Das Narrenschiff (Illustrierte Ausgabe) - Sebastian Brant - E-Book

Das Narrenschiff (Illustrierte Ausgabe) E-Book

Sebastian Brant

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Beschreibung

Das Narrenschiff, geschrieben von Sebastian Brant, ist ein Werk der Satire und moralischen Kritik, das im 15. Jahrhundert veröffentlicht wurde. Das Buch folgt einer Gruppe von Narren auf einem Schiff, das von einem Narrenkapitän geleitet wird. Brant nutzt diese Allegorie, um die Dummheit und Sündhaftigkeit der Menschheit zu kritisieren, wobei er scharfe Beobachtungen und humorvolle Episoden einbezieht. Der literarische Stil des Autors ist geprägt von seiner prägnanten Sprache und seinem satirischen Ton, der sowohl unterhaltsam als auch lehrreich ist. Das Werk ist ein Meilenstein der deutschen Literatur und hat einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der Satire ausgeübt.

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Sebastian Brant

Das Narrenschiff (Illustrierte Ausgabe)

 
EAN 8596547759553
DigiCat, 2023 Contact: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

Eine Vorrede zu dem Narrenschiff
Von unnützen Büchern
Von guten Räten
Von Habsucht
Von neuen Moden
Von alten Narren
Von rechter Kinderlehre
Von Zwietrachtstiftern
Gutem Rat nicht folgen
Von schlechten Sitten
Von wahrer Freundschaft
Verachtung der Heiligen Schrift
Von unbesonnenen Narren
Von Buhlschaft
Von Vermessenheit gegen Gott
Von törichtem Planen
Von Völlerei und Prassen
Von unnützem Reichtum
Vom Dienst zweier Herren
Von vielem Schwatzen
Vom Schätze finden
Vom Tadeln und Selbertun
Die Lehre der Weisheit
Von Überschätzung des Glücks
Von zu viel Sorge
Vom Borgen
Von unnützem Wünschen
Von unnützem Studieren
Von Wider=Gott=Reden
Von selbstgerechten Narren
Von vielen Pfründen
Vom Aufschubsuchen
Vom Frauenhüten
Vom Ehebruch
Narr heute wie gestern
Von leichtem Zürnen
Vom Eigensinn
Von Glückes Zufall
Von unfolgsamen Kranken
Von offenkundigen Anschlägen
An Narren Anstoß nehmen
Nicht auf alle Rede achten
Von Spottvögeln
Verachtung ewiger Freude
Lärm in der Kirche
Von mutwilligem Mißgeschick
Von der Narren Macht
Vom Weg der Seligkeit
Ein Gesellenschiff
Schlechtes Beispiel der Eltern
Von Wollust
Geheimnisse wahren
Freien des Geldes wegen
Von Neid und Haß
Tadel nicht dulden wollen
Von närrischer Arzneikunst
Vom Ende der Gewalt
Von Gottes Vorsehung
Seiner selbst vergessen
Von Undankbarkeit
Von Selbstgefälligkeit
Vom Tanzen
Von nächtlichem Hofieren
Von Bettlern
Von bösen Weibern
Von Beobachtung des Gestirns
Alle Länder erforschen wollen
Kein Narr sein wollen
Keinen Spaß verstehen
Ungestraft Böses tun wollen
Nicht beizeiten vorsorgen
Zanken und vor Gericht gehn
Von groben Narren
Vom Geistlichwerden
Von unnützem Jagen
Von schlechten Schützen
Von großem Rühmen
Von Spielern
Von niedergedrückten Narren
Reuter und Schreiber
Närrische Botschaft
Von Köchen und Kellermeistern
Von bäurischem Aufwand
Von Verachtung der Armut
Vom Beharren im Guten
Sich des Todes nicht versehen
Von Verachtung Gottes
Von Gotteslästerung
Von Plage und Strafe Gottes
Von törichtem Tausche
Ehre Vater und Mutter
Vom Schwätzen im Chor
Überhebung der Hoffart
Wucher und Aufkauf
Von Hoffnung auf Erbschaft
Von Verführung am Feiertage
Schenken und Bereuen
Von Trägheit und Faulheit
Von ausländischen Narren
Vom Verfall des Glaubens
Den falben Hengst streicheln
Vom Ohrenblasen
Von Fälscherei und Beschiß
Vom Antichrist
Wahrheit verschweigen
Verhinderung des Guten
Versäumnis guter Werke
Vom Lohn der Weisheit
Das Schlaraffenschiff
Mißachtung des Unheils
Verleumdung des Guten
Von schlechten Sitten bei Tische
Von Faßnachtnarren
Entschuldigung des Dichters
Der weise Mann
Verwahrung
Ende des Narrenschiffs

