Das Mädchen und der Deserteur: Western - Luke Sinclair - E-Book

Das Mädchen und der Deserteur: Western E-Book

Luke Sinclair

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Beschreibung

Zwei Menschen in der Hölle des Indianerkrieges. Es war die Zeit der Wildheit und der Gnadenlosigkeit. Es waren die bitteren Tage, an denen die letzten Reste der ehemals stolzen Sioux-Stämme um das nackte Überleben kämpften. In dieser vom Tod beherrschten, blutigen Epoche des amerikanischen Westens lernte der Kavallerist Joe Weelock das Indianermädchen Elk Woman kennen. Die beiden jungen Menschen verliebten sich ineinander, und gemeinsam traten sie einen Weg an, von dem es keine Wiederkehr geben sollte. Ihr Ritt wurde zu einem Trail der Tränen. Joe Weelock wurde als Deserteur gejagt, und Elk Woman lebte in der furchtbaren Angst, von den Männern ihres eigenen Stammes getötet zu werden…

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Luke Sinclair

Das Mädchen und der Deserteur: Western

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Inhaltsverzeichnis

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Das Mädchen und der Deserteur: Western

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Das Mädchen und der Deserteur: Western

Luke Sinclair

Zwei Menschen in der Hölle des Indianerkrieges.

Es war die Zeit der Wildheit und der Gnadenlosigkeit. Es waren die bitteren Tage, an denen die letzten Reste der ehemals stolzen Sioux-Stämme um das nackte Überleben kämpften. In dieser vom Tod beherrschten, blutigen Epoche des amerikanischen Westens lernte der Kavallerist Joe Weelock das Indianermädchen Elk Woman kennen. Die beiden jungen Menschen verliebten sich ineinander, und gemeinsam traten sie einen Weg an, von dem es keine Wiederkehr geben sollte. Ihr Ritt wurde zu einem Trail der Tränen. Joe Weelock wurde als Deserteur gejagt, und Elk Woman lebte in der furchtbaren Angst, von den Männern ihres eigenen Stammes getötet zu werden…

*

Die Gesichter der Soldaten wirkten hohl und abgespannt. Die Männer in den staubigen blauen Uniformen hatten einen dreitägigen Ritt hinter sich. Einen harten Marsch über die windgepeitschten Grasebenen von Fort Reno bis hierher zum Tongue River.

Sie alle kannten das Gefühl vor einem Gefecht, diese eigenartige tödliche Stille, wenn alle Stimmen der Natur in düsterer Vorahnung betroffen schweigen. Dieses unbestimmte leise Beben tief in der Brust. Die Angst, die wie Alkohol die Sinne betäubt und von der niemand spricht.

Joe Weelock betrachtete verstohlen alle diese Gesichter, die er kannte und die ihm vertraut waren. Alle waren sie stumm, denn sie wussten, dass jenseits dieser flachen Hügel vor ihnen der Tod auf seine Ernte wartete.

Nur die Augen von Colonel James L. Forsyth unterschieden sich von den anderen. Sie glitzerten erregt wie blanke Orden. Die Vorfreude des Siegers. Er blickte aus der Deckung der Föhren heraus auf die Tipis des Oglalla Dorfes.

„Bringt die Kanone in Stellung!“, befahl er, ohne den Kopf zu bewegen.

Lieutenant Tom Ashley räusperte sich verlegen.

„Sir, die Krieger sind vermutlich auf der Jagd“, wandte er ein. „Es befinden sich fast nur Frauen und Kinder im Dorf. Wir könnten sie mit Leichtigkeit...“

„Sorgen Sie dafür, dass mein Befehl ausgeführt wird, Lieutenant!“, unterbrach der Colonel ihn mit Nachdruck. „Ich gehe kein Risiko ein. Fünfzig dieser lausigen Rothäute sind mir nicht annähernd so viel wert wie das Leben eines meiner Soldaten.“

Vor etlichen Tagen hatte man weiße Siedler gefunden, die an die Räder ihrer verbrannten Wagen gebunden worden waren. Die Cheyennes waren dafür verantwortlich. Aber Colonel Forsyth hatte diese Berichterstattung schnell verbessert. Es waren Indianer. Und das da in den Tipis am Flussufer waren ebenfalls Indianer, die wegen dieser Gräueltaten, von denen sie vermutlich nichts wussten, ihr Leben verwirkt hatten.

