Das Loch - Richard Laymon - E-Book

Das Loch E-Book

Richard Laymon

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Beschreibung

Es ist angerichtet...

Nach einer höllischen Begegnung mit einem ehemaligen Mitschüler irrt die junge Pamela durch die kalifornische Wüste, bis sie von einem höchst seltsamen Busfahrer aufgelesen wird. Gleichzeitig nimmt der harmlose Student Norman zwei Anhalter mit, die sich schnell als eiskalte Psychopathen entpuppen. Alle treffen sich in einem winzigen Kaff in der Einöde, dessen Bewohner auf den ersten Blick ganz nett zu sein scheinen – aber manche Gäste auf der Durchreise wahrhaftig zum Fressen gern haben.

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Seitenzahl: 556

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Zum Buch

Nach einer höllischen Begegnung mit ihrem ehemaligen Mitschüler Rodney, der sie in die Mojave-Wüste verschleppt hat, scheint sich das Blatt für die junge Pamela zu wenden. Ein mysteriöser Fremder bittet sie in seinen Bus, dessen Passagiere aus Schaufensterpuppen bestehen. Unterdessen nimmt der Student Norman zwei Anhalter mit: den Herumtreiber Duke und die nymphomanische, ordinäre Boots. Schnell wird Norman klar, dass es sich bei seinen Fahrgästen um enthemmte Psychopathen handelt. Das Trio begibt sich auf einen mörderischen Trip durch die Wüste und hinterlässt eine Spur von Leichen. Norman, der sich den Reizen von Boots nicht entziehen kann, wird in einen wahren Blutrausch der Gewalt gerissen.

Die drei gelangen schließlich in das Wüstenkaff Pits, wo sie unter anderem auf Pamela und den seltsamen Busfahrer treffen. Die Bewohner von Pits scheinen ganz nett zu sein und servieren darüber hinaus äußerst wohlschmeckende Burger. Für Boots und ihre Mitstreiter scheint es das gefundene Fressen – das sehen auch die Dorfbewohner so; allerdings auf ihre ganz eigene Art und Weise …

Richard Laymon entfacht ein Inferno an irrer Spannung, überdrehter Gewalt und rasendem Tempo – Das Loch ist sein wohl schwärzester Roman.

Mit einem ausführlichen Verzeichnis aller im Wilhelm Heyne Verlag erschienenen Werke von Richard Laymon.

Zum Autor

Richard Laymon wurde 1947 in Chicago geboren und studierte in Kalifornien englische Literatur. Er arbeitete als Lehrer, Bibliothekar und Zeitschriftenredakteur, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete und zu einem der bestverkauften Spannungsautoren aller Zeiten wurde. 2001 gestorben, gilt Laymon heute in den USA und Großbritannien als Horror-Kultautor, der von Schriftstellerkollegen wie Stephen King und Dean Koontz hoch geschätzt wird.

Besuchen Sie auch die offizielle Website über Richard Laymon unter www.rlk.stevegerlach.com

RICHARD LAYMON

DAS LOCH

Roman

Aus dem Amerikanischenvon Marcel Häußler

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Die Originalausgabe INTO THE FIRE erschien bei Leisure Books, New York.

Vollständige deutsche Erstausgabe 10/2012Copyright © 2005 by Richard LaymonCopyright © 2012 der deutschsprachigen Ausgabeby Wilhelm Heyne Verlag, München,in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München. Published in arrangement with Lennart Sane Agency ABRedaktion: Sven-Eric WehmeyerUmschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich,unter Verwendung eines Fotos von © plainpicture/ArcangelSatz: C. Schaber Datentechnik, Wels

ISBN 978-3-641-07619-1V003

www.heyne.de

1

»Du warst die Richtige. Verstehst du, was ich meine? Es gab nie eine andere, nicht für mich. Weißt du, wann ich dich zum ersten Mal sah? Auf Sally Harkens dreizehntem Geburtstag. Ich kannte Sally kaum, weil wir nicht auf dieselbe Schule gegangen sind. Zu ihrer Party wurde ich nur eingeladen, weil meine Mutter und mein Vater mit Sallys Eltern befreundet waren. Ich wollte gar nicht hingehen, kannst du dir das vorstellen? Sie mussten mich zwingen.

Und dann bist du reingekommen. Das werde ich nie vergessen. Dein Pony hing dir fast bis in die Augen, und diese blauen Augen leuchteten, genau wie deine weißen Zähne. Du hast eine weiße Bluse angehabt. Die kurzen Ärmel hattest du weit hochgekrempelt. Und deine Shorts auch. Es war eine Jeans, und sie sah nagelneu aus. Die Hosenbeine müssen dir zu lang gewesen sein, deshalb hast du sie aufgerollt. Du schienst ganz aus Aufschlägen zu bestehen. Und aus glatter gebräunter Haut.

Wo wir gerade von deiner Haut reden, wie geht’s dir?«

Pamela saß auf dem Beifahrersitz. Ihre gefesselten Hände lagen in ihrem Schoß, und sie sah stumm aus dem Fenster.

»Sind die Handschellen zu eng?«

Sie waren zu eng. Die scharfen Kanten schnitten in die Handgelenke, und ihre Finger kribbelten. Doch Pam wollte nicht, dass Rodney daran herumfummelte. »Schon okay«, sagte sie. Sie wollte, dass er sie in Ruhe ließ.

»Bist du sicher?«

»Ja.«

»Jedenfalls hab ich mich damals in dich verliebt. Wir waren dreizehn, und du bist auf Sallys Party gekommen und … es tat mir weh, dich anzusehen, du warst so süß und schön und … so frisch, so unschuldig, könnte man sagen. Du hattest dieses Funkeln in den Augen. Eine Art Glitzern. Das hast du immer noch. Im Moment natürlich nicht. Aber es wird zurückkommen. Wenn du dich erst an alles gewöhnt hast, wird es zurückkommen.

Die Frische, von der ich geredet habe, hast du natürlich größtenteils verloren. Leider. Aber die verlieren sie alle. Vielleicht vergeht sie, wenn man mit dem Sex anfängt. Oder wenn bestimmte Träume in einem erlöschen. Wer weiß? Du hast sie länger behalten als die meisten anderen Mädchen. In der elften Klasse hattest du sie noch. Dein erstes Jahr als Cheerleader. Mein Gott, wie du damals ausgesehen hast … dieser Faltenrock, der Pullover. Wenn du gesprungen bist, ist der Pullover immer ein paar Zentimeter hochgerutscht, sodass man einen kleinen Streifen nackter Haut sehen konnte. Ich habe dich bei den Spielen immer angesehen und wollte dich an der Stelle küssen. Ich wusste, wie es sich anfühlen, wie es riechen würde.

Jedenfalls war die Sache mit der Frische vorbei, als wir in die zwölfte Klasse kamen. Aber auch ohne das warst du … wundervoll. Nicht mehr so ein unschuldiges eifriges Kind, sondern eher schon eine Frau. Und das Glitzern in den Augen hattest du ganz sicher nicht verloren. Es ist irgendwie, als würdest du überall, wo du hinsiehst, aufregende Sachen entdecken. Und vielleicht jeden Moment einen Witz machen wollen.

Natürlich bist du immer schöner und schöner geworden. Ich konnte es kaum glauben, als ich dich in der Zeitung gesehen habe. Das Foto wird dir ganz und gar nicht gerecht, aber es hätte mich beinahe umgehauen. Nach so vielen Jahren wieder dein Gesicht zu sehen. Ich dachte, was für ein Idiot ich doch war, dir zu entsagen, mich mit einer Reihe von Mädchen abzugeben, die nur miese Imitationen der einzigen Frau waren, nach der ich mich wirklich sehnte. Das Einzige, was für sie sprach, war ihre Verfügbarkeit. Sie waren nicht auf ein verdammtes College am anderen Ende des Landes gegangen wie gewisse Leute, die ich kenne. Deshalb musste ich mich mit ihnen abgeben. Ich habe versucht, sie so aussehen zu lassen wie du. Verrückt, was? Ich habe sie dazu gebracht, eine Perücke zu tragen, die deinem Haar ähnelte. Und ich habe ihnen die gleichen Klamotten angezogen, die du trägst. Ich habe sie sogar Pamela genannt. Manchmal, wenn ich mir große Mühe gab, konnte ich mich selbst so weit täuschen, dass ich dachte, du wärst es wirklich. Aber das war nicht leicht. Die meiste Zeit war ich einfach von mir selbst angewidert. Verstehst du? Weil ich so besessen von dir war und nicht loslassen konnte und mich mit einem Haufen schäbiger Ersatzfrauen hinters Licht führen musste.

Als ich also dein Foto in der Zeitung sah, war es wie ein Zeichen, dass ich mit alldem aufhören und mich dem Original widmen sollte. Und das tat ich dann auch.

Du fragst dich bestimmt, warum ich so lange gebraucht habe. Das Bild erschien vor sechs Monaten, oder? Und der Familienname deines Mannes und die Adresse des frisch vermählten Paars wurden preisgegeben. Warum also habe ich sechs Monate gebraucht, um zu kommen und dich einzufordern? Fragst du dich das?«

»Ich frage mich, was du mit diesen Frauen gemacht hast.«

»Ach, im Großen und Ganzen das Gleiche, was ich mit dir vorhabe. Mit dem Unterschied, dass ich dich behalten werde. Ich habe uns ein Haus gekauft. Ein hübscher kleiner Ort, an dem uns niemals jemand stören wird. Es wird unser Zuhause sein. Wir werden eine herrliche Zeit haben.«

»Hast du sie umgebracht?«, fragte Pamela.

