Das Projekt Hannibal - Eduard Breimann - E-Book

Das Projekt Hannibal E-Book

Eduard Breimann

4,7

Beschreibung

Die auch heute noch, nach zwanzig Jahren, als ungeheuerlich diskutierten Vorgänge um den Tod des Schleswig-Holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel, finden in diesem Thriller eine spannende und glaubwürdige Erklärung. Eingebettet in romanhafte Fiktion, liefert Eduard Breimann für den Mord an Uwe Barschel, auf der Basis von Fakten und sorgfältiger Recherchen, ein logisches Konstrukt für das damalige, komplexe Geschehen. Der Autor hat – unter Verwendung von Fakten – die Entwicklung des Komplotts, die Tatumstände und Motive wie auch den Tathergang romanhaft beschrieben. Es ist ihm gelungen, Motiv und Tat dramatisch zu verknüpfen und zu schildern. Ihm gebührt mein Dank dafür, dass er es verstanden hat, den Vertretern der Selbstmordtheorie so deutlich entgegen zu treten. Es ist ein Roman, beschreibt ein fiktives Geschehen, aber er enthält und benutzt weitgehend Fakten, die von Gerichtsmedizinern, Staatsanwälten und Kriminalbeamten zum Tathergang festgestellt wurden. Ich wünsche mir, dass dieser Roman mehr Aufmerksamkeit erregt, als alle bisherigen Veröffentlichungen in Sachberichten. Die Wahrheit ist oft unbequemer als alle gängigen Hypothesen, die etlichen Menschen nur zu gut passten. Eduard Breimann wurde in Aachen geboren, wuchs im Münsterland auf und lebt seit vielen Jahren in einer rheinischen Kleinstadt. Als Informatiker war er lange Zeit in einem Großunternehmen tätig. Seine Leidenschaft galt schon immer dem Schreiben: ständig als Journalist für Zeitungen und Zeitschriften, dann als kenntnisreicher Historiker und Autor von drei Bänden über regionale Geschichte. Es folgten zahlreiche Kurzgeschichten, preisgekrönt, in Anthologien und schliesslich in zwei Sammelbänden veröffentlicht, in denen Probleme des heutigen Lebens einfühlsam dargestellt, Schwierigkeiten des Miteinanders und die Existenz von Außenseitern geschildert werden. Im Frühjahr 2007 erschien mit „Das fremde Land" sein erster Roman, in dem das Schicksal ehemaliger Zwangsarbeiter in Deutschland, während der Kriegszeit und bei einem heutigen Besuch in Deutschland, in anrührender Weise dargestellt wird. Mit „Das Projekt Hannibal" erreicht er ein neues Niveau seiner literarischen Tätigkeit und reiht sich ein in die Riege lesenswerter Thriller-Autoren.

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Eduard Breimann

Das Projekt Hannibal

Der Fall Barschel

Roman

Universal Frame

All rights reserved

Alle Rechte vorbehalten.

Copyright © 2007 

Durchgesehene eBook-Ausgabe © 2011 

Verlag Universal Frame GmbH, Zofingen 

Umschlaggestaltung und Umschlagfoto: Werner Hense

ISBN 9783952356234

Inhalt
Chuzestan
Die Metsada
Diplomaten unter sich
Freundschaften
Elkes Traum
Dick und der Techniker
Der BND-Mann Wolfgang
Bonner Sicht
Der BND-Mann Brockmann
Adira
Die Entscheidung
Josef – Araleh
Der Deal
Elkes Pläne
COMINT
Eine alte Freundschaft
Der BND-Mann Ballinger
Ehud
Der Lauscher an der Wand
In der Staatskanzlei
Mörder
Ehud und Wolfgang
Ehuds Schatten
Testlauf
Das Opfer
Die andere List
Das Todesurteil
Familientreffen
Eine andere Sicht
Ein Opfer zuviel
Der Racheschwur
Eine veränderte Lage
Die Jagd beginnt
Die Wahlschlappe
Alles unter Kontrolle
Der Sänger
Sängers Aktivität
Sängers Kontakt mit Barschel
Doppeltes Spiel
Die Versetzung
Der Wechsel
Hamburg
Besuch in Kopenhagen
Das Problem
Der Anfang vom Ende
BND-Unterhändler
Kontaktaufnahme
Flug nach Bonn
Der Anschlag
Beim Bundeskanzler
Der Absturz
Kontaktaufnahme
Das Treffen
Killer
Auf Leben und Tod
Hannah Elieser und Ridwan Tahmasebi
Adira nimmt Abschied
Wolfgang lebt
Der Plan B
Die Bestrafung
Die Wahl
Auf der Spur
Nach der Wahl
Pat und Patachon
Ein Gespräch unter Männern
Unterwegs nach Gran Canaria
Arrived
Bahia Feliz
Der Plan C
Der Wendepunkt
Das Beau-Rivage
Geier
Uwe Barschel und Roloff
Ausführung von Plan C
Reporter
Der letzte Versuch
Hannah und Wolfgang
Die Rache ist mein
Die Nacht nach der Hochzeit
Nachwort des Verfassers

Für Freya Barschel.

Dieses Buch ist ihr gewidmet, weil sie ihren Mann nicht nur begleitet, unterstützt und geliebt hat, als es ihm gut ging und er erfolgreich war, sondern auch – und da ganz besonders – als man ihn verleumdete und ihn feige allein ließ.

Weil sie stark genug war, anders als seine sogenannten Freunde, in der Not und Einsamkeit seiner letzten Wochen zu ihm zu stehen - so wie in guten Tagen.

