Das Primzahlkreuz / Das Primzahlkreuz – Band IV - Plichta Dr. Peter - E-Book

Das Primzahlkreuz / Das Primzahlkreuz – Band IV E-Book

Plichta Dr. Peter

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Beschreibung

Peter Plichta war schon in jungen Jahren der Auffassung, jeder Mensch sollte eine Ahnung haben von der ungelösten Frage, warum es uns Menschen überhaupt gibt. Nun haben Fragen nach dem Warum keinen Platz in den hochspezialisierten Wissenschaften, denn statistisch erfasste Messergebnisse beweisen eben nur genau, dass etwas so ist. Die Natur geht jedoch anders vor als die Forschung in Institutslaboren. Peter Plichta ist früh auf Lücken und Widersprüche in der gültigen Lehrmeinung gestoßen. Daher hat er sich vorgenom-men, diese nach umfassender und gründlicher Ausbildung als Privatgelehrter aufzugreifen. Seine Vorgehensweise ist streng logisch-mathematisch. Er beginnt erstmalig die Zahlen nicht linear zu untersuchen, sondern zyklisch. Dabei bemerkt er in den fortlaufenden Zahlen eine Auffälligkeit, die etwas mit der Verteilung der Primzahlen zu tun hat. Diese Entdeckung ist entscheidend und führt ihn in den strukturellen Aufbau des unendlichen Raumes und der atomaren Materie, aber auch in die Chemie des Lebens. Als wenn der Weltengeist hin und wieder einen Naturforscher im faustischen Sinne auf den Plan ruft! Denn das Schicksal von Peter Plichta ist eng verknüpft mit seiner Wahrheitssuche und der Frage nach dem Warum. Peter Plichta wurde als Zwilling geboren. Spiegelungen und Umkehrgedanken sind ihm daher vertraut und schärfen seinen Blick für die Stereometrie in der Natur. Mit Band IV setzt Peter Plichta seinen Zirkel ins Herzstück des Primzahlkreuzes. Die Wiederentdeckung der Zahlen als dritte Unendlichkeit neben Raum und Zeit. Dabei nimmt er den Leser mit und webt die neuen Inhalte dieses Buches in die Erkenntnisse der vorherigen Bände ein. Der vierte Band entschlüsselt: 1. Das mathematische Vertauschungsgesetz zwischen dem dreidimensionalen und vierdimensionalen Raum. 2. Das Geheimnis der Zahlen –1 und +2 bei Bildung und Zerfall der Materie. 3.Der verborgene Code im Pythagoreischen Vermächtnis

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Seitenzahl: 376

Veröffentlichungsjahr: 2022

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PETER PLICHTA

IV

Alleinige Verantwortung für den Inhalt:

Dr. Peter Plichta

Wissenschaftliche Mitarbeit:

Yvonne Burk

7. Buch 1. Auflage

Alle Rechte vorbehalten.

Quadropol Verlag ist ein Imprint des Verlages »Die Silberschnur« GmbH

Copyright © 2022 Verlag »Die Silberschnur« GmbH

ISBN 978-3-9802808-5-3

eISBN 978-3-9693394-5-9

Verlag »Die Silberschnur« GmbH · Steinstr. 1 · 56593 Güllesheim

www.silberschnur.de · E-Mail: [email protected]

Band IV

XENOS, das Fremde

Wir Flüchtigen;

Was sind wir,schon sind wir nichts mehr.

Pindar

INHALT DES VIERTEN BANDES

Das Siebte Buch: Das Geheimnis der Zahlen –1 und +2 bei Bildung und Zerfall der Materie.

1Die sieben Bücher der Sybille

2Anatomie eines törichten Betruges

3Der Panzergeneral, der Chemiker und Pythagoras

4Alles ist Zahl

5Yvonne und die drei Viertausender

6Solaris: Die Vermessung des Unbegreiflichen

7Liebe und Lebensgefahr

8Listenreich der Bestie entkommen

9Raum, Zeit und die Primzahl 19

10Der Krieg gegen die Materie

11Über die Dreifachheit

12Persil und Judengold

13Raumfahrt

14Das siebte Siegel

Kapitel 1

Die sieben Bücher der Sibille

Mit Einschulung in das Gymnasium bereitete mir die lateinische Sprache und ihre Grammatik große Freude. Der alte, vom Leben gezeichnete Lateinlehrer, halbblind durch eine Starbrille und Invalide mit einem Bein aus Holz, war von schrecklichem Antlitz. Er hielt neunundsechzig Schüler mit seiner brüllenden Stimme und einem immer schlagbereiten, massiven Spazierstock in Schach. Ganz selten aber zeigten sich auch milde Züge. In solchen Momenten konnte er mit laut singender Stimme Homers griechische Verse aus der Illias oder aus der Odyssee zitieren oder Begebenheiten aus der römischen Geschichte erzählen.

Eine dieser Geschichten hat mich merkwürdig beeindruckt. Sie handelte von Tarquinius Superbus, dem letzten römischen König, den Rom für immer in die Verbannung schickte, damit die republikanische Staatsform eingeführt werden konnte. Superbus heißt übersetzt übermütig, aber auch hochmütig.

Der König bekam eines Tages Besuch von der alten Hexe Sibille, die ihm sieben Bücher anbot, in denen die Weisheit dieser Welt erläutert, aber auch ihre Rätselhaftigkeit entschlüsselt dargeboten sein sollten. Allerdings war der Hochmütige über die Höhe des Kaufpreises so erbost, dass er befahl, das alte Weib auszupeitschen und aus dem Palast zu jagen. Die Alte reagierte merkwürdig. Sie begann vor dem Tor des Palastes Brennholz zu sammeln und von der Festung aus beobachtete der Herrscher, wie vier der sieben Bücher in Flammen aufgingen. Nun ließ er das alte Weib in den Palast zurückzerren. Die Alte bot ihm die restlichen Bücher wiederum zum gleichen Kaufpreis an. Erneut wurde sie fortgeschleift und ausgepeitscht. Das Spiel mit dem Feuer wiederholte sich. Diesmal verbrannte sie zwei Bücher. Erschrocken bezahlte der König in seiner Panik für das eine übriggebliebene Buch den zuvor genannten Kaufpreis für alle Bücher.

Die Geschichte des Lateinlehrers endete mit der Feststellung, dass seit diesem Geschehen sechs Siebtel des Weltwissens unwiederbringlich verloren gegangen sind. Seitdem war die Rätselhaftigkeit dieser Welt in meinem Bewusstsein.

Auch wenn ich später, bei der Beschäftigung mit der Antike, davon las, dass eine römische Sibille beziehungsweise eine griechische Sybille und die Zahl der Bücher in den Bereich der Sagen anzuordnen sind, hatte der Zusammenhang von Wissen und Zahlen begonnen zu keimen.

Einen Haken hatte die Sache allerdings. Der Schulunterricht in Algebra, der eigentlich von Zahlen handeln sollte, beschäftigte sich einzig mit Bruchrechnung und eingekleideten Textaufgaben. Nicht einmal das Wort Primzahlen fiel. In Geometrie wurde nicht das Wesen der Figuren behandelt, sondern nur etwa das Ausrechnen der Fläche eines Kreises. Die Kreisfigur galt für den Lehrer als die Erfindung von den Mathematikern, die vorher den Zirkel entdeckt hatten.