Er grinste. »Ich habe sie von ihrem Elend erlöst.«

»O Gott.«

»Ich glaube, man könnte sagen, es ist deine Schuld. Diese ganzen Frauen und dein Mann, sie alle sind gestorben, weil du fröhlich deines Weges gegangen bist, als wäre der alte Fettsack Rodney Pinkham ein Nichts. Vielleicht hättest du mir mehr Aufmerksamkeit schenken sollen. Dich mit mir verabreden sollen.«

»Mich mit dir verabreden? Du hast mich nicht mal gefragt!«

»Du hättest mir ins Gesicht gelacht.«

»Ich habe noch nie jemandem ins Gesicht gelacht!«

»Bestimmt hast du mich hinter meinem Rücken Schweinchen genannt.«

»Das stimmt nicht.«

»Das haben alle getan.«

»Ich habe nie gehört, dass dich irgendjemand hinter deinem Rücken Schweinchen genannt hat.«

»Lügnerin.«

»Wenn du unbedingt mit mir ausgehen wolltest, warum hast du mich dann nicht gefragt?«

»Ich hab dir gesagt, warum.«

»Vielleicht wäre ich ja mit dir ausgegangen. Du hättest deswegen niemanden ermorden müssen. Mein Gott … wie viele waren es?«

»Einschließlich deines Mannes? Ach, sechzehn.«

Es lähmte ihren Verstand. Fünfzehn Frauen waren gestorben, weil dieser Mann von ihr besessen war?

Nicht nur Jim.

Sie hatte geglaubt, es könnte nicht schlimmer werden als letzte Nacht. Es kann immer schlimmer werden, stellte sie fest.

»Fünfzehn sind gar nicht so viel«, erklärte Rodney. »Ich meine, es klingt wie eine ganze Menge, wenn man einfach so damit herausplatzt. Aber man muss bedenken, dass es über fünf Jahre ging. Das sind im Durchschnitt drei pro Jahr. Das ist nicht so viel. Es wären viel mehr geworden, wenn du nicht geheiratet hättest und dein Bild in der Zeitung erschienen wäre. Jetzt, da ich dich habe, hört das mit den anderen auf. Ich meine, warum sollte ich die wollen, wenn ich dich habe? Du bist alles, was ich jemals wollte.«

Er wandte den Kopf und lächelte Pamela an. Seit sie ihn kannte, hatte er immer auf diese Art gelächelt: ein seltsames schnelles Hochziehen der Oberlippe, bei dem nicht nur die Schneidezähne sichtbar wurden, sondern auch das Zahnfleisch darüber. Zwischen den Zähnen hingen immer Reste vergangener Mahlzeiten oder der vielen Snacks zwischendurch.

Das war einer der Gründe, warum ihn jeder Schweinchen genannt hatte. Es lag nicht nur an seiner Fettleibigkeit, sondern auch an den winzigen Augen und dem Schmutz und dem Körpergeruch und den Essensresten, die seine Kleider und seine Zähne schmückten.

Pamela hatte den Spitznamen immer als Beleidigung für alle Schweine empfunden. Sie nannte diesen widerlichen Typen lieber Rottney, weil alles an ihm verrottet war, abstoßend. Ekelhaft. Unter ihren Freunden hatte sie schreckliche Dinge über ihn gesagt. Doch zu ihm selbst war sie immer nett gewesen.

Vielleicht war das ein Fehler gewesen. Nicht wegzurennen, wann immer er sich näherte, so wie es die meisten Kinder getan hatten. Ihn anzulächeln. Mit ihm zu reden. Ihn wie ein menschliches Wesen zu behandeln, obwohl sein widerliches Äußeres und der saure Geruch ihr die Tränen in die Augen trieben. Ein paarmal hatte sie mitten im Gespräch mit ihm buchstäblich würgen müssen. Um seine Gefühle nicht zu verletzen, hatte sie vorgegeben, sich den Magen verdorben zu haben.

Vielleicht hätte sie ihn meiden, ihn auslachen, ihn ganz offen Schweinchen oder Rottney nennen sollen. Wenn sie richtig gemein zu ihm gewesen wäre, wäre möglicherweise nichts von alldem geschehen.

Die ganzen Frauen … Jim.

Jim ging weg, zurück kam Rodney.

So war es ihr zumindest vorgekommen.

Nur das Flimmern des Fernsehers hatte gestern Abend das Zimmer beleuchtet. Pamela lag auf ein paar Kissen gestützt im Bett, sah das Ende der Elf-Uhr-Nachrichten und wartete darauf, dass David Letterman anfing. Jim war ins Bad gegangen. Er schien länger als gewöhnlich zu brauchen. Pamela hoffte, dass er sich rasierte. Vor dem Zubettgehen rasierte er sich normalerweise nur, wenn er vorhatte, mit ihr rumzumachen. Der Videorekorder war bereits programmiert, damit sie die Show vom Band ansehen konnten, falls sie etwas verpassten.

Als sie vor der Tür Jims Schritte hörte, zog sie das Laken hoch, um ihre nackten Schultern zu bedecken. Es sollte eine Überraschung sein, dass sie ihr Nachthemd abgestreift hatte. Jim kam ins Schlafzimmer. Er trug seinen Bademantel mit Paisleymuster, denselben, den er vor zehn Minuten angehabt hatte, doch er war gewachsen. Es kam ihr vor, als wäre er irgendwie aufgequollen – größer und dicker geworden, sodass sich der Bademantel nicht mehr schließen ließ. Sein Bauch, der aus dem Schlitz quoll, sah wie roher Brotteig aus. Einen Augenblick war Pamela wegen der plötzlichen Veränderung ihres Mannes verwirrt.

Dann begriff sie, dass der Mann in Jims Bademantel nicht Jim war. Er streckte die Hand nach dem Lichtschalter aus.

Die Nachttischlampen erhellten das Zimmer. Pamela erkannte den Mann in Jims Bademantel. Sie hatte ihn seit fünf Jahren, seit ihrem Highschool-Abschluss, nicht gesehen, doch er hatte sich nicht sehr verändert. Sein Lächeln war genau dasselbe geblieben – ein Hochziehen der Oberlippe. Die gleichen Schweinsäuglein. Er hob die Arme und breitete sie aus. »Mein Schatz! Hast du mich vermisst?«

Pamela bekam kaum Luft. Ihr Herz klopfte wie ein Holzhammer gegen die Brust. Sie wollte nach Jim rufen.

Aber Jim musste tot sein, oder? Tot.

Rodney kam einen Schritt auf sie zu.

Pamela riss das Laken weg, warf sich herum und kroch über Jims Seite des Betts, um die Nachttischschublade zu erreichen. Sie bekam den Griff zu fassen. Riss die Schublade auf. Schob die Hand hinein und tastete nach der Sig Sauer .380, die Jim dort für den Notfall aufbewahrte.

Ehe sie die Pistole in die Finger bekam, trat Rodney gegen die Schublade. Sie knallte gegen Pamelas Unterarm. Als sie aufschrie, packte er ihren Arm und riss ihn aus der Schublade. Er verdrehte ihn hinter ihrem Rücken und drückte ihr Gesicht in Jims Kissen. Dann warf er sich auf sie.

Sein Gewicht presste sie in die Matratze. Der Bademantel musste ganz aufgegangen sein. Sie konnte seine fettige Haut überall an ihrem Rücken, dem Hintern und den Beinen spüren. Mit dem Gesicht im Kissen und seiner Masse auf dem Rücken konnte sie nicht atmen. Sie konnte nicht schreien. Sie konnte sich kaum rühren. Sie versuchte verzweifelt, Luft in ihre Lungen zu saugen, jedoch vergeblich. Das war’s, dachte sie. O Gott, ich werde sterben.

Als sie aufwachte, war sie überrascht, noch zu leben. Und wünschte sich in den nächsten Stunden, sie wäre tot. Schließlich schleppte Rodney sie aus dem Schlafzimmer. Im Bad zeigte er ihr Jims Leiche. Dann sah sie zu, wie er das Haus anzündete. Sie erinnerte sich, dass Rodney sie herausgetragen hatte, aber danach an nichts mehr.

Erst auf dem Beifahrersitz seines Wagens kam sie wieder zu sich. Die Sonne stand tief und blendete sie. Ihre Hände lagen mit Handschellen gefesselt in ihrem Schoß, als wäre sie von der Polizei verhaftet worden. Ihr tat so gut wie alles weh. An einigen Stellen spürte sie rasenden Schmerz. Rodney musste sie angezogen haben. Doch sie konnte sich nicht daran erinnern. Auf dem Weg aus dem Haus schien sie noch nackt gewesen zu sein.

Sie trug einen grünen Faltenrock. Er war sehr kurz. Der Stoff bedeckte ihre Oberschenkel nur zur Hälfte, und sie spürte das Sitzpolster unter ihrem nackten Hintern. Außerdem trug sie einen goldfarbenen Pullover. Er hatte einen runden Ausschnitt und lange Ärmel. Die Wolle fühlte sich schwer und heiß an. Sie kratzte auf ihrer Haut. Es fehlte nur ein großes grünes J aus Filz auf der Brust ihres Pullovers, dann wäre das Outfit eine ziemlich gute Imitation des Cheerleader-Kostüms gewesen, das sie an der Jackson High getragen hatte. Rodney schien nicht bemerkt zu haben, dass sie aufgewacht war, deshalb schloss sie die Augen wieder und gab vor zu schlafen. Sie dachte darüber nach, was letzte Nacht geschehen war.