Weil sie ihn nie aufgegeben hat, nie an seiner Unschuld zweifelte und immer gewusst hat, dass er die Wahrheit gesagt hatte.

Weil sie den Kampf um den Beweis des Mordes an ihm nie aufgegeben hat – bis heute nicht, zwanzig Jahre nach seinem Tod.

Chuzestan

„Wenn dich einer richtet, dann tut er es, um weitere Opfer zu verhindern – er tut es, weil er sein Volk schützen muss. Ein Leben für viele! Hüte dich also!“

„Drohst du mir etwa, alter Mann?“

„Nein! Ich warne dich; Allah will nicht, dass wir töten, aber das Volk ist verbittert und es könnte Männer geben, die Allahs Willen erfüllt sehen, wenn sie dich umbringen.“

„Niemand wird das wagen! Niemand! Ich bin der, der Allahs Willen erfüllt; niemand sonst! Ich, Ruhollah Musawi Chomeini, bin der Ayatollah, den das Volk sich erwählt hat“, sagte der Mann im schwarzen Umhang und wusste in diesem Moment, dass er den Aufrührer und Widersacher töten lassen würde.

„Der bist du – vielleicht. Aber du hast nicht alle Befugnisse der Welt – nicht einmal du. Wer gibt dir das Recht, diesen Krieg so zu führen, wie du es tust? Unsere Männer haben mit teurem Blut alles zurückerobert, was uns gehört; was willst du noch? Wer gibt dir die Erlaubnis, unsere besten Männer, unsere Jugend, unsere Zukunft, zu opfern?“, fragte Scheich Hassan Mohsen Armin den Ayatollah mit fester Stimme.

Die Augen des Ayatollah zogen sich zu Schlitzen zusammen; die bisher ruhig im Schoß liegenden Hände fassten den schwarzen Überwurf, rissen ihn hoch und warfen ihn über die Schulter.

„Schweig! Bei Allah, schweig still! Du bist wie die Ungläubigen; du redest genau wie sie. Hast du in deinem langen Leben, das Allah dir so großzügig geschenkt hat, nicht gelernt, dass du auf ihn vertrauen sollst? – Mein Recht? Meine Legitimation? Wo nimmst du deine Zweifel her? Es steht geschrieben im Qu’ran – im Buch der Bücher – vom Herrn der Welten – über die Zunge des Propheten – in die Herzen der Gläubigen – für die gesamte Menschheit – gestern, heute und in Ewigkeit: Allah gab mir den Auftrag! Und ich sage, es sei – und du wirst gehorchen – wie alle anderen. Hüte dich also! Das ist die Antwort auf deine Fragen, auf deine Vorwürfe.“

Scheich Hassan, dieser erfahrene Alte, einer der mächtigsten Männer im Land der alten Perser, das sich seit dem Sturz des Schah Iran nannte, war von Beginn an ein Gegner der Politik des Ayatollah Ruhollah Musawi Chomeini gewesen. Und er hatte seine Gegnerschaft oft genug laut und mutig verkündet, hatte auf Unterstützung aus dem Volk gehofft.

Seine wenigen Freunde, die ihn beschützten, weil er ihr Kopf, ihr geistiger Führer war, bangten um ihn, versuchten ihn zu mäßigen. Doch er war nicht nur weise und mutig, er war auch stur und unbelehrbar. Er war im ganzen Land bekannt für seine scharfe Zunge und seine Korankenntnisse. Sein zerfurchtes Gesicht zeigte keine Regung, als ihn die hasserfüllten Blicke des Ayatollah trafen; als wollten sie ihn aufspießen.

„Wenn überhaupt, dann nur er“, hatten die Oppositionspolitiker des Landes entschieden, als sie diskutierten, wer dem Ayatollah die Meinung des Volkes vortragen sollte.

„Du musst ihm die Stirn bieten; nur du kannst es. Mit weisen Worten, ohne Hass, mit Nachdruck und im Namen unseres Gottes. Allah ist mit dir!“

„Wenn es überhaupt einer wagen kann, dann er“, hatten sie immer wieder voller Zweifel, aber auch mit einer leisen Hoffnung, gesagt.

Sie alle wussten, wie gefährlich dieser Mann war, der den Schah vom Thron gestoßen hatte – und der nicht vom Expertenrat in sein Amt eingesetzt worden war.

Aber da ihm die Mehrheit der Bevölkerung begeisterte Gefolgschaft leistete, hatte er sich durchsetzen können gegen alle Gegner. Und er hatte die Iraker, „diese erbärmliche Clique von Sunniten, diese Ungläubigen“, wie sie das Nachbarvolk verächtlich nannten, aus dem Land gejagt, hatte das kostbare Chuzestan zurückerobert.

Die Begegnung, die nun schon länger als eine Stunde dauerte, war von Anfang an unglücklich verlaufen. Nie hatte es eine Möglichkeit für ein brüderliches Verständnis gegeben.

Scheich Hassan Mohsen Armin, der Anführer der Delegation, hatte sofort das Wort ergriffen; ohne abzuwarten, wie der Ayatollah sie begrüßen würde; ohne selber den Gruß zu sprechen, wie es die Ehrfurcht vor dem Amt des Ayatollah verlangte.

Die Begleiter des Scheichs kannten Scheich Hassans Art, hatte er doch schon viele Streitgespräche auf diese Weise eröffnet, hatte zugebissen, ohne auf die traditionelle Etikette zu achten.

„Man fürchtet ihn. Er schlägt zu wie der Gebirgslöwe, hart, schnell und gnadenlos“, sagten die Männer seines Dorfes über ihn und das hatte ihm den Volksnamen ‚Der Löwe’ eingebracht. Und diesen Namen sprach man in den Dörfern Land auf und Land ab mit Ehrfurcht aus.

