben und wirklich in ihm Platz zu nehmen.

Ich schreibe über die Dinge, wie ich sie in mir erlebe und spüre. Sie sind meine Wahrheiten. Ich möchte andere dazu ermutigen, eigene Erfahrungen zu machen und ihre eigene Wahrheit zu finden. Zwar benutze ich häufig die allgemeine Form »wir« – jedoch nicht, um zu verallgemeinern und zu behaupten, dass wir alle gleich sind und gleich handeln, sondern um die Tendenzen aufzuzeigen, die ich um mich herum beobachte. Ich möchte damit auch die Frage stellen: Ist es wirklich so? Dieses wir schließt mich mit ein auf meinem Weg des Hinterfragens – nicht des Wissens. Wissen kann uns auch einschließen und lähmen und schließlich daran hindern, eigene Erfahrungen zu machen. Das Wissen hat immer nur so lange Gültigkeit, bis etwas Neues entdeckt wird, das das Alte unter Umständen aushebelt. Einige der großen Gesetzmäßigkeiten, auf die unsere Gesellschaft aufbaut, sind heute überholt, wie zum Beispiel die Annahme Louis Pasteurs, die Mikroben seien unsere Feinde und müssten bekämpft werden. Heute weiß man, dass wir ohne sie gar nicht überleben könnten. Auch mit logisch-mathematischen Denkansätzen allein, die lange Zeit unsere Herangehensweise an die Dinge prägten, können wir uns unsere Welt heute nicht mehr erklären, und auch Darwins Annahme, das Leben habe sich aus der Konkurrenz heraus entwickelt, und das daraus abgeleitete Recht des Stärkeren, das bis in die Gegenwart unsere Gesellschaften dezimiert, können heute so nicht stehen bleiben. Leben ist aus Verbindung und Kooperation heraus entstanden.

Hieraus ergibt sich mein Ansatz. Als Trägerin eines lebendigen europäischen Gedankens versuche ich seit jeher, Brücken zwischen den Kulturen zu bauen, zunächst als Sprach- und Kommunikationslehrerin und seit meiner Begegnung mit der Krankheit auch als Autorin. Zwischen Mittelmeer und Baltikum, zwischen Languedoc und Norddeutschland, meiner Wahlheimat und meinem Herkunftsland, webe ich an einem Netz, das Menschen und Gedanken miteinander in Verbindung bringt und den Austausch fördert.

Das Licht fließt dahin, wo es dunkel ist ist nun nach Krankheit heilt und Traverser le miroir (Den Spiegel durchqueren) ein weiterer Versuch, Lösungen dort aufzuzeigen, wo wir sie nicht erwarten.

Montpellier im Juni 2016

ZERFALL

Wir stehen heute vor immensen Umwälzungen, die das Leben jedes Einzelnen von uns betreffen. Viele bekommen sie bereits zu spüren: Krankheit, Verlust, Trennung, Desorientierung, Zerstörung. Vergeblich suchen wir die Lösungen für unsere Probleme im Außen. Es wird nun an uns sein, an jedem von uns, seinen Teil der Verantwortung zu begreifen.

Unsere Welt, so wie wir sie heute kennen, wird es nicht mehr lange geben. Ein gigantisches wirtschaftliches und soziales Ungleichgewicht verändert unseren Lebensraum und unsere Lebensbedingungen. Die Natur ist zu einem großen Teil zerstört. Unzählige Arten sind bereits vernichtet, Kulturen ausgerottet, Boden, Luft und Wasser verseucht und unsere Nahrungskette unterbrochen.

Wer trägt die Verantwortung für diese Zerstörung? Die Politiker? Die Bosse? Die Ausländer? Unserer Meinung nach sind es die anderen. Sie sind unfähig, respektlos und treffen die falschen Entscheidungen. Die anderen, das bin nicht ich. Ich mache schließlich schon genug – sollen die anderen sich doch auch anstrengen.

Dasselbe erwarten die anderen von uns. Frustriert und desillusioniert ziehen wir uns mehr oder weniger alle hinter unsere Bildschirme zurück oder gehen einkaufen: industrielle Fertignahrung und schädliche Produkte aller Art für unseren Körper, unser Zuhause und unsere Kinder. Trotz eines gigantischen Verwaltungsapparates, Heerscharen von Beamten und unzähligen Normen und Regeln wird ein Skandal nach dem anderen offenkundig. Immer wieder erfahren wir, dass wir systematisch vergiftet werden. Wir bezahlen eine Menge Geld dafür und bereichern damit eben jene, die uns und den Planeten hemmungslos ausbeuten und zerstören. Meistens ist es uns gar nicht bewusst, denn es wird alles getan, damit wir möglichst nichts Unappetitliches zu sehen, zu riechen oder zu hören bekommen.