Jim war tot.

Seit dreiundzwanzig Uhr war Pamela Witwe. Sie war geschlagen und beinahe erstickt worden. Mit seiner grunzenden Schweinestimme versprach Rodney, eine Menge Dinge mit ihr anzustellen. Er listete ein paar davon auf. Mit hämischer Freude. Verdammter dreckiger Perverser!

Warum springe ich nicht einfach aus dem Auto? Wahrscheinlich schlage ich mir dabei den Schädel auf, aber das ist vielleicht besser, als wenn es so weitergeht. Dann ist es wenigstens vorbei mit mir. Einerseits gefiel ihr die Vorstellung. Doch andererseits wusste sie, dass sie nicht aus dem Wagen springen würde – nicht solange er mit hundert durch die Gegend raste. Ich werde mich nicht umbringen. Auf keinen Fall. Ich werde es überleben.

Klar. Das glauben sie alle.

Sie war nicht davon überzeugt, dass sie es überleben würde, doch sie würde es versuchen. Sie würde geduldig sein und auf den richtigen Moment warten, um sich in Sicherheit zu bringen. Also saß sie reglos da, den Kopf gesenkt, die Augen geschlossen und die gefesselten Hände im Schoß. Rodney fuhr lange schweigend weiter. Vielleicht glaubte er, sie schliefe. Vielleicht war er damit beschäftigt, Pläne zu schmieden oder seinen Fantasien nachzuhängen.

Als er schließlich zu sprechen begann, strömten die Worte in einem schier endlosen Schwall aus ihm heraus.

»Du warst die Richtige. Verstehst du, was ich meine? Es gab nie eine andere, nicht für mich.«

Danach verfiel er in Schweigen, und sie fragte sich: Was wird er mit mir anstellen, wenn er anhält?

2

»Jetzt, da ich dich habe, hört das mit den anderen auf. Ich meine, warum sollte ich die wollen, wenn ich dich habe? Du bist alles, was ich jemals wollte.« Er wandte den Kopf und lächelte Pamela an.

Sie drehte ihr Gesicht zur Seite und sah aus dem Fenster. Jenseits der Straße sah sie nur Wüste. Keine Sandwüste, doch harten grauen Boden, der aus trockenem Lehm und Schotter zu bestehen schien. Sie erkannte Mesquite-Büsche und niedrige Yuccapalmen. An Kakteen gab es Kaktusfeigen, Cylindropuntia und Saguaro. Die Saguaros wirkten wie Riesen, die ihre Arme zum Zeichen der Kapitulation erhoben hatten. Doch sie sah keine Menschen dort draußen. Die einzigen Tiere in Sichtweite waren ein paar Falken oder Bussarde, die mit weit ausgebreiteten Flügeln über den Himmel schwebten. Nur die Straße durchbrach die Einöde. Doch irgendwo vor ihnen musste es Zivilisation geben. Zumindest eine Tankstelle. Rodney hatte noch nicht zum Tanken angehalten; er würde bald Benzin brauchen.

Ich haue ab, wenn er zum Tanken anhält, dachte sie. Sie fragte sich, ob er eine Pistole hatte. Er könnte Jims Waffe aus der Schublade genommen haben. Er könnte seine eigene Pistole mitgebracht haben, als er ins Haus einbrach.

Pamela hatte keine Ahnung, ob er nicht bis an die Zähne bewaffnet war.

Sie hatte keine Pistole bei ihm gesehen, aber das bedeutete nicht viel. Die kleine Kaliber .380 passte in seine Hosentasche.

Ich will nicht, dass jemand getötet wird. Aber ich darf auch nicht zulassen, dass er mich zu seinem Versteck bringt, sagte sie sich. Ich muss vorher flüchten. Was, wenn der nächste Halt schon sein Versteck ist? Vielleicht hat er einen Ort gefunden, den er mit einer Tankfüllung erreichen kann. Oder er hat ein paar Benzinkanister im Kofferraum.

Pamela blickte unwillkürlich an Rodney vorbei auf die Tankanzeige. Die rote Nadel stand auf null. Sie spürte einen Stich der Angst. Beruhige dich, sagte sie sich. Aus diesem Winkel sieht es schlimmer aus, als es ist. Der Tank ist nicht wirklich leer. Wahrscheinlich kommen wir damit noch vierzig oder fünfzig Kilometer weit. Bis dahin können wir in einem Ort sein. Und falls wir hier mitten im Nirgendwo stehen bleiben, ergibt sich vielleicht eine Chance, abzuhauen.

»Fahre ich dir zu schnell?«, fragte Rodney.

Offenbar dachte er, sie hätte auf den Tacho geblickt. »Ich mache mir Sorgen wegen des Benzins«, sagte sie.

»Kein Problem.«

»Kommt bald eine Tankstelle?«

»Nein. Nichts zwischen hier und zu Hause.«

Zu Hause. Als er das Wort aussprach, wurde ihr übel. »Reicht das Benzin bis dahin?«, fragte sie. »Bis zu unserem Zuhause?«

»Klar. In fünfundzwanzig Kilometern kommt die Abzweigung, und dann sind es nur noch zwanzig.«

»Das sind fast fünfzig Kilometer.«

»Fünfundvierzig.« Er sah sie an und zog die Oberlippe hoch. »Vielleicht schaffen wir es mit dem letzten Tropfen. Oder wir müssen ein Stück zu Fuß gehen. Das macht nichts, solange wir es bis zur Abzweigung schaffen. Es wird uns niemand über den Weg laufen. Es ist bloß eine alte unbefestigte Straße, die nirgendwohin führt. Nur zu unserem Haus.«

»Wie sieht’s mit einer Tankstelle aus?«, fragte Pamela.

»Wir brauchen keine.«

»Ich schon. Ich muss zur Toilette.«

Rodney sah sie äußerst interessiert an. »Klein oder groß?«

»Klein.«

»Ah. Dafür brauchst du keine Toilette.«

»Wo soll ich denn gehen?«

»Wo immer du willst. Nur nicht im Auto.«

»Dann hältst du besser an.«

»Warte, bis wir abgebogen sind.«

»Ich kann nicht.«

»Natürlich kannst du.«

»Ich sag’s dir doch. Ich muss jetzt.« Sie sah, wie er einen Blick in den Rückspiegel warf. Offenbar war die Straße hinter ihnen genauso leer wie vor ihnen. Rodney trat auf die Bremse. Als der Wagen langsamer wurde, steuerte er nach rechts. Die Reifen rutschten vom Asphalt. Die Fahrt wurde holprig, und der raue Seitenstreifen knirschte unter den Rädern.

Nach ein paar Sekunden hielt das Auto an.

»Rühr dich nicht vom Fleck«, sagte Rodney. Er schaltete den Motor aus, zog den Schlüssel aus der Zündung und schwang die Tür auf. Heiße trockene Luft wehte in den Wagen. Er stieg aus. Seine Tür schlug zu. Pamela beobachtete, wie er nach vorn ging.

Trotz der Hitze fühlte sie sich zittrig.

Ich sollte besser nur pinkeln und es dabei belassen, sagte sie sich. Ich muss nichts Verrücktes versuchen.

Wenn ich nichts Verrücktes versuche, hat er mich. Er wird mich zu seinem Haus bringen, und das war’s dann.

Während er an der Motorhaube vorbeiging, sah er sie durch die Windschutzscheibe an. Seine winzigen Schweineaugen blickten erwartungsvoll. Schweiß glänzte auf seiner Nase.

Er will zusehen.

Rodney kam zu ihrer Tür. Er griff in die rechte vordere Hosentasche und zog eine kleine schwarze Pistole heraus. Die Sig Sauer. Er hatte sie mitgenommen. Er öffnete die Tür.

»Was hast du vor, willst du mich erschießen?«

»Hängt von dir ab.«

»Ich mache nichts.«

»Hoffentlich.«

»Nimmst du mir die Handschellen ab?«

»Was glaubst du?«

»Bitte.«

»Du hältst mich wohl für ziemlich dämlich.«

»Wovor hast du denn Angst? Was kann ich dir schon tun? Mein Gott, du bist doppelt so schwer. Und du hast die Pistole. Also mach einfach die Handschellen ab, ja?«

»Nein. Komm raus.«

Pamela rutschte auf dem Sitz nach vorn. Rodney starrte ihre Beine an. Sie presste sie zusammen, drehte sich zur Seite und schwang sie aus der Tür. Mit ihren gefesselten Händen hielt sie den Rock unten, als sie sich bis zur Kante vorschob.

Rodney lachte. »Vor wem willst du was verstecken?«

Pamela ignorierte ihn und streckte die Beine aus. Sie konnte den Boden nicht ganz erreichen, deshalb rutschte sie vom Sitz und ließ sich hinunterfallen. Unter ihren nackten Füßen fühlte sich der Boden hart und heiß an. Sie richtete sich in dem V der offenen Tür auf.