Der Religionsunterricht vermittelte damals, dass Gott die Welt in sechs Tagen erschaffen habe und am siebten Tage ruhte. Auf diese Weise hätten sich die sieben Tage einer Woche für die ganze Welt als verbindlich erwiesen. Das alte Testament erzählt aber auch von sieben Trompeten von Jericho und von sieben Todsünden oder von sieben Plagen. Das neue Testament enthält als Anhängsel die Apokalypse des Johannes. Hier entlädt sich der Zorn Gottes mit dem Bruch des siebten Siegels. Aber nicht nur die Primzahl sieben spielt eine Rolle in der Bibel, sondern auch weitere Zahlen, wie zwei, drei, vier, fünf sechs und andere.

Ich erinnere mich noch, dass sich im Schulunterricht außer mir kein Mitschüler für solche Zahlen interessiert hat. Begonnen hatte mein Interesse für Zahlen und Naturwissenschaften mit dem Abwurf von zwei Atombomben über Japan. Ich war zu diesem Zeitpunkt erst fünf Jahre und wollte unbedingt wissen, was denn das Wort „Atom“ bedeutet. Aber niemand in meiner Umgebung konnte es mir erklären. Erst als ich lesen konnte, fiel mir ein Kinderbuch aus dick gepresster Pappe in die Hände, das in farbigen Bildern technisches Grundwissen vermittelte, etwa wie die Dampfmaschine arbeitet oder warum ein Flugzeug fliegt.

Das letzte Bild zeigte einen dicken grinsenden Atomkern mit einem menschlichen Gesicht. Der Kopf bestand aus vier bunten Kugeln, den beiden Protonen und den zwei Neutronen. Um den Atomkern rasten zwei Elektronen mit Motorrädern auf verschiedenen Kreisbahnen. Die Elektronen waren kleinen Menschen ähnlich und trugen Motorradbrillen. Der Titel des Bildes lautete: „Das Heliumatom“. Unterhalb des Bildes wurde der Aufbau eines Atoms mit Atomkern und Elektronenhülle erklärt. Anhand der positiven Ladung eines Protons und der neutralen Ladung eines Neutrons wurde dem siebenjährigen Peter klar, dass die negativ geladenen Elektronen nicht in Kern fallen wollen. Und deswegen rasen sie!

Im Alter von elf Jahren begann ich mit chemischen und physikalischen Experimenten. Die auf Motorrädern rasenden Elektronen hatte ich ersetzt durch elektrisch negativ geladene, punktförmige, Teilchen. Die sausten jetzt auf einer Kreisbahn um den positiv geladenen Atomkern. Ihre Kreisbahn konnte nicht von Menschen erfunden sein, somit ist die Geometrie eines Kreises eine ewige Idee.

Während der ganzen Schulzeit, aber auch während meinen verschiedenen Universitätsstudien, wurde die Rätselhaftigkeit dieser Welt mit keinem Wort erwähnt. Die Studienräte und die Professoren nehmen sie gar nicht wahr. Der alte Lateinlehrer hatte Recht. Sechs Siebtel des Wissens dieser Welt scheinen verloren zu sein, ohne dass wir es vermissen. Dafür wird umgekehrt das übrig gebliebene eine Siebtel immer gründlicher untersucht, immer heftiger vermessen, immer mehr verschachtelt und unterrichtet.

So war die Voraussetzung geschaffen für eine Behauptung unserer Epoche: „Wir wissen schon alles“. Auf die Weise ist es den Forschern gelungen, David Hilberts hinterlassene Vision „Sciemus“ („Wir werden wissen“) zu ignorieren. Du Bois-Reymonds gar vernichtendes Urteil, „Ignorabimus“ („Wir werden nicht wissen“) stört keinen Forscher mehr, schon einfach deswegen, weil sie diese Prophezeiung schon lange nicht mehr kennen.

Neben der Rätselhaftigkeit dieser Welt spürte ich immer stärker, dass ich über eine merkwürdige Fähigkeit verfüge, zukünftige Ereignisse vor ihrem Eintritt zu sehen, zu träumen oder vorher als Ahnung zu fühlen. Verschiedene solcher vorausgesehenen Erlebnisse sind in Band I eingeflossen, so etwa die angezettelte Vergiftung meines Vaters und die bestialische Ermordung meiner ersten Frau.

Der Tod meines Vaters war für mich verknüpft mit der Möglichkeit, meinem Bruder in der Schweiz eine Anstellung in einem Kanadischen Konzern zu verschaffen. Eigenartigerweise gab sein Tod auch den Weg frei, meinen unreifen, völlig ungebildeten und verbitterten Zwillingsbruder in Deutschlands reichsten Familienclan hinein zuschieben, also die Regie für seine Einheirat zu führen.

Mehrfach konnte ich unmittelbar bevorstehende Ereignisse in der Nacht vor dem Geschehen als Farbfilm so erleben, als säße ich in einem Kino und würde mir selbst zuschauen. Diese Art filmische Vorausschau war dadurch gekennzeichnet, dass die bevorstehende Handlung von mir im Traum bis ins kleinste Detail, dreidimensional und in Farbe, wahrgenommen wurde. Genau nach diesem Drehbuch lief dann das Geschehen am nächsten Tag ab. Dabei fühlte ich mich dann so wie im Traum als Beobachter.

Da es für solche Fähigkeiten keine Erklärung gibt, außer der Möglichkeit, dass alles Geschehen auf diesem Planeten schon immer festgestanden hat und dann wie ein Film abläuft, habe ich darüber weitgehend geschwiegen. Die Sache schien mir nicht entscheidbar.

Da ich einmal damit begonnen hatte, Volkwirtschaft zu studieren, musste ich mich mit den Fächern Propädeutik, Buchführung und Statistik beschäftigen. Im Fach Statistik gibt es ein eisernes Gesetz für einen Würfel. Bei jedem Wurf beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Zahl gewürfelt wird, 1 zu 6. Jede Möglichkeit, dass der Würfel auf irgendeine Weise eine Erinnerung davon besitzt, welche Zahlen vorher gefallen sind, gilt als ausgeschlossen. Beispiel: Würfelt jemand dreimal hintereinander eine 6, beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass zum vierten mal eine 6 fällt, immer noch 1 zu 6. Es lässt sich zwar ausrechnen, wie unwahrscheinlich dieser Fall ist, aber auch das ist Statistik, die der Laie gerne mit dem Begriff Zufall verbindet.

Für mich ist die Frage nach dem Zufall mit einem Geschehen verknüpft, dass es wahrlich notwendig macht, diese Geschichte zu erzählen. Es geht um ein Erlebnis, das so unwahrscheinlich ist, dass es sich statistisch einer Untersuchung entzieht, obwohl es dabei um einen Zufall geht. Das, was sich abgespielt hat, wird nur noch überboten von dem Hinweis, dass ich es Jahre vorher als eine Form der Prophezeiung angekündigt hatte.

Die Geschichte hätte niemals stattgefunden, wenn mein Vater nicht gestorben wäre, und ich meinem Bruder nicht die Möglichkeit verschafft hätte, mit Milliardenvermögen in Berührung zu kommen.

Nach dem Tod meines Vaters verwaltete ich sein Erbe, weil das Haus in der Bruhnstrasse nicht zu Ende gebaut war. Die Zeiten von erbärmlicher Sparsamkeit und beschämendem Geiz waren vorbei. Ich wusste genau, dass es notwendig war, jetzt groß zu denken. Also buchte ich für Helga und mich im Sommer 1964 einen Billigflug in die USA. Ich besorgte Bustickets, um wochenlang über den Nordamerikanischen Kontinent zu reisen. Der US-Dollar kostete damals noch 4,20 Deutsche Mark, was die Reise unerwartet zu einer Strapaze werden ließ.