Er wollte mit seinem brüsken Verhalten ein Zeichen setzen, dem Ayatollah klar machen, dass sie nicht als Bittsteller in dieses Gespräch gingen. Er würde fordern, unerbittlich und ohne Nachgiebigkeit.

Es ging nicht um ihn und nicht um den Ayatollah, sagte er sich oft, wenn ihn Zweifel befielen; es ging um sein Volk, um das alte Volk der Adscham.

Seine harten Worte, gleich zu Beginn gesprochen, waren als Zeichen für seine verzagten Begleiter gedacht. Sie sollten erkennen, dass der Löwe angriffslustig und stark war, dass sie den Ayatollah heute zwingen mussten; zwingen zu einem Frieden, den er trotz aller Bitten bisher nicht gewollt hatte.

Der Ayatollah hatte sie fast eine Stunde im hinteren Versammlungsraum der zerstörten Moschee warten lassen. Dieses Gebetshaus war vor mehr als hundert Jahren zwischen den verstreut liegenden Dörfern, etliche Kilometer südöstlich der historischen Stadt Schuschan, erbaut worden.

Sie war vor dem großen Krieg zwischen den Faarsi und den Araki ein Pilgerort gewesen; eine Stätte der inneren Einkehr. An jedem Freitag waren die Gläubigen Schiiten von weit her gekommen, wenn der Ruf des Muhezin ertönte.

Doch in diesem Krieg, der nun schon mehr als fünf Jahre dauerte, war sie zertrümmert worden; das Minarett lag zerborsten am Boden und der alte, wertvolle Gebetsraum würde nie mehr den Männern aus den Dörfern im Chuzestan als Versammlungsstätte dienen können.

Im hin und her wogenden Kampf, mal von Irakern mal von iranischen Truppen besetzt, als Deckung und Unterstand, aber auch als Ziel genutzt, war sie Stück für Stück zerschossen und zersprengt worden.

Die wütenden und mordenden Kämpfer nahmen keine Rücksicht darauf, dass es ein Haus Allahs war – weder die Schiiten noch die Sunniten.

Wo sonst nicht einmal Straßenschuhe oder Sandalen den Boden betraten, trampelten schwere Armeestiefel über die Mosaike, zerrissen Granaten kostbare Teppiche, sprengten Löcher in die Wände, und die uralten, schon verblassten, Zeichen an Decken und Wänden wurden zu Staub zermahlen. Im brutalen Krieg vergaßen die Kämpfer den Glauben an Allah, seine Gesetze und Gebote, dachten nur noch an Tod, Rache und Vernichtung.

Nur dieser eine Raum, der an der Rückfront der Moschee lag, in dem sich früher die Mullahs zu Beratungen trafen, hatte auf wundersame Weise den Angriff fast unbeschadet überstanden.

Nach all den Kämpfen erschien das den wenigen Menschen, die trotz des Krieges noch in den umliegenden Dörfern wohnten und sich hier zum Freitagsgebet trafen, wie ein Wunder.

„Allah wollte nicht, dass wir ohne einen Versammlungsraum sind“, sagten die einen.

Und die anderen mahnten: „Die alte Moschee war zu protzig; vielleicht war sie für Allah ein Ärgernis? Was will er mehr, als dass wir uns zum Gebet versammeln? Eine Hütte genügt, um Allah anzurufen! Es ist ein Zeichen. Lasst uns verstehen. Wir sollten die alte Moschee nicht wieder aufbauen. Dieser Gebetsraum mag uns reichen; die Stimme des Muhezin wird auch ohne Minarett die Gläubigen erreichen.“

„Es wird sowieso noch Jahre dauern, bis wieder Geld genug vorhanden ist und Frieden im Land herrscht, um an einen Neubau zu denken“, beschwichtigten die Mullahs ihre Männer beim Freitagsgebet.

Als das Geknatter des Hubschraubers immer lauter wurde, hatte Ammar, einer aus der Schar der jungen Männer, die den Scheich begleiteten, ihn angefleht auf den Kampf zu verzichten. Ihn hatte die Wartezeit zermürbt; er dachte ständig an seine junge Frau, die mit ihren drei Kindern auf seine Rückkehr wartete.

„Lass uns gehen! – Oder sage ihm, dass wir seinen Willen akzeptieren. Er wird uns sonst töten“, hatte er gesagt und dabei zu Boden geschaut.

„Ammar? Bist du es? Warum gab man dir diesen besonderen Namen? Ammar, so hieß einer der ersten Märtyrer des Islam; weißt du das? Du trägst seinen Namen! Ehre ihn, beschmutze ihn nicht! Ammar starb ohne Klagen. Du bist nicht in Gefahr; du bist hier, um das Leben ungezählter Männer zu retten. Allah wird dich und uns beschützen.“

Danach hatten alle geschwiegen, mit gesenkten Köpfen auf den ersterbenden Lärm der Rotorblätter gelauscht; auf das Erscheinen des gefürchteten Revolutionsführers gewartet.

Der Ayatollah schaute dem Alten, der seinem Blick nicht auswich, starr ins Gesicht. Ohne mit der Wimper zu zucken, hielt er stand, tollkühn, wie der wilde Berglöwe, der den Jäger nicht fürchtet.

Nein, er würde den Blick nicht senken, er nicht. Noch nie hatte er einen Kampf verloren gegeben. Das wussten seine Begleiter und das wusste auch der Ayatollah; aber der wusste nicht, durfte nicht einmal ahnen, dass sein Herz zitterte.