Die Wüstensonne brannte derart auf sie herab, dass sie das Gefühl hatte, mitten in einem Feuer zu stehen – die Flammen schienen kurz davor, ihr Haar und die Schultern ihres Pullovers zu entzünden. Schweißtröpfchen kitzelten sie plötzlich überall, als schmölze ihre Haut.

»Mein Gott«, stöhnte sie.

»Sobald du fertig bist«, sagte Rodney, »steigen wir wieder ins Auto und machen uns auf den Weg. Ganz bequem mit Klimaanlage.«

»Besser als das hier.«

»Du wolltest doch pinkeln.«

Sie humpelte hinter der Tür hervor. Rodney warf sie zu. Pamela blinzelte in der Nachmittagssonne und sah sich nach einer Stelle neben der Straße um, wo sie sich etwas zurückziehen könnte.

Keine der Kakteen in der Nähe war hoch genug. Es gab einen hochgewachsenen Orgelpfeifenkaktus, aber der war mindestens dreißig Meter entfernt. Sie würde sich die Füße aufreißen, wenn sie so weit liefe.

Es geht nicht ums Pinkeln, erinnerte sie sich. Es geht darum, abzuhauen. Wenn ich zu dem Orgelpfeifenkaktus komme, habe ich schon mal einen Vorsprung.

Es sei denn, er kommt mit.

Sie spähte zu Rodney. Er grinste sie an, ergötzte sich an ihren Unannehmlichkeiten. »Kann ich mir deine Schuhe ausleihen?«, fragte sie.

»Wofür willst du Schuhe?«

»Damit ich mir nicht die Füße kaputt mache. Ich möchte da hinübergehen.« Sie zeigte auf den Kaktus. Er war groß und grün und sah aus wie ein Saguaro, hatte allerdings keine Arme.

»Warum willst du da rübergehen?«

»Um mich zu erleichtern.«

»Vergiss es. Mach es hier.«

Sie schüttelte den Kopf.

»Mach es.«

»Nein. Es könnte jemand vorbeikommen.«

»Glaubst du?«

Sie blickte von links nach rechts. Kein Fahrzeug in Sicht. Doch der Highway hatte Senken und Kurven. »Was, wenn ich anfange, und dann kommt ein Auto?«

»Das wird nicht passieren. Und wenn schon? Dann darf jemand umsonst einen Blick auf dich werfen, na und? Wenn er anhält und sich mit uns anlegt, blas ich ihm den Kopf weg.«

Sie drehte sich zu ihm und versteifte sich. »Ich mache es nicht hier. Lass mich einfach zu dem Kaktus gehen. Ich hocke mich dahinter, und niemand kann sehen, was ich tue.«

»Wie aufregend. Das stört dich? Nach der letzten Nacht?«

»Ja, es stört mich.«

»Okay, okay. Was soll’s, warum nicht? Was immer mein Schätzchen begehrt.«

»Was ist mit den Schuhen?«

Er stieß ein bellendes Lachen aus. »Was immer es begehrt, bis auf das.«

»Leih mir nur für zwei Minuten deine Schuhe, ja?«

»Und was soll ich tragen?«

»Du kannst solange im Auto sitzen bleiben.«

»Das ist hier kein Wunschkonzert. Ich komme mit.«

Natürlich.Hast du gedacht, er lässt sich die Gelegenheit entgehen, dir zuzusehen?

»Los«, sagte er. »Ich bin direkt hinter dir.«

Pamela ging auf den Kaktus zu. Sie bewegte sich langsam und vorsichtig, um nicht in die glitzernden Glasscherben am Straßenrand zu treten, und achtete darauf, den stachligen Feigenkakteen und Cylindropuntia nicht zu nah zu kommen. Trotzdem bohrten sich Steinbröckchen in ihre Fußsohlen. Sie zuckte und biss die Zähne zusammen. Manchmal brachte sie der glühend heiße Boden dazu, scharf die Luft einzusaugen. Doch sie ging weiter, den ganzen Weg bis zum Orgelpfeifenkaktus.

Sie trat dahinter.

Rodney blieb neben ihr stehen. »Ist dir was aufgefallen?«, fragte er. »Niemand ist vorbeigekommen.«

»Tatsächlich«, murmelte sie. Es interessierte sie nicht.

»Du hättest dir die Schmerzen ersparen können.«

Pamela blickte zur Straße zurück. Sie schien immer noch in beide Richtungen leer zu sein. Nur Rodneys Auto war zu sehen. Es hockte geduckt im Sonnenlicht wie ein Tier aus Metall. Eine Bestie mit einer verdorbenen Seele. Sie wartete nur darauf, dass sie zurückkamen, damit sie sie in Rodneys Höhle schleppen konnte.

Ich steige nicht wieder dort ein.

»Los, mach schon«, sagte Rodney.

»Nicht, wenn du zusiehst.«

Seine Oberlippe hob sich. »Das gibt’s doch nicht. Hast du die letzte Nacht vergessen? Ich habe jeden Zentimeter von Kopf bis Fuß gesehen.«

»Das war gestern Nacht, heute ist ein neuer Tag.«

»Heb deinen Rock und hock dich hin, Süße.«

Mit zusammengekniffenen Augen sah sie ihn an und schüttelte den Kopf.

Rodney lachte leise. Dann drückte er die Pistolenmündung gegen ihre Nasenwurzel. Es schmerzte in ihren Augen, als blickte sie überkreuz.

»Willst du sterben?«, flüsterte er.

»Nein.«

»Willst du, dass ich dir so wehtue, dass du lieber tot wärst?«

»Nein.«

»Gut.« Rodney trat zwei Schritte zurück. Er zielte weiter auf ihr Gesicht und ging in die Hocke. »Wie wär’s, wenn du einen Cheerleader-Tanz für mich hinlegst?«, sagte er.

»Was?«

»Ich wollte eigentlich warten, bis wir zu Hause sind, aber jetzt möchte ich gleich einen sehen.«

»Einen Tanz?«

»Einen guten. Tu so, als wäre es ein Abendspiel an der guten alten Jackson High. Es ist der vierte Versuch, und deine Jungs müssen unbedingt das Tor machen.«

»Meine Füße.«

»Du bist diejenige, wegen der wir angehalten haben. Du wolltest unbedingt die ganze Strecke bis hierher laufen, damit du dich hinter einem Kaktus verstecken kannst. Wessen Schuld ist es also, dass deine Füße kaputt sind?«

»Ich kann nicht mit gefesselten Händen tanzen.«

»Natürlich kannst du das.«

»Aber nicht gut. Du willst doch, dass ich hochspringe, oder? Du willst, dass ich meinen Rock und meinen Pullover in die Luft fliegen lasse. So stellst du es dir doch vor, oder? Tja, das kann ich nur, wenn meine Arme frei sind.«

Seine winzigen Augen starrten sie an. »Das einzige Problem ist«, sagte er, »dass du versuchen wirst, wegzurennen, wenn ich dir die Handschellen abnehme.«

»Nein.«

»Doch. Ich bin kein Idiot. Sehe ich aus wie ein Idiot?«

»Wohin sollte ich rennen? Wir sind mitten in der Einöde.«

»Du könntest zum Auto laufen.«

»Du hast die Pistole.«

»Das stimmt allerdings.« Seine Augen verengten sich zu rosafarbenen Schlitzen. »Wurdest du schon mal angeschossen?«

»Nein.«

»Es tut weh. Wenn du mich dazu bringst, auf dich zu schießen, wird es sehr wehtun. Weil ich dich nämlich nicht töten werde. Ich werde nicht alles kaputt machen, indem ich dich töte, egal, was du tust. Aber ich werde dich anschießen, um dich aufzuhalten. Und das tut weh. Und es ist erst der Anfang deiner Schmerzen, weil ich Verräter nicht leiden kann.«

»Ich werde nicht versuchen, wegzulaufen«, sagte sie. »Okay?«

»Das würde ich dir auch nicht raten.«

Sie streckte ihm die Hände entgegen.

Rodney stand auf. Er nahm die Pistole in die linke Hand. Mit der rechten griff er in die Hosentasche. Er holte das lederne Schlüsseletui hervor, das während der Fahrt von der Zündung herabgehangen hatte. Mit einer Hand drückte er es auf, schüttelte die Schlüssel heraus und nahm den Schlüssel, den er gesucht hatte.

Pamela stand reglos da, während er ihr die Handschellen aufschloss und abnahm. Er steckte die Handschellen und das Schlüsselmäppchen in seine Hosentasche und trat zurück. Dann ging er in die Hocke und nickte ihr zu.

»Fertig«, sagte er.

Pamela nickte. Sie atmete tief durch. Sie nahm Habachtstellung ein. Dann klatschte sie viermal in die Hände. Patsch, patsch, patsch, patsch. Bei jedem Klatschen ging sie einen großen Schritt rückwärts. Nach dem vierten Schritt blieb sie stehen. Die Beine geschlossen, die Schultern zurück, das Kinn erhoben. Sie versuchte zu lächeln. Und ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie plötzlich an Maui denken musste. Während ihrer Hochzeitsreise hatte sie Jim dort ihre besten Cheerleader-Nummern vorgeführt. Sie hatten mittags Picknick an einem einsamen Strand gemacht, den sie neben der Straße nach Hana entdeckt hatten, und ein paar Bier getrunken. Danach spazierten sie am Strand entlang. Sie schlug im Sand Rad, und Jims Begeisterung brachte sie dazu, ihm eine große Show zu bieten. Er war ihr einziges Publikum. Nach der Hälfte der Vorführung zog sie ihren Bikini aus. Jim sah verblüfft und entzückt zu, wie sie herumtanzte – in die Luft sprang, die Beine hochwarf, sich drehte, Flickflacks und Saltos schlug. Am Ende der Vorführung schlang sie erschöpft und keuchend die Arme um ihn. Während sie an ihm hing, zog er seine Badehose herunter. Dann umfasste er ihre Oberschenkel, hob sie hoch, ließ sie langsam wieder hinunter und drang tief in sie ein.