Wer würde schon Milch trinken, wenn er sehen würde, wie viel Blut und Eiter bis zum letzten Tropfen ausgesaugter Kühe darin schwimmen, oder Fleisch von Tieren essen, deren Lebens- und Tötungsbedingungen er genau vor Augen hätte? Wer würde Abgepacktes essen, wenn er riechen könnte, was wirklich drin ist? Wer würde Kleidung kaufen, von der er genau wüsste, dass Menschen dafür sterben, damit wir alle paar Wochen etwas Neues am Körper tragen können? Wer würde in den Städten noch frei Luft holen können, wenn er die Partikel sehen würde, die er einatmet?

Wir kaufen nicht mit böser Absicht ein – doch wir haben alle gemeinsam dafür gesorgt, dass ein Viertel der Menschheit heute an den Folgen der Umweltverschmutzung stirbt1 und dass ein Prozent aller Menschen fast den gesamten Planeten besitzt, während sich der Rest ein paar Krümel teilt.2

Um uns ruhigzustellen, bekommen wir Bildschirme, elektronisches Spielzeug und Medikamente. Zumindest die Menschen in den reichen Ländern sollen so lange wie möglich am Leben bleiben, denn wenn wir erst tot sind, kann niemand mehr an uns verdienen.

Unsere Lebensaufgabe ist es vor allem, gute Kunden zu sein. Wir leben in einer von wirtschaftlichen Interessen gesteuerten Gesellschaft, die sich hauptsächlich dem Wachstum und dem Konsum verschrieben hat. Der Kapitalismus schafft sich die Subjekte, derer er bedarf. Wir beugen uns dieser Funktion und freuen uns über jedes Schnäppchen. Je billiger, desto besser – egal, ob dafür anderswo Menschen, Tiere oder die Natur leiden.

Bereitwillig opfern wir unsere Freiheit einer trügerischen Sicherheit und lassen uns, ohne groß zu murren, bis ins Kleinste überwachen, manipulieren und betäuben. Dieses System, das auf der einen Seite unermessliche Reichtümer schafft und einige wenige begünstigt, stürzt den Rest der Welt zunehmend ins Elend: Krankheit, Klimakatastrophen, reduzierte Artenvielfalt, eine zerstörte Umwelt, Armut, Hunger, Kriege, Terror und Verluste jeder Art sind die Kehrseite einer ungleichen Verteilung der Güter aller. Die gewagtesten Zukunftsprognosen des letzten Jahrhunderts sind längst zu unserer alltäglichen Wirklichkeit geworden, ohne dass wir es so recht gemerkt haben.

Wir haben zugelassen, dass ein System geschaffen wird, das es mächtigen globalen Unternehmen erlaubt, unsere Welt nach ihren Vorstellungen zu formen. Niemand hat uns dazu gezwungen, dieses System ins Leben zu rufen und zu fördern. Es war unsere freie Wahl – so wie wir auch heute noch frei entscheiden können, ob und wo wir etwas kaufen, auch wenn immer mehr multinationale Unternehmen fusionieren und es immer mehr versteckte Monopole gibt, denen wir kaum noch ausweichen können.

Doch könnten wir damit etwas ausrichten? Ist es nicht im Grunde schon zu spät, sich aus dieser gigantischen zerstörerischen Maschinerie zu befreien? Wie sollte eine bessere Welt denn überhaupt aussehen? Enden nicht unsere Visionen mit eben jenem Hedonismus, der die Menschheit an den Rand des Abgrunds getrieben hat, an dem wir jetzt alle stehen: unerschöpfliche Ressourcen, grenzenloses Wachstum, hemmungsloser Konsum, zügelloses Sich-Amüsieren? Die Natur ein Schlaraffenland, das Leben ein immerwährender Jahrmarkt: Was soll danach noch kommen?