Hassan Mohsen Armin fürchtete den Tod nicht. Mehr als neunzig Jahre lang hatte Allah ihn behütet; er hatte ihn Mordanschläge überleben, hatte ihn schwerste Krankheiten überstehen lassen.

Aber wenn es denn sein musste, dachte er oft, dann war es eben Allahs Wille und er würde den Tod klaglos annehmen. Nur für seine Begleiter, die noch so jung waren, die alles noch vor sich hatten, fürchtete er, bangte um ihr Leben – und hoffte doch auf Allahs Güte.

Er saß mitten zwischen den Männern, die er anführte, die als Abordnung der politischen Elite des Landes zu diesem Treffen in der Moscheeruine, nahe am Schatt al-Arab gekommen waren. Warum der Ayatollah sie ausgerechnet in dieses so lange hart umkämpfte, brutal zerstörte und erst seit 1982 wiedergewonnene Land bestellt hatte, das wussten sie nicht.

Die Anführer der Opposition aus dem ganzen Land hatte er an diesen Ort bestellt, hatte sie aufgefordert, an diesem Platz mit ihm über das Schicksal des ihm anvertrauten Volkes zu reden und zu diskutieren.

Jubel und neue Hoffnung fegte wie eine Welle über das Land; es würde bald Frieden sein. Nur dieses Gespräch noch, dann war alles wieder wie früher.

Warum der Ayatollah sich diese Ruine erwählt hatte, die mitten im kargen, steinigen Land lag, das hatten sie nicht ergründen können. Im weiten Rund gab es nur halb verlassene Dörfer, wenig menschliches Leben. Vergeblich hatte der Scheich nach einem Symbol, einer versteckten Bedeutung gesucht.

Oh, ja, sie hatten sie zurückerobert, diese Provinz, in deren Boden die großen Ölreserven auf ihre Ausbeutung warteten. Aber zu welchem Preis!

„Will der Ayatollah uns mit diesem Erfolg seine Macht zeigen? Will er uns beweisen, dass Allah ihn führt?“, hatte er sich gefragt.

Die Delegationen hatten zum Teil lange Anreisen hinter sich, waren tagelang unterwegs gewesen, ohne Geleitschutz und ohne zu wissen, ob sie ihr Ziel überhaupt erreichen würden.

Der Ayatollah, das wussten alle, als sie sich mühsam durch das Land quälten, würde mit einem Hubschrauber, begleitet von Kämpfern der Revolutionären Garde, sicher und schnell hierher kommen – und das hatte zu hitzigen Streitgesprächen geführt.

Aber sie hatten alle Mühen auf sich genommen, weil sie sich als Vertreter des Volkes sahen; und doch ahnten sie, dass sie dem Revolutionsführer nur lästig waren; störend wie die Fliegen, die sich unterwegs in ihre Gesichter gesetzt hatten.

Dieses Gespräch sollte und musste trotzdem die Wende bringen; alle ihre Hoffnungen konzentrierten sich darauf. Ihr stillschweigend akzeptierter Anführer, Scheich Hassan Mohsen Armin, hatte sie nicht befragt, wie sie sich das Gespräch vorstellen würden. Und sie hatten ihre Vorstellungen nicht geäußert; sie vertrauten ihm.

Es war dann doch so anders gelaufen, dieses Gespräch, auf das sie all ihr Hoffen gesetzt hatten. Von Beginn an hatte es diesen harten Kampf der Worte gegeben. Sie schenkten sich beide nichts, diese mächtigen Männer, geschult im Zitieren des Qu’ran und in der bösen, nichts verzeihenden Anklage.

Die jungen Männer, alle Anführer kleiner Oppositionsgruppen, hatten den Ayatollah mit einem Lächeln und ehrfürchtiger Verbeugung begrüßt. Scheich Hassan Mohsen Armin aber war aufrecht sitzen geblieben, hatte dem Ayatollah hart ins Gesicht geschaut.

„Wir sind gekommen, um dem Sterben ein Ende zu machen. Du musst den Kampf sofort stoppen. Wir fordern dich auf, keine Zeit zu verlieren. In jeder Minute sterben viele unserer wertvollsten Männer“, hatte er mit seiner klaren, jung klingenden Stimme ausgerufen, als sich der Ayatollah gesetzt hatte.

So also hatte das Streitgespräch begonnen, fast so, als hätten die beiden Kontrahenten es nicht mehr abwarten können. Die Jungen wagten es nicht, einzugreifen, Wogen zu glätten, eigene Gedanken beizusteuern.

Es war wahrlich ein harter Disput, ein Streit um die Frage Krieg oder Frieden. Keiner der jungen Führer wollte diesen Streit der Worte und der Augen mittun, fand lieber Ergötzliches oder Tröstliches im bunten Muster der Teppiche, die man nach der Rückeroberung auf den Boden gelegt hatte und auch in den farbigen Zeichnungen an der Decke des Gebetsraumes.

Die Blicke der Männer folgten den feinen Strichen, die mit Macht die Augen des Betrachters von den aufgemalten tiefroten Fenstern, die rundum in geringem Abstand die sanfte Wölbung der Kuppel einleiteten, über verzierte Kreise und Dreiecke zum Kuppelmittelpunkt leiteten.

Wie der versprochene geheimnisvolle Eingang zum Paradies wirkte das runde, an den Rändern filigran verzierte Mittelstück auf sie. Und sie konnten nun, so lange der Streit andauerte, gut von diesem paradiesischen Versprechen rückwärts die Augen wandern lassen, bis zu den aufgemalten Fenstern – und bei Bedarf auch gerne noch einmal den gleichen Weg zurückverfolgen. Sie brauchten diesen Trost, diese Verheißung, denn sie fürchteten sich.