Pamela schniefte. Mit dem Ärmel wischte sie sich die Tränen aus den Augen.

»Worauf wartest du, Heulsuse?«, sagte Rodney. »Mach schon.« Er klatschte viermal.

Patsch, patsch, patsch, patsch.

»Wir haben Schwung!«, rief Pamela. Sie warf ihr rechtes Bein hoch und klatschte in die Hände. »Wir haben Kraft!« Sie trat mit dem anderen Bein in die Luft und klatschte erneut. »Wir sind die Jackson-Mannschaft!«

Sie sprang hoch, warf die Hände nach oben und spreizte die Beine. Ihr Rocksaum flog hinauf, und der Pullover rutschte ihr über die Taille.

So. Jetzt kriegt er, was er will.

Sie landete härter, als sie erwartet hatte.

Rodney saß dicht über dem Boden in der Hocke, schwitzend und staunend, als könnte er sein Glück nicht fassen. Er war ein paar Sekunden lang still. Dann applaudierte er.

»Los, Pam, los!«, rief er. »Noch einen!«

Sie warf die Fäuste in die Luft und rief: »Unser Team ist heiß!«

»Ja!«

Pamela wirbelte herum, sodass sich ihr Rock hob, und rief noch einmal: »Unser Team ist heiß!« Sie verharrte einen Augenblick mit dem Gesicht zu Rodney. Dann klatschte sie fest in die Hände, stampfte mit dem Fuß auf und schrie: »Wir haben Killerinstinkt – ihr habt nur Schweiß.« Sie rannte auf Rodney zu, stieß ein langgezogenes »Yaaaaaay!« aus, machte einen Handstandüberschlag und noch einen und noch einen, wobei Rock und Pullover auf und ab flogen, damit Rodney mehr zu sehen bekam als jemals bei einem Footballspiel, und zeigte ihm alles, während sie weiter »Yaaaaaay!« schrie und auf ihn zuwirbelte. Mit geschlossenen Füßen landete sie genau vor ihm und rief: »Team!« Sie klatschte erneut in die Hände, warf die Fäuste in die Luft und trat mit dem rechten Bein.

Der Tritt galt Rodneys Gesicht. Er keuchte. Und wich zurück.

3

Pamela sah ihren nackten Fuß an Rodneys Gesicht vorbeiwischen.

O Gott! Ich hab’s versaut!

Ihr Bein flog weiter hinauf.

Er erschießt mich mitten in einem Highkick.

Doch Rodney schoss nicht, noch nicht. Er stolperte zurück, ruderte mit den Armen, und die Pistole zeigte zur Seite. Als er mit dem Rücken auf den Boden schlug, war Pamelas Fuß am höchsten Punkt angelangt.

Sie riss ihr Bein herunter, sprang im letzten Moment nach vorn und stampfte auf Rodneys Knie.

Er schrie auf.

Sie ließ sich mit beiden Knien auf seinen Bauch fallen. Er war dick und weich. Ein Schweinebauch voller Fleisch und frittiertem Käse. Ihre Knie drückten den Bauch zur Hälfte ein. Rodney Augen traten hervor. Aus Mund und Nase zischte die Luft, und Spucke und Rotz sprühten heraus.

Seine linke Hand packte ihren Ärmel.

Die rechte Hand mit der Pistole hob sich.

Pamela fiel nach vorn. Der Pullover dehnte sich in Rodneys Griff und wurde von ihrer Schulter gezerrt, konnte sie jedoch nicht aufhalten. Sie landete auf ihm, mit dem Bauch auf seinem Gesicht. Er presste ihr die Pistole gegen das Ohr.

Sie packte sein Handgelenk und drückte die Hand zur Seite. Er schien nicht viel Kraft zu haben. Mit einem Rülpser drang der Geruch von gebratenem Essen aus seinem Mund.

Er wand sich. Sein Kopf fühlte sich unter ihrem Bauch wie ein Fußball an. Ein Fußball mit einem harten hervorstehenden Kinn – mit Atem, der durch ihren Pullover strömte und sich wie warmes Wasser auf ihrer Haut ausbreitete. Der Fettgeruch würde in den Stoff eindringen. Dort haften bleiben. Vielleicht sogar in ihre Haut sickern.

Sie überlegte, ob sie ihn so ersticken könnte. Indem sie einfach auf seinem Gesicht liegen blieb, bis er starb.

Es wäre eine gute Art, ihn zu erledigen – ihn mit genau dem Körper zu ersticken, von dem er besessen war, wegen dem er Jim getötet hatte und den er so unbedingt benutzen, verletzen und besudeln wollte.

Töte ihn damit!

Sein Gesicht drückte gegen ihren Bauch, und er begann, nach ihr zu schnappen, das Kinn ruckte auf und ab, Zähne packten ihren Pullover, er biss und biss, versuchte, sie zu erwischen. Pamela zog den Bauch ein. Er setzte nach, schnappte weiter. Sein Speichel durchnässte den Pullover bis auf ihr Fleisch.

Als sie sich nach oben stemmte, zwickte er sie durch den Pullover in die Haut.

»Ahhh!«, schrie sie.

Sie entkam seinen Zähnen, doch er setzte sich auf und schnappte weiter zu. Mit der linken Hand hielt sie immer noch die Pistole zur Seite. Mit der rechten versuchte sie, seinen Kopf hinabzudrücken. Sein Gesicht kam näher, zwang ihre Hand zurück, schob ihren Oberkörper nach oben, bis sie auf Knien hockte und den Hügel seines Bauchs hinunterzurutschen drohte. Sie war kurz davor, zu fallen.

»Nein!«, kreischte sie und bohrte ihren Daumen in sein Auge. Er verkrampfte sich und brüllte.

Auf Knien schwankend griff Pamela nach der Pistole. Ehe sie sie mit der rechten Hand erreichen konnte, befreite er seinen Arm. Er schlug ihr die Waffe gegen das Jochbein.

Sie kippte zur Seite.

Im Fallen dachte sie: Schon wieder versaut. Ich bin so gut wie tot. Ihre Schulter schlug auf dem Boden auf. Der Aufprall rüttelte ihren ganzen Körper durch. Sie spürte, wie spitze Schotterstücke sich in ihren Arm, die Hüfte und die Seite des Beins bohrten. Aber nur einen Augenblick lang, dann rollte sie weiter. Sie prallte mit dem Rücken auf den Boden und rutschte ein Stück.

Als sie zum Stillstand kam, hob sie den Kopf und sah zu Rodney. Er lag eingerollt auf der Seite, die hohle linke Hand bedeckte das Gesicht, als wollte er auffangen, was auch immer aus seiner Augenhöhle tropfen könnte. Die rechte Hand schwenkte hin und her und versuchte, die Pistole auf sie zu richten. Er stieß ein hohes Jaulen aus.

»Soll ich noch mal für dich tanzen?«, keuchte Pamela, während sie sich aufsetzte. »Ich tue es noch mal für dich.« Sie beugte sich vor, zog die Beine an und setzte die Füße auf den Boden. »Welchen Tanz möchtest du?« Sie stand auf. Die Pistole war immer noch auf sie gerichtet, aber er schien sie nicht ruhig halten zu können. »Willst du meinen Lieblingstanz sehen?«

Ohne eine Antwort abzuwarten, klatschte sie in die Hände und begann, rückwärts zu marschieren, während sie sang: »L! O! S! E! R! Du bringst’s nicht mehr! Du Loser! Du Loser!«

Der Schuss wirbelte die Erde neben ihrem rechten Fuß auf. Dreck spritzte an ihr Bein.

Sie drehte sich um und rannte los. Der nächste Schuss warf die Erde ein paar Meter links vor ihr auf.

Zwei weg, bleiben noch fünf. Schieß weiter daneben! Bitte schieß weiter daneben!

Sie wich einer Gruppe von Feigenkakteen aus und verschärfte das Tempo: das Kinn gesenkt, der Rücken gebeugt, die Arme pumpend, die Beine weit ausschreitend …

Aber nicht weit genug. Nicht schnell genug.

Sie schnappte nach Luft. Schweiß überströmte ihren Körper. Sie wusste, dass sie schneller rennen musste als jemals zuvor, doch es erschien ihr so schrecklich langsam. Ein schwerfälliges Tempo. Nicht mehr als ein Trott!

Nicht schnell genug, um einer Kugel zu entkommen. Keine Chance.

Doch Rodney war auf einem Auge blind, musste schreckliche Schmerzen haben und war vor allem anscheinend kein guter Schütze. Er hatte sie bereits zweimal aus ziemlich kurzer Distanz verfehlt. Und jetzt war sie schon viel weiter weg.

Warum schießt er nicht? Sie blickte zurück.

Er war auf den Beinen, verfolgte sie, hielt die Pistole in der rechten Hand und stieß die zur Faust geballte linke beim Rennen nach vorn. Eine Seite seines Gesichts war ein augenloser Blutfilm. Pamela hörte sich selbst ein Wimmern ausstoßen.