Die Natur zeigt uns ihre Grenzen, während wir versuchen, uns an die letzten Grashalme unseres Planeten zu klammern oder an die Idee, zur rechten Zeit auf andere Planeten ausweichen zu können. Und wir, die wir so stolz sind auf unseren Fortschritt, unsere Technik, unseren Verstand, unsere Intelligenz, die wir geglaubt haben, es könne immer so weitergehen, fühlen uns wie unartige Kinder zu Unrecht zurückgepfiffen. Aber man hatte es uns doch versprochen! Sollten wir uns denn nicht an allem bedienen und uns die Welt untertan machen? Haben wir denn etwas falsch gemacht? Wachstum, Komfort, moderne Ernährung und medizinische Versorgung für alle – was ist daran verkehrt? Immer höher schwingen wir uns hinauf, immer mehr, immer größer, immer schneller soll es sein – es ist doch das Leben selbst, das diese Bewegung vorgibt! Wo sind wir zu weit gegangen?

Wir spüren, dass etwas nicht stimmt. Wir spüren es in unseren Körpern, in unseren Beziehungen, in unserer Umwelt. Es geht uns nicht gut, individuell nicht und kollektiv auch nicht. Wir leiden an dieser Welt, die wir gemeinsam geschaffen haben. Wir fühlen uns ohnmächtig und orientierungslos in ihr, wenn wir nicht schon so abgestumpft sind, dass wir überhaupt nichts mehr fühlen.

Sind wir zu schnell vorangaloppiert im Rhythmus unserer fantastischen Entdeckungen und Erfindungen? Technisch gesehen haben wir das Leben bis ins Kleinste analysiert und auseinandergenommen – doch was wissen wir schon von seinen Geheimnissen? Was wissen wir über uns selbst und darüber, was uns Leben gibt? Über die Zusammenhänge? Wir sind vielleicht gut informiert, denn unsere Kommunikationsgesellschaft erlaubt uns den Zugriff zu allen möglichen Informationen – doch was ist uns wirklich bewusst? Die Karte ist schließlich nicht das Territorium. Doch führt uns unser Weg heute nicht geradewegs in dieses große Unbekannte hinein, das wir selbst sind, in ein Territorium, das wir noch nicht erforscht haben: das Universum in uns? Liegt in dieser Herausforderung nicht auch unsere größte Chance? Könnte so die Krise, die wir heute erleben, zu einer Gelegenheit werden, die Dinge neu zu entscheiden? Denn genau das bedeutet ja das ursprünglich griechische Wort Krise: Entscheidung.

Ist es Zufall, dass Griechenland uns heute so deutlich die Grenzen unseres Systems zeigt? Hier begann das Kartenhaus Europa in sich zusammenzufallen. Schauen wir genau hin. Es ist unser aller Problem. Wir befreien uns nicht davon, indem wir es ausschließen oder fliehen oder so tun, als beträfe es uns nicht. Das, was wir versuchen zu vermeiden, kettet sich an uns. Nur das, was wir ansehen und was wir als wahr (an)nehmen, wird sich verändern können.

Es braucht Mut, sich die Dinge anzusehen, die uns unbequem sind und die uns Angst machen, ebenso viel Mut, wie es braucht, sich einzugestehen: Ich bin dafür auch verantwortlich. Wir haben alle auf direkte oder indirekte Weise dazu beigetragen, dass die Welt heute so ist, wie sie ist. Wir alle haben die Konsequenzen, die wir jetzt zu spüren bekommen, mit herbeigeführt: mit unserem Konsumverhalten, dem Ignorieren oder Abschieben der Probleme und unserer Weigerung, das Ausmaß der Zerstörung wirklich wahrzunehmen. Doch nur dann, wenn wir uns unserer individuellen Verantwortung stellen, wird sich auch etwas ändern können – schließlich kann man nichts ändern, dessen man sich nicht bewusst ist.

Wagen wir es. Stellen wir uns selbst infrage, rütteln wir an unseren Festungen und Überzeugungen und machen wir uns auf den Weg in dieses Universum in uns, zu diesem Wesen, das wir in unserem Inneren sind und von dem wir vielleicht nicht viel mehr wissen als von der Milchstraße.

Sind die Probleme, an denen unsere Welt heute zu zerbrechen droht, nicht im Grunde der Widerschein unserer inneren Unordnung? Sind die Menschen, die wir anderswo und bis vor unserer Haustür sterben lassen, nicht auch die Spiegelung des Mangels an Liebe uns selbst gegenüber? Wenn wir uns selbst lieben würden, könnten wir dann noch unsere Schwestern und Brüder in ihrem Leid ignorieren? Wir können den anderen ja nichts geben, was wir selbst nicht haben.