Zu Schyff Zu Schyff Bruder. Eß gat! es gat

Eine Vorrede zu dem Narrenschiff

Inhaltsverzeichnis

Zů nutz vnd heylsamer ler / vermanung vnd ervolgung der wyßheit / vernunfft vnd gůter sytten: Ouch zů verachtung vnd straff der narheyt / blintheyt yrrsal vnd dorheit / aller ståt / vnd geschlecht der menschen: mit besunderem flyß ernst vnd arbeyt / gesamlet zů Basell: durch Sebastianum Brant. in beyden rechten doctor.

Alle Lande sind jetzt voll heiliger Schrift Und was der Seelen Heil betrifft: Voll Bibeln, heiliger Väter Lehr Und andrer ähnlicher Bücher mehr, So viel, daß es mich wundert schon, Weil niemand bessert sich davon. Ja, Schrift und Lehre sind veracht't, Es lebt die Welt in finstrer Nacht Und tut in Sünden blind verharren; Alle Gassen und Straßen sind voll Narren, Die treiben Torheit an jedem Ort Und wollen es doch nicht haben Wort. Drum hab ich gedacht zu dieser Frist, Wie ich der Narren Schiff' ausrüst: Galeeren, Füst, Krack, Naue, Bark, Kiel, Weidling, Hornach, Rennschiff stark, Auch Schlitten, Karre, Schiebkarr, Wagen: Denn ein Schiff könnt nicht alle tragen, So groß ist jetzt der Narren Zahl; Ein Teil sucht Fuhrwerk überall, Der stiebt herbei gleichwie die Immen, Versucht es, zu dem Schiff zu schwimmen: Ein jeder will der erste sein; Viel Narren und Toren kommen drein, Deren Bildnis ich hier hab gemacht. Wär jemand, der die Schrift veracht't, Oder einer, der sie nicht könnt lesen, Der sieht im Bilde wohl sein Wesen Und schaut in diesem, wer er ist, Wem gleich er sei, was ihm gebrist. Den Narrenspiegel ich dies nenne, In dem ein jeder Narr sich kenne; Wer jeder sei, wird dem vertraut, Der in den Narrenspiegel schaut. Wer sich recht spiegelt, der lernt wohl, Daß er nicht weise sich achten soll, Nicht von sich halten, was nicht ist, Denn niemand lebt, dem nichts gebrist, Noch der behaupten darf fürwahr, Daß er sei weise und kein Narr. Denn wer sich selbst als Narr eracht't, Der ist zum Weisen bald gemacht, Wer aber stets will weise sein, Ist fatuus, der Gevatter mein, Der sich zu mir recht übel stellt, Wenn er dies Büchlein nicht behält. Hier wird an Narren nicht gespart, Ein jeder findet seine Art, Und auch, wozu er sei geboren, Warum so viele sind der Toren; Welch hohes Ansehn Weisheit fand, Wie sorgenvoll der Narren Stand. Hier findet man der Welten Lauf, Drum ist dies Büchlein gut zum Kauf. Zu Scherz und Ernst und allem Spiel Trifft man hier Narren, wie man will, Ein Weiser sieht, was ihm behagt, Ein Narr gern von den Brüdern sagt. Hier hat man Toren, arm und reich, Schlim schlem, gleich findet gleich. Ich schneidre Kappen manchem Mann, Der meint, es gehe ihn nichts an, Hätt ich mit Namen ihn genannt, Spräch er, ich hätt ihn nicht erkannt. Doch hoff ich, daß die Weisen alle Drin finden werden, was gefalle, Und sagen dann mit Wissenheit, Daß ich gab recht und gut Bescheid. Und da ich das von ihnen weiß, Geb ich um Narren einen Schweiß; Sie müssen hören Wahrheit alle, Ob ihnen es auch nicht gefalle. Wiewohl Terentius saget, daß Wer Wahrheit ausspricht, erntet Haß; Und wer sich lange schneuzen tut, Der wirft zuletzt von sich das Blut; Und wenn man coleram anregt, So wird die Galle oft bewegt. Darum beacht ich, was man spricht Mit Worten hinterm Rücken, nicht, Noch wenn man schmäht die gute Lehr: Ich habe solcher Narren mehr, Denen Weisheit nicht gefället wohl, Von solchen ist dies Büchlein voll. Doch bitt ich jeden, daß er mehr Ansehn wolle Vernunft und Ehr Als mich oder mein schwach Gedicht. Ich hab fürwahr ohn Mühe nicht So viele Narrn zu Hauf gebracht: Gar oft hab ich gewacht die Nacht, Die schliefen, deren ich gedacht, Oder saßen vielleicht bei Spiel und Wein, Wo sie wenig gedachten mein; Ein Teil in Schlitten fuhr umher Im Schnee, wo sie gefroren sehr; Ein Teil trieb Kindereien just; Die andern schätzten den Verlust, Der sie desselben Tags betroffen, Und welchen Gewinn sie könnten hoffen, Oder wie sie morgen wollten lügen Mit Geschwätz, verkaufen und manchen betrügen. Um diesen nachzudenken allen, Wie mir solch Art, Wort, Werk gefallen, Hab ich, kein Wunder ists, gar oft Gewacht, wann niemand es gehofft, Damit man tadle nicht mein Werk, In diesen Spiegel sollen schauen Die Menschen alle, Männer, Frauen; Die einen mit den andern ich mein': Die Männer sind nicht Narrn allein, Man findet auch Närrinnen viel, Denen ich Kopftuch, Schleier und Will Mit Narrenkappen hier bedecke. Auch Mädchen haben Narrenröcke; Sie wollen jetzt tragen offenbar, Was sonst für Männer schändlich war: Spitze Schuh' und ausgeschnittne Röcke,