Irgendwann landeten wir ziemlich abgezehrt in San Franzisco und stopften erst einmal unsere hungrigen Mäuler mit französischem Stangenbaguette, die nicht nur mit Butter geschmiert, sondern auch mit feinstem Roastbeef oder französischem Camembert belegt waren. Plötzlich hatte sich eine Stadt in diesem riesigen Land, mit seinem Gewirr von Wolkenkratzern, glühender Hitze, seinen nicht endenden Wüsten, Müllbergen, Hamburgern und dem Kontrasten von Arm und Reich, in eine Märchenstadt verwandelt.

So in Hochstimmung begegneten wir einem BWL-Studenten, auch aus Köln, Winfried. Die Freundschaft wuchs von Tag zu Tag bis das Wort Würfel fiel. Ich hatte noch nicht ausformuliert, dass ich das Gesetz von den sechs Oberflächen eines Würfels und der damit verbundenen Statistik zwar akzeptiere, jedoch abhängig mache, von der Person, die würfelt. Da begann ein ernsthafter Streit.

Winfried stritt kategorisch jeglichen Bauplan für die Natur ab. Ich argumentierte, dass er doch gar keine Ahnung habe vom Aufbau der Materie. Die Chemie lässt sich überhaupt nur mit Zahlen und ihren Regeln verstehen. Fast alle wichtigen Gesetze der Physik setzen sich aus drei Bestandteilen zusammen, die miteinander über ein Gleichheitszeichen mathematisch in Beziehung stehen. Und für die Biologie und die damit verbundene Biochemie bleibt nur die resignative Erkenntnis, dass sich ihre hochkomplizierten chemischen Verbindungen mit Zufall überhaupt nicht erklären lassen. Winfried explodierte fast.

Winfried entpuppte sich nicht nur als überzeugter Darwinist, der jegliche Art von Planung verneint – nein, er argumentierte knallhart mit statistischen Gesetzen. Das Alter der Erde und die Umwelt mit ihren immer wieder auftretenden Verwüstungen hätten die Entstehung der Einzeller bis hin zum Homo Sapiens und seine Weiterentwicklung bis zum heutigen Menschen ermöglicht. Dadurch würde die Evolution ausschließlich auf dem Zufall basieren.

Beide Seiten bemühten sich einen heftigen Streit zu vermeiden, um die Weiterreise freundschaftlich fortzusetzen. Dann trat ein merkwürdiges Ereignis ein, das auf einer anderen Ebene unseren Streit über den Zufall weiterschüren sollte. Und zwar in einem Spielcasino in Reno, Nevada.

Wir mussten dort den Bus wechseln und nutzten die zweistündige Wartezeit für einen Casinobesuch. Innen war der vom Kunstlicht hell erleuchtete große Spielsaal völlig menschenleer. Es gab seltsamerweise nur einen einzigen Angestellten, einen Croupier, der bei unserem Näherkommen eine Roulettekugel in einen drehenden Kessel warf. Der Croupier spielte fortwährend, als wenn es um wirkliche Einsätze ging. Mir fiel auf, dass ständig rot fiel und ich sagte laut, dass wohl im nächsten Spiel endlich schwarz fallen würde. Jetzt legte ich eine Dollarmünze auf schwarz. Falls nun schwarz fiele, hätte ich einen Dollar gewonnen und mit dem Spiel aufgehört. – Nicht sehr abenteuerlich in der Spielerstadt Reno. Ich verlor.

Es fiel weiter rot und ich setzte nacheinander 2 Dollar, dann 4, 8, 16, 32, 64, 128. Inzwischen war mein Bargeld aufgebraucht, und ich zahlte mit American Express Schecks, die der Croupier in Dollarnoten umtauschte, ohne auch nur die Schecks zu prüfen. Ein Blick auf Helga und Winfried genügte. Angstschweiß! Das Abenteuer hatte sich in eine gefährliche Katastrophe verwandelt, denn es waren gerade noch so viel Dollar übrig, um $ 512.- und $ 1.024.- zu verlieren, es sei denn, endlich käme schwarz. Ich spielte ruhig weiter und ganz zum Schluss kam schwarz. Selbst der Croupier war erleichtert.

Damit hatte ich meine Einsätze wieder zurück und einen Dollar gewonnen. Was für ein Risiko für einen deutschen Studenten in den USA im Jahr 1964. Helga fragte mit entsetzter Stimme:

„Hast Du gewusst, dass Du am Ende das viele Geld zurück gewinnst?“

Ich sagte:

„Ja“.

Winfried erstarrte. Wir redeten kein Wort mehr über den Vorfall.

In Deutschland hielt die Freundschaft eine Zeitlang an und war verbunden mit Partys oder nächtlichen Diskussionen und gemeinsamer Alkoholvernichtung. Doch dann brach die Beziehung ab. Beim Abschied sprach ich eine merkwürdige Prophezeiung aus:

„Winfried, wir werden uns eines Tages wiedersehen, und wenn es auf der anderen Seite dieser Erde ist. Und dann wird sich entscheiden, ob unsere Wiederbegegnung Zufall ist oder kein Zufall sein kann, weil es geplant war.“

Ich hatte zu diesem Zeitpunkt keine Erklärung für diese Voraussage, die ich fast ein wenig zwanghaft von mir gegeben hatte. Vielleicht war ich von einem Geschehen am Chemischen Institut der Universität Köln aufgerüttelt worden.

Dort hatte ich meine Diplomprüfung in Organischer Chemie mit der Note „Summa cum laude“ abgeschlossen. Trotzdem beabsichtigte ich, meine Diplomarbeit in Anorganischer Chemie zu schreiben. Jetzt saß ich dem prüfenden Professor gegenüber.

Mit 13 Jahren war mir einmal zum Weihnachtsabend ein Buch über Organische Chemie geschenkt worden, und ich hatte sofort begonnen, die Einleitung zu lesen. Der Verfasser stellte klar, dass die Organische Chemie nur auf Kohlenwasserstoffen aufbaut und damit auf dem chemischen Element Kohlenstoff. Er hatte es aber auch für nötig gehalten, darüber zu berichten, dass ab 1916 der deutsche Professor für Anorganische Chemie Alfred Stock begonnen hatte, Siliziumwasserstoffe mit mehr als zwei Siliziumatomen (das Pendant des Kohlenstoffs) erstmalig herzustellen. Ihm gelang die Gewinnung von Trisilan mit einer Kette von drei Siliziumatomen – Si – Si – Si – und weiterhin ein Tetrasilan mit einer Kettenlänge von vier Siliziumatomen – Si – Si – Si – Si –. (Die Wasserstoffatome sind nicht gezeichnet.) All seine Bemühung, längerkettige Silane zu gewinnen – also Pentasilan oder Hexasilan oder noch höhere – war gescheitert.

Noch erstaunlicher war, dass es den Mitarbeitern nicht gelungen war, das Disilan, das Trisilan bzw. das Tetrasilan mit Halogenen zu substituieren. Gemeint ist, sie an die Kette Chlor-, Brom- oder Jodatome zu binden. Die Gründe lagen in den heftigen Explosionen.

Nachdem Stock vor der Machtergreifung Hitlers zu der Cornell Universität in den Vereinigten Staaten geflüchtet war, wurden weltweit alle Silan-Forschungsaktivitäten mangels Erfolgsaussichten eingestellt.

Ich habe schon in Band I davon berichtet, dass der 13-jährige Peter, mit gewaltigen Explosionen glücklich vertraut, damals beim Lesen etwas erfasst hatte, was er sich später als Chemiker an der Universität vornehmen würde.