Ich schaffe es nicht, dachte sie. Er wird mich immer weiter verfolgen, bis er dicht genug dran ist, und dann wird er schießen.

Das glaubt er zumindest. Er ist dick und schlecht in Form und schlimm verletzt. Ich kann ihm bis in alle Ewigkeit davonlaufen.

Wenn ich nicht von einem Hitzschlag umkippe. Wenn ich nicht wegen meiner verletzten Füße verblute.

Pamela warf einen Blick hinter sich. Sie hinterließ Blutflecken auf dem Wüstenboden. Er kann mir bis in alle Ewigkeit folgen …

Vielleicht könnte sie zum Auto laufen.

Was soll das bringen?, fragte sie sich. Er hat die Schlüssel. Sie wusste nicht einmal mehr, wo das Auto stand. Der Highway lag zu ihrer Rechten; der Wagen schien nicht dort zu sein. Sie blickte über die Schulter zurück und entdeckte es weit in der Ferne.

Gut, dass ich die Schlüssel nicht habe, weil ich sowieso von dem verdammten Ding weglaufe.

Sie überlegte, die Richtung zu ändern und zur Straße zu rennen; früher oder später würde dort ein Auto vorbeikommen. Jedem, der sie sah, würde klar sein, dass sie Hilfe brauchte, und sie ihr wahrscheinlich gewähren. Doch wenn sie zur Straße lief, könnte Rodney zum Auto rennen. So weit war es nun auch wieder nicht entfernt. Er könnte einfach hineinspringen und sie einholen.

Lieber nicht dichter an die Straße, dachte sie. Sie warf einen Blick zurück, um sich zu vergewissern, dass er nicht aufholte. Er lag weit hinter ihr auf dem Boden. Pamela blieb stehen, schnappte nach Luft und wischte sich den Schweiß aus den Augen.

Rodney sah aus, als wäre er mit dem Gesicht voran auf den Boden gefallen. Er schien sich nicht zu rühren.

Na also! Pamela wandte sich ab und lief wieder los. Sie rannte schnell, wich Kakteen und Mesquite-Sträuchern aus, sprang über Steine, die ihr im Weg lagen. Sie vermutete, dass Rodney aufgrund der Hitze, der Anstrengung oder des Schocks wegen des verlorenen Auges zusammengebrochen war – doch er würde sich wahrscheinlich bald erholen und erneut die Verfolgung aufnehmen.

Am Rand eines ausgetrockneten Flussbetts blieb sie stehen, um Atem zu holen. Der Abhang war ziemlich steil. Sie überlegte, ob sie hinunterklettern oder auf dem Hintern rutschen sollte.

Rutschen, beschloss sie. Du willst doch nicht den Halt verlieren und einen Kopfsprung machen.

Sie bückte sich und fasste die Seiten ihres Rocks. Dann blickte sie zurück, um nachzusehen, ob Rodney schon wieder hinter ihr her war. Sie konnte ihn nirgendwo sehen. Erschrocken drehte sie sich ganz um und stellte sich auf die Zehenspitzen. Keine Spur von ihm.

Vielleicht liegt er noch am Boden, sagte sie sich. Ich kann ihn bloß wegen der ganzen Steine und Büsche und so nicht sehen.

Rechts von ihr ragte ein ungefähr sechs Meter hoher Steinhaufen vom Wüstenboden auf. Sie eilte darauf zu. Er war weiter entfernt, als sie zunächst gedacht hatte. Weiter entfernt und höher.

Auf dem Weg dorthin überlegte sie, ob sie nicht einen Fehler beging. Sie hätte weiter weglaufen sollen. Der Abstecher ließ ihren Vorsprung schmelzen. Rodney könnte wieder auf den Beinen sein und aufholen – mit jedem Schritt, den sie auf den verdammten Hügel zulief. Doch sie war schon so weit gekommen. Bis jetzt gab es keine Spur von Rodney.

Schließlich erreichte sie den Fuß des Steinhaufens. Sie war außer Atem, ausgelaugt, schweißgebadet. Aber sie ruhte sich nicht aus, sondern begann hinaufzuklettern. Auf halber Höhe beschloss sie, es müsse für einen guten Ausblick reichen. Sie kroch auf eine Steinplatte, die einigermaßen glatt aussah und nicht zu steil abfiel. Mit angezogenen Knien stemmte sie die Füße auf den Boden, um nicht hinunterzurutschen.

Sie beschirmte mit den Händen die Augen und spähte über die Wüste.

Nach einer Weile entdeckte sie Rodney. Er lag noch immer ausgestreckt auf dem Boden.

Seufzend wischte sie sich den Schweiß aus dem Gesicht.

Einen Augenblick lang beobachtete sie ihn einfach und genoss das Gefühl, in Sicherheit zu sein. Rodney lag am Boden. Er war weit weg. Solange sie beide an Ort und Stelle blieben, konnte er ihr nichts tun. Sie blickte zur Straße.

Kein Fahrzeug in Sicht.

Warum haben sie die überhaupt gebaut, wenn niemand sie benutzt? Extra für Rodney. Dann dachte sie: Könnte doch sein. Die Vorstellung gruselte sie ein wenig. »War doch nur ein Witz«, murmelte sie. Eine Straße, die nirgendwo hinführte. Das ist lächerlich, sagte sie sich. Das ist kein Phantom-Highway, sondern eine Straße, die ein paar unbedeutende Käffer im Niemandsland verbindet, deshalb wird sie kaum befahren. Früher oder später würde jemand vorbeikommen. Pamela versuchte sich zu entsinnen, ob sie irgendwelche anderen Fahrzeuge gesehen hatte, seit sie auf diese Straße abgebogen waren. Ihrer Erinnerung nach nicht.

Was, wenn niemand kommt?, fragte sie sich. Ich bin hier sicher. Das ist das Wichtigste. Er kann mich nicht erwischen. Ich sollte es mir einfach bequem machen und abwarten.

Ihr Pullover fühlte sich wie ein schwerer feuchter Mantel an. Sie zog ihn aus und seufzte. Die Brise war heiß und trocken, fuhr jedoch wohltuend über ihre Haut.

Sie faltete den Pullover zusammen und setzte sich darauf. Die dicke Wolle gab ein gutes Kissen ab.

Rodney schien nach wie vor reglos dort zu liegen. Sie überprüfte die Straße. Immer noch verlassen.

Falls jemand vorbeikommt, dachte sie, nützt es mir nichts. Nicht, wenn ich hier oben bin. Er wird mich wahrscheinlich nicht sehen, und ich schaffe es mit Sicherheit nicht rechtzeitig zur Straße.

Macht nichts. Hier geht’s mir gut. Im Moment.

Doch die Sonne war schrecklich heiß, deshalb zog sie den Pullover unter ihrem Hintern hervor und legte ihn sich über den Kopf. Der Stoff hing über ihren Rücken und bedeckte einen Teil ihres Gesichts. Sie hob ihn vorn mit beiden Händen an, sodass er nur ihre Augen beschattete.

Sie blickte darunter hervor. Rodney lag auf dem Boden.

Hatte er sich überhaupt bewegt, seit er gefallen war? Sie glaubte nicht.

Vielleicht ist er tot?

Vielleicht auch nicht.

Ohne den Pullover am Leib und mit erhobenen Armen konnte nichts die Schweißtropfen aufhalten, die an ihr hinabrannen. Sie liefen bis zum Rockbund und kitzelten sie. Immer wenn das Jucken unerträglich wurde, ließ sie sich den Pullover über das Gesicht fallen und rieb sich mit beiden Händen die Haut.

Das Kitzeln zu lindern fühlte sich wundervoll an. Doch sie tat es nur ungern, weil sie mit dem Pullover vor dem Gesicht Rodney nicht sehen konnte.

Jedes Mal, wenn sie ihn anhob, hatte sie Angst, er könnte verschwunden sein.

Er geht nirgendwohin, sagte sie sich schließlich. Die Verfolgungsjagd hat ihn völlig erledigt.

Aber ist er tot? Sie war sich ziemlich sicher, dass ein Stich ins Auge tödlich sein konnte – wenn man so tief eindrang, dass man das Gehirn traf. Hatte sie ihren Daumen weit genug hineingestoßen? Sie bezweifelte es. Wenn der Stich ihn nicht getötet hatte, hatte ihn vielleicht ein Herzinfarkt niedergestreckt. Ein großer dicker Mann, der durch die Wüste rannte, mit ihr kämpfte und dessen Körper einige Schocks durch die von ihr zugefügten Verletzungen erlitten hatte – ganz zu schweigen davon, dass er wahrscheinlich von Anfang an erschöpft gewesen war. Die stundenlange Autofahrt. Die schlaflose Nacht, in der er erst Jim ermordet und sich dann damit verausgabt hatte, Pamela gefangen zu nehmen und das Haus niederzubrennen. Sie hatte einen großen Teil der Nacht damit verbracht, sich zu wünschen, er würde an einem Herzinfarkt sterben. Wenn er jetzt tot ist, dachte Pamela, kann ich mir die Autoschlüssel schnappen und wegfahren. Aber wenn er nicht tot ist und ich versuche, die Schlüssel zu holen …

Sie ließ sich den Pullover vor das Gesicht fallen. Mit beiden Händen rieb sie über die juckenden Seiten, den Bauch und die Brüste. Ihre Haut war heiß und glitschig. Unter dem Pullover schien ihr Gesicht gebacken zu werden. Sie hob den Pullover an und seufzte, weil die Brise sich so gut anfühlte. Das Auto hat eine Klimaanlage. Aber was ist, wenn Rodney sich verstellt?