Aber während ihre Augen die alten Zeichnungen betrachteten, lauschten sie dem Disput der beiden Männer, die sich hoch aufgerichtet gegenüber saßen. Kein Wort entging ihnen; sie würden nach der Rückkehr viel zu erzählen haben über den Kampf mit Worten und wie hart er geführt worden war.

Der Ayatollah und der Scheich wirkten wie ausgebildete Kampfhähne, die, durch den kahlen Raum weit voneinander getrennt, einen Wortkrieg führten.

Vor der verschlossenen Tür an der Stirnseite des Versammlungsraumes standen acht Männer. Ihre Arme hatten sie vor der Brust verschränkt, die Beine waren kampfbereit auseinander gestellt. Mit finsteren, unbeweglichen Gesichtern starrten sie zur Wand gegenüber, als könne von dort ein Feind kommen, den es abzuwehren galt.

Sie standen reglos da, wirkten durch ihre harten Gesichter bedrohlich. Die Vertreter der Opposition taten so, als existierten diese Kämpfer des Ayatollah nicht. Und doch wussten sie alle, dass unter den weiten Überwürfen todbringende Waffen verborgen waren.

Sie kannten diese Krieger, die Leibwächter des Ayatollah, die aus der Revolutionären Garde stammten; sie gehorchten ihrem Herrn blind, waren immer kampfbereit. Ihre Waffen, die sie unter dem Umhang verborgen trugen, waren schärfer und tödlicher als die Worte, die hart und mit klarem Echo von den Wänden abprallten.

Der Ayatollah saß mit dem Rücken zur Wand, blickte zornig auf die Männer, die auf breiten Kissen im Schneidersitz hockten.

„Schade um sie“, dachte er. „Sie sind alle noch so jung – bis auf diesen Scheich, dessen Gesicht vom Leben gezeichnet ist.“

Wie Leder wirkte die braune Haut von Scheich Hassan, in die sich tiefe Falten gegraben hatten und die teilweise von einem weißen Bart verdeckt wurden.

Alle Männer waren traditionell gekleidet, so wie es die Sunna vorschrieb. An den nackten Füßen, die seitlich unter der Oberkleidung heraus ragten, sah man N´aal, die ledernen Sandalen; die jüngeren Männer steckten in braunen Qamîs, weit über das Gesäß reichende Hemden. Der Scheich hatte sich den Burnus, den weit fallenden Überwurf mit Kapuze, übergeworfen; er hatte nie anderes getragen. Er verabscheute die Jeans, die mehr und mehr in Mode kamen und häufig unter den Qamîs der jungen Leute hervor schauten. Alle Männer trugen den Amama, den Turban, der die erste kleine Haarwelle hervorschauen ließ.

Der Ayatollah war erzürnt, aber äußerlich schien er kalt und unbeeindruckt zu sein. So jedenfalls dachten die jungen Männer, die wie erstarrt auf die Worte lauschten. Niemand spürte, dass die Seele des Ayatollah brannte.

„Was denken sich die Männer, die euch gesandt haben? Ist unser Land so krank? Verstehen sie nicht, was wir tun müssen?“

„Sie würden gerne verstehen. Du nennst ihnen keinen Grund für deine Entscheidungen. Hat Allah dir nicht die Weisheit gegeben, Zustimmung beim Volk zu suchen? Hast du nichts gelernt? Mohamed hat mit seinen Widerstreitern gesprochen und er hat sie überzeugt.“

„Und er hat sie vernichtet, wenn sie nicht zu dem einzig wahren Allah standen, wenn sie nicht bereit waren, den richtigen Weg zu gehen.“

„Hast du ihn gefragt, ob dein Weg der richtige ist?“

„Das ist nicht nötig. Muss Allah sich bei euch entschuldigen für das, was er uns aufgetragen hat und was ihr nicht versteht? Wir müssen und werden seinen Ruhm mehren. Diese Sunniten sind schlimmer als alle anderen Ungläubigen; sie benutzen und beschmutzen Allahs Namen. Muss ich jedem in unserem Land erklären, was ich tue? Muss ich jeden um Erlaubnis fragen?“

„Der Krieg ist doch bereits gewonnen. Der räudige Hund Saddam Hussein hat den Kampf verloren, hat sich in sein Land verkrochen; er ist auf der anderen Seite des Grenzflusses – und weiter noch – zurück gedrängt worden. Was noch? Willst du Rache? Rache dafür, dass er dich damals verjagt hat?“

„Schweig still!“

„Wenn es das ist, dann opfere nicht unsere Männer dafür. Sie werden für Allah und den rechten Glauben kämpfen, aber nicht für deine Rache, die viel zu teuer bezahlt werden muss.“

„Du vergisst, wer hier vor dir sitzt! Es geht nicht um mich. Saddam Hussein ist der Schah des Irak. Er ist der sunnitische Teufel, den wir bekämpfen müssen, wie wir die Ungläubigen bekämpfen. Wir haben den Schah unseres Landes verjagt; wir werden es auch mit ihm tun.“

„Kannst du nicht verstehen, welche Sorgen uns und viele im Volk antreiben?“ „Ich zitiere die neunzehnte Sure: Suchtet ihr Entscheidung, dann ist die Entscheidung schon zu euch gekommen. Und wenn ihr absteht, so ist es besser für euch; kehrt ihr jedoch zur Feindseligkeit zurück, werden auch Wir zurückkehren, und eure Schar soll euch ganz und gar nichts frommen, so zahlreich sie auch sein mag, denn wisset, dass Allah mit den Gläubigen ist.“

Der Ayatollah sprach leise, so leise, dass sich die Männer, die auf der anderen Raumseite auf ihren dunkelroten Kissen saßen, vorbeugten und sich anstrengen mussten, um ihn zu verstehen.