Professor Fehér sprach das Unmögliche aus: „Wir sind das einzige Silaninstitut weltweit. Ahnungsvoll fragte ich:

„Haben Sie die Stoffe halogeniert?“

Die Antwort lautete:

„Nein, es hat zu heftige Explosionen gegeben.“

Meine nächste Frage folgte sofort:

„Haben Sie Höhere Silane gewonnen?“

„Nein, wir haben erstmalig größere Mengen an Disilan, abgefüllt in Stahlflaschen, gewonnen, und einiges an flüssigen Silanen mit drei und vier Siliziumatomen. Die liegen jetzt in einer Tiefkühltruhe im Institutsschlaf.“

Ich traf sofort die Entscheidung:

„Dann werde ich Ihnen erst einmal die Halogenverbindungen des Di-, Tri-, und Tetrasilans herstellen und dann jeweils in ihre Einzelbestandteile fraktionieren. Wenn mir das gelungen ist, werde ich mit neuen Ideen endlich einmal die Höheren Silane herstellen und beweisen, dass sie bei Raumtemperatur stabil sind!“

Professor Fehér fragte von solch frecher Zuversicht irritiert: „Und wie wollen Sie die Explosionsgefahr bei der Halogenisierung umgehen?“

„Indem ich die Silane mit einer Flüssigkeit stark verdünne und auf eine Temperatur von minus 80 Grad kühle. So ist nur noch dafür zu sorgen, dass auch die Halogene hochverdünnt und gekühlt eingesetzt werden.“

Professor Fehér erstarrte. An diese notwendige Bedingung hatten sowohl Stock als auch er selbst nicht gedacht.

Was Professor Fehér nicht wissen konnte war eben die einfache Tatsache, dass ich mit 13 Jahren den festen Entschluss gefasst hatte, die Silanchemie wieder zu erwecken oder besser zu revolutionieren. Nur einmal, in einer Rede als Abiturient hatte ich mein Vorhaben vor einhundertzwanzig Abiturienten angedeutet.

Jetzt wurde ich zum Leiter der weltweit einzigen Silanabteilung ernannt. In dieser Abteilung würde ich mein Vorhaben in die Tat umsetzen, chemische Silanverbindungen und natürlich langkettige Silane herzustellen.

Ich hatte Winfried von dieser Geschichte berichtet, weil sie mir wie die Verwirklichung eines übergeordneten Planes erschien. Er entgegnete wütend, dass schon ganz andere junge Forscher ihre frühen Ideen später im Leben verwirklicht hätten. Das hatte mich ungewollt beim Abschied zu der Aussage verleitet:

„Wir werden uns wiedersehen, und wenn es auf der anderen Seite dieser Welt ist“

Warum dies auf der anderen Seite der Erde stattfinden sollte, wusste ich selber nicht. Erst recht nicht, wann!

Das Abenteuer im Spielcasino von Reno hatte doch Spuren hinterlassen. Ich versuchte nach unserem Gespräch genau zu analysieren, wie und was abgelaufen war. Im Prinzip ging es damals am Rouletttisch nicht darum, welche Zahl fiel, sondern nur darum, von welcher Farbe diese Zahl war, entweder rot oder schwarz.

Hieraus lässt sich folgern, dass es zwei Sorten von fortlaufenden Zahlen gibt: die Anzahlen und die Exponenten.

Das entscheidende Kennzeichen von fortlaufenden Zahlen ist die Primzahlverteilung. Diese wird dem Zufall zugeordnet, da der Sechsertakt der Primzahlen und die damit verbundene Abnahme der Primzahlen unbekannt sind. Auf diese Weise wird etwa ein Satz von Wilson als eine menschliche Beobachtung angesehen, die von Mathematikern bewiesen worden ist. Den ersten Beweis lieferte Leibnitz, er blieb aber unbekannt. Seinen Nachfolgern gelang eine Reihe von Beweisen bis hin zu Gauß.

Niemanden kam der Verdacht, dass für die Beobachtung

(p – 1)! +1 0 mod p

ein notwendiger Grund existieren muss. Mathematikern reicht einfach der Beweis. Die Gründe für den Satz von Wilson liegen in der Geometrie des Primzahlkreuzes. Es baut auf der Zahl

auf. Folglich müssen sämtliche größeren Fakultäten immer oberhalb von 4 Fakultät stehen. Aus diesem einfachen Grund lässt sich zeigen, warum es den Satz von Wilson gibt. (Bd. III 5. Buch, S. 101 – 106). Ich zeigte damals meine Entdeckung mehreren Mathematikern und damit die Gründe für den Satz von Wilson. Ihre Reaktion äußerte sich in völligem Unbegreifen und gipfelte in der Behauptung: „Aber der Satz von Wilson ist doch bewiesen.“

Ich möchte ein weiteres Beispiel bringen für das Fehlen von Warumfragen. Warum sind die einzelnen chemischen Elemente nicht einfach alle Reinisotope mit nur einer Ordnungszahl und mit einer Neutronenanzahl? Da die Zahl der verschiedenen Isotope eines Elementes sich einfach als Anzahl von schwarzen Strichen auf Fotoplatten ablesen ließ, erledigte die Beantwortung dieser Frage die Erfindung des Massenspektrographen. Würde einem Studenten oder einem Professor der Kernchemie bzw. der Kernphysik die Frage gestellt, warum etwa das Zinn zehn Isotope besitzt, könnte er diese die Frage nicht verstehen. Seine Antwort würde lauten: „Weil man es auf der Nuklidkarte nachlesen kann. (Sagte der Clown.)

Was fordert das Fehlen eines Verdachtes? Dass eben keine Suche stattfindet!

Zu dem Zeitpunkt, als ich Winfried viele Jahre später noch einmal wiedertraf, existierte in mir nur der Verdacht, dass es zwei Welten geben muss, die der Anzahlen und die der Exponenten. Die Idee, die Existenz dieses Planeten und des unendlichen Weltalls auf einem Bauplan aus Zahlen zu begründen, würde den Zufall ausschließen.

Es musste etwas stattfinden, um den bedingungslosen Glauben zu erlangen, dass hinter der Welt ein Plan und hinter den Abläufen des Lebens eine Planung steht.

1971 war ich der Vernichtungskunst des Industriellen Dr. Konrad Henkel sowie den drei Mitgliedern der Universität Köln, dem Rektor und den beiden Institutsdirektoren der Anorganischen Chemie entkommen. Ab Oktober desselben Jahres hatte ich eine sichere Position bei der Wella AG Darmstadt gefunden. Diese Geschichte ist mit einem Auto verbunden.

Mein erstes Einstellungsgespräch sollte an einem Nachmittag stattfinden. Am Vormittag hatte bereits ein anderes Vorstellungsgespräch bei der Firma Procter & Gamble in Worms stattgefunden. Das Unternehmen hatte in einer Zeitungsanzeige einen jüngeren Chemiker gesucht. Das war auffallend, weil ein derartig chemischer Gigant einen einzelnen, talentierten Chemiker nicht über eine Anzeige sucht, sondern über Beziehungen.

Aus einem Gefühl heraus informierte ich meinen Zwillingsbruder von der Tatsache, dass ein sehr hoher Mitarbeiter mich zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch eingeladen hatte. Wahrscheinlich hatte es diesem gefallen, dass ich außer dem Studium der Chemie auch Kernchemie und Jura studiert hatte.