Lieutenant Ashley war lange genug bei der Armee, um zu wissen, dass es nichts einbrachte, einem Vorgesetzten zu widersprechen. Es verstieß zwar gegen seine Auffassung von soldatischer Ehre, Frauen und Kinder zu töten, aber schließlich war der Krieg kein Kinderspiel. Deshalb handelte man sich keine Schwierigkeiten ein. Widerwillig, aber ohne weiteren Protest gab er den Befehl weiter.

Joe Weelock sah, wie die Hotchkiss-Kanone zwischen einem Dickicht aus Balsamfichten auf eine Steinplatte geschoben wurde. Das dicke Rohr richtete sich kalt und todbringend auf etwas jenseits der Hügel, das er noch nicht genau sehen konnte.

Eines der Pferde schnaubte leise und nervös.

Colonel James L. Forsyth drehte sich zu seinen Männern um. Seine dunklen Augen waren hart und glänzend, und die linke Hand lag auf dem Griff des Säbels.

„Ihr alle wisst, um was es geht, Männer“, sagte er pathetisch, aber mit gedämpfter Stimme. „Ihr kennt die Rothäute, und ich brauche euch nichts mehr über sie zu sagen. Aber wenn ihr jetzt gegen sie ins Feld zieht, dann denkt an Namen wie: Big Mound, Killdeer Mountains, Wagonbox Fight und Hayfield. Und denkt an die Männer, die dabei ihr Leben gaben. Und jeder erinnert sich noch gut an Colonel Fetterman. Also keinen Pardon und keine Gefangenen!“

„Keine Gefangenen?“, entfuhr es Weelock unwillkürlich. „Aber wenn...“

Sergeant Ranse O’Leary, der unweit von ihm stand, spuckte einen braunen Strahl Tabaksaft in das welke Gras. „Du hast doch gehört, was der Colonel gesagt hat! Die Indianer ermorden ihre Gefangenen auch.“

Weelock schwieg. Was der Sergeant sagte, stimmte. Aber es befriedigte ihn nicht. Er schaute zu den bleigrauen Wolken hinauf, die rasch über die Hügel trieben. So stand er da, bis ihn der harte Donner der Hotchkiss-Kanone aus seinen Gedanken riss und die bedrückende Stille abrupt beendete.

Es war soweit.

Die braunen Armeepferde drängten unruhig hin und her, als ihre Reiter in die Sättel stiegen. Die aufgestaute Nervosität drängte nach Entladung. Aber noch hatte der Trompeter nicht das Signal zur Attacke geblasen.

Die Hotchkiss-Kanone krachte zum zweiten Male und schleuderte eine Wolke von Rauch zu den Tipis am Flussufer hinunter.

Dreck spritzte hoch. Metallsplitter und Steine zischten durch die Luft, rissen die Zeltbahnen aus Büffelhaut auf. Einige wenige Krieger stürzten aus ihren Behausungen. Sie hielten Gewehre in den Händen und spähten mit verzweifelter Entschlossenheit nach dem Feind aus. Aber sie fanden nichts, auf das sie hätten schießen können. Ohnmächtig und schutzlos mussten sie dem Sterben zusehen.

Eine Frau versuchte schreiend, dem Inferno zu entrinnen.

Wieder zischte ein Geschoss heran. Die Squaw riss entsetzt die Augen auf. Eine neue Detonation ließ die Erde erzittern. Die Druckwelle warf die Frau gegen ein Tipi. Wie durch ein Wunder blieb sie unverletzt. Aber das Grauen riss ihr einen gellenden Schrei von den Lippen. Ziellos lief sie weiter. Sie rannte, fiel hin, rannte weiter, ohne zu wissen, wohin.

Dann schwieg dieses krachende Rohr auf den Hügeln plötzlich und machte einem anderen Donnern Platz, das einem grellen Trompetensignal folgte. Unzählige Pferdehufe trommelten über den Boden. Eine schreiende Masse wälzte sich den Hang hinunter. Blanker Stahl glänzte hart und tödlich in der Herbstsonne.

Weelock befand sich mitten in dem Haufen. Er hatte seinen Säbel in der Hand und schrie genau wie die anderen. Ein seltsamer Rausch schaltete seine Gedanken aus und ließ alles abrollen, wie etwas, an dem er nicht wirklich teilnahm. Er sah die wilden Gesichter seiner Kameraden um sich, den eigenartigen Ausdruck in ihren Augen. Das waren nicht mehr die Männer, die er vorher gekannt hatte. Und er selbst war nicht mehr derselbe wie noch vor wenigen Augenblicken.