Nur der Alte, den sie den Löwen nannten, schaute dem Ayatollah beständig ins Auge. Die anderen blickten ihn noch immer nicht an und wenn sich doch zufällig seine Blicke mit ihren kreuzten, flohen ihre Augen, schauten schnell auf die kostbaren Sarough-Seidenteppiche, die die Wände schmückten, oder betrachteten erneut die blassen Deckenzeichnungen.

„Ich bin, bei Allah, ein gottesfürchtiger Mann. Nie habe ich etwas getan, was Allah erzürnen könnte. Aber ich weiß, dass man die Suren des Qu’ran oft für persönlichen Zwecke benutzt. Und nicht immer waren sie so gemeint, wie es sich die Menschen zurecht legen.“

„Du bist klug und mutig dazu. Sagt man nicht ‚Der Löwe’ zu dir? Aber bist du auch so weise wie dieses Tier? So klug, dass du mit mir, mit den Versen des Qu’ran im Munde, kämpfen kannst? Höre den sechsten Vers und denke nach: ‚Sie streiten mit dir über die Wahrheit, nachdem sie doch deutlich kund geworden, als ob sie in den Tod getrieben würden und ihn vor Augen hätten.’ Hörst du Allahs Worte?“

„Du bist der Führer unseres Volkes. Es vertraut dir und deshalb musst du so denken und lenken, dass es zum Wohle des Volkes ist. Du bist deinem Volk verpflichtet; und sonst niemandem.“

„Wir sind die hohen Wächter des Islam. Und niemand, ich sage niemand, wird uns daran hindern, die verirrten Kinder des Irak zum wahren Glauben zu führen; ich will, dass unser Glaube jetzt seinen Siegeszug beginnt. Im Al-Anfál sagt der Prophet: ‚Diese eure Gemeinde ist die einzige Gemeinde, und Ich bin euer Herr. So nehmet Mich zum Beschützer. Aber sie wurden uneinig untereinander und spalteten sich in Parteien, und jede Partei freute sich über das, was sie selbst hatte. Darum überlasse sie eine Zeitlang ihrer Unwissenheit.’ Diese Frist ist vorbei. Mit diesem Auftrag Allahs werden wir die Sunniten vernichten.“

„Alī ibn Abī Tālib hat Liebe und Frieden, nicht Hass und Krieg verlangt. Das hier wollte er nicht; es kostet das Leben vieler, zu vieler gottesgläubiger Schiiten.“

„Sie werden das Paradies schauen.“

„Ihre Mütter, Schwestern und Ehefrauen wird es das Herz zerreißen.“

„Sie werden Allah für seine Gunst danken; glücklich sein, dass die Kämpfer Allahs im Paradies sind.“

„Sie werden dich verfluchen und zum Teufel wünschen. Unsere Geduld ist zu Ende! Wir wissen, dass die Frauen und Mütter weinen und untröstlich sind.“

„Schweig! Sie werden sie im Paradies wiedersehen.“

Seine dunklen Augen schauten den Scheich an, wollten ihn zwingen, den Kopf zu senken. Der Alte widerstand, blickte ihn starr an.

„Wir wissen, dass dich das Volk erwählt hat. Aber der Expertenrat müsste endlich gefragt werden. Nie ist er befragt worden. Es geht um zu viel. Sprich mit den weisen Männern.“

Der Ayatollah schloss für einen Augenblick die Augen. Es sah aus, als müsse er nachdenken. Er wusste zu gut, dass dies der wunde Punkt war, der das Regieren für ihn immer schwerer machte.

Die islamische Verfassung Irans, die auf dem Konzept der Regierung des islamischen Rechtsgelehrten, dem welayate faqih, basiert, vereinte zwar den Großteil der Macht auf den Ayatollah, dessen Wahl an den Expertenrat delegiert wird, aber dieser Expertenrat war nicht das willenlose Instrument, das der Ayatollah nach Belieben spielen konnte. Der Widerstand gegen seine Kriegsführung wuchs auch dort.

Er konnte nur mühsam seine Ruhe bewahren; die anmaßende Rede des Scheichs fand er unerträglich. Nur mit größter Anstrengung gelang es ihm, ein unbewegtes Gesicht zu zeigen.

„Oh, du Kleingläubiger!“, rief er nach langem Schweigen. „Lies Al-Fath! Dort wird uns der Sieg versprochen. Und ihr tut so, als habe Allah euch nie den Weg gezeigt. Ihr heuchelt Frieden. Heißt es nicht in der sechsten Sure: ‚Und die Heuchler und Heuchlerinnen und die Götzendiener und Götzendienerinnen strafe, die schlimme Gedanken über Allah hegen. Auf solche wird ein böses Unheil niederfallen; Allah ist zornig über sie. Er hat sie von sich gewiesen und hat die Hölle für sie bereitet. Und eine üble Bestimmung ist das.’ So spricht der Prophet!“

„Du zitierst falsch! Wir sind keine Heuchler. Wir sorgen uns um Allahs Volk, um dessen Leben und Wohlergehen.“

„Oh nein! Du verstehst nicht. In der zweiten Sure steht geschrieben: ‚Und erschlagt sie, wo immer ihr auf sie stoßt, und vertreibt sie, von wannen sie euch vertrieben; denn Verführung zum Unglauben ist schlimmer als Totschlag.’ – Und die Sunniten sind Ungläubige! Muss ich dir das sagen?“

„Womit willst du sie besiegen?“, brüllte Scheich Hassan Mohsen Armin, den sie den Löwen nannten und seine Gefährten glaubten, den König der Berge zu hören, der seine Gegner in Angst versetzen will.