Indem ich Paul begeistert von dieser ausgeschriebenen Stelle erzählte, fand genau das statt, was ich erwartet hatte. Meine Schwägerin Christa rief mich mit zuckersüßer Stimme an, dass es wichtig sei, ausgeruht zu diesem Besuch zu erscheinen. Dazu sei es notwendig, dass ich die Strecke Düsseldorf Worms nicht zu lange in einem Auto verbringe. Ich sollte ein sehr schnelles Auto nehmen. Sie bot mir ihren gelben Porsche Targa an, und um das Ausmaß ihres Mitgefühls für diesen so wichtigen Besuch zu betonen, versprach sie, mir das Auto persönlich vorbeizubringen.

Am Abend stand dann dieser auffällige Wagen, den ich bis dahin noch nie hatte fahren dürfen, vollgetankt vor der Haustür. Schlüssel und Wagenpapiere waren abgegeben worden. Mit einem Wagen dieser Art zu einem Vorstellungsgespräch bei Procter & Gamble zu erscheinen, kann nur mit Selbstmord verglichen werden. Die Tür der Falle stand weit offen.

Der Besuch bei einem Direktor von Procter & Gamble stellte eine kleine Sensation dar. Nach kurzer Unterhaltung teilte mir dieser mit, dass er schon lange auf einen Chemiker mit umfassenden Kenntnissen, Phantasie und glänzenden Manieren gewartet habe. Er brauche mich, um in der europäischen Zentrale in Brüssel Fuß zu fassen. Ich wurde aufgefordert, sofort die englische und französische Sprache fließend sprechen zu lernen. Kurz und gut – mir stünde die Welt offen – weil er mich persönlich fördern würde. Mir war klar, wenn Dr. Henkel von der Erfüllung meines Traumes erführe, würde er sicher toben!

Plötzlich wurde die Türe des großen Saales mit seiner ehrwürdigen Ausstattung ohne Anklopfen aufgerissen. Zwei Männer des Werkschutzes stürzten hinein, der eine bewachte die Tür, der andere begann dem Direktor eine längere Mitteilung ins Ohr zu flüstern. Plötzlich sprang dieser auf und brüllte mich an, ob mir der gelbe Porsche mit dem Kennzeichen D-CP … gehöre. Ich erwiderte nein, der Wagen gehöre meiner Schwägerin Christa Plichta. Er brüllte weiter, sie sei „eine Henkel“ und ich sei ein Spion, der versuche bis in die Europäische Zentrale dieses Amerikanischen Konzerns vorzudringen.

Ich hielt es für aussichtslos, jetzt auch nur irgendwelche Klarstellungen vorzubringen und ließ mich von den Werkschutzbeamten abführen bis zu Christas Porsche. Dabei blieb ich innerlich ganz ruhig, weil ich noch einen weitern Vorstellungstermin an diesem Tage in Darmstadt hatte.

Diesmal parkte ich Christas Auto schön versteckt, irgendwo hinter dem Bahnhof. Dann ging ich zu einem Taxistand. Von meinem Besuch bei der Wella AG hatte ich meinem Bruder nichts erzählt. Ich wusste, dass ich diesen Konzern brauchte. Ansonsten würde ich niemals mehr in einem chemischen Konzern eine Anstellung erhalten. Ich erhielt den Posten bei der Wella und machte dann schnell Karriere.

Nachdem meine Position gefestigt war, konnte ich erst einmal durchatmen und wieder zu dem Gedanken zurückfinden, wie ich es anstellen kann, theoretischer Naturwissenschaftler zu werden. Groß denken war wieder angesagt, und ich plante diesmal eine Weltreise. Ich würde die Reise alleine durchführen, weil ich mich nicht an die Schulferien meiner Frau binden und auch nicht durch meine noch kleine Tochter eingeschränkt werden wollte. Noch hatte ich nicht die geringste Ahnung, wie ich denn überhaupt später ohne die Einkünfte eines Angestellten leben wollte. Theoretische Physik zu studieren, kam nicht in Frage. Man darf ein Fach nicht studieren, dessen Inhalte schon in den siebziger Jahren in einer Sackgasse gelandet waren.

Noch war ich nicht zu der Idee vorgedrungen, die mir noch fehlenden Fächer Biochemie und Pharmazeutische Chemie zu studieren, um wenigstens das Fach Chemie umfassend zu beherrschen. Ich versprach mir von dieser Reise Distanz zum Berufsalltag und meinem Zuhause zu gewinnen und zu einer Entscheidung zu finden, wie ich vorgehen wollte.

Mir schwebte der Beruf eines Privatgelehrten vor, wusste jedoch nicht, wie dieses Vorhaben denn finanziert werden sollte. Mein Bruder würde mich nicht unterstützen. Seine Frau hasste mich ganz einfach, weil Onkel Konrad das wünschte. Sie war sehr ehrgeizig und hatte mit Sicherheit vor, die Nachfolge der Mutter im Familienrat des Henkel-Konzerns zu übernehmen. Wie sie dabei ihre älteren Geschwister ausschalten wollte, war mir nicht klar.

Die Reise erfolgte im Frühsommer 1973. Alles war glatt gelaufen, und irgendwann landete ich auch in Bangkok, Thailand. An einem Vormittag verließ ich das Hotel und bewegte mich in Richtung des Ozeans. Auf einer belebten Straße direkt am Meer vermietete ein Händler japanische Motorräder mit 250 Kubikzentimeter Brennkammervolumen. Ich suchte mir eins aus und fuhr ohne Motorradhelm immer der Küste entlang. Dabei kam ich durch ein kleines Küstendorf an einem Hafen vorbei, in dem ein hochseetaugliches Passagierschiff lag. Eine große Menge weiß gekleideter Einheimischer hatten sich in einer Schlange aufgestellt, um über ein hölzernes Fallreep zum Schiff hochzusteigen. Nach einer kurzen Befragung einiger Personen, die ein paar Worte Englisch sprachen, erfuhr ich, dass dieses Schiff eine Insel ansteuern sollte, die bei den einheimischen Thailändern sehr beliebt war. Ich stellte das Motorrad ab und reihte mich in die Schlange ein.

Nach über einer Stunde Fahrt erreichten wir die Insel, die wohl keinen Hafen besaß. Aus diesem Grund ankerte das Schiff weit vor der Küste, und schon näherte sich eine kleine Flotte von Ruderbooten, die Passagiere abzuholen.

Um von dem hohen Schiff hinunter zu den Ruderbooten zu gelangen, setzte die Besatzung Seilwinden ein, an denen immer zwei Seile mit einem Holzbrett verbunden waren. Männlein und Weiblein setzen sich unter viel Geschnatter auf die Bretter und wurden zu den Ruderbooten hinunter gelassen. Alles ging sehr schnell, bis auch der letzte Passagier verschwand, und ich nur noch alleine zurückblieb. Schon war auch die Mannschaft verschwunden. In weiter Entfernung umrundeten die Ruderboote die Inseln, von der nur der weit entfernte Strand und die Palmen zu erkennen waren. Wälder aus Palmen, das sah wie von Menschenhand angelegt aus. Plötzlich packte mich das Verlangen, jetzt nicht stundenlang bis zum Abend auf einem Schiff auszuharren, dessen ganze Besatzung sich zum Schlafen zurückgezogen hatte. Und da war noch etwas, was mich immer mehr packte. Es war, als ob von der Insel ein Ruf das Schiff erreicht hätte:

„Komm zu mir!“

Gleichzeitig hatte die Vernunft auch damit begonnen, auf mich einzureden, wie schön denn ein Sonnenbad auf den Bootsplanken in Verbindung mit einer Süßwasserbrause wäre.