1. Im Narrentanz voran ich gehe, Da ich viel Bücher um mich sehe, Die ich nicht lese und verstehe.

Von unnützen Büchern

Inhaltsverzeichnis

Daß ich im Schiffe vornan sitz, Das hat fürwahr besondern Witz; Nicht ohne Ursache ist das: Auf Bücher ich mich stets verlaß, Von Büchern hab ich großen Hort, Versteh ich selten auch ein Wort, So halt ich sie doch hoch in Ehren: Will ihnen gern die Fliegen wehren. Wo man von Künsten reden tut, Sprech ich: » Daheim hab ich sie gut!« Denn es genügt schon meinem Sinn, Wenn ich umringt von Büchern bin. Von Ptolemäus wird erzählt, Er hatte die Bücher der ganzen Welt Und hielt das für den größten Schatz, Doch manches füllte nur den Platz, Er zog daraus sich keine Lehr. Ich hab viel Bücher gleich wie er Und lese doch nur wenig drin. Zerbrechen sollt ich mir den Sinn, Und mir mit Lernen machen Last? Wer viel studiert, wird ein Phantast! Ich gleiche sonst doch einem Herrn, Kann zahlen einem, der für mich lern'! Zwar hab ich einen groben Sinn, Doch wenn ich bei Gelehrten bin, So kann ich sprechen: »Ita! – So!« Des deutschen Ordens bin ich froh, Dieweil ich wenig kann Latein.

2. Wer sich auf Macht im Rate stützt Und dem Wind folgt, der grade nützt, Der stößt die Sau zum Kessel itzt.

Von guten Räten

Inhaltsverzeichnis

Viel sind, die trachten früh und spat, Wie sie bald kommen in den Rat, Die doch vom Rechte nichts verstehn Und blindlings an den Wänden gehn. Den guten Chusi man begrub, Zum Rat man Achitophel hub. Wer richten soll und raten schlecht, Der rat und stimm allein nach Recht, Auf daß er nicht ein Zaunpfahl bleibe, Der nur die Sau zum Kessel treibe. Fürwahr, sag ich, es hat nicht Fug: Es ist mit Raten nicht genug, Womit verkürzet wird das Rechte; Das Bessere billig man bedächte Und forschte nach, was man nicht weiß. Denn wird verdreht des Rechts Geleis, So stehst du wehrlos da vor Gott, Und glaube mir, das ist kein Spott! Wenn jeder wüßt, was folgt darnach, War er im Urteil nicht so jach; Denn mit dem Maß wird jedermann Gemessen, wie er hat getan. Wie du mich richtest und ich dich, So wird Gott richten dich und mich. Ein jeder wart' in seinem Grab Des Urteils, das er selbst einst gab, Und wer damit das Recht verletzt, Dem ist auch schon die Frist gesetzt, Wo er ein kräftig Urteil find't:

3. Wer setzt die Lust in zeitlich Gut, Sucht darin Freud und guten Mut, Der ist ein Narr mit Fleisch und Blut.

Von Habsucht

Inhaltsverzeichnis

Der ist ein Narr, wer sammelt Gut Und hat nicht Freud noch frohen Mut Und weiß nicht, wem er solches spart, Wenn er zum finstern Keller fahrt. Ein größrer Narr ist, wer vertut Mit Üppigkeit und leichtem Mut Das, was ihm Gott gab als das Seine, Darin er Schaffner ist alleine, Wovon er Rechnung geben muß, Die mehr einst gilt als Hand und Fuß. Ein Narr läßt seinen Freunden viel, Die Seele er nicht versorgen will; Er fürchtet Mangel in der Zeit Und sorgt nicht für die Ewigkeit. O armer Narr, wie bist du blind: Die Räude scheust du – findst den Grind!

Ein andrer sündigem Gut nachrennt, Wofür er in der Hölle brennt: Das achten seine Erben klein, Sie helfen nicht mit einem Stein, Sie spendeten kaum ein einzig Pfund, Und läg er tief im Höllengrund. Gib, da du lebst, zu Gottes Ehr, Nach deinem Tod wird ein andrer Herr. Ein Weiser hat noch nie begehrt Nach Reichtum hier auf dieser Erd, Wohl aber, daß er selbst sich kenne:Den Weisen mehr als reich du nenne! Zuletzt geschah's, daß Crassus trank

4. Wer neue Moden bringt durchs Land, Der gibt viel Ärgernis und Schand Und hält den Narren bei der Hand.

Von neuen Moden

Inhaltsverzeichnis

Was vormals war ein schändlich Ding, Das schätzt man schlicht jetzt und gering: Sonst trug mit Ehren man den Bart, Jetzt lernen Männer Weiberart Und schmieren sich mit Affenschmalz Und lassen am entblößten Hals Viel Ring' und goldne Ketten sehn, Als sollten sie vor Lienhart stehn. Mit Schwefel und Harz pufft man das Haar Und schlägt darein dann Eierklar, Daß es im Schüsselkorb werd' kraus.Der hängt den Kopf zum Fenster 'raus,Der bleicht das Haar mit Sonn' und Feuer, Darunter sind die Läus nicht teuer. Die können es jetzt wohl aushalten, Denn alle Kleider sind voll Falten: Rock, Mantel, Hemd und Tuch dazu, Pantoffeln, Stiefel, Hosen, Schuh', Pelzkragen, Mäntel, Besatz daran: Der Juden Brauch fängt wieder an. Vor einer Mode die andre weicht, Das zeigt, wie unser Sinn ist leicht Und wandelbar zu aller Schande, Und wieviel Neuerung ist im Lande, Mit schändlich kurz geschnittnen Röcken, Die kaum den Nabel mehr bedecken! Pfui Schande deutscher Nation, Daß man entblößt, der Zucht zum Hohn, Und zeigt, was die Natur verhehlt!

5. Schon steh ich an der Grube dicht, Im Arsch das Schindermesser sticht, Doch – meine Narrheit laß ich nicht!

Von alten Narren

Inhaltsverzeichnis

»Die Narrheit läßt mich nicht sein greis; Ich bin sehr alt, doch ganz unweis, Ein böses Kind von hundert Jahren, Zeig dem die Schellen, der unerfahren, Den Kindern geb ich Regiment Und mach mir selbst ein Testament, Das wird nach meinem Tod mir leid. Mit schlechtem Beispiel und Bescheid Treib ich, was meine Jugend lernte; Daß meine Schlechtigkeit Ehre ernte, Wünsch ich und rühm mich dreist der Schande, Wie ich beschissen alle Lande Und hab gemacht viel Wasser trübe; Im Schlechten ich mich allzeit übe, Es tut mir leid, daß ichs nicht mehr Vollbringen kann so wie vorher. Doch was ich jetzt nicht mehr kann treiben, Soll meinem Heinz empfohlen bleiben; Mein Sohn wird tun, was ich gespart, Er schlägt mir nach wohl in der Art; Es stehet ihm recht stattlich an, Und lebt er, wird aus ihm ein Mann. Er sei mein Sohn, muß man einst sagen; Dem Schelme wird er Rechnung tragen Und wird in keinem Ding sich sparen Und in dem Narrenschiff auch fahren! Es soll mich noch im Grab ergötzen, Daß er mich wird so ganz ersetzen!« – Nach solchem jetzt das Alter trachtet,

