Das Lied von Licht und Finsternis (Lickie-Edition) - Georg Martin - E-Book

Das Lied von Licht und Finsternis (Lickie-Edition) E-Book

Georg Martin

0,0

Beschreibung

Während der machtbesessene Erl von Serpieri, beflügelt durch einen heimlichen Pakt mit dem Fürsten Luzius, dem Herrscher des Schattenreichs Thanox, die Siedlungen im Westen von Obergodotien mit Gewalt und Terror überzieht, gelangt durch ein Unglück die Riesin Titania von Unterreich nach Oberreich. Unterdessen versucht Arne, sich durch die Steppe von Bani-Gorth bis nach Kor durchzuschlagen, um seinen Vater zu finden. --- "Das Lied von Licht und Finsternis" jetzt neu als preisgünstige Lickie™-Edition. Liest du noch oder lickst du schon?

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 43

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Georg Martin

Das Lied von Licht und Finsternis (Lickie-Edition)

Titania

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

4 Stimmen

5 Die Elfen

6 Die Gefährten

Impressum neobooks

4 Stimmen

»Komm!«, sagte die Stimme. »Komm!« Leise war sie und unaufdringlich, dafür umso beharrlicher. Man konnte sich ihr unmöglich entziehen. Sie war wie ein Strudel, der einen schlechten Schwimmer erfasst hat. »Steh auf und komm!« Gernot blieb gar nichts anderes übrig als zu gehorchen. Er erhob sich von seinem Platz am Küchen­tisch und ... »Ja! Genau! Komm!« ... und stellte den Stuhl, auf dem er eben noch gesessen hatte, unter das große, mannshohe Küchen­fenster. Er stieg auf den Stuhl und konnte so mühelos auf die Fenster­bank treten. Jetzt stand er lebensgroß, seine gesamten einhundert­einund­achtzig Zenti­meter, in der Fenster­nische und blickte nach unten in den verödeten Hinterhof. Gernot wohnte mit seinem Vater im fünften Stock. Er sah unter sich an der gegenüber­liegenden Fassade das rostige alte Fahrrad und daneben sein geparktes Mokick, die winzigen Müll­container, die aus seiner Sicht zu Büschen geschrumpften Bäume links und rechts von ihnen, eine pech­schwarze Katze, die langsam über den Hof schlich. Plötzlich beschleunigte sie abrupt. Vermutlich hatte sie in der Nähe der Müllcontainer eine Ratte entdeckt. »Komm!« Gernot stand in dem alten, zwei­flügeligen Fenster und breitete die Arme aus wie zum Fluge. Warum nicht? Es war ganz leicht. Er musste es jetzt nur noch öffnen und dann ... »Komm! Ja doch, komm!« Die Stimme – besonders eindringlich jetzt. Gernot sank in die Knie um den Hebel zu erreichen, an dem man das Fenster in der Mitte öffnen und nach links und rechts aufklappen konnte. Das Fenster ging auf. Gernot hockte auf dem Sims und spürte die kühle Herbstluft auf seinem Gesicht. Er erinnerte an einen Stein­adler, der sich jeden Augenblick vom Gipfel eines Berges in die Tiefe einer Schlucht stürzen konnte. »Flieg!«, flüsterte die Stimme gebieterisch. Und wieder breitete er die Arme, die Flügel, aus. Langsam hoben und senkten sich seine Schwingen. »Komm! Flieg!«

»Was machst du? Was machst du da? Nein! Nein! Nein!« Diesmal war es keine leise einschmei­chelnde, sondern eine energische, eine kräftige, eine empörte Stimme, die sich Gehör verschaffte. Es war seine eigene. Gernot klappte das Fenster hastig zu, stieg über den Stuhl wieder vom Fenstersims und begab sich in sein Zimmer. Unaufgeräumt war es und damit ein genauer Spiegel dessen, wie es in ihm drin aussah. Auf der Couch lagen CD-Hüllen zwischen durchge­schwitzten Sport-Klamotten, auf dem Schreibtisch, neben dem Computer, lagen Schulhefte und Bücher herum und Angelina Jolie alias Lara Croft, die vom Plakat zu Tomb Raider I das heillose Durch­einander mit ansah, hatte wohl als einzige noch nicht die Übersicht verloren. Gernot hatte Aufgaben für vier verschiedene Fächer angefangen oder es zumindest versucht und keine einzige beenden können. Das Referat über den Misch­wald als bedrohtes Biotop für sein Profilfach Bio stand auch noch auf seiner Liste zu erledi­gender Arbeiten.

Es war vielleicht doch am sinnvollsten ihr eine Whatchat-Nachricht zu schicken. Nein, lieber eine E-Mail. Ohne es je zugegeben zu haben, hasste er die blöden grünen Sprech­blasen. Außerdem vertippte er sich auf der Mini-Tastatur seines Mobil­telefons ständig. Er startete den Computer und sein Mail-Programm. Es dauerte ihm alles zu lange. Er hatte den ersten Satz schon in den Fingern. Er wollte lostippen. »Liebe Natascha, bitte verzeih mir!« Oder lieber: »Liebe Natascha, es tut mir leid.« Besser noch: »Es tut mir wahnsinnig leid.« Gernot schrieb: »Liebe Natascha, kannst du mir verzeihen? Ich war unheimlich dumm, ich war ...« Dann löschte er wieder alles und schrieb: »Meine geliebte Natascha! Es tut mir so unendlich leid, was ich zu dir gesagt habe. Bitte lass uns wieder miteinander reden und alles klären. Ich liebe dich so sehr! Du hast Recht, wenn du meinst, dass ich mehr Rücksicht auf deine Gefühle, deine Interessen nehmen müsste. Ich bin ein egoistischer Idiot! Können wir uns sehen? Dein dich sehr liebender Gernot.«

Die Maus bewegte sich auf ›Senden‹, aber er konnte sie nicht drücken. Sein Herz klopfte wild. Er musste schlucken. Er konnte die E-Mail nicht absenden. Er wollte nicht tagelang warten müssen, ob er Gnade vor ihren Augen fand. Er konnte es nicht ertragen ständig mit zittrigen Händen das Postfach zu öffnen und dann keine Antwort von ihr vorzufinden. Oder eine Antwort vorzufinden, die sich, fahrig und voller Erwartung geöffnet, als Enttäuschung erwies, als Nein: Gesuch abge­schmettert. Das war Marter, Tortur. Er wollte lieber klare Verhältnisse. Jetzt. Er musste sie anrufen. Gernot verließ das Mail-Programm und griff zu seinem Mobil­telefon. Freizeichen. Sein Herz raste. Noch konnte er wieder auflegen. Wollte er sie wirklich sprechen? Und was sollte er sagen? Was sollte er denn nur sagen? »Hallo?« Sie war dran. Er liebte ihre Stimme. Sie klang sanft, süß, selbst­bewusst. »Ich ... ich bin's!«, brachte er mühsam heraus.

»Gernot?«

»Ja.«

»Gernot, ich kann das jetzt nicht.«

Er bekam einen Stich ins Herz. Mitten hinein. Ihm fiel nur das Banalste ein: »Ich möchte dir sagen, dass es mir leidtut.«

»Gernot, mir tut es auch leid. Aber wir hatten ...«

»Kann ich dich sehen?«

»Gernot, ich möchte das im Moment nicht. Du hast mich verletzt.«

»Ich weiß, ich ...«