Die Lawine aus braunen Pferden und blauen Uniformen ergoss sich in das Siouxlager. In das heisere Geschrei der Kavalleristen mischte sich das schrille Schreien, das die Todesangst aus den Kehlen der entsetzten Opfer presste. Immer wieder versuchten einige zu fliehen.

Hier und da stellte sich ihnen ein Krieger in sinnloser Verzweiflung entgegen. Einzelne Schüsse fielen. Weelock sah, wie Tom West sich plötzlich entsetzt an den Hals griff. Blut rann durch seine Finger, und er brach stöhnend zusammen.

Der Tod eines einzigen Menschen, den er gekannt hatte, schockte Weelock mehr, als das, was um ihn geschah. Diese Tatsache erschreckte ihn. Waren die anderen keine Menschen? Diese Schatten, die um ihr Leben liefen?

Die Ereignisse ließen keine Zeit für einen Gedanken. Die Reiter verteilten sich zwischen den Tipis und jagten den Schatten nach.

„Keine Gefangenen!“, hallte Colonel Forsyths Stimme noch immer in Weelocks Ohren nach. „Kein Pardon! Fetterman...! Hayfield...! Killdeer Mountains...!“

Sein Pferd wurde gegen eines der Tipis gedrängt. Das Tier stieg wiehernd hoch und schlug die Vorderhufe auf die Zeltbahn aus Büffelhaut. Das Gestänge knackte und gab nach. Das Pferd scheute zur Seite. Weelock trieb es weiter. Eine Gestalt tauchte vor ihm auf. Ein gesichtsloser Schatten wie all die anderen. Sie lief nicht weg. Ein Gewehrschuss peitschte vor Weelock auf, und etwas zischte an seinem Kopf vorbei. Das Pferd prallte gegen einen anderen Körper. Er riss es zur Seite und trieb es weiter.

Ein halbwüchsiger Junge lief hinter einem Zelt hervor. Er hielt einen Bogen in der Hand, wie ihn die Kinder zum Üben benutzten. Aber er wusste nicht einmal mehr, dass er ihn noch in der Hand hatte. Angst machte seine dunklen Augen groß und rund.

Er sah Don Merrick, und er würde nie dieses irre Flackern seiner Augen vergessen. Was war es, das zivilisierte Menschen plötzlich so veränderte und die wildesten Instinkte in ihnen aufbrechen ließ?

Die Squaw hatte das Ende des Dorfes nicht mehr erreicht.

Ein Horn übertönte plötzlich den Lärm. Und mit einem Mal war alles anders. Flussabwärts fielen Schüsse. Viele Schüsse. Hufe prasselten heran, begleitet von so wildem Geschrei, dass allein davon das Blut in den Adern gerinnen konnte. Es gab keinen unter den Kavalleristen, der den Kriegsruf der Sioux nicht schon gehört und fürchten gelernt hatte.

Die zurückkehrenden Krieger des Dorfes waren so plötzlich und unerwartet aufgetaucht, dass die Soldaten davon völlig überrascht wurden. Und der grausame Tod ihrer Angehörigen musste die Siouxkrieger zu rasender Wut anstacheln.

In dem aufwallenden Staub und vor dem Wind ziehenden Pulverrauch war kaum noch etwas zu erkennen. Nur die brennenden Tipis leuchteten wie Riesenfackeln aus dem düsteren Grau.

Das Gesicht des Colonel tauchte vor Weelock aus dem Staub. Seine Augen glänzten vor Erregung.

„Gebt es ihnen!“, schrie er und schwang seinen Säbel. Weelock riss entsetzt sein Pferd zurück.

„Mein Gott, sie haben den Verstand verloren!“, stammelte er vor sich hin. „Sie haben alle den Verstand verloren!“

Eine der Frauen rief verzweifelt: „Tötet uns nicht! Wir ergeben uns!“

Der Ruf verhallte ungehört.

Weelock drehte sein Pferd im Kreis. Wohin er auch blickte, er sah nichts als Tod und Blut. Sein Herz schlug ihm bis zum Halse, und das Entsetzen jagte in langen, heißen Intervallen durch seinen Körper. Er riss den Mund auf und brüllte aus Leibeskräften.