Ich suchte die Kapitänskajüte auf und bat den Mann, der das Sagen auf dem Motorschiff hatte, mit zur Reling runterzukommen. Dort zog ich mich vor seinen Augen bis auf eine Shorts aus und legte die Kleidung auf die Erde. Jetzt überreichte ich ihm meinen Reisepass, die Schlüssel, eine größere Menge Bargeld und die Brieftasche und gefüllt mit wichtigen Papieren.

Ich erklärte dem verblüfften Kapitän, dass ich beabsichtige, mit einem Kopfsprung das Schiff zu verlassen. Dabei nahm ich die Brille ab, verstaute sie in meiner Shorts und sagte dem thailändischen Seemann, dass ich vorhätte, den Strand der Insel schwimmend zu erreichen. Von dort wolle ich dann zu Fuß am Strand entlang in die Richtung laufen, wohin die Boote verschwunden seien, um dann mit den Passagieren auf den Ruderbooten wieder zurückzukommen.

Gegen jede Vernunft kletterte ich über die Reling und sprang aus etwa 5 Meter Höhe mit einem Kopfsprung in die blaue See.

Ich war nie ein guter und ausdauernder Schwimmer gewesen, und so überkam mich nach etwa 20 Minuten langsam eine Erschöpfung. Als ich zurück schaute, sah ich die kurze Distanz zum Schiff und die weite Entfernung zum Ufer. Ich überlegte, ob es nicht besser sei, zum Schiff zurückzuschwimmen und dann setzte schlagartig Panik ein. Ich könnte zwar zum Schiff zurückschwimmen, aber dort würde keiner mein Rufen hören. Da war niemand, der mich mit der Winde hochziehen würde, denn inzwischen schliefen alle fest. Da blieb nur eins, weiterschwimmen!

Nachdem ich die Hälfte der Strecke zum Ufer zurückgelegt hatte verlor ich immer mehr an Kraft und war jetzt in Lebensgefahr. Das Wasser unter mir konnte nicht tief sein. Vielleicht half es, sich auf den Rücken zu legen, in der Hoffnung, dass die Dünung mich zum Ufer treibt. Ich kämpfte und musste irgendwann die Besinnung verloren haben. Ich weiß nicht mehr, wie ich an Land gekommen bin. Irgendwann kam das Bewusstsein wieder zurück, weil ich eine menschliche Stimme hörte. Ich spürte den Sand unter meinem Bauch und die brennende Tropensonne auf dem Rücken.

Jemand stand neben mir und rief:

„Er lebt noch!“

Benommen drehte ich mich um und blickte in das erstaunte Gesicht meines Freundes Winfried.

„Peter, wie kommst Du um Gotteswillen hierher?“

„Ich komme vom Schiff dort draußen. Die Passagiere sind von Ruderbooten abgeholt worden. Plötzlich wollte ich auch hierhin.“

„Machst Du in Thailand Urlaub?“

„Nein, ich bin nur auf der Durchreise und habe mir heute Morgen ein Motorrad gemietet.“

„Bist Du an den Strand geschwommen?“

„Ja, aber die Entfernung war zu weit, ich muss irgendwie ohnmächtig geworden sein. Erst von Deiner Stimme bin ich wieder aufgewacht.“

Ich erfahre, dass Dr. rer. pol. Winfried Reske mit seiner Frau auf der Insel seinen Urlaub verbringt und ausgerechnet an diesem Tag den Wunsch hatte, die einsamen Strände dort in mehreren Stunden abzuwandern. (Später erfahre ich, dass seine Begleiterin eben nicht seine Ehefrau war.)

Jetzt begreife ich, dass sich meine Prophezeiung erfüllt hat. Wir befinden uns auf der anderen Seite der Erde. Das Jahr, der Monat, der Tag, die Stunde haben mit Zufall nichts zu tun.

„Winfried, ich habe Dir gesagt, dass wir uns noch einmal wiedersehen. Irgendwann auf der anderen Seite der Erde. Genau das hat gerade stattgefunden.“

Jetzt sehe ich so etwas wie Hass in den Augen meines Freundes glimmen. Er war gar nicht mein Freund. Er war wie ein böser Geist.

Kapitel 2

Anatomie eines törichten Betruges

Welche Klagen erheben die Sterblichen wider die Götter!Nur von uns, wie sie schreien, kommt alles Übel; und dennochSchaffen die Toren sich selbst, dem Schicksal entgegen, ihr Elend.

Odyssee, I. Gesang, Homer

Bei der Lektüre „Bildung – Alles, was man wissen muss“ von Dietrich Schwanitz war ich beim Lesen seines Werkes beeindruckt, wie geschickt Schwanitz sein enormes Bildungspotential auf knapp 700 Seiten so darlegt, wie es eben unsere Lehrer an Gymnasien/ Hochschulen und die Lehrbücher in ihrer Humorlosigkeit gar nicht vermögen. Obwohl der Autor die Fächer Mathematik, Chemie, Physik und Biologie eindeutig nicht dem Wissen, das die Bildung ausmacht, zuordnet, sondern den Wissenschaften, stutze ich bei folgender Formulierung:

„Es gehört zu den unerklärlichen Wundern der Welt, dass sich die Natur in der Sprache der reinen Mathematik ausdrückt. (…). Sie ist das Gegenteil der Natur, nämlich reiner Geist. Und doch tut die Natur so, als ob sie alle Gesetze der Mathematik beherrsche und sich nach ihr richte.“

Professor Schwanitz stellt eine Behauptung auf, die erkennen lässt, in welchem Ausmaß unsere Bildung nur eine Kostümierung unseres Unwissens ist: „Und doch tut die Natur so, als ob sie …“.

Das verrät in meinen Augen die reine Ahnungslosigkeit. Im Folgenden geht Schwanitz auf die Evolutionstheorie von Charles Darwin ein. Er schildert Darwins Idee von einem Prozess, der ohne Plan auskam, weil er sich selbst steuerte.

„Die Idee eines sinnvollen Weltplans und eines Ziels der Naturgeschichte erwies sich als überflüssig.“

Hier liegt der Widerspruch klar auf der Hand. Wenn sich die Natur in der Sprache der reinen Mathematik ausdrückt, kann sie das nur, weil sie von reinem, mathematischem Geist beseelt ist. Dann wäre die Mathematik keine Erfindung der Mathematiker, sondern ein planender Geist.

Das Genie Darwins liegt eben nicht in der Ablehnung eines Planes oder Planers, sondern in Wirklichkeit in seinem Mut und Weitblick. Er war von Beruf Theologe und räumte auf mit den frommen Legenden, oder anders ausgedrückt, mit den dreisten Lügen des alten Testamentes. Dies hat im 20. Jahrhundert endlich dazu geführt, dass auch die Althistoriker zum alten Testament Stellung bezogen haben. So hat etwa das Volk Israel niemals im Reich der Pharaonen (in Ägypten) unter Zwang leben müssen. Damit sind die Bücher Moses, eine Säule des jüdischen Glaubens, aber auch der christlichen Religionen, im Reich der Märchen und Sagen anzusiedeln.

Darwins Leugnen eines „sinnvollen Weltplanes“ erwies sich für die Wissenschaftler des 20. Jahrhundert als eine Katastrophe. Das soll hier in ausführlicher Form aufgedeckt werden.