Sie schreckten auf, schauten zu ihm, der noch nie so laut gesprochen hatte, selbst in der hitzigsten Diskussion nicht.

„Warum nennt man dich eigentlich den Löwen, Hassan Mohsen Armin? Du verzagst. Warum zweifelst du an Allah?“

„Ich zweifele nicht; ich kämpfe!“

„Doch, du zweifelst, du haderst mit ihm, unserem Gott. Seine Botschaft gefällt dir nicht. In der sechzehnten Sure steht geschrieben: ‚Und diejenigen, die über Allah hadern, nachdem Er anerkannt worden ist – ihr Hader ist eitel vor ihrem Herrn; auf ihnen ist Zorn, und ihnen wird strenge Strafe.’ Und du willst über Allah hadern?“

„Verzeih, wenn ich mich falsch ausgedrückt habe. Aber ich kenne die Stärke unserer Armeen Pasdaran und Artesh. Sie sind dir treu ergeben. Und unsere Luftwaffe hat den Irakern großen Schaden zugefügt. Aber die Flugzeuge unserer mutigen Kampfflieger sind von den feindlichen Geschossen durchbohrt worden. Ihre Flügel sind lahm und sie können kaum noch aufsteigen. Was willst du dagegen tun? Wir können sie nicht reparieren; es gibt keine Ersatzteile mehr. Es ist an der Zeit aufzuhören. Wir haben die feindlichen Truppen besiegt, sie auf ihr eigenes Land zurück geworfen. Chuzestan, die Quelle unseres Reichtums, ist zurückerobert. Was willst du mehr? – Sag es uns endlich!“

„Ich habe es gesagt. Ich bin nicht bereit, den bitteren Kelch des Friedens zu trinken.“

Der Alte lehnte sich zurück, hob den Kopf und schaute zur gewölbten Decke. „Der bittere Kelch des Friedens? Gibt es Bitteres als den Tod? Ich war gestern in Doshan Tapeh. Es sieht schlimm aus im Hauptquartier der Luftwaffe. Was nutzen Mut und der Glaube an Allah, wenn die Waffen stumpf sind? Unsere tapferen Kämpfer weinen.“

Er hob den rechten Arm und streckte ihn anklagend dem Ayatollah entgegen. „Ihre Maschinen müssen am Boden bleiben. Es fehlt an Ersatzteilen. Und was noch wichtiger ist: Viele Helden sind abgeschossen worden. Junge, unerfahrene Kämpfer wollen die Vögel besteigen und sich in den Kampf stürzen. Ihre Mütter und Bräute werden ihren Tod beweinen.“

„Hör zu! Hör mir genau zu! Ich sage dir und allen, die am Sieg zweifeln: Schaut euch Allahs Verheißung an: ‚Geht hinaus und sprecht mit den Zweiflern’.“

Und jetzt hob der Ayatollah anklagend den Arm, zeigte auf den Scheich.

„Oh, ich weiß, dass es eine Opposition im Lande gibt. Natürlich. Es wird immer Verzagte geben. Ihr alle da, ihr seid ihre Abgesandten. Aber lasst euch sagen, dass ich, der oberste Führer unserer siegreichen Heere, nicht den Sieg verschenken werde.“

„Nein? Bei Allah! Was für eine Macht du dir selber zusprichst!“

„Der militärische Oberbefehl liegt bei mir, dem Revolutionsführer. Ich! Nur ich, besitze die Vollmacht, Krieg und Frieden zu erklären sowie den Generalstabschef und die Befehlshaber der Teilstreitkräfte zu berufen oder zu entlassen. Willst du das bestreiten?“

„Nein. Aber nutze deine Macht zum Wohl des Volkes.“

„Das Volk muss Allahs Willen gehorchen. Ich werde alles zum Guten wenden.

Du warst im Hauptquartier? Kennst du die Lage in Bandar Abbas, Bushehr, Dezful, Hamadan, Tabriz und Mehrabad, wo unsere fliegenden Einheiten stationiert sind? Nein? Dann heule nicht wie ein kleines Kind, sprich nicht davon, dass unsere Kämpfer, unsere jungen Helden weinen; sie sind voller Mut und Tatendrang. Sie verlassen sich auf mich. – Es gibt einen Plan, den ich erdacht habe und der uns den endgültigen, den triumphalen Erfolg garantiert.“

„Einen Plan? Du hast einen Plan? Was für einen Plan? Willst du etwa unsere Todfeine, die Amerikaner, bitten, uns Ersatzteile zu liefern? Ist es das?“

„Sie haben uns bereits früher beliefert. Ich hasse sie und ihre Überheblichkeit. Ich brauche ihre Wohltaten nicht. Sollen sie an ihren Waffen ersticken. Es gibt einen besseren Plan. Mehr sage ich dir nicht.“

„Oh, ich verstehe! Er ist noch geheim, weil er nicht sicher ist; du willst dich nicht blamieren.“

„Du sagst, du verstehst? Tust du das? Gut! Sehr gut! Dann geh zu den Männern, die dich und diese anderen da geschickt haben, und sprich von dem, was du verstanden hast. Sag allen, die so verzagt sind wie du, sag denen, die dich und deine Begleiter vorgeschickt haben, dass wir wissen was wir tun. Allah ist bei uns.“

Der Ayatollah stand abrupt auf und blickte die Männer der Reihe nach an. Sie kauerten reglos auf ihren Kissen, schauten hoch zu ihm. Einen nach dem anderen befragte er, sah, wie sie ihm auswichen, die Blicke zum Boden senkten.