„Ihr Mörder! Ihr dreckigen, feigen Mörder!“ Aber in dem Lärm, der ihn umbrandete, war es, als ob ihm die Stimme versagte. Die entsetzlichen Schreie, die ihm in den Ohren hallten, waren lauter. Das Wiehern der Pferde, ihr Hufgetrappel und das Peitschen der Schüsse. Wer vermochte da noch die verzweifelte Anklage eines Einzelnen zu hören?

Ein Trupp berittener Sioux prallte unverhofft wie ein Keil in die Flanke der Reiter und trieb ihren Pulk in zwei Hälften auseinander. Drei, vier der Soldaten sanken getroffen aus den Sätteln. Das gellende Geschrei beendete jäh ihren Siegesrausch und brachte sie in die Wirklichkeit zurück. Die Sioux hatten längst ihre Gewehre leergeschossen und wehrten sich nun mit ihren Obsidianäxten wie besessen. Die Wut und der Schmerz über das Geschehen verzerrten ihre dunklen Gesichter zu wilden Grimassen und ließ sie als Kämpfer über sich hinauswachsen.

Die eine Hälfte des kleinen Reitertrupps wurde zu den Tipis zurückgedrängt. Einige Kavalleristen jedoch waren vom Rückzug abgeschnitten und wurden getötet.

Die Sioux rissen ihre kleinen, scheckigen Pferde herum und griffen ohne Zögern weiter an. Ein anderer Trupp von etwa sechs Kriegern erreichte den Kampfplatz von einer anderen Seite. Sie fielen in das Dorf ein und trieben die zunächst völlig überraschten Kavalleristen auseinander. Mündungsblitze flackerten hektisch durch den aufgewirbelten Staub. Befehle wurden vom Lärm zerrissen und drangen nur in Fetzen an die Ohren der Kämpfenden.

Ein Kavalleriepferd mit leerem Sattel und baumelnden Steigbügeln raste auf Weelock zu. Es rollte wild mit den Augen und streifte ihn fast.

„Joe!“, schrie eine Stimme hinter ihm. „Hilf mir, Joe!“

Er glaubte, diese Stimme zu kennen, aber sie klang so verzerrt und grässlich, wie alles hier verzerrt und unwirklich war. Er fuhr im Sattel herum und erblickte Don Merrick, der auf ihn zugeritten kam. Seine Augen waren groß und weiß in seinem verschmutzten Gesicht.

„Joe...“ Die Stimme klang matt und zerbrochen. Dann kippte Don Merrick aus dem Sattel. Ihm war nicht mehr zu helfen.

Weelock war wie erstarrt. Ein eiskalter Klumpen lag in seinem Magen. Er schluckte das würgende Entsetzen hinunter, und ein spontaner Hass wallte plötzlich in ihm hoch.

Der mörderische Kampf schoss wie eine Brandungswoge hinter dem unglücklichen Don Merrick her und erreichte Weelock in diesem Moment. Er riss wie in Trance den Arm mit dem Säbel hoch, schrie wild und unkontrolliert und schlug hart zu.

Jemand sprang ihn von hinten an und versuchte, ihn aus dem Sattel zu reißen. Weelock summte die Füße breit in die Bügel und beugte sich zur Seite. Dabei stieß er seinen Ellenbogen gegen den Körper des Gegners, der den Halt verlor und zu Boden glitt. Weelocks Pferd drehte sich im Kreise. Der Gegner kam vom Boden hoch und versuchte, sich an sein Bein zu hängen. Weelock keuchte. Die Spitze seines Säbels streifte den Angreifer. Das Pferd stürmte weiter, und er hielt sich am Sattelhorn fest, um nicht herunterzufallen. Er schrie und schwang seinen Säbel. Nur so konnte er dem Gemetzel entkommen. Eine Kugel pfiff an ihm vorbei, aber er achtete nicht darauf. Überall um ihn herum wurde gekämpft. Die Kavalleristen hatten ihren Schock überwunden, sich neu formiert und trieben die Oglallakrieger auseinander. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis der Kampf ein Ende fand.

Hier und da liefen reiterlose Pferde von Panik ergriffen mit geblähten Nüstern und rollenden Augen ziellos umher. Gestalten wälzten sich kämpfend am Boden. Irgendwo war die schreiende Stimme von Sergeant O’Leary.