Mit der Entdeckung der Elektronen- und Protonenstrahlen durch die Physiker vor 1900 und der Gewinnung von Verbindungen der radioaktiven chemischen Elemente Radium und Polonium kurz nach Beginn des 20. Jahrhunderts, waren die α-Strahlen als ionisiertes Helium und die β-Strahlen als Elektronen identifiziert worden. Mit dem Atommodell von Nils Bohr begann die Entwicklung der Quantenmechanik und ihrer Zahlengesetze (Quantenzahlen). Hiermit war ein deutlicher Hinweis entdeckt, dass die Natur „die Gesetze der Mathematik“ verkörpert. Damit war für mich der Weg frei für die Suche nach dem Bauplan der Natur in der Zahlentheorie, die C. F. Gauß als die Königin der Wissenschaften bezeichnet hat.

Um den Gedanken an einen Bauplan kollektiv zu verwerfen, wurde die Behauptung aufgestellt, dass der Mensch die Quantengesetze erfunden, und die Natur diese Gesetzmäßigkeit nur zu erfüllen habe. Mit anderen Worten: Die Natur besitzt kein Selbstbewusstsein.

Die Kenntnis vom Bau der Atome beruhte lediglich auf dem Wissen, dass die Atomkerne irgendwie aus einer bestimmten Menge von Protonen bestehen. Da ihre Anzahl aber nicht identisch war mit dem Atomgewicht, blieb der zahlenmäßige Atomaufbau letztlich ein Rätsel. Ein Beispiel: Phosphor hat die Ordnungszahl 15 und das Atomgewicht beträgt aufgerundet 31. Da zwischen 15 und 31 die Differenz 16 liegt, schlug Rutherford vor, dass in dem Atomkern eben noch 16 weitere Kernbausteine existieren müssten. Diese sollten allerdings nicht über eine elektrische Ladung „plus“ oder „minus“ verfügen, sondern über die merkwürdige und bisher unbekannte Ladung „null“. Obwohl Ernest Rutherford schon damals zu den größten Physikern gerechnet wurde, erklärten seine Kollegen ihn dafür verrückt.

Nach dem neuen Atomteilchen wurde erst gar nicht gesucht, weil man eine Ladung null eben nicht messen kann. Wie so oft half ein merkwürdiger Zufall weiter. Ein namentlich Unbekannter betrat ein physikalisches Labor mit einer Metallplatte aus dem seltenen Element Beryllium und ließ sie auf einem Labortisch stehen. In unmittelbarer Nähe befand sich zufällig eine stark radioaktive Quelle von Alphastrahlen. Kurze Zeit später war das gesamte Labor radioaktiv verseucht. Da die Alphastrahlen wegen ihrer kurzen Reichweite nicht für diesen Missstand in Frage kamen, begann das große Rätselraten.

Es brauchte eine längere Zeit bis ein Mitarbeiter von Rutherford, James Chadwick, eine famose Erklärung fand. Die Alphateilchen mit der Ordnungszahl 2 und dem Atomgewicht 4 mussten in das Element Beryllium mit der Ordnungszahl 4 und dem Atomgewicht 9 eingedrungen sein und dabei das Beryllium in das Element Kohlenstoff mit der Ordnungszahl 6 verwandelt haben. Das entstandene Kohlenstoffisotop hatte allerdings nicht die Masse 13, sondern die Masse 12. Gleichzeitig musste schlicht ein Wunder geschehen sein, denn die Massendifferenz von 1 beruhte auf der Abgabe eines bis dahin unbekannten Kernbausteins mit der Ladung null. Nun stand fest, dass Atomkerne aus positiv geladenen Protonen und neutralen Neutronen bestehen, während die Elektronen der Hülle elektrisch negativ geladen sind. Zwar wurde hier das Gesetz der Dreifachheit erst gar nicht zur Kenntnis genommen, doch war man einen Schritt weiter gekommen: Die Atome sind auf den Ladungszahlen +1 und –1 und 0 aufgebaut.

Auch wenn es nicht die geringste Erklärung für diese merkwürdige Umwandlung gab, so war doch allen klar, dass sich das Geschehen in eine Neutronenquelle verwandeln ließ. Man brauchte nur Berylliumpulver mit ein wenig Poloniumsalz als Alphastrahler zu mischen, und schon ließen sich die dabei endstehenden Neutronen dazu benutzen, andere chemische Elemente zu beschießen. Schon 1939 gelang Otto Hahn mit gebremsten Neutronen die Spaltung des Uranisotops 235, das in geringem Maß im Mutterelement Uran 238 vorkommt. Jetzt lockte endlich die Atombombe.

Mit der endgültigen Entschlüsselung der vier radioaktiven Zerfallsreihen in den 50er Jahren war die Frage aufgetaucht, warum eigentlich nach den stabilen Elementen Blei und Bismut mit der Ordnungszahlen 82 und 83 schlagartig die Radioaktivität einsetzt. Mit dem von Marie Curie entdeckten Element Polonium mit der Ordnungszahl 84 ist das erste natürliche, radioaktive Element ein sehr heftiger Alphastrahler.

Da man nicht das Geringste wusste, warum oberhalb von Bismut die natürliche Radioaktivität beginnt, wurde eine Lüge erfunden. Man behauptete stolz, dass oberhalb des Elementes 83 die Massenzahlen so hoch ansteigen würden, dass eben die Atomkerne mit Gewalt gezwungen seien, sich über Abgabe von Alpha- und Betateilchen in die Stabilität zu retten. Das war natürlich kein Beweis, sondern nur eine Theorie, mit der sich unter beamteten Forschern herrlich lebt. Da man wusste, dass Lügen kurze Beine haben, musste ein neues Modell her.

Gibt es einen tieferen Grund, warum die Ordnungszahlen 82 und 83 so hartnäckig stabil sind? Aber vielleicht waren sie ja doch gar nicht so stabil, wie man vermutete, sondern schon ein ganz wenig instabil. Also wurden gewaltige Mengen von chemisch reinem Blei oder Bismut mit immer verfeinerten Geigerzählrohren vermessen in der Hoffnung, vielleicht Spuren von radioaktivem Zerfall zu finden. Die Sache ging schief. Eine List musste her, um zu erklären, was denn das Element Blei mit seinen drei Isotopen und das Element Bismut, ein Reinisotop, so hartnäckig stabil machen.

Die französische Kernchemikerin Dr. Maria Goeppert-Mayer und der deutsche Professor J. H. D. Jensen tasteten sich durch die Nuklidkarte von dem eigenartigen Gedanken erfüllt, dass Elemente mit bestimmten Protonen- oder Neutronenzahlen stabiler seien als deren jeweils benachbarte Kerne. Der Gedanke basierte auf dem beharrlichen Glauben, dass die Atomkerne, genau wie die Elektronenhüllen, irgendwie auch einen Schalenaufbau besitzen müssten. Ähnlich wie die Edelgaskonfiguration den Schalenaufbau durch Quantenzahlen bestimmt, sollten bestimmte Protonen- und Neutronenanzahlen manchen Kernen eine besondere Stabilität verleihen. So kam es zu der seltsamen Überzeugung, dass der Heliumkern mit der Protonenzahl 2 und der Neutronenzahl 2 deswegen besonders stabil sei, weil die Zahl 2 als magisch zu bezeichnen wäre. Auch die Ordnungs- und Neutronenzahl zahl 8 des Sauerstoffisotops mit dem Atomgewicht 16 waren plötzlich magisch. Da bei dem Element Calcium mit der Ordnungszahl 20 und seiner Elektronenkonfiguration 2, 8, 8, 2 zweimal die Hauptquantenzahlen 2 und 8 auftreten, und diese beiden Zahlen ja schon als magisch identifiziert waren, war so die dritte magische Zahl 20 mit einer magischen Beweisführung entdeckt. Ähnlicher Unfug führte zu der magischen Zahl 28.