6. Wer seinen Kindern übersieht Mutwillen und sie nicht erzieht, Dem selbst zuletzt viel Leid geschieht.

Von rechter Kinderlehre

Inhaltsverzeichnis

Der ist vor Narrheit wohl ganz blind, Wer nicht drauf achtet, daß sein Kind In guter Zucht man unterweist, Und sich insonderheit befleißt, Daß er sie irrgehn läßt ohn Strafe, Wie ohne Hirten gehn die Schafe; Der ihrem Übermut nicht wehrt Und sie zu strafen nicht begehrt, Dieweil er meint, sie sei'n zu jung, Es hafte nicht Erinnerung In ihrem Ohr, nicht Straf noch Lehre. –

O großer Tor, merk auf und höre: Der Jugend ist nichts zu geringe, Sie merket wohl auf alle Dinge. Der neue Topf hält vom Gericht Geschmack und Duft und läßt ihn nicht. Ein junger Zweig sich dreht und schmiegt, Doch wenn man einen alten biegt, So kracht und bricht er bald entzwei.

Gerechte Straf bringt kein Geschrei, Der Rute Zucht vertreibt ohn Schmerzen Die Narrheit aus des Kindes Herzen. Ohn Strafe selten man belehrt,Das Übel wächst, dem man nicht wehrt. Heli war brav und lebte rein, Doch straft' er nicht die Kinder sein, Drum straft' ihn Gott, daß er mit Klage Samt ihnen starb an einem Tage. Weil man der Kinder Zucht nicht will, Drum trifft man Catilinen viel. Es stände besser um manches Kind, Gäb man ihm Lehrer wohlgesinnt, Wie Phönix, den einst aufgesucht Peleus zu des Achilles Zucht. Philipp durchsuchte Griechenland, Bis er dem Sohn den Meister fand: Dem größten König in der Welt Ward Aristoteles zugesellt, Der hörte Plato manches Jahr, Dem Sokrates einst Lehrer war. Jedoch die Väter unsrer Zeit, Die gehen blind vor Geiz so weit Und nehmen solchen Lehrer schon, Der ihnen zum Narren macht den Sohn Und schickt ihn wieder heim nach Haus Halb närrischer, als er kam daraus. Drum ist zu wundern nichts daran, Wenn närrische Kinder ein Narr gewann. Der alte Crates sprach, wenn ihm Es zuständ, wollt mit lauter Stimm' Er schreien: Narren unbedacht! Aufs Gütersammeln habt ihr acht Und achtet nicht auf euer Kind, Für das ihr doch auf Reichtum sinnt. Aber euch wird zuletzt der Lohn, Wenn in den Rat soll gehn der Sohn Und dort auf Zucht und Ehren achten, Dann wird nach solchem Ding er trachten, Wie man's von Kind an ihn gelehrt; Dann wird des Vaters Leid gemehrt, Der sich verzehrt, weil er ohn Nutzen Erzogen einen Winterbutzen. Die einen gehn zu der Buben Rott' Und lästern dort und schmähen Gott; Die andern hängen sich an Säcke, Die dritten verspielen Roß und Röcke; Die vierten prassen Tag und Nacht.Das wird aus solchen Kindern gemacht, Die man nicht in der Jugend zieht, Mit einem Lehrmeister wohl versieht. Denn Anfang, Mittel, Schluß der Ehre Entspringt allein aus guter Lehre. Ein löblich Ding ist adlig sein, Doch ist es fremd und ist nicht dein: Es kommt von deinem Elternpaar; Ein köstlich Ding ist Reichtum gar, Aber er ist des Glücks Zufall, Das auf und ab tanzt wie ein Ball; Der Ruhm der Welt sich schön anläßt: Doch schwankt er und ist voll Gebrest; Ein schöner Leib steht hoch in Acht