„Zeigt ihnen, dass man nicht ungestraft Weiße an Wagenräder binden darf!“

Ein Reiter raste plötzlich auf Weelock zu. Der schrille Schrei ließ ihn fast erstarren. Er sah die hell schimmernden Zähne des Pferdes. Dahinter ein verzerrtes, wildes Gesicht und vom Wind hochgepeitschte Haare. Weelock riss sein Pferd zur Seite. Das Pferd streifte sein eigenes und stürmte vorbei. Der Säbel wurde Weelock aus der Hand gerissen und blieb im sandigen Boden stecken.

Einen Moment hielt Weelock sich die schmerzende Hand. Er sah Colonel Forsyth wie in einem Alptraum auftauchen. Er setzte einem fliehenden Sioux nach und verschwand wie ein Dämon zwischen zwei brennenden Tipis.

Eine Kugel traf Weelocks Pferd. Wie ein gefällter Baum sackte das Tier unter ihm weg. Er konnte gerade noch die Füße aus den Bügeln reißen und sich zur Seite werfen. Staub und Pulverrauch trieb in Schwaden über ihn hinweg. Hilflosigkeit überkam ihn. Er hatte keinen Säbel und kein Pferd mehr.

Eine in ein großes Büffelfell gehüllte Gestalt hastete angstvoll keuchend an ihm vorbei. Sie wurde von einem Reiter verfolgt, der sich vom Sattel aus auf sie warf.

Weelock zerrte an seinem Springfield-Karabiner im Sattelschuh. Aber das tote Pferd lag darauf, und er bekam ihn nicht frei.

Die Gestalt unter der Büffelhaut war zu Boden gefallen, und der Soldat war über ihr.

„Cash!“, schrie Weelock ihn an. „Cash!“

Der Mann fuhr herum. Das Gewehr in beiden Händen blickte er wild herüber. Cash antwortete etwas, das Weelock bei dem Lärm, der um sie war, nicht verstehen konnte. Dann fielen plötzlich Schüsse, ganz in der Nähe. Hufe polterten vorbei.

Eine Kugel riss Cash das Gewehr aus der Hand. Eine zweite traf ihn am Bein.

Er sackte zu Boden und umklammerte schreiend sein verletztes Bein.

Weelock gelang es endlich, den Karabiner freizubekommen. Ein Krieger sah sich gehetzt und wild um. Weelock wusste nicht, ob es Angst oder Hass oder Wut war, was seine Augen so unheimlich flackern ließ. Am liebsten hätte er die Augen geschlossen, aber irgendetwas hielt sie ihm gewaltsam auf. Er krümmte mechanisch den Finger, der am Abzug seiner Waffe lag. Feuer und Rauch löschten für Sekundenbruchteile alles aus, was um ihn vorging. Dann sah er den Indianer am Boden liegen.

Ein Rudel Soldaten preschte über die Wiese.

Die Gestalt unter der Büffelhaut hatte sich nicht mehr bewegt. Langsam erhob sich Weelock hinter seinem toten Pferd und ging zu ihr hinüber. Einen winzigen Augenblick zögerte er, dann hob er den Rand es Büffelfelles hoch und hielt dabei mit der Rechten den Karabiner schussbereit.

Eine schlanke, zitternde Gestalt lag zusammengekrümmt unter dem Fell und starrte ihn aus angstvoll geweiteten Augen an. Weelock begriff sofort, dass es ein Mädchen oder eine junge Squaw war, die bis jetzt dem sinnlosen Massaker entronnen war. Sie sah den Mann vor sich, die blaue, blutbefleckte Uniform und das Gewehr auf sich gerichtet. Sie schien vor Entsetzen gelähmt zu sein, aber sie öffnete den Mund, um ihre schreckliche Angst hinauszuschreien. Rasch ließ Weelock das Büffelfell zurückfallen, das ihr Geschrei dämpfte, und sah sich um. Dieses grässliche Töten musste doch einmal ein Ende haben. Warum hörten sie nicht endlich auf damit?

Die Squaw hörte auf zu schreien, und niemand beachtete sie.

Weelock legte den Karabiner auf den Boden und schlug erneut das Bisonfell zurück. Das Gesicht blickte ihn stumm und verängstigt an.

„Du musst hier weg“, sagte er schnell, „sonst werden sie dich töten.“ Aber er wusste nicht einmal, ob sie ihn überhaupt verstand. Und dann wurde ihm klar, wie sinnlos seine Worte waren. Was sollte sie denn tun? Wohin sie sich auch wandte, sie lief immer irgendwelchen Soldaten in die Arme. Er konnte ihr nicht helfen.