Für das Element 50 musste eine andere Beobachtung herhalten. Zinn hat mit seinen 10 Isotopen die „wundervolle“ Eigenschaft, dass es das einzige Element mit 10 Isotopen ist.

Ich habe schon an anderer Stelle den Begriff der Isotopenzahlen mit der Anzahl der Kinder einer Familie verglichen. Existiert nur ein Nachkömmling, wird dieses Einzelkind genannt, analog zu dem Begriff des Reinisotopes. Aus diesem Vergleich lässt sich auch der Begriff Doppelisotop ableiten (z.B. Peter und Paul). Während in einer Familie die Anzahl der Kinder durchaus die Anzahl 10 übersteigen kann, ist mit dem Element 50 die höchste Isotopenanzahl 10 erreicht. Dies im Physik- und Chemieunterreicht so zu erklären, dass es die Schüler verstehen, ist den Lehrern nicht möglich. Vielleicht würde die Erklärung helfen, dass die Isotopie über familienähnliche Eigenschaften verfügt, die aber nichts mit dem Besuch von Klapperstörchen zu tun haben.

Die 4 · (1+19) stabilen chemischen Elemente unterteilen sich in Rein- oder Doppelisotope mit ungeraden Ordnungszahlen und in Mehrfachisotope (Isotopenanzahl 3 bis 10) mit geraden Ordnungszahlen (Bd. I Kap. 32 Tab. 3).

Unsere Hände besitzen zwei Daumen und acht Finger. Das gilt für die Evolutionstheoretiker und für die Mathematiker als Zufall. Letztere betonen immer wieder, dass man ja in jedem Stellenwertsystem rechnen könne. Nur müsste dann die Existenz von genau 10 Sorten Isotopen ebenfalls als Zufall eingestuft werden. Und da liegt der Widerspruch. Es lässt sich nämlich aus der Nuklidkarte leicht beweisen, dass die Zehnfachheit der Isotope ein ewiges Gesetz darstellt.

Stattdessen wurden die zehn Isotope des Elementes Zinn mit der Ordnungszahl 50 als Zufall eingestuft und die Zahl 50 als magisch bezeichnet. Übrig bleiben die beiden letzten Zahlen 82 und 126.

Das Element 82Blei besitzt 3 Isotope mit den Massezahlen 206, 207, 208. Das 83Bismut ist ein Reinisotop mit der Masse 209.

Das Bleiisotop 208 verfügt über 82 Protonen und 126 Neutronen. Diese beiden Zahlen wurden kurzerhand ebenfalls als magisch erklärt. Nunmehr ließ sich auch dem 83Bismut mit seinen 126 Neutronen eine magische Zahl zuordnen. Es wurde behauptet, dass Blei doppeltmagisch und Bismut einfach magisch sei. Damit war eine Erklärungsbehauptung gefunden, dass die beiden letzten stabilen Elemente nicht doch mindestens ein wenig radioaktiv sein dürfen.

Diese Eulenspiegelei wurde mit der Verleihung von zwei Nobelpreisen abgesegnet. Mein Lehrer im Fach Kernchemie, Professor Herr, der wie schon erwähnt vor langer Zeit Assistent bei Otto Hahn war, hat diese Art der Beweisführung mit Verachtung in der Stimme in seinen Vorlesungen vorgetragen.

Ich bin immer von der Voraussetzung ausgegangen, dass die Theorie der magischen Zahlen irgendwann in Vergessenheit geraten würde. Ich habe die Sache falsch eingeschätzt, oder besser gesagt, ich habe den Irrsinn unterschätzt.

Die Frage, warum nach dem Bismut schlagartig die Radioaktivität einsetzt, war ja immer noch offen und ungelöst. Deswegen hätten bestimmte Forscher es lieber gesehen, wenn mit neuartigen Messinstrumenten das letzte stabile Element Bismut – wie eine „magische Brücke“ zu den natürlich radioaktiven Elementen – als eben doch ein ganz wenig radioaktiv vermessen worden wäre.

Im Internet tauchten Berichte auf, dass es im Universum nur 81 stabile Elemente gäbe, weil die zwei Elemente mit den Ordnungszahlen 43 und 61 von der bisherigen Anzahl 83 der stabilen Elemente abgezogen werden müssten.

2006 erschien die 7. Auflage der Karlsruher Nuklidkarte. Ich erfuhr, dass von nun an das Element Bismut als Alphastrahler bezeichnet wird mit einer Halbwertzeit von 1019 Jahren. Diese Zahl hat 19 Nullen und lässt sich kaum noch gedanklich einordnen, denn das Weltall soll ein Alter von 14 Milliarden Jahren haben. Eine Milliarde hat eben nur neun Nullen. Da eine derart lange Halbwertzeit mit mir bekannten Messapparaturen nur nachgewiesen werden kann, wenn Alphateilchen aus dem Bismut herausschießen, habe ich nur gelacht.

Die Kernchemie war 2006 schon ungefähr 100 Jahre alt. Nie war beim Element Bismut auch nur die Spur einer Radioaktivität nachgewiesen worden. Im Gegenteil, es wurde ja dem Bismut sogar mit seiner Neutronenzahl 126 eine magische Erklärung für seine Stabilität angedichtet.

Dem Blei haben sie gleich zwei magische Zahlen zugeordnet, denn schließlich kann man sich vor radioaktiver Strahlung nur mit einem Bleimantel oder Bleiblöcken schützen. Ihre einzige Chance war das Bismut. Es besteht aus nur einem Isotop. Wenn dieses Isotop auch nur ein wenig radioaktiv wäre, müsste es ein Alphastrahler sein. Die Ordnungszahl 83 würde auf 81 sinken und die Massenzahl von 209 auf 205 fallen. Dabei entstände ein Isotop des Elementes 81Thallium mit der Massezahl 205. Dieses müsste sich in den Lagerstätten der Bismut-Erze befinden. Da aber noch nie ein derartiger radioaktiver Zerfall beobachtet wurde, war ich dann doch verblüfft, dass im Internet immer häufiger die Anzahl der stabilen Elemente nun von 81 auf 80 reduziert zu lesen war. Was war passiert?

Im Jahr 2003 hatten Stefan Queckbörner und ich damit angefangen, das 6. Buch zu schreiben. Just in diesen Zeitraum fiel eine Veröffentlichung einer Forschergruppe um den Physiker Pierre de Marcillac vom Institut d’Astrophysique Spatiale der Universität Paris. In der wissenschaftlich angesehensten Zeitschrift Nature ließ sich nachlesen, dass erstmalig der radioaktive Zerfall von Bismut Bi 209 beobachtet worden war. Darüber berichteten alle überregionalen Tageszeitungen, Wochenmagazine und Fachzeitschriften. Gottseidank war ich mit dem Schreiben am Band III so eingespannt, dass ich von der allgemeinen Hysterie überhaupt nichts mitbekommen hatte. Erst nach Erscheinen der 7. Auflage der Karlsruher Nuklidkarte, als das 6. Buch längst gedruckt war, erhielt ich Kenntnis davon. Später konnte man dann dem Internet entnehmen, dass mit einem Wärmemessgerät Alphateilchen vermessen worden waren, obwohl man nach diesen gar nicht gesucht hatte.

Astrophysiker hatten tief unter den Pyrenäen mit einer im Facettenstil geschliffenen gläsernen Kugel nach dunkler Materie im Weltall gesucht. Allerdings war das Material dieser Kugel kein echtes Glas, sondern ein durchsichtiges Germanium-Bismut-Mischoxid mit der Formel Ge3Bi4O12, das als Wärmemessinstrument diente.