7. Wer zwischen Stein und Stein sich legt Und viel Leut auf der Zunge trägt, Den Trübsal bald und Schaden schlägt.

Von Zwietrachtstiftern

Inhaltsverzeichnis

Gar mancher hat viel Freude dran, Daß er verwirren jedermann Und bürsten kann dies Haar auf das, Daraus dann Feindschaft wächst und Haß. Mit Afterrede und Lügen groß Gibt er gar manchem einen Stoß, Den der erst lang nachher empfindet, Wenn aus der Freundschaft Haß sich zündet; Und daß ers wohl besiegeln möge, Lugt er, wieviel er noch zulege, Und will es nur beichtweise sagen, Um nicht Verweis davonzutragen; Ja, unter der Rose – beteuert er – Es dir ans Herz geleget wär, Und meint, damit gefall er wohl. Die Welt ist solcher Zwietracht voll, Daß man einen auf der Zunge tragen Kann weiter als im Hängewagen. Wie Chore tat und Absalon, Die wünschten Anhang sich und Kron' Und holten sich nur Schimpf und Schande. Ein Alchymus in jedem Lande Die Freunde entzweit, mit Lügen umringt Und die Finger zwischen die Angeln bringt; Die werden oft geklemmt davon, Wie dem, der wollt empfangen Lohn, Dieweil er Saul erschlagen hätt, Und denen, so schlugen Isboseth. Wie der auch zwischen Mühlsteinen liegt, Der stets an Zwietracht sich vergnügt.

8. Wer nicht kann sprechen ja und nein Und pflegen Rat um groß und klein, Der trag den Schaden ganz allein.

Gutem Rat nicht folgen

Inhaltsverzeichnis

Der ist ein Narr, der weis will sein Und hält nicht Glimpf noch Maße ein, Und wenn er Weisheit pflegen will, So ist ein Gauch sein Federspiel, Viel sind mit Worten weis und klug Und ziehen doch den Narrenpflug. Das macht, weil sie zu jeder Zeit Für klug sich halten und gescheit, Und achten nicht auf fremden Rat, Bis ihnen sich das Unglück naht. Tobias stets den Sohn belehrt, Daß er an weisen Rat sich kehrt; Man riet der Hausfrau Lots wohl gut, Doch voll Verachtung war ihr Mut, Drum ward von Gott sie heimgesucht Und ward zur Säule auf der Flucht. Rehabeam nicht folgen wollte Den alten Weisen, wie er sollte; Den Narren folgt' er, da verlor Er Stämme zehn und blieb ein Tor. Hätt Nebukadnezar auf Daniel gehört, Er wäre nicht in ein Tier verkehrt; Und Makkabäus, der stärkste Mann, Der großer Taten Ruhm gewann, Hätt Jorams Rat er zu Herzen genommen, Er wäre nicht ums Leben gekommen. Wer allzeit folgt seinem eignen Haupt Und gutem Rat nicht folgt und glaubt, Der lässet Glück und Heil beiseit

9. Wer schlecht an Sitte und Gebärde Und guckt, wo er zum Narren werde, Der schleift die Kappe an der Erde.

Von schlechten Sitten

Inhaltsverzeichnis

Viel gehn in Schauben stolz daher Und werfen den Kopf bald hin, bald her, Dann hin zu Tal, dann auf zu Berg, Dann hinter sich, dann überzwerch, Bald gehn sie rasch, dann sehr gemach; Das zeigt als Zeichen und Ursach, Daß sie leichtfertig von Gemüte, Wovor man sich gar billig hüte. Wer klug nach guter Sitte späht, Dem auch sein Wesen wohl ansteht, Und was er auch beginnt und tut, Das dünket jeden Weisen gut. Die echte Weisheit fängt an mit Scham, Ist züchtig, still und friedesam, Es ist bei ihr dem Guten wohl, Drum füllt sie Gott der Gnaden voll. Viel besser hat man gute Gebärde, Denn allen Reichtum auf der Erde, Weil aus den Sitten man bald entnimmt, Wie einer im Herzen ist gestimmt. Gar mancher der Sitten wenig schont, Das macht, sie sind ihm ungewohnt, Er ist erzogen nicht dazu, Drum hat er Sitten wie eine Kuh. Die beste Zierde, der höchste Nam', Sind gute Sitten, Zucht und Scham. Noah wohl guter Sitten pflag, Doch schlug ihm Ham, sein Sohn, nicht nach. Wer einen weisen Sohn gebärt,