Um die Welt um uns herum neu zu beleben, müssen wir uns also auf den Weg durch unsere inneren Wüsten machen und die Unwetter in uns durchqueren. In dem Maße, wie wir unsere inneren Landschaften bewässern und pflegen, werden auch außerhalb von uns neue, fruchtbare Landschaften entstehen können. Der Weg zur Lösung unserer äußeren Probleme führt über unsere Fähigkeit, uns dem zuzuwenden, was wir in uns noch nicht gelöst haben. Weisen wir also die Dinge nicht von uns, wie bedrohlich sie uns auch zunächst erscheinen mögen, und integrieren wir sie in unser Leben. Integrare – das heißt nicht, sich überrollen lassen oder seinen Platz an andere abtreten, sondern erneuern, ergänzen, geistig auffrischen. Die Integration dessen, was ist, ist notwendig für unsere Weiterentwicklung. Ohne sie blieben wir auf der Stelle stehen und würden uns so in uns zusammenziehen, dass wir schließlich verkümmern.

Schauen wir uns also um und nehmen das, was um uns herum geschieht, in unser Leben auf. Lassen wir die Dinge nicht wieder draußen vor der Tür, denn wenn wir versuchen, die existierenden Probleme auszuschließen, fügen wir damit nicht nur den Ausgeschlossenen, sondern auch uns selbst großen Schaden zu.

Wir befinden uns heute an einem Scheideweg: Machen wir so weiter wie bisher und riskieren damit das Ende unserer Welt, oder richten wir uns auf und machen uns unsere Rolle in diesem Zerstörungsprozess bewusst? Nur aus der Übernahme der Verantwortung für das Geschaffene ergeben sich Möglichkeiten einer neuen Gestaltung. Es ist an jedem von uns, sich auf den Weg zu machen und sich selbst auf der Suche nach Lösungen zu erforschen.

JENSEITS DES DUALISMUS

Wir leben in einer Welt der Gegensätze: die anderen und wir, innen und außen, nah und fern … Doch das, was sich auf den ersten Blick auszuschließen scheint, gehört untrennbar zusammen und ergänzt sich gegenseitig. Wir werden unsere Probleme nur lösen können, wenn wir die Dinge im Ganzen betrachten.

Unser rationalistisches Weltbild hat die Welt fragmentiert und in ihre Einzelteile zerlegt, ohne Bezug zum Ganzen zu nehmen. Es fällt uns daher nicht leicht, Zusammenhänge zu erkennen, denn wir haben gelernt, die Dinge gemäß eines dualistischen Wertesystems voneinander zu trennen und einander gegenüberzustellen. Unsere Wahrnehmung gliedert die Welt in Gegensätze, die sich auszuschließen scheinen: gut – schlecht, arm – reich, schwarz – weiß.

Einerseits brauchen wir diese Gegensätzlichkeit, um uns zu orientieren, denn ohne die Erfahrung von oben und unten, heiß und kalt, weich und hart würden wir überall anstoßen oder herunterfallen. Wir könnten gar nicht überleben, wenn wir nicht wüssten, was essbar oder giftig ist, was gut für uns ist und was nicht. Andererseits hat uns unser dualistisches Denksystem jedoch die Ganzheitlichkeit der Dinge vergessen lassen.

In einer auf Gegensätzlichkeit aufgebauten Welt führt zwangsläufig das, was auf der einen Seite Gewinn bringt, auf der anderen zu Verlust. Es gibt das eine nicht ohne das andere. Solange wir den Zusammenhang nicht begreifen und dem einen hinterherlaufen und das andere von uns stoßen, werden uns die Dinge daran erinnern, dass sie zusammengehören: Wir erreichen genau das Gegenteil dessen, was wir eigentlich verfolgen. Nur wenn wir auch das annehmen, was wir nicht möchten, bekommen wir schließlich das, was wir wollen.

Was sich in scheinbarer Unvereinbarkeit auszuschließen scheint, ist Teil eines immensen Ganzen und gehört untrennbar zusammen: Ohne das Oben könnten wir das Unten nicht erfahren, ohne die Dunkelheit nicht das Licht und ohne das Ende nicht den Anfang. Eines macht das andere als Erfahrung erst möglich.