Das mit dem Auge ist nicht gespielt. Falls er nicht tot ist, ist er zumindest ziemlich übel zugerichtet. Ich müsste verrückt sein, zu versuchen, mir die Schlüssel zu holen.

Sie wartete. Sie beobachtete Rodney. Sie beobachtete die Straße. Immer öfter ertappte sie sich dabei, wie sie Rodneys Auto ansah. Und sich vorstellte, auf den Fahrersitz zu rutschen, den Schlüssel in die Zündung zu schieben und davonzufahren. Rodney zurückzulassen. Einfach der Straße bis zum nächsten Ort zu folgen (es musste dort einen geben), während die kühle Luft aus der Lüftung strömte.

Es gibt nur eine Möglichkeit, es wahr werden zu lassen, sagte sie sich. Hol dir die Schlüssel.

Er wird mich töten!

Wenn er kann.

4

Pamela ging los, um die Schlüssel zu holen.

Zuerst streifte sie den Pullover über. Er war so heiß, dass sie das Gesicht verzog. Doch sie behielt ihn an und kletterte von ihrem Aussichtspunkt auf dem Steinhaufen herunter.

Sie humpelte über den glühenden Boden.

Ich nehme auch seine Schuhe, dachte sie. Seine Schuhe, seine Schlüssel, sein Hemd.

Ein hübsches leichtes Hemd mit kurzen Ärmeln. Aber dann erinnerte sie sich, dass es wegen seines Auges voller Blut war, und entschied sich dagegen.

Nur seine Schuhe und die Schlüssel, sagte sie sich. Schließlich konnte sie ihn sehen. Pamela hinkte auf ihn zu und zuckte jedes Mal zusammen, wenn sie einen Fuß aufsetzte. Ein paar Meter vor ihm blieb sie stehen. Reglos starrte sie ihn an.

Atmet er? Es sah nicht so aus.

Vielleicht hat er genau darauf gewartet, dachte sie. Er wusste, dass ich zurückkommen würde, wenn er lang genug ruhig liegen bleibt. Und jetzt ist es so weit. Ich gehe ihm geradewegs in die Falle.

Er lag auf dem Bauch, den Kopf nach rechts gedreht, beide Arme über dem Kopf und an den Ellbogen angewinkelt. Seine rechte Hand ruhte ein paar Zentimeter neben der Stirn und hielt noch immer die Pistole. Seine Finger schienen den Griff nur lose zu umschließen. Als wäre er mit der Pistole in der Hand eingeschlafen. Will er vielleicht, dass ich das glaube?

Um sie zu erschießen, müsste Rodney lediglich die Pistole anheben, den Lauf ein paar Zentimeter zur Seite bewegen und abdrücken.

Langsam und leise umrundete Pamela ihn. Schließlich blieb sie ein Stück hinter seinen Füßen stehen. Sie versuchte, zu Atem zu kommen, und beobachtete ihn.

Wenn er mich hätte erschießen wollen, dachte sie, hätte er es getan, als ich vor ihm stand. Er hätte mich nicht hinter ihn gehen lassen.

Aber ich war noch nicht dicht bei ihm. Vielleicht wusste er nicht, dass ich auftauchen würde. Vielleicht weiß er immer noch nicht, dass ich hier bin. Aber sobald ich versuche, seine Sachen zu nehmen, wird er es wissen. Es sei denn, er ist bewusstlos oder tot.

Um an die Autoschlüssel zu kommen, würde sie in die rechte Vordertasche seiner Hose greifen müssen. Ihre Hand zwischen seinen Oberschenkel und den Boden quetschen müssen. Er würde es spüren. Und er würde spüren, wenn sie ihm die Schuhe auszog.

Vielleicht spürt er gar nichts?

Pamela machte einen kleinen Schritt und ging in die Hocke. Sie griff zwischen ihren Knien nach einem Stein. Sie wollte ihn aufheben, doch der Stein steckte im Boden fest. Also rüttelte sie daran, bis er sich löste.

Sie nahm ihn auf.

Der Stein hatte die Ausmaße eines Bügeleisens, war jedoch schwerer. Sie hob ihn auf Schulterhöhe und ging langsam auf Rodney zu. Bei seinen Füßen blieb sie stehen.

Was mache ich jetzt?, fragte sie sich. Soll ich ihn auf seinen Rücken fallen lassen und abwarten, ob er Aua sagt? Brillante Idee. Er sagt Aua, dann dreht er sich um und schießt auf mich.

Ihr fiel nur eine schlaue Sache ein: ihm damit den Schädel einzuschlagen.

Aber nicht, indem du den Stein wirfst.Halte ihn in der Hand, spring auf seinen Rücken und schlage ihm den Kopf ein, ehe er weiß, was los ist.

Das kann ich nicht, dachte sie. Ach ja? Warum nicht? Das miese Schwein hat Jim ermordet. Nicht nur Jim, auch diese ganzen Frauen. Und vergiss nicht, was er dir selbst angetan hat. Er hat mich entführt und auf mich geschossen. Wenn es jemals einen Fall von Selbstverteidigung gab, dann diesen hier. Außerdem verdient der Mistkerl den Tod! Sie stürzte sich auf Rodney.

Als ihr Hintern auf seinem Rücken landete, stieß er ein Grunzen aus. Er ist nicht tot!Noch nicht!

Pamela hob den Stein, um ihn auf seinen Hinterkopf zu schmettern. Rodney wimmerte leise. Sie zögerte. Tue es!

Doch er zeigte keine Gegenwehr, versuchte nicht einmal, die Pistole zu heben. Er lag einfach da und jammerte.

Dann murmelte er etwas.

»Was?«, zischte sie.

»Ich gebe auf.«

Er gibt auf? So etwas sagt ein Kind, das mit seinem Bruder rauft!

»Du gibst auf?«, stieß Pamela hervor. »Du gibst auf? Du hast meinen Mann getötet!«

Er will aufgeben. Als wäre es ein Spiel, das ihm zu wild geworden ist.

»Bitte«, stöhnte er. »Tu … tu mir nicht weh. Mein Auge!« Er begann zu schluchzen.

Mach es, sagte sie sich. Mach es einfach. Bring es hinter dich. Doch sie konnte sich nicht überwinden, zuzuschlagen.

Warte, bis er Ärger macht. Dann fühlt es sich nicht an wie ein kaltblütiger Mord.

»Wenn du dich auch nur rührst«, sagte sie, »bring ich dich um, bei Gott.«

»Nicht … bitte. Ich tue … alles.«

»Lass die Pistole los. Nimm deine Hand weg.«

Seine Finger öffneten sich zitternd. Er zog die Hand von der Pistole weg.

Pamela wollte sie aufheben, doch in der rechten Hand hielt sie den Stein. Sie nahm ihn in die andere Hand, beugte sich vor und griff über Rodneys Schulter.

Ihre Fingerspitzen berührten beinah die Pistole, als er ihr Handgelenk packte. Sie schlug mit dem Stein nach seinem Kopf, aber er bäumte sich schon unter ihr auf, riss schon an ihrem Arm.

Sie spürte, wie der Stein traf. Der Schlag ließ ihn aufschreien.

Doch er hielt ihn nicht auf.

Pamela flog mit dem Kopf voran über seine Schulter. Sie landete auf der Seite und schlitterte über den Boden. Er ließ ihr Handgelenk los. Sie rollte auf den Rücken und wollte sich mit ein paar schnellen Drehungen in Sicherheit bringen.

Aber sie war nicht schnell genug, und er hämmerte ihr die Faust in den Bauch. Der Atem zischte aus ihr heraus. Sie musste sich von ihm wegrollen, doch sie konnte nur ihren Bauch umklammern, die Knie anziehen und versuchen, Luft in die Lungen zu saugen. Dann wurden ihre Arme von Rodneys Knien an den Boden genagelt. Er saß auf ihrer Brust.

»Geh runter! Ich krieg keine Luft!«

Er beugte sich vor, sodass sein Gesicht über ihrem dräute.

»Sieh!«, keuchte er. »Was du … mir angetan hast.« Er beugte sich tiefer.

Seine Augenhöhle war leer. Das Blut aus der Wunde tropfte auf Pamelas Wange und Nase. Seine Oberlippe zuckte. Er änderte seine Position ein wenig, und es tropfte aus der Augenhöhle auf ihr rechtes Auge. Schnell schloss sie die Augen. Sie spürte es warm auf ihr rechtes Lid rinnen. Rodney lachte erstickt.

Dann schob sich etwas in ihren Mund. Es stieß gegen die obere Zahnreihe und die Zunge. Sie öffnete das linke Auge. Er hatte ihr die Pistole in den Mund gesteckt.

»Ich blas dir dein beschissenes Hirn weg«, murmelte Rodney.

Er stieß den Lauf tiefer hinein. Sie musste würgen, als er ihr Zäpfchen berührte.