Weelock wollte sich abwenden, aber dieses Bild der hilflos zitternden Kreatur blieb vor seinen Augen und ließ sich nicht verdrängen.

Konnte er ihr wirklich nicht helfen? Wenn er sie bis zum Fluss hinunter brachte, konnte es ihr vielleicht gelingen, das andere Ufer zu erreichen. Es war Wahnsinn, was er da dachte. Sie waren hierhergekommen, hatten gekämpft, und jetzt wollte er dieses eine Leben retten.

Aber er hob seinen Karabiner wieder auf und sagte stattdessen: „Komm, ich werde dir helfen!“

Die Squaw musste in ihrer Angst wohl seine Geste anders gedeutet haben. Sie wollte auf springen und weglaufen. Weelock hielt sie schnell fest. Ließ die Waffe erneut los und legte den rechten Zeigefinger auf den Mund. Sie schrie tatsächlich nicht, schaute ihn nur aus großen Augen an.

„Ich“, er legte die Hand auf seine Brust und redete sehr langsam, „werde dir helfen.“

Zum ersten Mal kamen so etwas wie Verwunderung und Zweifel in ihre Augen. Es verschwand jedoch sehr rasch, und die Angst war wieder da. Weelock warf einen hastigen Blick über die Schulter, nahm seinen Karabiner an sich und stand auf. Er ließ dabei ihren Arm nicht los und zog sie hoch, obwohl es besser für ihn gewesen wäre, wenn sie fortlaufen würde. Mit dem Gewehr wies er dorthin, wo sich jenseits der letzten Tipis ein Buschgürtel bis zum Flussufer hinzog. Sie riss sich los und rannte in diese Richtung. Er folgte ihr.

Zwei Kavalleristen trieben ihre Pferde vorbei, ohne auf ihn zu achten. Sie mussten annehmen, er verfolge nur einen fliehenden Gegner.

Kurz vor den Büschen holte Weelock die Squaw ein und lief neben ihr her. Aber noch bevor sie die Deckung erreichten, holte ihn ein scharfer Ruf ein.

„Reiter Weelock!“

Auch ohne sich umzudrehen wusste er, dass es die Stimme von Lieutenant Ashley war, und ein eisiger Schreck fuhr ihm in die Glieder. Ohne anzuhalten, schaute er zurück.

Ashley saß auf seinem unruhig tänzelnden Pferd und riss wütend an seiner Revolvertasche.

„Bleiben Sie stehen, Weelock!“, schrie er dabei. „Das ist Desertation!“

Es gab kein Zurück mehr. Der Teufel musste ihn geritten haben. Mit einem langen Sprung folgte er dem Mädchen in die Büsche. Zweige schlugen in ihre Gesichter. Sie keuchten, fielen und rafften sich wieder hoch. Jetzt waren sie beide erbarmungslos Gejagte.

Schüsse knallten in rascher Folge. Die Kugeln prasselten an ihnen vorbei und rissen welke Blätter und kleine Zweige ab. Weelock hielt an. So hatten sie keine Chance, das Ufer zu erreichen, der Lieutenant zu Pferd musste sie bereits auf der halben Strecke eingeholt haben. Und es war zu spät, sich ein Pferd zu beschaffen.

Weelock hob den Karabiner an die Schulter und verhielt für einen Moment seinen keuchenden Atem. Der Schuss peitschte durch die Zweige, und das Pferd des Lieutenant brach zusammen. Weelock rannte weiter, ohne noch einen Blick zu verschwenden. Er stolperte durch die nach ihm schlagenden Zweige und hörte die laute Stimme von Lieutenant Ashley hinter sich.

Kurz hinter dem Indianermädchen erreichte er das Ufer und sprang ohne zu zögern in das knietiefe Wasser. Zum Glück war das Flussbett seicht und hatte um diese Jahreszeit nur wenig Wasser. Schwimmend hätten sie in dem eiskalten Wasser wohl kaum das andere Ufer erreicht.

Das Mädchen lief ihm voraus und tauchte bereits in die grauen Nebelbänke, die über dem Fluss schwebten wie dünne Schleier. Das Wasser spritzte an ihm hoch und durchnässte seine Hose bis hinauf zum Gürtel. Aber im Augenblick spürte er die Kälte noch nicht.