„Allahs Segen und Friede über euch - und eure Gefährten - möge Allah mit euch zufrieden sein“, sagte er leise und ging zur Tür.

Vor dem Anführer der Garde blieb er stehen und sah ihn lange an. Der hob den Kopf, erwiderte den Blick.

„Abdullah! Ihr wisst, was zu tun ist? Allah gibt euch das Recht dazu. Dieser lärmende Berglöwe ist schlimmer als alle Feinde, die unser Land überfallen haben. Er ist wie ein Geschwür, das von innen wächst. – Reißt es heraus! – Und lasst die anderen leben. Sie sollen berichten, dass Allahs Wille geschehen muss“, sagte er leise und schritt aus dem Raum.

Die Metsada

„Wie heißt du?“

„Ayed. Bitte, ich hab nur einmal geworfen. Nur einen einzigen Stein.“

„Wie heißt du?“

„Aber ich hab doch …“

„Wie heißt du?“

„Ayed Abul Khayr.“

„Von wem wurdest du geschickt?“

Der schmächtige Junge versuchte den Kopf zu heben; der Nacken war steif, schmerzte entsetzlich. Ein bulliger Riese hatte ihn mit seiner Faust, groß wie eine Schaufel, dort gepackt und von der Zelle, in der er mit sechzehn anderen gesessen hatte, bis in dieses unterirdische Gewölbe geschleppt.

Hier hatten diese beiden Männer auf ihn gewartet, ihn freundlich angelächelt und „kleiner Freund“ genannt. Aber was sie dann mit ihm taten, das machte man nicht mit Freunden. Ayed war verwirrt und vor Angst zitterten seine dünnen Beine.

„Noch einmal! Wer hat dich kleinen, dummen Palästinenserjungen benutzt?“, fragte der Mann, den der andere Shimon rief.

„Niemand. Ich hab doch nur einmal geworfen weil alle geworfen haben. Meine ganze Clique. Da konnte ich doch gar nicht weggehen, weil …“

„Du wolltest von dem Wagen mit Sprengstoff ablenken.“

„Nein! Ich wusste doch gar …“

Die metallene Spitze des Militärschuhs traf Ayed genau zwischen die Beine. Seine helle Knabenstimme hallte vom Betongewölbe wieder, als er seinen Schmerz und seine Not in einem nicht enden wollenden „Neiiiiin!“ ausstieß.

Seine schmuddelige Unterhose färbte sich gelb vom Urin. Sie hatten ihm nur diese schlabberige Hose angelassen, als sie ihn auf dem eisernen Stuhl fesselten.

„Drei! Hörst du? Drei junge, wertvolle israelische Soldaten hat dein Freund in den Tod geschickt. Das verlangt Vergeltung, findest du nicht? Gerade ihr schreit doch immer danach.“

„Es tut mir Leid. Ich wusste nichts.“

„Es tut ihm Leid! Für wen solltest du den Posten ablenken?“

Ayed schluchzte; er war unfähig zu sprechen. Seine kleine Kehle zitterte, und als er den Kopf hob, um seinen Peiniger zu sehen, traf ihn die Faust am Kopf; ein Siegelring schrammte seine rechte Wange auf.

„Wie alt bist du?“

„Ich … Ich … Neun, fast zehn.“

„So? Und seid wann bist du bei der Madschd almudschāhedīn?“

Der Frager war groß, hager und seine basedowschen Augen schienen ihm aus dem Kopf zu fallen, als er sie aufriss und den Kopf bis dicht vor Ayeds Gesicht schob. Der kantige Riese leckte seine Lippen, die im grellen Licht der Neonlampen blutrot glänzten.

Der Mann, der Shimon hieß, trug Zivil, wie der andere, der auf dem einzigen Möbelstück abgesehen vom Stuhl, auf dem Ayed saß , einem riesigen Schreibtisch, saß und mit den Fersen nervös vor eine der Schubladen klopfte.

„Ich kenne die doch nicht. Wirklich“, sagte Ayed mit so leiser Stimme, dass sich der Frager vorbeugen musste, um ihn zu hören.

„Lauter! Und noch einmal von vorne angefangen: Wie heißt der Anführer der Madschd almudschāhedīn?“

„Ahmad Jassin. Hab ich doch schon gesagt.“

„Aha! Hast du, tatsächlich. Ich erinnere mich. Du kennst die Kämpfer für den Ruhm des Islam nicht. So, so. Aber du kennst ihren Anführer? Das ist gut. Jetzt kommen wir voran. Diese Kampftruppe, zu der du gehörst wie heißt sie noch in unserer Sprache?“

„Ruhm der Kämpfer des Islams. Aber ich gehöre nicht dazu. Alle Kinder kennen die Namen, auch den von Jassin. Ich war noch nie bei denen.“

Ayed schrie gellend laut auf, als ihn der Tritt an der gleichen Stelle traf; diesmal nur viel heftiger. Der schwere Stuhl, auf dem er gefesselt saß, kippte nach hinten und mit einem dumpfen Knall schlug Ayed mit dem Kopf auf den Betonboden. Sein Schrei erstarb im selben Augenblick.

„Scheiße! Ich krieg den weich, Usi“, sagte Shimon, putzte die Hände an der Hose ab und schaute zum Schreibtisch. Der Mann, der von dort die Szene beobachtet hatte, riss mit einem Ruck die Zigarette aus dem Mund. Er sah aus wie Humphrey Bogart. Sein grauer Anzug, das weiße Oberhemd mit offenem Kragen, und die schwarzen Lackschuhe passten zu ihm, aber nicht zu dieser Folterkammer.

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