Sie hörte den Schuss nicht. Nicht als Erstes. Zuerst hörte sie ein Geräusch, als würde mit einem Holzhammer Fleisch geklopft. Rodneys Kopf wurde nach oben gerissen, und sie konnte durch ein Loch von der Größe eines Hemdknopfes einen Blick tief in seine Stirn werfen. Erst dann hörte sie den Schuss. Er klang wie ferner Donner, der durch einen wolkenverhangenen Canyon hallte. Nach einem Augenblick sprudelte Blut aus dem Loch in Rodneys Stirn. Es spritzte in einem Bogen über Pamelas Gesicht hinweg, dann, als er nach vorn sackte, plätscherte es genau zwischen ihre Augen.

5

Pamela wusste nicht, warum der Boden unter ihr vibrierte oder was das für ein lautes brausendes Geräusch war.

Sie fragte sich, wo sie war. Sie fragte sich, welcher Tag war.

Dann erinnerte sie sich plötzlich, dass Jim tot war, und ihr ganzes Leben schien in Scherben zu gehen. Rodney fiel ihr ein. Sie nahm an, dass sie in seinem Auto lag, vielleicht auf dem Rücksitz, und er fuhr sie das letzte Stück zu seinem …

Nein! Sie hatte ein tiefes Loch mitten in Rodneys Stirn gesehen. Er ist tot, wurde ihr klar.

Pamela schlug die Augen auf. Sie lag tatsächlich auf einem Sitz. Aber es war nicht der Sitz von Rodneys Auto.

Sie befand sich in einem Bus – auf einer dieser langen gepolsterten Bänke direkt hinter dem Fahrer, die zum Mittelgang ausgerichtet waren. Die Fenster über der Rückenlehne waren mit gelbem Stoff verhängt, der das Sonnenlicht dämpfte und die Luft in einen trüben, goldenen Farbton tauchte. Es war warm, aber nicht schrecklich heiß. Sie vermutete, dass die Klimaanlage lief.

Sie drehte den Kopf. Die lange Bank auf der anderen Seite des Gangs war leer.

Pamela sah an sich hinab. Sie trug immer noch das Cheerleader-Kostüm. Der Pullover war überall so dick mit Blut verkrustet, dass von seiner goldenen Farbe kaum noch etwas zu erkennen war. Doch er war ordentlich glatt gestrichen, genau wie der Rock. Jemand musste ihre Kleider hergerichtet haben, nachdem er sie auf die Bank gelegt hatte.

Offenbar hatte auch jemand ihr Gesicht gesäubert. Es fühlte sich frisch gewaschen an. Sie konnte nichts Klebriges dort spüren. Weder im Gesicht noch im Haar. Ihr Haar schien ein wenig feucht zu sein. Sie betrachtete ihre Hand. Es war kein Blut darauf.

Jemand hatte sie sorgfältig gewaschen, zumindest oberhalb des Halses.

Hinter ihren Füßen sah sie zwei Passagiere auf der ersten nach vorn gerichteten Sitzreihe. Einen Mann und eine Frau. Sie saßen reglos und steif unter den Sicherheitsgurten, die sich über Brust und Schoß spannten. Beide starrten gerade nach vorn. Dafür, dass sie in einem Bus mitten in der Wüste saßen, waren sie sehr gut angezogen. Der Mann trug Anzug und Krawatte, die Frau ein geblümtes Kleid.

Das muss ein Reisebus sein, dachte sie. Vielleicht eine Kirchengruppe auf einem Ausflug.

Klar, sie haben sich bestimmt auf dem Weg zum Grand Canyon verfahren. Kirchengruppen fahren normalerweise nicht durch die Gegend und schießen Leuten Kugeln in den Kopf.

Aber wer hatte dann Rodney erschossen?

Pamela bezweifelte, dass sie von einem dieser beiden gerettet worden war. Sie saßen da wie zwei Statuen.

Pamela nickte ihnen zu, doch sie reagierten nicht. Sie drehte den Kopf. Auf der anderen Seite des Gangs, in derselben Reihe wie das Paar, saß ein Junge. Vielleicht ihr Sohn. Er war ungefähr acht oder neun Jahre alt und trug eine Baseballkappe, Jeans und T-Shirt. Pamela versuchte, die Aufschrift auf dem T-Shirt zu lesen. Die Worte waren stellenweise von dem Sicherheitsgurt über seiner Brust verdeckt, doch sie konnte eine Botschaft entziffern, die ihr ziemlich seltsam erschien: Ich war in Pits – es ist wirklich das letzte Loch. Pits, CA, Einwohner: 6.

Obwohl der Junge wie ein normales Kind gekleidet war, saß er steif an dem zugehängten Fenster, die Arme an den Seiten angelegt, den Blick nach vorn gerichtet, und rührte sich nicht.

»Hallo«, sagte Pamela und hoffte, ihre Stimme wäre laut genug, um den Lärm des Busses zu übertönen.

Der Junge sah sie nicht einmal an.

Wirklich freundliche Leute, dachte sie. Wahrscheinlich eine Religionsgemeinschaft, ein Haufen Fanatiker, die sich für gottesfürchtiger als alle anderen halten. Vielleicht haben sie ein Schweigegelübde abgelegt.

Ja, aber jemand hat Rodney erschossen. Jemand hat mir das Leben gerettet. Sie setzte sich auf, drehte sich zum Mittelgang und schwang die Beine herab. Ihre Fußsohlen fühlten sich steif und wund an, deshalb war sie vorsichtig, als sie sie auf den Boden stellte. Die Gummimatte war kühl, weich und ein wenig rau. Sie winkte dem Jungen zu.

Er ignorierte sie.

Sie wandte den Kopf nach links. Gleich neben der Armlehne der Bank, auf der sie gelegen hatte, befand sich eine schulterhohe Trennwand aus Metall. Sie nahm an, dass sie dazu diente, den Fahrersitz abzuschirmen, doch die Oberkante des Sitzes und der Kopf des Fahrers ragten darüber hinaus.

Er trug keine Mütze. Sein schwarzes Haar war hinten und an den Seiten so kurz geschnitten, dass die Kopfhaut durchschimmerte. Dadurch wirkten die Ohren viel zu groß. Oben stand sein Haar ab wie die Borsten einer Bürste. »Hallo«, sagte Pamela.

Er antwortete nicht.

»Fahrer?«, sagte sie mit erhobener Stimme.

»Nicht sprechen, Ma’am«, rief er, ohne sich umzudrehen. Er klang nicht verärgert, sondern nur wie jemand, der eine simple Feststellung machte.

»Was?«, fragte sie. »Was soll das heißen?«

»Während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen. Das ist Vorschrift in der Firma.«

»Ah. Okay.« Sie nahm an, es handelte sich um eine Sicherheitsanweisung. »Entschuldigung«, fügte sie hinzu.

»Kein Problem.«

Sie überlegte, ob die Busgesellschaft auch eine Vorschrift hatte, die es untersagte, während der Fahrt aufzustehen.

Das werde ich gleich rausfinden.

Sie beugte sich vor, griff nach einer glänzenden Haltestange und zog sich von der Bank. Schmerz schoss von ihren Füßen durch den Körper. Sie stand vorgebeugt da, umklammerte die Stange und hatte den Mund zu einem stummen Schrei geöffnet. Der schlimmste Schmerz war bald vorbei. Sie richtete sich auf. Während sie tief durchatmete, fiel ihr auf, dass die Vorhänge an den Fenstern auf der anderen Seite des Gangs aus Streifen gelber Decken zu bestehen schienen. Sie waren mit silbernem Klebeband an den Scheiben befestigt. Wirklich elegant, dachte sie. Was ist das denn für ein Bus? Wahrscheinlich eine dieser lebensgefährlichen Klapperkisten ohne Bremsen, von denen man hört, wenn sie mal wieder auf dem Weg zu einem Erweckungswochenende oder Bibelcamp oder so in den Bergen verunglücken.

Und die Pilger kommen ein bisschen früher in den Himmel, als sie dachten. Amen.

Vielleicht fahren wir wirklich zu einem Bibelcamp. Wenn wir nicht auf dem Weg einen Unfall haben und sterben.

Pamela bewegte nur ihren Kopf und sah im Bus nach vorn. In dem hellen Licht, das durch die Windschutzscheibe fiel, musste sie die Augen zusammenkneifen. Sie fuhren auf einer zweispurigen Straße durch die Wüste.

Dieselbe Straße, auf der sie mit Rodney gefahren war? Sie wusste es nicht. Aber es sah auf jeden Fall aus wie dieselbe Wüste.

Im Rückspiegel konnte sie das Gesicht des Fahrers sehen, doch seine Augen waren hinter einer Sonnenbrille verborgen. Sie nickte ihm einen Gruß zu, für den Fall, dass er sie ansah. Er reagierte nicht.

Wenigstens weist er mich nicht an, mich hinzusetzen.

Mit der Sonnenbrille, dem Bürstenschnitt und seinem hageren harten Gesicht sah er aus wie ein Motorradpolizist.

Ein Polizist, der nebenbei als Fahrer für Kirchenbusse arbeitet. Das wäre eine Möglichkeit. Es würde erklären, was dort draußen mit Rodney geschehen war.

»Hallo?«, sagte Pamela.

Das Gesicht im Spiegel drehte sich ein wenig. Genauso geduldig wie zuvor erklärte der Fahrer: »Ich kann jetzt nicht reden, Ma’am. Nicht während der Fahrt. Wegen der Sicherheit der Fahrgäste.«

»Okay, tut mir leid.«

Zum Teufel damit,